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Fernsehmäßig ist der Franz echt zu bedauern: drei mickrige Programme, und die auch nur so sparsam wie möglich. Bloß weil seine Mama und sein Papa Fernsehmuffel sind. Kabelanschluss oder Satellitenschüssel? Kommt ihnen nicht ins Haus. Zugegeben, dafür spielen sie mit dem Franz Malefiz und Fang-den-Hut, aber wenn die anderen in der Schule sich über Fernsehserien unterhalten, möchte man natürlich mitreden können...
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Veröffentlichungsjahr: 2012
Der Franz ist echt zu bedauern: Drei mickrige Fernsehprogramme hat er nur. Bloß weil seineEltern Fernsehmuffel sind. Dafür spielen sie mit ihm Malefiz und Fang-den-Hut. Aber wenn die anderen in der Schule über Fernsehserien reden, will man natürlich mitreden können …
Wer den Franz schon kennt, muss die erste Seite von dieser Geschichte nicht lesen. Die ist nur für die Kinder wichtig, die den Franz noch nicht kennen. Damit sie wissen, wie der Franz so ist.
Also: Der Franz geht in die zweite Klasse. Er ist ziemlich klein und gäbe viel drum, einen halben Kopf größer zu sein.
Er hat blonde Ringellocken, blaue Augen, eine Stupsnase und einen Herzkirschenmund. Richtig hübsch sieht er aus, aber ein bisschen wie ein Mädchen. Und das ärgert ihn!
Noch mehr ärgert ihn, dass seine Stimme piepsig wird, wenn er sich sehr aufregt.
Der Franz hat eine Mama, einen Papa und einen Bruder, den Josef. Der ist dreizehn Jahre alt. Einen Opa hat er nicht mehr. Nur eine Oma. Die lebt im Altersheim, ziemlich weit weg von der Hasengasse, wo der Franz wohnt. Aber der Franz ist ja schon groß genug, um ganz allein mit der Straßenbahn zu ihr zu fahren. Und das tut er auch oft. Die beste Freundin vom Franz ist die Gabi. Die wohnt neben ihm und ist so alt wie er. Der beste Freund vom Franz ist der Eberhard. Der geht mit ihm in dieselbe Klasse.
Der Papa vom Franz ist bei einer Versicherung angestellt. Er kümmert sich um Autos, die einen Unfall haben. Die Mama arbeitet in einer Bank. Sie kümmert sich um Leute, die einen Kredit haben wollen.
Am Nachmittag, wenn die Eltern noch bei der Arbeit sind, soll der Josef ein bisschen auf den Franz aufpassen. Aber der tut das nicht gern und ist oft eklig zum Franz. Und wenn er weggeht, will er den Franz nie mitnehmen. Nicht ins Schwimmbad. Nicht zu einem Freund. Immer sagt er: »Du bist mir nur ein Klotz am Bein!«
Das Mittagessen bekommt der Franz unter der Woche nebenan, bei der Gabi. Die Mutter von der Gabi ist den ganzen Tag daheim.
So, das wär’s! Mehr muss man vom Franz nicht wissen!
Der Franz ist mit seiner Mama und mit seinem Papa fast immer zufrieden. Nur wenn es ums Fernsehen geht, muss er sich über die beiden ärgern. Weil sie Fernseh-Muffel sind! Kabel-Fernsehen oder eine Satelliten-Schüssel wollen sie nicht. Bloß drei Programme kann der Franz sehen. Oft beschwert er sich bei der Mama: »Alle Kinder haben Kabel.
Oder eine Satelliten-Schüssel. Zwanzig Programme können die sehen. Und ich bin dauernd der Blöde.«
Der Franz kommt sich wie »der Blöde« vor, weil die Kinder in der Schule immer von den Filmen reden, die sie im Fernsehen angeschaut haben. Und er kann dann nie mitreden. Und weil die Kinder sehr oft und sehr lang davon reden, kann er sehr oft nicht mitreden und muss sehr lang den Mund halten.
Der Eberhard hat ihn auch schon gefragt, ob seine Eltern so arm sind, dass sie sich keine Satelliten-Schüssel und keinen Kabel-Anschluss leisten können. Oder ob sie zu den Knackern gehören, die gegen das Fernsehen sind.
Der Franz mag nicht, dass man seine Eltern für arm hält. Oder für Knacker. Und den Mund halten, wenn andere reden, mag er auch nicht.
Vor zwei Wochen nun haben die Kinder wieder einmal über eine TV-Serie geredet. Über eine, wo ein Detektiv einen Hund als Partner hat. Und der ist so klug, dass er Verbrechen erschnüffelt.
Die einen Kinder haben die Serie toll gefunden. Die anderen Kinder haben gesagt, sie sei doch totaler Unsinn. Weil es so einen Hund nicht geben kann. Der Franz hat still dabeigesessen.
»Was meinst du?«, hat ihn der Alexander gefragt.
Der Franz wollte nicht schon wieder sagen, dass er diese Serie zu Hause nicht sehen kann. So sagte er: »Ich hab was anderes angeschaut.« (In Wirklichkeit hatte er mit der Mama Fang-den-Hut gespielt.)
»Und zwar?«, fragte der Alexander.
»Eine andere Serie«, sagte der Franz.
»Und zwar?«, fragte die Martina.
»Eine … von einem Astronauten … von einem anderen Planeten … der landet bei uns … und sein Raumschiff geht dabei kaputt«, sagte der Franz.
»Auf welchem Sender?«, fragte der Max.
»Sat-sechs!«, sagte der Franz, und seine Stimme war dabei ein bisschen piepsig.
»Sat-sechs?« Die anderen tippten sich mit dem Zeigefinger an die Stirn. »Sat-sechs gibt es gar nicht!«, riefen sie.
Der Franz dachte: Wer einen Schwindel anfängt, muss ihn durchhalten! Er piepste: »Den gibt’s! Ist mit der Spezial-Antenne zu empfangen, die mein Papa gebastelt hat!«
Nicht nur die Martina, der Alexander und der Max, alle Kinder schauten jetzt misstrauisch. Und der Peter sagte: »Sein Papa und Antennen basteln? Dem muss mein Papa sogar die Winterreifen montieren, weil er so ungeschickt ist.«
Doch da kam der Eberhard dem Franz zu Hilfe. Der Eberhard beschützt den Franz immer. Und dabei ist es ihm egal, ob der Franz die Wahrheit sagt oder mogelt. Für einen besten Freund spielt das keine Rolle! Der Eberhard rief: »Und ob sein Papa das kann! Ich kenne die Antenne. Die ist super! So klein wie ein Suppenteller und oben auf dem Dach. Aber der Satellit, von dem die Programme kommen, läuft erst zur Probe.« Dann sagte er noch: »Vielleicht in zwei Jahren oder so könnt ihr Sat-sechs dann auch sehen.«
Die Kinder waren sehr beeindruckt. Dass der Eberhard dem Franz beim Schwindeln beistand, kapierten sie nicht.
Jeden Tag musste der Franz in der Schule nun berichten, was in der Raumschiff-Serie von Sat-sechs Neues passiert war.
Am ersten Tag piepste der Franz noch, als er den Kindern erzählte, dass sich der Astronaut im Wald ein Baumhaus gebaut hat. Und friert, weil im Film Dezember ist. Und sich über den Schnee trotzdem freut. Weil es auf Planet Gomel, wo er zu Hause ist, keinen Schnee gibt. Dort regnet es nur violett und lauwarm.
Am zweiten Tag piepste der Franz kaum noch, als er erzählte, dass zwei Jungen den Astronauten finden, aber seine Sprache nicht verstehen. Und der Astronaut holt aus dem Raumschiff den »Weltall-Übersetzer«. Und der übersetzt ins Deutsche, was der Gomel-Astronaut sagt, und ins »Gomelische«, was die Buben sagen. Und die wollen dem Gomel-Mann helfen, das Raumschiff flottzukriegen. Weil der starkes Heimweh hat.
So erzählte der Franz nun jeden Tag drauflos. Vom reparierten Raumschiff, das dann doch ein bisschen zu wenig Kraft für den Start hat. Davon, wie der arme Astronaut von Tag zu Tag schwächer wird, weil seine Essens-Vorräte ausgehen – lauter Pillen und Tubenpasten – und er nach allem, was ihm die Buben zu essen bringen, Durchfall bekommt. Nur nach Zimtsternen, wie sie die Mama des einen Buben backt, kriegt er den Durchfall nicht. Darum stibitzt der Bub zu Hause alle Zimtsterne, die seine Mama für Weihnachten backt, und füttert damit den Astronauten durch. Und seine Mama glaubt, dass jede Nacht Einbrecher kommen, und meldet das der Polizei.
Dem Franz machte es keine Mühe, sich jeden Tag eine neue Astronauten-Folge auszudenken. Es machte ihm eher Spaß. Im Geschichtenerfinden ist er nämlich gut. Außerdem ist es super, wenn einem alle in der Klasse zuhören. Der Franz hatte das bisher noch nie erlebt. Und so genoss er es halt.
Das Dumme an der Sache war bloß, dass die Kinder immer neugieriger und neugieriger auf die Sat-sechs-Serie wurden. Sie wollten sie nicht nur hören, sie wollten sie auch sehen.
»Kann ich heute Nachmittag zu dir kommen?«, fragten sie den Franz. Die Stimme vom Franz war sehr piepsig, wenn er dann sagte: »Geht nicht. Meine Mama ist bei der Arbeit und mag nicht, dass fremde Kinder kommen.«
