Pain of the Mafia Boss - Samantha Queen - E-Book

Pain of the Mafia Boss E-Book

Samantha Queen

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Beschreibung

Nach allem, was sie überstanden haben, scheint endlich Frieden in Milenas und Leanos Leben einzukehren. Doch ein unerwarteter Schicksalsschlag droht, ihre Welt erneut zu zerstören. Leano stürzt in einen Abgrund - gefangen zwischen Trauer, Wut und Schuld. Er zieht sich zurück, errichtet Mauern um sich, die selbst Milena nicht durchbrechen kann. Während er sich immer weiter entfernt, kämpft sie mit aller Kraft um den Mann, in den sie sich verliebt hat. Um das, was ihnen geblieben ist. Um die Familie, die sie sich selbst ausgesucht hat. Mitten in diesem Chaos steht Adelia, Leanos kleine Nichte, die versucht, in einem Leben ohne ihre Mutter zurechtzukommen. Während sie daran arbeiten, ihre inneren Konflikte beiseitezulegen, wächst eine neue Bedrohung. Serafino wartet nicht länger. Seine Zeit ist gekommen.

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Seitenzahl: 428

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Für alle,

die einen geliebten Menschen verloren haben. Die gelernt haben, mit der Stille zu leben, mit dem Schmerz zu atmen und mit der Erinnerung weiterzugehen.

Triggerwarnung

Hallo, meine wunderschöne Blume,

du hast wohl geglaubt, es würde leichter werden. Dass Milena und ich unser wohlverdientes Happy End finden. Doch ich muss dich enttäuschen: Der Schmerz fängt gerade erst an.

In diesem Buch geht es nicht nur um den tragischen Tod meiner geliebten Schwester, sondern auch um die erbarmungslose Rache an dem skrupellosen Bastard, der dafür verantwortlich ist. Es wird düster, brennend intensiv und gnadenlos brutal. Die Abgründe, in die wir hinabsteigen, sind nichts für schwache Nerven. Lies es nur, wenn du bereit bist, dich dieser Dunkelheit zu stellen – und mit mir durch die Hölle zu gehen.

Nimm dir Zeit, atme tief durch und gönne dir Pausen, wenn du sie brauchst. Doch wenn du dich traust – lass dich fallen. Versinke in dieser Geschichte. Spüre jeden Herzschlag, jede Wunde, jede ungezähmte Emotion.

Pass gut auf dich auf. Deine Gesundheit und dein Wohlbefinden sind mir wichtiger als alles andere.

Eine genaue Auflistung der Trigger findest du am Ende des Buches. Achtung, diese könnte Spoiler beinhalten.

Inhaltsverzeichnis

Untergang

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Untergang

Blinzelnd öffnete ich meine Augen. Ein Schatten fiel über mich. Serafino stand vor mir, die Lippen zu einem süffisanten Lächeln verzogen.

»Die Schönheit erwacht aus ihrem Schlaf«, murmelte er spöttisch.

Ein dumpfes Pochen dröhnte in meinem Schädel, gefolgt von einem stechenden Schmerz, der von meinem Oberschenkel ausstrahlte. Mein Blick wanderte zur Wunde. Blut sickerte aus einem Streifschuss. Nicht tief, nicht lebensbedrohlich, aber schmerzhaft genug, um meine Sinne zu schärfen.

Emilio und Leano waren nirgends zu sehen.

Meine Kopfschmerzen verschlimmerten sich, alles verschwamm vor meinen Augen. Doch eines war sicher: Serafino würde das Grinsen noch vergehen. Mein Instinkt schrie danach, aufzuspringen, ihm die Augen auszukratzen, ihn für all das Leid, das er mir zugefügt hatte, bluten zu lassen. Als ich mich rühren wollte, riss mich jedoch das Klirren einer Kette zurück.

Ich war gefesselt.

»Bastard«, spuckte ich ihm entgegen. Wut brodelte in mir. Ich würde ihn töten. Mit meinen eigenen Händen. Er lachte, tief und höhnisch.

»Sei nicht so frech, Milena. Wir beide wissen, dass nicht ich der Bastard hier bin.« Er trat näher. Bevor ich reagieren konnte, knallte seine Hand gegen meine Wange. Mein Kopf ruckte zur Seite, Hitze brannte unter meiner Haut. Blut stieg mir in die Wange, während ein scharfer Schmerz durch mein Gesicht fuhr.

»Fass sie noch einmal an, und ich jage dir eine Kugel durch den Kopf.« Die dunkle, gefährliche Stimme ließ Serafino innehalten.

Emilio.

Er stand am Eingang, eine Waffe auf Serafinos Kopf gerichtet. Serafino drehte sich langsam um, die Schultern entspannt, als wäre er nicht im Geringsten beunruhigt.

»Bist du dir da so sicher? Immerhin bin ich in der Überzahl.« Er bluffte. Wir hatten bereits einige seiner Männer ausgeschaltet.

»Sicher?« Die kalte Stimme kam von rechts – tief, vertraut, von einer gefährlichen Ruhe durchzogen, die mir augenblicklich ein Kribbeln durch den Körper schoss.

Leano.

Er trat aus dem Schatten, seine Waffe entsichert und direkt auf Serafino gerichtet. In seinen Augen flackerte nichts als pure Mordlust. Doch für einen kurzen Moment wich sie, als sein Blick mich fand.

Hastig ließ er den Blick über meinen Körper gleiten, suchte nach Verletzungen. Erst als er sich sicher war, dass meine Wunde nicht lebensbedrohlich war, richtete er die Waffe wieder auf Serafino.

Es hätte unser Moment des Triumphs sein sollen, doch wir hatten einen Fehler gemacht.

Ein Klicken ließ die Luft um mich gefrieren.

Etwas Kühles drückte sich gegen meine Schläfe. Mein Herz raste.

»Wenn ihr schießt, schieße ich auch.« Die Stimme hinter mir klang vertraut, aber ich konnte sie niemandem zuordnen. Der bedrohliche Unterton ließ jedoch keinen Raum für Zweifel.

Mein Atem ging schneller, Panik ergriff mich mit eiskalten Fingern. Ich sah zu Leano und was ich in seinem Blick erkannte, ließ mein Blut gefrieren.

Panik.

Das hier könnte mein Ende sein.

Kapitel 1

Die letzten vier Wochen waren die Hölle gewesen. Ein verzweifelter Kampf gegen den Wahnsinn, gegen die Dunkelheit, die sich wie ein giftiger Nebel über uns gelegt hatte. Jeder von uns versuchte auf seine Weise zu überleben – oder langsam daran zu zerbrechen.

Leano war ein Schatten seiner selbst. Sein Blick war leer, seine Berührungen selten, seine Worte noch seltener. Die Wut in ihm war spürbar – eine brodelnde Lava, die sich ihren Weg nach draußen bahnte. Ich wusste nicht, wann er das letzte Mal richtig geschlafen hatte. Oder ob er es überhaupt noch konnte.

Adelia klammerte sich an mich wie ein ertrinkendes Kind an einen Rettungsring. Ihre Schreie in der Nacht hallten durch die Villa und in meinem Kopf nach – selbst wenn sie längst verstummt waren. Ihre Tränen brannten auf meiner Haut, ihre Angst fraß sich in meine Seele. Ich hielt sie, ich tröstete sie, aber wie konnte ich ihr helfen, wenn ich selbst am Abgrund stand?

Emilio kehrte jede Nacht mit Blut an den Händen zurück. Es war nicht immer sein eigenes. Ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, wie er mit seiner Trauer umging. Jedes Mal, wenn er blutverschmiert zurückkam, musterte ich seinen Körper nach Verletzungen, jedoch war er stets unversehrt.

Sein Lächeln war eine Farce, seine Augen dunkel und berechnend. Ich fragte nicht, wo er gewesen war, was er getan hatte. Die Antwort lag in der Stille zwischen uns, im metallischen Geruch, der an ihm haftete, in den Schatten, die ihn umgaben. Und gerade deshalb war er der Einzige, der noch funktionierte. Der noch kämpfte – auf seine ganz eigene, grausame Weise.

Und ich? Ich war müde. Müde vom Kämpfen. Müde davon, diejenige zu sein, die versuchte, den Wahnsinn aufzuhalten, während er mich längst verschlungen hatte. Doch ich konnte nicht aufgeben. Nicht jetzt. Nicht, solange Adelia mich brauchte. Nicht, solange Leano in dieser Dunkelheit gefangen war.

Deshalb hatte ich den Ausflug vorgeschlagen. Ein Haus am See. Weit weg von diesem Albtraum. Eine Flucht – oder eine Illusion davon. Vielleicht konnte das Wasser den Dreck abwaschen, der an uns allen klebte. Vielleicht brachte die Einsamkeit die Antworten, die wir so dringend brauchten. Oder vielleicht würden wir dort endgültig an unserer Vergangenheit zerbrechen.

Der Flughafen kam in Sicht. Adelia lag erschöpft in ihrem Kindersitz. Ihre kleinen Finger klammerten sich um meine Hand. Leano starrte aus dem Fenster, sein Profil kalt und abweisend. Emilio fuhr schweigend – sein Kiefer verkrampft, die Anspannung vibrierte in der Luft.

Dunkelheit folgte uns. Egal, wohin wir gingen. Die Frage war nur, ob wir ihr jemals entkommen konnten.

Emilio parkte den Wagen direkt auf dem Flugfeld. Das Surren des Motors verstummte, dennoch blieb die Anspannung. Sie hing über uns wie ein Sturm, der jeden Moment losbrechen konnte. Emilio legte beide Hände auf das Lenkrad. Anstatt in der Stille zu verharren, verzog er gespielt dramatisch das Gesicht.

»Also gut, Leute, haut ab, bevor ich anfange zu weinen und meine Männlichkeit für immer ruiniere.« Er schniefte übertrieben und wischte sich imaginäre Tränen aus dem Gesicht.

Ich konnte nicht anders, als leise zu lachen. Das war Emilio – selbst wenn die Welt um ihn herum in Flammen stand, überspielte er es mit einem Witz. Dabei kannte ich ihn gut genug, um die feinen Risse hinter der Maske zu erkennen.

Leano hatte sich bereits abgeschnallt, die Tür geöffnet und war ohne ein Wort ausgestiegen. Ich beobachtete, wie er Adelia vorsichtig aus dem Kindersitz hob. Sie rührte sich kaum, nur ihre Finger verkrampften sich erneut um meine Hand, ehe ich unsere Berührung löste. Müde. Erschöpft. Gezeichnet von den letzten Wochen – genau wie wir alle.

Mein Blick glitt zurück zu Emilio, der nun grinsend eine Augenbraue hob.

»Sag bloß, du wirst mich vermissen?«

Ich verdrehte die Augen.

»Vielleicht ein kleines bisschen.«

Er lachte und lehnte sich gegen das Lenkrad.

»Das reicht mir schon. Aber versprich mir, dass du nicht jeden Tag weinend am Fenster sitzt und von meiner unglaublichen Gesellschaft träumst.«

»Ich werde mich bemühen«, erwiderte ich. Mein Lächeln hielt nicht lange an.

Sein Blick wurde für einen Moment ernster, das Grinsen schwächer. Er wusste, dass das hier mehr bedeutete, als wir zugeben wollten.

»Pass auf dich auf«, sagte ich schließlich. Sein Grinsen kehrte zurück, aber es erreichte nicht seine Augen.

»Ich sollte dir dasselbe sagen.«

Ich wusste, was er meinte. Ich wusste, dass er es hasste, uns gehen zu lassen. Allerdings konnte er dieses Mal nicht mitkommen. Er musste bleiben – weil er der Einzige war, der das Chaos, das wir hinterließen, im Griff behalten konnte.

»Es ist nur für eine Weile«, versuchte ich ihn zu beruhigen. Er zuckte mit den Schultern.

»Na klar. Und ich bin ein verdammter Priester.«

Ich schnaubte.

»Du würdest nicht einmal eine Beichte überleben, Emilio.«

Er legte eine Hand auf sein Herz und riss die Augen auf.

»Ich bin zutiefst verletzt! Ich bin ein durch und durch moralischer Mann.«

»Sicher.«

»Na ja, vielleicht nicht ganz. Aber charmant genug, dass es keiner merkt.« Ich schüttelte den Kopf. Als er mir im Rückspiegel entgegensah, verhärtete sich sein Blick.

»Wenn irgendetwas ist … ruf mich an.«

Ich schluckte.

»Ich werde es versuchen.«

»Tu es einfach.« Seine Stimme war jetzt schärfer – ein Hauch von Ärger, vielleicht sogar Angst. Ich hielt seinem Blick stand, obwohl es wehtat, ihn so zu sehen.

»Pass du auch auf dich auf, Emilio«, wiederholte ich, um mich zu verabschieden. Ich legte meine Hand über seine.

Ein Zucken ging durch ihn, doch dann löste er sich und schüttelte den Kopf, als wäre das alles nur eine verdammte Illusion.

»Verschwindet, bevor ich es mir anders überlege.« Ich nickte, öffnete die Tür und trat in die kühle Morgenluft. Leano wartete bereits mit Adelia auf dem Arm. Ich ging zu ihnen, drehte mich noch einmal um und sah Emilio nach wie vor dort sitzen.

Er sah nicht zu uns. Nicht ein einziges Mal.

Sofort wurden wir von dem Flughafenpersonal in Empfang genommen. Wir mussten nicht durch lausige Sicherheitskontrollen. Es gab keine Gepäckbegrenzung und keine langen Schlangen für uns. Um unser Gepäck kümmerte sich bereits eine Schar aus uniformierten Leuten.

Adelia richtete sich in Leanos Armen auf. Von ihrer Erschöpfung war nichts mehr zu sehen – als hätte ein plötzlicher Energieschub von ihr Besitz ergriffen.

Ihre Augen leuchteten, das kleine Gesicht strahlte. Leano setzte sie auf dem Boden ab und ohne zu zögern, hüpfte sie los, leichtfüßig wie ein Wirbelwind, direkt auf das Flugzeug zu.

Mit glänzenden Augen stieg sie die Stufen zum Jet hinauf, ihre Hände glitten über das glänzende Geländer, während sie dabei vor Freude kicherte.

Mein Blick folgte ihr. Ich riss die Augen auf.

Vor mir stand kein gewöhnliches Flugzeug. Es war eine kleine Maschine, wie ich sie nur aus Filmen kannte. Der tiefschwarze Lack glänzte in der Sonne, wobei goldene Akzente die Konturen betonten. Die Turbinen summten, als würden sie nur darauf warten, endlich losfliegen zu können.

Ich blinzelte, sah von dem atemberaubenden Anblick zu Leano, der mich mit unergründlicher Miene musterte.

»Das ist …« Meine Stimme versagte. »Du willst mir ernsthaft sagen, dass wir damit fliegen?«

Er schmunzelte, der Anflug eines amüsierten Funkelns in seinen sonst so dunklen Augen.

»Was hast du erwartet? Ein Ticket in der Economy Class?« Ich öffnete den Mund, doch bevor ich etwas erwidern konnte, trat er näher, beugte sich zu mir hinab.

»Dachtest du wirklich, wir fliegen Linie?« Seine Stimme war samtig, ein Hauch von Belustigung lag darin.

Ich schnaubte und merkte, wie sich meine Nerven unter seiner Gegenwart anspannten.

»Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, aber sicher nicht das hier.« Leano grinste, ließ die Fingerspitzen über meinen Unterarm streichen – ein kaum wahrnehmbares Streicheln, das mir unter die Haut ging.

»Dann wird es Zeit, dass du dich daran gewöhnst.« Ich fühlte, wie sich mein Herzschlag beschleunigte. Leano lebte in einer anderen Welt – einer Welt, die nicht für mich gemacht war. Für einen Augenblick war ich ihrer Faszination hilflos ausgeliefert.

»Hast du Angst?«, fragte er mich, als ich zögerte. Seine Hand umfasste meine. Ich spürte den Druck und die Wärme, die sie ausstrahlte.

»Nein«, flüsterte ich und schluckte hart. Leanos Finger legten sich um mein Kinn und drehten es zu sich. Mein Blick fiel auf seine braunen Iriden. Sie schimmerten in einem wunderschönen Braungold, wie an einem perfekten Herbsttag.

»Ich bin bei dir, Fiore. Heute, morgen, jeden Tag. Ich werde dich beschützen.« Er strahlte eine Zuversicht aus, die mich beruhigt durchatmen ließ. Er würde mich nicht allein lassen.

Ein letztes Mal atmete ich tief durch, dann setzte ich den ersten Schritt auf die Treppe und folgte Adelia in das Innere.

Schockiert über den Anblick blieb ich stehen. Alles hier drinnen strotzte vor Luxus. Gold prangte an jeder möglichen Stelle. Cremefarbene Ledersitze, die mehr an Luxussuiten als an Flugzeugsitze erinnerten. Ich hatte mich noch nie so fehl am Platz gefühlt wie jetzt.

Leano führte mich zu einem Ledersitz, der sich weicher anfühlte, als ich erwartet hatte. Adelia hatte sich bereits angeschnallt und in den Sitz gekuschelt, während ich mich niederließ. Mein Herz schlug schneller, als sich das Flugzeug in Bewegung setzte.

Nachdem Leano einige letzte Details mit den Piloten geklärt hatte, nahm er neben mir Platz. Ich bemerkte seine Präsenz neben mir – kraftvoll, ruhig, in völliger Kontrolle. Das Gegenteil von mir.

Mit jedem Meter, den wir zurücklegten, wurde meine Atmung hektischer. Meine Finger spielten nervös miteinander, als der gewaltige Schub uns nach hinten drückte. Dann hob die Maschine ab. Ein Ruck durchfuhr den Jet und ich quickte auf.

Ich klammerte mich an die Armlehnen, als ob ich mich daran festhalten könnte, um nicht in den Abgrund der Panik zu stürzen.

Leano bemerkte es sofort. Ohne zu zögern, griff er nach meiner Hand und streichelte über meine Haut. Seine Berührung war warm. Für andere mochte er furchteinflößend sein, doch ich kannte die andere Seite von ihm. Die sanfte, beschützende.

»Beruhige dich, Fiore«, flüsterte er an meinem Ohr.

»Ich … ich kann nicht«, brachte ich hervor. Mein Brustkorb fühlte sich an, als würde er zusammengedrückt werden.

»Doch, das kannst du.« Seine Stimme war weich, aber bestimmt.

Ein weiterer Ruck ging durch die Maschine und ich presste die Augen zusammen. Ich nahm kaum wahr, wie Leano lose Strähnen aus meinem Gesicht hinter mein Ohr strich. Seine Finger waren geduldig, liebevoll, als würde er mich Stück für Stück wieder zusammensetzen.

»Milena, du bist sicher«, murmelte er. Zögernd öffnete ich die Augen. Adelia war bereits eingeschlafen und lag ausgestreckt auf dem Sitz. Die Kabine war leer, nur die gedämpften Lichter warfen einen warmen Schimmer auf die Oberflächen.

»Wo ist das Personal?«, fragte ich.

Leano grinste.

»Ich habe sie weggeschickt.«

Verwirrt runzelte ich die Stirn.

»Warum?«

Sein Blick wurde dunkler, ein Hauch von Erregung funkelte darin.

»Ich halte mich an meine Versprechen, Fiore.« Ich wollte gerade fragen, was er meinte, als er sich abschnallte und aufstand.

»Leano, ich glaube nicht–« Mein Protest wurde abrupt unterbrochen, als er sich zu mir hinabbeugte, mit geschickten Fingern meinen Gurt löste und meine Hand umfasste.

»Komm mit«, raunte er. Seine Stimme war purer Samt, seine Berührung elektrisierte meine Haut. Ich ließ mich von ihm hochziehen.

Er führte mich nach hinten, durch den schmalen Gang des Jets, bis wir vor einer Tür ankamen. Ohne ein weiteres Wort öffnete er sie und zog mich hinein.

Ein großzügiges Bett füllte die Kabine aus. Weiche Decken und samtige Kissen lagen stilvoll darauf. Der Duft von Leder und Flieder hing in der Luft.

»Leano … was soll das?« Meine Stimme war immer noch zittrig vor Panik.

»Ich lenke dich ab«, hauchte er, während er Küsse über meinen Hals und mein Dekolleté verteilte. Seine Hände tanzten über meinen Körper und erkundeten ihn. Ich hatte keine Chance, mich seinem Charme zu entziehen. Nässe sammelte sich zwischen meinen Beinen und eine Welle der Erregung überrollte mich.

Unsere Lippen prallten aufeinander. Ich stöhnte sehnsuchtsvoll auf, als unsere Zungen aufeinandertrafen.

Leano drängte mich zurück. Mit den Kniekehlen stieß ich an den Rand des Bettes und ließ mich auf die Matratze fallen. Der gut aussehende Mann tat es mir gleich und platzierte sich zwischen meinen Beinen.

Seine Hand gab meine Haare frei und wanderte über meine Brüste hinab. Unser Kuss wurde keine Sekunde unterbrochen.

Zwischen meinen Beinen angekommen, schob er seine Hand quälend langsam unter meine Hose. Mein Slip war bereits völlig nass, was auch ihm nicht entging.

»Ich liebe es, wie nass du für mich wirst.« Röte schoss mir in die Wangen. Sie glühten bereits. Das Gefühl von Scham, welches sich gerade ausbreiten wollte, wurde von Leanos Hand zurückgedrängt. Sie wanderte unter meinen Slip und rieb meine empfindliche Perle.

Ein lautes Stöhnen entkam mir. Schnell presste er seine Hand auf meinen Mund.

»Shhhhh, Fiore. Du willst doch nicht, dass ich die Piloten erschießen muss, nur weil sie deine süßen Laute gehört haben. Das wäre wirklich tragisch – wer würde dann noch das Flugzeug landen?« Seine Stimme war ein dunkles Versprechen, während seine Berührungen mich weiter in den Wahnsinn trieben.

Die Panik war vergessen. Alles, was blieb, war brennende Hitze, die mich zu verschlingen drohte, wenn ich nicht bald Erlösung fand.

»Genau so, meine Kleine. Lass dich von meinen Fingern ficken.«

Er drang mit zwei Fingern in mich ein, entriss mir damit ein Keuchen, das er sofort mit seiner Hand erstickte.

»Leise«, flüsterte er warnend.

Er hatte recht. Adelia schlief nur wenige Meter entfernt. Sie durfte uns nicht hören.

Ich schluckte, als sich meine Muskeln anspannten, gefangen zwischen der Qual der Sehnsucht und der köstlichen Folter seiner Berührungen.

Immer mehr Hitze sammelte sich zwischen uns. Ich hatte das Gefühl, von innen heraus zu verbrennen. Kurz unterbrach er sein Fingerspiel, um sich aufzurichten. Ohne zu zögern, zog er sich aus. Völlig nackt stand er vor mir. Meine Augen weiteten sich, als ich seinen Schwanz sah. Er war bereits hart. Sein Anblick ließ mich nur noch mehr dahinschmelzen.

Mit seinen Händen umfasste er meine Hüften und zog mir mit einer einzigen Bewegung Hose und Slip aus. Ruckartig drehte er mich um. Mein Oberkörper wurde in die Matratze gepresst, während er meinen Hintern anhob. Auf meinen Knien stützte ich mich ab. Er griff meine Handgelenke und legte sie auf meinen Rücken. Mit einer Hand hielt er mich gefangen.

Völlig überwältigt von der Dominanz seiner Berührungen, verteilte er Küsse auf meinem Rücken. Ich verlor jegliche Selbstbeherrschung und gab mich ihm vollständig hin.

Kein Gedanke erinnerte daran, wo ich mich gerade befand – außer bei ihm, das war das Einzige, was zählte.

Erneut wanderte seine Hand zwischen meine Beine. Ich spürte, wie sein Schwanz an meinen Eingang stieß. Bereit, mich voll und ganz zu erobern. Mein Stöhnen, das ich versuchte zu unterdrücken, durchflutete den Raum. Doch Leanos Griff an meinen Händen und sein Schwanz, der langsam und quälend in mich eindrang, waren zu viel. Er füllte mich bis zum Anschlag aus. Seine freie Hand griff in mein Haar, zog mein Gesicht grob zu sich.

»Ich habe gesagt, du sollst leise sein, Fiore.« Seine Lippen prallten auf meine, fordernd, strafend. Ich keuchte in den Kuss und genoss das Spiel aus Schmerz und Lust. Doch so schnell, wie es begonnen hatte, endete es auch. Er löste sich von mir, nur um im nächsten Moment meinen Kopf in die Matratze zu drücken.

Der Stoff verschluckte meinen erstickten Schrei, als er sich hart und unnachgiebig in mich stieß. Jede Bewegung trieb mich tiefer in den Wahnsinn, ließ mich erbeben unter der rohen Intensität seines Besitzanspruchs.

»Fuck«, knurrte er. »Wie sehr ich es liebe, wenn sich deine Pussy um meinen Schwanz zusammenzieht.«

Er zog sich zurück und stieß erneut in mich.

»Du bist so verdammt eng«, stieß er rau hervor, als er tiefer in mich eindrang.

Ich stöhnte mein Verlangen in die Kissen, während er mich gnadenlos an den Abgrund trieb. Meine Hände lagen noch immer fest auf meinem Rücken, gefesselt von seiner Dominanz. Er ließ mein Haar los, nur um stattdessen meinen Nacken zu umfassen und mich fester in die Matratze zu drücken.

Mir blieb die Luft weg.

Sein unnachgiebiger Rhythmus raubte mir den Verstand. Jeder tiefe Stoß traf genau den Punkt in mir, der mich zittern ließ, mich immer weiter nach vorn trieb. Mein Rücken wölbte sich ihm entgegen, meine Muskeln spannten sich an und flehten nach Erlösung. Ein kehliges Stöhnen entkam seinen Lippen – er liebte es, mich so zu nehmen, mich zu beherrschen.

Mein Unterleib zog sich krampfhaft zusammen, als mich die Welle mit sich riss. Meine Beine zitterten unkontrolliert, Sterne tanzten am Rand meines Blickfelds – berauschend und überwältigend. Leano rammte sich immer wieder in mich, verlängerte meinen Höhepunkt, bis ich kaum noch wusste, wo oben und unten war.

Plötzlich riss er mich an meinen Haaren zurück, presste mich gegen seine muskulöse Brust. Ein brennender Schmerz durchzog meine Kopfhaut, doch er trieb mich nur noch weiter in das Chaos meiner Lust.

Noch fünfmal stieß er tief zu, dann folgte er mir und ergoss sich mit einem Keuchen in meiner Mitte. Ich spürte die Wärme seines Samens in mir, als er sich schließlich zurückzog.

»Gott, bist du perfekt«, murmelte er atemlos. Er befreite meine Arme. Erschöpft ließ ich mich auf die Matratze fallen.

Mein Blick wanderte zu Leano, der bereits seine Kleidung aufhob und sich wieder anzog. Als er mein Lächeln bemerkte, zuckten seine Mundwinkel leicht.

Ein Klopfen unterbrach uns.

»Signor Salvani, wir werden in wenigen Minuten landen. Bitte begeben Sie sich zurück auf Ihre Plätze.« Die Stimme war bestimmt und gehörte einem der Piloten. Ich blinzelte, als mir erst jetzt bewusst wurde, dass wir uns in einem Flugzeug befanden, tausende Meter über der Erde. Leano grinste.

»Ablenkung gelungen.«

Stolz blitzte in seinen dunklen Augen, während er mir die Hand reichte und mir aufhalf. Ich zog mich hastig an und folgte ihm nach vorn. Kurz vor den Sitzen hielt er mich noch einmal auf, hauchte mir einen letzten Kuss auf die Stirn, bevor er auf seinen Platz sank.

Ich ließ mich ebenfalls auf meinen Sitz fallen, schnallte mich an und warf einen Blick zu Adelia. Sie schlief noch immer tief und fest. Erleichterung durchströmte mich, doch dann traf mich der Gedanke. Hatte sie uns hören können? Hatten die Piloten uns gehört?

Hitze schoss mir ins Gesicht und Scham breitete sich in meinem Bauch aus. Noch ehe mich die Gedanken ganz einnahmen, spürte ich Leanos beruhigende Hand auf meiner, wie sie sanfte Kreise über meine verschwitzte Haut fuhren.

Das Flugzeug setzte zur Landung an.

Ein letzter Ruck, dann kamen wir zum Stillstand. Ich stieß die angehaltene Luft aus und ließ mich in den Sitz sinken.

Leano war die ganze Zeit über an meiner Seite geblieben. Er hatte mich beschützt. Für mich gesorgt. Wie ein Mann für seine Frau.

Doch ich war nicht seine Frau. Und er nicht mein Mann.

Die Erkenntnis traf mich mit voller Wucht. Der eiskalte Mafiaboss, den ich kennengelernt hatte, existierte kaum noch. Stattdessen war da dieser Mann, der mich ansah, als wäre ich sein Ein und Alles.

Doch wie lange würde es so bleiben?

Kapitel 2

Leano Salvani

»Leano, dieses Haus ist einfach wunderschön«, hauchte meine Schwester. Sie war noch immer überwältigt, dass ich es gekauft hatte. Wir waren oft in unserer Kindheit hier gewesen und haben es geliebt. Jetzt gehörte es offiziell uns. Isalie war im neunten Monat schwanger. Es würde nicht mehr lange dauern, bis die Kleine auf die Welt kommen würde. Es war zuerst ein Schock für mich gewesen, als sie von der Schwangerschaft erzählt hatte, doch mittlerweile freute ich mich mehr auf das kleine Wesen als sie – wenn dies überhaupt möglich war.

Immer noch erstaunt lief sie durch das Haus und begutachtete jeden einzigen Fleck. Sie drehte sich zu mir und Tränen der Freude rannen ihr über die Wangen. Eilig kam sie auf mich zu und sprang mir in die Arme.

»Ich liebe es!« Ihr Bauch drückte gegen meinen und ich fühlte etwas dagegentreten. Überrascht sah ich sie an, als sie lächelte.

»Sie tritt heute ziemlich stark. Bestimmt freut sie sich genauso sehr.«

Ein Lächeln legte sich auf meine Lippen. Isalie wollte mir nicht sagen, wer der Vater war. Sie meinte, es wäre nur ein unglücklicher One-Night-Stand gewesen. Doch ich kannte sie und wusste, dass mehr dahintersteckte. Wir lösten uns voneinander und sie streichelte über ihren Bauch, um das kleine Wesen zu beruhigen. Isalie lief die Treppen hinauf, um die obere Etage zu erkunden. Ich blieb währenddessen hier unten.

Es war einige Jahre her, als wir das letzte Mal hier gewesen waren. Das einzige Mal, an dem unser Vater mit uns herkam. Ich erinnerte mich daran, dass Isalie ihn tagelang angebettelt hatte, damit er mitkommen würde. Wir hofften auf einen normalen Familienausflug – fernab der Mafia. Doch mein Vater hatte andere Pläne. Er nutzte den Ort, abends wenn wir im Bett lagen, um Geschäfte abzuwickeln. Er testete seine Nutten auf Qualität. Ich musste jedes Mal Isalie Geschichten erzählen, sodass sie die Geräusche der Frauen sowie Männer nicht hörte. Mich widerte sein Verhalten an. Ich war froh über seinen Tod. Mit diesem hatte ich die Geschäfte der Nutten in Emilios Hände gelegt. Bei ihm war ich mir sicher, er würde besser mit ihnen umgehen als mein Vater. Zwar hatte er trotzdem Spaß mit ihnen, aber er trainierte sie nicht auf die härtesten BDSM-Praktiken.

Ein lautes Krachen kam aus dem Obergeschoss, gefolgt von einem spitzen Schrei von Isalie. Hektisch rannte ich hinauf und fand sie in einem der Schlafzimmer vor.

Der Boden war nass. Sie hielt sich ihren Bauch und blickte mich voller Panik an.

»Meine Wehen haben eingesetzt«, flüsterte sie.

»Es ist einfach ein Traum«, staunte Milena über das Haus und riss mich aus meinen Gedanken.

Das letzte Mal, als ich hier gewesen war, hatten bei Isalie die Wehen eingesetzt und Adelia wurde geboren. Schmerzhafte Erinnerungen schwirrten mir durch den Kopf. Ich musste lernen mit ihnen umzugehen, so sehr sie mir das Herz zerrissen. Adelia hatte sich bereits eines der Zimmer ausgesucht und das alte Spielzeug gefunden.

Isalie und ich hatten es damals hiergelassen. Ihr Traum war es gewesen, mit Adelia einmal hierherzufahren, doch durch die Gefahr von Serafino war es nie dazu gekommen. Jetzt konnte sie es nicht mehr tun.

Eine sanfte Berührung an meiner Schulter ließ mich herumfahren. Milena. Ihr Blick lag voller Mitgefühl auf mir. Sie wusste, wann mich die Dunkelheit einzuholen drohte. Der Sex im Flugzeug hatte nicht nur sie abgelenkt – ich hatte mich in ihrem Körper verloren, um nicht in meinem eigenen Schmerz zu ertrinken. Doch selbst sie konnte den brennenden Hass in mir nicht vollständig auslöschen.

Milena begann sofort mit strahlenden Augen alles herzurichten. Sie liebte es hier, das bemerkte ich. Gemeinsam standen wir in der Küche und ich beobachtete meine Blume dabei, wie sie Pasta zubereitete. Adelia spielte im Garten auf dem bunten Klettergerüst. Ich hatte es damals extra für sie errichten lassen. Ein Geschenk für sie und Isalie.

Das Abendessen servierte Milena auf Tellern, um sie anschließend auf dem Tisch abzustellen. Mein Blick folgte ihr, als sie durch die Terrassentür nach draußen verschwand, um Adelia zu holen.

Ich lehnte mich zurück, genoss den betörenden Duft der Pasta, doch mit jedem vergehenden Moment kroch ein ungutes Gefühl in mir hoch. Sekunden wurden zu Minuten. Immer noch kam sie nicht zurück. Plötzlich tauchte Adelia im Türrahmen auf, ihre Augen funkelten vor Freude.

»Wo ist Milena?«, fragte ich.

»Sie sucht draußen den schwarzen Mann, der uns beobachtet hat. Sie hat gesagt, ich soll reingehen.«

Alles in mir zog sich zusammen. Ein schwarzer Mann? Wer zur Hölle hatte sie beschattet?!

Meine Hände ballten sich zu Fäusten, mein Atem wurde schwer. Ich zwang mich zur Ruhe und deutete Adelia mit einer knappen Geste, in ihr Zimmer zu gehen. Sie zögerte kurz, folgte meiner Anweisung aber dennoch. Ich wartete, bis ich sicher war, dass alle Fenster und Türen verschlossen waren – außer der Verandatür. Ich griff nach meiner Waffe.

Draußen war es still. Zu still.

Langsam bewegte ich mich in Richtung des Waldes. Adelia war im Haus sicher. Aber Milena …

Das Krächzen einer Krähe durchschnitt die Stille. Ich tastete mich voran, meine Finger um den Griff der Waffe geschlungen, mein Herz hämmerte in meiner Brust. Auf einmal hörte ich ein Geräusch. Ein Knacken. Ich drehte mich abrupt um und zielte.

Milena trat zwischen den Bäumen hervor. Mein Blick flog über ihren Körper – keine Wunden, keine Blutspuren. Ich steckte die Waffe weg, war in wenigen Schritten bei ihr und nahm ihr Gesicht zwischen meine Hände.

»Da war ein Mann. Er hat uns beobachtet«, stammelte sie, ihr Atem unkontrolliert, Panik in ihren Augen.

»Adelia hat mir davon erzählt. Wo ist er?«

»Ich habe ihn verloren.« Ihr Blick wich meinem aus.

Wut brodelte in mir. Ich zog sie eng an mich.

»Meine tapfere Blume«, hauchte ich, küsste ihre Stirn, nahm ihre Hand und zog sie mit mir. Zurück im Haus lief Adelia bereits lachend zum Tisch, nahm sich eine Gabel und begann zu essen. Unschuld. Sie hatte keine Ahnung, was draußen lauerte.

Ich ließ den Blick durch den Raum schweifen und entdeckte es. Ein Messer steckte tief in der Holztheke. Darunter ein Zettel. Mit angespannten Fingern griff ich danach und las die wenigen Worte, die darauf geschrieben standen:

Serafino. Die Luft wich aus meiner Lunge. Kalte, unbändige Wut pulsierte durch meine Adern. Ich zerknüllte den Zettel und riss ihn in Stücke.

Milena stand vor mir, ihre Augen vor Angst geweitet.

Serafino wird spüren, was es heißt, mir etwas zu nehmen. Ich werde ihm alles entreißen. Eines nach dem anderen. Wenn er es wagt, auch nur noch einmal in unsere Nähe zu kommen, werde ich ihn für immer auslöschen.

Kapitel 3

Nachdem der Mann verschwunden war, durchsuchte Leano den umliegenden Wald auf Spuren. Doch nichts war zu finden. Vielleicht war es auch nur Einbildung von mir gewesen. Ein Gespenst, dem ich versuchte nachzujagen.

Wir aßen die mittlerweile kalte Pasta. Die Stimmung am Esstisch war bedrückt. Ich voller Sorge. Leano voller Zorn. Nur Adelia schien es als Einzige nicht zu stören. Nach dem Essen brachte ich sie in ihr Zimmer und erzählte ihr eine Geschichte zum Einschlafen. Es dauerte nicht lange, bis sie tief und fest schlief.

Ich erhob mich von der Matratze und ging die Treppen nach unten in das Untergeschoss. Suchend blickte ich mich um und erkannte einen Schatten auf der Veranda. Ohne zu zögern, trat ich hinaus an die kühle Abendluft.

Die Sonne ging hinter den Bäumen bereits unter. Dunkelheit vermischte sich mit den letzten Strahlen der Sonne. Ein intensives Farbspiel herrschte am Himmel und ich liebte den Anblick. Neben Leano ließ ich mich am Ufer des Sees nieder. Das Wasser glänzte durch die letzten Sonnenstrahlen. Es plätscherte gegen die Steine und die Luft war erfüllt von den Geräuschen der Natur.

Wir schwiegen und genossen den Moment, in dem wir lebten. Jeder in seinen eigenen Gedanken versunken.

»Es ist schwer«, flüsterte Leano und unterbrach unser Schweigen. Beinahe hätte ich ihn nicht gehört, so leise hatte er gesprochen.

Ich drehte automatisch den Kopf zu ihm und sah ihn abwartend an. Sein Blick blieb weiterhin auf den See gerichtet.

»Es zerreißt mir das Herz, nichts mehr von ihr zu hören. Wir waren unzertrennlich und jetzt gibt es nur noch mich«, erklärte er.

»Es wird besser. Ich verspreche es dir. Nur wird es Zeit brauchen. Das Gefühl wird nie verschwinden. Du wirst lernen, damit umzugehen.« Ich legte meine Hand auf seine Schulter. »Wir sollten weiter machen«, setzte ich fort. »Isalie hätte nicht gewollt, dass du an deiner Trauer erstickst. Sie möchte dich glücklich sehen.«

Leano nickte und senkte den Kopf. Er schien innerlich einen Kampf zu führen. Einen Kampf mit der Trauer über den Tod seiner Schwester und mit dem Hass seiner Rache.

Es vergingen weitere Minuten, in denen wir schwiegen. Weiterhin versunken in den Gedanken. Jeder kämpfte mit seinen eigenen Dämonen.

Leanos Kopf drehte sich ruckartig zu mir. Er ergriff meine Hand, die seine Schulter gestreichelt hatte, und hielt sie fest an sich gedrückt. Seine Zähne bissen auf seine Lippen und ich erkannte das Feuer in seinen Augen.

»Ich habe immer gelernt, stark zu sein«, sagte er leise.

»Mein Vater hat mir eingebläut, dass Schwäche nicht existieren darf. Gefühle … sie sind eine Waffe, die gegen dich verwendet wird. Ich habe es geglaubt. Jahrelang.«

Ich schwieg, wollte ihn nicht unterbrechen.

»Aber mit Isalie war es anders. Sie war mein Anker, die Einzige, die mich wirklich verstand. Und jetzt … ist sie weg.« Seine Stimme brach und er presste die Lippen aufeinander, als würde er sich selbst zur Ruhe zwingen.

Ich legte meine andere Hand auf seine.

»Du musst nicht immer stark sein, Leano. Du bist kein unbezwingbarer Fels. Du bist ein Mensch.« Er schloss die Augen, sog tief die kühle Nachtluft ein.

»Ich weiß nicht, wer ich ohne sie bin. So lange habe ich nur für die Familie gelebt, für die Pflicht. Vielleicht bin ich nichts weiter als ein Produkt meines Vaters.«

»Das glaube ich nicht«, widersprach ich. »Du bist mehr als das. Du kannst selbst entscheiden, wer du sein willst.«

Er erhob sich langsam, sein Blick hielt mich gefangen. Das Mondlicht spielte über seine Haut, ließ die angespannten Muskeln schimmern. Er öffnete die obersten Knöpfe seines Hemdes, als wollte er sich befreien, und ließ es schließlich zu Boden gleiten.

Mein Herz pochte schneller. Doch als er sich neben mich kniete und meine Hand in seine nahm, war es nicht bloß Verlangen, das mich durchfuhr. Es war mehr. Tiefer. Intensiver.

»Fiore«, murmelte er, seine Stimme rau. »Was machst du mit mir?«

Ich wusste es nicht. Nur, dass ich bei ihm sein wollte. Dieser Moment, inmitten der Stille der Nacht, gehörte uns. Ohne Hast zog er mich näher. Unsere Körper berührten sich kaum, doch es reichte, um Gänsehaut über meine Haut zu jagen.

Seine Finger strichen über meine Wange, als wollte er prüfen, ob ich wirklich hier war.

»Manchmal frage ich mich, ob ich noch derselbe Mensch bin.«

»Und jetzt?«, fragte ich. Sein Blick verdüsterte sich.

»Jetzt bin ich mir nicht mehr sicher. Nach Isalies Tod fühlt sich alles … bedeutungslos an. Als wäre ein Teil von mir mit ihr gestorben.« Sanft legte ich eine Hand auf seine Brust, spürte seinen Herzschlag.

»Du bist nicht allein, Leano.« Er lachte bitter.

»Alleinsein ist das, was ich am besten kann.«

»Vielleicht. Aber du bist es nicht mehr gewohnt, dass jemand bleibt.« Seine Augen suchten meine und für einen Moment schien etwas in ihm zu brechen.

»Ich habe gelernt, dass Menschen kommen und gehen. Dass es nichts bringt, an ihnen festzuhalten, weil sie sowieso irgendwann verschwinden.«

»Ich bin nicht sie.« Sein Kiefer zuckte.

»Nein, das bist du nicht.« Ich schwieg, ließ ihm Zeit. Dann sprach er weiter, als hätte er Angst, sich selbst einzugestehen, was er sagen wollte.

»Und dann war da Isalie.« Er nickte kaum merklich. »Sie wusste, wer ich war, bevor ich zu dem wurde, was ich jetzt bin. Sie hat mir immer gesagt, dass ich mehr bin als das, was ich tue.«

»Und sie hatte recht.«

Ein leises, beinahe spöttisches Lachen entrang sich seiner Kehle.

»Vielleicht. Vielleicht auch nicht.« Ich berührte seine Wange und zwang ihn, mich anzusehen.

»Leano, du bist mehr als deine Vergangenheit.« Er schloss die Augen, lehnte sich gegen meine Berührung. Dann küsste er meine Handfläche.

»Und du bist meine größte Versuchung.« Plötzlich veränderte sich die Stimmung. Seine Augen verdunkelten sich, doch es war keine bloße Erregung - es war etwas Tieferes, Dunkleres. Ein Kampf, den er zu verlieren drohte. Trauer flackerte in seinem Blick, vermischt mit einer Verzweiflung, die sich in jeder seiner Bewegungen zeigte.

»Fiore …« Seine Stimme klang brüchig, rau vor unterdrückten Gefühlen. »Ich … ich kann nicht …«

Er trat näher, offenbar auf der Suche nach Halt in meiner Nähe. Mit zittriger Hand berührte er meine Wange. Seine Finger strichen über meine Haut, als würde er sich einprägen, dass ich wirklich hier war.

»Sag mir, dass du mich hältst«, murmelte er, sein Blick flehend. »Dass ich nicht falle.«

Er lehnte seine Stirn gegen meine, sein Atem warm und unruhig. Er wollte mich. Doch nicht aus bloßem Verlangen, sondern weil er mich brauchte. Weil er sich in mir verlieren wollte, um nicht in seiner eigenen Dunkelheit zu ertrinken.

Seine Hände umfassten meine, als wollte er mich daran hindern, ihn loszulassen.

»Lass mich dich spüren«, flüsterte er, seine Stimme kaum mehr als ein Hauch.

»Leano …«, hauchte ich, legte meine Hand auf seine Brust und versuchte ihn sanft aufzuhalten. »Du bist verletzt. Du brauchst keine Nähe, du brauchst Zeit.«

Doch er schüttelte den Kopf, seine Stirn lehnte immer noch an meiner.

»Ich brauche dich, Milena. Nur dich. Für diesen Moment.« Seine Stimme klang brüchig, fast zerbrechlich. Ich wollte stark bleiben. Ihn nicht aus einem Impuls heraus an mich lassen. Aber dann sah ich ihn an - wirklich an. In seinen Augen war nichts als Verzweiflung. Ein Mann, der sich selbst verloren hatte und Halt suchte, wo nur noch Leere war.

Nicht aus Lust. Nicht aus Leidenschaft. Vielmehr brauchte er das Gefühl, nicht allein zu sein. Weil er spüren wollte, dass er noch lebte.

Meine Gedanken tobten, doch mein Herz war still.

Also ließ ich es zu. Ich ließ zu, dass er mich küsste - zunächst vorsichtig, um sich zu vergewissern, dass ich tatsächlich da war. Dann intensiver, fordernder, mit einer Verzweiflung, die mir die Luft raubte. Seine Hände fuhren über meinen Rücken, als wollte er jede Unsicherheit von mir streichen. Ich spürte sein Zittern, die gebrochene Stärke in jeder seiner Bewegungen.

Ich war nicht sicher, ob das richtig war. Aber ich wusste, dass er das brauchte. Nicht die Nähe an sich, sondern die Gewissheit, dass ihn jemand hielt, wenn alles in ihm zerfiel.

»Ich bin hier«, flüsterte ich gegen seine Lippen. »Ich lasse dich nicht fallen.«

»Du verdrehst mir den Kopf, Fiore«, murmelte Leano. »Ich kann nicht anders, als dich zu wollen.«

Er trat einen Schritt näher, die Spannung zwischen uns fast greifbar.

»Du weißt, was du mit mir anrichtest, oder?« Seine Hand glitt zu meiner Wange, strich über die Haut, bevor er mit einem Lächeln hinzufügte: »Ich kann nicht widerstehen. Nicht jetzt, nicht bei dir.«

Er löste seine Gürtelschnalle und ließ die Hose zu Boden fallen. Einzig die Boxershorts bedeckte seinen Schwanz. Mein Blick wanderte wissend nach unten und fiel auf die Beule in seinen Shorts. Er war bereits hart.

Leanos Blick, mit dem er mich auszog, lag die ganze Zeit über auf mir.

Erregung übernahm meine Instinkte. Seine Lippen prallten auf meine und vernebelten meine Sinne. Ein Kampf unserer Zungen begann. Mit der Hand glitt er über meinen Körper und wanderte zu meinen Hüften. Mit einem Ruck zog er meine Hose und meinen Slip hinunter. Unser Kuss löste sich, damit er mir das Shirt über den Kopf ausziehen konnte. Ich trug keinen BH, weswegen ich vollkommen entblößt vor ihm stand.

Gierig trafen unsere Blicke aufeinander. Wir atmeten hektisch und starrten uns an. Leano unterbrach den Blickkontakt als Erster. Er hinterließ eine brennende Spur aus Küssen auf meinem Hals und meinen Brüsten. Ich wölbte den Rücken, als er einen meiner Nippel in den Mund nahm und daran saugte.

»Leano bitte-«, flehte ich ihn an. Meine Geduld wurde strapaziert.

»Ja?«, fragte er.

»Ich will dich«, hauchte ich.

Er ließ von mir ab und zog seine Boxershorts aus. Ich wollte meinen Blick nicht senken, doch schließlich verlor ich den Kampf gegen mich selbst.

»Gefällt dir, was du siehst?« Hitze schoss in meine Wangen. Ich erwiderte nichts. Er nahm meine Hand in seine und führte mich in das kühle Wasser. Das Wasser stand mir bis kurz unter meinen Brüsten, nachdem wir hineingestiegen waren. Leano küsste mich erneut leidenschaftlich, ehe er mich umdrehte. Ich lehnte mich mit dem Rücken an seinen Bauch und spürte seinen harten Schwanz an meinem Hintern.

Fest zog er mich an sich. Ein Stöhnen entkam mir. Seine rechte Hand glitt zwischen meine Beine und berührte mich sanft. Mit kreisenden Bewegungen spielte er mit meiner Klitoris. Es brachte mich um den Verstand. Haltsuchend klammerte ich mich an seinen Arm. Ich schloss die Augen, um die Berührungen noch intensiver wahrzunehmen.

»Leano«, schrie ich in die Nacht hinaus, als ich die anbahnende Welle spürte.

»Fuck, ich liebe den Klang deiner Stimme, wenn du kommst«, hauchte er an mein Ohr.

Die Welle drohte mich mit sich zu reißen. Ich war kurz davor zu explodieren. Doch bevor dies geschah, zog Leano seine Hand zwischen meinen Beinen hervor und drehte mich wieder zu sich. Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen. »Keine Sorge, Fiore. Ich werde dich noch zum Schreien bringen.« Ich hob herausfordernd eine Augenbraue. Seine Hand legte sich um meine Taille und hob mich auf seine Hüfte. »Versprochen.«

Seine Eichel stieß an meinen Eingang. Die Arme um seinen Nacken geschlungen, hielt ich mich an ihm, als er langsam in mich eindrang. Ich legte den Kopf auf seine Schulter, während ich das süße Brennen genoss, als er mich weitete. Bis zum Anschlag drang er in mich und verharrte einen Moment. Er küsste meinen Haaransatz und streichelte meinen Rücken.

Als er sicher war, dass ich seine Länge aufgenommen hatte, zog er sich zurück und stieß in mich. Mein Stöhnen übertönte das Geräusch des Wassers. Immer wieder zog er sich zurück und drang mit jedem Stoß härter in mich.

Ich hatte erneut die Augen geschlossen und legte den Kopf in den Nacken. Alles in mir drohte zu zerbrechen.

»Scheiße, siehst du gut aus, wenn mein Schwanz in dir ist«, keuchte Leano. Seine Worte trieben mich noch weiter an. Voll und ganz beanspruchte er mich mit seinen Stößen. Das Wasser prallte immer wieder gegen unsere erhitzten Körper. Meine Fingernägel krallten sich in sein Fleisch, als sich die Hitze in meinem Unterleib aufbaute.

»Leano«, stöhnte ich.

Er umgriff mich fester, als ich zitterte.

»So schön«, flüsterte er an meine Lippen. Er bewegte sich immer schneller in mir und traf genau den Punkt, der mich um den Verstand brachte. Ein Ziehen breitete sich in meinen Unterleib aus.

»Leano«, stöhnte ich wieder mit überschlagener Atmung. Die Welle überrollte mich. Schreie entrangen sich meiner Kehle. Meine Mitte pulsierte unaufhörlich, als ich zum Höhepunkt fand.

Weiterhin stieß er in mich und verlängerte meinen Orgasmus. Langsam öffnete ich die Augen und blickte ihn an. Er hatte noch nicht genug und drang weiter in mich. Mein Blick war noch immer verschwommen, als er auf das Ufer fiel und eine Silhouette ausmachte. Erst als mein Blick klarer wurde, erkannte ich: Es war der Mann. Der Mann aus dem Wald.

Schlagartig verschwand jede Erregung und wurde durch Angst ersetzt.

»Leano«, hauchte ich.

»Hast du noch nicht genug von mir, Fiore?«, flüsterte er gegen meine Haut.

»Da ist der Mann aus dem Wald.« Ruckartig hielt er inne und blickte in dieselbe Richtung, in die ich schaute. Ein Knurren trat aus seiner Kehle.

»Bleib hier, ich bin gleich wieder zurück«, befahl er und zog sich aus mir zurück, um Richtung Ufer zu gehen.

Als der Fremde bemerkte, dass er erwischt worden war, rannte er in den Wald, an dem Häuschen vorbei. Doch Leano schnappte sich seine Boxershorts, zog sie sich über und war ihm dicht auf den Fersen.

Er hatte uns beobachtet. Scham breitete sich in mir aus, als mir bewusst wurde, was der Fremde gesehen hatte.

Kapitel 4

Leano Salvani

»Hab ich dich!«

Isalie quietschte auf, als ich sie schnappte. Wir spielten Verstecken, wie so oft, wenn unser Vater außer Haus war. Seit dem Tod unserer Mutter schaute er uns nur noch mit kaltem Abscheu an. Wir existierten bloß, weil sein Blut durch unsere Adern floss. Hätte der Vaterschaftstest, den er nach dem Verrat unserer Mutter erzwungen hatte, ergeben, dass wir nicht seine Kinder waren, wären wir längst tot.

Isalie war leicht zu finden. Sie versteckte sich immer am selben Ort und sobald ich in der Nähe war, kicherte sie. Ein unvermeidlicher Sieg für mich. Sie sprang quietschend auf, als ich sie erwischte, und rannte lachend davon. Ich jagte ihr durch den langen Flur hinterher, die Treppen hinunter, bis ich sie schließlich im Wohnzimmer vor der Terrassentür fing.

»Nein, Leano! Bitte!« Japsend versuchte sie sich aus meinem Griff zu winden, während ich sie kitzelte. Ihr Lachen hallte durch das riesige Haus, als sie sich unter meinen Händen wand.

»Was zum Teufel soll das?!«

Die eiskalte Stimme ließ alles in mir gefrieren. Unser Vater.

Wir erstarrten. Isalie riss sich aus meinem Griff und stand stocksteif da, den Kopf gesenkt, wie er es von ihr verlangte. Ich hingegen hob das Kinn, starrte ihm direkt in die Augen. Ich würde mich ihm nicht beugen, so wie sie es tat. Ich hasste ihn. Ich wollte, dass er es wusste.

»Geh in die Küche und mach dich nützlich«, befahl er Isalie mit einem abfälligen Blick.

Sie nickte hastig, wischte sich ihre Tränen weg, bevor er sie sehen konnte. Dennoch sah ich sie. Ich kannte sie besser, als er es je könnte.

Dann fiel sein Schatten auf mich.

»Und du«, seine Stimme schnitt wie ein Messer durch die Stille, »hör auf, dich wie ein Kind zu benehmen. Niemand wird dich als Anführer ernst nehmen, wenn du so schwach bist.«

Anführer. Sein Erbe. Sein zukünftiger Nachfolger. Doch ich wollte nicht sein wie er. Ich würde nie sein wie er.

»Ich werde tun, was nötig ist, um meine Familie zu schützen. Aber ich werde einen besseren Weg finden.« Meine Stimme klang ruhig, trotzdem hämmerte mein Herz in meiner Brust.

Ein Zischen durchbrach die Luft.

Der Schlag kam so schnell, dass ich nicht hatte reagieren können. Schmerz explodierte auf meiner Wange, brannte sich tief in meine Haut. Die Wucht ließ mich taumeln.

Ich presste die Zähne zusammen, meine Hände ballten sich, während ich die pochende Stelle rieb. Kein Schmerz in der Welt konnte die Wunde heilen, die er mir bereits vor Jahren zugefügt hatte.

Tränen brannten in meinen Augen, aber ich zwang sie zurück. Weinen bedeutete Schwäche. Und Schwäche bedeutete, dass er gewann.

»Du bist genauso eine Schande wie deine Mutter«, spuckte er mir entgegen. Sein Blick, dem ich auswich, durchbohrte mich. »Eine Enttäuschung für die Camorra.«

Dann drehte er sich um und verschwand. Ohne einen weiteren Blick. Ohne Reue.

Ich blieb zurück. Mit dem brennenden Abdruck seiner Hand auf meiner Haut und mit dem unstillbaren Hass in meiner Brust.

Mein Puls dröhnte in meinen Ohren, als ich mir hastig die Boxershorts überzog. Mein Körper war noch voller Adrenalin, mein Blick brannte vor Zorn. Dieser Wichser hatte es gewagt, Milena zu beobachten. Sie. Nackt. Meine Frau. Er hatte ihren Körper gesehen, sich an ihrem Anblick ergötzt. Ich würde ihn in Stücke reißen.

Ich hetzte durch den Wald, die Muskeln gespannt und bereit zum Angriff. Die schwarze Silhouette vor mir stolperte und versuchte zu entkommen, doch ich war schneller. Ein knackendes Geräusch – ein Fehltritt – und er fiel. Ein Fehler, der ihn das Leben kosten würde.

In Sekundenschnelle war ich über ihm und bohrte mein Knie in seine Brust. Seine Augen funkelten im schwachen Mondlicht, sein Körper zitterte. Ich genoss seine Angst.

»Wer schickt dich?«, knurrte ich und schloss meine Finger um seine Kehle. Ein dunkles Lächeln zog sich auf meine Lippen, als er nach Luft rang.

»N-niemand … ich habe mich verlaufen.«

Ich lachte hämisch auf.

»Bullshit.« Meine Finger schlossen sich fester um seinen Hals, bis sich sein Gesicht rötete. Nach einem Moment des Zögerns, als ihm bewusst wurde, dass ich keinen Nerv für Lügen hatte, flüsterte er heiser: »Serafino.«

Ich hatte es gewusst. Mein Griff lockerte sich kurz, nur um seine Kehle dann wieder mit doppelter Kraft zu packen.

»Warum?«

»Ich-ich sollte euch beobachten … mehr nicht, ich schwöre!« Ich sah in seine weit aufgerissenen Augen, suchte nach Anzeichen einer Lüge. Nichts. Er sagte die Wahrheit. Doch es spielte keine Rolle mehr. Er hatte Milena gesehen. Er hatte sich an dem Anblick berauscht. Und das allein reichte, um sein Leben zu beenden.

»Hast du sie genossen?«, fragte ich mit tiefer Stimme und beugte mich über ihn, während sich meine Finger spielerisch um seinen Kiefer pressten. Seine Augen weiteten sich.

»W-was?«

»Milena. Hast du sie dir gut angesehen?« Mein Tonfall war sanft, aber mein Griff um seinen Kiefer wurde fester. »Hast du dir gewünscht, an meiner Stelle zu sein?«

Er erstarrte. Dann ein kaum merkliches Nicken.

Falsche Antwort.

Meine Faust krachte mit brutaler Gewalt in sein Gesicht. Ein feuchtes Knacken ertönte. Seine Nase brach unter meinem Schlag. Er schrie auf, Blut spritzte über meine Knöchel. Ich war noch nicht fertig. Noch lange nicht.

Ein Schlag. Dann noch einer. Und noch einer. Seine Schreie verwandelten sich in erbärmliches Wimmern, bis nur noch ein keuchendes Gurgeln übrigblieb.

Mein Blick fiel auf einen kantigen Stein neben mir. Ein dunkles Lächeln breitete sich auf meinen Lippen aus. Langsam hob ich ihn auf, wog ihn in meiner Hand. Schließlich ließ ich ihn mit voller Wucht auf den Schädel des Mannes krachen.

Ich hämmerte den Stein in sein Gesicht, bis Knochen nachgaben, bis sein Körper erschlaffte. Mein Atem ging schwer, mein Herz raste, mein Oberkörper war von seinem Blut getränkt. Ein dumpfes Geräusch folgte auf meinen letzten Schlag, gefolgt von einem Zittern seines Körpers – dann nichts mehr.

Ich spuckte auf seine leblose Gestalt, ehe ich aufstand. Meine Finger waren taub von den Schlägen, aber es war mir egal. Ohne einen weiteren Blick auf ihn zu werfen, trat ich aus dem Wald heraus.

Meine Augen fanden Milena. Erleichterung durchflutete mich, als ich sah, dass sie in Sicherheit war. Trotz meines Befehls hatte sie den See verlassen.

Leise trat ich an sie heran. Sie bückte sich, um ihre Kleidung aufzuheben. Ich presste mich an ihren Rücken und legte die blutverschmierte Hand um ihre Haare. Grob zog ich sie zurück. Ein erschrockener Schrei entfloh ihr, doch ich packte sie fester.

»Du tust mir weh«, sagte sie. Ihre Stimme war gezeichnet von Schmerz.

»Ich habe dir gesagt, du sollst dableiben«, raunte ich in ihr Ohr. »Gehorche mir, Milena.«

Sie erstarrte für einen Moment, dann drehte sie den Kopf, so gut es ihr in meinem festen Griff möglich war. Ihre Augen weiteten sich, als sie das Blut auf meiner Haut sah. Ihr Atem wurde flach, ihre Lippen zitterten.

Ich hob ihr Kinn an, zwang sie, mich anzusehen.

»Er ist tot.« Mein Daumen strich über ihre Wange, hinterließ einen feinen Blutfleck auf ihrer Haut. »Er hat dich gesehen. Und jetzt gibt es ihn nicht mehr.«

Ihre Lippen teilten sich, als wollte sie etwas sagen, stattdessen blieb sie still.

Kluges Mädchen.

Ich leckte mir langsam das Blut von den Knöcheln und beobachtete sie genau.

»Du gehörst mir, Milena. Niemand sonst wird dich je wieder ansehen.« Mein Griff verstärkte sich. »Verstanden?«

Langsam nickte sie. Zufrieden packte ich sie fester und drückte sie nach unten in den Sand. Ohne Rücksicht drang ich von hinten in sie ein. Ein Schrei entfloh ihr. Ob vor Schmerz oder vor Überraschung, ich wusste es nicht. An ihren Haaren zog ich sie zurück. Sie zischte und stützte sich auf den Armen ab, während sie jeden harten Stoß in sich aufnahm.