Falsche Narrative - Neoliberalismus - Andre Klein - E-Book

Falsche Narrative - Neoliberalismus E-Book

André Klein

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Beschreibung

Die Geschichte des Neoliberalismus begleitet die Menschheit nun schon seit es geldbasierte Wirtschaftssysteme gibt und ist in seinem Wesenskern nichts anderes, als die Anwendung des Jäger- und Sammlerdenkens, auf eben diese geldbasierten Wirtschaftssysteme. Das Ergebnis dieser Anwendung ist, zumindest als oberflächliches Symptom, als die Freiheit der Reichen und Erfolgreichen bekannt. In diesem Buch gehe ich einen Schritt tiefer hinein in den Wesenskern des Neoliberalismus und zeige auf, aus welchen psychischen und sozialen Faktoren er überhaupt erst entsteht. Dabei macht dieses Buch eine große Reise durch die Themen Arbeitslosigkeit, Armut, Psychologie, Soziologie und Wirtschaft. Die letzten beiden Kapitel des Buches zeigen dann Lösungsvorschläge und Umsetzungsvorschläge für die bekannten problematischen Symptome des Neoliberalismus auf.

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Falsche Narrative – Neoliberalismus

 

 

 

 

 

Radikalität ist die Fähigkeit,

bestehende gesellschaftliche Extremismen,

falsche Narrative und anerkannten Aberglauben

grundlegend zu hinterfragen,

alternative und besser aufgeklärte Verhältnisse

auszuarbeiten und der Gesellschaft im Diskurs zur

Verfügung zu stellen.

 

- Andre Klein -

 

 

Andre Klein

 

 

Falsche Narrative

 

Neoliberalismus

 

 

 

 

Eine Buch für alle,

die ihre sozialpolitischen

und wirtschaftlichen Analysen

tiefer ausgestalten wollen.

 

 

 

 

 

 

 

Mit großem Dank an alle Menschen, die mich bisher in meinem Leben auf gute und schlechte Weise begleitet haben und mir so die Möglichkeit zur persönlichen Entwicklung und zum Erkenntnisgewinn gegeben haben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum 

 

Andre Klein

Hauptstr. 5a

21646 Halvesbostel

 

 

Erstauflage 2024

 

Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig.

 

Copyright © 2024 Andre Klein

 

 

 

 

 

 

 

Inhalt

Kleines Vorwort  

Kapitel I – Arbeitslosigkeit  

Einstieg  

Wie groß ist die Arbeitslosigkeit?  

Das Grundproblem der Arbeitslosenquote  

Berichterstattung und Informationsvermittlung  

Wahrnehmungslücke schließen  

Konstruktion der neuen Kennziffer  

Zwischenfazit  

Ist das normal?  

Statistiken  

Bevölkerung und Arbeitsvolumen (1849 - 2023)  

Erwerbspersonenpotenzial (1849 – 2023)  

Gesetzlicher Mindesturlaub (1949 - 2023)  

Vollzeitdefinitionen (1949 - 2023)  

Erwerbslosenpotenzial (1949 - 2023)  

Erwerbslose - Offiziell (1949 – 2023)  

Arbeitslosenquote – Offiziell (1949 bis 2023)  

Fehlende Vollzeitstellenäquivalente (1949 bis 2023)  

Äquivalenzarbeitslosenquote (1949 bis 2023)  

Gegenüberstellung offizielle / neue Kennziffern  

Gegenüberstellung Erwerbslose (1949 - 2023)  

Gegenüberstellung Arbeitslosenquote (1949 – 2023)  

Export von Arbeitslosigkeit / Exportüberschuss  

Zwischenfazit  

Fachkräftemangel  

Wer hat noch Vollzeitstellen?  

Ausbildungsmarkt  

Kapitel II – Das Jäger- und Sammlerdenken  

Die psychische Komponente  

Einleitung  

Ableitung / Selbstbild  

Projektion der Bildung und Intelligenz  

Projektion der Ästhetik  

Projektion des Fleißes  

Projektion der Sympathie  

Projektion der Eloquenz  

Projektion der Zielorientierung  

Projektion der Konstruktivität  

Fazit  

Psychische Selbstausbeutung / Selbstzerstörung  

Ausdruck der Projektionen, Arbeitsmantras  

Die soziale Komponente  

Der Wille zur Jagd  

Arbeitsanreize  

Lohnabstandsgebot  

Abbau von Bürokratie  

Senkung von Unternehmenssteuern  

Fairness / Gerechtigkeit  

Anerkennung  

Soziale Selbstausbeutung / Selbstzerstörung  

Survivalshows  

Kapitel III – Das geldbasierte Wirtschaftssystem  

Wie funktioniert Wirtschaft?  

Unternehmen  

Konsum  

Kaufkraft  

Arbeitsplätze bringen Geld  

Realwirtschaft  

Anlagekaufkraft  

Geldanlagen  

Zinsen / Renditen / Dividenden  

Wo kommt das Geld her?  

Finanzwirtschaftskreislauf  

Banken  

Zirkulationsveränderungen  

Inflation  

Deflation  

Bruttoinlandsprodukt  

Wirtschaftswachstum  

Rezession  

Staat und Steuern  

ALGII / Arbeitslosenversicherung  

Arbeitslosigkeit  

Schuldenbremse  

Investitionen  

Abschluss  

Kapitel IV - Neoliberalismus  

Sanktionen / Leistungen kürzen im Hartz4-System  

Psychische Komponente  

Neoliberales Menschenbild  

Bildung für Arbeitslose  

Sympathisches Verhalten von Arbeitslosen  

Zielorientierung für Arbeitslose  

Konstruktivität für Arbeitslose  

Soziale Komponente  

Trickle-Down-Effekt, Verehrung der Reichen  

Steuersenkungen für Unternehmen und Reiche  

Niedriglohnsektor / Agenda 2010 / Leistungsbilanz  

Das Selbstbild der Reichen und Erfolgreichen  

Neoliberaler Extremismus    

Kapitel V – Reparatur des Arbeitsmarktes  

1. Arbeitslose richtig zählen  

2. Regional flexibles Arbeitslosengeld  

Regionale Rangliste  

Höhe des neuen Arbeitslosengeldes  

Entweder-Oder-Leistung  

Auswirkungen  

3. Maximalvermögen pro Kopf  

Rückblick Vermögenssteuer  

Zulässigkeit eines Maximalvermögens  

Höhe des Maximalvermögens  

Finanzierung / Treuhand  

Kapitalflucht  

Intervalle  

Ausländisches Vermögen in Deutschland  

Wirtschaftswachstum und die EZB  

Kapitel VI – Politische Umsetzung  

Radikalisierung  

Komplexitätsreduktion  

Mindestlohn  

Höhere Löhne / Gewerkschaften  

Automatisierung / Digitalisierung  

Wohnungsmarkt / Mietpreisbremse  

Wertzuwächse von Immobilien  

Bedingungsloses Grundeinkommen  

Kunstschätze / Museen Maximalvermögen  

Rentenarmut  

Rente / Produktivität  

Aktienrente  

Aussenhandelsbilanz / Export von Arbeitslosigkeit  

Kinderarmut / Kindergeld  

Fazit und Abschluss  

 

Kleines Vorwort

 

Neoliberalismus ist der Versuch, das Jäger- und Sammlerdenken,

welches uns von Geburt an genetisch in die Wiege gelegt worden ist,

auf ein geldbasiertes Wirtschaftssystem anzuwenden.

Etwas, was wir bereits seit Jahrtausenden tun

und damit seit Jahrtausenden scheitern.

 

Wenn ihr also wissen wollt, warum die Geschichtsbücher so aussehen, wie sie aussehen, dann ist dieses Buch genau richtig für euch. Um sich diesem banalen, aber dennoch komplexen Thema verständlich nähern zu können, ist dieses Buch in mehrere Kapitel unterteilt, die sich auf unseren wirtschaftlichen und politischen Alltag beziehen. Dabei geht es mir darum, die ein oder andere Debatte zu ökonomischen Themen wie Arbeitslosigkeit und Armut erklärbar zu machen, in der Hoffnung, dass wir endlich zu konstruktiven Veränderungen fähig sind, wenn wir denn nur aufgeklärt genug sind. Zur besseren Lesbarkeit, werde ich so weit wie möglich auf Fachbegriffe verzichten.

 

 

Kapitel I – Arbeitslosigkeit

Einstieg

Um den Wesenskern des Neoliberalismus verstehen zu können, muss man sich mit den Problemen unseres Wirtschaftssystems auseinander setzen. Überall dort, wo es ächzt und knarrt in einer Gesellschaft, werden wir fündig. Drängende Symptome sind verbreitete Arbeitslosigkeit und Armut; sogar bis hinein ins Rentenalter trotz jahrzehntelanger Arbeit. Die Themen Arbeitslosigkeit und Armut sind daher der perfekte Einstiegspunkt, um sich mit dem Neoliberalismus auseinanderzusetzen. Denn, gäbe es diese Symptome nicht, gäbe es auch nicht dieses Buch.

Mit dieser Feststellung gehen wir auch gleich in die Vollen und stellen uns zu aller erst einmal die Frage, wie hoch das Ausmaß der Arbeitslosigkeit, hier in Deutschland, überhaupt ist. Diese Fragestellung ist wichtig, da wir nicht nur einfach ein Problem benennen wollen, sondern auch das reale Ausmaß des Problems kennen wollen, bevor wir uns vielleicht mit Nichtigkeiten beschäftigen und unsere Zeit verschwenden.

Zusätzlich dazu ist es auch, aus meiner Sicht, erstrebenswert sich mit den Reaktionen und Denkmustern hinter der Arbeitslosigkeit und gegenüber Arbeitslosen zu beschäftigen. Denn von einer wohlwollenden Einstellung gegenüber Arbeitslosen bis hin zur geduldeten Volksverhetzung haben wir alles an Kommentaren dabei. Im Sinne der Analyse geht es mir nicht darum, hier irgendwelche geäußerten Meinungen zu bewerten, sondern mir geht es darum, aufzuzeigen, warum Menschen bestimmte Meinungen haben. Denn, auch wenn man es nicht glauben mag, sind alle Meinungen, in Bezug auf Arbeitslosigkeit, ableitbar, durch die zu Grunde liegenden Denkprozesse.

 

 

 

Stellen wir uns also die erste wichtige Frage:

Wie groß ist die Arbeitslosigkeit?

Die Arbeitslosigkeit wird einmal als Zahl der Arbeitslosen dargestellt und einmal als sogenannte Arbeitslosenquote. Die Zahl der Arbeitslosen betrug im Jahr 2023 durchschnittlich knapp 2,61 Millionen bei einer Arbeitslosenquote von 5,41%. Dies, wohlgemerkt, ist die Größenordnung der offiziellen Darstellung.

In den sozialen Netzwerken wurde in den letzten Jahren darauf aufmerksam gemacht, dass bei der Anzahl der Arbeitslosen getrickst wurde und wird und es weitaus mehr Arbeitslose gibt, als angegeben wurde. Dies wurde immer wieder in kleinen Grafiken gepostet und geteilt. Hier ein willkürliches Beispiel für das Jahr 2021 von der Partei „DIE LINKE“:

Die tatsächliche Zahl der Arbeitslosen ist also deutlich höher als es die offizielle Darstellung vermuten lässt. Diese „Lücke“ bei den Arbeitslosenzahlen wird gerne mal als „stille Reserve“ bezeichnet. Wer nun beim Anblick solch aufgeschlüsselter Statistiken glaubt „HA, jetzt haben wir sie überführt, diese Betrüger in der Politik!“, dem muss ich leider sagen, dass auch diese erweiterte Darstellung nichts mit der Realität der Arbeitslosigkeit zu tun hat und man sich beim Benutzen solcher Zahlen in der gleichen Denkfalle befindet, wie diejenigen, die die offiziellen Arbeitslosenzahlen verkünden und verbreiten. Dieser Anwurf hat damit zu tun, dass die Arbeitslosenquote einen gravierenden methodischen Mangel hat, der dazu führt, dass sie irreführende Werte generiert. Dies möchte ich an dieser Stelle erst einmal in Ruhe aufzeigen:

 

Das Grundproblem der Arbeitslosenquote

Das Grundproblem der Arbeitslosenquote besteht darin, dass sie nur individuelle Arbeitslosigkeit misst, aber keine strukturelle Arbeitslosigkeit. Dieser Umstand war bis zum Anfang der 1970er Jahre in der BRD auch kein Problem und ich möchte ihn einmal grafisch darstellen. Dazu zuerst eine Legende zur Symbolerklärung:

 

 

 

Darstellung verschiedenster beispielhafter Arbeitslosenquoten:

In der vorherigen Grafik kann man sehen, dass die Arbeitslosenquote eine exakte Abbildung der Arbeitslosigkeit darstellt. So weit, so gut.

Die Problematik der Arbeitslosenquote beginnt aber in dem Moment, in dem Teilzeitstellen ins System kommen. Denn dann liefert die Arbeitslosenquote fehlerhafte Werte zur Arbeitslosigkeit. Dazu schauen wir uns einmal das Beispiel aus der vorherigen Grafik mit der Arbeitslosenquote von 50% an und verteilen die Arbeit und Arbeitslosigkeit auf alle Köpfe:

 

Die Menge an Arbeit (Arbeitsvolumen) und die Menge an Arbeitslosigkeit (Arbeitslosigkeitsvolumen) hat sich im Gesamtsystem nicht verändert und ist gleichgeblieben. Dennoch liefert die Arbeitslosenquote nun 0% statt 50%. In der individuellen Betrachtung der Arbeitslosigkeit ist dies auch logisch und folgerichtig, da jedes Individuum ja arbeitend ist und eben nicht arbeitslos. Strukturell betrachtet ist aber die im System vorhandene Gesamtarbeitslosigkeit nun individuell auch unsichtbar geworden. Es gibt zwar keine Arbeitslosen mehr, aber dafür gibt es immer noch Arbeitslosigkeit. Denn, um es vielleicht noch mal bewusst zu machen: Einen Teilzeitarbeitsplatz zu haben, bedeutet auch, dass man halbtags arbeitslos ist, sofern der Wunsch nach Vollzeit vorhanden ist.

Dieser Problematik der Arbeitslosenquote wird politisch mit der Ermittlung der „Unterbeschäftigung“ versucht beizukommen. Für die Unterbeschäftigung werden z.B. Teilzeitbeschäftigte und Minijobber gezählt und als eigener statistischer Wert angegeben. Die gesamte Arbeitsmarktstatistik teilt sich daher grob in die Anzahl der Arbeitenden, die Anzahl der Arbeitslosen, die Unterbeschäftigung und die „stille Reserve“ ein. Die Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht regelmäßig dementsprechende Statistiken und darauf aufbauend auch entsprechende Prognosen.

 

Berichterstattung und Informationsvermittlung

Wenn man sich die öffentliche Berichterstattung anschaut (Zeitung, Fernsehen, Internet), so ist durchweg zu sehen, dass, wenn über die Arbeitslosigkeit berichtet wird, in fast allen Fällen nur die derzeitige Arbeitslosenquote und die Anzahl der offiziellen Arbeitslosen genannt wird. Zusätzlich dazu evtl. dann noch die Veränderungen zum Vorjahr, zur Vorsaison oder zum Vormonat. Und das war es. Das Thema Unterbeschäftigung und stille Reserve ist fast nie tatsächlich Teil der Berichterstattung. Dies führt zu einer Wahrnehmungslücke: 

 

 

 

Im Grunde genommen kann man sich die Wahrnehmung der Arbeitslosigkeit wie die Sichtung eines Eisberges vorstellen. Über die Spitze wird berichtet und das, was unter Wasser ist, ist unsichtbar.

 

 

Wirkung auf Politik

Da politisch Verantwortliche, wie alle anderen Menschen auch, ihre Erstinformationen unseren Medien entnehmen, unterliegen sie auch dieser Wahrnehmungslücke. Fragt man Politiker, wie es mit der Arbeitslosigkeit aussieht, können sie, zumindest grob, die Arbeitslosenquote und die Anzahl der Arbeitslosen nennen. Fragt man allerdings nach tiefer greifenden Informationen bezüglich Unterbeschäftigung, so können meistens nur diejenigen Politiker eine differenzierte Datenlage darstellen, die sich tatsächlich mit den größeren Statistiken der Bundesagentur für Arbeit auseinander gesetzt haben. Und das ist, so muss man es ehrlich sagen, nur bei einem kleineren Teil der Politiker der Fall. Jeder hat da so seine Spezialgebiete bzw. Interessensgebiete, um die er sich hauptsächlich kümmert. Im politischen Alltag führt dies dazu, dass die meisten Politiker nur die Arbeitslosenquote als Hauptinformation zu Grunde legen und dementsprechend handeln bzw. nicht handeln. Den Unterschied in der Handlungsaffinität von Politikern beim Thema Arbeitslosigkeit lässt sich aufzeigen, wenn man beispielhaft eine berichtete Arbeitslosenquote von 5% einer beispielhaften strukturellen Arbeitslosenquote von 30% gegenüberstellt, bei der die Unterbeschäftigung mit in die Informationen aufgenommen wurde.

Bei 5% nimmt man die Arbeitslosigkeit zur Kenntnis, beschließt einige kleinere Maßnahmen und kümmert sich nicht weiter darum. Sind es allerdings 30%, ist die politische Aufmerksamkeit deutlich größer und das Thema der Arbeitslosigkeit steigt auf der politischen Agenda deutlich nach oben. Was, auch dies muss man ehrlich sagen, nicht unbedingt dazu führt, dass das Thema dann auch korrekt behandelt wird von der Politik.  

Wirkung auf die allgemeine Bevölkerung

Wenn die Wahrnehmungslücke im Kontext der Unterbeschäftigung in der Berichterstattung vorhanden ist, wird die Arbeitslosigkeit nicht als ein Phänomen der Masse betrachtet, sondern als ein individuelles Phänomen. Auch hier hilft der beispielhafte Vergleich zwischen 5% Arbeitslosenquote und einer 30% strukturellen Arbeitslosenquote weiter. Bei 5% nehmen die Bürger diese Zahl zwar wahr, stellen aber auch nur vereinzelt Forderungen Richtung Politik (aber auch an der Wahlurne) dieses Problem anzugehen. Wäre den Bürgern dagegen bewusst, dass eine strukturelle Arbeitslosenquote von 30% vorliegt, wäre die Aufmerksamkeit deutlich höher und die Forderungen, etwas dagegen zu tun, wären deutlich ausgeprägter.  

Wirkung auf Unternehmer / Arbeitgeber

Einfach zusammengefasst: „Uns gehen die Arbeitslosen aus, daher brauchen wir neue Arbeitskräfte aus dem Ausland“. Auch diese Position beruht auf einer zu geringen Wahrnehmung der Arbeitslosigkeit. Kommt die Politik diesen Forderungen nach und existiert beispielhaft bereits eine strukturelle Arbeitslosenquote von 30% ist die Katastrophe auf dem Arbeitsmarkt bereits vorprogrammiert.

Wirkung auf Arbeitslose und Unterbeschäftigte

Bei einer beispielhaften strukturellen Arbeitslosenquote von 30% würde diese Personengruppe die tatsächliche Arbeitslosigkeit in ihrem Alltag sehr wohl wahrnehmen und deren Unzufriedenheit steigern, da man ständig in beruflicher Unsicherheit lebt und sich von Teilzeit- und Minijob zum nächsten hangelt. Durch die öffentliche Berichterstattung und die Wahrnehmungslücke entsteht aber bei vielen der Eindruck, dass ihre tatsächliche Realität nur eine gefühlte Realität ist und es irgendwie ein Wahrnehmungsproblem bei ihnen selbst geben muss, obwohl sie recht haben. Man würde von einer diffusen Emotionslage sprechen, bei der keiner weiß, was los ist. Und das allein auf Grund einer Wahrnehmungslücke.

Wahrnehmungslücke schließen

Die Arbeitslosigkeit wird auf Grund dieser Wahrnehmungslücke deutlich unterschätzt und wird daher politisch zu wenig bearbeitet! Die Ursache dafür ist auf der einen Seite der individuelle Ansatz der Arbeitslosigkeit durch die Arbeitslosenquote und auf der anderen Seite die mediale Berichterstattung über die Arbeitslosigkeit selbst.

Wir müssen den Medien und der Politik daher die Arbeitslosenquote wegnehmen, sie also verbannen und eine neue Kennzahl zur Arbeitslosigkeit einführen, die die Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung zu einer Zahl zusammenführt. Ist so eine Kennzahl vorhanden, können die Medien nicht mehr an dieser Zahl vorbei berichten und die Wahrnehmungslücke wird geschlossen. Das ganze muss in einen Kontext der Qualitätssicherung politischer Kennziffern eingebettet werden.

Konstruktion der neuen Kennziffer

 

Da die neue Kennziffer auch Teilzeitarbeitslosigkeit bzw. Unterbeschäftigung erfassen soll, muss sie über das sogenannten Arbeitsvolumen berechnet werden. Das Arbeitsvolumen umfasst die Anzahl der pro Jahr tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden in Deutschland. Im Jahr 2023 waren das 61,76 Milliarden Stunden, die alle arbeitenden Menschen zusammen gearbeitet haben. Der Wesenskern der neuen Kennziffer basiert auf folgender Fragestellung:

Wie viele Arbeitsstunden pro Jahr bräuchten wir,

damit wir Vollbeschäftigung haben und

wie weit sind wir davon entfernt?

Diese Entfernung zur Vollbeschäftigung können wir in fehlenden Arbeitsstunden und damit in fehlenden Vollzeitstellenäquivalenten ausdrücken und haben damit eine akurate Kennziffer, um Arbeitslosigkeit auszudrücken.

Da wir bereits verschiedenste Statistiken rund um den Arbeitsmarkt erfassen, können wir uns hier tatsächlich in ein gemachtes Nest setzen und es ergibt sich folgende Ausgangsformel für die neue Kennziffer:

 

Erwerbspersonenpotenzial

 

x

 

38,5h/Woche

(„Vollzeitstelle“)

x

 

48 Wochen/Jahr

(52 Wochen/Jahr – 20 Tage gesetzlicher Mindesturlaub/Jahr(4 Wochen))

 

 

Vollbeschäftigungsarbeitsvolumen

 

 

Das ganze mit den ersten echten Daten von 2023:

 

48,2 Millionen

x

38,5h/Woche

x

48 Wochen/Jahr

89,074 Milliarden Arbeitsstunden/Jahr

 

 

Wenn also jeder arbeitsfähige Mensch in Deutschland eine Vollzeitstelle gehabt hätte, hätten wir ein jährliches Arbeitsvolumen von 89,074 Milliarden Arbeitsstunden gehabt. Nun müssen wir von diesem Ergebnis noch diejenigen abziehen, die ja gar nicht Vollzeit gearbeitet hätten, weil eher Teilzeit und Minijobs gewünscht waren. An dieser Stelle müsste man eigentlich ein statistisches Panel erzeugen, welches auf einer repräsentativen Umfrage beruht. Man sollte die Leute also einfach fragen, wie viele Stunden sie pro Woche arbeiten wollen. Dann könnte man exakt sagen, wie viele Menschen keine Vollzeit wollen. Solche Umfragen sind aber ein wenig schwierig, weil wir bei unseren Antworten immer diejenigen sein wollen, die selbstverständlich sogar 200 Stunden Arbeit pro Woche in Kauf nehmen würden, weil ja alle anderen faul sind. Die Ergebnisse so einer repräsentativen Umfrage wären also ziemlich verzerrt.

Ich kann, aus Mangel an diesem Panel, selbst nur eine grobe Schätzung vornehmen, wie viele Menschen nicht Vollzeit bzw. überhaupt nicht arbeiten wollen.

Dazu berufe ich mich auf 2 Vorträge, die ich irgendwann mal gesehen habe und leider nicht wiederfinde, in denen von Zahlen zwischen 2 bis 6 Millionen gesprochen wurde, die nicht Vollzeit arbeiten wollen bzw. zu Hause bleiben wollen. Dies waren meistens Eltern von Kindern und Menschen, die Familienangehörige pflegen. Ich nehme für meine Schätzung einfach die goldene Mitte zwischen 2 und 6 Millionen und unterstelle, dass 4 Millionen Menschen nur halbtags arbeiten wollen. Die einen ein bischen mehr, die anderen ein bischen weniger.

Wenn ich im Sinne einer Plausibilitätsprüfung, diese Zahl gegenprüfe, kann ich mir die Anzahl der Familien mit Kindern unter 18 Jahren anschauen, die laut der Bundeszentrale für politische Bildung im Jahr 2019 8,2 Millionen betrug. Für das Jahr 2022, auch wenn es ein anderes Jahr ist, wird eine Erwerbstätigenquote bei Müttern von knapp 69% angegeben. 31% der Mütter sind also nicht erwerbstätig. 31% von 8,2 Millionen Familien mit Kindern sind 2,542 Millionen Elternteile (meistens Frauen), die zu Hause bleiben. Das wäre zumindest schon mal in der Nähe der geschätzten goldenen Mitte. Dazu kommen dann die Frauen, die derzeit Teilzeit arbeiten, bei denen aber unbekannt ist, ob sie Vollzeit arbeiten würden, wenn sie die Gelegenheit dazu hätten. Dazu wäre das Panel notwendig. Zusätzlich zu den Überlegungen mit den Familien, müsste man sich auch über Personen Gedanken machen, die Familienangehörige pflegen. Als kleine Anmerkung noch: Studenten müssen beim Herausrechnen nicht beachtet werden, da sie nicht Teil des Erwerbspersonenpotenzials sind. Für meine Berechnungen benutze ich, da ich dies für plausibel halte, den Wert von 4 Millionen Menschen, die nur halbtags arbeiten wollen. Damit müssen wir vom Gesamtarbeitsvolumen, welches wir bei Vollbeschäftigung hätten, noch 4 Millionen x 19,25h/Woche x 48Wochen/Jahr abziehen.  Diese Personengruppe würde ich tatsächlich als Erwerbslosenpotenzial bezeichnen.

Dazu zuerst noch die erweiterte Formel:

 

Erwerbspersonenpotenzial

x

38,5h/Woche

(„Vollzeitstelle“)

x

48 Wochen/Jahr

(52 Wochen/Jahr – 20 Tage gesetzlicher Mindesturlaub/Jahr(4 Wochen))

(Brutto-)Vollbeschäftigungsarbeitsvolumen

-

 

(Erwerbslosenpotenzial x 19,25h/Woche x 48 Wochen/Jahr)

 

 

Vollbeschäftigungsarbeitsvolumen

 

 

Mit den realen Daten aus 2023:

 

48,2 Millionen

x

38,5h/Woche

x

48 Wochen/Jahr

89,074 Milliarden Arbeitsstunden/Jahr

-

(4 Millionen x 19,25h/Woche x 48 Wochen)

85,378 Milliarden Arbeitsstunden/Jahr

 

 

Wenn man die Arbeitsstunden für das Erwerbslosenpotenzial abzieht, ist das Vollzeitarbeitsvolumen logischerweise geringer, aber es macht den "Kohl jetzt auch nicht fett". Nun können wir uns das tatsächlich geleistete Arbeitsvolumen für 2023 anschauen. Dies beträgt 61,760 Milliarden Arbeitsstunden. Daraus können wir jetzt die Differenz ziehen und damit die Frage beantworten, wie viele Arbeitsstunden pro Jahr uns denn zur Vollbeschäftigung fehlen.

 

85,378 Milliarden Arbeitsstunden/Jahr

-

61,760 Milliarden Arbeitsstunden/Jahr

23,618 Milliarden Arbeitsstunden/Jahr

(fehlen zur Vollbeschäftigung)

 

Aus diesen fehlenden Arbeitsstunden können wir nun direkt eine Äquivalenzarbeitslosenquote bilden. 23,618 Milliarden Arbeitsstunden von 85,378 Milliarden Arbeitsstunden sind 27,663%. Die Äquivalenzarbeitslosenquote beträgt also 27,663% für das Jahr 2023. Wir haben damit also die Unterbeschäftigung in die derzeitige Arbeitslosenquote integriert.

Die offiziell gemeldete Arbeitslosenquote für das Jahr 2023 betrug 5,7%. Damit können wir auch ausrechnen, wie viel Arbeitslosigkeit sich prozentual in der Unterbeschäftigung verbirgt. Denn die Arbeitslosenzahl und Arbeitslosenquote umfasst nur 20,6% der Arbeitslosigkeit (5,7% von 27,663%). Dementsprechend entfallen 79,4% der Arbeitslosigkeit auf die Unterbeschäftigung. (Und verweilen dort unsichtbar auf Grund der Wahrnehmungslücke!) 

Zusätzlich dazu können wir neben der Äquivalenzarbeitslosenquote auch noch die Anzahl der Äquivalenzvollzeitstellen ausrechnen, die wir zur Vollbeschäftigung benötigen würden:

 

23,618Milliarden fehlende Arbeitsstunden/Jahr

:

38,5h/Woche

:

48 Wochen/Jahr

12,78 Millionen Vollzeitstellenäquivalente

(fehlend zur Vollbeschäftigung)

 

 

Also nichts mit nur 2,6 Millionen Arbeitslosen plus 1 Million stiller Reserve.

---ENDE DER LESEPROBE---