Faule Mieten - Sonja Rudorf - E-Book

Faule Mieten E-Book

Sonja Rudorf

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Beschreibung

Der Frankfurter Wohnungsmarkt ist Kampfzone. Als Jona Hagen eine kleine Mansarde in einer Villa findet, kann sie ihr Glück kaum fassen. Aber die Ruhe trügt. Ihr Vormieter, ein Immobilienmakler, wurde im nahegelegenen Sinaipark brutal ermordet, und ausgerechnet ihr Freund ist leitender Ermittler. Während die ersten Blüten den Frühling in Frankfurt ankündigen, ziehen in Jonas Leben dichte Wolken auf. Ein Haus ist noch kein Zuhause. Das muss auch Ellen Beetz am eigenen Leib erfahren. Einst Altenpflegerin, hat sie sich nun der Pflege der alten Villa verschrieben, in der sie lebt. Kein leichtes Unterfangen bei diesen Mietern. Als die scheue Bankangestellte aus dem 1. Stock plötzlich ein Mordgeständnis ablegt, gerät neben Jona auch Ellen in einen Strudel der Ermittlungen. Leidet die Rentnerin im Rollstuhl wirklich an Demenz, lebt der Weinhändler nur für sein Lädchen, sind die Ansichten des Philosophiestudenten über Schuld rein philosophischer Natur? Und wie kam die Vermieterin überhaupt dazu, Haupterbin zu werden?

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Sonja Rudorf

Faule Mieten

Frankfurt Krimi

Alle Rechte vorbehalten • Societäts-Verlag

© 2021 Frankfurter Societäts-Medien GmbH

Satz/E-Book: Julia Desch, Societäts-Verlag

Umschlaggestaltung: Bruno Dorn, Societäts-Verlag

Umschlagabbildung: Alexander Levitsky/Shutterstock

Printausgabe ISBN 978-3-95542-409-1

E-Book ISBN 978-3-95542-426-8

1

Die Villa schlief. Körniges Licht lag auf ihren Holzstufen. Noch waren sie unberührt. Man konnte spüren, ob jemand sie betreten hatte, man musste nur den Kopf ein wenig zur Seite neigen und ins Halbdunkel lauschen. Und dann war da der Atem, lautlos und unbewegt, ein Atem wie kurz vor dem Erwachen. Niemand außer ihr hörte den Atem der Villa.

Ellen ließ ihren Blick über das Ölbäumchen auf dem Fenstersims gleiten, bevor sie aus dem Türrahmen trat und in ihre Wohnung zurückkehrte. Die Stille im Treppenhaus war schön, jeden Morgen aufs Neue.

Sie öffnete die Fensterläden in ihrer Küche. Sechsuhrfünfzehn. Im Stift brühten sie gerade Kaffee für die Stationen auf. Noch war die Baustelle schräg gegenüber verwaist. Schlaff hing das Gerüstnetz zwischen den Metallstreben. Sie schob die Gardine vor und bereitete sich ein üppiges Frühstück zu. Bevor der Baulärm begann, saß sie längst im Wohnzimmer, das nach Osten zeigte und auf den rückwärtigen Garten hinausging. Irgendwann kehrte wieder Frieden in der Straße ein. Erst gestern hatte sie einer Freundin im Kino erzählt, wie gut es tat, nicht mehr arbeiten zu müssen und sich später noch behaglich durch die Spätsendungen gezappt. Eine kleine Stadtvilla pflegen statt gebrechlicher Menschen, gar nicht so schlecht. Sie biss in ihr Wurstbrötchen. Während des Frühstücks ging sie die Besorgungen des Tages durch. Wandfarbe und Klebeband, dazu Pinsel vom Baumarkt. Nachher würde sie die Wände des Wäschebodens vom Schimmel befreien und die nassen Flecken übertünchen. Im Flur raschelte es. Bella schoss in die Küche und schlug ihre ausgefahrenen Krallen in den Sisalstamm. Zwei Sätze, und sie blickte triumphierend von der obersten Plattform des Kratzbaumes auf den gedeckten Tisch. Verrücktes Vieh.

Es war zehn Uhr, als Stimmen von der Straße zu ihr hereindrangen. Maren stand mit zwei Männern vor dem Gartentor und bat sie schließlich in die Villa. Zwei Männer. Der eine schmal und groß, mit blütenweißem Hemd unter der Lederjacke und Bluejeans, der andere korpulent. Nein, dick.

Ellen eilte in den Flur und presste ein Auge an den Spion, doch sie waren schon in der Wohnung gegenüber verschwunden. Kurze Zeit später folgten sie Maren durchs Treppenhaus. Im Geiste zählte sie die Stufen mit. Zweiter Stock! Die helle Stimme des Studenten ertönte, dann eine dunklere, ruhig und bestimmt. Was wollten die von Joschua? Jetzt verebbte das Gespräch, aber niemand kam herunter. Es ging hoch ins Dachgeschoss.

Der Dachboden!

Wahllos zerrte Ellen Blusen aus dem Kleiderschrank, ließ in der Dusche Wasser darüber laufen und hastete mit der eingeweichten Wäsche die Stufen hinauf. Am letzten Treppenabsatz hielt sie inne. Ihr Atem ging schwer. Sie war fünfzig und übergewichtig; dazu hatte die Neugier sie schneller als sonst die Stufen hinauf und ihr die Luft aus den Lungen getrieben.

»Guten Morgen.« Der Große mit der Lederjacke lächelte freundlich. Er trug Latexhandschuhe. »Kriminalpolizei. Steiner.« Sein Blick glitt über ihren Wäschekorb. »Und Sie sind?«

»Ellen Beetz. Ist was passiert?«

»Kennen Sie den Mieter dieser Dachmansarde näher?«

»Herrn Fischer? Nein, der wohnt doch erst seit zweieinhalb Monaten hier. Wieso?« Ihr Atem schnarrte.

»Wann haben Sie ihn denn das letzte Mal gesehen?« Der Kommissar postierte sich vor der Tür zum Dachboden und versperrte ihr die Sicht. Wo waren Maren und der Dicke?

»Gestern Mittag. Bei den Mülltonnen habe ich ihn kurz gesehen. Hat er was verbrochen?«

»Wie kommen Sie darauf?«

»Bloß so.«

»Herr Fischer ist gestern tot aufgefunden worden.«

Unwirklich drangen die nächsten Worte des Kommissars an ihr Ohr, die von einer Ermittlung sprachen.

»Tot?… Ist er da drin, in seiner …?« Sie schnappte nach Luft. Wie viele Tote hatte sie im Stift gesehen, aber hier im eigenen Haus, und noch dazu ein junger Mann. Die Vision eines wächsernen Gesichtes trat vor ihre Augen, und mit diesem Bild setzte der Schwindel ein. Sie spürte das Treppengeländer in ihrem Rücken und einen festen Griff an ihrem Oberarm, während ihr der Kommissar riet, sich zu setzen. Von der Treppe aus wirkte er riesig.

»Keine Ahnung, warum er seine Mansarde nicht abgeschlossen hat. Vielleicht, weil hier jeder jedem vertraut.« Maren trat aus der Dachetage. »Herr Boehm im ersten Stock könnte zu Hause sein, der macht seinen Weinladen erst gegen Mittag auf. Und Frau Kücherer. Die Gute ist etwas vergesslich und manchmal verwirrt. Soll ich mitgehen?«

»Nicht nötig. Mein Kollege kennt sich mit Demenz aus, das ist in Ordnung.«

»Wie wahr.« Unter dem Arm des korpulenten Polizisten, der nun vom Dachboden kam, klemmte ein Laptop. »Das nehme ich mit. Und werde bei Bedarf nochmal auf ihr freundliches Angebot zurückkommen.«

Er nickte Maren zu. Ächzend begleiteten die Holzdielen seinen Abstieg.

Kurz darauf ertönte aus dem ersten Stock die Türklingel, und wenig später die erfreute, zu laute Stimme der Mieterin.

Die treuherzige Kücherer. Jetzt würde sie mit ihrem Rollstuhl wenden und ihm voraus in ihre Küche fahren, um ein Gläschen Port aus dem Schrank zu holen. Hauptsache Unterhaltung.

Ellen rappelte sich auf und zog ihre Bluse über den Hosenbund.

Prüfend sah der Kommissar sie an, bevor Maren in seinem Rücken fragte, ob sie noch etwas tun könne.

»Ihr Gedächtnis nach auffälligen Dingen durchforsten«. Er reichte ihr eine Visitenkarte und ließ sie am Treppenabsatz stehen. Es dauerte eine Weile, bis sie sich daran erinnerte, dass sie nicht allein war.

»Geht’s wieder?«

Ellen nickte. Unter ihnen, im zweiten Stock rechts öffnete sich die Tür. Die freundliche Stimme Steiners blieb unerwidert, bis Viktor Boehm ihn hereinbat. Stille senkte sich über das Treppenhaus. Doch diesmal war es keine schöne Stille.

Auch Maren war ohne ein weiteres Wort den Weg nach unten angetreten. Wieso redete sie nicht mit ihr? Ellen nahm ihren Wäschekorb und lief hinterher. Kurz bevor sie das Erdgeschoss erreichte, schnappte die Tür gegenüber ihrer Wohnung zu. Unschlüssig stand Ellen in der Diele, bevor sie ebenfalls in ihre Wohnung ging.

»Was für ein Angebot?«, simste sie, während sie Bella auf ihrem Schoß mit der freien Hand durchs Fell strich. Doch ihr Handy blieb stumm.

Ein toter Mieter in der Villa. Das brachte Unglück. Neun Monate hatte sie stillgehalten, die Villa, wie bei einer Geburt. Und dann gebar sie diese Brut.

Draußen schlug die Haustür zu, die beiden Männer stiegen in einen olivgrünen Mercedes. Was sie wohl auf dem Laptop von Torben Fischer finden würden? Dieser nette Mensch, der für jeden ein freundliches Wort auf den Lippen trug und sich so gut in die Gemeinschaft integriert hatte.

Das Schrillen der Türklingel riss sie aus ihren Gedanken. Maren ließ sich nicht lange hereinbitten und ging schnurstracks ins Wohnzimmer durch.

»Der Fischer ermordet! Das gibt’s doch gar nicht. Was für ein Glück, dass sie ihn nicht in seiner Mansarde abgestochen haben.« Sie schob zwei Plüschkissen zur Seite und ließ sich auf das Sofa nieder.

»Tee?« Beinahe hätte ihre Stimme versagt, dabei war es doch nur Maren, die schon wieder so frisch aussah, als sei nichts gewesen. Sie hatte neuen Lippenstift aufgelegt, und der Nasenstecker funkelte wie ein Diamant aus dem gebräunten Gesicht.

»Hast du nichts Stärkeres?«

Ellen fing ein Lächeln auf, das nach Verzweiflung aussah. Sie war wohl doch nicht die Einzige, die ein Mord im Haus aus der Fassung brachte. Und was würde erst Hanna Vers aus dem zweiten sagen. Die wohnte direkt unter ihm. Sie ließ die Teekanne in der Küche links liegen und entnahm der Vorratskammer eine Flasche Pfirsichlikör. Etwas anderes bekam sie um diese Uhrzeit nicht herunter.

Als sie zurückkam, saß Maren auf der vorderen Kante des Sofas, als habe sie Angst, in seine Tiefen gezogen zu werden. Hinter ihr krochen die Strahlen einer späten Märzsonne übers Polster. In diesem Licht sah es aus, als regne es Staub.

»Die haben gefragt, wer für die Villa zuständig ist.« Maren nahm das gefüllte Glas entgegen, leerte es auf Ex und schüttelte sich. »Boah, also echt.«

»Und dann?«, hörte Ellen sich fragen und nippte am Likör.

»Gings weiter wie im Film. Dieser Steiner hat mir seinen Ausweis gezeigt und gefragt, ob sie reinkommen können. Kaum waren wir in der Wohnung, sagt er: Herr Fischer wurde heute Morgen tot im Park gefunden.«

»Im Park?« Bella, die um ihre Beine schnurrte, nahm Reißaus. »In welchem?«, fragte Ellen leiser nach.

»Im Sinaipark. Ein paar Meter von hier! Abgestochen.« Die Flasche Pfirsichlikör wanderte in Marens Hand und nach wenigen Sekunden auf den Tisch zurück. »Eiskalt abgestochen. Und jetzt kommt das eigentlich Krasse.«

Der Staub im Sonnenlicht stand still. Ellen blinzelte. Sie war sich nicht sicher, ob sie das hören wollte. Was konnte denn noch krasser sein, als abgestochen im Park zu liegen?

»Der Typ war Immobilienmakler. Und jetzt rate mal, bei welcher Firma.« Marens Augen blitzten auf, Ellen kannte dieses elektrisierte Braun, Kurzschlussaugen nannte sie es bei sich, wenn Maren wirklich wütend war, und wie von diesem Stromschlag getroffen, schlug der Blitz der Erkenntnis unbarmherzig nun auch bei ihr ein, und sie erfasste mit einem Mal das wirkliche Ausmaß der Situation.

»Er sagte doch, er nimmt eine Auszeit«, hörte sie sich krächzen, »von seinem Bürojob und seiner Ehe. Einmal habe ich sogar ein Streitgespräch am Telefon mitbekommen.«

»Seine Scheidungsgeschichte stimmt. Das, was er von seiner Tussi erzählt hat, kann man nicht erfinden. Aber alles andere.« Maren winkte ab. »Er hat sich ja ausrechnen können, dass er den Dachboden nicht kriegt, wenn wir gewusst hätten, für wen er arbeitet.«

»Und jetzt?«

»Jetzt hat sich seine Frau die Scheidung gespart.« Maren lächelte, dass es einen gefrieren konnte. »Vielleicht lernen wir sie kennen, wenn sie seine Sachen abholt. Ich bin gespannt.«

2

Einbauküchen! Jona Hagen schlug den Schrank mit dem Ellbogen zu. Für jedes Kochutensil musste man eine Tür öffnen und dazu wissen, hinter welcher genau das Gesuchte stand. Einbauküchen waren so uninspirierend wie Büroarchive, wie Tonic ohne Gin, wie Kochen ohne ein Gläschen Wein. Sie seufzte. Wie konnte man nur keinen einzigen Tropfen Alkohol im Hause haben? Zum dritten Mal öffnete sie den Hängeschrank mit den Vorräten. Gewürze, Dosen, Packungen mit Nudeln, Reis, gläserweise Eingemachtes und Süßkram. Von geistigen Getränken keine Spur. Dabei war Ulf doch ein Gourmet. Sie leerte die Pfanne, in der die Goldbrassen bis vor Kurzem noch auf Ingwer und Chili gebrutzelt hatten, über dem Mülleimer aus. Natürlich war Jakob genau in dem Moment an der Küchentür vorbeigestreift, in dem die Doraden angebrannt waren. Gut, dass sie ein paar Fische mehr gekauft hatte. Die Ersatzgoldbrassen würde sie im Ofen backen, auch wenn sie ihnen dafür den Kopf abtrennen und sie bis zum Schwanz aufschlitzen musste.

Aus dem Flur drangen Geräusche, ein Schlüssel klimperte. Kurz darauf spürte sie zwei Hände um ihre Taille.

»Was wird das denn Schönes?«

Jona wandte sich um, doch in dem scharfkantigen, schmalen Gesicht war keinerlei Ironie zu erkennen.

»Sorry. Das war Dorade, die erste. Der zweite Akt landet in fünfundzwanzig Minuten auf dem Tisch. Laut chefkoch.de. Beim Kochen bin ich ohne Vino irgendwie blockiert.«

»Dann geh ich mal in den Keller. Da warten hundert Fläschchen darauf, deine Blockade zu lösen.«

»Du hast einen Weinkeller?« Jona trat einen Schritt zurück und konstatierte das feine, inzwischen so vertraute Lächeln in seinem Gesicht. Heute sah es erschöpft aus.

»Wieso weiß ich das nicht?«

»Etwas muss man ja noch in petto haben.«

Fünf Minuten später kehrte er mit zwei Flaschen Sauvignon Blanc zurück.

»Eine für die Fische, die andere für uns. Soll ich dir helfen?«

Bei der Umarmung drückte seine Dienstwaffe gegen ihre Brust.

»Nimm lieber eine Dusche und entspann dich. Du siehst schrecklich aus.«

Bei Tisch wurde wenig geredet. Steiner lobte die Dorade, sein Sohn schaufelte anstandslos eine Gabel nach der anderen in sich hinein. Das Klirren des Bestecks erinnerte Jona an ihre Kindertage. Ungutes Schweigen, und niemand, der es zu durchbrechen wagte. Außer ihr natürlich. Jona, das Enfant terrible.

»Morgen ziehen sie das Gerüst hoch.« Sie schob sich eine Kartoffelscheibe in den Mund und fing Steiners Du-kannst-gerne-hierbleiben-Blick auf. Ohne zu kauen, würgte sie den Bissen hinunter. »Einen Winzbalkon an die Küche gepappt und Einheitsbäder im Luxuschromstil. Ich will das nicht, selbst wenn ich es mir leisten kann. Die denken, die können einem diktieren, was schön ist. Dabei geht es nur um Kohle.« Ihre Kehle brannte. Der Sauvignon Blanc half auch nicht wirklich. Tief atmen, bis die heiße Welle der Wut abgeflaut war, riet sie ihren zu Jähzorn neigenden Patienten. Wie schwer das war! Sie schielte zu Botticellis Venus. In Originalgröße, knapp drei auf zwei Meter, hing der auf Leinen gezogene Kunstdruck an der Längsseite des Wohnzimmers. Sollte die Liebesgöttin jemals zornig gewesen sein, hatte sie das glühende Gift in Melancholie verwandelt.

Jona legte ihr Besteck beiseite und lächelte in die Runde.

»Schön, dass ich hier willkommen bin. Ich glaube, ich ziehe wirklich morgen bei euch ein. Mein Kleiderschrank passt gut in Jakobs Zimmer. Taschen und Jacken stopfe ich hinter sein Bett. Die paar Mal, die ich Besuch von einer Freundin kriege, kann Ulf ja in die Kneipe gehen. Und ich bekoche euch jeden Abend, sobald ich von der Praxis heimkehre.«

Unkommentiert standen ihre Worte im Raum, der Vierzehnjährige verzog keine Miene.

»Mensch, bist du gut erzogen.« Jona legte die Gabel nieder und sah dem blassen Jungen ins Gesicht. Der Anflug eines Bartflaumes lag auf seinen Wangen. »Ich würde einen Horror kriegen, wenn mir das jemand ankündigen würde. Schreikrämpfe oder Mordgedanken. Keine Sorge, ich habe es nicht ernst gemeint.«

Doch statt zu lachen, stand Jakob auf und verließ das Zimmer.

»Oje. Soll ich ihm nachgehen?«

Steiner winkte ab. »Ich fürchte, er ist unglücklich verliebt.«

»So witzig war es auch nicht. Ich bin gestresst von dem Baulärm.« Sie sah auf. »Außerdem verliere ich gerade mein Zuhause.«

Eine ungemütliche Stille breitete sich aus. Ulf zog seine Brille ab und rieb sich die Augen, bevor er ihr einen um Nachsicht bittenden Blick zuwarf.

»Wir suchen nächstes Wochenende in der Zeitung, einverstanden? Es gibt immer Angebote. Auch für so Familien wie uns.«

»Weißt du, was für ein Haifischbecken dieser Wohnungsmarkt geworden ist? Teuer und korrupt. Ich habe im Netz nach einer Vierzimmerwohnung geschaut. Wahnsinn.«

Steiner nickte.

»Und dann dieses pikierte Schweigen, wenn du fragst, ob sie noch was Preiswerteres haben.« Sie holte Luft, um die Sekretärin eines Maklerbüros nachzuahmen, und spürte Steiners Hand auf ihrem Unterarm.

»Nicht heute, bitte.«

»Ist irgendwas passiert?«

Ulf schwieg einen Moment. »Er hatte diese Sportschuhe an. Genau die gleichen, die ich mir letzte Woche auch gekauft habe.«

»Wer?«

»Der Tote. Die gleichen Laufschuhe, das gleiche Trikot. Für einen Moment dachte ich, ich liege da.«

Jona ließ ihren Blick über die aufrecht sitzende Gestalt ihres Freundes gleiten. So angegriffen kannte sie ihn nicht. Den Bullenblues hatte es mal ein ehemaliger Patient aus dem Polizeimilieu genannt, wenn man die Gewalt nicht mehr auf Distanz halten konnte. Von ihm hatte sie auch gelernt, dass dieser Blues so lange sein Lied spielte, bis man ihm zuhörte. Ulf schien ihn gut zu kennen. Wieder eine neue Seite von ihm.

Instinktiv spülte sie die mitfühlenden Worte mit einem Schluck Weißwein hinunter. Aus Jakobs Zimmer drangen leise Klänge der Gitarre, die sie ihm zu Weihnachten geschenkt hatte.

»Wenn du erzählen magst – ich bleibe gerne«, sagte sie schließlich, »aber ich könnte mir vorstellen …«

Sein dankbarer Blick ließ sie verstummen. Schweigend räumten sie den Tisch ab. An der Tür hielt er sie noch einmal fest.

»Nächste Woche fangen wir mit der Wohnungssuche an, versprochen.«

»Ich lass mein Handy an.« Sie grub ihr Gesicht in seine Halsbeuge. »Und rück mich bei Jakob wieder in ein gutes Licht.«

»Nicht nötig. Er hat dich längst ins Herz geschlossen, er kann es nur nicht zeigen.«

Das Licht im Treppenhaus erlosch in dem Moment, in dem die Wohnungstür sie aus seiner Welt ausschloss. Jona tappte im Dunkeln die Stufen hinunter.

***

In ihrer psychotherapeutischen Praxis fühlte sie sich noch am wohlsten. Arbeiten mit Menschen, die etwas vom Leben wollten und einen ehrlichen Blick darauf wagten, es gab nichts Schöneres. Zudem lenkten die Gespräche mit den Patienten sie von dem Gefühl des Verlustes ab, das sie seit Wochen begleitete. Bornheim war nicht verschwunden, nur weil ihre Vermieter beschlossen hatten, aus den liebenswerten Einzimmerwohnungen sanierte Luxusschnittchen zu machen. Leben ist da, wo man selbst ist. Am Küchenschrank ihrer Wohnung, die sie Ende des Monats räumen musste, hing noch die Karte mit diesem Spruch. Jona wischte den Gedanken an die leeren Gewürzregale fort und notierte sich auf ihrer To-Do-Liste Keller ausräumen. Mixer, alte Skier, Gartenstühle, Farbtuben, Tage- und Skizzenbücher, Weinkisten, Weihnachtsschmuck und Briefe von Menschen, die längst in anderen Welten Fuß gefasst hatten. Wenn sie an all die aufgetürmten und ineinander geschobenen Relikte ihres bisherigen Lebens dachte, wurde ihr ganz anders. Sie sollte einen großen Container bestellen und die Zeugen ihrer Vergangenheit für immer im städtischen Abfallmeer begraben.

Es war später Nachmittag, als ihr letzter Patient die Praxis verließ. Nicht nur er hatte sich heute sehr verletzlich gezeigt; auch die essgestörte Managerin war bei der Schilderung ihres Streites mit der Tochter besonders emotional geworden. Ob das an ihr lag, an der aufgewühlten Stimmung, die sie unterschwellig ausstrahlte?

Sie sann über diese Frage nach, ohne zu merken, dass ihre Kollegin Ute die Praxisküche betrat.

»Redebedarf?« Ute knotete ihr Lockenhaar im Nacken zusammen. Das Sommersprossenmeer in ihrem Gesicht war Jona so vertraut wie dieser intensive Blick, dem für gewöhnlich nichts entging. Einen Moment zögerte sie, dann schüttelte sie den Kopf.

»Etwas mehr Schlaf wäre gut.«

»Oder etwas weniger Pastis.« Ute klimperte mit den Wimpern. »Ich krieg gleich noch einen Patienten. Lass uns morgen mal in Ruhe Pause machen. Hasta luego.«

Jona sah ihr nach. Seit ihrer Auszeit in Spanien trug sie sommers wie winters Espadrilles und lachte unbekümmert auf, wann immer sich eine Gelegenheit dazu bot. Wie gerne wäre sie ihr ins Sprechzimmer gefolgt und hätte ihr Herz ausgeschüttet, doch bevor sie etwas andeuten konnte, klingelte es an der Tür.

Zu Hause warteten die vorgefalzten Umzugskartons. Lange blieb sie am Fenster stehen und sah auf die Straße, die ihr seit Jahren das Gefühl gab, ein Teil dieser Stadt zu sein.

Über dem Dachfirst war der Mond aufgegangen, der oft in ihr Zimmer spähte, heute schon am frühen Abend. Wenn sie ihren Kopf aus dem Fenster streckte, konnte sie rechts an der Ecke die Bäckerei sehen. Mehr als einmal hatte sie sich warme Schokocroissants aus den blauen Plastikwannen stibitzt, die morgens angeliefert wurden, und einen Fünfeuroschein gut versteckt an die Palette geklemmt. Damit war jetzt Schluss. Genau wie mit spontanen Besuchen in der Apfelweinkneipe gegenüber oder einem Spaziergang über die Bergerstraße, wenn die Großstadtmelancholie sie nach allem greifen ließ, was Leben versprach. Es wurde ohnehin Zeit für den Abschied vom Weltschmerz. Sobald sie mit Ulf und Jakob zusammenzog, würde sie Teil einer Familie sein. Sie betrachtete das gegenüberliegende Haus mit dem Giebel, das ihr noch nie so schön vorgekommen war, und ließ das Klingeln ihres Handys verstreichen. Dreiundvierzig Jahre musste sie werden, um vom Alleine-Wohnen Abschied zu nehmen. Sie war eine Einzelgängerin, in den Augen ihres Vaters unvermittelbar, in denen ihrer Schwester ein Unikat. Wie stark ihre Verliebtheiten auch gewesen waren, wie wild die Abenteuer, immer hatte es in ihrem Leben einen Ort gegeben, an dem sie sich verkriechen konnte und der nur ihr gehörte. Sie war der Singlewohnung treu geblieben, wenn man von dem fünfmonatigen Fiasko mit Giorgo absah. Der italienische Fotografiestudent hatte ihre Welt aus den Angeln gehoben, um sie für eine dezentere Version ihrer selbst zu verlassen. Danach hatte sie sich geschworen, keine Kompromisse mehr einzugehen und alleine zu wohnen. Und jetzt war sie es, die Ulf zur gemeinsamen Wohnungssuche drängelte!

Das Leben an der Seite eines Kriminalkommissars würde nicht leicht werden. Knapp und so liebenswürdig, wie das am Steuer im Straßenverkehr eben ging, hatte er ihr am Morgen mitgeteilt, sein Tag sei straff. Fallrecherche bei einer Immobilienfirma, der Besuch der Witwe des Verstorbenen, Dienstbesprechung, später noch Elternabend. Sie würde sich an seinen erschöpften Abendanblick gewöhnen müssen, und an einen Alltag auch jenseits ihrer Verliebtheit.

»Grins nicht so«, fuhr sie Mister Bones, das medizinische Skelett an, das im Flur nonchalant ihre Tasche und zwei Jacken auf seinem Skelettkörper trug. »Sonst sortier ich dich aus.«

Was konnte sie überhaupt ins Nordend zu Steiner und seinem Sohn mitnehmen, ohne die Dreizimmerwohnung zu überfrachten?

Ihr Blick schweifte durch die Wohnung. Den Futon auf keinen Fall. Und ihr Designerkühlschrank passte auch nicht in diese verfluchte Einbauküche. Sie brauchte eine Abstellkammer, besser noch ein kleines Studio. Seit ihr Gartenatelier letzten Winter abgebrannt war, besaß sie keinen Rückzugsort mehr, und gemalt hatte sie seither auch nicht.

Den Rest des Abends verbrachte sie damit, im Halbdunkel des Zimmers zu sitzen.

Ulf würde ihre SMS verstehen. Nie waren sie sich so nahe wie in den Momenten, in denen sie wortlos ihre Unvollkommenheit stehen ließen.

Am Morgen wurde sie unsanft vom Baulärm geweckt. Sie trank zwei Espresso in der Küche, bevor sie eine Umzugskiste in die Mitte ihres Wohnzimmers stellte und anfing, wahllos Kleidungsstücke einzupacken.

Die scharlachrote Bluse, Kordhosen in verschiedenen Farben, das Pailletten-T-Shirt und ihre geliebte, gepunktete Jacke mit den weit ausgeschnittenen Taschen. Darüber die solideren Sachen für wichtige Anlässe. Weiße Blusen, dunkle Jeans. Schwarze Budapester. Sie warf ihre Clogs Größe 43 hinterher. Wie sollte sie ausmisten, wenn an jedem Teil ein Stück Identität hing? Sie klappte den Karton zu und blieb eine Weile darauf sitzen, bis sie beschloss, dem Tag ein anderes Gesicht zu geben und ins Bad verschwand.

Auf der Vespa kehrten ihre Lebensgeister zurück. Sie klappte das Visier auf und sog die frische Frühlingsluft ein. Wenn sie den Papierkram auf ihrem Praxisschreibtisch ignorierte, war sie frei bis zum Mittag. Die Südseite des Mains lag in der Sonne, wie lange war sie nicht mehr am Flussufer spazieren gegangen, und anschließend ins Städel. Während sie sich zu erinnern versuchte, welche Ausstellung lief, fand sie sich auf der dreispurigen Adickesallee wieder. Steiner! Sie fuhr also geradewegs zum Polizeipräsidium. So sah ihre Freiheit aus; jedenfalls das, was ihr Unterbewusstsein sich darunter vorstellte. Die Vespa röhrte, als sie den Gasgriff bis zum Anschlag aufdrehte, doch mit dem Auftauchen des Präsidiums verdichtete sich der Verkehr und kam vor der roten Ampel zum Erliegen. Endstation Steiner. Ihr Herz pochte, als sie mit laufendem Motor an der Kreuzung stand, fünfzig Meter Luftlinie von seinem Büro entfernt, und mit jeder Faser ihres Körpers in Versuchung, diese fünfzig Meter zu überwinden.

Nur unwillig folgte sie der Aufforderung der grünen Ampel und bog nach der Kreuzung rechts in eine Seitenstraße ein. Ruhig war es hier. Sie geriet auf eine breite Spielstraße, vorbei an Mietshäusern und einem Abenteuerplatz, ließ sich von der fremden Kulisse leiten, die abseits der großen Straßen ihr Eigenleben führte.

Mit der nächsten Abzweigung gelangte sie ins Villenviertel. Wie von Zauberhand schien die Zeit angehalten. Ein prächtiges Haus reihte sich an das nächste. So sah also ein wohlfeiles Wohnviertel aus. Eines, das sich selbst genügte. In den Anblick einer mächtigen Trauerweide verloren, wich sie im letzten Moment einer Filmspule aus, die über die Straße rollte. War das gerade Sperrmüll gewesen? Sie bremste ab und sah in den Rückspiegel. Tatsächlich Sperrmüll. Und auf der anderen Seite, etwas zurückgesetzt, ein Mehrparteienhaus im Gerüst. Also auch hier. Von wegen Zauberhand. Bevor sie wieder Gas geben konnte, blieb ihr Blick im Rückspiegel hängen. Ein Mann in Jeans und Baseballkappe warf ein Regalbrett auf den Sperrmüllhaufen und verschwand wieder aus dem Bildausschnitt.

Ob hier jemand auszog oder nur ausgemistet wurde?

Jona parkte ihre Vespa am Gehsteig und schlenderte die wenigen Meter zu Fuß zurück. Ein Blick nach links ließ sie überrascht stehenbleiben. Im Schutz einer Blätterhecke erstreckte sich eine Rasenfläche, in deren Mitte eine malerische Villa stand. Dass die Fensterläden brüchig waren und Putz von der Fassade bröckelte, tat ihr keinen Abbruch. Im Gegenteil. Jona ließ den Anblick der kleinen Stadtvilla auf sich wirken. Sechs freistehende Steinstufen führten zu einer Eingangstür, wie man sie aus alten Filmen kannte. Als sie den Mann mit der Baseballkappe aus der Haustür treten sah, verspürte sie eine kleine Aufregung.

»Entschuldigen Sie.« Sie ignorierte seine verschlossene Miene. Er sah müde aus, und unrasiert. »Ziehen Sie aus?«

»Mein Bruder«, antwortete er und verstaute die Schreibtischlampe im Kofferraum seines Wagens.

»Es geht mich nichts an. Aber wieso zieht man denn aus so einer Villa aus?«

Jona zwang sich, dem durchdringenden Blick des Mannes standzuhalten, der sich an seinen Volvo lehnte.

»Mein Bruder … hat sich etwas vergrößert.« Er lächelte schief. »Aber falls Sie eine Wohnung suchen – das hier ist nur eine Dachmansarde. Vielleicht versuchen Sie es eher da drüben.« Er deutete auf das eingerüstete Haus in seinem Rücken. Hier entstehen Eigentumswohnungen für Sie, verriet ein Banner.

»Nein danke.«

Ihr Gegenüber lächelte, diesmal freundlich.

»Die Vermieterin dieser Villa wohnt selbst hier. Frau Keiler. Erdgeschoss rechts. Einfach mal klingeln.« Er wandte sich wieder seinem Kofferraum zu, und Jona besah sich das schmiedeeiserne, vom Rost zerfressene Klingelschild. Sechs Mietparteien. Ein neuer Kosmos. Warum, verdammt nochmal, nicht. Sie drückte den Klingelknopf rechts unten, und beinahe im gleichen Moment ertönte der Summer.

3

Rückzugsgedanken, kenn ich. So ’ne kleine Flucht aus dem Alltag, es gibt nichts Besseres.« Das raue Lachen der Vermieterin schallte durch die Küche. Schwarz, Gold, Silber, andere Farben gab es hier nicht. Wie auf einer Raumstation, dachte Jona und trank ohne mit der Wimper zu zucken den Tütenespresso, den Frau Keiler vor sie gestellt hatte. Dass diese Frau gelegentlich aus dem Alltag ausbrach, glaubte sie ihr aufs Wort. Was für eine Energie. Selbst ihr Lachen war dynamisch.

Als die Türklingel ging, sprang sie mit den Worten auf, das sei bestimmt einer ihrer zukünftigen Mitmieter.

Jona sah ihr nach. Zwanzig Minuten Smalltalk, ein Lächeln bei der Erwähnung der Immobilienhaie im Viertel und die schnörkellose Wahrheit über den Grund ihrer Zimmersuche hatten ihr die Tür geöffnet. Sie konnte ihr Glück kaum fassen. Der Preis war unfassbar günstig. Wie gut, dass sie durchs Dichterviertel gefahren war, statt zu Steiner ins Präsidium. Einen Moment wurde ihr heiß. Nur da hatte sie der Wahrheit einen kleinen Schnörkel verliehen. Was er wohl dazu sagen würde, dass sie einen Lehrer aus ihm gemacht hatte?

Sie trat ans Fenster. Rasen, Büsche, eine Hecke, deren ungeschnittene Zweige in alle Richtungen zeigten. Für dieses Viertel nahm sich der Vorgarten schmucklos aus.

Von hier sah man, wie unauffällig sich das gusseiserne Gartentor zwischen die hohen Bäume schmiegte. Kein Wunder, dass es von der Straße kaum zu sehen war.

»Gefällt Ihnen die Aussicht?« Frau Keiler stand im Türrahmen und musterte sie unverhohlen. »Hintenraus ist es gepflegter. Und von oben nochmal anders.« Sie klimperte mit dem Schlüssel in der Hand.

Zwei Minuten später unterdrückte Jona einen kleinen Freudenschrei. Die Zwölfquadratmeterbude, wie es die Vermieterin nannte, besaß weder Schrägen noch eine Dachluke, sondern ein großes Fenster. Helles Licht floss in den Raum und auf den Steinboden. Eine olivgrüne Tapete mit goldenen Ornamenten zierte die Wände.

»Sie können natürlich auch neu tapezieren. Ihr Vormieter fand Geschmack daran.« Ihr Lachen klang nach zwei Schachteln Zigaretten am Tag. »Toilette ist über den Gang, mit etwas größerem Waschbecken.«

Jona öffnete einen der Fensterflügel. Der Ausblick hatte etwas Erhabenes; über die Baumkronen hinweg konnte sie auf das stuckverzierte Wohnhaus jenseits der Straße sehen. Daneben, etwas zurückgesetzt, dieses Baugerüstmonster. Hier entstehen Eigentumswohnungen für Sie, las sie ein zweites Mal, diesmal von oben. Am Horizont ragte der schlanke Fernmeldeturm in den Himmel, und die Miete, die Frau Keiler ihr noch einmal bestätigte, zerstreute jeden Zweifel.

Als sie eine Viertelstunde später das Haus verließ, sah sie das Dornbuschviertel mit anderen Augen.

In der Praxis empfing sie das Plätschern des Sandsteinbrunnens, und eine von Utes Patientinnen, über eine Zeitschrift gebeugt, nickte ihr vom Wartebereich aus zu. Wie schaffte Ute dieses Arbeitspensum, eine Sitzung nach der anderen? Erst kurz vor eins werkelte ihre Kollegin in der Praxisküche. Jona stürzte aus ihrem Sprechzimmer.

»Endlich. Setz dich mal, ich muss dir was erzählen.« In wenigen Worten schilderte sie ihren Beinah-Sturz über eine Filmrolle, die ihren Blick zu einem Sperrmüllhaufen gelenkt hatte, der wiederum zur Villa, zur Vermieterin, zu ihrem neuen, außergewöhnlichen Dachatelier.

»Ein Zimmer im Dichterviertel? Hast du nicht letztes Jahr noch gesagt, keine zehn Pferde …«

»… das ist was anderes. Die Gegend da ist voller Schönheit und Widersprüche. Die lebt.«

»Aha.« Ute streifte ihre Espadrilles von den Füßen und zog ihre Füße auf den Stuhl. »Und was willst du dort machen?«

»Pass auf: Zwölf Quadratmeter, lichtdurchflutet. Eine komplette Wand wird Leinwand. Kühlschrank auf der anderen Seite. Meine Musikanlage daneben. Über den Steinboden kommt ein dicker, roter Teppich, und darauf mein Futon. Dann kann ich vorm Einschlafen direkt in den Himmel sehen.«

»Ich denke, du willst zu Ulf ziehen?«

»Da ist ja noch sein Sohn, schon vergessen? Wir brauchen mehr Platz.«

Utes Gesichtsausdruck war unmissverständlich.

»Okay. Ich brauche mehr Platz. Noch habe ich nicht unterschrieben. Termin ist morgen früh. Aber ich glaube, ich mache das. Diese Dachkammer schickt der Himmel.«

»Na, da bin ich ja mal gespannt, was dein Superbulle dazu sagt.«

Ihre Blicke maßen sich aneinander, bis die Türklingel die Stille zerriss und Ute lächelnd aus der Küche ging.

Es dämmerte bereits, als Jona ihre Praxis verließ und den Weg über die Adickesallee nahm. Steiner saß wie verabredet in seinem Mercedes, als sie auf den Parkplatz des Präsidiums vorfuhr. Ein feines Lächeln spielte um seinen Mund.

»Heute ist dein Abend«, er nahm einen Helm vom Beifahrersitz und stieg aus dem Wagen. »Essengehen, Wohnungsangebote im Internet suchen oder andere Dinge, die dir Freude bereiten.« Die Fahrertür schlug zu.

»Und Jakob?«

»Bei einem Freund. Die machen Party heute Abend. Ich habe ihm erlaubt, dort zu übernachten.«

»Dann lass uns spazieren gehen.«

»Ostpark?«

»Lieber hier ein bisschen. Es wird bald dunkel.«

»Hier?« Steiner ließ seinen Blick von der Adickesallee über die Kreuzung zur Eschersheimer Landstraße gleiten. Dicht an dicht jagten die Autos stadtauswärts.

Kurz darauf fädelten sie sich mit der Vespa in den Feierabendverkehr ein. Der Sinaipark war nur wenige Minuten entfernt, beim Spaziergang zwischen der Wiese und dem angrenzenden Naturschutzgebiet würde sie ihm von ihrem neuen Atelier ganz in der Nähe erzählen. Steiner tippte gegen ihre Schulter und rief etwas.

»Sind gleich da«, brüllte sie nach hinten und parkte wenig später den Roller auf dem Gehsteig.

»Voilá, der schönste, kleine Stadtpark Frankfurts.«

»Lass uns anderswo spazieren.«

»Warum denn?«

»Arbeit«, sein Blick glitt zum Park und verweilte dort, als spiele sich hinter den Büschen ein Schauspiel ab, das nur er sehen konnte. Jona spürte die Anspannung, die von seinem Körper ausging. Es dauerte eine Weile, bis er das Schweigen brach. »Ich war erst Montagabend hier. Mit Kovac, meinem Kollegen. Eine Hundebesitzerin ist spätabends über eine Leiche gestolpert. Den Jogger, von dem ich dir erzählt habe. Wie er dalag, blutüberströmt, der Körper verdreht, in diesen Sportklamotten.« Ulfs Stimme klang plötzlich heiser. »Entschuldige.«

»Ist doch okay.« Sie lächelte aufmunternd.

Natürlich fiel seine stoische Ruhe nicht vom Himmel. Wieso hatte sie sich nicht klargemacht, dass Ulf ein so feiner und erfolgreicher Kommissar war, weil er für seine innere Balance sorgte.

»Magst du erzählen oder vielleicht mal mit mir an den Ort gehen?«

»Das ist nichts für …«

»Therapeutinnen?« Sie zwinkerte und verstaute ihren Helm im Topcase.

Der Sinaipark war trotz der einsetzenden Dämmerung noch belebt. Auf dem Streetballplatz spielten Jugendliche Basketball, vereinzelt keuchten Läufer an ihnen vorbei. Es dauerte nicht lange, bis sie die gegenüberliegende Seite des Parks erreicht hatten. Dort, wo kurz hinter der Biegung des Schotterwegs ein weiterer zu einem Spielplatz führte, säumte ein Bankcarré die kleine freie Fläche. Jona setzte sich auf eine der Bänke und besah sich das, was vor Kurzem ein Tatort gewesen war. Nur eine feine Schicht Sand, von etlichen Schuhsohlen zertreten, wies noch darauf hin, dass hier Blut geflossen war. Auch Ulf starrte auf die Stelle.

»Hast du eine Idee, warum hier, in der Nähe der Häuser?« Jona schlang ihre Jacke fester um sich. »Wo man von den Balkonen aus alles beobachten kann. Du hast gerade gesagt, der Mord ist gegen neun Uhr abends verübt worden, da werden doch Hunde ausgeführt. Und durch diesen Seitenarm kann jederzeit jemand den Park betreten.«

»Vielleicht ließ es sich hier gut warten. Die Bäume gegenüber bieten Sichtschutz.«

»Es war doch ohnehin dunkel.«

»Der Tote trug eine Grubenlampe auf dem Kopf. Die war vollkommen zerschmettert. Die Scherben … ach, egal.«

»Ulf. Ich hab in meiner Praxis schon ganz andere Sachen gehört.«

Es war schon zu dunkel, um Ulfs Blick zu erkennen, der lange auf ihr lag. »Wenig Kampfspuren. Aber viel Blut. Elf Einstiche; da hat jemand eine Rechnung beglichen.« Er ging in die Hocke und strich mit der Hand über einen Baumstamm, der am Wegrand stand. »Die KT hat hier Reste einer Nylonschnur gefunden, und Rindenabrieb. Der Täter hat die Schnur zwischen diesen Baumstamm und die Buche neben deiner Bank gespannt und dann im Schutz der Bäume auf sein Opfer gewartet.«

»Aber nicht lange. Den Park umrundet man in sechs oder sieben Minuten.«

»Genau. Glück für ihn, dass niemand vorher vorbeiging und stürzte.«

»Du weißt nicht, wie oft er es probiert hat«, erwiderte Jona. »Wieso eigentlich »er«?«

Verdutzt sah Steiner auf. Zwei Hunde kamen über die Wiese geschossen und jagten an ihnen vorbei. »Ich hatte dein kriminalistisches Gespür verdrängt.« Die Andeutung eines Lächelns huschte über sein Gesicht. »Meine Kollegen haben sämtliche Mieter der Wohnanlage befragt. Keiner hat etwas gesehen.«

Jona ließ ihren Blick über die Häuserreihen mit den ausladenden Balkonen gleiten. Die Lichter in den Fenstern sahen einladend aus. »Schafft das denn eine Frau überhaupt, einen sportlichen Typen mitten im Lauf zu überwältigen?« Jetzt lief doch ein kleiner Schauer über ihren Rücken. Steiner saß mittlerweile neben ihr auf der Bank. Seit er über den Mord sprach, wirkte er gefasster. »Er war chancenlos. Erst der Sturz. Und dann ging ein Messerstich direkt in seinen Hals. Die Rechtsmedizin meinte, es könnte der erste oder zweite gewesen sein, der dann auch tödlich war. Danach hat jemand nur noch wie besinnungslos auf ihn eingestochen. In den Arm, in den Bauch, in seine Genitalien.«

»Rache«, entfuhr es Jona.

»Oder jemand, der es wie Rache aussehen lassen wollte«, wandte Steiner ein. »Ein Immobilienmakler, Mitte dreißig, sportlich, in einer persönlichen Krise kurz vor der Scheidung. Auch beruflich lief es wohl gerade nicht so gut.«

»Wieso lief es beruflich nicht gut? Ich denke, er war Makler. Die schwimmen doch in Geld.« Sie vernahm, wie Ulf scharf Luft einzog und legte beschwichtigend eine Hand auf sein Bein.

»Anscheinend war er nicht besonders beliebt. Er kapselte sich in letzter Zeit laut seiner Kollegen immer mehr ab. Auch von seinem neuen Domizil wussten die wenigsten. Das Arbeitsverhältnis hätte nächsten Monat geendet – im gegenseitigen Einvernehmen.«

»Seltsamer Zufall. Gibt es da keinen Verdächtigen?«

Steiners Blick war eindeutig. Sie hatte Vorurteile gegen die ganze Branche. Gut, dass sie nicht ermittelte.

»Und seine Frau?«

»Hat keine Miene bei der Nachricht seines Todes verzogen.«

Ein Terrier mit rotem Leuchthalsband tippelte an ihnen vorbei und bohrte seine Schnauze in den Sandflecken, bevor ein schriller Pfiff ihn zurückflitzen ließ. »Wahrscheinlich war sie komplett überfordert«, sinnierte er. »Ich stelle mir das schwierig vor, wenn du dich nach einer Ehekrise trennst und dein Ex-Partner genau nach der Trennung ermordet wird. Und du bleibst mit deiner Wut und deiner Trauer zurück.«

»Noch-Mann.«

»Wie bitte?«

»Per Gesetz waren sie noch verheiratet. Das Ex bezieht sich also nur auf ihre Gefühle füreinander.«

Jona starrte auf den Sandflecken. Aus dem brutal ermordeten Jogger war innerhalb weniger Minuten ein unglücklicher Immobilienmakler mit Ehe-und Finanzproblemen geworden. Wie ein Fremdkörper kroch Ulfs Arm um ihre Schulter.

»Manchmal bist du mir unheimlich. Deine Formulierung hat ein Motiv ins Spiel gebracht. Aber wir haben die Vermögensverhältnisse schon ermittelt. Das Haus gehört seiner Frau.«

»Das ist doch schon mal gut«, sagte Jona gedankenversunken, während das Wort Domizil in ihrem Kopf Schleifen zog. Sie sollte aufhören, über geheime Domizile zu reden, bevor sie Steiner von ihrem eigenen erzählt hatte.

»Lass uns ein wenig laufen«, schlug sie vor, »mir ist kalt.«

4

Die Sonne goss warme Strahlen in ihr Wohnzimmer. Ellen lehnte sich ins Sofa zurück und schloss die Augen. Diese Albträume rissen an ihren Nerven. Heute Nacht der Treppenlift von Frau Kücherer, in dem sie plötzlich gesessen hatte. Rauf und runter in einem Irrsinnstempo, ohne dass sie aussteigen konnte, und dann ging es weiter nach unten, durch den Keller, unter die Erde, Hunderte von Metern in die Tiefe, es roch kalkig, das Mauerwerk verengte sich, sie konnte nach dem Schimmel in den Steinritzen greifen. Kein Boden unter ihr, nur Schwärze, in die sie einfuhr, bis ein Ruck … Sie schreckte auf und griff instinktiv nach der Katze, die zu ihr auf die Couch gesprungen war.

Die Bilder des Albtraumes hatten sie für einen Moment in ihren Strudel gezogen. In wenigen Minuten verschwand die Sonne hinter dem Haus. Sie spähte in den Wintergarten. Die schwarzgoldene Chaiselongue, auf der Maren öfter lag und in Prospekten blätterte, war leer. Im vorderen Bereich standen ihr eigener Ohrensessel und das runde Teetischchen, als warteten sie auf ihr Kommen. Sie musste sich erst an die gemeinsame Nutzung des Glasanbaus gewöhnen. Es war Marens Idee gewesen, Kakteen und Pflanzen der verstorbenen Traute Wismar aus dem Wintergarten zu räumen und jeder von ihnen die Hälfte zur freien Einrichtung zu überlassen. Sie war es auch, die den Hinterausgang des Hauses verschlossen hatte und so den Mietern den Zugang zum Garten verwehrte.

Aber wirklich genutzt hatte den nur der Student aus dem zweiten Stock, um in der Hängematte zu liegen und seine Joints zu rauchen. Jetzt saß er öfter auf dem Balkonaustritt im Dach und blies seine Dampfschwaden in den Himmel. Ob Joschua von seinem Nachhilfeunterricht für Schüler und dem Job im Parkhaus leben konnte? Egal. Die schmale Miete war pünktlich auf dem Konto, und er war hilfsbereit, gerade Frau Kücherer gegenüber. Neulich war er nach den Einkäufen sogar auf einen Tee bei ihr geblieben. Über was ein Philosophiestudent und eine dement werdende ältere Dame sich wohl unterhielten?

Sie trat mit dem Handbuch für Gartenpflege hinter das Haus. Rote Rüben, Möhren und Chicorée waren schon ausgesät, dazu Kopfsalat und ein ganzes Beet kleiner Kohlrabi-Pflanzen. Fehlte nur noch der Triebschnitt bei den Obstbäumen. Sie waren spät dran, fast schon zu spät. Zwei Rotkehlchen flohen aus dem Apfelbaum, als sie die Leiter davorstellte und mit einer Gartenschere in der Hand die Sprossen hinaufstieg. Die großen Äste hatte sie letzte Woche gemeinsam mit Torben Fischer abgesägt und Baumwachs auf die Wundränder gestrichen. An den Holm der Leiter geklammert, besah sie sich den Aststummel. Hier waren sie stehengeblieben letzte Woche, und hier genau hatte Fischer ihr das »Du« angeboten, um sie bei einer anschließenden Limonade zu fragen, ob die Pflege des Anwesens sie nicht überfordere. Was für eine hinterhältige Frage, jetzt, wo sie wusste, was er wirklich gearbeitet hatte. Das Holz zersplitterte unter der Wucht, mit der sie die Gartenschere zusammenpetzte. Fruchtholz. Das war genau verkehrt. Wenn sie nicht aufpasste, brachte sie sich um die Früchte. Warum war sie immer so naiv und beantwortete alle Fragen? Sie fasste in den Apfelbaum, bekam einen kräftigeren Zweig zu fassen. Mitteltrieb, hatte dieser Heuchler gesagt. Und dass man hier noch Konkurrenztriebe ausschneiden musste. Konkurrenztriebe ausschneiden! Energisch trennte sie einen Zweig nach dem anderen vom Ast und hielt erst inne, als ihre Hand zu schmerzen begann. Ihre Kehle schmerzte mindestens ebenso. Sie atmete tief durch, bis der Druck in ihrer Brust nachließ. Es war unangebracht, jemanden zu mögen, der einem etwas wegnehmen wollte, Maren hatte recht. Aber das half nicht. Sie mochte diesen jungen Mann, der selbst etwas verloren gewirkt hatte und der jetzt tot war. Ermordet. Ihr wurde schwindlig. Vorsichtig stieg sie von der Leiter und rieb ihre klammen Hände aneinander, dann griff sie zur Teleskopschere. Von hier unten konnte sie wenigstens kleine Seitentriebe kappen. Nach kurzer Zeit zitterten ihre Arme von dem Gewicht des Werkzeuges. Als sie sich umdrehte, stand Maren in der geöffneten Tür des Wintergartens und winkte.

»Du hast noch nichts zur neuen Mieterin gesagt«. Maren goss Tee in beide Tassen und sank auf ihre Chaiselongue. Sie schien guter Laune. Als gehöre Torbens Tod der Vergangenheit an und hätte nicht die Villa besudelt. Gewalt zog Gewalt nach sich, wusste sie das nicht? Im Garten zwitscherten die Vögel, als wollten sie beweisen, wie lächerlich diese Gedanken waren. Was sollte sie zur neuen Mieterin sagen? Sie kannte diese Frau mit den kurzen, braunen Haaren ja gar nicht. Groß wie ein Mann, bunt gekleidet wie ein Papagei. Das war alles, was sie vom Küchenfenster aus hatte sehen können.

»Herr Fischer ist noch nicht mal unter der Erde. Das sieht doch seltsam aus, wenn gleich wieder jemand da einzieht.«

»Im Gegenteil.« Maren steckte sich eine Zigarette an und schob mit dem Fuß die Tür des Wintergartens weiter auf. »Es wäre eher verdächtig, wenn wir sie leer stehen lassen.«

Der Rauch ihrer Zigarette schwebte durch den Anbau, blaugraue Schlieren im Sonnenlicht.

»Ellen, aus dieser Totenkammer muss wieder ein Wohnort werden. Je schneller, desto besser.«

»Du hättest mich trotzdem fragen müssen.«

Der Dampf zog Richtung Garten und löste sich allmählich auf.

»Tut mir leid, es ging alles so schnell, und es kam mir perfekt vor. Eine nette Frau, die gut in diese Mietgemeinschaft passt und die Dachkammer nur als Zweitwohnsitz möchte. Und sie hat einen soliden Job.«

»Ich denke, sie ist Therapeutin.«

»Mit eigener Praxis. Wenn das nicht solide ist. Ich hab diesmal gegoogelt, damit wir nicht noch eine Überraschung erleben.«

»Eine Therapeutin, Maren. Denk doch mal nach. Die durchleuchtet uns alle, die ist darauf trainiert, menschliche Abgründe zu durchschauen.«

»Hast du denn welche?« Marens Lachen klang eine Spur zu laut. »Ellen, da ist nichts, was sie sehen könnte. Alles gut.«

Alles gut. Wie sie diesen Ausspruch hasste, den jeder bei jeder Gelegenheit auf den Lippen trug. Dabei war nichts gut. Heute Morgen im Treppenhaus hatte sie es schon gespürt. Eine fiebrige, schleichende Unruhe, eine Krankheit. Jemand zapfte die Villa an, wie ein Virus, der seinen Organismus von innen lahmlegte. Warum glaubte Maren ihr nicht, dass etwas vor sich ging, was nicht zu greifen war. Den Blick starr auf die Tasse Tee in ihren Händen gerichtet, sprach sie es zögernd aus.

»Die Villa atmet anders als sonst«, wiederholte Maren, wobei sie jede Silbe einzeln betonte. »Die Villa atmet oder was?«

»Sie ächzt. Und damit meine ich nicht die Holzstufen.«