Finn und die Anderswelt - Judith Kraus - E-Book

Finn und die Anderswelt E-Book

Judith Kraus

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Beschreibung

In einem nahegelegenen Waldstück macht der 13-jährige Finn auf dem Nachhauseweg eine mysteriöse Entdeckung. Immer mehr wird er in das Ganze hineingezogen. Als er sich dann bei einem Ausflug mit seinem Vater plötzlich an einem Ort und in einer anderen Zeit befindet und dort auf die gleichaltrige Klara trifft, erklärt sie ihm, dass er ein Dimensionsreisender ist und in Anderswelten gelangen kann. Er weiß, er muss in den Wald zurück. Doch er hatte nicht geglaubt, dass das erst der Anfang ist und sich für ihn alles verändern wird.

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Seitenzahl: 192

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Dieses Buch ist für alle Kinder und Kind gebliebenen Erwachsenen, die das Träumen noch nicht verlernt haben.

Ich widme dieses Buch meinem Mann Rüdiger Kraus und meinen drei Kindern Alina, Adrian und Aaron.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1: Die Abkürzung

Kapitel 2: Viel zu spät

Kapitel 3: Vergessene Wesen

Kapitel 4: Ausflug in die Anderswelt

Kapitel 5: Der Auserwählte

Kapitel 6: Schattenwesen

Kapitel 7: Finn ist verschwunden

Kapitel 8: Die Mission beginnt

Kapitel 9: Auf einmal war sie da

Kapitel 10: Gerettet

Kapitel 11: Finn geht allein weiter

Kapitel 12: Die Gabe

Kapitel 13: Die geheimnisvolle Mauer

Kapitel 14: Goldenes Licht

Kapitel 15: Kampf gegen Terrador

Kapitel 16: Abschied

Kapitel 1: Die Abkürzung

Es ist ein milder Herbstabend, als sich die Wolken am Himmel plötzlich zusammenziehen und es sich mehr und mehr verdunkelt.

Finn befindet sich gerade auf dem Heimweg.

Langsam fängt es leicht zu tröpfeln an. Aus der Ferne raunt das Donnern eines näherkommenden Gewitters. Finn ist beunruhigt. Es ist noch ein ganzes Stück bis nach Hause. Der Regen wird immer stärker.

Schnell zieht sich der Junge seine Jacke über den Kopf und rennt los. Dicke Tropfen prasseln an ihm herunter. So schnell er kann, läuft er in den Wald, um sich irgendwo unterzustellen. Dort führt ein kleiner Pfad hindurch, den er schon so oft als Abkürzung nutzte, wenn er mal wieder zu spät nach Hause kam.

Finn ist ein verträumter Dreizehnjähriger, der ständig die Zeit vergisst. Seine Mutter ermahnt ihn oft, dass er die Träumerei lassen soll. „Hör mit diesen unsinnigen Geschichten auf und kümmere dich um die Schule“, hört er sie oft sagen. Finn mag die Schule jedoch nicht besonders.

Meistens träumt er sich weg und ist in seinen Gedanken versunken, weit weg vom Unterricht. Sein Freund Max stößt ihn dann an, bevor er Ärger mit dem Lehrer bekommt, weil er mal wieder nicht aufpasst.

Viele Gespräche hat seine Mutter schon mit den Lehrern geführt. Seine Träumerei schob sie immer auf die Trennung von Finns Vater, vor knapp einem Jahr. Manchmal war sie etwas verzweifelt, so allein mit den beiden Kindern in einer fremden Stadt. Sie wollte mit ihnen neu anfangen, weit weg von den ganzen Sorgen. Doch so wie sie es sich vorgestellt hat, ist es nicht.

Finn kann in seinen Gedanken auch weit weg sein, das versteht seine Mutter aber nicht.

Es regnet nun immer stärker, sodass das nasse Laub unter seinen Füßen zu rutschen beginnt. Finn hat große Mühe sich aufrecht zu halten und stolpert immer wieder über herausstehende Wurzeln.

Der Junge kann kaum noch etwas erkennen und fragt sich, ob das der richtige Weg ist.

Da bleibt er stehen, schaut in alle Richtungen, doch er weiß nicht, wo er sich befindet. Der Regen hindert ihn noch zusätzlich. Orientierungslos geht er weiter.

Zitternd vor Kälte und völlig durchnässt stützt er sich an einem Baum ab. Durch den dichten Regen kann er kaum etwas erkennen. „Wo bin ich bloß?“, fragt sich Finn verzweifelt. Da erscheint vor ihm wie aus dem Nichts eine Felsöffnung. Er kneift seine dunklen Augen zusammen und schaut genauer hin. Das Wasser läuft ihm von seinem braunen Haaren an seinem blassen Gesicht herunter.

Erleichtert geht er hinein und schaut sich um.

Zumindest ist es hier drinnen trocken, denkt er. So entschließt er sich, in der Felsspalte zu warten, bis sich der Regen verzogen hat.

Er ärgert sich, denn auch dieses Mal wird er wieder zu spät zu Hause sein und sicher Ärger bekommen.

Letzte Woche hat er sich schon laufend verspätet, als er mit Max unterwegs war. Das passiert ihm ständig. Seit sich seine Eltern getrennt haben, passt Finn oft auf seine kleine Schwester auf, wenn seine Mutter noch nicht zu Hause ist. Sie verlässt sich auf ihn, weil sie dann meistens noch einmal zur Arbeit geht. Neben ihrer Arbeit im Büro geht sie in einer kleinen Gaststätte abends noch bedienen. Sie hat zwei Jobs das sie gut über die Runden kommen. Manchmal ist Finn richtig wütend auf seine Eltern, dass sie es nicht einfach noch mal miteinander versucht haben. Damals war alles viel einfacher. Jetzt ist seine Mutter ständig im Stress und hat sich verändert.

Als der Junge dann einen Schritt zurücksetzt und dann einen weiteren, überkommt ihm ein merkwürdiges Gefühl und sein Körper kribbelt bis in die Zehenspitzen. Da wird ihm klar, dass es nicht nur eine Felsöffnung ist.

Es ist dunkel, aber irgendwie magisch und etwas Unbekanntes scheint ihn anzuziehen.

So sehr Finn auch denkt, dass er nicht weiter in die Höhle reingehen sollte, umso mehr zieht es ihn hinein.

Mit einer kleinen Lampe, die er an seinem Schlüsselbund hat, macht er sich etwas Licht.

Mutig geht er nun Schritt für Schritt immer weiter ins Innere der Höhle. Auf den ersten Blick fällt ihm nichts Ungewöhnliches auf.

Doch als er die andere Seite der Höhle ausleuchtet, zuckt er vor Schreck zusammen!

„Was ist das?“, fragt Finn sich laut, während er wie erstarrt stehen bleibt.

Er zögert etwas und hält dann mit der Taschenlampe direkt darauf. Völlig schockiert macht er einen gewaltigen Satz zurück.

Er reibt seine Augen und einen Moment lang kann er keinen klaren Gedanken fassen. Kurz darauf rennt Finn, so schnell er nur kann, hinaus. Sein Herz pocht wie verrückt. Er versucht seinen Weg zu erkennen und läuft immer weiter, ohne langsamer zu werden.

Es regnet noch immer sehr stark, doch Finn scheint es gar nicht zu bemerken. Ganz in seinen Gedanken versunken, redet er vor sich hin. „Was war das für ein Ding, oh mein Gott, wie verrückt.“

Der Wald liegt nun hinter ihm. Nur noch ein paar Straßen bis nach Hause. Endlich hat er es geschafft und läuft schnell die Treppen hinauf. Seine Mutter und seine kleine Schwester erwarten ihn bereits. Hastig öffnet er in die Wohnungstür.

Seine Mutter mustert ihn.

„Ich weiß, ich bin zu spät. Tut mir leid, Mama. Es hat so doll geregnet und da habe ich mich eine Weile untergestellt“, sagt Finn aufgeregt mit Blick auf dem Boden gerichtet.

Doch völlig unerwartet erwidert seine Mutter:

„Das ist schon in Ordnung. Ich habe mir schon Sorgen gemacht, bei diesem Wetter.

Ich bin froh, dass du jetzt da bist. Zieh dir etwas Trockenes an und komm dann zum Abendessen.“ Dabei deutet sie auf den gedeckten Esstisch im Wohnzimmer.

Beim Abendessen sagt Finn wenig, denn er weiß, dass es wieder als Hirngespinst abgetan wird.

Doch die Höhle geht ihm nicht mehr aus dem Kopf. Auch im Bett kann er an nichts anderes denken, als an das, was er da gesehen hat.

Was könnte das nur sein? fragt Finn sich immer wieder. Also beschließt er am nächsten Tag noch einmal mit Max hinzugehen. Er muss es unbedingt jemanden zeigen.

Am nächsten Morgen ist Finn schon sehr früh wach. Sogar seine kleine Schwester Sophia schläft noch. Schnell geht er ins Bad, um sich für die Schule fertig zu machen, bevor es wieder besetzt ist. Dann packt er noch seine Schulsachen zusammen. Dabei fällt ihm auf, dass er seine Hausaufgaben in Mathe wieder nicht erledigt hat. „Mist. Ich habe ganz vergessen sie nachzumachen. „Na, das wird wieder Stress geben“, sagt Finn leise zu sich selbst. „Vielleicht kann ich sie vor der Schule noch schnell bei Max abschreiben“, hofft er.

Lustlos nimmt er seine Schultasche und stellt sie in die Küche.

Seine Mutter ist schon wach und macht gerade das Frühstück. „Guten Morgen. Du bist heute aber schon früh auf“, meint sie.

„Kannst du dann Sophia vorher in den Kindergarten bringen? Es liegt auf deinem Weg und ich bräuchte mich nicht so beeilen“, bittet sie ihn.

Na großartig, denkt sich Finn. Ich wollte doch die Hausaufgabe abschreiben. Das kann er aber seiner Mutter nicht sagen. Also stimmt er zu.

Und als ob sie es wüsste, läuft Sophia an diesem Morgen extra langsam. „Jetzt mach schon, ich muss noch was erledigen“, mahnt Finn sie. „Was denn?“, will Sophia natürlich wissen. „Nichts, komm jetzt!“, zieht er seine Schwester mit sich, aber das nimmt sie ihm nicht übel. Sie haben es oft eilig, besonders wenn sie verschlafen haben. Eigentlich mag er seine kleine Schwester und hat sie oft dabei. Max kommt ihnen schon entgegen.

Nachdem Finn Sophia in den Kindergarten gebracht hat, beginnt auch schon fast der Unterricht. Zum Abschreiben ist es jetzt zu spät.

Als sein Mathelehrer ins Klassenzimmer kommt, nimmt er ihn auch schon ins Visier.

Sollte er lieber gleich hingehen und ihm sagen, dass er die Hausaufgabe wieder nicht gemacht hat? Aber vielleicht erinnert er sich auch nicht mehr daran. Also entschließt sich Finn erst einmal abzuwarten. Anstatt nun aufzupassen, um nicht aufzufallen, versucht er Max von seinem gestrigen Erlebnis zu erzählen. Und schon kommt Herr Konrad, sein Mathelehrer die fehlende Hausaufgabe in den Sinn. Zu dumm. Es ist heute einfach nicht sein Tag. Verzweifelt versucht Finn eine Geschichte zu erfinden, was mit seiner Hausaufgabe passiert sein könnte. Da holt Herr Konrad ihn an die Tafel. „Nun gut“, sagt er. „Ich nehme es dir ab, dass deine Schwester daraus ein Boot gebastelt, es bemalt und ins Wasser gesetzt hat. Und da du sie ja gemacht hast, zeigst du nun deinen Mitschülern wie man die erste Aufgabe berechnet.“ Finn hat sich die Aufgaben nicht einmal angesehen, noch weiß er wie man sie berechnet. Nervös geht er nach vorn. Am liebsten würde er sich in Luft auflösen.

Zögernd nimmt er die Kreide und schaut hilfesuchend zu Max hinüber. Der Lehrer diktiert ihm die erste Aufgabe. Finn schreibt sie langsam an die Tafel, um noch etwas Zeit zu schinden, obwohl er weiß, dass es ihm auch nicht helfen wird. Dann geht er einen Schritt zurück und betrachtet die Aufgabe, die er an die Tafel geschrieben hat und stellt fest, dass er keine Ahnung hat, wie er sie ausrechnen soll.

Da hebt Max seine Hand und sagt: „Kann ich mal kurz auf die Toilette?“ Der Lehrer nickt und nimmt ein Notizbuch vom Lehrertisch.

Max erhebt sich von seinem Stuhl und schreitet nach vorn. Als er bei Finn vorbeigeht, wird er langsamer und rempelt ihn fast an. Dabei gibt er ihm einen kleinen Zettel in die Hand, auf dem die Lösung der Aufgabe steht. Danach eilt Max aus dem Klassenzimmer. Finn dreht sich zur Seite, sodass Herr Konrad den Zettel nicht sehen kann. Erleichtert schreibt er nun die Lösung an die Tafel. Sein Lehrer schaut ihn ernst an.

Finn hofft, dass er es nicht mitbekommen hat. Doch dann lächelt er ihm zu und sagt:

„Das ist richtig, danke. Du darfst dich wieder hinsetzen.“

Wie auf Pudding schlendert Finn zu seinem Platz zurück. Seine Knie sind ganz wackelig.

Das ist gerade noch mal gut gegangen, denkt er und bedankt sich mit einem Handschlag bei Max als er wieder zurückkommt.

Den Rest des Schultages schlägt sich Finn relativ gut durch. Nach der Mathestunde ist er sogar auffällig ruhig geworden.

Und da ist es endlich, das erlösende Klingelzeichen. Die beiden Freunde packen schnell ihre Sachen in die Schultaschen und stürmen mit den anderen nach draußen.

Auf dem Heimweg erklärt Finn Max noch einmal genauer, was er gestern gesehen hat.

Max schluckt. „Was ist, kommst du dann mit?“, drängelt Finn seinen Freund. „Ich weiß nicht“, erwidert Max beunruhigt. „Jetzt, komm schon!“, drängelt Finn ihn erneut.

Schließlich willigt Max ein. „Dann treffen wir uns halb vier am Waldrand“, sagt er und beide gehen in verschiedenen Richtungen weiter.

Kapitel 2: Viel zu spät

Zu Hause isst Finn schnell etwas aus der Hand und stopft dabei alle möglichen Dinge in seinen Rucksack, die er in der Höhle eventuell gebrauchen könnte.

Da hört er wie die Tür ins Schloss fällt.

„Kommt Mama heute früher nach Hause?“, überlegt Finn und stellt fest, dass sie davon gar nichts gesagt hat. Und bevor er weiter darüber nachdenken kann, stürmt auch schon Sophia um die Ecke und springt Finn an. „Spielen wir was?“, fragt sie ihn freudig.

Normalerweise hätte er ihr zugesagt, aber in 20 Minuten muss er unbedingt gehen.

„Sophia, das geht gerade nicht. Ich treffe mich gleich mit Max.“ erklärt er ihr. Sie senkt enttäuscht den Kopf. „Wenn ich wiederkomme. Okay?“, vertröstet er sie.

Dann nimmt er Sophia an die Hand und geht mit ihr in die Küche, wo seine Mutter eine Einkaufsliste schreibt. „Hallo Finn, ich dachte, du bist unterwegs. Dann kann Sophia ja schnell bei dir bleiben, bis ich vom Einkaufen zurückkomme?“, schlägt seine Mutter vor.

„Eigentlich wollte ich mich gleich mit Max treffen“, gibt er ihr zu verstehen. „Also gut, dann nehme ich sie mit“, stimmt seine Mutter zu. Finn hockt sich vor Sophia. „Du darfst mit Mama einkaufen gehen und später spielen wir was, aber jetzt muss ich los. Max wartet sicher schon auf mich.“

Schnell schlüpft er in seine Schuhe und zieht sich seine Jacke über, dann schnappt er sich den Rucksack, den er zuvor gepackt hatte und öffnet die Wohnungstür. Sophia beobachtet ihn neugierig.

„Wofür brauchst du einen Rucksack? Was hast du denn da drin?“, will sie nun wissen.

Doch ohne zu antworten, lächelt er ihr zu und verlässt schnell die Wohnung, um Max nicht länger warten zu lassen.

Finn kann es kaum erwarten, seinem Freund nun endlich zu zeigen, was er gestern entdeckt hat. Außerdem ist er heute nicht allein und so gespannt, ob dieses seltsame Ding noch da ist. Schon von Weitem sieht er Max am Waldrand auf ihn warten. „Wo bleibst du denn?“, fragt Max ungeduldig, als er ihn erreicht. „Meine Mama und Sophia sind früher nach Hause gekommen und da bin ich nicht so schnell weggekommen“, entschuldigt sich Finn.

Schweigend und ganz in Gedanken vertieft gehen beide eine Weile den Waldweg entlang. Finn unterbricht die Stille. “Danke noch mal, dass du mich heute bei Mathe rausgehauen hast.“ Max grinst: „Kein Thema.“ Da zeigt Finn in den Wald, fernab vom Weg. „Da vorne muss sie sein.

Hier bin ich lang gerannt, als es so geregnet hat und am Wegesrand tauchte plötzlich diese Höhle auf“, erklärt er seinem Freund.

„Mir ist dort noch nie eine Höhle aufgefallen“, meint Max. „Das ist ja das Verrückte, auf einmal war sie da“, fährt Finn fort.

Die beiden Jungen gehen immer tiefer in den Wald hinein und suchen nach der Felsöffnung, in der sich Finn untergestellt hat. Doch, vergeblich. Sie ist nicht mehr auffindbar. Finn ist enttäuscht. Wo ist sie bloß? Sie kann doch nicht weg sein. Denkt er sich. „Lass uns umdrehen! Wir finden sie heute nicht mehr“, gibt Max Finn zu verstehen. „Wir versuchen es morgen noch mal, vielleicht haben wir da mehr Glück“, ermutigt er seinen Freund. Verärgert und enttäuscht gibt er Max recht. Es hat wirklich keinen Sinn, noch tiefer in den Wald zu gehen. Finn versucht sich zu erinnern. „So weit war es auch nicht. Es lag am Wegesrand, da bin ich mir ganz sicher“, vergewissert Finn ihm. „Dann lass uns nun wirklich umdrehen“ drängelt Max.

Finn schaut auf die Uhr, denn langsam wird es dunkel. „Es ist schon fast sechs“, bemerkt er, als sie wieder zurückgehen. Verwundert hält er weiter Ausschau. Die Höhle war doch so gut zu erkennen, sogar als es so stark regnete, überlegt er und schaut sich erneut um.

„Lass uns den Abhang hier runterrennen, dann kommen wir wieder am Weg an“, schlägt Max nach einer Weile vor. „Ja, gute Idee“, stimmt Finn zu und schon laufen beide den steilen Abhang hinunter. Plötzlich kommt Max auf dem feuchten Laub ins Rutschen, sein Fuß verdreht sich und er kann das Gleichgewicht nicht mehr halten. Einen kurzen Moment taumelt er noch weiter, bis er dann endgültig zu Boden fällt. Finn, der nur knapp hinter ihm ist, eilt schnell zur Hilfe.

„Ist alles in Ordnung?“, fragt er aufgeregt.

Max umfasst seinen Knöchel. „Nein, es tut so weh“, sagt er mit schmerzverzerrter Stimme.

„Warte ich helfe dir auf“, Finn reicht Max die Hand und zieht ihn nach oben, dann stützt er ihn während sie den Rest des Abhangs langsam nach unten gehen. Sie machen immer wieder eine kurze Pause, weil Max beim Auftreten so starke Schmerzen hat.

Endlich erreichen sie den Weg. „Dort vorn ist eine Lichtung, da kannst du dich ein wenig ausruhen während ich Hilfe hole“, meint Finn.

Langsam sinkt Max auf eine Bank. Wieder reibt er seinen Knöchel, der nun schon ganz angeschwollen ist. Finn versucht seine Mutter anzurufen, aber er hat kein Netz. „Na, das ist ja wieder klar“, schimpft er.

„Hast du deine Mutter erreicht?“, fragt Max, als Finn zurückkommt. Er schüttelt leicht den Kopf.

Einen Moment bleiben beide noch schweigend auf der Bank sitzen und starren ins Leere.

Nun erhebt sich Finn. „Es bringt nichts, wir müssen weiter, bevor es noch dunkler wird“, sagt er und schaut besorgt nach oben.

Plötzlich hört er ein eigenartiges Geräusch. Er wendet sich zu Max. „Hast du das gerade auch gehört?“, fragt er ihn, verwundert. „Ja, klang wie das Fauchen eines riesigen Tieres“, stellt Max fest. „Lass uns schnell verschwinden!“, fordert Finn.

Mit Max Verletzung ist der Weg aber eher beschwerlich und sie kommen nicht so gut voran. Wieder hören sie das seltsame Fauchen. Ängstlich schauen sie sich um, doch sie können nichts erkennen. Ganz still, kaum dass sie sich noch trauen zu atmen gehen sie weiter. Das Geräusch kommt immer näher und als wenn das nicht reicht, fängt es auch noch an zu regnen. „Das kann doch jetzt echt nicht wahr sein“, meckert Finn genervt vor sich hin. Der Regen wird immer stärker.

Verzweifelt und besorgt um seinen verletzten Freund, versucht er einen halbwegs trockenen Ort zu finden. Völlig durchnässt bleiben sie schließlich stehen. Max kann nicht mehr weitergehen.

Finn schaut nach rechts. Die Bäume wirken durch den Regen noch dichter als sonst und er kann nur noch leicht den Pfad erkennen, der sie aus dem Wald führt. Doch da ganz unerwartet fragt Max. „Was ist das da?“, und er zeigt auf etwas Schwarzes zwischen den Bäumen nahe am Wegesrand. Gestützt humpelt er mit Finn zu der dunklen Stelle im Wald. Doch plötzlich bewegt es sich und richtet sich auf, um dann völlig zu verschwinden. Finn würde nun am liebsten wegrennen, aber mit Max ist es unmöglich.

Und da ist auch dieses Fauchen wieder und beide wissen nun, dass diese dunkle Gestalt zwischen den Bäumen, die recht groß war, und das Geräusch vermutlich zusammengehören.

Trotz all der Angst wegen dieser merkwürdigen Dinge, die sie hier noch nie bemerkt haben, hat Max nun keine Kraft mehr. „Ich kann nicht mehr“, klagt er. Finn, der bereits ein ziemlich schlechtes Gewissen hat, hockt sich mit ihm ins nasse Laub. Der Regen prasselt weiter auf die beiden herab.

Während Finn sich selbst die Schuld für die ganze Situation gibt, fällt ihm wieder was ins Auge. Ohne etwas zu sagen, steht er auf und geht hin. Es wird immer deutlicher. „Das gibt es nicht, da ist sie“, sagt er nun laut, um es sich selbst zu glauben. Schnell rennt er zu Max, um ihn zu holen. „Ich habe sie gefunden“, sagt Finn erleichtert.

Gestützt schleppt er ihn dorthin. Darin ist es zwar nicht warm, aber trocken.

Tropfnass sitzen sie einen kurzen Moment im Eingang der Höhle. Noch einmal versucht

Finn seine Mutter zu erreichen, doch er hat immer noch kein Netz. Sein Akku ist auch schon schwach, also schaltet er sein Handy lieber ganz aus.

Zu dumm, dass vor knapp einer Woche Max Handy kaputtgegangen ist. Es fiel ihm auf den Boden und landete genau so, dass es auf dem Display aufkam. Es ließ sich nicht einmal mehr einschalten. Das wäre sicher nicht passiert, wenn sie da nicht vor den älteren Schülern weggelaufen wären. Die beiden wurden erwischt, als sie sich mit ihnen einen kleinen Scherz erlaubten, den die Schüler der höheren Klassen aber irgendwie gar nicht so lustig fanden, wie die beiden dachten.

Max geht es langsam ein wenig besser, zumindest so lang er den Fuß nicht belastet.

„Du hast mir doch in der Schule erzählt, dass du hier etwas Seltsames gesehen hast. Wo genau war es denn?“, will er nun wissen. Da fällt es Finn auch wieder ein. Er war so beschäftigt mit Max und seiner Verletzung, dass er ganz vergessen hat, warum sie eigentlich hier sind. Ohne zu antworten, holt er aus seinem Rucksack eine Taschenlampe.

„Wahnsinn, was du alles dabeihast“, sagt Max erstaunt, als er den Inhalt des Rucksacks sieht. Finn lächelt und geht zu ihm rüber um ihm aufzuhelfen. „Komm, ich zeig dir die Stelle“, fordert er ihn auf. Mit der Taschenlampe in der einen Hand und Max gestützt auf der anderen Seite, gehen sie behutsam weiter ins Innere der Höhle.

Langsam lässt Finn den Schein der Taschenlampe vom Boden zur anderen Seite der Höhle wandern.

Und da ist es, noch gigantischer als Finn es in Erinnerung hat. Beide stehen da wie angewurzelt und geben keinen Ton von sich.

Da unterbricht Max die Stille. „Lass uns näher herangehen, das ist ja der Hammer!“, fordert er ihn auf. “ Was ist das? Es ist riesengroß“, flüstert er leise. Finn zuckt mit den Schultern.

„Was wird da drin sein?“, überlegt Max nun laut und hat seinen Fuß dabei fast vergessen. Finn zuckt abermals die Schultern. „Ich weiß auch nicht“, gibt er ihm zu verstehen.

Nun stehen sie direkt daneben. Mutig gibt Finn Max die Taschenlampe und legt seine Hand auf die harte Schale. Er kann schon ein paar Risse erkennen. „Es ist ohne Zweifel ein Ei, das hier von einem riesigen Tier abgelegt wurde und es ist etwas darin, was bald schlüpfen wird“, sagt Finn zu Max und fast gleichzeitig ertönt das seltsame Geräusch wieder, das sich wie das Fauchen eines gigantischen Tieres anhört. Erschrocken schauen sich die beiden Freunde an und bekommen Panik. „Schnell, wir müssen verschwinden“, sagt Finn hartnäckig. „Aber wie?“, will Max wissen und deutet dabei auf seinen Fuß. Finn schaut ihn nachdenklich an, dann zieht er ihn mit sich. Er will erst einmal raus aus der Höhle, um nicht als Futter zu enden.

Dort verstecken sie sich in den Sträuchern neben der Felswand der Höhle.

Alles ist noch ganz nass, aber es nieselt nur noch sachte.

Beide kauern sich an die Felswand. Sehen können sie nichts und hoffen das dieses Ding sie auch nicht entdeckt. Das monströse Wesen, kommt immer näher und auch das fauchende Geräusch wird zunehmend lauter.

Die beiden Jungen halten sich ganz ruhig, um nicht aufzufallen. Inzwischen ist es schon recht dunkel geworden. Dieses Wesen lässt ein lautes Gebrüll los, betritt die Höhle und verschwindet darin.

„Das ist unsere Chance, lass uns jetzt schnell abhauen, bevor es wiederkommt“, drängt Finn Max. Ohne zu zögern, machen sie sich sofort auf den Weg. Es dauert, bis sie endlich den Waldrand erreichen. Erschöpft und noch völlig verängstigt hocken sie sich ins feuchte Gras.

Finn schaltet sein Handy wieder ein und stellt voller Entsetzen fest, dass er seinen Rucksack in der Höhle gelassen hat. Es ging alles so schnell, dass er es nicht einmal merkte. Endlich hat sein Handy nun wieder Empfang. Sogleich ruft er seine Mutter an.