Fastenaktion 2025: Fastenlesebuch -  - E-Book

Fastenaktion 2025: Fastenlesebuch E-Book

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Beschreibung

Luft holen! 7 Wochen ohne Panik – das wohltuende Buch zur Fastenzeit Wie gut das tut, nach dem Winter wieder die Nase in den Wind zu stecken. Tief Luft holen! Kraft tanken. Frischen Wind ins Leben lassen. Die sieben Wochen der Fastenzeit gehen wir im Rhythmus des Atems: Wir lassen los, was uns belastet, und atmen ein, was wir wirklich brauchen: Zuversicht. Ruhe. Mut, sich den Panikmachern unserer Zeit zu widersetzen. Und am Ende weht sie uns schon entgegen: die Osterwunderluft. Mit Bibeltexten, Zitaten, Bildern, kurzen Geschichten und Erzählungen aus dem Leben liefert das Buch Denkanstöße und ist ein treuer Begleiter, in dem auch eigene Notizen festgehalten werden können. - Lesebuch zur Fastenzeit 2025: Impulstexte und Weisheitsgeschichten - Fasten und Innehalten: Einladung zur Selbstreflexion - Angst überwinden, Geborgenheit finden: Übungen und Coaching-Tipps - So sehe ich das: Raum für eigene Notizen und Gedanken - Luft holen! 7 Wochen ohne Panik – das Begleitbuch zur Fastenaktion 2025 Das Fastenlesebuch: Inspiration für jeden Tag Die Wochen von Aschermittwoch bis Ostern sind traditionell eine Zeit der inneren Einkehr. "7 Wochen Ohne", die Fastenaktion der Evangelischen Kirche, lädt seit mehr als 40 Jahren ein zum Fasten im Kopf. Was brauche ich wirklich im Leben, worauf kann ich auch mal verzichten? Egal, wie klein oder groß unser Ziel ist, ob wir mutiger werden möchten oder einfach nur Kraft tanken wollen: Jetzt ist die richtige Zeit, etwas Neues auszuprobieren, Hoffnung zu schöpfen und Zuversicht zu gewinnen. Lassen Sie sich von Geschichten aus dem Leben und Bibelstellen durch Ihre Fastenzeit begleiten!

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Seitenzahl: 136

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Ralf Meister (Hrsg.)

Luft holen!

Sieben Wochen ohne Panik

DER BEGLEITER DURCH DIE FASTENZEIT

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2024 by edition chrismon in der Evangelischen Verlagsanstalt GmbH · Leipzig

Printed in Germany

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Das Buch wurde auf alterungsbeständigem Papier gedruckt.

Fotos: Cover: Aleksandar Nakic / Getty Images Woche 1: Doro Zinn, 2: Helena Schätzle, 3: Marlene Pfau, 4: Maria Feck, 5: David Klammer, 6: Evelyn Dragan, 7: Caroline Schreer

Cover: Ellina Hartlaub, GEP gGmbH, Frankfurt am Main

Satz: makena plangrafik, Leipzig/Zwenkau

Druck und Bindung: BELTZ Grafische Betriebe GmbH, Bad Langensalza

ISBN 978-3-96038-406-9

eISBN (PDF) 978-3-96038-407-6

eISBN (E-Pub) 978-3-96038-408-3

www.eva-leipzig.de

Inhalt

Vorwort

Fenster auf!1

Seufzen2

Singen3

Frischer Wind4

Dicke Luft5

Ruhe finden6

Osterwunderluft7

Autorinnen und Autoren

Vorwort

Ralf Meister

Das Bild stammt aus dem Familienbesitz meiner Frau. Ein Erbstück. Vermutlich ist es im 17. Jahrhundert entstanden: Öl auf Holz gemalt. Es zeigt die Geschichte vom Goldenen Kalb aus der Bibel.

Großformatig, eins fünfzig mal eins zwanzig, mehr als fünfzig Personen sind dargestellt. Ein Bild voller Leben. Im Vordergrund sieht man das Volk bunt gemengt vor einem königlich gekleideten Mann: Aaron, der erhöht auf einem Thron sitzt unter einem Baldachin. Er inspiziert die Szene vor ihm. Frauen knien in prächtigen Gewändern und legen ihre Armbänder und Ketten zum Thron, Männer tragen goldene Vasen und Amphoren heran. Ein Teil der Menge tanzt um eine Säule, auf der oben ein Kalb in Gold steht. Dieses wilde Durcheinander fällt sofort ins Auge. Etwas entfernt stehen hohe Zelte, und dann entdeckt man im Hintergrund weite Wiesen und eine Hügelkette. Von einer dieser Anhebungen steigen zwei Männer herab. Mose, im Arm die Steintafeln mit den Geboten, begleitet von Josua.

Ich finde, dieses Bild, das meine Frau und ich erst vor einigen Jahren geerbt haben, passt perfekt in mein Büro. Jeden Morgen die Ermahnung, sich nicht vom Durcheinander dieser Welt irritieren zu lassen. Sich nicht permanent den Unsicherheiten und schnellen Antworten dieser Welt hinzugeben. Still zu werden, durchzuatmen und in die Weite zu schauen, von der Weisung kommt, Richtschnur für mein Denken und Handeln. In Psalm 121 heißt es: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, woher kommt mir Hilfe? Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.“

Die kommenden sieben Wochen laden ein, anzuhalten, den Blick zu heben und durchzuatmen. Was verursacht bei mir Panik, was macht mir Angst, was nimmt mir die Luft zum Atmen? Die Suche nach dem, was wir wirklich brauchen, die Frage nach den Quellen unseres Trostes und unserer Verbundenheit mit Gott und anderen brauchen Zeiten des Durchatmens. Das, was uns Menschen auf elementarste Weise mit Gott verbindet – dass wir von Gott den Atem haben –, ist zugleich auch, was wir mit allen anderen Lebewesen gemeinsam haben: unser gemeinsamer Odem – es ist Gottes Odem. Das zu entdecken, braucht Zeit. Ich wünsche Ihnen Gewinn bei der Lektüre und segensreiche Erfahrungen in dieser Fastenzeit!

Ihr Ralf Meister

Fenster auf!

1

Da machte Gott der Herr den Menschen aus Staub von der Erde und blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen.

1. Mose 2,7 (Lutherbibel 2017)

Fenster auf!

Ralf Meister

BIBLISCHE MINIATUR ZU 1. MOSE 2,7

„Kinder, macht die Fenster auf!“ Was uns als Teenager oft von unseren Eltern gesagt wurde, hat in den letzten Jahren auch bei dienstlichen Sitzungen Einzug gehalten. „Macht die Fenster auf!“ Während der Pandemie zeigten CO2-Messgeräte mit lautem Piepton an, wenn die Kohlenstoffdioxid-Werte im Raum ungesunde Ausmaße annahmen. Vieles aus der Pandemie haben wir bereits hinter uns gelassen, das regelmäßige Lüften von Sitzungsräumen hat sich gehalten. „Fenster auf!“, damit das Verbrauchte hinausgeht und das Neue hereinkommt. Mit frischer Luft im Raum lässt sich besser durchatmen.

Atem hat in allen Weltkulturen und Religionen eine herausragende Stellung. Atem ist die Bewegung des Lebens, ohne Atmung existiert kaum ein Lebewesen. Nach biblischer Vorstellung ist der Mensch von Anbeginn eng verbunden mit dem Atem Gottes. Gott schuf in der Schöpfungsgeschichte aus dem Klumpen Erde den ersten Menschen und hauchte ihm seinen Atem ein. Ohne diesen Odem wäre der Mensch tote Materie geblieben.

Das hebräische Wort, das wir heute oft mit Geist übersetzen, bedeutet neben „Atem“ auch „bewegte Luft“, „Wind“ oder sogar „Sturm“. Eine Kraft, die sich buchstäblich in Bewegung setzt. Sie macht aus uns lebendige Wesen. Der Odem Gottes wird uns eingehaucht, wir tragen ihn durch unser Leben, und eines Tages hauchen wir ihn wieder aus. Erde, Asche und Staub zeigen, dass wir geschaffen wurden. Geschaffen mit einem Körper, der auf dieser Erde atmet und lebt. Wir entstehen, indem Gottes Odem uns zu Geschöpfen mit Geist und Seele macht. In einem ersten Schrei werden wir Geschöpfe dieser Welt. Atmende Wesen, die in jedem Luftzug verbunden sind mit der Kraft, die das Leben uns eingehaucht hat.

Den Lebensodem zu spüren, braucht Zeit. Achtsame Augenblicke. Sieben Wochen liegen vor uns, in denen wir auf unsere inneren Bewegungen hören. Was brauche ich wirklich? Wo umtosen mich Winde, erstürmen mein Leben und wehen mich fort? Wo ist der Zug frischer Luft, der mich befreit. Sieben Wochen: Fenster auf!

„Die Definition von Wahnsinn ist:Immer wieder das Gleiche zu tunund andere Ergebnisse zu erwarten.“

Albert Einstein

ATEM LOS 1

Fabian Vogt

„Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den weht nie der richtige Wind. Seneca“, stand auf einem etwas kitschigen Poster an der Eingangstür des in die Jahre gekommenen Gemeindehauses neben Plakaten, die unter anderem für eine „Große Orgelnacht“, ein „Konfi-Camp“ und ein „Tauf-Fest am Baggersee“ warben. Aber das hing wohl noch vom vergangenen Jahr da.

Andrea war fast überrascht, dass der Schlüssel passte, den sie sich am Vortag bei der Pfarrerin abgeholt hatte. Dass tatsächlich mal was passte.

Vermutlich war es trotzdem eine „Schnapsidee“ … wie Erik, ihr Mann, ihr Vorhaben süffisant genannt hatte: ein wöchentliches Gesprächsangebot in der Passionszeit, „Luft holen – 7 Wochen ohne Panik. Zeit für mehr Achtsamkeit“.

Vermutlich würde eh keiner kommen.

„Du machst das doch vor allem für dich selbst“, hatte Erik bemerkt, und sie hatte trotzig genickt: „Ja, kann schon sein. Na und? Höchste Zeit, dass ich mal was nur für mich mache. Vor allem mal was, was mich auf neue Gedanken bringt. Das mich aus den eingefahrenen Mustern rausholt.“

Und dann hatte sie sich direkt über sich selbst geärgert. Weil sie angefangen hatte, sich ihm gegenüber zu verteidigen. Wie so oft. Warum nur?

Sie schüttelte bei der Erinnerung unwirsch den Kopf, nahm ihren Wäschekorb mit den Deko-Materialien, den sie zum Aufschließen auf den Boden gestellt hatte, wieder in die Hände und ging ins Innere des Gebäudes.

Vermutlich würde eh keiner kommen.

Ein seltsames Gefühl: einen Raum zu gestalten, ihn liebevoll zu dekorieren, ohne zu wissen, wer oder was sie erwartete.

Trotzdem macht sie sich ans Werk: ein Stuhl-Oval. Duftkerzen. Blumen. Stimmungsvolle Fotos. Eine bunte Picknickdecke als Eyecatcher. Getränke. Was zum Knabbern. Gedimmtes Licht. Leise Musik aus einer Box: Jazz; aber harmonisch.

Sie würde mit den Leuten eine kurze Vorstellungsrunde machen; mit der neugierigen Frage „Wann habe ich das letzte Mal so richtig durchgeatmet?“, ein paar Atem-Übungen … und dann wäre Zeit zum Austausch.

Aber mal ehrlich: Wer kommt zu so einem Abend?

Obwohl: eigentlich doch alle, die – wie sie – das Gefühl haben, dass sie dringend frischen Wind im Leben spüren wollen. Einen Neuanfang. Alle, die ahnen: Man kann sich nicht am eigenen Zopf aus dem Sumpf ziehen. Man braucht Unterstützung. Man sollte aktiv einen ersten Schritt wagen. Und zum Beispiel zu diesem Angebot gehen. Schön wär’s!

Vermutlich würde eh keiner kommen.

Andrea richtete sich auf, öffnete das Fenster, sog die frische Luft tief ein – mehrfach hintereinander –, dann schaute sie sich den Raum an … und musste plötzlich lächeln: Wie schön er war! Wunderschön! Zum Aufatmen schön.

Und plötzlich war es ganz egal, ob heute jemand erschien oder nicht. Dieser Raum würde ihr guttun. So richtig gut! Tat er jetzt schon. Und hatte sie sich nicht fest vorgenommen, nicht mehr alles so kritisch zu sehen? So negativ. Zumindest nicht vorschnell. Endlich raus aus dem ständigen Meckermodus. Kein Overthinking mehr. Also: Dieser Abend würde schön werden. Mehr als schön. Für sie allemal. „Ja, das würde er!“

Und dann war es neunzehn Uhr dreißig … und sie kamen: Nici, eine junge Mutter mit Baby, Annette, eine ehemalige Kommissarin, Jochen, ein Vertriebler für Verpackungsfolien, Peter, ein Musiker, Yvonne, eine MTA, und Günther, ein „Pensionist“, wie er betonte. Es konnte losgehen.

Eine spannende Gruppe. Und es ging los.

Und wie!

LUFT HOLEN!

Tobias Bilz

Stoßlüften ist das Mittel der Wahl für ein gutes Raumklima in der Heizungsperiode; erfrischend und energieeffizient, am besten mehrmals am Tag.

Die Bibel erzählt von der Erstbeatmung des

frisch geschaffenen Erdlings.

Gott bläst den Atem in die Nase des Geschöpfes,

und seither hebt und senkt sich das Zwerchfell

und mit ihm Bauchdecke und Brustraum.

Es atmet mich ohne mein Zutun.

Nur morgens ein erstes Gähnen.

Stoßlüften des müden Körpers.

Zwei, drei tiefe Atemzüge am offenen Fenster.

Der Atem strömt ein.

Ich spüre ihn frisch und feucht.

Irgendwo zwischen Nasenraum und

Rachen liegt mein Ankerpunkt.

Ein himmlischer Marker für

die Gegenwart Gottes hier und jetzt.

Ich achte auf den Atem.

Mein stilles Gebet, noch ehe Gedanken oder

Worte sich formen müssen.

Stoßlüften im Raum des Heiligen Geistes.

Wo könnte in der Kirche mal wieder „durchgelüftet“ werden?

FENSTER AUF GIBT LICHT UND KLARHEIT – FENSTER ZU AUCH SICHERHEIT

Hansjörg Kopp

Wir öffnen als kleine Gruppe den Besprechungsraum. Hier sollen wir gleich intensiv miteinander zielführend beraten und strategische, weitreichende Entscheidungen treffen. Alle bleiben in der geöffneten Tür stehen. Die Luft im Raum ist verbraucht, fast „zum Schneiden“. Der Raum ist schön, hat eine Fensterfront – aber keines der Fenster lässt sich öffnen. Irritiert schauen wir uns an: Wie soll hier Neues entstehen? Mir wird bewusst, wie oft sich dies in meinem Leben so oder so ähnlich ereignet. Zu voll, zu müde, zu verbraucht. Statt schlechter Luft mag es ein zu voller Schreibtisch oder ein aus den Nähten platzender Terminkalender sein. Wie anders mag es bei der Schöpfung gewesen sein. Es scheint, dass Gott Lust hatte am Gestalten und dazu entsprechend Luft, es auch umzusetzen. Wie kann ich mir in diesen Tagen und Wochen Freiraum schaffen, Durchatmen ermöglichen, Möglichem neuen Raum geben?

Unser Sohn war zwölf Jahre alt, als wir ihm zum Geburtstag ein Fenster schenkten. Seine Freude war erwartungsgemäß und altersgerecht verhalten. Als wir unser Haus bezogen, bekam er das dunkelste Zimmer mit einem kleinen Fenster zur Nordseite nahe an der haushohen Hecke des Nachbarn. Als das Fenster eingebaut war, war der Raum nicht wiederzuerkennen, obwohl er sich nur auf einer Fläche von etwa einem Quadratmeter an der Wand änderte. Weite zog ein und Licht und damit Lebensfreude und Lebensqualität. Auch Jahre später erfreuen wir uns alle an dieser Entscheidung. Gott will Weite schenken, Licht und Freundlichkeit. Wo braucht es möglicherweise von mir aus neue Fenster, um den eigenen Blick zu weiten? Anderen Menschen eine neue Chance zu geben oder mir selbst oder Gott? Ein Fenster als Geschenk? Ja, jedes Fenster ist ein Geschenk. Eventuell ist es an der Zeit, mich selbst zu beschenken?

Gott will Weite schenken, Licht und Freundlichkeit.

Die Aussichtsplattform des Willis Tower in Chicago liegt auf 412 Meter Höhe. Vor einigen Jahren wurden Glasbalkone eingebaut, die nur an der Gebäudeseite befestigt sind. Man tritt auf einer Glasscheibe sozusagen aus dem Gebäude heraus und kann an der Gebäudefassade nach unten schauen. Von Glas umgeben wage ich einen Schritt nach außen – und bin froh, dass sich das Fenster nicht öffnen lässt. So empfinde ich Sicherheit – gewiss, an einem außergewöhnlichen, nicht alltäglichen Ort. Langsam kann ich die Weite, die sich mir öffnet, genießen. Nur zögerlich geht mein Blick nach unten. Noch immer halte ich irgendwie die Luft an. Unsere Kinder drängeln. Bereits vorab hatten sie sich Posen überlegt und gute Foto-Momente. Völlig unerschrocken und mit großem Vertrauen bewegen sie sich auf dem Glas, unter dem in schwindelerregender Tiefe die Straße zu sehen ist mit Autos im Matchbox-Format. Sie fühlen sich sicher und geschützt. Hat Gott uns mit dem, wie er die Welt ins Leben gerufen hat, nicht auch einen „safe space“, einen sicheren Raum gegeben und anvertraut? Geborgen in seiner Hand, so seine Zusage, Tag und Nacht als Rahmen, der unser Alltagsleben umgibt?

Fenster auf, auch gerne zur Erfrischung und Erneuerung.

Fenster, ja! Wunderbar. Fenster auf, auch gerne zur Erfrischung und Erneuerung. Um den Horizont zu weiten, Perspektiven zu wechseln, Vertrauen zu finden, kann es hin und wieder auch gut sein, dass da ein Fenster ist, das sich nicht öffnen lässt. Ein geschützter Raum.

Ohne Fenster leben zu müssen, ist hingegen eine grausame Vorstellung. Ich beginne, mit denen zu leiden, die das Unvorstellbare erleben. Dankbar bin ich Gott, der uns ins Leben gerufen hat, weil er Weite schafft und Raum gibt. Gerne will ich ihm auch mein Fenster in mein Inneres öffnen.

FENSTER AUF!

Anne Brisgen

Der Wind, der Wind – das himmlische Kind! So antworten Hänsel und Gretel geistesgegenwärtig auf die Frage der bösen Hexe, wer sich da wohl an ihrem Haus zu schaffen mache. Das himmlische Kind spielt gern. Mit Blättern, Bäumen, Gräsern. Ich liebe dieses Spiel. Mag es, wenn meine Haare im Wind fliegen. Das himmlische Kind macht mich damit auch zu einem spielerischen Wesen. Und jedes Mal erkenne ich wieder: Ich kann es nicht sehen, das himmlische Kind – ich sehe nur, was es tut. Ich höre sein Rauschen in den Baumkronen und zwischen den Häusern mitten in der Stadt. Ich freue mich, wenn meine Gedanken durchgepustet werden, sobald ich die Fenster öffne. Und schau ich in den Himmel, sehe ich, wie es Wolken hin und her schiebt und Windräder drehen lässt. Und auf dem Wasser bläht es die Segel und formiert die Wellen. Säuselnd, pfeifend, heulend, brausend, wehend.

Es ist ein Wort, welches im Neuen Testament für Wind, Atem und Geist verwendet wird. Und damit sagt: Was du als äußere Bewegung wahrnimmst, geschieht in jedem Augenblick in dir.

Ein und aus. Ein und aus. Ein und aus.

So geht der Atem. Breathe in. Mit dem ersten Atemzug beginnt der Rhythmus des Lebens – das demokratischste Prinzip, das ich denken kann. Es braucht nicht eine Person mehr Luft als die andere! In diesem Rhythmus ereignen sich Gedankenstürme, Sinneswandel, Neuanfänge, tiefe Erkenntnisse. Sie können stürmisch und sanft sein, belebend oder durcheinanderwirbelnd, für klarere Sicht sorgen auf die Dinge des Lebens und zur Auseinandersetzung herausfordern.

Pneuma. Atem, Wind, Geist.

Über den Wind sagt Jesus zu Nikodemus in der Erzähltradition des Johannesevangeliums:

(…) beim Wind ist es so:

Er weht, wo er will. Du hörst sein Rauschen.

Aber du weißt nicht, woher er kommt und

wohin er geht. (Johannes 3,8)

Die Geistkraft Gottes. Unverfügbar, unbestimmbar, unberechenbar.

So mag ich Gott am liebsten. Als diese kreative Geistkraft. Sie hält mich lebendig. Hinterfragt mich. Schließlich befrage ich mich auch oft selbst nach dem Wind, nach dem Geist, der mich treibt, und nach der Kraft, die verbindet, die es vermag, alle anderen Geister zu durchwehen. Ein wind of change.

Die Seele ist wie ein Wind,

der über die Kräuter weht,

und wie der Tau,

der auf die Gräser träufelt,

und wie die Regenluft,

die wachsen macht.

Genauso ströme der Mensch

ein Wohlwollen aus auf alle,

die da Sehnsucht tragen.

Ein Wind sei er,

der den Elenden hilft,

ein Tau,

indem er die Verlassenen tröstet,

und Regenluft,

indem er die Ermatteten aufrichtet

und sie mit der Liebe erfüllt wie Hungernde,

indem er ihnen seine Seele gibt.

Hildegard von Bingen

So hängt alles zusammen. Wind, Geist, Atem in der Seele des Menschen. Unvergleichlich poetische Bilder von Hildegard von Bingen. Gott ist lebendig als Geist, Atem, Wind.

Und jetzt wünschte ich, man könnte pneuma auch mit Mut übersetzen:

Mut weht, wo er will. Du hörst sein Rauschen?

Wann waren Sie das letzte Mal wirklich mutig? Hat es sich gelohnt?

ATEM SCHÖPFEN

Martin Vorländer

Atem schöpfen.

Ich mag den Ausdruck.

Er hat so etwas Schöpferisches, Kreatives.