Falschgeld - Heiner Rank - E-Book

Falschgeld E-Book

Heiner Rank

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Beschreibung

Das Haus lag in Moosach, einem Vorort in München. Von der Straße führte ein etwa dreißig Meter langer Weg auf das Gebäude zu. Das Haus schien still und dunkel, die Jalousien waren heruntergelassen. Es war der achte Juni 1960. Genau um dreiundzwanzig Uhr bog ein steingrauer Mercedes mit dem Wort POLIZEI vorn und hinten auf dem Dach in die Dachauer Straße ein. Am späten Nachmittag hatte die Polizei einen anonymen Anruf erhalten, in dem mitgeteilt wurde, dass sich in Moosach, Dachauer Str. 198, eine Falschmünzerwerkstatt befinde. Mit Gewalt verschafften sich Krapp und sein Assistent Zutritt zu dem Haus. Was sie dort zu Gesicht bekamen, ließ sie erstarren. Offensichtlich standen sie nicht nur einer gut ausgerüsteten, sondern auch gut organisierten Bande gegenüber. Von den Tätern keine Spur, doch das sollte sich schon in den nächsten Minuten ändern... LESEPROBE: Plötzlich stand vor ihnen auf dem Feldweg ein Traktor, der im Takt des Dieselmotors auf seinen dicken Gummireifen wippte. Auf dem ebenfalls gummibereiften Anhänger war das ausgebrannte Opelwrack verladen. Die Arbeiter klappten bereits die Seitenwände nach oben und verriegelten sie. Der Hauptmann stellte sich vor und bat sie, ihm auf den Hänger zu helfen. Die Arbeiter klappten eine Seitenwand wieder herunter und hoben den Hauptmann, ehe er sich versah, mit einem Schwung auf' den Hänger. Sie stellten keine Fragen, aber sie beobachteten interessiert Königs Tätigkeit. Vermutlich hatten sie von dem Geld gehört, das in dem Wrack verbrannt sein sollte; und da nun auch die Kriminalpolizei am Unfallort auftauchte, konnten sie sich selbst einen Reim auf die Ereignisse machen. König nahm aus seiner Aktentasche ein neues Reagenzglas, zog den Ölmessstab aus dem Motor und brachte einige Tropfen, die sich am Ende des Stabes sammelten, in das Röhrchen, etikettierte es mit einem Klebestreifen, auf den er "Motor" geschrieben hatte, und schob es in die Aktentasche. Dann ließ er sich vom Wagen herunter.

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Impressum

Heiner Rank

Falschgeld

Kriminalroman

ISBN 978-3-86394-312-7 (E-Book)

Die Druckausgabe erschien 1962 bei Deutscher Militärverlag, Berlin.

Gestaltung des Titelbildes: Ernst Franta

© 2012 EDITION digital®Pekrul & Sohn GbR Alte Dorfstraße 2 b 19065 Godern Tel.: 03860-505 788 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.edition-digital.com

1. Kapitel

Das Haus lag in Moosach, einem nordwestlichen Vorort von München, an der Ausfallstraße nach Dachau. Es war ein scheußlicher einstöckiger Kasten, dem man auf den ersten Blick ansah, dass ihn ein Amateur nach eigenen Plänen in das große, verwahrloste Grundstück gezaubert hatte. Ein Pultdach, mit geteerter Pappe gedeckt und nach hinten abfallend, eine grauverputzte Vorderfront und in der Mitte eine rotbraun gestrichene Tür, zu der ein paar vom Frost zernagte Betonstufen hinaufführten; rechts und links davon je zwei vergitterte Fenster übereinander. Das Treppengeländer, aus Gasrohr zusammengeschweißt, war verrostet. Von der Straße her führte ein etwa dreißig Meter langer, schotterbestreuter Weg auf das Gebäude zu. Er wurde begrenzt von zwei Reihen grüner Flaschen, die mit dem Hals voran in den Boden gebohrt waren. Der Garten war von Unkraut überwuchert, Bauschutt und Bretter lagen zwischen überalterten Kirschbäumen, und an einigen Stellen hatte jemand den gelben Sandboden aufgewühlt. Dennoch wurde dieses Chaos von einem nagelneuen, stacheldrahtbewehrten Maschendrahtzaun geschützt, der sich rings um das ganze Grundstück zog.

Neben der Betontreppe stand eine roh gezimmerte Hundehütte, in der ein struppiger Köter döste, den Kopf zwischen den Vorderpfoten. Das Tier war an einer dünnen Kette befestigt; sie lief zu einem Ring an einem Drahtseil, das zwischen zwei Pfählen über das ganze Grundstück gespannt war, so dass der Hund in einem zwanzig Meter tiefen Streifen, in dessen Mitte das Haus stand, Bewegungsfreiheit hatte. Das Haus schien still und dunkel, die Jalousien waren heruntergelassen.

Es war der achte Juni neunzehnhundertsechzig. Das weißliche Gaslicht von den Peitschenmasten spiegelte sich auf dem feuchten, blauschwarzen Asphalt der Dachauer Straße. Ein leichter Sprühregen fiel. In den Linden und den Kastanienbäumen raschelte leise der Wind.

Genau um dreiundzwanzig Uhr bog ein steingrauer Mercedes, begleitet von zwei BMW mit weißen Kotflügeln und dem Wort POLIZEI vorn und hinten auf dem Dach, von der Fahrbahn ab. Die Wagen kamen aus der Innenstadt. Sie stoppten auf dem unbefestigten Weg dicht vor dem Maschendrahtzaun. Zwei Männer entstiegen dem Mercedes. Der dickere von beiden, in einen schwarzen Regenmantel gehüllt, warf sich gegen das Gartentor. Die Tür sprang aus dem Schloss. Ein halbes Dutzend Uniformierter, die in den Polizeiwagen gesessen hatten, stürmten auf das Haus zu. Binnen einer Minute war es umstellt. Der aufgeschreckte Köter rannte kopflos hin und her; er konnte sich nicht entschließen, auf wen er sich zuerst stürzen sollte. Und schon packte ihn ein mit festen Handschuhen ausgerüsteter Polizist und steckte ihn in einen Ledersack mit Luftlöchern.

Inzwischen hämmerten die beiden Beamten in Zivil mit den Fäusten gegen die Haustür, da man nirgends eine Klingel fand.

Nach geraumer Zeit wurde ein vergittertes Fensterchen im oberen Teil der Tür geöffnet, und eine Frau spähte heraus. Sie mochte etwa fünfzig Jahre alt sein, hatte wirres graues Haar und flinke Augen, mit denen sie die Männer vor der Tür feindselig musterte.

"Kriminalpolizei! Machen Sie endlich die Tür auf!"

Das Fenster wurde klirrend zugeworfen. Im Hause begann ein nervöses Treppauf-Treppab-Laufen, Möbelrücken und Türenschlagen.

Der Dicke im schwarzen Regenmantel wandte sich an den Wachtmeister. "Aufbrechen. Ein bisschen Tempo!"

"Jawohl, Herr Inspektor!"

Ein Wink, und zwei Polizisten rammten mit den Schultern die Tür. Einmal, zweimal, dreimal. Ergebnislos. Die Tür musste außerordentlich stabil sein. Auf den Rat des Inspektors rannten die Polizisten in den Garten und bauten den eisernen Pumpenschwengel ab. Nun ging die Arbeit voran. Kurz darauf war die braune Tür zu Kleinholz zerlegt. Die Kriminalisten stiegen mit gleichmütigen Gesichtern über die Trümmer hinweg in das Innere des Hauses. Dunkelheit und Stille empfingen sie.

"Machen Sie Licht, Stemmler", befahl der Inspektor seinem Assistenten. Eine Glühlampe flammte auf. Sie beleuchtete einen trübseligen kleinen Vorraum, in dem sich zwei alte Korbstühle, ein Garderobenständer, eine Flurgarderobe und ein halbblinder Spiegel befanden. Von den Hausbewohnern keine Spur.

Inspektor Krapp sah sich misstrauisch um und steuerte dann entschlossen auf eine Tür zu. Er stieß sie auf und trat in ein Zimmer, das offenbar als Wohnraum diente. Rohe Dielen, ein Tisch, ein paar Stühle, eine heruntergewirtschaftete Couch. Auf der Anrichte ein Stillleben leerer Flaschen, Reste einer Mahlzeit und ein Haufen zerlesener Sex-Journale. In der Fensterecke stand ein fast neuer Fernsehapparat. Krapp durchquerte das Zimmer und ging auf zwei Türen zu, die an der Rückwand des Raumes dicht nebeneinander lagen. Er öffnete die linke und schaltete das Licht ein. Verbrauchte Luft schlug ihm entgegen. An den Längswänden standen zwei Bettgestelle aus Messing. Die Decken und Kissen waren zerwühlt. Auf dem Fußboden vor dem geöffneten Kleiderschrank und auf der weißgrauen, von vielen Kratzern stumpf gewordenen Marmorplatte der Waschkommode lagen schmutzige Hemden, Krawatten, Schuhe, Hosen und Unterwäsche in wildem Durcheinander. Angewidert wandte sich der Inspektor ab.

Er öffnete die Tür zur Rechten. Seine Hand tastete an der Wand entlang und drückte den Schalter nieder. Es gab einen Summton, ein paar Lichtblitze, dann war das Zimmer von vier an der Decke befestigten Neonstäben taghell erleuchtet. Obwohl sich Krapp schon eine gewisse Vorstellung gemacht hatte von dem, was ihn hier erwartete, war er nun doch überrascht. Der Raum war etwa vier mal fünf Meter groß. Eine Verdunklungsvorrichtung schloss das einzige Fenster nach außen sorgfältig ab. Gegen die Arbeitsgeräusche waren alle Wände mit fünf Zentimeter starken Filzplatten isoliert. Die Einrichtung bestand aus einer kompletten, in musterhafter Ordnung gehaltenen Werkstatt zur Herstellung von Falschgeld. Alle Geräte, Maschinen und Werkzeuge waren das Modernste und Beste, was man zurzeit bekommen konnte. Auch Kriminalassistent Stemmler, der hinter dem Inspektor den Raum betreten hatte, war beeindruckt; man sah es seinem Gesicht an. Das Glanzstück war eine auf Gummiplatten gelagerte Rotationsdruckmaschine für den kombinierten Tief- und Hochdruck mit mehreren Farben. Dazu kamen eine Tiegeldruckpresse, eine Papierschneidemaschine, eine Nummeriermaschine, Walzen zum Einfärben, Lithographiesteine, ein Wandschrank voller Druckfarben, Spiritus, Firnis und Terpentin, ein Lötapparat, eine elektrische Bohrmaschine, ein Mikroskop, eine Präzisionswaage, ein Rechenschieber, eine Quarzlampe. Es gab das komplette Werkzeug eines Graveurs, ganze Sätze von Zangen, Meißeln, Sticheln, Spachteln, Hämmern, Bohrern. An der Fensterwand stand ein großes Zeichenbrett mit Reißzeug, Federn, Tinten und Retuschierzeug. In der Mitte des Raumes war eine transportable Dunkelkammer aufgebaut. Sie enthielt ein Fotolaboratorium mit elektrischer Heizung und Beleuchtung, eine schwere Reproduktionskamera mit Stativ, einen Vergrößerungsapparat, eine Spiegelreflexkamera mit Farbfiltern und dazu ein ganzes Sortiment Fotopapiere, Chemikalien, Kopierlösungen, Reagenzgläser, Bunsenbrenner und Kunststoffschalen zum Fixieren und Wässern.

Inspektor Krapp zündete sich eine Zigarette an; er musste seiner Überraschung erst einmal Herr werden. Nach einer oberflächlichen Schätzung war die Werkstatteinrichtung mindestens vierzigtausend Mark wert. Wer soviel Geld investieren kann, hat doch Falschmünzerei gar nicht mehr nötig, dachten die beiden Kriminalisten und sprachen den Gedanken fast gleichzeitig aus. Dieser Widerspruch war ihnen unbegreiflich. Im Falschgelddezernat des bayrischen Landeskriminalamtes war man bisher nur die kleinen, primitiven Pfuscher gewöhnt, die mit armseligen Methoden arbeiteten und sich auf ihre Weise ein Stückchen aus dem Kuchen des Wirtschaftswunders heraussäbeln wollten.

Einer der letzten Fälle war ein Kerl gewesen, der ein Fünfmarkstück zwischen zwei Kupferplatten gelegt und das Ganze im Schraubstock zusammengepresst hatte. Die Münze hatte in dem weichen Metall einen Abdruck hinterlassen. In die so gewonnene Kokille waren zwei Löcher gebohrt worden, eins für den Einguss und eins für den Luftabzug. Dann hatte er Lötzinn in die Form gegossen, das Produkt abkühlen lassen und schließlich noch flüchtig mit Feile und Stichel nachgearbeitet. Diese Machwerke hatte er mühelos in einzelnen Exemplaren absetzen können, denn wer nahm sich schon die Zeit, ein Geldstück näher anzusehen? Ein anderer hatte Zwanzigmarkscheine hergestellt, indem er mit einem Gummistempel und etwas grüner Farbe gewöhnliches Briefpapier bedruckt hatte. Und selbst dieses unglaublich dilettantische Erzeugnis hatte er unter die Leute bringen können.

Krapp und sein Assistent waren auf Ähnliches gefasst gewesen, als sie am späten Nachmittag einen anonymen Anruf erhalten hatten, in dem mitgeteilt worden war, dass sich in Moosach, Dachauer Straße 198, eine Falschmünzerwerkstatt befinde. Sie hatten an eine kleine Klitsche gedacht, wo vielleicht ein oder zwei Mann mit einer selbstgebauten hydraulischen Prägepresse und einer Metallstanze Fünfmarkstücke machten. Nun aber standen sie einer gut ausgerüsteten und vermutlich auch gut organisierten Bande gegenüber. Mit dieser unerwarteten Situation mussten sie erst einmal fertig werden.

Nach längerem Nachdenken erinnerte sich Krapp der geheimnisvoll verschwundenen Wesen, die diese schöne Werkstatt eingerichtet und betrieben haben mussten. "Wachtmeister", sagte er, "wir durchsuchen jetzt das Haus. Die draußen sollen aufpassen, dass uns keiner durch die Lappen geht."

Dann machten sich Krapp und Stemmler an die Arbeit. Sie durchwühlten Raum für Raum, vom Keller bis zum Dach. Im Verlaufe von zwanzig Minuten hatten sie drei Leute ans Licht gezerrt. Einen etwa fünfundvierzigjährigen, schmächtigen Mann mit den zartgliedrigen, schmalen Händen eines Feinmechanikers. Er hatte eine Nickelbrille mit starken Gläsern auf der Nase und trug über seinem zerknitterten braunen Anzug einen blauen Kittel. Krapp und Stemmler hatten sich anstrengen müssen, den widerspenstigen Zwerg aus dem leeren Speichergefäß der Warmwasserheizung unten im Keller hervorzuholen, in das er sich verkrochen hatte. Bis jetzt tat er so, als wäre er taub und stumm, und starrte mit funkelnden Brillengläsern böse vor sich hin. Nur einmal, als ihm der Inspektor ein dickes Paket falscher Fünfzigmarkscheine aus der Jackettasche zog, stieß er einen hohen, quiekenden Schrei aus, vermutlich, um seine Wut und Entrüstung über eine derartige Behandlung auszudrücken. Nummer zwei entdeckten sie in einem Kleiderschrank im Obergeschoss unter einem Haufen Lumpen. Es war ein blonder, zur Fettleibigkeit neigender junger Mann von vielleicht achtundzwanzig Jahren. In seinen Taschen fand man ebenfalls ein Bündel frischer Fünfzigmarkscheine und einen Personalausweis, aus dem Krapp ersehen konnte, dass der Jüngling Jürgen Steinberg hieß und von Beruf Chemie-Laborant war.

Schließlich konnte auch die Frau aufgespürt werden, die sich raffinierterweise einfach auf ein Fensterbrett gestellt und in den roten, nicht ganz bis zum Fußboden hinabreichenden Plüschvorhang gewickelt hatte. Auch sie trug Fünfzigmarkscheine in ihrer Schürze. Der Inspektor war sich nicht sicher, ob man sie überhaupt gefunden hätte, wenn nicht der Hustenanfall gewesen wäre, der sie in ihrem etwas staubigen Versteck überfallen hatte. Doch Stemmler äußerte den klugen Gedanken, dass sie ja bereits an der Tür gesehen worden war. Man hätte also unbedingt so lange suchen müssen, bis sie gefunden worden oder vor Entkräftung vom Fensterbrett gefallen wäre.

Die drei Festgenommenen hatten sich offensichtlich verschworen, der Polizei durch hartnäckiges Schweigen das Leben schwerzumachen. Trotz aller Bemühungen des Inspektors und seines Assistenten war kein Wort aus ihnen herauszuholen. So wurde die Frage, ob sich noch mehr Leute im Hause versteckt hielten, zunächst nicht beantwortet. Es blieb nichts anderes übrig, als weiterzusuchen. Mit stupider Gründlichkeit wurden alle Räume noch einmal auf den Kopf gestellt, Schränke, Betten, Kisten und Kästen auseinandergenommen, die Teppiche aufgerollt, Bilder heruntergeholt, Fußböden abgeklopft, die Kohlen im Keller auseinandergekratzt. Sie fanden niemand mehr. Im Hause sah es aus wie nach einem Wirbelsturm.

Krapp ließ Türen und Fenster verriegeln und stellte einen Posten in den Garten. Am Morgen des neunten Juni, kurz nach drei Uhr, räumte die Polizei das Grundstück. In dem steingrauen Mercedes wurde es etwas eng, als Krapp mit seinem Assistenten und seiner Beute eingestiegen war. Sie bestand aus drei Festgenommenen, einem Hund in einem Ledersack und hundertundfünfundsiebzigtausend D-Mark in gefälschten Fünfzigmarkscheinen.

Der Inspektor war fest überzeugt, dass sich im Hause keine Menschenseele mehr aufhielt und dass er sein Bestes getan hatte, das behaupten zu können. Doch leider hatte er zuviel mit den Händen und zuwenig mit dem Kopf gearbeitet.

2. Kapitel

Etwa zehn Minuten nachdem Inspektor Krapp den Ort seiner nächtlichen Tätigkeit mit Blaulicht und Sirenengeheul verlassen hatte, wurden unter dem geteerten. Pappdach des Hauses merkwürdige Geräusche laut. Ein Schurren und Kratzen begann, als würde ein schwerer Körper über einen Bretterboden gezerrt, auf dem Steine und Sand liegen.

Es war der Aufmerksamkeit der Polizei trotz aller Sorgfalt entgangen; dass im Obergeschoss zwischen der Decke des vorderen Zimmers und dem nach hinten abfallenden Pultdach ein im Querschnitt dreieckiger, an der Vorderkante etwa vierzig Zentimeter hoher, schlauchartiger Hohlraum vorhanden war. Zum Treppenflur hin wurde er durch eine dreieckige flache Tafel senkrecht ineinandergefugter Brettchen abgeschlossen, die wie eine auf dem Mauerwerk befestigte Wandverkleidung wirkte. Die hölzerne Tafel bewegte sich plötzlich, senkte sich nach unten und wurde vorsichtig auf den Boden des Treppenflurs gesetzt. Kurz darauf erschienen in der Öffnung zwei Füße, die in braunweißen Schuhen aus geflochtenem Leder steckten. Bald hing der ganze Kerl mit ausgestreckten Armen an der Wand, und als draußen auf der Dachauer Straße ein Fernlastzug vorüberdonnerte, ließ er sich zur Erde fallen. Dann holte er einen Stuhl, stieg hinauf und zog aus dem Versteck einen prallgefüllten Handkoffer, dessen Leder den rotbraunen Ton alter Nussbaummöbel hatte. Nun setzte er die dreieckige Holztafel sorgfaltig wieder ein und trug den Stuhl an seinen Platz zurück.

Der Mann, der sich auf diese Weise dem Zugriff der Polizei entzogen hatte, war der Altwarenhändler Peter Paul Zahn aus München-Giesing. Er war knapp vierzig Jahre alt, wirkte aber um zehn Jahre älter. Sein verlebtes Gesicht suchte er durch eine Ponyfrisur und ein gestutztes Ziegenbärtchen interessant zu machen. Eine krampfhaft aufrechte Haltung und jünglingshafte Garderobe sollten über den körperlichen Verfall hinwegtäuschen, den ein zügelloser Lebenswandel verursacht hatte. Aber schütteres Haar, Falten und falsche Zähne straften diesen Eifer Lügen. Insgesamt rief seine dürre, mittelgroße Erscheinung einen recht peinlichen Eindruck hervor, vergleichbar dem eines alten Mannes, der in Lederhosen und mit geschminktem Gesicht den jugendfrischen Verführer spielt.

In den dreißiger Jahren hatte Zahn es bis zum Abitur gebracht, dann einige Semester Jura studiert und sich schließlich, unstet und ruhelos, mit allerlei zweifelhaften kaufmännischen Praktiken durchs Leben geschlagen. Dem nazistischen Barras war er mit Hilfe einer simulierten Herzkrankheit entschlüpft. Doch entsprang diese Handlungsweise nicht etwa politischer Gegnerschaft, sondern einfach seiner asozialen, ja kriminellen Lebenseinstellung. Er hielt sich in jeder Beziehung für unerreicht und schäumte über von maßloser Besserwisserei, obwohl er sich dadurch nicht selten lächerlich machte. Im Übrigen war er ein Schuft, intrigant, feig und skrupellos, zu jeder Gemeinheit entschlossen, wenn sie nur einen Vorteil verhieß.

Nach dem Kriege, im Jahre neunzehnhundertundsiebenundvierzig, hatte man ihn zum ersten Mal gefasst und wegen umfangreicher Schiebergeschäfte in Tateinheit mit Nötigung für eineinhalb Jahre ins Gefängnis gesteckt. Nach der Entlassung war er mit den bei seinen Schiebereien ergaunerten Werten in die eben beginnende Wirtschaftskonjunktur eingestiegen. Er hatte einen Schrott- und Altwarenhandel gegründet. Die Profite waren nicht schlecht, und so war es ihm im Verlaufe von zehn Jahren gelungen, den Ruf eines ehrbaren Kaufmannes zu erwerben. Nun endlich hielt er die Zeit für gekommen, den seit seiner Jugend gehegten Traum zu verwirklichen. Mit einem einzigen Schlag wollte er Millionen machen, um dann frei von Sorgen und Arbeit bis ans Ende seiner Tage zu leben.

Im Augenblick jedoch beschäftigte ihn seine Eitelkeit. Die engen, kleinkarierten Gürtelhosen aus englischem Pepita hatten in dem schmutzigen Versteck gelitten. Auch der rotgrün changierende Nylonmantel war von Staub und grauweißem Mörtel beschmutzt. Zahn rieb und putzte mit dem Taschentuch, der Erfolg war gering. Seine Nervosität äußerte sich in den fahrigen Bewegungen, mit denen er den Gürtel seines kurzen, auf Taille gearbeiteten Mantels schließen wollte. Erst nach mehreren Versuchen gelang es ihm. Er strich mit der angefeuchteten Hand das Haar in die Stirn, streifte die hellgelben Lederhandschuhe über und ging mit seinem Koffer behutsam den Flur entlang zur Rückwand des Hauses. Dort, wo er das flach abfallende Dach bequem mit den Händen erreichen konnte, befand sich eine gläserne Bodenluke. Darunter stand ein Gartenstuhl, der das Hinaussteigen auf das Dach erleichtern sollte. Zahn trat auf den Stuhl, öffnete leise die Luke und klappte sie so weit zurück, bis sie endlich auf der Dachpappe ruhte. Er holte seinen Koffer, stellte ihn auf das Dach und kletterte hinterher. Nachdem er die Luke von oben geschlossen hatte, ließ er sich auf allen vieren nieder, kroch bis an den vorderen Dachrand und lugte in den Garten.

Inspektor Krapp hatte seine Befehle so laut durch das Haus gebrüllt, dass sie selbst Zahn in seinem Versteck unmöglich hatte überhören können. Er wusste deshalb von dem zurückgelassenen Polizeiposten und ließ seine Augen suchend durch den Garten gleiten, der von den Gaslaternen auf der Straße schwach erhellt wurde. Schon wollte er sich wieder zurückziehen, als er unmittelbar unter sich an der Hauswand den Posten entdeckte. Der Mann hatte den Kragen seines Dienstmantels hochgeschlagen und döste vor sich hin. Zahn grinste zufrieden, er musste den plötzlichen Wunsch niederkämpfen, dem Hüter des Gesetzes auf den Kopf zu spucken. Er krabbelte zurück, nahm seinen Koffer und ließ sich an der Rückseite des Gebäudes auf ein Schuppendach hinab. Von hier war es nur ein kleiner, lautloser Sprung in einen Sandhaufen, ein kurzer Weg im Schatten des Hauses durch den dunklen Garten, und er hatte eine Tür im Maschendrahtzaun erreicht. Schnell zog er eine Schlüsseltasche hervor. Der Schlüsselbart quietschte leise im Schloss. Zahn schlüpfte hinaus und sperrte von außen wieder zu. Er befand sich nun auf einem unbewohnten, von mannshohem Unkraut überwucherten Ruinengrundstück, das an die Meggendorfer Straße grenzte. Als er sich bis an den Straßenrand vorgearbeitet hatte, spähte er nach rechts und links. Kein Mensch war zu sehen. Er trat hinaus und entfernte sich schnell in Richtung Batzenhofer Straße. Zahn hatte sich einen lächerlichen Gang angewöhnt. Er tat eilige, kurze Schritte und neigte den Oberkörper zurück, so dass seine Beine immer ein Stück voraus zu sein schienen. Dazu ruderte er wichtigtuerisch mit Schultern und Armen.

Unter einer Laterne parkte ein himmelblauer Citroen DS 19. Zahn lugte um die Straßenecke, hastete zum Wagen und schloss den Schlag auf. Er warf den Lederkoffer auf die vordere Sitzbank, rutschte hinter das Lenkrad, startete und fuhr davon. Um einen Häuserblock kam er auf die Dachauer Straße zurück und brauste Sekunden später an dem Polizisten vorüber, der in einem nasskalten Garten vergeblich Wache hielt.

Die Morgendämmerung war bereits angebrochen. Der Citroen huschte über die breite, menschenleere Asphaltstraße der Innenstadt zu, in deren Zentrum sich die Kuppeltürme der Frauenkirche und der nadelspitze gotische Turm des Rathauses in den fahlen Himmel reckten.

Wenn der Wagen über eine Bodenwelle federte, schaukelte der braune Koffer sanft hin und her. Dann nahm Zahn die behandschuhte Rechte vom Lenkrad und strich mit behaglichem Lächeln über die Lederhülle, die dreihundertfünfundzwanzigtausend gut gefälschte D-Mark barg.

3. Kapitel

Drei Tage später, am Samstag, dem elften Juni, saß Peter Paul Zahn in einem gepflegten Café in der Kaufinger Straße. Es war nachmittags kurz vor fünf Uhr, die Sonne schien warm. Der Altwarenhändler trug einen weißen Leinenanzug, ein blutrotes Campinghemd und weiße Sportschuhe. In dem zierlichen Korbsessel neben ihm lagen ein heller Strohhut und leichte Lederhandschuhe. Er hatte sich Sachertorte und Kaffee bringen lassen; und während er vornehm hin und wieder ein Häppchen von der Torte aß und an seinem Kaffee nippte, blätterte er in Freiherr von Elkings Herrenjournal, aus dem er seine Modetipps bezog.

Nach zehn Minuten warf er einen Blick auf die goldene Uhr, die er mit dem Zifferblatt nach unten am Handgelenk trug. Er zuckte unwillig mit den Augenbrauen, legte das Journal auf den Tisch und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Auf seinem Gesicht erschien ein verstimmter Ausdruck, der anzeigen sollte, dass man einen vielbeschäftigten Mann ungebührlich lange warten ließ. Bald begann er mit den Fingerspitzen auf die Stuhllehne zu trommeln. Als daraufhin die Kellnerin, ein hübsches Mädchen im schwarzen Kleid und mit weißer Schürze, an seinen Tisch kam, bestellte er einen Pernod. Innerhalb von zwei Minuten war das milchig-weiße, nach Anis duftende Getränk serviert.

Zahn hatte einen Tisch dicht an der Straße gewählt, so dass er nach rechts bis zum Neuen Rathaus und nach links fast bis zum Karlstor die Hauptgeschäftsstraße Münchens überblicken konnte. In beide Richtungen bewegte sich unablässig ein dichter Fußgängerstrom. Die Autos, am Stachus und auf dem Marienplatz von Verkehrsampeln aufgestaut, schossen in heulenden Rudeln am Café "Stefanie" vorüber.

Als auch der Pernod ausgetrunken war, konnte Zahn seine Ungeduld nicht länger verbergen. Öfter als nötig sah er auf seine Uhr und beobachtete mit zusammengekniffenen Augen die Passanten. Endlich, es war jetzt fast halb sechs, wurde seine Ausdauer belohnt.

Aus den Kolonnaden des Hettlage-Textil-Konzerns trat ein untersetzter, etwa fünfunddreißigjähriger Mann auf den kleinen sonnigen Platz vor der Michaeliskirche heraus. Er kam an der Straßen-Bildergalerie vorüber, die von einem geschäftstüchtigen Andenkenhändler aufgestellt worden war. Die Bilder waren ohne Ausnahme dilettantische Heimatschinken und vornehmlich für die amerikanischen Käufer bestimmt. Der Mann gönnte diesen Machwerken keinen Blick, möglicherweise, weil er ihren Wert erkannte, vielleicht auch nur, weil er sich für Malerei nicht interessierte. Er schlenderte nicht, aber es war ihm auch keine besondere Eile anzumerken; eine Tatsache, die Zahn verärgert bemerkte. Als er das Café betrat, sah er sich um und erspähte sofort den Altwarenhändler. Er schob sich gemächlich zwischen den Tischen hindurch und ließ sich wortlos Zahn gegenüber auf einen Stuhl nieder.

Der starrte ihn einen Augenblick mit zusammengepressten Lippen an und sagte: "Hast du dich also doch noch herabgelassen? Ich bin mir dieser Ehre vollauf bewusst."

Der andere verzog keine Miene. Es war seiner flegelhaftselbstsicheren Haltung und dem harten, gelangweilten Gesicht anzusehen, dass ironische Bemerkungen an ihm abprallten wie Gummibälle an einer Hauswand. "Ich musste mir die Sache erst überlegen ", antwortete er herausfordernd langsam. "Es hat aus heiterem Himmel einen Knall gegeben. Da wird man vorsichtig."

Die Serviererin trat an den Tisch, und Zahn wartete mit der Antwort. Der Ankömmling sah ihn an und rieb ungeniert den Daumen am Zeigefinger. Zahn nickte. "Bringen Sie Bockwurst mit Salat, Fräulein, doppelte Portion. Und ein Bier."

Als das Mädchen gegangen war und Zahn noch immer schwieg, murrte er: "Musstest du mich ausgerechnet hierher bestellen? Mir passen diese vornehmen Bruchbuden nicht, wo sie dir für den eigenen Furz 'ne Mark berechnen."

Zahn war peinlich berührt, zumindest tat er so. "Das nächste Mal treffen wir uns in einer Bedürfnisanstalt, Bruno."

Bruno grinste. Witze dieser Art waren nach seinem Geschmack. Er legte seine schweren Hände vor sich auf den Tisch. Unter den breiten, kurzen Fingernägeln waren dicke Trauerränder. "Was soll nun werden?", fragte er. "Wie viel hast du gerettet?"

Zahn schüttelte den Kopf. "Nicht hier. Wir fahren ein Stück 'raus."

Die Bockwürste mit Salat wurden gebracht.

Bruno zog den Reißverschluss seiner schwarzen Lederjacke auf, unter der ein nicht ganz frisches Sporthemd zum Vorschein kam, nahm seinen graugrünen Sepplhut ab und schlang die Bockwürste mit Salat hinunter. Dann goss er das Bier in einem Zug hinterher, rieb sich das unrasierte Kinn und presste die Zunge gegen die Zähne, wobei ein schnalzender Laut entstand. Er zerbrach ein Streichholz und bohrte damit in seinem Gebiss herum. Als auch das getan war, zündete er sich eine "Eckstein" an und grunzte: "So, von mir aus können wir."

Zahn winkte die Serviererin heran, zahlte und stand auf. Die beiden verließen das Café, gingen ein paar Schritte die Kaufinger Straße entlang und stiegen dann die Treppen zu einem Tunnel hinunter, der auf der Höhe der Frauenkirche die Straße unterquerte.

Auf dem Parkplatz vor der Kirche wartete der himmelblaue Citroen. Als die beiden an den Wagen traten, kam der Parkwächter herbei und nahm die Gebührenquittung entgegen. Bei dem Wendemanöver, das nötig war, um aus dem überfüllten Parkplatz herauszukommen, machte er sich mit Winken, Rufen und eilfertigem Hin- und Herlaufen wichtig, obwohl das alles völlig unnütz war und er dabei anderen Fahrern nur im Wege stand.

Zahn steuerte seinen Wagen zum Lenbachplatz. Der barocke, wassersprühende Wittelsbach-Brunnen in der Mitte zwischen den Fahrbahnen war von Rentnern und Tauben dicht umlagert. Dann erreichten sie den Karlsplatz, und nun ging es nur noch im Schneckentempo vorwärts. Endlose Wagenkolonnen, eng gedrängt, schoben sich von allen Seiten auf den Platz, ein unübersehbares Meer gewölbter Metallrücken wie ein riesiger Thunfischschwarm, den man in einem Meerbusen zusammengetrieben hat. Nach zehn zermürbenden Minuten hatte sich Zahn schwitzend zum Sendlinger Platz hindurchgearbeitet. Er wollte schon aufatmen, da geriet er unversehens in ein Umleitungskarussell. Nachdem er nochmals eine Viertelstunde im Labyrinth der Einbahnstraßen herumgeirrt war, fand er schließlich an der Theresienwiese einen Ausschlupf. Trotz der wütenden Proteste eines Polizisten, der auch hier für Absperrung sorgen sollte, entkam er in die Mathias-Pschorr-Straße. Irgendein faschistischer "Verband der Heimatvertriebenen" hatte in der bayrischen Landeshauptstadt wieder einmal zum Sammeln geblasen.

Südlich von Obersendling, auf der Olympiastraße nach Garmisch-Partenkirchen, -ließ der Verkehr nach. Die breite Asphaltstraße war in gutem Zustand, sie zog sich schnurgerade zwischen einer Allee von Kastanienbäumen dahin. Zahn musste nun nicht mehr seine ganze Aufmerksamkeit dem Chauffieren zuwenden; er konnte die Gedanken auf das bevorstehende Gespräch konzentrieren. Im gemächlichen Vierzigkilometertempo rollte der Citroen dahin. Der Motor drehte fast unhörbar im dritten Gang, und die Reifen summten leise. Bruno hatte sich weit in die Schaumgummipolster zurückgelehnt und war dicht davor, die Augen zu schließen. Zahn stieß ihm mit dem Ellenbogen in die Rippen. "Schlaf nicht, du Stinktier! Das ist keine Vergnügungsfahrt."

Bruno Zwanziger rappelte sich unwillig hoch.

Zahn räusperte sich, dann sagte er in geschäftsmäßigem Ton: "Wir wollen nun zur Sache kommen. Nur fünf Leute wussten etwas von unserer Werkstatt. Ich, der Zwerg und seine Alte, Steinberg und du. Als uns die Kripo überraschte, waren vier davon im Haus. Wer also könnte wohl gepfiffen haben?"

Bruno warf einen mitleidigen Blick auf seinen Herrn und schüttelte den Kopf. "Das ist der reine Quatsch. Ich hatte doch nicht den geringsten Grund."

"Weißt du eine bessere Erklärung?"

Bruno zuckte mit den Schultern. "Es gibt viele. Du, zum Beispiel, läufst doch auch noch frei herum."

Der Altwarenhändler verfärbte sich. "Das ist eine Impertinenz!" Immer wenn er sich sehr ärgerte, wurde seine Ausdrucksweise gewählt. "Ich konnte mich nur mit Mühe und Not der Verhaftung entziehen. Über vier Stunden habe ich in einem engen Versteck Blut und Wasser geschwitzt und mir den Steiß verbogen. Unter diesen Umständen wagst du es, mir Verrat zu unterstellen?"

"Reg dich nicht auf. Ich war es jedenfalls nicht, und damit basta! Wenn du mich in die Zange nehmen willst, muss dir schon was Besseres einfallen."

Die Partie stand remis. Es herrschte ein feindseliges Schweigen. Zahn sah ein, dass Bruno für plumpe Einschüchterungsversuche eine zu harte Nuss war. Er stoppte den Wagen und fuhr ihn rückwärts auf einen schwarzen Schlackeweg, der von der Hauptstraße im rechten Winkel abzweigte. Er führte über einen Wiesenstreifen, und nach zwanzig Metern begann dichter Fichtenwald. In der Deckung zwischen den ersten Stämmen hielt Zahn an und stellte den Motor ab.

Bruno schwieg. Er hatte den ersten Angriff abgeschlagen und sah keinen Grund, aus seiner Stellung herauszukommen. Wenn Zahn weiterkommen wollte, musste er beginnen.

"Hör mal, Bruno", lenkte Zahn ein, "wir müssen herausfinden, wie uns die Polizei aufgestöbert hat, und dann das Loch zustopfen. Sonst sind auch wir beide keinen Tag mehr sicher."