Europa-Handbuch -  - E-Book

Europa-Handbuch E-Book

0,0

Beschreibung

Wer in Europa über Europa mitreden will, braucht fundierte Informationen und Analysen. Das Europa-Handbuch bietet einen strukturierten Überblick über die zentralen europapolitischen Themen: Band 1 stellt das politische System und die Politikbereiche der Europäischen Union vor, beleuchtet ihre Außenbeziehungen und wagt Ausblicke auf die Zukunft Europas. Band 2 bietet in 36 Länderbeiträgen einen detaillierten Überblick über die Staatenwelt Europas. Umfangreiche Register erschließen das bereits in der dritten Auflage erfolgreiche Standardwerk und liefern so einen schnellen Zugang zu Akteuren, Handlungsfeldern und Herausforderungen der Europapolitik.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 1991

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbiografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2011 E-Book-Ausgabe (EPUB)
© 2011 E-Book-Ausgabe© 1999; 4., überarbeitete Ausgabe 2006 (Print)
Verlag Bertelsmann Stiftung, GüterslohVerantwortlich: Nicole Schley, Annette HeuserRedaktion und Lektorat: Nicole SchleyHerstellung: Sabine ReimannUmschlaggestaltung: Nadine HumannUmschlagabbildung: © Jim Barber/Fotolia.comSatz: Satzbetrieb Schäper GmbH, Bonn
ISBN : 978-3-86793-366-7
www.bertelsmann-stiftung.de/verlag
Inhaltsverzeichnis
Titel
Impressum
Band 1: Die Europäische Union – Politische Systeme und Politikbereiche
Kapitel 1. - Die historische Ausgangslage
Europa – aber wo liegt es?
Europa: Nation und Nationalstaat im Wandel
Kapitel 2. - Das politische System der Europäischen Union
Das politische System der EU
Die Europäische Union als Rechtsgemeinschaft
Föderalismus in Europa
Die Kompetenzen in der Europäischen Union
Europäische Parteien
Interessenverbände und europäischer Lobbyismus
Kapitel 3. - Die Politikbereiche der Europäischen Union
Agrarmarkt und Struktur des ländlichen Raumes in der Europäischen Union
Der Europäische Binnenmarkt
Die Wirtschaft- und Währungsunion.
Die Europäische Union als Wirtschafts- und Sozialgemeinschaft
Die Forschungs- und Technologiepolitik der Europäischen Union
Die Umweltpolitik der Europäischen Union
Die Haushaltspolitik der Europäischen Union
Die Bildungspolitik der Europäischen Union
Die Rechts- und Asylpolitik der Europäischen Union
Die europäische Migrations- und Asylpolitik
Der Schutz von Minderheiten in Europa
Standort Europa
Die Außen-, Sicherheits-und Verteidigungspolitik der EU
Kapitel 4. - Europas Außenbeziehungen
Die Europäische Union und die USA
Die Europäische Union und Lateinamerika
Margareta Mommsen - Die Europäische Union und Russland
Die Europäische Union und die Ukraine
Die Europäische Union und der Mittelmeerraum
Die Europäische Union und Afrika
Die Europäische Union und Japan
Die Europäische Union und China
Die Europäische Union und Indien
Die Europäische Union und Südostasien
Kapitel 5. - Die Zukunft Europas
Die Zukunft Europas
Die Osterweiterung der Europäischen Union
EU-Verfassungskonvent und Regierungskonferenz: Monnet oder Metternich?
Die Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union
Frieden in Europa
Europa erdenken
Für Europa und für Reform
Anhang
Bibliographie
Personenregister
Sachregister
Abkürzungsverzeichnis
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
Band 2: Die Staatenwelt Europas
Kapitel 1. - Deutschland in Europa
Deutschland als europäische Macht
Die Bürger in Deutschland
Kapitel 2. - Die Staatenwelt in Europa
Albanien
Belgien
Bosnien-Herzegowina
Bulgarien
Dänemark
Deutschland
Estland
Finnland
Frankreich
Griechenland
Großbritannien
Irland
Island
Italien
Kroatien
Lettland
Litauen
Luxemburg
Malta
Mazedonien
Niederlande
Norwegen
Österreich
Polen
Portugal
Rumänien
Schweden
Schweiz
Serbien und Montenegro
Slowakische Republik
Slowenien
Spanien
Tschechische Republik
Türkei
Ungarn
Zypern
Kapitel 3. - Die EU in Zahlen
1. Fläche und Bevölkerung
2. Beschäftigung
3. Wirtschaft und Handel
4. Die Organe
5. Zeittafel der europäischen Integration - Zusammengestellt von Nicole Schley
Anhang - Bibliographie
Personenregister
Sachregister
Abkürzungsverzeichnis
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
Band 1: Die Europäische Union – Politische Systeme und Politikbereiche
Inhalt
Vorwort 9
1. Die historische Ausgangslage 13
WERNER WEIDENFELD
Europa – aber wo liegt es? 15
HAGEN SCHULZE
Europa: Nation und Nationalstaat im Wandel 49
2. Das politische System der Europäischen Union 81
WOLFGANG WESSELS
Das politische System der EU 83
GERT NICOLAYSEN
Die Europäische Union als Rechtsgemeinschaft 109
ROLAND BIEBER
Föderalismus in Europa 125
PETER-CHRISTIAN MÜLER-GRAFF
Die Kompetenzen in der Europäischen Union 141
THOMAS JANSEN
Europäische Parteien 166
HANS-WOLFGANG PLATZER
Interessenverbnde und europischer Lobbyismus 186
3. Die Politikbereiche der Europäischen Union 203
WINFRIED VON URFF
Agrarmarkt und Struktur des ländlichen Raumes in der Europäischen Union 205
HUGO DICKE
Der Europäische Binnenmarkt 223
OLAF HILLENBRAND
Die Wirtschafts- und Währungsunion 242
WOLFGANG DÄUBLER
Die Europäische Union als Wirtschafts- und Sozialgemeinschaft 273
ROLAND STURM
Die Forschungs- und Technologiepolitik der Europäischen Union 289
DAGMAR ROTH-BEHRENDT/ANNIKA NOWAK
Die Umweltpolitik der Europäischen Union 305
FRIEDRICH HEINEMANN
Die Haushaltspolitik der Europäischen Union 323
INGO LINSENMANN
Die Bildungspolitik der Europäischen Union 332
CHRISTOPH GUSY/CHRISTOPH S. SCHEWE
Die Rechts- und Asylpolitik der Europäischen Union 342
STEFFEN ANGENENDT
Die europäische Migrations- und Asylpolitik 359
RAINER HOFMANN
Der Schutz von Minderheiten in Europa 380
JRGEN TUREKÜ
Standort Europa 398
FRANCO ALGIERI
Die Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU 420
4. Europas Außenbeziehungen 441
STEPHAN BIERLING
Die Europäische Union und die USA 443
MANFRED MOLS
Die Europäische Union und Lateinamerika 468
MARGARETA MOMMSEN
Die Europäische Union und Russland 482
IRIS KEMPE
Die Europische Union und die Ukraine 503
EBERHARD RHEIN
Die Europäische Union und der Mittelmeerraum 521
SIEGMAR SCHMIDT
Die Europäische Union und Afrika 539
KARL-RUDOLF KORTE
Die Europäische Union und Japan 558
FRANCO ALGIERI
Die Europäische Union und China 574
DIETMAR ROTHERMUND
Die Europäische Union und Indien 596
EBERHARD SANDSCHNEIDER
Die Europäische Union und Südostasien 608
5. Die Zukunft Europas
WERNER WEIDENFELD/CLAUS GIERING
Die Zukunft Europas
MICHAEL KREILE
Die Osterweiterung der Europäischen Union 650
ELMAR BROK/MARTIN SELMAYR
EU-Verfassungskonvent und Regierungskonferenz: Monnet oder Metternich? 673
CHRISTOPH HEUSGEN
Die Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union 694
JOSEF JANNING
Frieden in Europa 704
WLADYSLAW BARTOSZEWSKI
Europa erdenken 738
ROGER LIDDLE
Für Europa und fr Reform 743
Anhang 753
Bibliographie 754
Personenregister 773
Sachregister 775
Abkürzungsverzeichnis 785
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 789
Vorwort
Die Europäische Union hat im Jahr 2004 die größte Erweiterungsrunde ihrer Geschichte vollzogen. Die Einigung Europas hatte von Beginn an stets mehr im Sinn als die reine Maximierung des Nutzens einzelner Mitglieder: Sie wollte wirtschaftlichen Aufschwung und politische Stabilität mit Strukturen des Ausgleichs der Interessen aller Mitglieder verbinden. Integration bedeutet Teilnahme an einer Schicksalsgemeinschaft. Zum Grundgedanken dieser Schicksalsgemeinschaft gehört das Konzept europäischer Solidarität. Ein konstitutiver Bestandteil dieses Solidarkonzeptes ist dessen Offenheit für weitere Mitglieder. Nach dem Selbstverständnis des integrierten Europas war der Weg der mittel- und osteuropäischen Staaten Europas zu Demokratie und Marktwirtschaft deshalb zugleich auch der Weg in die Europäische Union – nur ihre Aufnahme in die EU und ihre formelle Gleichstellung mit den alten Mitgliedern konnte die Spuren des geteilten Europas überwinden. Der Kontinent hat mit der letzten Erweiterung das Torsohafte seiner bisherigen Organisation hinter sich gelassen. Er hat die Grundidee der Integration realisiert: die Gemeinschaft der Demokratien.
Der EU-Beitritt der zehn Kandidaten stellte zugleich eine nie da gewesene Herausforderung dar. Mit ihrer einseitigen Fixierung auf die Kosten befindet sich die Diskussion um die Erweiterung jedoch in einer Schieflage. Zweifellos zählt die Mehrheit der neuen EU-Mitglieder aus Mittel- und Osteuropa zunächst zu den Nettoempfängern in der Union. Da ihr wirtschaftlicher Wohlstand selbst im Falle der heutigen günstigen Wachstumsprognosen von ca. fünf Prozent jährlich auf absehbare Zeit unter dem der meisten anderen EU-Länder liegen wird, werden sie längerfristig auf Transferzahlungen aus dem Gemeinschaftshaushalt angewiesen sein. Die Osterweiterung beinhaltet aber insgesamt für die EU einen großen wirtschaftlichen Nutzen und jede glaubwürdige Kalkulation der Erweiterung muss diese positiven Effekte berücksichtigen.
Die EU profitiert vom erheblich gestiegenen Handel mit den mittel- und osteuropäischen Staaten. Bereits vor der Erweiterung war der Export West-europas nach Osteuropa größer als der nach den USA. Die EU fördert die Dynamik dieser Handelsbeziehungen, da die Angleichung der rechtlichen Normen und Verwaltungsvorschriften, der Infrastruktur und die höhere Sicherheit für ausländische Investoren das wirtschaftliche Wachstum in den neu aufgenommenen Staaten beschleunigt und somit auch die Exportaussichten der westeuropäischen Unternehmen verbessert hat. Mit ihren Wachstums-, Wohlfahrts- und Strukturwirkungen verhilft die Osterweiterung der EU zu einer höheren globalen Wettbewerbsfähigkeit. Im globalen Wettbewerb braucht die EU die neuen und dynamischen Märkte Mittel- und Osteuropas, um ihre eigene Wirtschaftsdynamik zu entfalten. Die Erweiterung der EU stellt für Gesamteuropa auch eine angemessene, wenngleich keine ausreichende Antwort auf neue Sicherheitsrisiken dar – eine Antwort, die über die NATO-Mitgliedschaft hinausgeht, die alle zehn mittel- und osteuropäischen Kandidaten schon vor ihrem Beitritt zur EU erhalten hatten.
Doch die erweiterte EU ist nicht auf 25 Mitgliedstaaten begrenzt, sondern bereits auf ein größeres Europa ausgerichtet, dessen Konturen immer deutlicher sichtbar werden, und für das die bisherigen Verträge kein in sich geschlossenes und ausgewogenes Verfassungssystem bieten. Nizza ist zum Symbol für in Kompromissformeln verhaftete Millimeterschritte der Integration geworden. Im Verfassungskonvent ist deshalb der Bestand der Integration grundlegend überprüft worden, mit dem Ziel, die Transparenz, Legitimation und Handlungsfähigkeit der Europäischen Union zu verbessern. Wichtige Prinzipien des gemeinsamen und arbeitsteiligen Handelns wurden im Konventsentwurf systematisch verankert. Das Mehrheitsprinzip soll die Konzertierung europäischer Politik auf die Stufe des Regierens bringen und das System der Mitentscheidung des Parlamentes das Demokratieprinzip stärken. Durch die Systematisierung der Zuständigkeiten soll das Subsidiaritätsprinzip der Arbeitsteilung zwischen europäischer und einzelstaatlicher Ebene unterfüttert werden. Folgende Kernelemente werden nach Inkrafttreten der Verfassung das Gesicht Europas prägen:
Profilierung: Die Verfassung sieht eine einheitliche Rechtspersönlichkeit für die EU vor, schafft eine nachvollziehbare Kompetenzordnung und verankert die Grundrechtscharta als rechtsverbindlichen Wertekanon. Damit werden die Rechte und Pflichten der Unionsbürger wie die Schranken des Handelns der EU und der Mitgliedstaaten nachvollziehbar festgeschrieben.
Personalisierung: Künftig wird der Präsident des Europäischen Rates zusammen mit dem Kommissionspräsidenten und unterstützt durch den neuen EU-Außenminister für die Festlegung und die Umsetzung der Unionspolitiken verantwortlich sein. Durch diese neue Führungsstruktur wird die Kontinuität, Sichtbarkeit und Kohärenz europäischer Politik gestärkt.
Parlamentarisierung: Durch die gestärkten Mitentscheidungsrechte des Europäischen Parlaments im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren und aufgrund seiner umfassenden Haushaltsbefugnisse wird die EU künftig über ein Zwei-Kammer-System verfügen, das dem Grundmuster vieler europäischer Verfassungsordnungen entspricht.
Politisierung: Durch eine gestärkte Rolle der politischen Parteien im Europaparlament bei der Wahl des Kommissionspräsidenten wird das Oppositionsprinzip als Lebensnerv politischer Debatten und als Garant einer breiten Medienresonanz ausgebaut. Darüber hinaus kann das Ringen um vernünftige und mehrheitsfähige Politik durch die Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen im Ministerrat an Bedeutung gewinnen.
Positionierung: Das Mandat der EU für eine aktive internationale Gestaltungsrolle wird mit den Bestimmungen der Verfassung zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik unterstrichen. Strukturen tieferer Integration für eine Reihe von Staaten könnten innerhalb der Union den Raum für die Bündelung der Ressourcen und Ambitionen der Europäer öffnen und die außenpolitische Positionsbestimmung der Union vorantreiben. Europa muss daran festhalten, die Entwicklung von fünfzig Jahren Integration in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft in einem Grundlagendokument zusammenzuführen, das die Verfassungsordnungen der europäischen Staatenwelt nicht ersetzt, sondern an die Bedingungen der Gegenwart heranführt. Mit dieser Verfassung wird das innere Gleichgewicht der erweiterten Union ins Lot gebracht und die Handlungsfähigkeit nach innen wie außen gestärkt.
Erst wenn die Europäische Verfassung ratifiziert und implementiert ist, gewinnt die größte Idee Europas seit der Erfindung des Nationalstaats fassbare Gestalt. Erstmals wäre die politische Ordnung der Europäischen Union in Analogie zu den Ordnungen ihrer Mitglieder zu lesen. Wenn es gelingt, diesen Fortschritt für die große Europäische Union verbindlich zu machen und dynamisch weiter zu entwickeln, dann tritt Europa ein in eine neue Ära seines Selbstverständnisses und seiner Möglichkeiten. Vor diesem Hintergrund erhält die Krise der Europäischen Verfassung seit den gescheiterten Referenden in Frankreich und den Niederlanden im Frühsommer 2005 eine besondere Dramatik.
An dieser Nahtstelle der historischen Entwicklung wird hier eine Bilanz der Integrationsschritte der letzten Jahrzehnte gezogen und ein Überblick über die Akteure und Probleme, welche die nahe Zukunft Europas prägen werden, vorgelegt. Wichtigstes Ziel ist es jedoch, die Vielfalt und die besondere Art des Zusammenlebens der Europäer darzustellen. Hauptaugenmerk wurde bei dieser aktualisierten Auflage auf die Osterweiterung und die neuen Länder gelegt. Das »Europa-Handbuch«, das zuletzt als aktualisierte Neuauflage 2004 erschien, wurde nicht zuletzt aus technischen Gründen in zwei Bände aufgeteilt, die zwar nach wie vor zusammen eine inhaltliche Einheit ergeben, aber jederzeit auch separat verwendet werden können.
Dieser Band »Die Europäische Union« beginnt mit Kapitel 1, Die historische Ausgangslage, ordnet dort die politische Integration Europas in die historische Entwicklung des Kontinentes ein und verdeutlicht ihre Einzigartigkeit, die auch die beherrschende Rolle der Nationalstaaten nicht unberührt gelassen hat. Kapitel 2, Das politische System der Europäischen Union, beschreibt die Funktionen und das Innenleben der EU. Vorgestellt werden hier auch die nichtstaatlichen Akteure des europäischen Politikprozesses, namentlich europäische Verbände und Parteien. Kapitel 3, Die Politikbereiche der Europäischen Union, analysiert die Politik der EU und verdeutlicht deren Wesen als Gemeinschaft für wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt. Kapitel 4, Europas Außenbeziehungen, untersucht den Einfluss der EU als Akteur der Weltpolitik und beleuchtet das Verhältnis zu Nachbarn und Partnern. In Kapitel 5, Die Zukunft Europas, gilt die Aufmerksamkeit den Herausforderungen, denen sich die Union in der nahen und fernen Zukunft stellen muss und deren Spektrum von der Bewältigung der Osterweiterung und ihren Folgefragen bis zur Definition ihrer Rolle in der Welt reicht. Dabei wird ein besonderes Augenmerk auf die verschiedenen Visionen von der künftigen Europäischen Union gelegt.
Der Band »Die Staatenwelt Europas« schließt inhaltlich an diese Systematik an: Sein Kapitel 1, Deutschland in Europa, zeichnet die besondere historische Situation Deutschlands in der Mitte des Kontinentes nach und versucht durch die Innen- und Außensicht Deutschlands dessen individuellen Beitrag zur Einigung Europas zu klären. Das umfangreiche Kapitel 2, Die Staatenwelt Europas, stellt die alten und die neuen Mitgliedstaaten der EU sowie alle übrigen europäischen Länder gründlich unter die Lupe und bietet ein Panorama ihrer vielfältigen politischen Systeme und sozioökonomischen Ausgangslagen. Kapitel 3, Die Europäische Union in Zahlen, liefert mit Tabellen und Schaubildern einen visuellen Überblick über die EU-Institutionen sowie einige ausgewählte Kerndaten der EU-Mitgliedstaaten.
Die beiden Bände sind ein Kooperationsprojekt zwischen dem Centrum für angewandte Politikforschung der Ludwig-Maximilians-Universität München, der Bertelsmann Stiftung und der Bundeszentrale für politische Bildung. Der Herausgeber dankt allen Autoren für ihre Mitarbeit am guten Gelingen dieser Bände. Besonderer Dank gilt Nicole Schley, durch deren fachkundige redaktionelle Arbeit eine Publikation mit einem homogenen Gesamtansatz entstanden ist.
Prof. Dr. Dr. h.c. Werner Weidenfeld Direktor des Centrums für angewandte Politikforschung (C.A.P) der Ludwig-Maximilians-Universität, München Mitglied des Vorstands der Bertelsmann Stiftung, Gütersloh
1.
Die historische Ausgangslage
Werner Weidenfeld,

Europa – aber wo liegt es?

Die Geschichte gönnt Europa keine Atempause. Nach dem Ende der machtpolitischen Statik, die vom Konflikt zwischen Ost und West geprägt war, zeichnete sich die Folgezeit durch eine gewisse Ratlosigkeit über die Baumuster für die Zukunft Europas aus. Die Gleichzeitigkeit gegenläufiger Entwicklungen war das Kennzeichen dieser »Ära ohne Namen«: Integration und relative Stabilität im Westen, Desintegration und Instabilität im Osten.
Mit der erfolgreichen Erweiterungsrunde im Jahr 2004 hat sich diese Zwischenzeit ihrem Ende zugeneigt, und neue Antworten auf die Schicksalsfragen Europas kristallisieren sich heraus: Die Ordnung um den integrierten Kern der Europäischen Union etabliert sich als Zukunftsmuster für die Entwicklung des Kontinentes. Doch muss die Europäische Union als Trägerin solcher gesamteuropäischer Erwartungen noch fünf Herausforderungen bestehen, um auch in dem noch jungen Jahrhundert erfolgreich weiter zu bestehen: die Fortsetzung des Erweiterungsprozesses oder die Entwicklung alternativer Instrumente zur Einbindung weiterer Staaten, die Gestaltung des Verhältnisses zu den neuen Nachbarn nach der Erweiterung 2004, die Modernisierung ihrer Wirtschaft und die überfällige Neuordnung ihrer Institutionen, die durch die Ratifizierungskrise der EU-Verfassung verzögert wird. Auch der Ausbau der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik steht im Mittelpunkt des europäischen Interesses.
Der Krieg im Kosovo verlieh der langjährigen Forderung nach mehr europäischer Handlungsfähigkeit eine komplett neue Bedeutung. Diese ursprünglich nur in Kreisen akademischer Europa-Fachleute erhobene Forderung wird nun zu einer elementar fassbaren Kategorie europäischer Überlebensfähigkeit. Schon zweimal, bei den Verhandlungen um die Verträge von Maastricht und Amsterdam, ist die Europäische Union angesichts dieser Hürden zu kurz gesprungen. Und auch der Vertrag von Nizza kann in diesem Zusammenhang nicht als durchschlagender Erfolg gewertet werden. Um den Weg zum Zusammenwachsen des Kontinentes zu ebnen, muss Europa vor allem eine überzeugende Antwort auf die Frage nach seiner Identität geben, denn hierin liegt der Schlüssel zur Erklärung der europäischen Misere. Jedes politische System bedarf zu seiner Handlungsfähigkeit eines Rahmens, auf den sich die Begründungen für Prioritäten und Positionen beziehen. So existiert in keinem politischen System eine politische Ratio gleichsam als Ding an sich, ohne Bezug auf einen elementaren Konsens, auf gemeinsame Interessen und Perspektiven. In jedem politischen System greift die politische Auseinandersetzung des Tages zurück auf den von allen geteilten historischen Erfahrungshorizont. Von dort bezieht die Politik die Argumentationshilfe, wenn es um die Erklärung ihrer Maßnahmen geht. Europa kann auf diese Ressource gemeinsamer Selbstwahrnehmung aber nur sehr begrenzt zurückgreifen. Somit erweist sich die schwache Identität als die eigentliche Achillesferse der Europäischen Union.
Manche verbinden Sorgen mit der Beantwortung der Frage nach den gemeinsamen Bezugspunkten: Würde eine feste Verortung europäischer Identität nicht in erster Linie dazu dienen, sich nach außen abzugrenzen, Länder und Gruppen einfach aus Europa »herauszudefinieren«?1 Gleichgültig, ob man diese Bedenken teilt, Europa kann sich der Suche nach der eigenen Identität nicht entziehen. Wer die intellektuellen Wellenbewegungen des Kontinentes aufmerksam verfolgt, dem kann dieser Bedarf an Orientierung zur Frage nach Europa nicht entgehen. Mit der Befriedigung dieses Bedürfnisses haben sich die Europäische Union und ihre institutionellen Vorläufer EWG und EG niemals leicht getan, stets waren sie geschäftsmäßig, unheroisch und zivil. Die europäische Integration kann sich – anders als die an ihr mitwirkenden Nationalstaaten – nicht auf nationale Mythen stützen, die Zusammengehörigkeitsgefühle wecken.2 Umso mehr muss sich der Blick jetzt wieder stärker auf den geistigen Horizont, auf die grundlegenden Antriebe und Hindernisse richten. Man ist geneigt, die klassische Frage aus Goethes und Schillers »Xenien« auf Europa anzuwenden: »Europa – aber wo liegt es?« Nicht als geographische Prüfung, sondern auf der Suche nach der geistigen und kulturellen Gestalt Europas ist diese Frage heute gestellt. Es ist die Frage der Europäer nach sich selbst. Dabei geht es nicht um akademisch geschliffene Definitionen, sondern um die subjektive Disposition der Europäer. Was ist europäisch an ihrem Denken, Empfinden, Handeln? Jegliche intellektuelle Brillanz der Darstellung Europas bliebe vergeblich eingesetzt, würden sich die Europäer nicht als Europäer empfinden.

1. Die europäische Identität

Mit der Frage nach der Identität ist das elementare Konstruktionsprinzip moderner Gesellschaften thematisiert.3 Die Vormoderne hat durch Milieu, geschlossene Weltbilder und Transzendenzbezug eine kollektive Identität vorgegeben. Um existenzfähig zu sein, muss die moderne Gesellschaft diese kollektive Identität selbst entwerfen. Die Regelung der Konflikte und die daraus resultierenden steuernden Eingriffe der Politik sind oft nicht aus sich selbst heraus begründbar. Sie bedürfen vielmehr des Verweises auf gemeinsame Lebens- und Gestaltungsgrundlagen: Das Gemeinschaftsbewusstsein wird damit zum Fundament politischer Problemlösung.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!