Feenstaub im Koboldwald - Janett Brünsteiner - E-Book

Feenstaub im Koboldwald E-Book

Janett Brünsteiner

4,9

Beschreibung

Die kleine Waise Amelie lebt seit Kurzem bei ihrer Großtante Petunia. Das Mädchen leidet arg unter der griesgrämigen Frau und vermisst ihre geliebten Eltern sehr. Bei einem nächtlichen Spaziergang durch den Wald nahe ihrem neuen Zuhause, lernt Amelie die Schnecke Finchen kennen, die ihr von einem wundersamen Koboldreich erzählt. In dem kleinen Mädchen wächst die Hoffnung auf ein besseres Leben. Jedoch ist es Menschen eigentlich nicht gestattet ins Land der Kobolde zu reisen und so sorgt Amelies Ankunft für mächtig Wirbel. Obwohl sie in der weisen Eule Odilia und dem Jungen Fallou schnell neue Freunde findet, ist es letztendlich Zenobius, der Anführer der Kobolde, den sie überzeugen muss, im Koboldland bleiben zu dürfen. Doch der Weg zu ihm ist voller Geheimnisse und Gefahren und Amelie muss das wohl größte Abenteuer ihres jungen Lebens bestehen.

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Seitenzahl: 138

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Janett Brünsteiner lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in der Oberpfalz. Bereits seit frühester Kindheit wurde sie von der Welt der Märchen und Geschichten verzaubert. Mit ihrem Buch »Feenstaub im Koboldland« möchte sie Kindern, und denen die Kind geblieben sind, ein Stückchen ›Heile Welt‹ näherbringen. Die Geschichte soll in ihren Lesern ein bisschen Unbeschwertheit und den Glauben an sich selbst erwecken und betonen, wie wichtig es ist, für sich und für andere einzustehen.

Ein großes Dankeschön an zwei ganz besondere Menschen ....

Danke Oma, dass du vom ersten bis zum letzten Wort an mich geglaubt hast!

Danke dir mein Schatz, dass du mich so unterstützt und inspiriert hast!

Ich liebe Euch ...

Unsere Geschichte erzählt von einem kleinen Mädchen, mit dem zauberhaften Namen Amelie. Amelie hatte süße, blonde Löckchen und ein Lächeln, wie es nur der Himmel gemacht haben kann. Gemeinsam mit ihrer Großtante Petunia lebte sie ein paar Kilometer fernab eines winzigen Städtchens namens „Nirgendwo“. Die beiden bewohnten dort ein großes, herrschaftliches Anwesen. Das Haus das darauf stand, war sehr schön. Es hatte einen elfenbeinfarbenen Anstrich und an jedem der zahlreichen Fenster waren himmelblaue Fensterläden angebracht. Ein großer, dickbauchiger Balkon thronte über der gewaltigen Eingangstür. Direkt hinter dem Haus befand sich ein weitläufiger Garten. Er reichte hinunter bis zu einer Lichtung, die Zutritt zu einem Wald bot, der viel geheimnisvoller war, als man auf den ersten Blick hätte erahnen können. Ja, es war wirklich ein märchenhaft schöner Garten. Die Kronen großer Obstbäume tanzten im lauen Sommerwind. Beinahe so, als kämpften sie um den besten Platz, um die wärmenden Strahlen der wohligen Mittagssonne einzufangen. Aber das war längst nicht alles.

Die Blumen, die so zahlreich auf der saftig grünen Wiese wuchsen, verströmten einen so wunderbaren Duft, dass er einem bei jedem Windhauch um die Nase fuhr. Auch ein kleiner Springbrunnen, in der Mitte des Gartens, plätscherte fröhlich vor sich hin. Betrachtete man dieses abgeschiedene Fleckchen Erde, so konnte man meinen, es wäre das Paradies.

Alles wirkte ganz fantastisch und wunderbar, dennoch war Amelie alles andere als glücklich und zufrieden. Sie selbst hätte sich dieses Leben niemals ausgesucht! Ihr neues Heim war zwar außerordentlich prachtvoll und sicher hätten sie viele darum beneidet, aber Amelie fühlte sich hier sehr einsam! Erst vor ein paar Wochen war dies ihr neues Zuhause geworden. Kurz nach ihrem elften Geburtstag hatte sie ihre Heimat verlassen müssen, um hierher zu ziehen. Grund dafür gab es nur einen! Ihre geliebte Mutter war gestorben. Und ihr Vater? Genaugenommen kannte sie ihn gar nicht. Er war gegangen, als Amelie ungefähr zwei Jahre alt gewesen war. Und schon bald darauf hatte es geheißen, er wäre im Krieg verschollen. Ehe Amelie vor ein paar Wochen zu ihrer Großtante gezogen war, hatte sie mit ihrer Mutter in einem kleinen Dorf mit dem lustigen Namen „Irgendwo“ gelebt. Sie hatten ein bescheidenes, aber dennoch sehr glückliches Leben geführt. Das Mädchen war fleißig. Sie hatte das Haus in Ordnung gehalten, konnte kochen und hatte ihrer Mama überall da geholfen, wo es ihr möglich gewesen war. Zu dieser Zeit war es besonders schwer gewesen, genug Geld zu verdienen, dass beide davon leben konnten. Trotzdem war es ausreichend, sodass es ihnen an nichts Wichtigem gefehlt hatte. Amelie und ihre Mutter, von der sie liebevoll nur Goldlöckchen genannt worden war, hatten sich sehr lieb. Diese aufrichtige Liebe war, wie ihre Mama immer gesagt hatte, ihr eigentlicher Reichtum gewesen. Doch im vergangenen Herbst war Amelies Mutter ganz schrecklich krank geworden. Gezeichnet von der schweren Arbeit auf dem Feld, war sie, von Tag zu Tag, zusehends schwächer geworden. Als ihre letzte Stunde genaht hatte, hatte sie Goldlöckchen an ihr Bett gerufen und gesprochen:

„Amelie mein Schatz, ich bin sehr krank und die Kraft weicht langsam aus meinem Körper. Bitte hör mir jetzt gut zu! Ich möchte dich bitten, dass du zu Petunia Heidegrün aufs Land ziehst. Die Dame ist die Tante deines Vaters. Sie ist sehr wohlhabend und gebildet, dein Papa hat sie gerne gemocht. Ich bin mir sicher dort wird es dir gut gehen. Und bitte versprich mir, dass du ein braves Mädchen sein wirst und stets auf deine Großtante Petunia hörst!“

Die Mutter hatte ein letztes Mal zärtlich den Kopf ihrer Tochter getätschelt und ihr heiser ins Ohr geflüstert:

„Pass auf dich auf, mein geliebtes Goldlöckchen!“

Mit diesen Worten war Amelies Mutter nun von ihr gegangen! Und noch am selben Tag, ganz wie ihre Mama es ihr aufgetragen hatte, war Amelie hinaus aufs Land gefahren.

Petunia Heidegrün hatte weder Mann noch Kind. Nicht einmal ein Haustier leistete ihr Gesellschaft. Die Nähe anderer Menschen behagte ihr nicht sonderlich, deshalb lebte sie auch so abgeschieden, nahe eines Waldes, den die Menschen nur „Koboldreich“ nannten. Man lästerte, es sei genau der richtige Ort für Petunia Heidegrün. Eine alte, verbitterte und hochnäsige Dame. Es war ein finsterer Wald, mit riesigen, alten, knorrigen Bäumen. Sie wuchsen kreuz und quer, kaum ein Weg war zu erkennen. Keiner wusste warum man den Wald für verwunschenen hielt, aber es hieß, dass vor langer Zeit ein kleiner Junge namens Fallou von einem Kobold in diesen Wald verschleppt worden und seither spurlos verschwunden war. Dies waren natürlich nur die Schauergeschichten, die man sich beim sonntäglichen Kaffeeklatsch erzählte, aber eben auch der Grund, warum sich keine Menschenseele dorthin verirrte.

Es war Samstag, als Amelie von einer Kutsche vor dem großen, bronzefarbenen Tor abgesetzt wurde. Der nette Kutscher, mit dem lustig gekringelten Schnauzbart, war leider viel zu schnell verschwunden, sodass Goldlöckchen sich nicht einmal von ihm verabschieden konnte. Entweder kannte er die Geschichten über den Koboldwald, oder er kannte Tante Petunia? Zögerlich drückte Amelie den kugeligen Knauf des Tors nach unten und mit einem lauten „Zarrrhhg“ sprang das Gartentor auf. Sie trat hinein und ging schüchtern den mit Kieselsteinen bestreuten Weg zum Haus entlang. Vorbei an der großen alten Eiche, hielt sie langsam auf die Treppe zu, die zum Eingang des Hauses führte. Fest entschlossen zu läuten, stieg sie bis ganz hinauf. Aber noch im gleichen Augenblick verlor sie den Mut und so setzte sie sich auf die letzte Stufe vor der Haustür, legte den Kopf in den Schoß und begann bitterlich zu weinen.

„Ach Mama..., liebe Mama..., was soll ich nur tun?“, schluchzte das kleine Mädchen.

Plötzlich und völlig unerwartet wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. Eine laute, krächzende Stimme ertönte hinter ihrem Rücken.

„Welcher Tölpel wagt es ungebeten hier hereinzukommen und meine Mittagsruhe, durch so klägliches Gejammer, zu stören?“

Amelie erschrak, stand auf und wäre beim Umdrehen beinahe die steinerne Treppe hinunter gestolpert. Mit zittriger Stimme fragte sie skeptisch:

„Großtante Petunia? Bist du es?“

„Wer will das wissen?“, zischte die Alte schnippisch.

„Ich bin es, Amelie! Ich dachte meine Mama hat dir einen Brief geschickt, noch bevor sie…“

Und ehe das Mädchen den Satz beenden konnte, brach es erneut in Tränen aus.

„Ah... ja, ja...! Nun steh nicht da wie ein Ölgötze! Komm schon rein, aber schließe die Tür, und zwar schnell, ich mag es nicht wenn sich die warme, miefige Sommerluft in meinem Haus breit macht.“

„Aber natürlich, sofort liebe Tante!“, antwortete Amelie beschämt und trat herein.

Überwältigt von den ganzen Eindrücken, taumelte sie Petunia Heidegrün hinterher. Unzählige Gemälde von lustigen Menschen hingen überall an den Wänden. Bei manchen hätte man vermuten können, sie hätten zu viel süßes Gebäck genascht und wieder andere sahen aus, als hätten sie Omas gutes Häkeldeckchen um den Hals. Anschließend entdeckte Amelie ein winzig kleines Eichhörnchen. Es hatte kuschelig weiches Fell, ganz aller liebst, jedoch diente es nur zu einem Zweck. Das arme Ding stand ausgestopft auf einem hässlichen, braunen Schränkchen und musste die rostigen Schlüssel der alten Dame halten. Für Goldlöckchen war es schrecklich dies anzusehen. Sie liebte Tiere. Ganz gleich welcher Art. Das kleine Mädchen war so herzlich und einfühlsam, genau wie ihre Mutter es einst gewesen war, dass ihr bei diesem Anblick abermals Tränen in die Augen schossen. All das, was ihr hier in dieser großen Empfangshalle entgegenkam, war ihr mehr als fremd. Überhaupt war es hier derart kalt und düster, dass sich ein ungutes Gefühl in Amelies Magengegend ausbreitete. Selbst Petunia war das Ganze sichtlich unangenehm. Ein kleines Mädchen in ihrem Haus, für das sie von nun an die Verantwortung trug, war ein katastrophaler Gedanke für Frau Heidegrün. Flotten Schrittes ging die runzlige Greisin voraus. Sie stapfte die Treppe hinauf und wackelte dabei so mit ihrem Gesäß, dass Amelie sich ein Kichern nicht verkneifen konnte. Potzblitz blieb die Alte stehen und zeigte mit ihren knochigen Fingern auf eine kleine Tür am Ende des Flurs. So wie das Haus von außen schien, hatte Amelie angenommen, dass ein Zimmer schöner als das andere sein musste. Als sie aber dann die Tür zu ihrem Schlafgemach öffnete, zerplatzte diese Vorstellung wie eine Seifenblase.

Es war ein winzig kleiner Raum, mehr schon eine Kammer. Außer einem Bett, auf dem eine zippelige, alte Wolldecke lag, stand hier nur noch ein kleiner Schrank. Er hatte bloß drei Schubkästchen, von denen sich der Holzwurm bereits das Meiste hatte schmecken lassen. Da Amelie zuvor jedoch in ärmlichen Verhältnissen gelebt hatte, war sie nicht anspruchsvoll. Sie bedankte sich höflich bei ihrer Großtante und wollte sich gerade noch ein wenig umsehen, als diese schon die Tür zuzog. Wortlos und von außen, selbstverständlich. Da Amelie nun alleine war, sah sie sich in ihrer mehr als spärlich eingerichteten Kammer um. Die Wände waren von einem leichten Grau überzogen und in der Ecke rechts oben, machte es sich eine kleine schwarze Spinne gerade gemütlich. So sehr sich Amelie auch bemühte dem Raum etwas Gutes abzugewinnen, sie musste sich doch eingestehen, dass sie hier eigentlich unerwünscht war. Wie sonst konnte Großtante Petunia sie in einer solchen Bleibe unterbringen, rätselte Goldlöckchen. Wahrscheinlich war dies früher einmal das Zimmer des Dienstmädchens gewesen, dachte sich das Mädchen. Die Arme hatte das Anwesen vor langer Zeit fluchtartig verlassen. So zumindest erzählten es sich die Leutchen in „Nirgendwo“. Und so wie es hier aussah, schien dies auch zu stimmen. Unfassbar, dass in diesem Palast ein solcher Kabuff zu finden war. Amelie ging zum anderen Ende der Kammer. Der warme Sonnenstrahl der ihr dabei aufs Gesicht fiel, spendete ihr augenblicklich Trost. Ein kleines Fenster, nicht größer als ein Guckloch, eröffnete ihr den Blick direkt auf den sagenumwobenen Wald.

„Kaum zu glauben, dass die Leute aus der Stadt so viel Angst davor haben“, dachte sie.

Aus der Ferne betrachtet und durch die Mittagssonne hell erleuchtet, schien an dem Wald nicht das Geringste furchteinflößend oder gar bösartig zu sein. Im Gegenteil! Amelie mochte das kräftige Grün der Blätter und das sanfte Rauschen, dass der Wind hinterließ, wenn er über die Wipfel der Bäume strich. Aber was war das? Ganz plötzlich! Ein seltsames Geräusch! Es knirschte und knackste hinter einem der Büsche. Wie unheimlich! Amelie erschrak und sprang in einem Satz zurück zur Tür. Sofort aber, nachdem sich ihre erste Panik gelegt hatte, schlich sie vorsichtig zum Fenster zurück. Neugierig streckte sie ihre Nasenspitze durch das Guckloch. Sie suchte angestrengt nachdem, was sie gerade so erschreckt hatte. Zweimal geblinzelt, konnte sie schon ein silbergraues Häschen unter einem der herabhängenden Zweige hervorhoppeln sehen.

„Dem Himmel sei Dank! Es ist nur ein Kaninchen!“, grinste Amelie erleichtert. „Und ich dachte schon du bist einer dieser fiesen Kobolde mit Knollnase und großen spitzen Ohren, von denen hier alle sprechen. Ha... jetzt hätte ich mich fast von der Angst der anderen anstecken lassen. Bei Gelegenheit werde ich mir dieses verzauberte Stückchen Land mal genauer ansehen“, beschloss die Kleine.

Gedankenversunken schaute sie in die Ferne, als ihr lauthals eine Stimme aus dem Garten entgegenrief. Petunia schrie so laut, dass sich ihre Stimme überschlug.

„Aamelieee! Komm herunter, es ist Zeit zum Essen!“

Geschwind machte sich Goldlöckchen auf den Weg hinaus zur Veranda, wo sich die Alte in ihrem Schaukelstuhl niedergelassen hatte. Freudig sprach sie zu ihrer Tante:

„Au wie fein, mir knurrt schon der Magen seit ich mich auf den weiten Weg zu dir gemacht habe.“

„Papperlapapp“, murrte die Greisin. „Dir knurrt der Magen? Was denkst du nur? Glaubst du etwa ich zaubere mir ein Tischlein deck dich aus dem Hut? So geh in die Küche und bereite mein Mittagessen vor, aber hurtig! Ach... und du musst wissen, meine Verdauung macht mir wieder Probleme, also koche bitte etwas Anständiges! Wohlschmeckend, appetitlich und natürlich gut bekömmlich muss es sein!“ Amelie gehorchte, ging hinein und suchte die Küche. Es war der große Raum gleich neben dem hässlichen Schrank mit dem Eichkätzchen darauf. Sie trat ein und schaute sich, auf der Suche nach Lebensmitteln, hastig um. Goldlöckchen überlegte kurz und bereitete ihrer Tante einen Käsepudding zu. Ganz genau so, wie sie es von ihrer Mama gelernt hatte. Sie nahm etwas Milch, ein Ei sowie ein wenig Wasser. Das Brot, welches in der Dose über dem Spülbecken zu finden war, nahm sie heraus, brach ein Stückchen davon ab und zerkrümelte es in klitzekleine Bröckchen. Käse fand Amelie in dem kleinen, dunklen Anbau, in dem Tante Petunia ihre Vorräte aufbewahrte. Nun musste sie nur noch alle Zutaten zusammenmischen und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Abgefüllt in einer Schale, stellt sie den Käsepudding für eine halbe Stunde in den Backofen. Nach einer Weile nahm sie vorsichtig den goldbraun gebackenen Leib aus dem Rohr. Gerade als sie dabei war ein Stück des knusprigen Käsepuddings auf Tante Petunias Teller anzurichten, konnte sie von draußen das ungeduldige Räuspern der alten Dame hören. So eilte sie rasch hinaus und servierte ihr stolz die kurzerhand zubereitete Köstlichkeit. Misstrauisch beäugte die Tante das ‚Etwas’ auf ihrem Teller. Sie lehnte sich ein wenig nach vorn, um den absonderlichen Duft zu erhaschen. Verächtlich rümpfte sie die Nase.

„Pfui Teufel, was soll denn das sein? Das sieht ja aus wie ein Kuhfladen! Sag mal Kind, nennt man da wo du herkommst so etwas eine ordentliche Mahlzeit“, fuhr sie Amelie mit kalt funkelnden Augen an.

„Ich bin doch keine Bauernmagd, bah! Wie abschelich!“

Sie stand auf und verschwand griesgrämig im Haus. Amelie war sehr enttäuscht. Was war falsch an ihrem Essen? Ihrer Mutter hatte es immer geschmeckt. Ja sogar so gut, dass nie auch nur ein einziges Krümelchen davon übrig geblieben war. Angesichts des immer lauter werdenden Grummelns in ihrem Bauch, beschloss Amelie sich jetzt selbst ein Stück des leckeren Käsepuddings zu gönnen. Mit jedem Bissen, wurde ihr Heimweh jedoch größer und die Sehnsucht nach ihrer Mama schien unerträglich. Der Abend brach heran und Amelie ging zu Petunia in die halbwegs gemütliche Stube. Noch immer etwas verärgert, sprach die Tante aus ihrem bunt gemusterten Sessel heraus:

„Was willst du? Ich dachte du wärst schon längst ins Bett gegangen“, und würdigte das Mädchen dabei keines Blickes.

„Nein noch nicht!“, gab ihr Amelie prompt zur Antwort. „Aber wenn du es erlaubst, würde ich jetzt sehr gerne in mein Zimmer gehen. Das Geschirr ist gespült, die Küche aufgerämut und die Veranda gefegt.“

„Soo…? Na dann! Nun geh schon!“

Die alte Frau nahm ihre goldene Brille ab und brummelte ihr ein kurzes „Hab Dank“ entgegen. Das Nasenfahrrad trug sie übrigens nur zum Lesen, ansonsten wäre sie dafür viel zu eitel gewesen.

„Ach Tante Petunia, ich würde dir gerne noch eine Frage stellen. Sag, was hat es eigentlich mit dem Wald auf sich? Stimmen denn die Geschichten und gibt es dort tatsächlich Kobolde?“

„Kind zerbrich dir nicht den Kopf über Dinge, die du sowieso nicht verstehen kannst und nun geh!“

Müde, aber auch ein wenig neugierig geworden, ging Amelie in ihre Kammer und legte sich ins Bett. Es knarrte ein bisschen sobald man sich bewegte. Für Goldlöckchen war es allerdings kein störendes Geräusch. Nein, eher sehr vertraut. Es hörte sich genauso an, wie einst ihr altes Bett und es half ihr dabei, nach einem so anstrengenden Tag, zur Ruhe zu kommen. Das kleine Mädchen dachte noch ein wenig über das Geschehene nach, konnte sich aber beim besten Willen nicht vorstellen, warum Großtante Petunia so garstig zu ihr war. Und was wusste sie über den Koboldwald? Warum war sie so abweisend gewesen? Noch während das Mädchen so vor sich hingrübelte, fielen ihr vor Erschöpfung die Augen zu und schon bald war sie einfach eingeschlafen. Am nächsten Morgen, es war noch ganz früh, wurde Goldlöckchens Schlaf urplötzlich beendet.

„Poch... poch...!!!“, donnerte es an ihre Tür.

„Steh auf du Langschläfer, es gibt viel zu tun!“, wetterte die Alte durch die geschlossene Tür.

Hektisch zog sich Amelie ihr weißes Sommerkleidchen über und folgte Petunia wortlos in die Küche. „Ich wünsche dir einen guten Morgen liebe Tante“, sagte das kleine Mädchen freundlich.