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Üben! Sieben Wochen ohne Stillstand – das Themenheft für die Fastenzeit Fasten – was bedeutet es für mich persönlich? Auf was kann ich verzichten – und worauf nicht? Was fällt mir leicht – und wo muss ich üben? Egal, wie klein oder groß unser Ziel ist: Vieles gelingt in der Gruppe besser. Deswegen: Lasst uns gemeinsam üben! Dazu lädt uns die Fastenaktion 2022 ein. Ob in der Gemeinde, der Jugendarbeit oder in der persönlichen religiösen Praxis: Mit den Materialien und Impulsen aus diesem Arbeitsheft wird Ihre Fastenzeit zu einer besonderen Entdeckungsreise! - Andachtsimpulse und Bibeltexte für jede Woche - Inspirierende Interviews und Reportagen - Musik-, Kinderbücher- und Filme passend zu den Wochenthemen - Ideen für die Gemeindearbeit, den Religionsunterricht und für Jugendgruppen - Theaterstück und ein Entwurf für einen Fasten-Gottesdienst - Bonus: Arbeitsmaterialien und Bildmotive als Download Ziele setzen, neu vertrauen, Knoten lösen: Das Fastenmotto 2022 in der Praxis Die Bibelstellen und Impulse zur Selbstreflexion aus diesem Magazin begleiten Sie durch die Fastenzeit. Ergänzt werden sie von Geschichten und Interviews, die vom Loslegen, Durchhalten und Dranbleiben erzählen. Sie zeigen: Vieles ist möglich, wenn wir uns nur auf den Weg machen! Darüber hinaus enthält das Materialheft zur Fastenaktion der Evangelischen Kirche praktische Anregungen für die Umsetzung des Fastenmottos in der Gemeinde: Andachtsimpulse, einen Gottesdienstentwurf, kleine Projekte für Kinder- und Jugendgruppen, ein Bühnenstück sowie Musik-, Film- und Buchtipps. Diese Fülle an Ideen macht »Üben! Sieben Wochen ohne Stillstand. Zutaten« zu einem unverzichtbaren Begleiter für die Fastenzeit in der Gemeinde!
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Seitenzahl: 129
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7wochenohne
Bestellmaterial zur Fastenaktion, Infos und Anregungen unterwww.7-wochen-ohne.de
IMPRESSUM
Herausgeber: Gemeinschaftswerk der EvangelischenPublizistik gGmbH (GEP gGmbH),Emil-von-Behring-Straße 3, 60439 Frankfurt am Main
Geschäftsführer: Direktor Jörg BollmannEinzelprokura: Bert WegenerAufsichtsratsvorsitzender:Kirchenpräsident Dr. Dr. h. c. Volker Jung
Amtsgericht Frankfurt am Main HRB 49081,USt-ID-Nr. DE 114 235 916
Telefon 069 / 580 98 - 0, Fax 069 / 580 98 - 100,www.gep.de
Konto: Evangelische Kreditgenossenschaft eG Kassel,IBAN: DE 79 5206 0410 0004 1000 34,BIC: GENODEF1EK1
Fastenaktion „7 Wochen Ohne“Telefon 069 / 580 98 - 247, Fax 034206 / 652 08E-Mail: [email protected]: www.7-wochen-ohne.de
Geschäftsführerin von „7 Wochen Ohne“: Frauke Grothe
Kuratorium: Susanne Breit-Keßler (Vorsitzende),Michael Birgden, Markus Bräuer, Arnd Brummer,Henning Kiene, Sebastian Knöfel, Ursula Ott,Martin Vorländer
Botschafter von „7 Wochen Ohne“: Arnd Brummer
Textredaktion: Hanna Lucassen
Bildredaktion: Lena Uphoff
Gestaltung und Satz: Lena Gerlach
Dokumentation und Schlussredaktion: Serpil Pak
Druck: Elbe Druckerei Wittenberg GmbH
© 2021 by edition chrismon in der EvangelischenVerlagsanstalt GmbH, Leipzig
Alle Rechte vorbehalten.
Das Werk ist einschließlich seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Nutzung außerhalb der Grenzen des Urheberrechts ist ohne schriftliche Einwilligung des Verlags unzulässig.
ISBN 978-3-96038-290-4
Bestellnummer: 207855
Der Verlag hat sich bemüht, die Rechteinhaber der einzelnen Texte und Bilder ausfindig zu machen. Der Verlag ist selbstverständlich bereit, eventuell bestehende Ansprüche angemessen zu entgelten.
BILDNACHWEISE
Titelbild: Imgorthand/Getty Images; S. 2–3 Alexa Vachon; S. 4 Kirchengemeinde St. Michael Fürth, Katharina Mikhrin/Westend61/gettyimages; S. 6–7 Anika Kempf; S. 8 Sebastian Wells, Lena Uphoff; S. 10–11 Julia Sellmann; S. 12 Thomas Victor; S. 14 Klaas Grensemann; S. 20–21 Cordula Treml; S. 22–23 Eva Rinaldi/Flickr, PR; S. 24–25 Theo Wargo/Getty Images, Anika Kempf, PR; S. 26–29 PR; S. 30–31 privat, PR; S. 32 Marzena Skubatz; S. 33–36 privat; S. 37 Peter Bongard; S. 38–39: Monika Höfler, privat; S. 40 Imgorthand/Getty Images, Nicole Kohlhepp; S. 44–45 Alexa Vachon, privat; S. 46 Sebastian Wells; S. 48 Alexa Vachon; S. 50–51 Meike Kenn; S. 52 privat, S. 53 Alexa Vachon; S. 54 Sebastian Wells; S. 55 Melina Mörsdorf; S. 56 Thomas Victor; S. 57 Meike Kenn; S. 58 Marzena Skubatz; S. 59 Julia Sellmann; S. 60 Johann Mayr (Cartoon)
Liebe Übende,
darf ich Sie so ansprechen? Seit ich mich mit dem Fastenmotto beschäftige, wurde mir das immer klarer: Das Üben ist eine der Hauptbeschäftigungen von uns Menschen. Entweder üben wir etwas Neues ein. Oder wir üben aus, was wir können. Oder wir machen all die Dinge, die sprachlich mit dem Wort verbunden sind, üben also Geduld, Kritik, Rücksicht, Widerstand …
Martin Luther sagt es so: Das Leben ist „kein Wesen, sondern ein Werden. Keine Ruhe, sondern ein Üben“ (das ganze Gedicht im Fastenkalender am 21. März). Klingt mühselig. Aber auch entlastend, weil wir eben nicht alles können müssen. „Ich übe doch noch“ – das steht auf dem Papierflieger, den Sie aus der letzten Heftseite falten können. Wenn’s mal hakt bei Ihnen, lassen sie ihn eine Runde fliegen! Das Papier ist recht stabil, es hält Bruchlandungen aus. Überhaupt hoffen wir, dass Sie in diesem Heft vieles finden, was Sie weiterbringt. Und was Ihnen hilft, die Fastenzeit in Ihrer Gemeinde zu gestalten. Fehlt Ihnen etwas? Lassen Sie es uns wissen!
Der Begriff Üben hat viele Ebenen, Theologin Silke Harms bringt da Licht ins Dunkel (S. 12). Eine davon ist, sich etwas Neues anzueignen. Das wiederum ist ein Prozess, bei dem wir verschiedene Phasen durchlaufen. Wir haben diese Phasen in den sieben Wochenmottos aufgegriffen, durchschreiten also gemeinsam einen Übungsweg. Am Anfang steht eine Vision: Wo will ich hin? (1. Woche: Mein Ziel) Dann wagt man die ersten holprigen Schritte. Hinfallen gehört dazu. Wieder aufstehen auch (2. Woche: Loslegen). Unweigerlich kommen die Durststrecken. Man übt und übt, es geht nicht voran, und der innere Schweinehund ruft: Lass es bleiben! (3. Woche: Dranbleiben) Aber die kleinen und großen Erfolgserlebnisse, die kommen auch (4. Woche: Freuen). Irgendwann wird man sicherer, und es öffnet sich der Blick: Wie kommen die anderen denn so zurecht? Können wir uns gegenseitig helfen? (5. Wochen: Knoten lösen) Wenn ich klug bin, gönne ich mir auch Ruhe. Nur so kann das Gelernte wirklich in mir ankommen. In der Stille könnte aber auch die Erkenntnis wachsen, dass ich diese Idee begraben muss (6. Woche: Stille). Gescheitert. Was nun? Der Zukunft neu zu vertrauen, trotz schlechter Erfahrungen, ist eine der schwersten Übungen. Und eine echte Auferstehung (7. Woche: Neu vertrauen).
Wir freuen uns darauf, mit Ihnen den Weg zu gehen – inklusive Um- und Schleichwegen, Sich-verlaufen. Wir üben doch noch! Sieben Wochen „ohne Stillstand“ heißt übrigens nicht, dass wir ständig rennen müssen. Im Gegenteil. Üben heißt auch, das Tempo zu finden, mit dem man langfristig gut vorankommt. Legen wir los?
Herzlich,
HANNA LUCASSEN
„7 Wochen Ohne“-Teamwww.7-wochen-ohne.de
Impressum
Editorial
Einsteigen
Siebenwochenschau
Was wir üben
Lesen
ARND BRUMMER: Üben, üben, üben
JOHANNES MEIER: Alles muss raus!
SILKE HARMS: Exerzitien – Da bricht was auf
„Mit der Rente habe ich wieder angefangen, auf Demos zu gehen.“ Zwei OMAS GEGEN RECHTS im Interview
Hören und sehen
HANNA LUCASSEN: Theatertipp
CLAUDIUS GRIGAT: Musiktipps
JANNEK SUHR: Filmtipps
CAROLA GÄDE: Kinderbücher
Innehalten
Sieben Andachtsimpulse
ANNE-KATRIN HELMS: Mein Ziel
MARTIN EBERLE: Loslegen
RALF MEISTER: Dranbleiben
CHRISTIAN ENGELS: Freuen
ANNA-NICOLE HEINRICH: Knoten lösen
SUSANNE BREIT-KESSLER: Stille
JULIA SCHNIZLEIN: Neu vertrauen
Anwenden
MARTIN VORLÄNDER: Gottesdienstentwurf
JOHANNES MEIER: Ideen für Jugendgruppen
INGE SCHNEIDER: Sieben Wochen – sieben Szenen
Cartoon
Diese Materialien gibt es auch als Download. Zugriff unter: 7wochenohne.evangelisch.de/zutaten_2022
Passwort: Aktion2022_Üben
„Stellen Sie sich vor: Sie sind die Frau, die später Eva heißen wird!“ So könnte ein Satz im Bibliolog lauten. Und es könnte so weitergehen: „Frau, du hältst gerade diese Frucht in der Hand, von der du weißt, dass du sie nicht essen darfst. In der Bibel steht, dass du diese Frucht reizvoll findest, weil sie klug macht. Frau, was stellst du dir denn vor? Was willst du anfangen mit dieser Klugheit?“
Bei einem Bibliolog wird eine Bibelstelle gemeinsam ausgelegt. Die Teilnehmenden begeben sich in die (gleiche) biblische Figur, aus der heraus sie ihre Gedanken teilen. Zum Beispiel in Eva. Niemand weiß ja, was ihr genau durch den Kopf ging, als sie die Frucht hielt. Was mag sie sich ausgemalt haben, was sie mit der versprochenen „Klugheit“ anstellen würde?
Wer darüber nachdenkt, verknüpft sich direkt mit dem biblischen Text. Die eigenen Erfahrungen, Wünsche und Vorstellungen werden den biblischen Gestalten sozusagen geliehen. So kommt man dem Text näher. Und während man zuhört, was die anderen Teilnehmenden antworten, wird dieser immer lebendiger. Jeder Wortbeitrag bereichert die biblische Geschichte.
VIRTUELLE TREFFEN
Für die Fastenaktion 2021 fanden sich über 30 Bibliolog-Leiter:innen aus meinem Netzwerk zusammen. Per Zoom-Konferenz boten wir jeden Freitagnachmittag einen Bibliolog zur jeweiligen Bibelstelle der Woche an. Wir hatten bereits Erfahrung mit dieser Methode im virtuellen Raum. Die Größenordnung allerdings war neu. Zwischen 200 und 500 Menschen nahmen jede Woche teil. Nach einer Begrüßung teilten wir sie in virtuelle Kleingruppen auf. Technik und Organisation klappten gut, und die Rückmeldungen waren überwältigend. Mitten im Lockdown kamen Menschen aus ganz Deutschland zusammen und arbeiteten intensiv an einem biblischen Text. Auch für die Leitenden – sie machten das ehrenamtlich – war es eine großartige Erfahrung, die bei vielen dazu geführt hat, fortan regelmäßige virtuelle Angebote zu machen.
Die Online-Bibliologe zu „7 Wochen Ohne“ werden weitergehen – in diesem Jahr unter dem Motto „Üben! Sieben Wochen ohne Stillstand“ (Bibelstellen siehe rechts auf dieser Doppelseite). Ich freue mich darauf und bin sicher, dass es wieder ungezählte inspirierende Begegnungen geben wird – mit anderen, mit sich selbst und mit den biblischen Texten.
Im vergangenen Jahr hieß die Fastenaktion „Spielraum! Sieben Wochen ohne Blockaden“
Die Fastenaktion „7 Wochen Ohne“ wird am Sonntag, den 6. März 2022, mit einem Gottesdienst in der St. Michael Kirche in Fürth eröffnet. Mit Susanne Breit-Keßler und Arnd Brummer. Beginn 9.30 Uhr. Das ZDF überträgt live.
ANMELDUNG:
Die Bibliologe finden während der Fastenzeit statt. Per Zoom, immer Freitagnachmittag, nur in der Karwoche verschiebt sich der Termin auf Samstag. Sie bauen nicht aufeinander auf, man kann die Termine einzeln wahrnehmen und muss sich auch für jeden einzeln anmelden. Die Plätze sind begrenzt, Anmeldebeginn ist jeweils eine Woche vorher. Informationen und Anmeldung unter 7wochenohne.evangelisch.de/bibliolog-online
Können Sie das noch? Ein Papier so falten, dass es elegant und zielsicher durch die Luft segelt … und sanft die linke Schulter desjenigen anstupst, für den es gedacht ist? Gute Übung für ein Gruppentreffen, eine Vorstellungsrunde: Die Bastelvorlage zum Download finden Sie unter 7wochenohne.evangelisch.de/zutaten_2022.
Den sieben Wochen der Fastenzeit 2022 sind jeweils ein Motto und eine Bibelstelle zugeordnet:
1. WOCHE:
2. – 8. März
Mein Ziel
Jesaja 2,1–5 (in Auswahl)
2. WOCHE:
9. – 15. März
Loslegen
Sprüche 24,16
3. WOCHE:
16. – 22. März
Dranbleiben
Matthäus 4,1–11
4. WOCHE:
23. – 29. März
Freuen
Matthäus 13,31–32
5. WOCHE:
30. März – 5. April
Knoten lösen
1. Könige 3,16–28 (in Auswahl)
6. WOCHE:
6. – 12. April
Stille
Lukas 2,19
7. WOCHE:
13. – 18. April
Neu vertrauen
Johannes 21,15–17.19 (in Auswahl)
FASTENGRUPPEN IN GANZ DEUTSCHLAND FINDEN: www.7-wochen-ohne.de
[email protected] Telefon: 069 / 580 98-247
ARND BRUMMER
Botschafter der Aktion „7 Wochen Ohne“
Chorleiter Norbert wirkt erschöpft, als er im Dorfgasthof seinen Mantel auszieht und am Tresen um ein Glas Wein bittet. „Wir haben jetzt noch drei Monate Zeit bis Ostern. Ziemlicher Proben-Stress. Und weil das allein noch nicht heftig genug ist, haben die Pfarrerin und unser Kirchenvorstand ein paar höchst anspruchsvolle Stücke für den Ostergottesdienst ausgesucht.“ Norberts Chor kennt diese Herausforderung, seit es die Gemeinschaft der Singenden gibt. Ob in der Kirche, im Gemeindesaal oder bei gutem Wetter im Pfarrgarten: Die Fastenzeit erlaubte beim Üben keinerlei Stillstand.
Derzeit laufen die Chorproben noch oft per Zoom, was die Sache nicht einfacher macht. Die Sänger und Sängerinnen werden ständig abgelenkt. Bei der einen klingelt das Telefon, weil ihr Mann später nach Hause kommt. Der zweite Bass hat vor der Probe noch einen Teig in den Backofen geschoben. Und nun droht das Zeug zu verbrennen. Also schreit er kurz „Moment mal!“ und rennt in die Küche. Norbert reagiert mit dem Hinweis „Wir unterbrechen jetzt nicht! Wir müssen üben, üben, üben! Wir haben so wenig Zeit. Stillstand können wir uns nicht leisten!“
Sopranistin Michaela, die neben Norbert am Tresen steht, grinst und klopft ihm auf die Schulter: „Üben! Du hast mit der Parole mehr als nur einfach recht. Dabei weiß ich gar nicht, ob du sie in deinen Anfängen selbst immer angewendet hast.“
Praktizierte Nächstenliebe braucht Training, und zwar regelmäßig.
Ein gemeinsames Ziel, ob musikalisch, im Sport, auf einer Wandertour oder in der Familie, fordert heraus. Und es zwingt die Beteiligten dabei, ihre persönlichen Gaben, ihre Stärken im Sinne aller einzubringen. „Üben“ ist ein Element der Lebenskunst. Und nun hat „Sieben Wochen ohne“ diese Formel zum Motto 2022 gemacht. Warum?
Die von Corona erzwungenen Veränderungen in unserem alltäglichen Leben sind tief und weitreichend. Das galt und gilt für nahezu alle Formen von Gemeinschaft – in Chören, Schulen, Gottesdiensten, Versammlungen, in Parlamenten, Theatern oder Fußballstadien. Durch das Üben von Distanz sowie im Versuch, dennoch mit den Nächsten Gemeinschaft zu erleben, haben wir den Stillstand der Selbstverständlichkeit überwunden.
Dass man nicht nur durch die Bedingungen von Krisen erfährt, was Üben für Werte fördert, können wir gerade in sozialen Gemeinschaften erfahren, in denen wir nicht nur als Fans unterwegs sind. Fast alle ehrenamtlich gegründeten und getragenen Organisationen haben ihre Basis im Üben. Das gilt für eine Kirchengemeinde ebenso wie für eine Freiwillige Feuerwehr oder einen Tennisklub. Von Mitmenschen deren Wissen theoretisch, in Vorträgen und Lehrbüchern zu hören, ist nicht falsch. Wirksamkeit erhalten neue Erkenntnisse jedoch nur im Training, im Anwenden und Üben, also im Handeln.
Ein Nachbar von Norbert am Tresen erzählt, wie wichtig genau dies für Leute in der Freiwilligen Feuerwehr sei. „In unseren wöchentlichen Übungen lernen wir nicht absolute Regeln für Notfälle. Wir wissen zwar, wie man löscht, aber mindestens genauso wichtig ist, wie wir als Truppe unsere unterschiedlichen Kenntnisse, Begabungen und körperlichen Fähigkeiten im Ernstfall gemeinsam einsetzen. Max kann Verletzte körperlich aus der Gefahrenzone wegbringen. Clemens weiß, wie man die Leiter hochfährt. Gerlinde kümmert sich um die Schläuche.“
Praktizierte Nächstenliebe braucht Training, und zwar regelmäßig. Der Spruch „Schön, dass ich das kann!“ reicht nicht. Gelebte Liebe in Beziehungen funktioniert nur, wenn die Erfahrungen von Verschiedenheit und Übereinstimmung ständig bewusst gemacht werden. Was mein Gegenüber vor zehn Jahren verkraften konnte, kann heute stören oder gar verletzen. Ebenso sollte ich selbst kommunizieren, wenn sich meine Sensibilität verändert. Dieser Austausch vergrößert den Spielraum, der gemeinsames Leben möglich macht.
Der Ausgangspunkt für die Fastenzeit sind die 40 Tage Jesu in der Wüste. Dabei stand für Jesus nicht der Verzicht auf Speis und Trank im Mittelpunkt. Er wollte ungestört und losgelöst von alltäglichen Gewohnheiten über seinen Weg zum himmlischen Vater nachdenken und schließlich entscheiden. Historisch bedeutet der Begriff Fasten sich entscheiden, abschließen, schließen. Das ist noch im englischen „Fasten your seatbelts“ herauszuhören: „Schließen Sie Ihre Sicherheitsgurte“. Wir folgen Jesus Christus, wenn wir in den sieben Wochen Fastenzeit üben, ohne Stillstand sein Weg der Liebe zu folgen.
JOHANNES MEIER
Journalist, Pfarrer und Jugendreferent der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck
Der Spruch klebt in knallroten Großbuchstaben auf einem Schaufenster in der Fußgängerzone: Alles muss raus! Vielleicht ein verspäteter Winterschlussverkauf? Oder womöglich eine Corona-bedingte Geschäftsaufgabe? Ich weiß es nicht. Im Grunde genommen ist dieses „Alles muss raus“ ja auch seit Beginn der Corona-Pandemie das Motto der Stunde. Im Sinne von: Alle müssen raus! An die frische Luft nämlich, da ist es am sichersten, haben wir gelernt, da haben die Aerosole keine Chance.