Everyday Magic - Hannah Krutmann - E-Book
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Everyday Magic E-Book

Hannah Krutmann

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Beschreibung

Ob Astro-App oder hippe Heilsteine, moderne Spiritualität gehört längst nicht mehr in die lila Wallekleider-Ecke. Bietet sie doch eine wunderbare Unterstützung für den Alltag und wichtige Lebensentscheidungen. Everyday Magic gibt die nötigen Skills und neu aufgelegte Rituale für mehr Empowerment und Intuition an die Hand. Gewusst wie mit Tarotkarten, ätherischen Ölen oder dem persönlichen Kraftort mehr Inspiration und Orientierung ins Leben bringen.


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Seitenzahl: 336

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Inhalt

CoverÜber dieses BuchTitelImpressumWidmungVorwortKapitel 1: Magie ist, was du draus machstUrsprung und Geschichte der HexenbewegungWhich witch is which?Wie Magie Schritt für Schritt in deinem Zuhause einziehtÜbung: FlowmotionThis is where the magic happens. Kreiere deinen eigenen KraftortSelbstfürsorge als Akt der SelbstermächtigungKapitel 2: Kristallklar. Wie wir mit Heilsteinen unseren Zielen näher kommenWas sind Kristalle, und wie können sie uns im Alltag empowern?Übung: Und Power! So lädst du deinen Kristall aufAlles nur Placebo?Bye-bye Prokrastination – PyritRampensau-Power – ChalcedonSchöne Träume garantiert – AventurinLiebeskummer, was ist das? – AquamarinGegen nervige Mansplainer – GagatFür mehr Freelance-Aufträge – CitrinSchutz vor miesen Energien in der U-Bahn –Schwarzer TurmalinFür Geduld bei der Steuererklärung – HämatitBergkristallRosenquarzObsidianJetzt kommt der Stein ins Rollen: Beschaffung und NachhaltigkeitWoher weiß ich, ob ein Kristall von guter Qualität ist?Putzplan: Pflege, Reinigung und AufbewahrungWann und wie oft solltest du deine Kristalle reinigen?Schatzkammer oder Fensterbank: Wie bewahre ich meine Kristalle am besten auf?Kristalle im AlltagWelcome to my crib. Kristalle fürs InterieurUnsere Kristall-RoomtourBling-Bling fürs WohnzimmerMagie fürs SchlafzimmerSchotter für den ArbeitsplatzMehr Glamour fürs BadezimmerDress to impress. Kristalle für Kleidung und SchmuckKristalle für deine SelbstfürsorgeHydrateMeditateMasturbateEin bisschen Geometrie: Wie lege ich ein Crystal Grid?Kapitel 3: Kleb dir deine Welt, wie sie dir gefällt? Was Manifestation wirklich bringtDer Manifestations-HypeGefährliches Halbwissen: The SecretSpiritual Bypassing oder der Good-Vibes-Only-FluchAuf Umwegen zur ManifestationSingle and ready to mingleWie funktioniert Manifestation wirklich?Check your privilegeDas berüchtigte Law of Attraction (LoA)Das A-Wort: AbundanceMich gut fühlen, wie geht das?In fünf Schritten erfolgreich manifestierenSchritt 1: Selbstwert stärken: Die magnetische Kraft deines UnterbewusstseinsÜbung: Taschenlampe raus und Glaubenssätze aufspürenÜbung: Schatzkarte zeichnen – Der Deep Dive in deine vier LebensbereicheÜbung: Luft holen und Abtauchen ins Unterbewusstsein. Wie und wo wir Glaubenssätze verändernSchritt 2: Wunschzettel raus! Klare Ziele formulierenÜbung: Schreibe deine ManifestationswunschlisteIst dein Wunsch jetzt crystal clear?Schritt 3: See it to believe it – Über die Macht der VisualisierungAchtsamkeitVisualisierungLebender Beweis: Finde deine ManifestationsvorbilderÜbung: Wer sind deine Manifestationsvorbilder?Schritt 4: Und Action! Lasse deinen Worten Taten folgenÜbung: Erstelle dein eigenes VisionboardSchritt 5: Let it go, let it go – Geduld zahlt sich ausÜbung: Die ManifestationsinventurKapitel 4: Lesen, was in den Sternen steht. Selbsterkenntnis und Empathie durch AstrologieVon Mondknoten und vollen HäusernSchritt 1: Dich selbst besser kennenlernen mit AstrologiePsychologische AstrologieEin Überblick über die verschiedenen RollenDie PlanetenSonne: deine Serienrolle/dein CharakterMond: die beste Freundin/deine GefühlsebeneMerkur: die Arbeitskollegin/deine KommunikationsebeneVenus: die Muse/deine Liebe und AnziehungskraftMars: der Trainer/deine UnternehmungslustJupiter: dein großer Bruder/dein GlücksbringerSaturn: dein Vater/deine DisziplinUranus: die ausgeflippte Mitbewohnerin/deine UnabhängigkeitNeptun: der spirituell bewanderte Mitbewohner/dein MitgefühlPluto: der*die beste Feind*in/deine TransformationDie MondknotenDie astrologischen HäuserErstes Haus: Das BadezimmerZweites Haus: Die MallDrittes Haus: Die KücheViertes Haus: Das ElternhausFünftes Haus: Das SchlafzimmerSechstes Haus: Der ParkSiebtes Haus: Der ChatroomAchtes Haus: Der WaldNeuntes Haus: Die UniZehntes Haus: Das BüroElftes Haus: Das StammcaféZwölftes Haus: Die BarSchritt 2: Andere besser verstehen durch AstrologieSchritt 3: Mit Astrologie durch den Alltag navigierenKapitel 5: Sonne, Mond und Menstruation. Wie du im Einklang mit deinem Zyklus wahre Superkräfte entfaltestDer Mond als SymbolWas hat der Mond mit uns zu tun?Die Menstruation als SymbolRhythm is a dancer. Im Eiertanz um die MenstruationThe magic is realAlles eine Frage des Rhythmus: Wie der menschliche Körper ticktWillkommen im Club: Einführung in den Mondrhythmus»Schmerzen, so schlimm wie Wehen«Körpermagie: Den eigenen Zyklus verstehenBitte einmal Mond rot-weiß!Just a Phase. Von Mondphasen und MenstruationsphasenMondphase am Himmel: Zunehmender MondSuperkraft: High Performer PowerMondphase in dir: FollikelphaseWeiblicher Archetyp: JungfrauJournaling Prompts für diese Mond- und Zyklusphase:Kristall für diese Mond- und Zyklusphase:Mondphase am Himmel: VollmondSuperkraft: Magnetische AnziehungskraftÜbersicht über die Vollmonde und ihre besonderen Energien:Januar – Wolfsmond (auch Wintermond oder Eismond genannt)Februar – Schneemond (auch Sturmmond oder Hungermond genannt)März – Wurmmond (auch Lenzmond genannt)April – Rosa Mond (auch Ostermond genannt)Mai – Wonnemond (auch Blumenmond genannt)Juni – Erdbeermond (auch Honigmond oder Rosenmond genannt)Juli – Heumond (auch Bockmond genannt)August – Erntemond (auch Störmond genannt)September – Herbstmond (auch Maismond genannt)Oktober – Weinmond (auch Jagdmond genannt)November – Nebelmond (auch Bibermond genannt)Dezember – Kalter Mond (auch Julmond genannt)Mondphase in dir: EisprungWeiblicher Archetyp: MutterJournaling Prompts für diese Mond- und Zyklusphase:Kristall für diese Mond- und Zyklusphase:Mondphase am Himmel: Abnehmender MondSuperkraft: Gefährliches OrganisationstalentMondphase in dir: Luteale PhaseWeiblicher Archetyp: ZauberinJournaling Prompts für diese Mond- und Zyklusphase:Kristall für diese Mond- und Zyklusphase:Mondphase am Himmel: NeumondSuperkraft: Röntgenblick für die WahrheitMondphase in dir: MenstruationWeiblicher Archetyp: MatroneJournaling Prompts für diese Mond- und Zyklusphase:Kristall für diese Mond- und Zyklusphase:Kapitel 6: Smoking hot. Wie wir uns mit Räucherritualen in den Rauhnächten von bösen Geistern verabschiedenLoslassen und böse Geister vertreibenÜbung: It’s getting hot in here. Feuerritual und dreizehn WünscheFragen ans UniversumEin stiller Akt der Rebellion: Das RitualWeibliche Archetypen für die RauhnächteÜbung: Die 12 FrauenNacht 1: Orakel für den JanuarNacht 2: Orakel für den FebruarNacht 3: Orakel für den MärzNacht 4: Orakel für den AprilNacht 5: Orakel für den MaiNacht 6: Orakel für den JuniNacht 7: Orakel für den JuliNacht 8: Orakel für den AugustNacht 9: Orakel für den SeptemberNacht 10: Orakel für den OktoberNacht 11: Orakel für den NovemberNacht 12: Orakel für den DezemberGeisterstunde, Geisterrunde: Orakeln in den RauhnächtenDie andere Art der MonatskarteNeujahrs-SpreadSmoke it out. Die Kunst des RäuchernsWomit räuchern?Kräuter für die RäuchermischungenÜbung: Let it burnÜbung: Kräuterbündel bindenKapitel 7: Kräuter to go. Mit ätherischen Ölen für jede Gefühlslage gewappnetAnwendung und Wirkung von ätherischen Ölen1. Körperliche Wirkung2. Energetische Wirkung3. Emotionale WirkungEmotionen kennenlernen und verwandelnSchritt 1: Das Gefühl identifizierenSchritt 2: Das Gefühl annehmenSchritt 3: Das Gefühl beeinflussenDuftkompassHoch schwingende Emotionen – und Düfte, die sie hervorrufen und verstärken:Niedrig schwingende Emotionen und Düfte, die sie freilassen und transformieren:Ätherische Öle und ihre Anwendungen im AlltagTopische AnwendungInnerliche AnwendungAromatische AnwendungQualitätscheckEmpowernde Ölrituale für den AlltagSonnenstrahlen to go für MorgenmuffelDer Goodbye-PMS-SmileyEnergieräuberfreie ZoneDie »Bleib dir selbst treu«-Mischung für wichtige VerhandlungenKapitel 8: Better together. Wie du dir Hilfe suchst und andere starke Frauen triffstSupport-SchwesternschaftÜbung: Das Support-Schwestern-SystemSchwesternkompetenzenÜbung: Real TalkThema 1: Persönliche ErfolgeThema 2: AnerkennungThema 3: Unzufriedenheiten und WünscheThema 4: Emotionaler WetterreportSolidarische SchwesternschaftDie Magie des KreisesÜbung: Veranstalte deinen eigenen FrauenkreisIntentionAnlassAblaufDeine TeilnehmerinnenLocationEin paar Gedanken zum AbschlussDankQuellen, Zitate, Fußnoten

Über dieses Buch

Ob Astro-App oder hippe Heilsteine, moderne Spiritualität gehört längst nicht mehr in die lila Wallekleider-Ecke. Bietet sie doch eine wunderbare Unterstützung für den Alltag und wichtige Lebensentscheidungen. Everyday Magic gibt die nötigen Skills und neu aufgelegte Rituale für mehr Empowerment und Intuition an die Hand. Gewusst wie mit Tarotkarten, ätherischen Ölen oder dem persönlichen Kraftort mehr Inspiration und Orientierung ins Leben bringen.

HANNAH KRUTMANN MARIE KRUTMANN

EverydayMagic

EIN HANDBUCH FÜR ALLTAGSTAUGLICHE UND EMPOWERNDE SPIRITUALITÄT

Vollständige E-Book-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Der Inhalt dieses Buchs wurde sorgfältig recherchiert und geprüft. Die Informationen sind allerdings nicht dazu gedacht, eine ärztliche oder therapeutische Beratung zu ersetzen, sofern eine solche angezeigt ist. Für Links zu Webseiten Dritter wird keine Haftung übernommen, hier gilt lediglich deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung. Eine Haftung der Autorinnen oder des Verlags ist ausgeschlossen.

Deutsche Erstausgabe

Copyright © 2021 by Bastei Lübbe AG, Köln

Illustrationen Innenteil: Mira Schmidt, Köln; Kuzin & Kolling, Hamburg

Textredaktion: Beate De Salve, Pulheim

Umschlaggestaltung: FAVORITBUERO, München,unter Verwendung von Illustrationen von© shutterstock: lavendertime | Rayyy

eBook-Produktion: hanseatenSatz-bremen, Bremen

ISBN 978-3-7517-1508-9

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Für unsere Oma, die uns in die heilende Kraft der Kräuter und Kristalle eingeweiht hat, für unsere Mutter, die uns gelehrt hat, was Zusammenhalt bedeutet, und für alle Frauen und Femmes, die ihre Magie entdecken wollen.

Vorwort

Als Hannah vor ein paar Jahren verkündete, sie würde an Silvester Orakelkarten legen, war Maries erster Gedanke: »Oh no, bitte nicht. Nicht du auch noch!« Menschen, die meinten, ihr Schicksal in den Sternen lesen zu können, schienen ihr mehr als naiv zu sein. Sie hatte sich ein Bild gemacht (oder vielmehr die Medien und Meinungen anderer hatten ihr ein Bild präsentiert), das sie nicht mit ihrer großen Schwester gleichsetzen wollte.

Genauso wenig wie Marie in jenem Moment hätte Hannah noch vor einigen Jahren vermutet, dass sie mal ein feministisches Buch über moderne Spiritualität schreiben würde. »Eso« war lange Zeit ein Schimpfwort, das sie für Menschen benutzte, die in ihren Augen zu wenig Biss hatten, um durch harte Arbeit und Disziplin ihre Ziele zu erreichen, und deshalb lieber an Hokuspokus und die Kraft der Engel glaubten.

Als sie im Jahr 2013 in der Hilma-af-Klint-Ausstellung im Moderna Museet von Stockholm stand, beschrieb sie ihre Erfahrung als »pastelligen Eso-Overkill«. Und auch wenn sie die Künstlerin und ihr Werk aus feministischer Perspektive heute mit anderen Augen sieht, kann sie Spiralen und anderen esoterischen Symbolen doch noch immer wenig abgewinnen.

Und das muss sie auch nicht. Zum einen ist Spiritualität nicht gleichbedeutend mit Esoterik,1 und zum anderen ist sie etwas sehr Persönliches und gleichzeitig Universelles. Sie hat viel damit zu tun, wie du selbst dich in Verbindung zu etwas Größerem fühlst. Du kannst es Liebe, Natur, Universum, Göttin, Gott, die große Pussy im Himmel, SHE Power, The Source, Divine Feminine oder sonst wie nennen. Das sind einige der Begriffe, die moderne spirituelle Autorinnen nutzen, doch keiner davon muss für dich passen. Anders als bei einer Religion geht es bei moderner (weiblicher) Spiritualität darum, was du empfindest und glaubst – und nicht darum, zu unterschreiben, dass du ein Komplettpaket aus Vater, Sohn und Heiligem Geist buchst, an ein Leben nach dem Tod glaubst oder Scham und Schuld als Teil deiner Glaubenssätze akzeptierst. Du selbst bestimmst die Regeln.

Als studierte Modewissenschaftlerin hüpfte Hannah jahrelang von einer Fashion Week zur anderen, tummelte sich auf Presseevents mit Mode- und Beautyredakteurinnen und wusste immer, welches Modejahrzent gerade Revival feierte. Die Modebranche war zu ihrer Enttäuschung darüber hinaus jedoch leider kaum anders, als Meryl Streep es im Film Der Teufel trägt Prada darstellt: Zeitdruck, Stress, Konkurrenzkampf, Body Shaming und Leistungsdruck, serviert mit Glamour, Alkohol und dem Ansporn: »Wenn du ihn nicht willst, so viele andere Frauen würden sterben, um deinen Job zu kriegen.« Chronische Bauchschmerzen, Allergien, Panikattacken und Menstruationsbeschwerden gehörten schon früh zu Hannahs Arbeitsalltag, doch anstatt sie als beunruhigend oder Warnzeichen zu sehen, empfand sie all diese Symptome als »etwas lästig«. Tatsächlich fühlte sie sich sogar umso stärker, wenn sie trotz der ganzen Beschwerden noch Überstunden machte oder die Party als Letzte verließ.

Über die Jahre besuchte sie immer mal wieder Ärzt*innen, die aber außer »Stress« nichts diagnostizieren konnten. Eine Heilpraktikerin hingegen, die ausgiebig Hannahs Zunge betrachtete und mit einem Pendel rumfuhrwerkte, verschaffte ihr mit ihren Teemischungen eine echte Linderung – was Hannah zwar irgendwie suspekt, aber auch ziemlich faszinierend fand.

Als sie schließlich drei Wochen Urlaub nahm, um eine Freundin auf Bali zu besuchen, traf sie hier erstmals auf Menschen, die ganz ähnliche Erfahrungen gemacht hatten. Nach ihrer ersten Stunde Hormonyoga nahm Hannah all ihren Mut zusammen und erzählte der Lehrerin von ihren Beschwerden. Diese lachte sie weder aus, noch sagte sie ihr, dass Schmerzen normal seien und sie die Zähne zusammenbeißen müsse. Im Gegenteil: Sie empfahl ihr Bücher feministischer, spiritueller Frauen, die ihre Erfahrungen festgehalten hatten, und zeigte ihr eine kreisende Übung, mit der sie ihren Beckenboden und die Organe im Bauchraum massieren konnte, um den Beschwerden entgegenzuwirken.

Durch diese Erfahrungen realisierte Hannah, dass der Hass auf ihren eigenen Körper ihr jahrelang im Weg gestanden hatte: Sie hatte sich durch Diäten gequält, um einem patriarchalischen Schönheitsideal zu entsprechen, und ihre zyklische Natur verflucht, weil sie ihr jegliche Energiereserven im stressigen Alltag stahl. Dass sie ein verschobenes Bild von Weiblichkeit haben könnte, war ihr nie in den Sinn gekommen. Ihr Leben drehte sich schließlich um Mode, Schönheit und Weiblichkeit, sie war umgeben von Frauen – wie konnte sie ihre Weiblichkeit da nicht ausleben?

Je mehr sie ins aktive Spüren kam, desto stärker wurde sie sich ihrer eigenen Präsenz und Wirkung bewusst. Sie begann, mehr und mehr die Verbindung zwischen ihrer physischen und mentalen Verfassung zu sehen, hinterfragte die leistungsorientierte, lineare Haltung, die ihr durch ihren Job und die Gesellschaft vorgeschrieben wurden. Und so war es letztlich die Spiritualität, die Hannahs Bewusstsein für gesellschaftliche Ungleichheiten und politische Machtstrukturen schärfte. Heute bezeichnet sie sich vor allem dank dieser spirituellen Erfahrung als überzeugte Feministin.

Bei Marie war es genau umgekehrt. In unserer Familie galt sie schon immer als »die Kritikerin«, die gern sehr direkt erklärt, welche Themen ihr Bauch- und Kopfschmerzen bereiten. If you’re not angry, you’re not paying attention oder Angry women will change the world sind Sinnsprüche, die Marie zusagen. Lange wusste sie jedoch nicht, wohin mit ihrer Wut. Als sie vierzehn war, schickte unsere Mutter sie zu einem Selbstverteidigungskurs für Mädchen. Dort lernte sie, ein Brett mit ihrer bloßen Hand (und Willenskraft) zu durchschmettern, nachdem sie und andere Mädchen Situationen nachgespielt hatten, in denen sie auf dem Schulweg, im Bus, beim Sportunterricht oder auf Familienfesten belästigt wurden. Jedes dieser Mädchen teilte dasselbe Gefühl wie Marie: innerlich zu explodieren, obwohl sie in der Realität meist nur still dastanden. Zu wissen, dass sie nicht allein war, half.

Später, als junge Erwachsene, wurde ihr klar, dass all die alltäglichen Situationen, die ihr Unbehagen bereiteten, mit einem größeren strukturellen Problem zusammenhingen. Was sie und viele weiblich gelesene Menschen erlebten, war Diskriminierung und sexistische Gewalt. Gemeinsam mit anderen begann sie, auf Demos laut zu werden, feministische Lesungen zu besuchen, sich zu informieren, Ungleichheiten zu benennen, zuzuhören und sich auf langen Spaziergängen oder Abenden in Bars mit ihren Freund*innen auszutauschen, um den Untergang des Patriarchats zu planen. Die Erkenntnis, dass es dazu auch Momente der Ruhe (ganz für sich), Selbstfürsorge und eine Portion Magie braucht, kam ihr erst im Austausch mit Hannah.

Glaubte sie, dass ein Stein über magische Fähigkeiten verfügt? Nein. Glaubte sie, dass wir uns bewusst Zeit schenken sollten, um unsere Energie auf die Dinge zu lenken, die wir verändern wollen? Ja. Glaubte sie, dass der Mond ein Verbündeter im Kampf gegen das von Männern für Männer gemachte System ist? Bislang nicht, aber interessant …! Glaubte sie, dass wir den weiblichen Zyklus mehr ins Bewusstsein rücken und uns nicht durch lineare Strukturen quälen sollten? Aber hallo! Heute sagt Marie, dass ihre neuen spirituellen Erfahrungen sie zu einer noch stärkeren Feministin gemacht haben, die sich auch mal verletzlich zeigen kann.

Unsere eigene Schaffenskraft hat viel mit unserem Selbstwert und dem Auflösen gelernter Konditionierungen zu tun. Und so können Selfcare-Übungen genau wie Begegnungen mit anderen, bei denen wir uns gesehen und verstanden fühlen, unsere Magie erwecken. Bei Hannah trugen Yogalehrer*innen, Astrolog*innen und Heilpraktiker*innen, Psychotherapeut*innen und die Geschichten weiblicher Archetypen in Sagen, Märchen und Filmen zu einem Bewusstseinswandel bei. Bei Marie waren es die Gespräche mit Hannah und die Arbeit an diesem Buch sowie Serien und Bücher, in denen sie die Hexe als feministisches Sinnbild für empowernde Magie entdeckte.

Gemeinsam haben wir festgestellt, dass jene aktive und empowernde Form von Magie, wie wir sie mittlerweile im Alltag leben und erkunden, wenig mit dem gemeinsam hat, was wir in anderen spirituellen Kreisen beobachten. Zwar finden immer mehr junge Frauen und Femmes2 ihren Weg zur Spiritualität, um sich aus zu starren Strukturen im Job oder einer Beziehung zu lösen (was super ist), doch anstatt sich aktiv zu befreien, geben sich einige von ihnen einer erneuten Abhängigkeit hin. Sie tauschen den Leistungsdruck und den Diätenwahn ein gegen den Druck, bestimmte Yogaposen perfekt zu beherrschen. Damit perfektionieren sie die Bewegungen einer fremden Kultur, die für männliche Körper konzipiert wurden. Sie befreien sich vielleicht aus einer monogamen Beziehung mit einem patriarchalen Arschloch, landen stattdessen jedoch in einer offenen Beziehung mit einem pseudo-erleuchteten Yogi, der zwar von Energien faselt, sich im Prinzip aber einfach nicht festlegen will. Statt Gucci preisen sie Osho, und statt für die neue It-Bag geben sie ihr ganzes Geld für überteuerte Markenyogahosen aus. Nicht jede Art der Spiritualität, die von modernen Frauen praktiziert wird, ist automatisch feministisch. Nicht jede ist politisch korrekt, und nicht jede ist psychologisch unbedenklich. Um diese Unterschiede klar herauszuarbeiten, wollen wir in diesem Buch auch aktuelle Phänomene wie Spiritual Bypassing (spirituelles Umgehen) und toxische Positivität, Spiritualität als Konsumgut und das Thema Kulturelle Aneignung betrachten.

An dieser Stelle soll außerdem gesagt sein, dass Hannah nicht sonderlich stolz darauf ist, ihr spirituelles Coming-out nach ihrer Balireise gehabt zu haben. Als wandelndes Klischee durchlief sie zeitweise einige fragwürdige Stadien, in denen sie sich Filme wie The Secret zum Thema Manifestation anschaute, sich mit einer »Intuitive Spiritual Insta Coach«-Tante anfreundete, unbedacht hinduistische Mantras aus dem Yogastudio nachsang und sich wenig bis gar nicht mit der Herkunft ihres Räucherwerks auseinandersetzte. Doch eben weil sie diese Erfahrung hinter sich hat, wollen wir anderen Menschen die Möglichkeit geben, sich alternative Wege zu erschließen. Eben weil Hannah ihre spirituelle Praxis als einen feministischen Akt der Selbstermächtigung erkannte, begann sie sich im Austausch mit Marie den Hintergründen einzelner spiritueller Praktiken zu widmen und sich die Frage zu stellen, warum sie (wie so viele) so lange in anderen Kulturen nach sich selbst gesucht hatte, anstatt sich mit den Ursprüngen ihrer eigenen Kultur zu befassen.

Gemeinsam haben wir erkannt, dass die patriarchale christliche Religion, mit der wir aufwuchsen, uns ein völlig körperfremdes Gefühl vermittelt hat, da unsere Körper, weibliche Sexualität, zyklische Natur und weibliche Archetypen stets tabuisiert wurden. Dabei sind all diese Aspekte ebenso Teil unserer (europäischen) Kultur – oder anders gesagt: Sie waren es einst, wie wir anhand des Archetypus der Hexe erkannten.

Also haben wir uns gefragt: Welches Wissen über Heilpflanzen, Rituale und Geschichten haben uns die Frauen in unserem familiären, kulturellen und gesellschaftlichen Umfeld mitgegeben? Mit welchen Traditionen und Ansichten sind wir beide aufgewachsen, und woran machen wir unseren heutigen Glauben fest? Welches Bild zeichnen Politik und Popkultur von uns Frauen?

So gern wir es als Recovering Perfectionists möchten, können wir jetzt schon sagen, dass wir bei all diesen Bemühungen mit Sicherheit nicht perfekt sein werden. Wir lernen täglich dazu, und das wird auch so weitergehen, nachdem wir das Buch in den Druck gegeben haben. Betrachte es also gern als das, was es ist: eine Momentaufnahme einer Reise zu mehr Self-Empowerment.

Wir möchten außerdem klarstellen, dass die Rituale und Praktiken, die wir in diesem Buch vorstellen, unserer Erfahrung nach zu mehr Selbstvertrauen, Selbstfürsorge und Magie im Alltag beitragen können. Sie werden aber vielleicht nicht bei allen Menschen dieselbe Wirkung zeigen und sollen keinesfalls einen Ersatz zu Psychotherapie oder medizinischen Behandlungen darstellen. Unser Ansatz ist es, so transparent und reflektiert wie möglich unsere eigenen Erfahrungen im Zusammenhang mit moderner (weiblicher) Spiritualität darzustellen. Durch unseren Dialog als Schwestern beziehen wir dabei unsere verschiedenen Positionen auf unseren individuellen Wegen immer wieder mit ein.

Den im spirituellen Kontext stark verbreiteten Kult um selbsternannte Gurus und Supercoaches lehnen wir strikt ab. Stattdessen möchten wir uns in unserer Arbeit eher auf das Bild der Hexe fokussieren, das wir in den kommenden Kapiteln noch vorstellen werden.

Everyday Magic ist ein Buch über starke Weiblichkeit, in dem wir dir zeigen wollen, wie alltäglich und natürlich Magie eigentlich ist. Wir möchten dir weibliche Badass-Archetypen zur Identifikation vorstellen und hervorheben, dass Aktivismus, Feminismus, Intellekt und ein reflektiertes eigenständiges Leben eine spirituelle Verbindung absolut nicht ausschließen.

In diesem Buch findest du Tools, Rituale und Ideen, die dich empowern. Du brauchst dafür absolut nichts außer dich selbst, deinen Körper und deinen Verstand. Da wir zwei Nerds aus eigener Erfahrung wissen, wie gut es tut, die eigenen Erfahrungen festzuhalten, haben wir uns bei den praktischen Übungen besonders auf Schreibaufgaben konzentriert. Klar, als Autorinnen ist uns das Medium besonders vertraut, aber auch davon abgesehen glauben wir, dass das Journaling mit seinen einfachen Mitteln oft große Aha-Momente auslösen kann. Deswegen würden wir uns freuen, wenn du das Angebot der Übungen im Buch annimmst, um darauf aufbauend deine ganz eigenen Erfahrungen zu machen und Verbindungen herzustellen.

Dieses Buch ist für alle Zweifelnden wie Marie, die nie ein rosa Schnörkelbuch aufschlagen würden und trotzdem gern mal etwas mehr zum Thema moderne weibliche Spiritualität erfahren würden. Dieses Buch ist genauso für Magieerprobte, die Lust haben, mal ein Buch zu diesem Thema zu lesen, das die kritischen Aspekte mit einbezieht, die sonst nur in Artikeln mit antispiritueller Grundhaltung thematisiert werden. Es ist für diejenigen, die ihre Spiritualität schon offen oder heimlich leben, in der Community aber öfter mal ein bisschen Pragmatismus und/oder politische Fragen vermissen. Vor allem ist dieses Buch aber ein Buch für alle spirituell Interessierten, die es satthaben, für ihre Rituale belächelt zu werden.

Kapitel 1: Magie ist, was du draus machst

Woran denkst du beim Wort »Magie«? An eine Märchenstunde, Halloween, Beautygeheimnisse oder die Gelfrisuren der Ehrlich Brothers? Magie kann vieles meinen. Es kommt ganz auf den Kontext und die Perspektive an.

Wir persönlich denken bei Magie nicht an Stage Magicians und Zaubertricks, sondern an die Kraft der Hexen. Hexen sind unabhängig (sie fliegen, wohin sie möchten), kennen Zaubersprüche und Kräuter gegen Energieräuber und rufen ihren Coven (Hexenzirkel), wenn sie Verstärkung brauchen. Wenn also jemand weiß, was Autonomie, Selbstfürsorge und Sisterhood bedeuten, dann sind es die Hexen. Sprechen wir hier von Magie1, dann meinen wir damit sinnbildlich die Kunst, sich aus eigener Kraft und in Verbindung mit anderen zu empowern.

Aber sind Hexen nicht böse? Wenn wir uns an alten Märchen und Sagen orientieren, könnte man das meinen. Vom Mittelalter bis in die frühe Neuzeit galt »die Hexe« als Persona non grata. Die Literatur und Popkultur zeichnet nun jedoch ein ganz anderes Bild. Eines, mit dem sich viele Frauen identifizieren, die sich selbst als moderne Hexen bezeichnen.

Galt die Hexe sowohl in Grimms Märchen als auch in Disneys Verfilmungen noch als Antagonistin, die ihre Stieftochter (wie in Schneewittchen) aus lauter Missgunst vergiftet, so ist sie in Büchern wie Harry Potter oder Serien wie Buffy – Im Bann der Dämonen und Charmed – Zauberhafte Hexen eine Superheldin und wahre Freundin. Die moderne Hexe zeichnet sich durch Klugheit, Mut und ein großes Herz aus.

Nehmen wir zum Beispiel die sechzehnjährige Sabrina Spellman in der Netflix-Verfilmung Chilling Adventures of Sabrina. Sie nutzt ihre magische Kraft, um sich gemeinsam mit ihren beiden Tanten und anderen Hexen (unterschiedlichen Geschlechts und Alters) gegen das Böse (verkörpert durch den Hohepriester Pater Blackwood und den Dunklen Lord [aka das Patriarchat]) zu wehren und ihre sterblichen Freund*innen vor Dämonen zu beschützen.

Oder Willow Rosenberg in Buffy. Die stets fleißige und zuverlässige Schülerin verbringt die meiste Zeit als Außenseiterin in der Bibliothek mit einem Buch vor der Nase, anstatt sich mit ihren Mitschüler*innen zu treffen. Nachdem sie jedoch eine Verbündete (Buffy) findet, mit der sie sich gemeinsam gegen hinterlistige Dämonen einsetzt, gewinnt sie an Selbstvertrauen. Als sie schließlich ihre Liebe zu einer Frau akzeptiert, entwickelt sie ungeahnte Zauberkräfte. Pop-Hexen wie Sabrina, Willow und Co. werden von vielen Teenagern und jungen Frauen als Repräsentantinnen des Feminismus gefeiert, weil ihre Kraft für mehr als Zauberei steht.

Und nicht nur in Büchern und Serien sind sie zu Hause, moderne Hexen sind überall! Auf großen Bühnen, hinter der Kamera, auf Demos, in der Natur und im eigenen Freund*innenkreis. Was viele von ihnen verbindet, ist eine kollektive »Jetzt reicht’s«-Haltung. Moderne Hexen lassen nicht länger zu, dass Männer in der Politik oder privat über sie und ihre Freiheit bestimmen. »Die Hexe beharrt auf ihrem Recht, einen eigenen Lebensentwurf zu gestalten«2, heißt es in einem Text der Autorin Julia Korbik im feministischen Onlinemagazin This is Jane Wayne.

Hattest du auch schon einmal so einen Moment, in dem du plötzlich beim Mitsingen eines Songs im Radio bemerkt hast, was für ein absolut sexistischer Schwachsinn da von sich gegeben wird? Oder hast du dich in der Schule, an der Uni oder am Arbeitsplatz nicht getraut, dich vor anderen zu Wort zu melden, aus Angst, dass deine Antwort falsch oder dein Wissen nicht ausreichend sein könnte? Hast du befürchtet, du könntest weniger eloquent sein als dein Sitznachbar, Kommilitone oder Kollege – bis du gemerkt hast, dass der einfach immer die Antworten anderer wiederholte und fremde Ideen als seine ausgab?

Was war dein »Jetzt reicht’s«-Moment?

Nimm dir ruhig eine kurze Bedenkzeit, und schreib vielleicht sogar ein paar der Situationen auf, damit du sie besser greifen und benennen kannst.

Apropos benennen: Sicherlich trägt die Popkultur in vielerlei Hinsicht zu fragwürdigen Idealen bei (man denke nur an den Perfektionswahn, wenn es um den weiblichen Körper geht), doch bei uns beiden haben die Darstellungen starker Frauencharaktere und das selbstbewusste Auftreten weiblicher und queerer Künstler*innen in Büchern, Serien und den sozialen Medien in den vergangenen Jahren zu einem spürbaren Wandel beigetragen. Einem magischen Wandel, wenn man so will. Denn der Moment, in dem wir die Ungleichheiten und Glaubenssätze, mit denen wir aufgewachsen sind, bewusst mit unseren eigenen Augen betrachten, gleicht dem Gefühl, von einem Fluch erlöst zu werden. Bewegungen wie Black Lives Matter, #MeToo oder Body Neutrality zeigen uns und anderen: Wir sind nicht allein mit unserem Schmerz und im Kampf gegen diskriminierendes Verhalten. Gemeinsam können wir etwas verändern.

Magie kann uns im Alltag dabei helfen, in uns hineinzuhorchen und an uns selbst, unseren Wert und unsere Power zu glauben. Und nicht nur das! Gerade in Momenten, in denen wir uns ausgeliefert und machtlos fühlen, verhilft sie uns im Kollektiv mit anderen zu neuer Stärke.

»Magie erscheint in Zeiten von Trump, Klimakrise und nahezu allgegenwärtigem Hass als etwas Konkretes, Greifbares«, schreibt Julia Korbik, die in ihren Onlineartikeln und Büchern die Geschichten besonderer Frauen in den Fokus rückt.3 Vielleicht wirkt es etwas schräg, dass ausgerechnet Magie als etwas Konkretes wahrgenommen wird, obwohl ihre Existenz doch von vielen bestritten wird. Aber die Geschichte der Hexen, sowohl damals als auch heute, hat nichts mit Märchenstunden und naiven Träumereien zu tun. Ihr Ursprung und ihre Beweggründe sind real.

Ursprung und Geschichte der Hexenbewegung

Die Hexenverfolgung begann um 1400 und bekam im 16. und 17.Jahrhundert besonderen Auftrieb. Auch wenn viele die Hexenjagd gern als längst vergangene Mittelalterstory abtun, so gab es doch bis Ende des 18.Jahrhunderts noch Hinrichtungen in ihrem Namen. Was sich hier abspielte, war eine willkürliche Dämonisierung von Menschen, um sich ihrer unter einem Vorwand zu entledigen.

Neben der Bibel war im Mittelalter ein zweites Buch stark verbreitet. 1486 erschien das Malleus Malefircaum des deutschen Theologen Heinrich Kramer, auch bekannt unter dem Namen Der Hexenhammer, das bei jeder Anklage auf dem Richtertisch lag und als unwiderlegbare Autorität betrachtet wurde. Das Hexenjagd-Handbuch legte fest, wer eine Hexe war und auf welche Weise sie bestraft werden sollte. Meist wurden die Frauen erst qualvoll gefoltert und anschließend ertränkt, erhängt oder auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Und warum?

Heinrich Kramer zufolge waren Hexen (also mehrheitlich Frauen) gefährlich, weil sie einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hatten. Allein oder in Gruppen übten sie angeblich Magie aus, indem sie Säuglinge ermordeten, Hagelstürme heraufbeschworen, Gedanken kontrollierten und Männer impotent machten – um hier nur einige der vielen absurden Behauptungen zu nennen. Kramer war überzeugt, dass Frauen böse seien. Seine Theorie, die er anhand von Bibelstellen und Verweisen auf die Werke anderer Männer stützte, strotzten nur so von toxischer Männlichkeit. Und so wurde die Hexe von Päpsten, Priestern, Dämonologen, Magistraten, Künstlern und Schriftstellern öffentlich als teuflische, perverse, verrückte Frau dargestellt.

Auch wenn damals nicht nur Frauen der Hexerei bezichtigt wurden, so traf es sie doch ganz eindeutig in der Mehrzahl (fünfundsiebzig bis fünfundachtzig Prozent). Häufig handelte es sich bei den Verurteilten um Frauen, die ein eigenes, unabhängiges Leben führten, zum Beispiel ältere (verwitwete) Frauen und solche, die ihre Sexualität offen auslebten oder anderen gegenüber auch nur ihre Stimme erhoben. Auch Heilerinnen und Hebammen waren darunter. Als »Kräuterhexen« stellten sie eine Konkurrenz zu Medizinern und Wissenschaftlern dar oder wurden als Sündenbock für den Tod eines kranken oder verstorbenen Menschen verantwortlich gemacht. Indem man(n) Frauen als Hexen bezeichnete, sie verurteilte, gegeneinander aufhetze und folterte, wurden sie ihrer Selbstständigkeit, ihres Wissens, ihrer Haltung, ihres Engagements und schlussendlich ihres Lebens beraubt.

Die genaue Zahl der Opfer ist nicht bekannt. In Europa sollen es, aktuellen Studien zufolge, zwischen fünfzig- und zweihunderttausend gewesen sein.4

Dass die jahrhundertelange systematische Verfolgung und Ermordung von Frauen bis heute Auswirkungen zeigt, sehen wir daran, dass Frauen noch immer aus vielen Bereichen der Öffentlichkeit ferngehalten, unterdrückt und benachteiligt werden. Unverheiratete (queere) Frauen ohne Kinder werden in den Medien kaum repräsentiert, und auch alte Frauen spielen nur selten die Hauptfigur im öffentlichen Diskurs. Durch den Aufstieg patriarchalisch geführter akademischer und staatlicher Institutionen wurden Heilerinnen und Hebammen von examinierten Ärzten verdrängt, was wir heute daran merken (oder eben nicht), wie wenig von dem Wissen erhalten ist, das damals von Frau zu Frau weitergegeben wurde.

Und noch immer können sehr viele Frauen nicht frei über ihren Körper und ihre Rechte entscheiden. In unserem Nachbarland Polen herrscht ein nahezu vollständiges Abtreibungsverbot. Dass wir in Deutschland nicht wesentlich weiter sind, zeigt sich am Fall der Ärztin Kristina Hänel, die erst Anfang 2021 vom OLG Frankfurt nach Paragraf219a wegen »Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft« verurteilt wurde.5

Menschen, die sich heute selbst als Hexen bezeichnen, wollen auf diese anhaltende Ungleichheit hinweisen und an das Leid der einst Verurteilten erinnern, die durch die Fremdbezeichnung »Hexe« mit ihrem Leben bezahlen mussten.

So neu ist diese moderne Art der Magie allerdings nicht. Bereits in den 1960er-Jahren bildeten sich in den USA Frauengruppierungen, die das Hexennarrativ für sich beanspruchten. Im sogenannten WITCH-Manifest heißt es: »You are a Witch by being female, untamed, angry, joyous, and immortal.«6 (Frei übersetzt: »Du bist eine Hexe, indem du weiblich, wild, wütend, fröhlich und unsterblich bist.«) WITCH meint in diesem Zusammenhang nicht nur Hexe, es steht auch als Abkürzung für Women’s International Terrorist Conspiracy from Hell (wobei das Wort Terrorist damals noch eine andere Konnotation hatte als heute). Die Gruppierung widmete sich dem Kampf gegen das Patriarchat, indem sie Hexenzeremonien mit politischen Demonstrationen verband.

Auch in Europa waren zu jener Zeit feministische Hexen aktiv. In Frankreich gab es beispielsweise bis in die 1980er-Jahre eine Zeitschrift mit dem Titel Sorcières (Hexen), in der bekannte Autorinnen wie Hélène Cixous und Julia Kristeva feministische Beiträge veröffentlichten.

Einen besonderen Auftrieb bekommt die Bewegung allerdings jüngst durch die sozialen Medien, in denen sich nicht nur Frauen, sondern Menschen jeglichen Geschlechts (und sexueller Orientierung) international vernetzen und unter Hashtags wie #modernwitch oder #witchesofinstagram zu erkennen geben. Auf TikTok gibt es sogar eine eigene Community, die sich WitchTok nennt. Ihre Mitglieder zeigen einander Rituale und Zaubersprüche und teilen Erfahrungen aus ihrem Alltag miteinander. Hier treffen sie auf Gleichgesinnte und Verbündete.

Which witch is which?

Was bedeutet es nun also konkret, heutzutage eine Hexe zu sein oder Hexenkunst zu praktizieren? Die Autorin Katie West meint: »The difference between the witch and the layperson is that a witch already knows she has power. The layperson may only suspect.«7 (Frei übersetzt: »Der Unterschied zwischen einer Hexe und einer*m Lai*in ist, dass die Hexe bereits weiß, dass sie Kraft hat. Der *die Lai*in vermutet es nur.«) Eine Hexe zu werden bedeutet also im Grunde genommen, dir über deine eigenen Kräfte bewusst zu werden und sie für dich und andere einzusetzen. Das kann ganz unterschiedlich aussehen. Für die eine kann Hexenkunst bedeuten, eine spirituelle Praxis zu etablieren; für eine andere bedeutet sie, eng mit der Natur verbunden zu sein; und für wieder eine andere kann es ein politisches Statement sein. Es gibt sogar Hexen, die in ihr eine eigene Religion sehen.

Vielleicht hast du auch schon mal gehört, dass manche Menschen sich als Wiccan bezeichnen. Sie empfinden ihre Magie als Religion und verehren im Sinne des Neopaganismus (Neuheidentum) ein Duo aus Gott und Göttin. Diese Hexenreligion bildete sich im 20. Jahrhundert nach dem Zweiten Weltkrieg und ist besonders in den USA sehr verbreitet. (Dort ist sie seit den 1990er-Jahren sogar staatlich anerkannt.) Aber auch in Europa gibt es einige Menschen, die einem Wicca-Coven, also einem magischen Kollektiv, angehören, in dem sie gemeinsam Ritualen beiwohnen und sich mit der Kraft der Natur verbinden. Eine leitende religiöse Institution, wie wir sie beispielsweise aus dem Christentum kennen, gibt es allerdings nicht – und es muss auch niemand Steuern zahlen, um mitmachen zu dürfen.

Wir persönlich haben vor allem Hexen getroffen, die sich als »freifliegende Hexen« oder »Solitäre« bezeichnen, da sie eher freestyle unterwegs sind und sich keinen Hierarchien oder Strukturen unterordnen wollen, wie es bei Wicca der Fall ist.

Ähnlich ist es auch bei den Eclectic Witches, die ihre Magie für sich allein praktizieren, keiner speziellen Tradition angehören und sich verschiedener Bräuche bedienen. Es gibt außerdem Green Witches, die die Natur verehren und mit Kräutern arbeiten; Kitchen Witches, die quasi die magischen Foodies unter den Hexen sind; schamanische Hexen, die weltweit zu Hause sind; oder auch die Hoodoo Witches im Süden der Vereinigten Staaten. Was die unterschiedlichen Gruppierungen betrifft, könnte man die Liste wohl unendlich weiterführen – von der katholischen über die poetische Hexe bis hin zur queer-feministischen Kräuterhexe. Und natürlich gibt es auch noch heute viele Menschen, die Magie praktizieren, sich aber aus Angst vor Vorurteilen oder Diskriminierung nicht öffentlich dazu bekennen. Sich frei als Hexe zu bezeichnen ist daher immer auch ein Privileg.

Wir beide würden uns selbst zwar nicht unbedingt einem der Begriffe zuordnen, solidarisieren uns aber mit einigen von ihnen und können uns sowohl auf politischer als auch auf spiritueller Ebene mit dem Archetyp der Hexe als Symbolträgerin von Unterdrückung und Selbstermächtigung identifizieren. Ob oder welche Art von Hexe du bist, kannst du selbst entscheiden. Finde es heraus, indem du dich informierst und einiges ausprobierst!

Die Autorin, Podcasterin (The Witch Wave) und selbsternannte Hexe Pam Grossman erklärt es so: »Vielleicht gefallen dir ihr Symbolismus, ihr Stil oder ihre Geschichte, aber du brauchst nicht gleich loszurennen, um einen Kessel zu kaufen oder den Himmel anzusingen. Vielleicht bist du ja eher eine nasty woman, als dass du die Göttin anbetest. Das ist vollkommen in Ordnung.«8

Und das sehen wir genauso.

Hannah: Was für eine Hexe bist du?

Marie: Eine, die manchmal zu viel über alles nachdenkt, sich aber nicht unterkriegen lässt.

Du siehst also: Die eine Definition, was eine Hexe ist, gibt es nicht. Ihr magisches Handeln kann politisch oder religiös motiviert sein oder, ganz allgemein gesprochen, dazu dienen, die eigenen Kräfte heraufzubeschwören. Und ganz wichtig: Auch wenn die Hexe oft als Frau gesehen wird und auch wir uns hier vor allem auf die Lebensrealitäten von Frauen beziehen, da wir selbst welche sind, bedeutet das nicht, dass der Status »Hexe« nur ein Geschlecht kennt. Magie entstammt dem Untergrund und zieht vor allem jene an, die in ihr Kraft zur Selbstfürsorge finden.

Ähnlich verhält es sich auch, wenn wir von weiblicher moderner Spiritualität sprechen. Weiblichkeit steht hier in erster Linie für das Ausleben radikaler Softness, also einer Form von Energie, bei der ALLE Emotionen ihren Raum bekommen, auch Sanftheit und Verletzlichkeit. Diese Emotionen haben wir alle in uns, denn sie sind menschlich und nicht genderspezifisch, doch leider leben wir noch immer in einer patriarchalen Gesellschaft, die Männer bevorzugt behandelt und in der kein Raum für Softness vorgesehen ist. Darunter leiden wir letztlich alle, egal ob als männlich oder weiblich gelesene Person.

»Why is insensitivity something to strive for? I happen to know that my sensitivity is my strength. It has helped me navigate through a very difficult path in my life. So, when someone tells me to stop being so sensitive, I feel like a nose being lectured by a fart«9, (frei übersetzt: »Wieso sollen wir danach streben, abgebrüht zu sein? Ich für meinen Teil weiß, dass meine Sensibilität meine Stärke ist. Sie hat mir schon oft dabei geholfen, mich aus schwierigen Zeiten zu befreien. Wenn mir also jemand sagt, ich solle nicht so sensibel sein, dann fühle ich mich wie eine Nase, die von einem Furz belehrt wird«). So bringt es die australische Comedienne Hannah Gadsby in ihrem Stand-up-Programm Nanette auf den Punkt.

Sensibilität bedeutet Kraft und Selbstbestimmung. Und genau darin liegt für uns die Magie.

Viele von uns (insbesondere Männer) wachsen in dem (Irr-)Glauben auf, im Umgang mit anderen möglichst tough rüberkommen zu müssen und sich keine Schwächen eingestehen zu dürfen. Getreu dem Motto: »Nur die Harten kommen in den Garten. Und alle Softies müssen draußen warten.« Wir sind der Meinung: Wenn der Bouncer bei der Gartenparty keine tiefen Gespräche und emotionalen Momente zulässt, brauchen wir dort gar nicht erst aufzukreuzen. Denn wer will schon in einer Welt leben, in der er*sie immer eine Rolle spielen muss und sich niemals fallen lassen kann, Fehler eingestehen oder neue Perspektiven einnehmen darf?

Radikale Zartheit ist in unseren Augen die wahre Superpower, nach der wir uns im Alltag sehnen. Um sie zu stärken, brauchen wir Diversität und laute Stimmen wie die von Hannah Gadsby, die neue Formen von Weiblichkeit, Menschlichkeit und Authentizität aufzeigen, die auch mal zwischen den Geschlechtern verborgen liegt. Genauso wenig, wie es »den einen Mann« gibt, gibt es »die eine Frau«. Geschlechter können fließend sein. Wenn wir in diesem Buch immer wieder von »Frauen und Femmes« sprechen, meinen wir damit all diejenigen, die als weiblich gelesen werden möchten.

Lass uns nun gemeinsam schauen, welche praktischen Tricks und magischen Übungen es gibt, durch die wir lernen, im Alltag stärker auf unser Bauchgefühl zu hören anstatt auf das, was uns das Patriarchat seit Jahrhunderten eintrichtern will. Die Power steckt in der Balance aus laut und leise, außen und innen, wütend und zart.

Wie Magie Schritt für Schritt in deinem Zuhause einzieht

Um die Kraft in uns zum Vorschein zu bringen, zu verstärken oder überhaupt zu erkennen, ist eine geeignete Umgebung, Ausrüstung und Routine von Nutzen. Auch hier können wir uns ein Beispiel an der Hexe nehmen, die ihre gesammelten Kräuter in der Hexenküche trocknet, schlagfertige Sprüche im Hexenbuch notiert und regelmäßig Rituale durchführt, um ihre Kräfte zu bündeln. Ganz sicher musst du nicht halb Etsy leer kaufen und deine Wohnung mit Salzkristalllampen und Räucherwerk vollstopfen, um deine Magie heraufzubeschwören. Die Magie kommt nicht von irgendwelchen Objekten, sondern aus dir heraus. Es gibt jedoch ein paar Hilfsmittel und Techniken, die uns gerade zu Beginn dabei unterstützen, eine Verbindung zu dieser im Alltag oft vernachlässigten (oder sogar vergessenen) Kraft herzustellen.

Wir erinnern uns noch gut an das kleine offene Arbeitszimmer, in dem unsere Oma (die sich bisweilen als Hexe bezeichnete) am Fenster saß und Gedichte, Tagebucheinträge oder Briefe an die Verwandtschaft schrieb, während unser Opa in seinem Zimmer im Stockwerk darunter seiner Arbeit nachging oder draußen auf Pilzsuche war.10 Besonders faszinierend für uns Kinder war ihre Edelsteinsammlung, an der wir uns mit funkelnden Augen bedienten, sowie die kleinen Fläschchen mit ätherischen Ölen, allesamt ordentlich in einem Setzkasten verstaut und beschriftet. Ein großer geblümter Sessel neben dem Schreibtisch lud zum gemütlichen Verweilen ein, denn unsere Oma verstand es, Magie nach ihrem Geschmack zu gestalten. Sie schaffte sich ein Zimmer für sich allein. Von der Magie eines solchen Ortes schrieb schon einst die Schriftstellerin Virginia Woolf.