Faszien Yoga - Lucia Nirmala Schmidt - E-Book

Faszien Yoga E-Book

Lucia Nirmala Schmidt

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Beschreibung

Faszien stützen den Körper und umhüllen Muskeln, Organe und Knochen. Das muskuläre Bindegewebe spielt eine bedeutende Rolle für unsere Beweglichkeit und Leistungsfähigkeit. Sie Je geschmeidiger die Faszien sind, desto besser sind die Körperwahrnehmung und die Koordination. Bei Schmerzen verkleben sie jedoch und auch Stress lässt die Spannung in den Faszien steigen. Dies führt auf Dauer zu einem Verlust der Elastizität, zu Steifheit und Verhärtungen. Verklebte Faszien sind häufig die Ursache von Rücken- und Hüftschmerzen sowie Beschwerden im Schulter- und Nackenbereich. Die Yogalehrerin und Faszien-Expertin Lucia Nirmala Schmidt erläutert alles Wissenswerte zum Thema und stellt ein sanftes, aber effektives Übungsprogramm zur Dehnung und Anregung des Bindegewebes vor – für Gesundheit und ein rundum gutes Körpergefühl.

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Dank

Als Erstes möchte ich Annette Bach danken, dass sie nicht lockergelassen und so insistiert hat, dass ich nicht anders konnte und mich dem Thema Faszien zuwenden MUSSTE. Der Austausch mit ihr ist immer frisch, chaotisch und experimentierfreudig. Dank auch meinen Schülerinnen, die sich offen und interessiert auf die vielen Experimente eingelassen haben und so feinfühlig und achtsam waren, mir hilfreiche Rückmeldungen zu geben. Robert Schleip hat mich bei unserer ersten Begegnung regelrecht angesteckt. Er ist – ganz im Sinne des Bindegewebes – ein wahrer »Netzwerker«, der mit seiner humorvollen, lockeren und wachen Art sofort den Funken der Begeisterung in mir entfacht hat. Ich bewundere die Offenheit, mit welcher er seine Daten und Informationen teilt; die Freude, Lust und Ausdauer, mit welcher er verschiedene Fachleute zusammenbringt und wie diese mit ihren Erkenntnissen und Erfahrungen sich gegenseitig und auch andere inspirieren. Thomas Myers’ »Myofasziale Leitbahnen« entsprechen meiner Liebe zu Ordnung und Struktur. Durch sie gibt es in diesem endlosen faszialen Netzwerk gewisse Orientierungspunkte. Diese machen es leicht, einem Konzept zu folgen, wenn man Übungen entwickeln will. Wer mein Bewusstsein für die Faszien verändert hat, ist Gil Hedley. Er hat mich zutiefst berührt mit seinen klaren anatomischen Erklärungen, die zugleich philosophisch und poetisch sind. Erst durch ihn wurde mir die Erkenntnis geschenkt, worum es bei den Faszien auf einer umfassenden, ganzheitlichen und übergeordneten Ebene geht. Dankbar bin ich mit meiner Lehrerin und meinem Lehrer des Kashmir Shivaismus verbunden, die es mir mit ihrer Begleitung möglich gemacht haben, die unmittelbare Berührung mit dem Leben und dem feinstofflichen Gewebe zu erfahren, das alles durchdringt und alles mit allem verbindet. Diese Erfahrung der Einheit mit der Kraft, die hinter allem steht, hat mich transformiert.

EINSTIMMUNG AUF DAS THEMA

»Das Höchste, wozu ein Mensch gelangen kann, ist das Erstaunen.«

Johann Wolfgang von Goethe

© Simon Bolzern

Einleitung

Um es gleich vorwegzunehmen – Faszien sind nichts Neues. Egal, was wir tun, Faszien sind an jeder Bewegung maßgeblich beteiligt. Viele Manualtherapeutinnen arbeiten seit Jahrzehnten mit diesem Gewebe. Was allerdings neu ist, sind die Untersuchungsmöglichkeiten, aus denen hervorgeht, welch Wunderwerk die Faszien sind. Wir beginnen erst jetzt zu erahnen, welche Möglichkeiten sich uns eröffnen, wenn wir die Faszien gezielt ansprechen. Jetzt kennen wir die viel größere Bedeutung, die den Faszien zukommt. Sie sind keineswegs totes Verpackungsmaterial, sondern ein verbindendes System, ein eigenständiges Organ, versehen mit vielen Nervenendigungen, Schmerz- und Bewegungssensoren. Sie sind Sinnesorgan, verantwortlich für die Eigenwahrnehmung und für das Körperbewusstsein, welches sich sogar auf das Immunsystem und die Psyche auswirkt. Alles hängt mit allem zusammen und deshalb ist es nicht sinnvoll, alles in Einzelteile zu zerlegen, um das Wesen der Dinge und die Essenz dahinter zu erfahren. Aus der Sicht der Faszien gibt es im Körper keine klaren Grenzen – alles geht fließend ineinander über. Zu kultivieren gilt es stattdessen einen ganzheitlichen, systemischen Ansatz, der die vielfältigen Vernetzungsdynamiken innerhalb des großen Ganzen erfasst.

Als ich vor einigen Jahren begonnen habe, mich intensiv mit dem Thema »Faszien« zu befassen, gab es dazu zwar Forschungsergebnisse und Publikationen in medizinischen Fachzeitschriften oder Fachliteratur für Osteopathie und Therapie, doch für interessierte Laien oder Bewegungspädagogen/innen gab es gerade mal Thomas Myers’ Buch Anatomy Trains. Mittlerweile sind in den wenigen Monaten, die ich an diesem Buch geschrieben habe, bereits eine Vielzahl an Faszien-Büchern für Sport, Gymnastik und Yoga erschienen – weitere werden sicher folgen. Das Interesse an diesem Gewebe ist explosionsartig gestiegen, und mittlerweile kann man gar nicht mehr von einem Trend sprechen, sondern vielmehr von einer Tendenzwende in Sachen Bewegung und Bewusstsein.

Mit dem neuen Wissen der Faszienforschung können wir das, was wir im Yoga bereits tun, verfeinern. Wir werden besser verstehen, wie die Yoga-Übungen wirken bzw. welche feine Modifikationen wir machen können, um dieses Gewebe noch »sinn-voller« anzusprechen. Dabei beginnt die Erfahrung im Körper und dehnt sich über den Atem weit über seine Grenzen ins Feinstoffliche aus.

Mein persönlicher Bezug zu den Faszien

»What one experiences through movement can never be expressed in words; in a simple step there may be a reverence of which we are scarcely aware. Yet through it something higher than just tenderness and devotion may flow into us and through us.«

(Rudolf von Laban in seiner Autobiografie A Life for Dance, 1975, S. 38)

Ich habe das Glück, dass ich bereits seit Anfang der 80er-Jahre intensiv und »von Berufs wegen« mit Bewegung zu tun habe und so verschiedene Trends nicht nur selbst miterleben, sondern zum Teil auch prägen konnte. Als Kind habe ich im Turnverein Gymnastik mit und an verschiedenen Geräten geübt. Während meiner Tanzausbildung habe ich verschiedene Schwung-, Sprung- und Tanztechniken von Rudolf von Laban über Hans J. Medau, von Martha Graham über José Limón kennengelernt. Ich bin in Kontakt gekommen mit Feldenkrais und Pilates. In den frühen 80er-Jahren verpasste Jane Fonda der etwas verstaubten und altmodischen Gymnastik eine Frischzellenkur: Aerobics, eine Mischung aus Gymnastik und Tanz, war geboren – frei, schwungvoll, schnell, intensiv, »fun«. Die vielen Verletzungen, zu denen es dabei anfangs kam, brachten in der Folge mehr Sicherheit und Struktur auf den Plan, denn es wurde nur noch langsam und kontrolliert geübt, die Übungen wurden muskulär geführt – alles Schwingende, Federnde, Wippende dafür aus dem Repertoire gestrichen. Die Rückenschule predigte zudem fortan, alles nur noch mit stabilisiertem, geradem Rücken und abgestützt auszuführen, die Brügger-Technik hingegen sah vor, alles nur noch in außenrotierten Positionen und in einer Extension zu üben – jede Beugung des Rückens und jede Innenrotation waren bzw. sind verpönt. Neue Forschungen prägten in den 70er-Jahren das Krafttraining, in den 80er-Jahren beeinflusste die Wissenschaft das Herz-Kreislauf-Training, richtiges Dehnen wurde in den 90er-Jahren heiß diskutiert (übrigens deutete da bereits alles darauf hin, dass das, was wir dehnen, in erster Linie auf das Bindegewebe im Muskel wirkt), und die lumbale Stabilisation mit Pilates erlebte in den Jahren um 2000 ihr Revival. Für mich bekamen die Bewegungen etwas Steifes, total Unlebendiges – alles war scheinbar »sicher«, kontrolliert. Anfang der 90er-Jahre habe ich, neben Jazz- und Modern Dance, begonnen, Tai Chi und Qi Gong zu praktizieren – wir haben geschüttelt, gefedert, geklopft und geschwungen. Achtsame, vom Atem begleitete, organische, wellen- und spiralförmige Bewegungen ließen Meditation in Bewegung entstehen. Kurz darauf kam ich zum Yoga.

In meiner körpertherapeutischen Ausbildung vor etwa 20 Jahren habe ich bereits gelernt, dass Faszien ein ganz besonderes Gewebe sind und für unsere Haltung und Bewegung essenziell. Da sie auch Emotionen »einlagern« und sozusagen einen Erinnerungsspeicher besitzen, bedeutet das, dass jedes Erlebnis, an welches eine starke Emotion geknüpft ist, Spuren hinterlässt – nicht nur im Gehirn und Nervensystem, sondern auch im Bindegewebe. Dies wiederum hat Einfluss auf die Art, wie wir uns bewegen und verhalten. Wir haben das damals einfach »abgenickt«, doch ich verstehe erst jetzt wirklich die Bedeutung und Dimension dieser Aussage. Aus der Sicht der neuen Faszienforschung ergibt das für mich noch mehr Sinn – durch die hohe Dichte an Sensoren sind die Faszien sozusagen unser sechster Sinn und sie reagieren auf jegliche Art von Stress, indem sie sich zusammenziehen und uns eng werden lassen – nicht nur körperlich, sondern auch mental und emotional.

In den vielen Jahren als Yogalehrerin und Bewegungspädagogin habe ich verschiedene bewegungstherapeutische Methoden und spirituelle Ansätze aus Japan, China, Indien und dem Westen näher kennengelernt und selber praktiziert, die, ohne es besonders zu betonen, alle auf die Faszien wirken, wie z.B. Katsugen Undo, Qi Gong, Tandava, Continuum Movement, Body-Mind Centering, Franklin-Methode und Yamuna Body Rolling. Als ich 2004 auf Thomas Myers’ Buch »Anatomy Trains« gestoßen bin, habe ich es mir gekauft und gelesen. Danach ist es – ich gebe es zu – im Bücherregal gelandet. Da stand es dann die folgenden Jahre recht unbeachtet. Der Faszienforscher beschreibt darin immer wieder, dass sich Yoga-Übungen durch die vielen Dehnungen, Ganzkörperübungen und die achtsame Ausführung ganz wunderbar dazu eignen, die Faszien zu »trainieren«. Ist doch super, dachte ich, dann passt das ja. Zumal ich bereits in den 90er-Jahren die Bewegungspädagogik »TriloChi« entwickelt hatte, die genau die Komponenten in das Training integriert, welche die Faszienforschung heute empfiehlt. Dies hatte ich zuvor intuitiv gespürt, erfasst und in dieses umfassende, ganzheitliche Bewegungskonzept sowie meinen Yoga-Stil einfließen lassen (während um mich herum »funktionelle Bewegung« gleichgesetzt war mit Training für isolierte, einzelne Muskelgruppen, einem stabilisierten Rücken und wenig freiem Bewegungsspielraum). Und damit war mein Interesse an dem Thema »Faszien« dann auch schon wieder erloschen. Einerseits, weil ich seit Jahren nach diesen Gesichtspunkten unterrichtete, und andererseits, weil es (mir) im Yoga nicht allein um Training und Dehnung ging. Ganz abgesehen davon, dass es wunderbar (und wichtig!) ist, einen geschmeidigen, kraftvollen und gesunden Körper zu haben, interessierten mich seit jeher mehr die feinstofflichen, energetischen und philosophischen Aspekte des Yoga. Ich sah also keinen Bedarf, intensiver in dieses Thema einzutauchen.

Das Gespräch mit meiner Kollegin Annette Bach hat dann alles verändert und mich auf eine innere Reise geschickt, die mit den Fragen begann: Wie können die neuesten Erkenntnisse der Faszienforschung bewusst und gezielt in den Yoga-Unterricht einfließen, ohne dabei auf einer rein körperlichen Ebene stecken zu bleiben? Wie kann der Aspekt der Gesundheit und des Wohlbefindens in die Yoga-Praxis integriert werden, ohne dass dies vom inneren Thema des Yoga wegführt? Wie können die speziellen Faszien-Übungen dazu beitragen, mehr nach innen zu finden und sich nicht noch mehr im Außen zu verlieren? Wie können all die präzisen Anleitungen helfen, sich mehr im Fühlen zu verankern, statt noch mehr zu »verkopfen«?

Ich gebe es zu: Die Faszien faszinieren mich! Ich fühle mich bestätigt in dem, was ich bisher intuitiv erfahren und in meinen verschiedenen Ausbildungen gelernt habe. Ich wusste, dass das, was ich tue, wirkt. Jetzt weiß ich auch, warum. Nicht, dass das immer nötig wäre. Aber schaden tut es auch nicht!

Anliegen des Buches

Bindegewebe möchte belebt und in der Regeneration unterstützt werden. Es soll vital und geschmeidig sein. So fühlen Sie sich wohl in Ihrem Körper, sind leistungsstark und Ihre Bewegungen sind elegant, anmutig und kraftvoll, weil sich Ihre Koordination verbessert. Ihre Muskeln können effizienter arbeiten, Ihre Sehnen und Bänder werden belastbarer und auch Ihre Silhouette wird straffer.

In FaszienYoga verwebt sich die Weisheit des Yoga mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Faszienforschung, einem integralen Verständnis von Anatomie, verschiedenen körpertherapeutischen Verfahren sowie langjähriger persönlicher Erfahrung – sowohl der eigenen Bewegung als auch im Unterrichten von Yoga-Praktizierenden und im Begleiten von Yoga-Lehrer/innen. Dieses Buch gibt einen Einblick in die aktuelle Faszienforschung sowie neue Impulse, die Sie in Ihrer Yoga-Praxis einsetzen können, um gezielt und vielfältig auf die Faszien einzuwirken.

Mein Anliegen ist es, das zurzeit aktuelle Wissen über die Faszien und die Empfehlungen für Sport, Prävention und Rehabilitation in die Yoga-Praxis umzusetzen und Yoga-Übungen in der Art zu gestalten, dass das Gewebe gezielt angeregt, genährt und gepflegt wird und die Übungen »fasziengerecht« sind. Da die Faszien ein Sinnesorgan sind, soll die Praxis bewusst alle Sinne ansprechen und auch Freude bereiten. Nur so werden Sie die Übungen auch regelmäßig ausführen und Erfolg haben. Gleichzeitig soll die FaszienYoga-Praxis es ermöglichen, die inneren Sinne zu öffnen, um das tiefe, innere Anliegen des Yoga erfahrbar zu machen.

Unsere Zeit verlangt nach Visionen, die das Verbindende betonen: die Verbindung der Menschen über nationale, kulturelle und religiöse Grenzen hinweg, die Verbindung von Mensch und Natur, von Wissenschaft und Praxis, von Heiligem und Profanem, von Gesundheit und Meditation, von Alltag und Spiritualität. Dabei gehe ich von einem ganzheitlichen, humanistischen Menschenbild aus – Körper, Gefühle, Verstand und Seele bilden eine vielschichtig verwobene Einheit. Um eingefahrene Verhaltensmuster zu lockern und eine neue Dimension des Lebens zu erfahren, muss man innovative Wege gehen, die auf persönlicher Selbsterkenntnis aufbauen, getragen sind von Präsenz und der Verankerung im gegenwärtigen Erleben sowie von gegenseitiger Offenheit, die von einer kulturellen und religiösen Toleranz geprägt ist.

Dieses Buch entstand auf meinem Weg hin zu der tieferen Bedeutung unserer Faszien. Die Arbeit daran spornte mich an, viel zu entdecken und zu staunen, doch mich selbst als »Expertin« zu bezeichnen, fällt mir, angesichts der noch vielen offenen Fragen und Möglichkeiten, schwer. So freue ich mich, wenn Sie als Interessierte genauso zu Entdeckerinnen werden, wenn Sie sich eingeladen fühlen, alles auszuprobieren, eigene Erfahrungen zu sammeln und zu spüren, was der Yoga-Tradition, in der Sie unterrichten oder praktizieren, am meisten entspricht und zu Ihnen passt. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine lustvolle, experimentierfreudige Reise in die faszinierende Welt der Faszien.

Aufbau des Buches

An jeder Bewegung sind die Faszien beteiligt, doch dies stellt keine gezielte und effiziente Trainingsmethode dar. Die Dosierung und die Impulse sind beliebig und eher zufällig. Faszien brauchen ganz bestimmte und besondere Reize, die außerhalb der gewohnten und stereotypen Bewegungen liegen. Wie das geht, erfahren Sie in diesem Buch.

Nach einem kurzen Überblick über die Geschichte der Faszien und eine Einführung in die Charakteristika der Faszien möchte Sie das zweite Kapitel mit den anatomischen und physiologischen Details vertraut machen. Wir schauen uns an, wie die Faszien aufgebaut sind und welche Eigenschaften sie haben. Dies bildet die Grundlage, auf welche sich die praxisrelevanten Empfehlungen, etwas weiter hinten im Buch und in den Videos, stützen. Die Theorie ist wichtig, damit wir wissen, warum wir etwas tun. Nur so können wir auch gezielt etwas verändern und effektiv trainieren. In einem weiteren Schritt geht es darum zu erkennen, was die Faszien verfilzen und verhärten lässt und wie sie auf die besonderen Trainingsreize reagieren und sich anpassen. Daraus eröffnet sich Ihnen ein Verständnis dafür, wie Sie diese neuen Impulse in Ihrer Yoga-Praxis einsetzen und Ihr Übungsrepertoire erweitern bzw. verfeinern können. Erst so können Sie für Ihre Praxis profitieren, neue Einsichten erlangen und ein nachhaltiges und befriedigendes Bewegungsgefühl nach den Übungen erfahren. Auch Fragen, die mir in meinen Ausbildungen und Workshops immer wieder begegnen (z.B. die Themen Schmerz, Rücken, Faszien im Alter, Cellulite), finden in diesem Buch entsprechende Aufmerksamkeit.

Darüber hinaus erfahren Sie mehr über das innere Anliegen des Yoga, insbesondere der tantrischen Strömung. Dabei wird deutlich, wie die Faszien auf der grobstofflichen, körperlichen Ebene ihre feinstoffliche Entsprechung finden im tantrischen Yoga. Die tiefe, sinnliche Körpererfahrung im FaszienYoga ermöglicht die Erforschung des inneren Raumes und die Erfahrung von Frei-heit.

Um die Faszien zu trainieren bzw. geschmeidig, elastisch und belastbar zu erhalten, gibt es verschiedene Zugangswege. In einem eigenen Kapitel erfahren Sie mehr über myofasziale Self-Release-Techniken mit den MyoFascial-Tools, über Fluid Refinement, verschiedene Dehnimpulse im Fascial Stretch und der Rebound Elasticity sowie über die Auswirkung des Tönens, der Entspannung, der tensegralen Ausdehnung, der Assists und über innere Bilder. All dies können Sie anhand einiger Übungsbeispiele gleich selbst ausprobieren. Praxistipps gibt es immer wieder im Buch. In den FaszienYoga-Videos finden Sie zudem jeweils eine kleine Praxis zu den vier von Robert Schleip und dem Faszienforscher-Team empfohlenen Zugangswegen, ein Basis-Übungsprogramm sowie eine FaszienYoga-Praxis für die oftmals überlastete Schulter-Nacken-Region.

Dieses Buch mit Videos richtet sich an Yoga-Übende, Yoga-Lehrer/innen sowie an alle, die interessiert am Thema Faszien und Yoga sind. Mein Anliegen an Sie alle ist es, Ihnen das Zusammenspiel zwischen innerer und äußerer Haltung, Denken, Fühlen und Bewegung näherzubringen, sodass Sie erkennen und verstehen, was wie auf die Faszien wirkt. Ziel der Übungsprogramme ist es, durch innere Erfahrung in den Yoga-Haltungen die Wahrnehmung und das Bewusstsein für die Faszien zu verfeinern. Zugleich lassen diese Übungen sowohl Stabilität als auch Leichtigkeit und Weite in Körper, Geist und Herz entstehen. So können Sie bewusst entsprechende Impulse in den Unterricht oder die eigene Praxis integrieren.

Ziele dieses Buches

Sie erhalten ein grundlegendes Wissen zur Anatomie der Faszien

Sie verstehen die Wirkung unseres Denkens, Fühlens, unserer Haltung und Bewegung auf die Faszien

Sie kennen deren Relevanz für Bewegung und Yoga

Sie kennen die verschiedenen Zugangswege und Grundübungen, um Faszien anzusprechen

Sie erhalten eine Übersicht über die myofaszialen Leitbahnen

Sie kennen verschiedene Tools zur Entspannung der Myofaszien

Sie können das erworbene Wissen in der eigenen Yoga-Praxis umsetzen

Mit den FaszienYoga-Videos können Sie das Gelesene direkt anwenden.

Was ermöglicht FaszienYoga?

Elastische Spannkraft und geschmeidige Qualität des Fasziennetzes

Dynamische, funktionelle Kraftentwicklung

Erhöhung der Leistungsfähigkeit

Schutz vor Verletzungen, Schmerz und Störungen

Entspannte Haltung

Ökonomische Bewegung

Kürzere Regenerationszeit

Aktivierung der Selbsthilfemechanismen des Immunsystems

Verspannte Regionen können gelöst werden

Differenzierte Körperwahrnehmung

Die Erfahrung von Gelassenheit in Körper und Geist

Sich im eigenen Körper zu Hause fühlen

Erfahrung von Raum und Weite

Freiheit in der Bewegung

Geschichte der Faszien im Überblick

»Menschen mit einer neuen Idee gelten so lange als Spinner, bis sich die Sache durchgesetzt hat.«

Mark Twain

Alles spricht zurzeit über Faszien. Sie sind in den letzten Jahren immer stärker in den Fokus gerückt – auch im Yoga. Dabei gab es vereinzelt bereits in den 1930er-Jahren in den USA Untersuchungen über die Faszien, mit denen versucht wurde, dieses besondere Gewebe zu verstehen, doch bis zum ersten internationalen Fascia Research Congress an der Harvard Medical School in Boston (USA) im Herbst 2007 fristeten die Faszien hier in Europa eher ein Schattendasein. Mit der freien und experimentellen 68er-Bewegung, welche viele neue körpertherapeutische Methoden entwickelt hat, genossen auch die Faszien bereits in den 70er-Jahren etwas mehr Aufmerksamkeit: In Deutschland gab es – neben verschiedenen Illustrationen und Texten über Faszien in Büchern – auch am Max-Planck-Institut in Bayern eine Abteilung für Bindegewebsforschung. Im Zuge der Molekularforschung geriet dieses faszinierende Gewebe jedoch in Vergessenheit und somit blieb auch der weitreichende Einfluss auf unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit weitgehend unentdeckt. Dabei wiesen bereits Ida Rolf (1896–1979), die Begründerin des Rolfings, sowie vor ihr Andrew Taylor Still (1828–1917), der Vater und Begründer der Osteopathie, auf die weitreichende Bedeutung der Faszien hin. Sie haben die Faszien als Gewebe des Lebens schon vor langer Zeit intuitiv erfasst. A.T. Still bezeichnete die Faszien sogar als »Außenstellen des Gehirns«: »Wenn man mit den Faszien arbeitet, behandelt man die Zweigstellen des Gehirns; und nach den allgemeinen Geschäftsregeln haben die Zweigstellen gewöhnlich die gleichen Eigenschaften wie die Zentrale. Also warum sollte man die Faszie nicht mit dem gleichen Maß an Respekt behandeln wie das Gehirn selbst?«

Faszien – früher

A.T. Still und Ida Rolf hatten in ihrer Sicht auf die Faszien viele Gemeinsamkeiten. Während jedoch das Rolfing den Menschen immer im Kontext der Schwerkraft und Bewegung sieht, setzt die Osteopathie andere Schwerpunkte: Diese können von chirotherapeutischen, kraftvollen Griffen bis hin zu feinsten Impulsen gehen. Die Stellen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, empfangen sanfte Impulse. Dadurch bekommt der Organismus die Möglichkeit, sich wieder selbst auszugleichen.

Ida Rolf war Biochemikerin und hat sich mit der Gedankenwelt von A.T. Still und solchen Methoden, die wir heute der Komplementärmedizin zuordnen würden, beschäftigt. Zudem war sie dem Yoga sehr zugetan – seiner Praxis wie auch seiner Philosophie. Ihre Idee war, dass sich der Körper formen lässt, und zwar weit über eine rein äußerliche Dehnung hinaus in eine innere Öffnung. Wie Peter Schwind in seinem Buch »Faszien – Gewebe des Lebens« eindrücklich beschreibt, soll Ida Rolf Hatha-Yoga-Praktizierende während des Übens genauestens beobachtet und dort Hand angelegt haben, wo die Schülerinnen in den Haltungen nicht »von innen« loslassen konnten. Dies soll sozusagen die Geburtsstunde ihrer eigenen Methode, dem Rolfing, gewesen sein. Sie nannte die Faszien »das Organ der Form«.

Faszien – heute

Seit dem ersten Faszienkongress 2007 fanden bis heute zwei weitere internationale Konferenzen zum Thema »Faszien« statt. Es öffneten sich immer weitere neue Türen, die einluden, das Wesen der Faszien zu entdecken. Es war Zeit für eine neue Sicht auf die Faszien! Mittlerweile hat die Revolution schon stattgefunden und sie zieht immer größere Kreise. Die Begeisterung und der Enthusiasmus der Faszienforscher sind ansteckend.

Das Besondere an der modernen Faszienforschung ist auch, dass bereits zu Beginn ein Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis gesucht wurde, zwischen Forschern und Praktikern. Dies ist insbesondere ein großer Verdienst von Dr. Robert Schleip, dem zurzeit populärsten Faszienforscher und Leiter des Fascia Research Projects am Institut für Neurophysiologie der Universität Ulm. Beim ersten Faszienkongress hat er zusammen mit Thomas Findley bewusst alle Koryphäen der Bindegewebsforschung vernetzt und Biologen, Neurologen, Faszienforscher, Sportwissenschaftler, Manualtherapeuten und Bewegungspädagogen eingeladen, um Erfahrungen, Studien und Forschungsergebnisse auszutauschen und zu diskutieren.

Bedeutende Faszienforscher, wie Thomas Myers mit den »Anatomy Trains«, Danièle-Claude Martin mit »Biotensegrity«, die amerikanische Neurologin Helene M. Langevin mit ihrer Idee der Faszien als »nicht neuronalem Kommunikationsnetzwerk« oder Peter A Huijing mit »General principles«, beschreiben ihre Ergebnisse und Erfahrungen mit Faszien. In Deutschland hat Robert Schleip konkrete trainingsmethodische und didaktische Empfehlungen extrahiert. Diese neuen Einsichten der internationalen Faszienforschung führen zu konkreten Anwendungsempfehlungen in der Praxis, welche er zusammen mit seiner Frau Divo Gitta Müller und ihrem Team in Fascial-Fitness umsetzt.

Manualtherapie, westliche Gymnastik, Qi Gong, Yoga und Faszien

Die Faszienforschung ist in der Sportwissenschaft ein recht junges Themengebiet, wohingegen die Therapie den Faszien schon seit Jahrzehnten Beachtung schenkt. Allerdings mit wenig entsprechenden wissenschaftlichen Daten. Verschiedene Manualtherapien, wie z.B. Osteopathie oder Rolfing, ahnten um die Bedeutung und Wichtigkeit der Faszien für unser Wohlbefinden, unsere Leistungsfähigkeit und Gesundheit und entwickelten Methoden, um dieses Gewebe gezielt und wirksam zu behandeln. Dazu zählen Techniken wie Schütteln, Lockern, Friktionieren, Klopfen, schmelzender punktueller Druck oder solcher mit Bewegung, Dehnen, Ziehen, Schröpfen und Ähnliches.