Familienbande mit Hund und Vogel - Christiane Teschner - E-Book

Familienbande mit Hund und Vogel E-Book

Christiane Teschner

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Beschreibung

Dies sind Geschichten und kleine Episoden aus einer fiktiven Familie. Zum lesen, vorlesen, schmunzeln, lachen und auch zum nachdenken.

Das E-Book Familienbande mit Hund und Vogel wird angeboten von Romeon-Verlag und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:
Familie, Kinderbuch, Vorlesebuch, Lustig, Schmunzeln

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Seitenzahl: 184

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Familienbande mit Hund und Vogel

1. Auflage, erschienen 3-2019

Umschlaggestaltung: Romeon Verlag

Text: Christiane Teschner

Layout: Romeon Verlag

ISBN (E-Book): 978-3-96229-922-4

www.romeon-verlag.de

Copyright © Romeon Verlag, Kaarst

Das Werk ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung und Vervielfältigung des Werkes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks und der Übersetzung, sind vorbehalten. Ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Verlages darf das Werk, auch nicht Teile daraus, weder reproduziert, übertragen noch kopiert werden. Zuwiderhandlung verpflichtet zu Schadenersatz.

Alle im Buch enthaltenen Angaben, Ergebnisse usw. wurden vom Autor nach bestem Gewissen erstellt. Sie erfolgen ohne jegliche Verpflichtung oder Garantie des Verlages. Er übernimmt deshalb keinerlei Verantwortung und Haftung für etwa vorhandene Unrichtigkeiten.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

CHRISTIANE TESCHNER

FAMILIENBANDE

MIT HUND UND VOGEL

- kleine Geschichtenaus einer ganz normalen Familie -

VORWORT

Dies sind Geschichten und kleine Episoden aus einer fiktiven Familie. Ähnlichkeiten mit lebenden und nicht mehr lebenden Personen und Tieren und Schauplätzen sind nur hin und wieder beabsichtigt. Besser gesagt: eher selten. Noch besser gesagt: eigentlich nicht beabsichtigt.

Aber wenn jemand meint, er sei hier zutreffend beschrieben, dann ist diese Beschreibung liebevoll gemeint!

Familienbande mit Hund und Vogel

- kleine Geschichten aus einer ganz normalen Familie -

„Meinst du nicht, dass sich die beiden noch Zeit lassen sollten? Schließlich gehen sie noch in die Schule.“ Der gutmütigste aller Väter wiegt sein Haupt missbilligend hin und her. „Außerdem, was sollen die Leute sagen? Wenn das jemand sieht, dass die zwei hier bei uns übernachten… Ich weiß nicht, wie ich das jemand erklären soll.“ „Mach dir mal keine Sorgen. Wir haben da zwei ganz vernünftige junge Leute im Haus. Oder hast du Bedenken, dass jemand aus der Gemeinde kommen könnte, um nachzuschauen, was die da so treiben?“ - „Na, ja. Ich weiß ja nicht. Wie die sich benehmen, ganz so vernünftig kommt mir das ja nicht vor. Als wir in diesem Alter waren...“ Der gutmütigste aller Väter macht ein bedenkliches Gesicht.

„Halt dich zurück...“ flüstere ich leise, als er sich zum Zimmer unseres Sohnes auf den Weg machen will. Sanft drücke ich ihn in den Sessel zurück. „Du wirst doch nicht nachsehen wollen, was sie machen?“ „Nur mal horchen. Es ist so still. Vielleicht brauchen sie was. Oder es geht ihnen nicht gut. Normalerweise hören sie doch immer Musik, bis einem die Ohren abfallen.“ „Du hast den Hund geweckt. Super, das hast du schon mal erreicht. Der denkt jetzt, er dürfte nochmal raus.“

„Guten Morgen. Ausgeschlafen? Na komm.“ Leise kommt die Flüsterstimme unter dem Tuch, das den Papageienkäfig bedeckt, hervor. „Na dann komm mal her.“ „Auch das noch. Hund und Vogel sind wach. Jetzt mach noch die Kinder wach und wir können gemeinsam frühstücken.“ „Guten Morgen, Frühstück.“ Endgültig wach geworden, kommt Bastian, der Graupapagei, von seiner Schlafstange herunter geturnt und blinzelt kritisch durch das immer größer werdende Loch seiner Decke.

Der Hund sitzt inzwischen schwanzwedelnd vor dem gutmütigsten aller Väter. „Und jetzt?“ - „Na was schon? Ich lass den Hund in den Garten und du siehst zu, dass der Vogel still ist.“ Etwas angesäuert lege ich mein Buch zur Seite und lass den Hund raus, der sofort anfängt, einen vorbei wankenden Fußgänger aufs Korn zu nehmen und ihn so lange anzubellen, bis dieser außer Sichtweite ist.

In ein paar Nachbarhäusern gehen nach und nach die Lichter an. Ich renne schnell raus, packe den Hund am Halsband und zerre das Kalb von einem Hund ins Haus. In meinem aufsteigenden Ärger hab‘ ich natürlich nicht bemerkt, dass es draußen in Strömen regnet. Haben Sie schon mal einen großen Hund ins Haus geholt, der sich nur reinzerren lässt, klatschnass ist, müffelt wie nasse Socken und der sich neben Ihnen schüttelt, dass man meint, es hätte drinnen geregnet und nicht draußen? An der Terrassentür läuft das Wasser herunter, die Vorhänge sehen aus wie nasse Lappen und das Parkett beginnt sich langsam zu heben. Ich renne in die Küche, hole trockene Putzlappen, versuche, den Schaden möglichst gering zu halten, der Hund verkriecht sich in seinen Korb, ich wanke ins Badezimmer, um mich selbst ein wenig abzutrocknen, komme zurück ins Wohnzimmer und sinke in meinen Sessel.

„Was ist denn los?“ Der gutmütigste aller Väter öffnet langsam ein Auge nach dem anderen und schaut mich fragend an. Papagei und Mann waren sanft wieder eingenickt. „Was machst du denn für einen Umtrieb? Man kann ja kaum schlafen.“ Spricht es und entschlummert wieder sanft. Im hinteren Teil des Flures geht langsam eine Tür auf. „Seid ihr noch wach?“ Sohn und Freundin zeigen sich schlaftrunken im Halbdunkeln des Flures. „Uns ist gerade eingefallen, dass ja morgen Montag ist und wir Schule haben. Kann einer von euch Lisa nach Hause fahren? Es geht doch kein Bus mehr.“ Auch das noch. Ich schau hinüber zum inzwischen wieder eingeschlafenen Vater. Kein Lebenszeichen. Der Hund ist schon im Schlafzimmer verschwunden. Der Vogel hat sich wieder auf die Schlafstange verzogen. Mit anderen Worten: Wieder kein Mensch da mit gültigem Führerschein.

„Ich zieh mich nur schnell an und hol das Auto aus der Garage. Ich warte dann draußen.“ Schnell in die Garderobe geschlichen, die Regenjacke übergezogen und schon stehe ich draußen im strömenden Regen. Mist, denke ich, wenn der Junge achtzehn ist, ist aber ein Führerschein fällig! Das Auto rausgeholt, Lisa eingepackt, sie nach Hause gefahren, wieder zurückgekommen und... es ist alles dunkel. Ich schleiche rein, halb schlafend mache ich mich fertig und krieche ins Bett. Der Vater schläft, der Sohn schläft, der Vogel schläft, der Hund fiept leise im Schlaf neben meinem Bett. Es ist schön, Mutter zu sein! Aber Großmutter scheint mir im Moment erstrebenswerter!

„Ihr wisst, dass Omi heute Nachmittag kommt.“ Eigentlich war dieser Satz von meiner Seite garnicht so drohend gemeint, aber er klang so. „Das heißt, die Zimmer sollten begehbar sein, Dreckwäsche in den Wäschekorb, Vogelkäfig saubermachen und das Gästezimmer frei machen von allem, was ihr da so in letzter Zeit deponiert habt.“ „Ja, ja.“ Der Jüngere der beiden Söhne schaut nur kurz von seiner Sportseite auf. „Muss sie denn in mein Zimmer? Das letzte Mal hat sie da aufgeräumt und ich habe einiges bis heute nicht wiedergefunden.“ - „Ich komm erst heute Abend wieder. Fahrschule. Außerdem: Mein Zimmer ist tabu. Kannst du sie nicht irgendwie anders beschäftigen? Im Garten oder in der Küche oder so?“

Der ältere Sohn beißt noch einmal herzhaft in sein Brötchen, trinkt einen Schluck Kaffee und ist im nächsten Augenblick schon raus aus der Tür.

Der Jüngere vertieft sich weiter in seine Zeitung. Der gutmütigste aller Väter schaut mal kurz hinter der Seite mit den Wirtschaftsnachrichten hervor. „Ich hab‘ Konfirmandenstunden. Den ganzen Nachmittag. Ich kann die Omi nicht abholen. Tut mir leid.“ Spricht `s und vergräbt sich wieder hinter seiner Zeitung. „Ich weiß, ich weiß!“ Resigniert trinke ich meinen inzwischen kalten Kaffee aus, räume den Frühstückstisch ab, die Spülmaschine aus und wieder ein, füttere Hund und Papagei und mache mich auf zur Dienstbesprechung im Kinderheim. Dort steht der Besuch der Heimaufsicht wieder mal an.

Wieso erinnert mich das an den Besuch von Omi? Nach der Dienstbesprechung schnell wieder nach Hause. Mittagessen für Mann und den Jüngeren kochen. Daheim angekommen steht Omi mit der Reisetasche vor der Tür. „Was ist denn bei euch los? Keiner zu Hause? Ich steh hier schon seit einer Stunde. Ist dein Mann denn auch nicht da? Der Hund hat ständig gebellt! Ich brauch jetzt erst mal einen Kaffee!“ „Wieso bist du denn schon da? Du wolltest doch erst am Nachmittag kommen. Ich hätte dich doch vom Bahnhof abgeholt!“ „Ich hab einen Zug früher nehmen können. Ich dachte du freust dich...“„Ich freu mich ja auch. Astor, nicht hochspringen. Du schmeißt die Omi ja um!“ Das Kalb von einem Hund kann sich wieder mal nicht bremsen vor Freude. Aus dem Wohnzimmer kommt ein freudiges „Hallo! Na komm mal her! Komm, mein Kleiner!“ Der Vogel will ebenfalls begrüßt werden.

„Ach, Kinder ist das wieder schön bei euch!“ Omi lässt ihre Tasche fallen, zieht die Schuhe aus und fällt in den nächsten Sessel, den Hund eng an ihrer Seite. „Machst du uns einen Kaffee? Was gibt`s bei euch heute zu Mittag?“ - „Hühnersuppe mit Reis von gestern. Aber jetzt gibt`s erst mal den Kaffee.“ Ich eile in die Küche, setze Kaffee auf, wärme die Hühnersuppe auf, decke den Tisch im Esszimmer und sinke dann neben Omi in den Sessel. Der Hund kratzt an der Terrassentür und will raus. Ich wieder raus aus dem Sessel, den Hund in den Garten lassen, Kaffee eingießen und der Omi bringen. Inzwischen kocht die Hühnersuppe über, die Küche durchzieht ein unangenehmer Brandgeruch. Ich reiße den Topf mit der Suppe vom Herd und schöpfe noch nicht Verbranntes in einen anderen Topf. „Bei dir riecht es aber komisch! Hast du geraucht?“ tönt es aus dem Wohnzimmer. Irgendwie ahne ich, dass dies wohl nicht ganz so mein Tag ist. Die Eingangstür fällt ins Schloss. „Hallo, Omi! Da bist du ja schon! Das ist aber schön! Geht`s dir gut?“- „Ach, mein Junge! Man muss zufrieden sein. Ich will mich nicht beklagen. Die Fahrt mit dem Zug ist doch immer sehr anstrengend. Da bereue ich doch hin und wieder, dass ich keinen Führerschein gemacht habe. Aber der Opi hat immer gemeint: “Was brauchst du einen Führerschein. Du hast doch mich.“ Sanft streichelt der gutmütigste aller Väter die Wange seiner Schwiegermutter: „Du brauchst es nur zu sagen, dann holen wir dich doch ab!“ - „Du bist so lieb, mein Junge. Auf die Idee käme meine Tochter ja nicht...“

Ich schaue aus der Küche schräg ins Wohnzimmer. Ach, ja der gute Junge... „Kommt ihr zum Essen? Das Essen steht auf dem Tisch.“ „Ich kann mir nicht helfen, aber hier riecht es komisch...“ Omi lässt sich auf ihrem Stuhl nieder und schaut kritisch um die Ecke. „Ist da was angebrannt? Die Suppe ist doch nur aufgewärmt.“ „Na ja, auch dazu muss man sich konzentrieren!“

Mittlerweile ist der jüngere Sohn eingetroffen und hat am Esstisch Platz genommen. „Ich weiß nicht, was ihr wollt aber mir schmeckt die Suppe prima. Als hätte ich sie selbst gemacht.“ - „Das glaub ich dir sofort!“ Ich kann mir die Bemerkung nicht verkneifen. Die Herren in unserer Familie glänzen nicht unbedingt mit Eifer bei der Küchenarbeit.

„Also jetzt brauch ich aber meinen Mittagsschlaf. Ich bin schließlich keine Fünfzig mehr, ihr Lieben. Die Bahnfahrt hat mich ganz schön angestrengt.

Das war aber jetzt wohl die letzte Fahrt mit der Bahn. Das nächste Mal holt ihr mich ja dann ab, hat dein Mann versprochen.“ „Was hat er?“ ich tue so, als hätte ich nicht verstanden. Außerdem ahne ich schon, worauf das hinausläuft. Der Jüngere hat noch keinen Führerschein, der Ältere ist noch in der Fahrschule und der dazugehörige Vater hat, wie immer, eine Veranstaltung. „Wir werden sehen,“ äußere ich mich vage, „jetzt leg du dich erst mal hin. Ich muss nachher noch zum Dienst. Allerdings heute nur drei Stunden. Wenn du ausgeschlafen hast, bin ich bald wieder da.“ - „Also gut, ich werd schon was finden, womit ich mich beschäftigen kann.“ Wieso schleicht sich in mir bei diesen Worten ein Anflug von Misstrauen ein? Beunruhigt packe ich meinen Kram und mache mich auf zur Arbeit.

„Na, Großer? Ist ja gut! Du sollst nicht immer hochspringen!“ Das Kalb von einem Hund kann sich wieder mal nicht halten vor Wiedersehensfreude. Er war so klein und süß und kuschelig, als er zu uns in die Familie kam...Und jetzt? ...Jetzt ist er groß und süß und kuschelig...und sehr, sehr temperamentvoll!

„Wo ist die Omi?“ kommt es aus der Papageienecke, gefolgt von einem Lachen, das für mich etwas schadenfroh klingt. „Ja, wo isse denn? Geh mal gucken!“ Wieder dieses Lachen... Ich bin alarmiert. „Ich bin hier!“ tönt es aus dem Esszimmer. Da sitzt sie, völlig erschöpft, mit einem Glas Wasser in der Hand. „Was ist denn mit dir los? Du hast ja einen ganz roten Kopf. Was hast du denn gemacht?“

„Na, ja. Es war so schön sonnig und der Garten hat mich förmlich rausgerufen. Bei euch sieht`s aber auch aus. Na, ich weiß nicht...Da wächst aber auch alles durcheinander! Unter den Rosen hab ich erst mal sauber gemacht.“ - „Unter den Rosen?“ Leise Panik steigt in mir hoch. Erst letzte Woche konnte mir der teuerste Blumenhändler der Gegend die lang ersehnten Pflanzen besorgen, die so nicht im Handel zu kaufen waren. Ich lass die erschöpfte Mutter sitzen, renne hinaus auf die Terrasse und....unter den Rosen ist es sauber. So sauber, wie noch nie. Kein Hälmlein, kein Blättlein...nichts. Nur nackte Erde! „Das war nicht so einfach! Ihr dürft das Kraut nicht so hochkommen lassen!“ Omi setzt sich zu mir auf die Terrasse. Wollte sie jetzt Dankbarkeit? Schließlich hatte die alte Dame sich in der Hitze bemüht, unseren Garten ansehnlich und unkrautfrei zu gestalten. „Ach, Omi...“ Mir fehlen irgendwie die Worte. „Du hast es ja gut gemeint.“ vermag ich nur zu stöhnen, aber so leise, dass sie es nicht hören kann. Omi war schon immer zart besaitet. „Morgen schau ich mal das Gemüsebeet durch, da wächst auch alles kreuz und quer.“ - „Eigentlich könnten wir noch die Waschmaschine anstellen. Dann könntest du morgen bügeln. Bei der Hitze ist die Gartenarbeit für dich doch viel zu anstrengend. Und im Keller ist es wunderbar kühl zum Bügeln“ Ich hoffe, mit diesem Vorschlag meine Sommerblumen zu retten, die ich zwischen die Gemüsereihen gepflanzt hatte. Ein bunter Bauerngarten war schon immer mein Traum. „Wenn du meinst...“ Es klingt verdächtig nach Beleidigtsein.

Das Gartentürchen fällt ins Schloss. Der Älteste erscheint, verschwitzt und mit Fahrrad. „Hallo, Omi. Schön, dass du da bist. Wie geht`s?“ -“Hallo, mein Junge.“ Für sie sind alle drei Männer unserer Familie „mein Junge“. „Ach, es geht so, mein Junge. Man wird nicht jünger.“ Damit war alles gesagt. „Du meine Güte, sind die Pflanzen eingegangen?“ Der Älteste schaut erschrocken unter den Rosen nach. „Die waren schon so schön angewachsen. Du hast doch so lange auf sie gewartet.“ Spricht`s und entschwindet im Inneren der Wohnung. „Warum sagst du denn nichts? Das konnte ich doch nicht wissen. Na, ja. dann setzen wir ein paar Neue hin. Oben, im Supermarkt, gibt es immer ganz gute Angebote.“ Stumm schleiche ich in die Küche um Kaffee zu kochen.

Acht Uhr morgens. Die Jugendlichen in der Wohngruppe sind aus dem Haus, in der Schule oder an ihrem Ausbildungsplatz. Mein Nachtdienst ist endlich mal ohne große Zwischenfälle vorüber, nur der Schlaf hat gefehlt. Ziemlich gerädert öffne ich die Haustür und werde von unserem Kalb stürmisch begrüßt. Er schleppt mir seine Leine entgegen und setzt sich auffordernd vor mich hin. Oh nein, das ist im Moment das Letzte, wozu mir der Sinn steht! Lieber hätte ich für ein paar Minuten die Beine hochgelegt und die Augen zu gemacht. Behutsam und unter gutem Zureden nehme ich dem Hund die Leine ab und lasse ihn hinaus in den Garten.

Die Kinder vom Kindergarten nebenan machen sich einen Spaß daraus, ihn mit kleinen Stöckchen durch den Zaun hindurch zu ärgern. Der Hund bellt, die Kinder bellen zurück. Der Papagei im Wohnzimmer fühlt sich durch den Radau vor seinem Fenster zum Mitmachen angeregt: „Astor, komm mal her!“ brüllt er. „Kommst du wohl? Auf die Hand! So ist es gut. Guter Vogel!“ Es folgt ein lautes, hämisches Lachen. „So isses gut.“ „Guten Morgen. Was ist denn hier los?“ Omi kommt noch halb schlafend aus ihrem Zimmer gewankt. Ihr Blick fällt auf die Küchenuhr. „Ach du meine Güte! Schon so spät. Ich bin wieder eingeschlafen.“ - „Guten Morgen. Alles gut. Es ist doch nicht spät. Geh du ins Bad, ich mach Frühstück.“

Das Bellen draußen hat aufgehört. Dafür brüllt ein Kind wie am Spieß. Ich renne raus. Der Hund liegt friedlich unter dem Fliederbusch und kaut genüsslich ein Wurstbrötchen. Ein paar Kinder stehen am Zaun, in der Mitte ein schreiender Junge aus dem Kindergarten. „Was ist passiert?“ Ich ahne schon was los war, möchte aber von den Kindern wissen was war. „Hat der Astor dich gebissen?“ - „Nein, er hat in mein Brötchen gebissen. Ich hab‘ es ihm nur zeigen wollen und dann...und dann...dann hat er es einfach genommen.“ Wieder ein lautes Schluchzen. „Er dachte sicher, du wolltest es ihm schenken. Wartet kurz, ich hol euch etwas Anderes.“

Ich wieder rein ins Wohnzimmer, die große Dose mit den Gummibärchen gegriffen, wieder raus zu den Kindern. „So, jeder darf mal reingreifen und sich was rausnehmen.“ Ich halte ihnen die Dose hin. Mehr oder weniger saubere Hände tauchen zu den Gummibärchen ein und grabschen sich, so viel sie halten können. Die lieben Kleinen stopfen sich die Bärchen blitzschnell in den Mund und schon fahren die leeren Hände wieder durch den Zaun. „Jetzt ist aber genug. Nun aber ab in euren Kindergarten.“ Sichtlich zufrieden und mit vollen Backen macht sich die Kinderschar wieder auf den Heimweg. „Bis zum nächsten Mal,“ denke ich und überlege, wie lange die Gummibärchendose wohl reichen wird, wenn sich das im Kindergarten rumspricht. Es gibt sicher einige der lieben Kleinen, die ihr Frühstück gerne gegen eine Handvoll Gummibärchen tauschen möchten. Und der Hund mag auch sehr gerne Wurstbrötchen...

Im Esszimmer sitzt Omi schon vor dem gedeckten Tisch. Der Kaffee läuft auch durch. Großmütter sind manchmal sehr angenehm. Sie können überblicken, was nötig ist und tun es dann einfach. Manchmal...Manchmal tun sie aber auch Dinge, die man nicht so gerne sieht. Zum Beispiel, wenn neben ihnen ein Hund am Frühstückstisch sitzt und sie ununterbrochen anschaut, ohne sich von ermahnenden Worten ablenken zu lassen. Dann wandert auch mal ein Scheibchen Wurst oder ein kleines Stückchen Brot mit Butter unter den Tisch. Gierig aufgesammelt von einer schlabbernden großen Hundeschnauze. Der dazugehörige Hund hat im nächsten Augenblick schon wieder die Augen starr auf Omi gerichtet. Erstaunlich, wie blitzschnell Hund und Omi zusammenarbeiten!

Der Kaffee tut gut. Mal seh`n, was der Tag bringt.

Die Waschmaschine im Keller ist fertig. „Ich geh schon, ich geh schon!“ Tönt es aus Omis Zimmer. Beruhigt mach ich den Papageienkäfig weiter sauber, immer darauf bedacht, dass der Vogel mir nicht durch die offene Käfigtür entwischt. Das wäre nicht das erste Mal, dass er im Wohnzimmer die Zeitungen durchlöchert und den Sessel mit seinen Hinterlassenschaften verschönert. Er darf ja regelmäßig raus, wir genießen das auch gemeinsam, aber das geht nur unter Aufsicht. Aus Erfahrung wird man klug! Im Moment flüstert er mir leise und zärtlich ins Ohr: „Was machst du denn da? Das ist aber schön! So isses brav. Guten Morgen, guten Tag, gute Nacht!“ Vorsichtig nimmt er eine Haarsträhne in den Schnabel und knabbert daran herum.

Da! Ein Poltern, ein Rumpeln und ein Aufschrei ertönt aus dem Keller. Ich springe auf, renne zur Kellertreppe... Omi steht unten am Fuß der Treppe, die nasse Wäsche um sich herum verstreut und schaut mich erschrocken an. „Der Korb ist mir aus der Hand gerutscht. Die Treppe ist aber auch zu steil.“ Erschrocken eile ich runter und sammle die nassen Wäschestücke ein. „Ist dir auch nichts passiert? Hast du dir weh getan? Die Treppe ist wirklich zu steil.“ Stöhnend schleppe ich den schweren Korb nach oben. „Ich hätte das vorher wissen müssen, aber ich mach gerade den Käfig sauber....“ Der Käfig! Du meine Güte, der Käfig! Ich hab‘ die Käfigtür offen gelassen.

Ich renne ins Wohnzimmer. Der Käfig ist leer! Bastian sitzt auf dem Schrank! „Hallo!“ tönt es da gutgelaunt von oben. „Wo ist Omi? Wo isse denn? Hast du ausgeschlafen? Na komm mal her! Auf die Hand!“ Ein fröhlicher Vogel tanzt da oben auf dem Schrank hin und her. „Nur die Ruhe,“ denke ich bei mir. „Omi, sind alle Fenster zu? Die Terrassentür auch?“ - „Alles zu,“ kommt es aus dem Esszimmer. Na, wenigstens etwas. „Wo ist der Hund?“ frage ich besorgt. „In seinem Korb.“ ruft Omi zurück. Alles klar. So, wie kommt jetzt der Vogel wieder in den Käfig? Erst mal fertig saubermachen, eins nach dem andern. „Hallo!“ tönt es wieder vom Schrank herab. „Wo bist du? Was machst du? Wo ist die Kleine? Na komm mal her!“ Ich kann mir nicht helfen, aber ich hab‘ das Gefühl, dass der Vogel mich spöttisch von oben anschaut. Omi schaut mit Hund um die Ecke. „Kann ich dir irgendwie helfen?“ - „Du kannst den Hund nehmen und mit ihm in dein Zimmer gehen. Ich bin mir nicht sicher, ob der so ruhig bleibt, wenn ihm der Vogel vor der Nase herumflattert.“ - In diesem Moment startet der Papagei vom Schrank herab einen Angriffsflug in Richtung Hund und landet direkt vor seinen Füßen. Mir werden die Knie weich. Was, wenn das Kalb ihn mal kurz hochnimmt und durchschüttelt, oder Schlimmeres? Meine Fantasie malt sich die schlimmsten Szenen aus! Aber ich kann nichts tun, nur dem sanften Kalb vertrauen. Zur Sicherheit setze ich mich ganz langsam in den Sessel, um keinen Stress aufkommen zu lassen. Omi flüstert leise: „Ich kann nicht hingucken,“ und schleicht in die Küche. Nicht, ohne doch um die Ecke zu schielen.

Mir bietet sich ein interessantes Bild: Der große Hund scheint langsam in die Knie zu sinken, vor sich den Papagei, der ihn neugierig anschaut. Der Hund staunt, ich staune und Omi staunt um die Ecke. „Hallo,“ kommt es da von unten, „was machst du? So isses schön.“ Der Hund rutscht näher an den Vogel heran. Lang ausgestreckt liegt er nun vor dem neugierigen Papagei, der überhaupt keine Anzeichen von Furcht zeigt. Die dicke Schnauze zwischen den Pfoten wandern die Augen des Hundes hin und her, dass ihm ja keine Bewegung entgeht.