Eyes of the Mafia - Samantha Queen - E-Book

Eyes of the Mafia E-Book

Samantha Queen

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Beschreibung

Adamo wollte seinen Bruder beschützen, doch in den Straßen Neapels genügt ein einziger Fehler, um alles zu verlieren. Mauro verschwindet spurlos, und Adamo bleibt allein zurück. Verzweifelt und ohne Ausweg sucht er ausgerechnet Hilfe bei dem Mann, dem er am wenigsten trauen sollte: Emilio. Dieser ist kalt, berechnend und gefährlich. Allerdings unterbreitet er Adamo ein Angebot, das er nicht ablehnen kann. Auf ihrem Weg stoßen sie auf Saveria, die sich ihnen anschließt. Unerwartet wird sie zu einer Stütze inmitten von Gewalt und Chaos, auch wenn sie selbst keinen Plan verfolgt, außer an ihrer Seite zu bleiben. Schon bald erkennen alle drei, dass sie einander mehr brauchen, als ihnen lieb ist. Was als brüchiges Bündnis beginnt, wächst inmitten von Gefahr, Schuld und Sehnsucht zu einem Vertrauen, das sie alle verändert.

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Seitenzahl: 298

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Vorwort der Autorinnen

Eyes of the Mafia ist ein Spin-off, das zwei Mafia-Welten miteinander verbindet. Es vereint Figuren und Handlungsstränge aus den Reihen von Marita Darling und Samantha Queen, kann jedoch auch unabhängig von den anderen Bänden gelesen werden.

Die Geschichte von Adamo, Emilio und Saveria spielt zeitlich vor Those blue Eyes von Marita Darling und verläuft parallel zu Pain of the Mafia Boss von Samantha Queen.

Damit ihr den Überblick behaltet, findet ihr hier die empfohlene Lesereihenfolge:

Miracle-Reihe von Samantha Queen:

1. Miracle of the Mafia Boss – Zwischen Wunder und Dunkelheit

2. Pain of the Mafia Boss – Schmerz in der Dunkelheit

3. Eyes of the Mafia - Brüder im Schatten

4. Revenge of the Mafia Boss - Dunkles Schicksal

Those Eyes Reihe von Marita Darling:

1. Eyes of the Mafia - Brüder im Schatten

2. Those Eyes Reihe

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1: EMILIO

Kapitel 2: Adamo

Kapitel 3: EMILIO

Kapitel 4: ADAMO

Kapitel 5: EMILIO

Kapitel 6: ADAMO

Kapitel 7: EMILIO

Kapitel 8: ADAMO

Kapitel 9: EMILIO

Kapitel 10: ADAMO

Kapitel 11: EMILIO

Kapitel 12: ADAMO

Kapitel 13: EMILIO

Kapitel 14: ADAMO

Kapitel 15: EMILIO

Kapitel 16: ADAMO

Kapitel 17: EMILIO

Kapitel 18: ADAMO

Kapitel 19: EMILIO

Kapitel 20: ADAMO

Kapitel 21: EMILIO

Kapitel 22: ADAMO

Kapitel 23: EMIILIO

Kapitel 24: ADAMO

Kapitel 25: EMILIO

Kapitel 26: ADAMO

Kapitel 1

EMILIO

Nachdem ich meinen engsten Freund und Mafiaboss von Neapel, Leano und seine Flamme Milena am Flughafen abgesetzt hatte, steuerte ich auf das Seracio zu. Für einen Moment fühlte es sich wie Urlaub an.

Eine Woche lang lag die Kontrolle über unsere Männer und die Clubs in meinen Händen – als ob das nicht ohnehin schon der Fall wäre. Für die heutige Nacht hatte ich große Pläne, doch Valentina ließ mich mit widersprüchlichen Gefühlen zurück. Sie sollte nie in mein Leben treten. Für dieses Chaos war ich nicht bereit.

Allerdings wollte Milena ihre beste Freundin bei sich haben. Leano erfüllte ihr diesen Wunsch und dadurch war ich am Arsch. Ich wollte diese Frau besitzen. Sie ficken und zerstören.

Es gelang mir aber nicht, da jedes Mal, wenn ich sie ansah, etwas in meiner Brust zuckte. Mein Verstand spielte wegen ihr verrückt. Zeit, ihn in die richtige Richtung zu lenken, genau wie den Wagen, mit dem ich in diesem Moment auf den Parkplatz rollte.

Die letzten Sonnenstrahlen blendeten mich, während ich meinen schwarzen Audi mit einem dumpfen Knirschen des Kieses zum Stehen brachte.

Vor der Tür des Seracio nahmen mich die Türsteher bereits in Empfang. Ein knappes Nicken als stumme Begrüßung.

»Emilio, mein Bester!« Die Stimme hinter mir ließ mich innerlich aufstöhnen. Noch bevor ich mich umdrehte, wusste ich, um wen es sich handelte. Fabrizio kam mit ausgebreiteten Armen auf mich zu. Genervt verdrehte ich die Augen, ohne dass er es mitbekam.

»Ciao, Fabrizio«, begrüßte ich ihn mit einem freundlichen Nicken, auch wenn alles in mir danach schrie, mich umzudrehen und abzuhauen. Mit einem übertriebenen Grinsen legte er seine Hand auf meine Schulter.

»Lange nicht gesehen, Amico. Du siehst aus, als hättest du eine gute Zeit hinter dir. Gefällt mir.« Ich verzog keine Miene.

»Kann man so sagen«, brachte ich gelangweilt hervor. Er schmunzelte, während sein Blick flüchtig über meine Schulter wanderte.

»Und heute Abend? Geschäft oder Vergnügen?«

»Beides.« Ich ließ meine Worte absichtlich vage klingen. Er ließ sich davon nicht abschrecken.

»Das höre ich gern! Dann komm, ich spendiere dir einen Drink, oder auch zwei.« Dieser Idiot wusste nicht einmal, dass meine Drinks hier sowieso für mich auf’s Haus gingen. Ungefragt drängte er sich neben mich und führte mich ins Innere des Clubs, als würde er ihm gehören, und nicht Leano.

Die Musik vibrierte, die warmen Lichter tauchten den Raum in ein Farbspiel aus Gold und Rot. Frauen in engen Kleidern bewegten sich elegant zur Musik, während Männer mit wissenden Blicken Deals abschlossen. Eine Welt, in der ich mich auskannte. Eine Welt, die ich liebte.

Lässig ließ ich mich an der Bar nieder und bestellte einen Whiskey. Mein Blick verlor sich in den goldenen Reflexionen des Glases und meine Gedanken drifteten ab. Gerade einmal vier Wochen waren vergangen, seit Isalie von uns gegangen war. Ihr Verlust lastete noch immer schwer auf mir.

Sie war nicht nur Leanos Schwester, sondern über die Zeit auch zu meiner geworden. Jetzt war sie weg. Für immer – und das nur, weil wir zu viele Feinde hatten.

Fabrizio saß neben mir und faselte irgendetwas, allerdings hörte ich ihm nicht zu. Mein Blick glitt über das Geschehen, nahm die Bewegung, die Hitze, den Rauch und das gedämpfte Lachen auf. Dann riss mich eine sanfte Stimme aus meinem Gedankenstrudel.

»Hey.« Eine wunderschöne Frau mit blonden Haaren tauchte vor mir auf. Ein süßes Lächeln spielte auf ihren Lippen, wobei ihre Augen auf meine Rolex schauten. Nur kurz, aber lang genug, um zu wissen, worauf sie aus war.

Dachten solche Frauen wirklich, man würde ihnen durch einen billigen Fick erliegen? Sich verlieben? Sicher nicht. Mein Schwanz zuckte bei ihrem Anblick trotzdem, denn sie war genau die Ablenkung, die ich dringend benötigte.

Neugierig lehnte ich mich zur Seite und musterte sie genauer. Ihre langen Beine, die geschwungene Taille, das kurz geschnittene Kleid. Dazu blaue Augen, die meine fixierten. Diese Frau wusste genau, welche Wirkung sie ausstrahlte und nutzte ihre Vorteile.

»Hey«, erwiderte ich mit einem selbstbewussten Lächeln und nahm einen Schluck meines Whiskeys. Sie setzte sich neben mich, ihre Fingerspitzen spielten mit dem Stiel ihres Cocktails.

»Ein Mann wie du sollte nicht ohne eine Frau an seiner Seite den Abend verbringen. Du siehst einsam aus.«

»Ist das so?«, erwiderte ich ihr, während sie an ihrem Strohhalm saugte. »Und du siehst aus, als könntest du diese Einsamkeit vertreiben.« Ein leises Lachen entkam ihren Lippen.

»Vielleicht.« Sanft ließ ich meine Hand über den Rand meines Glases gleiten. Normalerweise hätte ich nicht gezögert. Eine Nacht, ein Drink, keine Fragen. Allerdings schlich sich Valentina in meine Gedanken, wie ein Virus, den ich einfach nicht los wurde. Um sie wenigstens für einige Stunden zu vertreiben, griff ich nach meinem Whiskey und kippte den Rest in einem Zug hinunter.

»Lass es uns herausfinden«, forderte ich schließlich und stand auf. Sie legte ihre Hand in meine und folgte mir an den Rand des Saales. Die Musik, die Stimmen, das Licht – all das verschwamm zu einem Hintergrundrauschen, während ich mit ihr in Richtung VIP-Bereich ging.

Valentina würde aus meinem Kopf verschwinden. Heute Nacht zumindest. Ich würde sie mir aus dem Kopf ficken.

Entschlossen dazu, zog ich die Frau mit mir direkt in das große Büro am Ende des Ganges. Leano würde mich dafür hassen. Aber das war mir scheißegal. Er hatte Milena hier auch schon gefickt.

Die Tür fiel krachend ins Schloss und ich ließ erwartungsvoll meinen Blick über die Frau vor mir gleiten. Fuck. Ich wusste nicht einmal ihren Namen, was mich noch geiler machte. Sie lehnte sich gegen den Schreibtisch, spielte mit einer Strähne ihres blonden Haares und sah mich mit diesem Blick an. Der Blick einer willigen Nutte.

»Also? Stehst du nur da, oder kommst du endlich zu mir?« Ohne ein weiteres Wort, überbrückte ich die Distanz zwischen uns. Grob packte ich ihre Hüften und drückte sie fest gegen die Tischkante. Ein leises Keuchen entwich ihren Lippen, doch ich kümmerte mich nicht darum.

»Heute Nacht denke ich an nichts, außer an dich. Verstanden?« Sie lächelte, ließ ihre Finger über meine Brust wandern, bevor sie sich in den Stoff meines Hemdes krallte.

»Dann solltest du anfangen.« Genau das tat ich. Meine Lippen pressten sich auf ihre. Stürmisch und mit dem stillen Wunsch, wirklich abschalten zu können. Doch während ich sie küsste, ihre Haut schmeckte, ihre Finger über meine Muskeln strichen – drängte sich ein Bild in meinen Kopf.

Valentina.

Ihr Lächeln. Ihr Duft. Ihre Art, mich herauszufordern und gleichzeitig um den Verstand zu bringen. Wütend darüber biss ich die Zähne zusammen. Nicht jetzt. Nicht sie.

Mit einem tiefen Knurren löste ich mich von der Unbekannten und ließ mich in den Bürostuhl hinter mir sinken. Mein Blick blieb auf ihr hängen. Ohne ihr einen Befehl zu geben, fiel sie willig auf ihre Knie. Sie platzierte sich zwischen meinen Beinen und begann, über meine Oberschenkel zu streicheln.

Ihre Augen lagen herausfordernd auf meinen. Dabei leckte sie sich mit der Zunge über ihre Unterlippe, als hätte sie schon lange auf diesen Moment gewartet.

»Öffne ihn.« Mein Blick fiel auf meinen Gürtel, bevor ihre Finger ihn berührten. Geschickt öffnete sie ihn und ich half ihr, meinen Schwanz zu befreien, indem ich meine Hose etwas lockerte. Meine Hand strich über ihren Kopf, bis ich eine Strähne ihrer Haare um meine Finger wickelte.

»Zeig mir, dass du es wert bist«, forderte ich mit dunkler Stimme, voller Verlangen. Sie blinzelte zu mir auf, bevor sie sich tiefer beugte. Voller Vorfreude lehnte ich mich zurück und spürte die Hitze in meinen Adern pulsieren, als sich ihre Lippen zaghaft um meine Härte legten. Sie fühlte sich so warm an. So feucht und eng. Ich ließ mich in den Sog der Lust ziehen, der meinen Verstand benebelte.

Ihre Bewegungen waren erfahren. Sie saugte und leckte wie eine Professionelle – und doch spürte ich nichts von dem Feuer, das ich mir zuvor erhoffte. Mein Griff in ihrem Haar lockerte sich und ich verfluchte es, kaum etwas zu spüren.

Ein ungeduldiges Stöhnen entwich meinen Lippen. Es galt aber nicht ihr, sondern der Leere in mir, der kühlen Distanz, die sich trotz der Hitze ihrer Berührungen in mir ausbreitete.

Mit aller Gewalt zwang ich mich dazu, mich fallen zu lassen.

Ich packte sie fester, drückte ihren Kopf auf meinen Schwanz, bis sie anfing zu würgen. Dann machte es fast schon ein bisschen Spaß. Allerdings krachte im nächsten Augenblick die Tür auf. Fassungslos schoss mein Blick zur Seite.

»Verpiss dich gefälligst, du Wichser!« Die Gestalt in der Tür – ein großer Kerl mit Anzug – machte auf meine Ansage hin einen Schritt zurück. Er murmelte etwas Unverständliches und verschwand im Gang.

Die Tür fiel erneut mit einem Knall ins Schloss. Ich atmete scharf aus, rieb mir genervt über das Gesicht.

Verdammter Idiot.

Mein Blick schweifte zurück zu der Blondine, die mich mit großen Augen anstarrte. Ich packte sie an den Schultern.

»Habe ich gesagt, dass du aufhören sollst?« Sie zögerte kurz, ließ sich dann aber von mir führen. Bevor ihre Lippen meinen Schwanz erreichten, erhob ich mich und riss sie mit mir auf die Beine. Mit einer schnellen Bewegung schob ich ihr Kleid nach oben und zog ihren String beiseite.

Ein scharfes Zischen verließ ihre Lippen, als ihr Hintern das kühle Holz des Schreibtisches rammte. Ich hob sie auf die Tischplatte, griff in die Schublade neben mir und tastete nach einem Kondom.

»Heute Nacht denke ich an nichts«, versprach ich mir selbst, als wäre es ein Fluch. Ich schob das Gummi über, packte ihre Hüften und drängte mich zwischen ihre Beine. Kaum tauchte meine Spitze in sie, drang ich mit einem harten Stoß tief in sie ein. Sie stöhnte auf, ihr Körper spannte sich unter mir an.

»So ist es brav«, keuchte ich gegen ihr Ohr, während ich mich schneller bewegte. Ich wollte alles vergessen – Valentina, meinen verfluchten Kopf, dieses beschissene Chaos in mir. Plötzlich hörte ich jedoch ein Geräusch hinter mir. Schritte.

Ich spürte es, bevor ich es sah. Langsam hob ich den Kopf und da stand er mitten in der Bürotür.

Ein Mann mit schwarzen Haaren, Tattoos und Piercings. Er lehnte gelassen im Türrahmen, die Arme verschränkt, ein unlesbarer Ausdruck auf seinem Gesicht. Mein Kiefer mahlte vor Zorn.

»Fuck! Ist heute Tag der offenen Tür?« Ich warf ihm einen mörderischen Blick zu. »Willst du ein Foto, oder was?«

Er hielt meinem Blick stand, sagte allerdings kein einziges Wort. Nur dieses abgefuckte Grinsen auf seinem Gesicht entgegnete er mir. So schnell, wie er kam, verschwand er auch wieder. Die Tür fiel zu, doch mir war längst die Lust vergangen. Wütend zog ich mich zurück, riss das Kondom ab und warf es in den Papierkorb.

»Du kannst gehen«, befahl ich und sah diese Frau nicht einmal mehr an.

»Du bist ein Arschloch«, murmelte sie, griff nach ihrer Tasche und rauschte mit klackernden Absätzen an mir vorbei nach draußen. Dann herrschte Stille.

Frustriert ließ ich mich in den Schreibtischstuhl fallen. Ich nahm mir eine Zigarette aus der Schachtel und zündete sie mit einem leisen Klicken des Feuerzeugs an.

Was zum Teufel stimmte nicht mit mir?

Ich hatte bekommen, was ich wollte – also warum fühlte es sich so verdammt leer an? Ein bitteres Lächeln huschte über meine Lippen. Weil du nicht irgendeine Frau willst.

Du willst sie.

Bei diesem Gedanken schloss ich meine Augen. Ihr Name hallte durch meinen Kopf und ich hasste, was sie mit mir machte.

Als ich mich anschließend vorbeugte, leuchtete der Bildschirm der Überwachungskameras automatisch auf.

Mein Blick fiel auf das Bild, das den Parkplatz zeigte – direkt auf mein Auto. Der Typ mit den Tattoos stand daneben. Ein Messer in der Hand. Er stach gerade in meinen Reifen, während ein anderer mit einem Schlüssel über den Lack kratzte. Unbändige Wut explodierte in meiner Brust.

Diese kleinen, verfickten Bastarde.

Erst störte er mich beim Fick, jetzt verging er sich an meinem Auto?

Ich überprüfte, ob meine Waffe an ihrem Platz war. Die Kälte des Metalls beruhigte mich. Sie würden dafür bezahlen.

Mit einem letzten Zug an der Zigarette drückte ich sie aus, bevor ich aufstand und das Büro verließ. Die stickige Luft legte sich schwer auf meine Lungen. Der Bass der Musik hämmerte in meinem Kopf.

Diese Typen hatten keine Ahnung, was sie sich eingehandelt hatten, aber das würden sie schon bald herausfinden.

Kapitel 2

Adamo

Nachdem ich die Toilette aufgesucht hatte, landete ich im Büro dieses Arschlochs. Sein arroganter Blick passte mir nicht, jedoch ignorierte ich es.

Sollte er die Schlampe ficken und sich feiern. Statt wie sonst Stress zu provozieren, lief ich zurück in den großen Saal und sah mich um. Mein kleiner Bruder Mauro stand immer noch an der Theke, an der ich ihn zurückgelassen hatte.

Mit einer beiläufigen Bewegung strich er sich das dunkle Haar aus der Stirn und nahm sein Handy, um etwas einzugeben. Entschlossen dazu, abzuhauen, ging ich auf ihn zu und zupfte an seinem hellen Hemd.

»Wir gehen.«

»Warum?« Irritiert schaute er mich an. Dann verdrehte er die Augen. »Was hast du angestellt?«

»Wie kommst du darauf, dass ich etwas angestellt habe?«

»Meinst du die Frage gerade wirklich ernst?« Amüsiert zwickte ich in seine Wange. Er riss sich von mir los und trank einen Schluck. Derweil musterte ich die Tattoos in seinem Gesicht, die er sich erst vor kurzem stechen ließ. Sie standen für meine Geburt und die meiner nervigen Geschwister – Nunzio und Zita. Für mich hatte er sich einen kleinen Blitz tätowiert, da in der Nacht, in der ich geboren wurde, ein heftiges Gewitter tobte.

Mauro war der Jüngste von uns, doch auch der, der am gefährlichsten aussah mit der ganzen Tinte.

»Können wir jetzt gehen, kleine Pummelfee?«

»Halt die Fresse.« Genervt stand er auf, um Richtung Ausgang zu laufen. Mein Blick fiel über meine Schulter und zwischen den anderen Gästen hindurch. Irgendwie hoffte ich, dieser Bastard würde mir folgen, damit ich ihm eine verpassen konnte.

In meinem Leben lief alles so beschissen, dass ich einen Sündenbock brauchte. Allerdings kam er nicht. Wahrscheinlich fickte er diese Hure und fühlte sich wie der König der Welt.

»Wir gehen aber noch etwas essen, oder?« Ich holte zu Mauro auf, der mich fragend anstarrte. Dieser verfressene Idiot. Meine Augen rollten, ehe ich mich zu ihm wandte.

»Von mir aus.« Gemeinsam liefen wir weiter zwischen den Tanzenden hindurch. Die Musik wurde leiser, umso weiter wir den Gang folgten. Kaum stieß ich die Doppeltür auf, wehte uns frische Luft entgegen. Neapel fühlte sich anders an als Palermo. Kühler. Schwerer. Irgendwie fremd.

Vielleicht lag es auch daran, dass ich zum ersten Mal mit Mauro allein einen Urlaub verbrachte. Dieses Mal musste es so sein. Meine Eltern beachteten nur meine Geschwister, nicht mich, und meine Cousins kümmerten sich um ihr eigenes Ding. Also blieb ich emotional auf der Strecke.

Mein Ding? Immer mehr Drogen, Alkohol und Probleme. Genau deswegen begleitete ich Mauro, der ein paar Tage hier entspannen wollte.

Wir schlenderten durch die Dunkelheit an den Rand des Parkplatzes, an dem mein Motorrad auf uns wartete. Ich hatte es für die Tage hier gemietet. Keine krasse Maschine, aber sie brachte uns von A nach B. Bevor wir ankamen, bog ein Audi knapp vor uns auf den Parkplatz ein. Erschrocken wich ich zurück, da dieser Hurensohn mich beinahe umgefahren hätte.

Sie parkten weiter weg um die Ecke, woraufhin ich ihnen wütend folgte. Als ich vor dem Clubeingang stehen blieb, kam auch schon ein Mann um die Ecke.

Ein aufgeblasener Schnösel. Schmieriges, blondes Haar. Ein Hemd, das er extra zwei Größen zu klein gekauft hatte, um so zu tun, als hätte er Muskeln. Dieser Wichser grinste dämlich und richtete seine hässliche, grüne Krawatte. Strahlend weiße Zähne blitzten mir entgegen. Sollte er sich nicht bei mir entschuldigen, würde ich ihm jeden einzelnen rausschlagen.

»Hast du keine Augen im Kopf?«, platzte es aus mir heraus, während ich spürte, dass sich meine Hände vor Zorn zu Fäusten ballten. Er zog einen Schmollmund und wuschelte durch meine schwarzen Haare, wodurch einige Strähnen über meine Augen fielen. Aufgebracht schnappte ich sein Handgelenk, schubste ihn zurück und schob die Ärmel meines dunklen Hoodies hoch.

»Das tut mir leid, Kleiner. Ich habe dich wohl übersehen, wie alles andere, das mir unwichtig erscheint.« Für einen Moment glaubte ich, mich verhört zu haben. Das konnte dieser Bastard nicht ernst meinen. Oder doch? Hatte er das gerade zu mir gesagt?

Flüchtig tauschte ich einen Blick mit Mauro aus. Dieser schüttelte den Kopf. Eine stumme Bitte an mich, keinen Stress zu machen, doch es war zu spät.

Diese Gelegenheit kam wie gerufen. Entschlossen ging ich auf den Typen zu und stoppte erst, als drei weitere Männer aus der Dunkelheit heraus um die Ecke traten. Von oben herab betrachteten sie mich, als wären sie Götter. Hässliche Götter, verziert mit widerlichen Krawatten. Kurz überlegte ich, wie hübsch sie an Bäumen hängen würden.

»Habt ihr auf der Rückbank gekuschelt und euch dabei eure Mütter vorgestellt? Der Gedanke, sich gegenseitig einen zu lutschen, kann in einer Gruppe aus Muttersöhnchen berauschend wirken, oder?«, provozierte ich sie und biss mir auf die Unterlippe. Einer lachte, zog sein Hemd hoch und zeigte mir eine silberne Pistole. Glucksend hob ich meinen Hoodie. Links und rechts kam je eine Waffe zum Vorschein.

»Da wir das geklärt hätten, erwarte ich eine Antwort auf meine Frage.«

»Du kommst nicht von hier. Deinem Akzent nach zu urteilen aus dem Süden. Solche Jungs wie dich nehmen wir hier gar nicht ernst.« Alle vier liefen lachend an mir vorbei und gerade, als ich meine Pistole ziehen wollte, spürte ich Mauros Hand an meinem Unterarm. Mein Blick schoss zu ihm. Er schüttelte erneut den Kopf und nahm die Türsteher vor uns ins Visier.

»Das ist es nicht wert. Wir sind allein hier.«

»Die Pisser mache ich auch allein fertig«, erklärte ich wütend und entriss mich ihm. Kaum hatte ich mich umgedreht, waren die Bastarde schon im Club verschwunden. »Verdammt, Mauro! Warum musst du dich immer wieder einmischen?«

»Würde ich es nicht tun, wärst du schon lange tot.«

»Du unterschätzt mich immer wieder«, widersprach ich ihm und legte ein amüsiertes Grinsen auf. »Vielleicht hast du ja Recht. Ich werde definitiv der Erste von uns sein, der ins Gras beißt.«

»Das denke ich auch«, gab er mir zurück und lief mir voraus zur Ecke. Er zeigte mir mit einer Handbewegung, dass ich ihm folgen sollte. Ohne seine Geste zu hinterfragen, folgte ich ihm.

Wir liefen ein Stück zwischen den Autos umher, bis Mauro stoppte und mir ein Jagdmesser reichte, das er aus der Innenseite seiner Jacke geholt hatte. Lässig fuhr er sich mit der Hand durch die schwarzen Haare.

»Das ist ihr Auto.« Er nickte zur Seite. In der Dunkelheit erspähte ich den schwarzen Audi. Bei seinem Anblick wurde mir klar, wofür mein Bruder mir das Messer gereicht hatte.

»Ohhh, ich liebe deine passiv aggressive Seite.« Zielstrebig lief ich auf den Wagen zu, um vor ihm in die Hocke zu gehen. Genüsslich stach ich das Messer mehrere Male in den Reifen. Am liebsten hätte ich hier gewartet, um ihre dummen Gesichter zu sehen. Nachdem Mauro den Lack mit seinem Schlüssel zerkratzte, wollte er sofort weg.

Wir liefen zu meinem Motorrad und suchten nach diesem Vergnügen ein Bistro in der Nähe auf.

In dem Diner war es menschenleer. Rote Wände. Runde Tische. Der Duft von Keksen und fettigem Essen lag in der Luft. Gelangweilt bestellte ich mir bei der älteren Bedienung noch einen Kaffee und beobachtete Mauro, der auf seinem Handy tippte.

»Guckst du dir Pornos an?« Irritiert hob er seinen Kopf, um mich ohne Ausdruck anzustarren. »Was denn? Du bist die ganze Zeit an deinem Handy. Wenn es nicht Pornos sind, was dann?«

Er sagte nichts. Schweigsam wie immer. Provokant schnalzte ich mit der Zunge und lehnte mich vor. Er nahm eine Gabel Pancakes und schob sie sich in den Mund. In dem Moment griff ich nach seinem Handy.

»Du fuckst so ab«, beschwerte er sich, doch ich konzentrierte mich auf das Display.

»Ist das euer Ernst?«, fragte ich, angewidert von dieser öden Aussicht und gab ihm das Handy zurück. »Du spielst UNO mit unserem Cousin? Hast du nichts besseres zu tun?«

»Hast du etwas besseres zu tun, als mich abzufucken? Falls ja, tue es bitte!«

»Heul nicht rum.« Lächelnd trank ich meinen Kaffee aus und ließ meinen Blick durch das Fenster nach draußen schweifen. Kein Mensch war in der Dunkelheit zu erkennen.

Auch bei mir setzte langsam die Müdigkeit ein, obwohl ich schon meinen dritten Kaffee trank.

»Ich gehe auf’s Klo, dann können wir gehen.«

»Schon wieder?« Fragend musterte er mich, während er die Gabel auf den leeren Teller legte.

»Ich muss pissen. Hast du ein Problem damit?«

»No.«

»Na, also.« Ich erhob mich und lief an ihm vorbei. Mir war klar, warum er mich danach fragte. Es war bereits das vierte Mal innerhalb von zwei Stunden, dass ich auf die Toilette gegangen war. Er machte sich Sorgen. Musste er aber nicht.

Kein Mensch, der mit seiner Familie UNO auf dem Handy spielte, sollte sich um andere Sorgen machen. Am liebsten würde ich ihm zu einer Therapie raten, aber dann würde er vermutlich den Therapeuten auch noch dazu bringen, gegen ihn zu spielen.

Ich betrat die Toilette, blieb stehen und stellte mich ans Waschbecken. Aus meiner Jackentasche zog ich ein Tütchen und betrachtete mich im Spiegel. Mein Friseurbesuch hatte sein Werk getan. Meine Augenbrauen und mein schwarzes Haar lagen perfekt. Dennoch machten mich die bläulichen Schatten unter den Augen und die übergroßen Pupillen nervös.

»Scheiß drauf. Morgen höre ich sowieso auf«, murmelte ich zu mir selbst. Mein wöchentliches Versprechen an mich selbst. Doch sobald der Pegel sank, verloren Versprechen ihren Wert. Konzentriert schüttete ich etwas von dem weißen Pulver auf die Ablage neben dem Waschbecken. Anschließend nahm ich meine Kreditkarte und sorgte dafür, dass die Line gut angerichtet aussah.

Ich war kein Junkie, der sich im Klo den letzten Schuss setzen wollte. Etwas Eleganz beanspruchte auch ich für diese kurzen Momente.

Als alles perfekt aussah, steckte ich das Tütchen und meine Karte weg, um mir einen Fünfzig-Euro-Schein zur Hand zu nehmen. Angespannt hielt ich den Atem an, als ich mich vorbeugte.

Mit einem Ruck zog ich das weiße Pulver in die Nase, richtete mich auf und ließ den Kopf in den Nacken fallen. Ein seliges Lächeln zog über mein Gesicht, als hätte ich den intensivsten Orgasmus gehabt. Ich streckte die Arme aus und drehte mich langsam im Kreis.

Dieser Stoff war gut. Zu gut. Zufrieden und auf einem neuen Level angekommen, schmiss ich den Geldschein in den Papierkorb und verließ die Toilette, um Ausschau nach Mauro zu halten. Doch er saß nicht mehr an seinem Platz. Nur seine Jacke lag noch da, was mich irritiert die Stirn runzeln ließ. Vielleicht wollte er nur kurz telefonieren ohne die Bedienung im Nacken.

»Ciao!«, rief ich der Frau zu und zeigte zur Tür hinter mir. »Im Mülleimer ist dein Trinkgeld.«

Sie warf mir einen genervten Blick zu. Ich grinste breit und schmeckte den bitteren Nachgeschmack des Kokains auf der Zunge.

Draußen angekommen, ließ ich meinen Blick die Straße hinuntergleiten und zündete mir eine Zigarette an. Doch auch hier war Mauro nicht. Dieser Idiot wanderte sicher umher und vergaß wegen seinem Spiel alles um sich herum. Ich griff in die Hosentasche, zog mein Handy heraus und wählte seine Nummer. Sofort ertönte die Mailbox.

Verwirrt starrte ich auf das Display und nahm einen tiefen Zug von der Zigarette. Der Rauch entwich meinen Lippen, während ich erneut seine Nummer wählte. Wieder nichts. Langsam stieg ein ungutes Gefühl in mir auf. Mit der Zigarette in der Hand lief ich noch einmal ins Bistro. An unserem Tisch schnappte ich seine Jacke.

»Hey! Hier drinnen ist das Rauchen verboten!« Ich drehte mich zur Bedienung, die mit ihrem Finger zum Ausgang zeigte. Statt abzuhauen, lief ich auf die Frau zu.

»Mein Bruder. Wo ist er hin?«

»Nach draußen. Da waren ein paar Männer«, antwortete sie patzig. Am liebsten hätte ich ihr dafür eine Beleidigung an den Kopf geworfen, aber Mauro war mir wichtiger. Ich lief zum Ausgang, während mir die Typen vom Club in den Sinn kamen. Vielleicht sind sie uns gefolgt.

Ich schnippte die Zigarette weg, schwang mich auf mein Motorrad und fuhr den Weg zurück zum Club. Kein anderes Auto begegnete mir.

Die Jacke von Mauro fest im Griff, lenkte ich die Maschine einhändig. Das Kokain machte mich wacher. Aufmerksamer. Zumindest bildete ich mir das in diesem Moment ein. An dem beschissenen Club angekommen, parkte ich direkt neben dem Eingang. Ich stieg von der Maschine, ging auf die Türsteher zu und wollte an ihnen vorbei, da spürte ich etwas an meinem Hinterkopf.

»Da bist du ja wieder, du dämlicher Wichser.«

Kapitel 3

EMILIO

Der Bass des Clubs vibrierte durch die Wände, doch mein Fokus lag einzig auf der Kameraaufnahme, die auf dem Bildschirm flimmerte. Zwei kleine Arschlöcher, einer mit Tattoos im Gesicht, der andere kaum von der Straße zu unterscheiden. Er stach in die Reifen meines heißgeliebten Autos.

Der andere zerkratzte den Lack, als hätten sie nichts Besseres zu tun, als mich zu provozieren. Ich schwor mir, sie zu finden. Musste ich aber nicht. Das Schicksal meinte es so gut mit mir, dass einer zu mir zurückkam, ohne dass ich einen Finger rühren musste.

»Alonzo!«, rief ich scharf. Keine Sekunde später erschien er im Türrahmen, eine Hand am Gürtel, die andere locker an der Seite. »Der Bastard, der sich an meinem Wagen vergriffen hat ist wieder hier.«

Er nickte und wartete auf meinen Befehl. Ich würde die Sache jedoch selbst erledigen. Wer hätte gedacht, dass dieser Tag noch interessant werden könnte? Ohne ein weiteres Wort verließ ich mit Alonzo mein Büro.

Einige Gäste standen draußen zum Rauchen oder lallten sich die Seele aus dem Leib. Ich beachtete sie nicht weiter. Mein Blick lag fest auf dem Typen, der sich aufführte, als würde ihm die Welt gehören. Der Tag war gekommen, um ihm das Gegenteil zu beweisen.

Amüsiert trat ich von hinten an ihn heran, während Alonzo unauffällig neben ihm stand. In einer flüssigen Bewegung zog ich meine Waffe und presste sie dem Unbekannten an den Hinterkopf.

»Da bist du ja wieder, du dämlicher Wichser.« Das Arschloch zuckte zusammen und wollte sich losreißen. Alonzo reagierte schneller und packte ihn grob an beiden Armen. Er drückte ihn gegen die Wand und durchsuchte ihn nach weiteren Waffen. Zum Vorschein kamen zwei Schusswaffen, die ihm abgenommen wurden. Wie ein kleines Kind zappelte er vor Trotz.

»Haben dich die Schuldgefühle doch mehr mitgenommen, als gedacht?«, knurrte ich in sein Ohr, bevor ich ihm den Lauf fester gegen den Hinterkopf drückte.

»Ihr macht einen Fehler«, zischte er. Mir entkam ein kehliges Lachen.

»Das werden wir ja sehen.« Ich steckte meine Waffe weg und bedeutete Alonzo, ihn ins Büro zu bringen. Konzentriert und voller Vorfreude folgte ich ihnen durch den Club. Am Büro angekommen, stieß Alonzo die Tür auf.

Mit einem kräftigen Stoß schubste er den Kerl hinein. Dieser stolperte, fing sich aber gerade noch, bevor er mit dem Gesicht auf den Boden aufkam. Ich trat hinter ihnen ein, lehnte mich demonstrativ gegen den Schreibtisch und verschränkte die Arme vor der Brust.

»Setz dich«, befahl ich knapp. Er funkelte mich wütend an, wich meinem Blick jedoch schnell aus, als ich keine Miene verzog. Widerwillig ließ er sich auf den Stuhl fallen, während Alonzo sich hinter ihn stellte. Wie ein Schatten, der darauf wartete, sich auf ihn zu stürzen.

»Also. Bevor du hier in Tränen ausbrichst. Wie heißt du?«

»Das geht dich einen Scheiß an.« Ich lachte leise. Ein ganz Harter also. Ich ging einen Schritt auf ihn zu und sah auf ihn herab.

»Weißt du eigentlich, wen du vor dir hast?« Stille. Er sagte nichts. Sein Kiefer spannte sich an. Ich bemerkte das Zucken in seinen Fingern. Diesen kleinen, unkontrollierten Reflex, wenn jemand kurz davor war, etwas Dummes zu tun.

»Na?«, fragte ich und beugte mich leicht vor. »Weißt du es?«

Er hob den Blick und offenbarte mir ein schiefes Grinsen. Provokant fuhr er mit seiner Zunge über sein Lippenpiercing.

»Eine kleine Fotze, die mit hässlichen Nutten fickt.« Alonzo bewegte sich – ein halber Schritt, mehr brauchte es nicht, und der Stuhl unter dem Typen wackelte bedrohlich. Ich hob meine Hand. Es wurde doch gerade erst interessant.

»Falsch geraten«, sagte ich ruhig. »Ich bin der, der entscheidet, ob du die heutige Nacht überlebst – oder nicht.«

»Dann leg los«, zischte er. Ich schüttelte den Kopf.

»Du bist ganz schön mutig für jemanden, der bereits zwei Waffen verloren hat.«

»Weil ich keine Angst vor kleinen Möchtegern-Kings habe.«

Ich bemerkte seinen Akzent.

»Du kommst aus dem Süden.«

»Ja, aus Palermo, du Affe.«

»Palermo?«, wiederholte ich irritiert, da wir selten Clubbesucher aus dem Süden hatten. Was suchte er hier? Alonzo hob die Brauen.

»Worüber denkst du nach?«, fragte der Typ. »Du fragst dich, wer ich bin? Ich sage es dir. Adamo Mancini. Kannst es googeln und dich danach auf den Knien entschuldigen. Vielleicht vergebe ich dir.«

Ich hielt einen Moment inne.

Mancini.

Eine große Mafia-Familie mit viel Einfluss in den italienischen Waffengeschäften. Ich hatte ihren Anführer Enzo bereits mit Leano getroffen. Wir teilten uns einige Kunden. Dass dieser Schwächling dazu gehören sollte, machte mich sprachlos.

Ich starrte ihn fassungslos an. Sein Tonfall war überheblich, fast kindisch. Er benahm sich nicht, wie ich es von einem Mancini erwartet hätte. Enzo war das genaue Gegenteil von diesem Bastard.

»Adamo also«, wiederholte ich seinen Namen. »Warum bist du hier?«

»Man erzählt sich, die Nutten in Neapel ficken gut. Wollte sie testen. Die in Palermo sind mir zu langweilig geworden.« Ich schnaubte, aber es war kein Lachen. Es war die Art Geräusch, die ich machte, kurz bevor ich jemandem die Nase brach. Ich beugte mich etwas vor, stützte die Hände auf den Tisch, die Augen fest auf ihn gerichtet.

»Also bist du nicht nur frech, sondern auch ein verdammter Idiot.« Adamo zuckte mit den Schultern, als würde ihn das alles einen Scheiß interessieren. »Du tauchst in meinem Club auf, spielst den großen Mann, vergreifst dich an meinem Auto und meinst dann, du kannst dich mit deinem Nachnamen freikaufen? Palermo ist nicht Neapel, Kleiner.«

Alonzo lachte leise hinter ihm.

»Was laberst du für eine Scheiße? Ich habe dein verficktes Auto nicht angefasst!«

»Ach ja?«

»Ihr Wichser habt doch angefangen!« Er stemmte sich ein Stück nach vorn. »Besucher aus deinem Club haben mich fast überfahren und mein Bruder ist ganz plötzlich verschwunden! Du steckst bestimmt mit diesen Hurensöhnen unter einer Decke. Ich bin hier, um ihn zu suchen. Sobald ich ihn gefunden habe, verschwinde ich aus diesem abgefuckten Club.«

Ich hob langsam eine Braue. Der Bengel hatte Nerven, das musste man ihm lassen. Leider hatte er keine Ahnung, wo er hier gelandet war.

»Du bist in mein Büro gestürmt, als wäre es Tag der offenen Tür«, erklärte ich ruhig, aber mein Blick sprach Bände. »Und jetzt jammerst du rum? Wenn meine Leute deinen Bruder haben – und ich sage wenn – dann ganz sicher nicht ohne Grund.«

Adamo schnaufte. Sein Blick wanderte zu Alonzo, der immer noch wie ein Raubtier hinter ihm stand.

»Rückt ihn wieder heraus, oder du bist derjenige, der die Nacht nicht überleben wird.«

»Drohst du mir, Adamo?«, fragte ich und trat noch ein Stück näher an ihn heran. Jetzt trennten uns nur noch wenige Zentimeter. Ich bemerkte, wie sein Adamsapfel sich bewegte, als er schluckte.

»Ich stelle nur fest, dass ihr euch besser absprechen solltet, bevor ihr einen von uns entführt.« Wütend packte ich ihn am Kinn und zwang ihn, mir direkt in die Augen zu sehen.

»Und du solltest besser nachdenken, bevor du so einen Scheiß in meinem Revier abziehst. Du hast keine Ahnung, mit wem du dich anlegst.« Im nächsten Moment ließ ich ihn los wie Dreck von der Straße, von der er kam.

»Wie heißt dein dämlicher Bruder?«

»Mauro. Mauro Mancini.« Ich trat zurück und sah kurz zu Alonzo, der sofort verstand. Er zückte sein Handy, verließ den Raum und ließ die Tür offen stehen. Stille kehrte ein, nur unterbrochen vom fernen Dröhnen der Bässe.

»Wenn ich herausfinde, dass dein Bruder Mist gebaut hat«, warnte ich, »dann wirst du der Erste sein, der dafür bezahlt. Und falls du gelogen hast, über ihn oder über deinen Namen, dann wünsche ich dir viel Glück, den Rest deines kurzen Lebens auf der Flucht zu verbringen.«

Adamo schwieg. Kein Grinsen mehr, kein Trotz. Endlich. Langsam ließ ich mich wieder gegen den Tisch sinken, zog mein Handy hervor und wählte die Nummer einer meiner Männer.

Es war Zeit, ein paar Steine umzudrehen und ein paar Namen zu überprüfen.

»Wir werden sehen, Adamo«, murmelte ich, ohne ihn anzusehen. Romeo, einer von Leanos Männern, trat in das Büro. Seine Haltung war wie immer ruhig, aber sein Blick war scharf wie ein Messer.

»Bring ihn irgendwohin, wo er nicht entkommen kann«, befahl ich knapp. Adamo sprang auf, als hätte ihn jemand gestochen.

»Fasst mich nicht an!«, fauchte er und versuchte, auf Romeo loszugehen – eine lächerliche Idee. Romeo wich nicht einmal zurück. Mit einer geschmeidigen Bewegung zog er einen Elektroschocker aus der Jacke und setzte ihn an Adamos Seite. Ein kurzes, knackendes Geräusch. Es dauerte nur Sekunden, bis er zusammen sackte wie ein lebloser Sack.

Zwei Männer kamen herein, hoben Adamo auf und brachten ihn heraus. Ich sah ihnen nicht nach. Stattdessen ließ ich mich schwer in den Sessel sinken.

Auf dem Monitor flimmerte immer noch das Video. Meine Augen hingen an dem Typen mit den Tattoos im Gesicht. Das war der andere also. Der, der vermisst wurde.

Eigentlich hätte ich das Ganze einfach abhaken sollen. Zwei dumme Kinder, die sich mit den Falschen angelegt hatten. Ich griff nach meinem Handy und wählte die Nummer, von der ich nie dachte, sie nutzen zu müssen.

Enzo Mancini.

Es läutete einmal. Zweimal. Dann hob er ab.

»Emilio«, sagte er mit seiner üblichen Ruhe, aber ich hörte sofort, dass er überrascht war. Vielleicht sogar alarmiert, als er meine Nummer auf seinem Display gesehen hatte.

»Enzo«, erwiderte ich, während mein Blick weiter auf dem eingefrorenen Bild des Videos klebte. »Wir müssen reden. Es geht um deine Familie.«

»Meine Familie?«, fragte er misstrauisch. »Was soll das heißen?«

Ich lehnte mich zurück, das Telefon eng am Ohr.

»Ein Mann, der behauptet er sei Adamo Mancini ist hier.«

Ein leises Knurren war zu hören, dann die scharfe Stimme von Enzo: »Adamo? Was hat er angestellt?«

»Er ist in mein Büro geplatzt, hat meine Reifen zerstochen und behauptet jetzt, ich hätte seinen Bruder entführt.«