Flammen im Sand - Gisa Pauly - E-Book
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Flammen im Sand E-Book

Gisa Pauly

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Beschreibung

Mamma Carlotta in ihrem vierten Nordseekrimi   Eine italienische Schwiegermutter als Hobbyermittlerin auf Sylt? Das kann nur Turbulenzen geben. In ihrem vierten Fall beweist Mamma Carlotta einmal mehr, wie witzig es an der unterkühlten Nordsee zugeht.   Hätte die ehemalige Lehrerin Gisa Pauly ihre Figur Mamma Carlotta noch nicht erfunden, wäre es wirklich höchste Zeit. Seit 15 Jahren ist die Italienerin auf Sylt eine der beliebtesten Protagonistinnen des witzigen Regionalkrimis. Reihenweise SPIEGEL-Bestseller über die Privatermittlerin mit Temperament und einem Näschen für Dinge, die sie eigentlich nichts angehen, machen die Mamma-Carlotta-Krimireihe zur perfekten Urlaubslektüre mit Durchlesegarantie.   Im vierten Fall »Flammen im Sand« wird Carlottas Schwiegersohn, Hauptkommissar Erik Wolf, zu einem Skelettfund auf einer Baustelle gerufen. Wer die Tote war oder wer ihr den Garaus gemacht hat, ist dem Polizisten schleierhaft. Seine Schwiegermutter hat allerdings einen Verdacht, der nicht nur sie in Gefahr bringen wird. Denn während des Volksfestes Biikebrennen verschwindet plötzlich eine weitere Frau.   »Das Aufeinanderprallen von norddeutscher Gelassenheit und italienischem Temperament macht aus ›Flammen im Sand‹ einen unterhaltsamen Krimi.« – Münstersche Zeitung     Mamma Carlotta wäre auch in Stuttgart oder München eine Ausnahmeerscheinung der deutschen Krimiliteratur. Doch gerade an der Nordsee entfaltet sich ihr ganz besonderer Charme auf unglaublich witzige und rasante Weise, die das Krimigenre kräftig aufmischt.   Mit »Flammen im Sand« kann der Urlaub kommen!   Ob Sommer oder Winter, ob am Nordseestrand oder in der Alpenidylle: Lassen Sie sich von Mamma Carlotta in großartige, humorvolle Abenteuer entführen. Noch nicht genug? Bisher warten bereits 15 Mamma-Carlotta-Bestseller darauf, Ihnen ein echtes Lesevergnügen zu bereiten.     

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Vollständige E-Book-Ausgabe der im Piper Verlag erschienenen Buchausgabe

4. Auflage 2012

ISBN 978-3-492-95691-8

© Piper Verlag GmbH, München 2010 Umschlaggestaltung: Eisele Grafik-Design, München Umschlagfoto: Anja Weber-Decker / plainpicture (Fahne) und Tobik / Shutterstock (Rettungsring) Datenkonvertierung: CPI – Clausen & Bosse, Leck

Immer wieder blickte sie sich um. Gab es jemanden, der ihr nachsah? Jemanden, der sich später daran erinnern würde, in welche Richtung sie gegangen war? Jemanden, der bemerkt hatte, dass die Sporttasche, die sie bei sich trug, schwer gewesen war? Vielleicht würde am nächsten Tag auch jemand sagen, man habe ihr angesehen, dass sie etwas Außergewöhnliches vorhatte, dass sie etwas plante, was ihr niemand zugetraut hätte. Und es habe ja niemand ahnen können, was dabei herauskommen würde!

Als sich ein Wagen langsam von hinten näherte, war sie versucht, sich erneut umzublicken. Aber als sie hörte, dass der Fahrer das Gas wegnahm, wusste sie, dass es nicht nötig war. Es war so weit! Nun konnte nichts mehr dazwischenkommen. Plötzlich spielte es keine Rolle mehr, ob jemand sie beobachtete, der später eine Aussage machen würde.

Der Wagen kam neben ihr zum Stehen, sie sah einen Unterarm, der die Beifahrertür aufstieß. Die Sporttasche wäre im Kofferraum oder auf dem Rücksitz besser aufgehoben gewesen, aber sie wollte keine Zeit verlieren, warf die Tasche in den Fußraum und ließ sich auf den Sitz fallen. Als der Wagen anfuhr, zwängte sie die Füße neben die Tasche. Es war ja nicht weit. Der Weg von einem Leben ins andere konnte so kurz sein! Dass sie bequem saß, darauf kam es nicht an. Wichtig war nur, dass jetzt nichts mehr dazwischenkommen konnte.

Eine halbe Stunde später nahm sie Abschied von Sylt. Ein Abschied für immer! Noch glaubte sie, dass es in ihrer eigenen Macht stand, zu gehen und niemals zurückzukehren. Sie genoss ein letztes Mal den Blick übers Meer und vertraute darauf, dass sie irgendwann noch einmal auf dem Kamm dieser Düne stehen könnte, wenn sie den Mut dazu finden würde. Irgendwann! Trotzdem nannte sie diesen Abschied endgültig und betrachtete alles, als sähe sie es zum letzten Mal. Die gewaltige Dünenlandschaft, die jeden Menschen, der sie durchwanderte, ganz klein machte, die Möwe, die sich mit ausgebreiteten Schwingen auf den Wind legte und zu ihr herabschrie, die schneeweiße Gischt, die weit draußen ein Spiel begann, das erst in der Brandung, wenn sie sich auf den Strand warf, Ernst wurde, den Strand, der kein Anfang und kein Ende hatte und von einer Schönheit war, die sogar den hohen Betonwürfeln Westerlands ihre Hässlichkeit nahm. Den Geruch des Meeres und den Geschmack des Windes nahm sie tief in sich auf, weil sie entschieden hatte, dass es das letzte Mal war.

Carlotta Capella schwebte über einen roten Teppich. Nun ja, richtig rot war er nicht, eher bockwurstbraun, und ein wirklicher Teppich war es auch nicht, sondern ein robuster Sisalläufer. Aber darauf kam es nicht an. Sie schwebte, so viel stand fest! Anders konnte man es nicht nennen, wenn sie sich nicht wie sonst mit hurtigen, energischen Schritten fortbewegte, sondern sehr überlegt und unglaublich graziös ein Bein vors andere setzte und dabei eine Miene zog, als wäre das Leben eine Losbude voller Hauptgewinne.

Ihre sieben Kinder hätten sich bei ihrem Anblick halb totgelacht, aber Mamma Carlotta hatte Glück: Sie befand sich in der Gesellschaft von Menschen, die diese Sache ernst nahmen. Und ihre Enkeltochter Carolin, die sonst erwartete, dass ihre Großmutter sich großmütterlich verhielt, und alles andere schrecklich peinlich fand, hielt sich mit Spott tunlichst zurück. Denn sie war sich keineswegs sicher, dass sie die gebotene Aufgabe besser meistern würde als ihre Nonna.

»Jetzt stehen bleiben! Rechte Hand in die Taille! Rechte Hüfte nach vorn! Über die rechte Schulter blicken! Bon! Très bien! Und wieder retour!«

Mamma Carlotta fühlte sich großartig, während sie zum Anfang des Läufers zurückschritt. Sie fragte sich sogar, ob sie ihr bisheriges Leben fernab ihrer eigentlichen Bestimmung verbracht hatte.

»Sie sind ein Naturtalent, Madame!«, rief Yvonne Perrette prompt. »Wenn der Hauptkommissar Sie sehen würde – er wäre hingerissen!«

Daran glaubte Mamma Carlotta zwar nicht, aber da sie sich die Freude an diesem wunderbaren Tag nicht verderben wollte, schwieg sie. Hochzufrieden nahm sie neben Yvonne Perrette Platz, während Carolin sich am Sisalläufer aufstellte.

»Gerade gehen! Kopf hoch! Nicht zu schnell! Am Ende warten, warten, warten … und dann langsam zurück!«

Gerührt betrachtete Mamma Carlotta ihre Enkelin, die sich redlich Mühe gab, Heidi Klum Konkurrenz zu machen. Wie hübsch sie geworden war! Seit sie ihr Schulpraktikum im Modeatelier absolvierte, sogar noch hübscher. Und seit die beiden Besitzerinnen der Schneiderwerkstatt eine Modenschau planten, war Carolin sogar bereit, sich mit dekorativer Kosmetik zu beschäftigen. Bisher hatte sie nicht viel von Rouge, Lipgloss und Eyeliner gehalten, und von Haarschmuck erst recht nicht. Neuerdings aber blockierte sie stundenlang das Bad, um mit Puder und Lidschatten Erfahrungen zu sammeln und neue Frisuren auszuprobieren.

Und seit Madame Perrette ihr in modischen Fragen mit Rat und Tat zur Seite stand, trug sie gelegentlich bunte Pullover und seit einigen Tagen sogar eine Tunika, die sie selbst genäht hatte. Und das, obwohl sie sich als sehr unpraktisch erwiesen hatte, weil die weiten Ärmel ständig in der Butter oder im Kakao hingen. Neulich waren sie sogar in eine Kerzenflamme geraten, wodurch die Tunika beinahe ruiniert und die Familie obdachlos geworden wäre. Aber zum Glück hatte Felix den Tunikaärmel geistesgegenwärtig mit einem Glas Cola gelöscht. Seitdem waren die Ärmel zwangsläufig kürzer und praktischer in der Handhabung, und Carolin hatte für ihren künftigen Beruf etwas Wesentliches gelernt: Eine Modeschöpferin darf nicht außer Acht lassen, dass die moderne Frau eine zweckmäßige Mode braucht, in der sie die eine oder andere Arbeit verrichten kann, ohne sich in Lebensgefahr zu bringen.

Mamma Carlotta war entzückt gewesen, als sie bei ihrer Ankunft auf Sylt zu hören bekam, dass Carolin einen neuen Beruf ins Auge gefasst hatte. Früher hatte sie Lehrerin werden wollen, das war Mamma Carlotta auch sehr recht gewesen. Dann jedoch war sie von dem Wunsch besessen gewesen, Schriftstellerin zu werden und schließlich sogar Sängerin. Beides hatte ihre Nonna mehr befremdet als erfreut. Nun jedoch wollte sie nach der Schule unbedingt eine Schneiderlehre absolvieren, um Modedesignerin zu werden. Das war so recht nach dem Geschmack ihrer Großmutter! Die hatte schließlich ihre sieben Kinder nur anständig kleiden können, indem sie das meiste selbst nähte. Sie kannte sich also aus. Auch Lucia, Carolins Mutter, hatte gern genäht, und Mamma Carlotta war stolz, dass ihre Enkelin dieses Familienerbe nun weitertrug. Mit großem Engagement hatte sie Carolins Zukunftspläne verteidigt, als Erik zu erkennen gegeben hatte, dass er sich für seine Tochter einen akademischen Beruf wünschte.

»Handwerk hat goldenen Boden, Enrico! Das ist auf Sylt nicht anders als in Italia! Vielleicht wird Carolina sogar eine berühmte Modeschöpferin!«

Und nachdem Erik festgestellt hatte, dass seine Tochter, seit sie ihr Schulpraktikum in der Schneiderwerkstatt absolvierte, gelegentlich etwas anderes trug als beige oder graue Pullover und neuerdings modische Stiefeletten statt ihrer bequemen braunen Halbschuhe, hatte er sich jede Kritik an Carolins Berufswunsch versagt. Nur als sie unbedingt eine neue Krawatte für ihn entwerfen wollte und einen Stoff dafür ausgesucht hatte, den er nicht einmal auf einem Sofakissen geduldet hätte, hatte er sich noch einmal aufgelehnt.

Was er wohl sagen würde, wenn er hörte, dass seine Tochter sogar bei der nächsten Präsentation des Modeateliers als Model mitwirken würde? Mamma Carlotta war nicht ganz sicher, ob er darüber ebenso begeistert sein würde wie sie selbst. Und dass sie Anerkennung ernten würde, wenn Erik hörte, dass auch seine Schwiegermutter an der nächsten Modenschau beteiligt sein würde, bezweifelte sie ebenfalls.

Hätte sie etwa doch ablehnen sollen? Nein! Niemals hätte sie eine Aufgabe zurückgewiesen, die so wahnsinnig aufregend war, dass später ihr ganzes Dorf auf der Piazza zusammenlaufen würde, wenn sie davon erzählte. Carlotta Capella als Model! Dabei spielte es überhaupt keine Rolle, dass es sich um Mode für Mollige und dezente Modelle für die reife Dame handelte. Sie durfte sich mit Fug und Recht ein Mannequin nennen!

Ach, wenn Dino das noch erlebt hätte! Aber diesen Gedanken schüttelte Mamma Carlotta so schnell ab, wie er ihr gekommen war. Nein, von ihrem Mann wäre ihr wohl jede Anerkennung versagt geblieben. Er hatte sie nach ihrem dreißigsten Geburtstag nie anders als in dunkler Kleidung gesehen, mit dunklen Strümpfen und bequemen Pantoletten. Und dass sie nach seinem Tod abgenommen hatte und geradezu aufgeblüht war, wäre ihm wahrscheinlich nicht recht gewesen. Seine Frau hatte sich als Witwe ihr erstes Blümchenkleid gekauft, verzichtete seitdem auf den Haarknoten, hatte sich den ersten Friseurbesuch ihres Lebens geleistet und sich einen Lockenstab angeschafft. Mittlerweile war sie sogar Besitzerin eines Lippenstiftes, todschicker Schuhe, die sich Sneakers nannten, und trug gelegentlich Hosen, die sie nach ihrer Rückkehr nach Umbrien ganz hinten in den Schrank hängte, damit niemand sie sah. Manchmal dachte sie sogar daran, sich eine Jeans zuzulegen. Aber wenn sie sich das traute, musste sie wirklich vergessen, dass Dino im Himmel auf einer Wolke sitzen und vorwurfsvoll auf sie herabblicken könnte.

Mamma Carlotta warf Yvonne Perrette einen Blick zu, dann setzte sie sich genauso kerzengerade hin wie sie. Nachdem sie ihren Mann rund zwanzig Jahre gepflegt hatte, brauchte sie sich keine Schuldgefühle einzureden, wenn sie versuchte, ihrer Witwenschaft etwas Positives abzugewinnen! Yvonne Perrette hatte sogar behauptet, sie sei sehr hübsch mit ihren dunklen Augen und den schwarzen Locken, die nur wenige graue Strähnen aufwiesen. Und während sie früher übergewichtig gewesen war, wurde sie nun höchstens mollig genannt. Mollig! Was für ein schönes deutsches Wort!

Yvonne Perrette klatschte in die Hände. »Es wird immer besser«, sagte sie zufrieden, und damit meinte sie zweifellos nicht nur Carolin, sondern auch Mamma Carlotta. »Meine Kundinnen werden begeistert sein. Der Kaufwunsch wird viel eher angeregt, wenn keine professionellen Models die Mode vorführen, sondern Frauen wie du und ich!«

Mamma Carlotta pflichtete ihr lebhaft bei, obwohl sie noch nie im Leben Gast einer Modenschau gewesen war, sondern nur gelegentlich im Fernsehen staunend beobachtet hatte, wie bedauernswert unterernährte Models Stoffkreationen über den Laufsteg trugen, wie sie in Mamma Carlottas umbrischem Dorf höchstens an Signora Libertini zu sehen waren. Die verfiel von Zeit zu Zeit in Depressionen und schnitt dann die Ärmel aus ihrer Bluse oder stieg in die Hosen ihres verstorbenen Mannes, der zu Lebzeiten gut zwei Zentner auf die Waage gebracht hatte. Doch seit Mamma Carlotta den Sisalläufer im Modeatelier von Westerland entlangschritt, kam sie sich wie eine Expertin in Sachen Mode vor. In ihrem Dorf würde keiner mehr von Claudia Schiffer oder Kate Moss reden können, ohne sich anschließend etwas über Carlotta Capellas Erfahrungen auf dem Catwalk anhören zu müssen. Und Signora Rondinoni, die Besitzerin der kleinen Änderungsschneiderei, würde der Vergleich ihrer winzigen Werkstatt hinter der Küche mit dem großen Sylter Atelier nicht erspart bleiben.

Jannes Pedersen hatte sein ohnehin geräumiges Haus geschickt noch weiter vergrößert. Schon als er es von seinen Eltern erbte, hatte es zwei Geschäfte darin gegeben: die Bäckerei, die seine Mutter, und den Fahrradladen, den sein Vater geführt hatte. Nach ihrem Tod hatte Jannes die Bäckerei aufgegeben und das Angebot des Fahrradladens erheblich erweitert. Der große Obst- und Gemüsegarten, den seine Mutter geliebt hatte, musste diesen Maßnahmen zum Opfer fallen.

Der frühere Bäckerladen war zunächst einem Verwandten überlassen worden, der dort seine Skulpturen und Bilder ausstellen durfte, aber der hatte weichen müssen, als Yvonne Perrette bei Jannes einzog. Danach war aus dem Laden der Verkaufsraum des Modeateliers geworden, mit zwei großen Schaufenstern, einem dunklen, glänzenden Holzboden und hellen Wänden, die von vielen kleinen Lampen angestrahlt wurden. Hinter dem Ladentisch öffnete sich die Tür zur Schneiderwerkstatt, die nur gute Kunden betreten durften, um den Fortschritt der Arbeiten an ihrem bestellten Design-Modell zu begutachten.

Auch die ehemalige Backstube war erheblich vergrößert worden durch einen Anbau, der sich parallel zur Fahrradwerkstatt tief in das Grundstück schob. Mehrere Arbeitsplätze mit Nähmaschinen gab es dort, Schneiderpuppen standen herum, lange Tische liefen durch den Raum, auf denen zugeschnitten und zusammengesteckt wurde, und von der Decke baumelten, an schweren Ketten befestigt, lange hölzerne Stangen, an denen die Kleidungsstücke hingen, die auf Bestellung angefertigt worden waren. Der Raum war dunkel, aber das spielte keine Rolle, da in einem Schneideratelier ohnehin mit künstlicher Beleuchtung gearbeitet wurde.

Die Tür öffnete sich, und Geraldine Bertrand, Yvonnes Schwester, kam vom Laden ins Atelier. Sie war eine kleine, zierliche Person mit einem runden Gesicht und großen, dunklen Augen. Eine außergewöhnlich hübsche Frau mit weichen Zügen, trotzdem war Mamma Carlotta davon überzeugt, dass das Zarte, Zerbrechliche einen harten Kern verhüllte. Sie vertraute weder Geraldines freundlichem Lächeln noch ihrer Höflichkeit. Beides erschien ihr unecht, gespielt. Yvonne war ganz anders als ihre Schwester. Attraktiv zwar auch, aber auf unauffällige Weise. Sie war liebenswürdig und bescheiden und schien nicht darauf vertrauen zu können, dass sie wirklich hübsch war.

Mamma Carlotta glaubte zu wissen, woran das lag: Yvonne war mit dem falschen Mann zusammen. Jannes Pedersen war ein unsympathischer Kerl, grob und einschüchternd, freundlich nur, wenn er seinen Kunden etwas andrehen wollte, was sie nicht gebrauchen konnten. Immer wenn er im Modeatelier erschien, wurde Yvonne nervös und ängstlich, während Geraldine dem Lebensgefährten ihrer Schwester stets den Rücken zukehrte. Ob sie ahnte, wie begehrlich er dann auf ihre Beine starrte? Yvonne jedenfalls wusste es. Mamma Carlotta hatte schon oft beobachtet, wie sie ihn verstohlen ansah, während er sich in Geraldines Kehrseite vertiefte.

Trotz dieser Zurückweisung, für die Geraldine eigentlich Anerkennung verdient hatte, machte Mamma Carlotta aus ihrer Verachtung selten einen Hehl. Sie hatte genug von Geraldine gehört, um sich dieses Gefühl leisten zu können. Was für ein Glück, dass Frau Kemmertöns, die Nachbarin ihres Schwiegersohns, so gut Bescheid wusste! Die war zwar eine echte Friesin und als solche nicht besonders gesprächig, aber wenn es um die beiden Modeschwestern ging, wie sie Geraldine und Yvonne nannte, änderte sich das schlagartig. Frau Kemmertöns war nämlich entfernt mit dem Baustoffhändler Tadsen verwandt und wusste, dass Geraldine Bertrand ein Verhältnis mit ihm hatte. Mit einem verheirateten Mann! Eine Tatsache, die Frau Kemmertöns derart empörte, dass sie ihre Verschlossenheit vergaß, sobald die Rede darauf kam.

Seit Carolin ihr Schulpraktikum bei den Modeschwestern machte, verzichtete Mamma Carlotta häufig auf ihren Espresso und trank stattdessen Tee mit Frau Kemmertöns, um mehr über Geraldine Bertrand zu erfahren. Und was sie nun wusste, gab ihr das Recht, der schönen Französin so zu begegnen, wie sie es verdiente: unhöflich und geringschätzig! Wenn es sich einrichten ließ, verabschiedete sie sich, sobald Geraldine aus dem Laden in die Werkstatt kam, und radelte nach Wenningstedt zurück.

Diesmal ließ es sich einrichten. Die Mittagszeit nahte, und Carlotta Cappella musste für ihren schwer arbeitenden Schwiegersohn und die beiden Enkelkinder das Essen vorbereiten. Das ließ sie sich nicht nehmen! Seit Lucia nicht mehr lebte, blieb in dem kleinen Haus am Süder Wung viel zu häufig die Küche kalt. Solange Mamma Carlotta auf Sylt zu Gast war, sollte es dort Tag für Tag ein gutes, nahrhaftes Essen geben. Sie hatte es oft in die Wolken geseufzt, wo sie Lucia vermutete, und ihr fest versprochen, sich um Erik und die Kinder zu kümmern, wann immer es ging. Und seit sie Witwe war, ging es zum Glück mehrmals im Jahr. Dass sie Dinos Erspartes nach und nach in eine italienische Fluggesellschaft investierte, verursachte ihr kein schlechtes Gewissen. Schließlich musste sie die Familie ihrer verstorbenen Tochter unterstützen. Dass sie außerdem Freude am Reisen gefunden und Sylt mittlerweile lieben gelernt hatte, tat dabei nichts zur Sache.

Entschlossen griff sie nach ihrer Jacke. »Scusa! Es wird Zeit für mich.«

Yvonne Perrette lächelte freundlich. »Natürlich! Ich werde dafür sorgen, dass Carolin pünktlich zum Essen zu Hause ist.«

Geraldine Bertrand wünschte Mamma Carlotta sogar noch einen schönen Tag, doch sie erhielt keine Antwort. Mamma Carlotta schloss den Reißverschluss ihrer dicken Jacke so hoch wie möglich und holte Mütze, Schal und Handschuhe hervor. Solange sie nicht aus ihrem umbrischen Dorf herausgekommen war, hatte sie nichts dergleichen besessen. Dort reichte eine warme Strickjacke, die sie sich im Winter überzog, und gelegentlich, wenn es besonders kalt war, ein großes wollenes Tuch, das sie sich außerdem überwarf. Aber auf Sylt reichte das nicht. Carlotta hatte vorher nicht geahnt, wie kalt die Luft und wie eisig der Wind sein konnten. Lucia hatte oft darüber gesprochen, wenn sie in Umbrien zu Besuch war, aber erst jetzt, als sie zum ersten Mal im Winter auf Sylt war, konnte Mamma Carlotta ihre Tochter verstehen.

Es war der 18. Februar, drei Tage vorm Biikebrennen. Hauptkommissar Erik Wolf fragte sich bang, wie seiner Schwiegermutter der Grünkohl schmecken würde, der am Tag des Biikebrennens in jeder Familie und in jeder Gaststätte der Insel auf den Tisch kam. Vermutlich würde sie sich rundheraus weigern, auch nur zu probieren, was ihr vorgesetzt wurde und was in der Tat nicht so appetitlich aussah wie Mamma Carlottas marinierte Vorspeisen. Aber da sie alles kennenlernen wollte, was früher zu Lucias Leben gehört hatte, würde sie vielleicht einen Versuch machen.

Lucia hatte jedes Mal die Nase gerümpft, wenn sie mit Erik und den Kindern nach dem Biikebrennen zum Grünkohlessen gegangen war. Und sie hatte nur zwei oder drei Gabeln probiert und dann den Teller zur Seite geschoben. Die fettglänzenden Kochwürste hatte sie ihren Kindern sogar verbieten wollen. »Das kann doch nicht gesund sein!« Aber vergeblich! Carolin und Felix hatten sich Lucias Portion sogar mit einverleibt und keinerlei Verdauungsprobleme davongetragen, obwohl sie natürlich auf den lindernden Köm verzichten mussten, ohne den Erik kein Grünkohlessen gesund überstanden hätte.

Ach, Lucia! Wie sehr sie ihm fehlte.

Erik stand auf, riss lustlos ein Kalenderblatt ab und sah sich um, als wollte er ein paar Möbel umstellen, damit auch seine Erinnerungen zurechtgerückt wurden. In Wirklichkeit nahm er die Hässlichkeit seines Arbeitsplatzes schon lange nicht mehr wahr. Längst hatte er sich an das ungepflegte Mobiliar gewöhnt, an die Topfpflanzen, die jedes Mal im allerletzten Augenblick vor dem Vertrocknen gerettet wurden, an die vergilbten Tapeten und die lieblos eingerahmten Fotos von den Sturmfluten des letzten Jahrhunderts. Nicht einmal die abgestandene Luft störte ihn mehr.

Sein Assistent Sören Kretschmer hatte sich im Laufe der Jahre seiner Anspruchslosigkeit angepasst. Anfangs hatte er noch gegen die Schmucklosigkeit rebelliert und versucht, mit frischen Blumen, einem Kunstkalender und regelmäßigem Lüften seine ästhetischen Bedürfnisse zu befriedigen, aber mittlerweile hatte er diese Bemühungen eingestellt.

Chef und Assistent waren sich immer ähnlicher geworden. Und wenn Eriks Schwiegermutter auf Sylt zu Besuch war, waren sie sich am ähnlichsten. Beide sehnten sie dann die Mittagspause herbei und machten sich vorher gegenseitig den Mund wässrig bei den Überlegungen, was Mamma Carlotta gekocht haben mochte. Dass Sören während Carlottas Aufenthalt auf Sylt seine Mahlzeiten im Hause seines Chefs einnahm, war mittlerweile für alle selbstverständlich geworden. Hatte er sich anfänglich noch geziert, vertraute er nun darauf, dass er die Schwiegermutter des Hauptkommissars schwer kränken würde, wenn er ihre Kochkunst verschmähte.

»Ich hoffe, sie vergisst vor der Nähmaschine nicht das Kochen«, sagte Erik und gähnte. »Seit Carolin ihr Praktikum in dem Modeatelier macht, wird bei uns mehr genäht als gekocht.«

Er streckte die Beine von sich, die in einer bequemen Breitcordhose steckten. Die trug er sommers wie winters gern, und nur im Hochsommer verzichtete er auf seinen geliebten Pullunder. Lucia hatte gelegentlich versucht, ihn in eine figurbetonte Jeans zu stecken, in ein flottes Poloshirt und einmal sogar in einen Kaschmirpullover. Aber Erik ließ keine unbequeme Kleidung an sich heran und erst recht keine, auf die man achtgeben musste, weil sie empfindlich war und nicht in der Waschmaschine gewaschen werden konnte. Also stieg er jeden Morgen wieder in eine seiner geliebten Breitcordhosen und zog sich seinen Pullunder über den Kopf.

Erik Wolf war durch und durch uneitel. Das Einzige, mit dem er sich am Morgen im Badezimmer Mühe gab, war sein Schnauzer. Den hatte er gern akkurat geschnitten, in der Mitte etwas höher als an den Seiten, die in seine Mundwinkel wachsen mussten, damit Erik sich wohlfühlte. Lucia hatte behauptet, er trüge den Schnauzer so, damit niemand merkte, wenn er die Mundwinkel zum Lächeln hob. Das war natürlich blanker Unsinn. Erik Wolf war schließlich kein humorloser Mensch. Er war nur … Friese. Und ein Friese schmunzelte eben lieber, als zu lachen. Lucia hatte das irgendwann eingesehen, nachdem sie ihn im ersten Jahr ihrer Ehe fast täglich gefragt hatte, ob er schlecht gelaunt sei. Und oft gerade dann, wenn er glänzender Laune gewesen war.

»Ihre Schwiegermutter ist ein unglaublich aktiver Mensch«, meinte Sören gerade und gähnte nun ebenfalls. »Anstatt sich auszuruhen, hilft sie Carolin beim Nähen.«

»Da ist sie wie Lucia«, sagte Erik leise. »Wenn die ein Stück Stoff in die Hand bekam …« Er brach ab. Noch immer machte es ihm Schwierigkeiten, den Namen seiner verstorbenen Frau auszusprechen.

Sören verstand ihn trotzdem. »Ihre Frau und Ihre Schwiegermutter sind sich sehr ähnlich.«

»Finden Sie?« Erik dachte kurz nach. »Lucia war nicht so anstrengend«, sagte er dann, obwohl er nicht sicher war, dass er recht hatte. Lucia hatte genauso wenig Stille ertragen können wie ihre Mutter, und auch Felix, der ganz nach seinen italienischen Vorfahren kam, brauchte stets Lärm um sich herum. Lucia hatte genauso viel geredet, so viel gelacht und gesungen, so schnell Kontakte geknüpft wie ihre Mutter und so laut geschimpft wie sie, wenn ihr etwas nicht gefiel. Aber Lucia war seine Frau gewesen, er hatte sich für sie entschieden und sie geliebt. Also war alles richtig gewesen, was sie tat. Und da Felix so war wie seine Mutter, war auch das in Ordnung, obwohl Erik es sehr zu schätzen wusste, dass Carolin genauso ruhig und wortkarg war wie er selbst. Seine Schwiegermutter jedoch …

Er schüttelte den Kopf und stand auf. »Kommen Sie! Vielleicht ist die Vorspeise schon fertig«, unterbrach er seine eigenen Gedanken.

Sören sprang erfreut auf. »Meinen Sie?« Sein rundes Gesicht, das Erik stets an einen überreifen Apfel erinnerte, glänzte. »Wissen Sie, welche Antipasti es geben wird?«

»Sie hat gestern Artischocken eingekauft«, sagte Erik, während er seine Jacke überzog. »Ich denke, sie wird sie füllen.«

»Womit?«, fragte Sören höchst interessiert.

»Meistens nimmt sie Orangen, Pinienkerne und …« Weiter kam Erik nicht. Sein Telefon schrillte. Er warf Sören einen Blick zu, der sagen sollte: Hoffentlich kommt uns nichts dazwischen, dann nahm er ab und meldete sich. Kurz darauf wusste er, dass ihnen etwas dazwischengekommen war. Etwas sehr Merkwürdiges …

Mamma Carlotta stand neben ihrem Fahrrad und überlegte, ob sie wirklich aufsteigen sollte. Der Wind fuhr ihr mit einer Kraft entgegen, die ihr Angst machte. Würde sie dagegen ankommen? In ihrem Dorf hätte man längst von einem Sturm gesprochen, alle Fenster verriegelt und die Türen nur noch geöffnet, um den vergessenen Blumentopf hereinzuholen, der Anstalten machte, den Berg hinabzurollen. Auf Sylt hingegen ging trotzdem alles seinen Gang. Der Wind gehörte zur Insel, und wenn ein Sturm daraus wurde, dann traf man eben alle nötigen Maßnahmen, wartete ab und sorgte dafür, dass das Leben weiterging.

So hatte Erik es ihr erklärt. »Fast jeden Winter gibt es einen Sturm. Hoffen wir, dass keine Sturmflut daraus wird.«

Mamma Carlotta sah in den Himmel. War das schon ein Sturm? Oder nur ein kräftiger Wind? Sie lauschte auf die Geräusche des Meeres, dessen Rauschen immer in der Luft lag. War aus dem Brausen schon das Donnern der Brandung geworden, mit der eine Sturmflut begann?

Auf dem Hinweg hatte sie ihn genossen, den Wind, weil er sie von Wenningstedt nach Westerland getrieben hatte, ohne dass sie sich anstrengen musste, jetzt aber fuhr er ihr entgegen. Als sie aufs Fahrrad stieg, musste sie dafür sorgen, dass sie zügig in Fahrt kam, damit sie nicht umkippte.

Sie beugte sich tief über den Lenker und sah weder rechts noch links. Deswegen erschrak sie zu Tode, als sich ihr vor dem Seniorenheim jemand in den Weg stellte und nach ihrem Fahrradlenker griff. Das Rad kippte zur Straßenmitte, und Carlotta Capella konnte sich gerade noch mit dem linken Fuß abstützen, sonst hätte sie sich auf dem Pflaster der Steinmannstraße wiedergefunden.

»Sind Sie verrückt geworden?«, fuhr sie den alten Mann an, der vor ihr stand und sie interessiert betrachtete. Nicht schuldbewusst, nicht erschrocken oder ängstlich, sondern tatsächlich interessiert. Erst in diesem Moment sah Mamma Carlotta, dass er unter seiner Winterjacke nur eine Unterhose trug. Spindeldürre Beine ragten grotesk daraus hervor, die Füße steckten in klobigen braun-rot karierten Pantoffeln.

»Nichts verraten«, sagte er und zeigte die Steinmannstraße hinab. »Keiner darf was wissen.«

Nun ahnte Mamma Carlotta, was für einen Menschen sie vor sich hatte. Dem ging es anscheinend so wie dem Bruder ihres Zahnarztes. Schon mit Ende vierzig hatte der geistige Verfall bei ihm eingesetzt, und da er die Metzgerei ihres Dorfes betrieb und täglich mit scharfen Messern hantierte, war er bald aus dem Verkehr gezogen worden. Nachdem er sich dann in einem unbeobachteten Moment zu seiner Schlachterei aufgemacht hatte, dort zu einem Hackebeil gegriffen und alles, was sich besänftigend auf ihn zubewegte, unbedingt verwursten wollte, hatte man ihn von da an in seinem Schlafzimmer eingesperrt.

»Keiner darf was wissen«, wiederholte der alte Mann, und Mamma Carlotta beeilte sich, ihm beizupflichten, so wie es alle bei dem Metzger in ihrem Dorf taten, der aggressiv wurde, wenn jemand nicht seiner Meinung war.

Zum Glück kam in diesem Moment eine Frau im weißen Kittel aus dem Seniorenheim gelaufen. »Entschuldigung!«, rief sie schon von Weitem. »Herr Lürsen ist uns wieder mal entwischt.«

Schwer atmend stand sie vor Mamma Carlotta und entschuldigte sich noch drei weitere Male. »Früher war er Lehrer«, erklärte sie. »Er will jeden Tag in die Schule und seinen Stundenplan ändern, damit er samstags keinen Unterricht hat.« Sie griff nach seinem Arm und führte ihn weg.

Mitleidig sah Carlotta dem Mann hinterher, der in kleinen Schritten neben der Altenpflegerin hertrippelte. Die redete auf ihn ein, während er versuchte, mit ihr Schritt zu halten.

Mamma Carlotta schwang sich wieder auf den Sattel und begann nach Leibeskräften zu treten. Woran ein Mensch wohl merkte, dass die geistige Umnachtung nach ihm griff? Ob er es überhaupt selber merkte? Oder merkten es nur die anderen?

Sie entschloss sich, einen Abstecher zum Strand zu machen, um den alten Mann dort zu vergessen. Das Pfefferfleisch, das vier Stunden kochen musste, hatte sie am Abend vorher zubereitet, es brauchte nur noch einmal erhitzt und aufgeschnitten zu werden. Die Artischocken hatte sie schon am frühen Morgen gefüllt, sie mussten noch eine halbe Stunde gebacken werden, dann waren sie servierfertig. Und die Tortelloni mit der Champignonsoße waren schnell gemacht. Sie hatte also Zeit, sich das Meer anzusehen.

Als sie nach links in die Rote-Kreuz-Straße einbog und auf die Dünen zufuhr, hätte sie beinahe vor dem Wind kapituliert. Nur mit letzter Kraft schaffte sie es bis zum Parkplatz am Restaurant »Seenot«, wo sie das Fahrrad abstellte. Sie stieg hinauf zu den Holzplanken, die sich oberhalb des Strandes Richtung Wenningstedt entlangzogen. Dort lehnte sie sich ans Geländer, hielt ihr Gesicht dem Wind entgegen und sah aufs Meer hinaus.

Wie sollte sie nur in ihrem Dorf erzählen, was sich hier abspielte? Wie konnte es in Worte gefasst werden, dieses Heranrollen der Brandung, die gewaltige Kraft, mit der die Brecher sich auf den Sand warfen, die tief hängenden, aufgerissenen Wolken, die schneeweiße Gischt, die noch weißer erschien, wenn für wenige Augenblicke die bleiche Wintersonne ins Meer stach. Dieses Bild zu beschreiben, würde schwierig werden. Keine Frage, dass sie es versuchen würde, wortreich, mit kleinen Übertreibungen, mit Augenrollen, tiefem Seufzen und großen Gesten. Aber sie bezweifelte, dass es ihr gelingen würde. Man musste die eisigen Spitzen des Windes auf der Haut spüren, die Seeluft riechen und das Salz von den Lippen geleckt haben, erst dann konnte man sich vorstellen, was es hieß, an einem stürmischen Tag am Meer zu stehen.

Sie hatte Mühe, sich von dem wunderbaren Anblick loszureißen. Nur weil ihr plötzlich einfiel, dass sie die Dolci noch nicht vorbereitet hatte, löste sie sich vom Geländer und lief zum Parkplatz zurück.

Sie fuhr auf den Verkehrskreisel zu. Von dort bog sie in die Norderstraße ein, die schnurgerade nach Wenningstedt hineinführte. Ob sie auf die andere Straßenseite wechseln sollte? Dort gab es einen Fahrradweg, der zwischen zwei Baumreihen verlief und womöglich Schutz vor dem Wind bot, den Mamma Carlotta längst einen Sturm nannte. Von einem Sturm würde sie auch sprechen, wenn sie wieder zu Hause war und der Familie und ihren Nachbarn davon erzählte, sobald sie nach dem Wetter auf Sylt gefragt wurde. Alle fragten sie immer als Erstes nach dem Wetter. In Umbrien konnte sich niemand vorstellen, dass man sich auf einer Insel in der Nordsee wohlfühlen konnte. Lucia war jedesmal, wenn sie in Umbrien einen Besuch machte, mitleidig angesehen worden, weil sie ihr Leben in der Kälte fristen musste und für ihre Liebe die Sonne, die Wärme und die Leichtigkeit aufgegeben hatte. Noch so oft hatte Lucia erklären können, dass sie es mittlerweile liebte, dieses Leben in der kalten, klaren Luft, unter dem heftigen Wind – niemand hatte ihr geglaubt. Ihre Mutter am allerwenigsten. Inzwischen jedoch gehörte Mamma Carlotta zu denen, die Sylt verteidigten, das Klima, das eisige Wasser, den Wind, der auch im Sommer kalt und schneidend war.

Sie war auf der linken Straßenseite geblieben und an der Einmündung zum Hochkamp kurz in Versuchung, links abzubiegen und endlich Käptens Kajüteden Besuch abzustatten, auf den Tove, der Wirt, sicherlich längst wartete. Schon seit mehreren Tagen war sie auf der Insel, aber noch immer hatte sich keine Gelegenheit gefunden. Da niemand von ihren Besuchen in der Imbiss-Stube wissen durfte, musste sie auf eine gute Gelegenheit warten, und die hatte es bisher nicht gegeben, weil Mamma Carlotta beinahe täglich mit Carolin im Atelier gewesen war.

Jetzt hätte es ihr gutgetan, sich aufzuwärmen an einem Cappuccino, zu stärken mit einem Vino rosso und sich sagen zu lassen, dass alles halb so schlimm sei, dass so ein Wind noch längst kein Sturm und auf Sylt vollkommen normal sei. Sicher hätte ihr Toves Zuspruch gutgetan und Fietjes Gleichmut auch.

Mamma Carlotta war jemand, der sich gern etwas einreden ließ. Das Leben war viel leichter zu ertragen, wenn man fest daran glaubte, dass auf jedes Tief ein Hoch folgte, auf jeden dunklen Tag ein sonniger und eben auf jeden Sturm eine Flaute. Aber sie wurde im Haushalt ihrer Tochter gebraucht, da blieb keine Zeit für einen Besuch in Käptens Kajüte. Sie musste selbst dafür sorgen, dass sie den Mut nicht verlor. Im selben Rhythmus, in dem sie in die Pedale trat, belehrte sie sich, dass der Sturm nur ein Wind und der Wind von der Insel nicht wegzudenken war. Erst recht nicht im Februar!

Das Hotel entstand in List, zwischen dem Ortskern und dem Hafen, in der Nähe des Wattenmeers.

»Das ist viel zu groß, um schön zu sein«, knurrte Erik. »Haben wir nicht schon genug von diesen viel zu großen Hotels?«

Sören nickte, aber er schien den Neubau, über dem die Richtkrone schwebte, gar nicht zu sehen. Stattdessen wies er zu einer frisch ausgehobenen Baugrube, die von der Straße aus zu erkennen war. »Anscheinend irgendein Nebengebäude. Personaltrakt, Garagen oder so. Da werden sie es gefunden haben.«

Der Maurerpolier empfing Erik und Sören am Straßenrand und dirigierte ihr Auto auf das Baustellengelände. Der Wind riss Erik die Fahrertür aus der Hand, fuhr heulend ins Auto und machte ihm das Aussteigen schwer. Er sah in das ernste Gesicht des Poliers, der seinem Auto gefolgt war und nun neben der Fahrertür auftauchte. »Komische Sache, das.«

Uwe Jöns, einer der Architekten, kam hinzu und erklärte etwas weniger einsilbig, um was für eine komische Sache es sich handelte. Er berichtete, dass der Baggerführer plötzlich seine Arbeit unterbrochen und aufgeregt nach ihm gerufen habe. »Ein Gerippe! Ganz deutlich zu erkennen! Etwa zwei Meter tief. Vielleicht ein Tier, aber vielleicht …« Er sprach die schreckliche Vermutung nicht aus. »Ich dachte, es ist besser, wenn ich die Polizei rufe.«

Dass er damit recht getan hatte, erkannte Erik schnell. Er hoffte, dass der gewissenhafte junge Architekt keine Schwierigkeiten mit seinem Vorgesetzten bekommen würde. Terminverzögerungen auf einer Baustelle dieser Größenordnung konnten viel Geld kosten, und Erik war sicher, dass manch anderer Architekt das Zeichen zum Weitermachen gegeben hätte.

Er bat Sören, den Gerichtsmediziner und die Spurenfahnder zu verständigen. »Und danach rufen Sie am besten auch meine Schwiegermutter an«, fügte er leise hinzu, »damit sie nicht mit dem Essen auf uns wartet.«

Sören war schlagartig schlecht gelaunt. Erst ein Skelett und dann noch der Verzicht auf gefüllte Artischocken!

Kommissar Vetterich und seine Leute von der kriminaltechnischen Untersuchungsstelle waren schnell da, aber bis Dr. Hillmot auftauchte, war eine gute Stunde vergangen. Erstens, weil der schwergewichtige Gerichtsmediziner nicht zu den Schnellsten gehörte, zweitens, weil er der Ansicht war, dass bei Toten keine Eile geboten war, und erst recht nicht, wenn der Tod schon so lange zurücklag, dass die Leiche bereits skelettiert war.

»Da kommt’s doch wohl auf ein Stündchen mehr oder weniger nicht an, oder?«, hatte er zu Sören am Telefon gesagt, der nun endlich etwas gefunden hatte, worüber er sich aufregen konnte, nachdem ihm klar geworden war, dass der Verzicht auf gefüllte Artischocken angesichts einer Leiche kein ausreichender Grund für seine schlechte Laune sein durfte.

Uwe Jöns, dem allmählich aufging, dass er sich eine Menge Scherereien einhandeln konnte, trat von einem Bein aufs andere. »Wann können wir endlich weitermachen?«

Erik zeigte auf den Rest der Baustelle. »Dort gibt’s doch genug zu tun. Muss es unbedingt an dieser Stelle sein?«

Uwe Jöns sah ihn ungehalten an. »Sie haben wohl keine Ahnung von den Ablaufplänen einer Großbaustelle, oder?«

Das bestätigte Erik gern, ersparte aber dem Architekten nicht den Hinweis, dass der anscheinend genauso wenig von Polizeiarbeit verstand.

Uwe Jöns merkte, dass er ungerecht gewesen war, und rettete sich in die erstaunte Frage: »Glauben Sie denn wirklich, dass das ein Mordopfer ist?«

»Jedenfalls glaube ich nicht, dass sich hier jemand sein eigenes Grab geschaufelt hat«, gab Erik zurück.

Damit beugte Uwe Jöns sich endlich über seinen Ablaufplan, der die Ausmaße eines Bettvorlegers hatte, und strich energisch einen Posten durch. Wie ein Feldherr, nachdem er eine strategisch wichtige Entscheidung getroffen hat, zeigte er gen Osten. »Da geht’s weiter!«

Forschen Schrittes ging er seinen Arbeitern voran, die ihm ungern folgten und immer wieder begehrliche Blicke auf den Ort der Sensation zurückwarfen. Erst recht, als sie sahen, wie die Spurenfahnder eintrafen und in weiße Schutzanzüge stiegen.

Erik war froh, dass er mit Sören noch ein paar Minuten allein war. Vorsichtig umrundete er das Loch, das der Bagger bereits ausgehoben hatte. »Wie lange mag die Leiche hier schon liegen?«

Sören zuckte mit den Achseln. »Jedenfalls nicht so lange, wie der Mörder gehofft hat. Wer hier einen Menschen verbuddelt hat, konnte damit rechnen, dass er nie gefunden wird.«

»Mörder?« Erik sah seinen Assistenten strafend an. »Sie ziehen voreilige Schlüsse.«

»Tu ich das? Dann hat sich hier wohl doch jemand sein eigenes Grab geschaufelt?«

Erik verzichtete auf eine Antwort, die unfreundlich ausgefallen wäre, und sah Kommissar Vetterich entgegen, der wieder mal so bärbeißig dahergestapft kam, als betrachtete er jedes Gewaltverbrechen als einen Angriff auf seine karge Freizeit.

»Hoffentlich hat der Bagger nicht zu viel Schaden angerichtet«, sagte er verdrießlich, nachdem er einen Blick in die Grube geworfen hatte.

»Sie hoffen auf verwertbare Spuren?«, fragte Erik.

Vetterich sah ihn beleidigt an. »Warum bin ich sonst hier?« Er schickte einen der Spurenfahnder zum Wagen zurück. »Wir brauchen Löffel und die kleinen Bürsten. Und dann gehen wir ganz vorsichtig zu Werke, damit die Leiche nicht beschädigt wird.«

Erik und Sören sahen zu, wie zwei Spurenfahnder sich am Rande der Grube niederließen und Stück für Stück das Skelett freilegten. Zwei andere spannten währenddessen ein Segel auf, das die Männer, vor allem aber die Grube und ihren Inhalt, vor dem Wind schützen sollte.

Erik und Sören steckten die Hände in die Taschen und sahen schweigend zu, zunächst gespannt, dann immer gelangweilter und schließlich ausgesprochen überdrüssig. Erik blickte sich immer wieder um in der Hoffnung, jemand würde zu ihnen kommen und sie auffordern, in einem der Bauwagen Schutz vor dem Wind zu suchen, wo es eine Kaffeemaschine gab, die man ihnen gern zur Verfügung stellen wollte. Aber leider geschah nichts dergleichen. Sie froren, schwiegen, machten ein paar Schritte hin und her, froren trotzdem und schwiegen weiter.

Erst nachdem das Skelett von Kopf bis Fuß zu sehen war, fragte Erik: »Wie lange mag das schon hier liegen?«

Kommissar Vetterich zuckte mit den Schultern. »Schon lange, so viel steht fest. Es gibt keinen Geruch mehr und auch kein weiches Gewebe.«

»Mann oder Frau?«

»Das ist Dr. Hillmots Aufgabe«, antwortete Vetterich. »Es ist das Skelett eines Erwachsenen, nur so viel kann ich sagen.«

Erik machte einen langen Hals, während Sören den Abstand zu dem Skelett so groß wie möglich hielt. »Wie kommt es, dass die Kleidung noch erhalten ist?«, fragte Erik und wies auf die dunklen Fetzen, die das Skelett umhüllten.

»Baumwolle«, entgegnete Vetterich. »Die braucht ungefähr fünf Jahre, bis sie verrottet. Jeans und Baumwollhemd würde ich sagen. Wenn das stimmt, ist die Leiche vermutlich im Sommer verscharrt worden.«

»Vor wie vielen Jahren?«

»Habe ich doch gesagt! Fünf Jahre ungefähr! Die Kleidung ist noch nicht vollständig verrottet. Fünf Jahre müssten so ungefähr hinkommen.«

Erik stöhnte. »Aber es können auch sechs Jahre sein?«

»Klar! Auch vier!«

In diesem Moment traf Dr. Hillmot ein. Der dicke Rechtsmediziner stöhnte bei jedem Schritt und beklagte sich, wann immer sich jemand fand, der sich seine Klagen anhörte, dass seine Aufgaben fast immer mit körperlichen Anstrengungen einhergingen. Und ein ständiges Ärgernis war es, dass sein Büro im ersten Stockwerk lag und das Gebäude der Gerichtsmedizin keinen Aufzug besaß.

Sein Überdruss wich allerdings, als er vor dem Erdloch erschien, an dessen Grund das mittlerweile freigelegte Skelett zu erkennen war. Plötzlich erschien in seiner Miene etwas, das daran erinnerte, warum er sich diesen Beruf ausgesucht hatte: Neugier! Selbst die Aussicht, in die Grube zu steigen, um seine ersten Untersuchungen an dem Skelett vornehmen zu können, schien ihn nicht zu schrecken. Dass Erik ihm den Vorschlag machte, es bei einem groben Überblick zu belassen und alle weiteren Untersuchungen in der Pathologie vorzunehmen, gefiel ihm dennoch.

»Mann oder Frau?«, fragte Erik erneut.

Dr. Hillmot schüttelte den Kopf. »Dafür muss ich das Skelett auf dem Tisch haben.«

»Sind Verletzungen zu erkennen?«

Wieder schüttelte Dr. Hillmot den Kopf. »Auf den ersten Blick nicht.« Er wandte sich an Vetterich. »Schaffen Sie mir diesen Kunden in die Pathologie. Aber schön vorsichtig!«

Vetterich brummte etwas, was so klang wie: »Sie mich auch!« Er hasste es, wenn sich jemand mit Ratschlägen oder auch nur mit gut gemeinten Hinweisen in seine Arbeit einmischte. Doch immerhin verstieg er sich zu der Freundlichkeit, Erik mitzuteilen, dass er nach dem Abtransport der Leiche den Boden des Grabes und seine Umgebung genauer untersuchen würde. Damit war alles gesagt und getan, was notwendig war. Vetterich, der seit vielen Jahren mit Erik zusammenarbeitete, war noch nie auf die Idee gekommen, ein privates Wort mit ihm zu wechseln oder gar eine Unterhaltung zu beginnen.

Gerade wollte Erik sich auf den Weg zu seinem Auto machen, da sah er die Frau. Sie stand in der Nähe der Bauwagen, in denen sich zurzeit niemand aufhielt. Sehr aufrecht, als hätte sie sich auf die Zehenspitzen gehoben. Angespannt blickte sie zu ihnen herüber, das war sogar auf die Entfernung zu erkennen. Sie duckte sich nicht in ihren warmen Mantel, hielt nicht ihre Mütze fest oder ihren Schal zusammen und trat auch nicht frierend von einem Bein aufs andere.

»Sehen Sie die Frau dahinten?«, fragte Erik seinen Assistenten. »Was macht die hier?«

»Eine Neugierige«, antwortete Sören und zeigte zur Straße, wo sich viele Schaulustige versammelt hatten, die von Vetterichs Leuten daran gehindert wurden, sich der Fundstelle zu nähern. »Was sonst?« Er kniff plötzlich die Augen zusammen. Nachdenklich folgte sein Blick der dunkel gekleideten Frau, die nun mit großen Schritten den Weg zur Düne hinaufstieg. »Die kenne ich«, sagte er. »Das ist eine dieser Modetanten. Die beiden Französinnen, bei denen Carolin ihr Schulpraktikum macht.« Er sah auf die Uhr. »Was meinen Sie?«, fragte er dann, »hat es noch Sinn, am Süder Wung vorbeizufahren? Glauben Sie, dass von dem Mittagessen noch was übrig ist?«

Eines hatte Mamma Carlotta noch nie leiden können: Wenn das Essen fertig war, die Familie aber nicht pünktlich bei Tisch erschien oder – noch schlimmer – wenn im letzten Augenblick jemand absagte. Die dritte Möglichkeit, dass ein Angehöriger, für den ein Teller auf den Tisch gestellt worden war, einfach nicht erschien, befand sich außerhalb ihrer Erwägungen. Das hatte sich der Freund ihrer zweitältesten Tochter einmal erlaubt und lange gebraucht, um das Herz seiner zukünftigen Schwiegermutter zurückzuerobern, das sonst nicht nur für ihre eigenen Kinder, sondern selbstverständlich auch für deren Partner schlug.

Erik und Sören aber hatten natürlich keine Sanktionen zu befürchten. Sörens Trauer und Verzweiflung waren sehr eindrucksvoll durch den Hörer gedrungen, als er Mamma Carlotta mitteilen musste, dass dienstliche Pflichten sie vom pünktlichen Erscheinen am Mittagstisch abhielten. Ärgerlich war die Sache zwar trotzdem, aber Mamma Carlotta sah ein, dass daran nichts zu ändern war.

Zum Glück kam Felix zur vereinbarten Zeit aus der Schule zurück und hatte Hunger wie ein Wolf. Jedes tiefe Gefühl – dazu gehörten auch Hunger und Durst – tat er mit dem heftigen Zuschlagen der Haustür kund, mit dem Poltern seiner Schultasche, die er vor die untere Treppenstufe warf, und einem laut vorgebrachten Fluch oder einem Jubelschrei, je nachdem. In diesem Fall war es ein Jubelschrei, denn die Mathelehrerin hatte eine Klassenarbeit nicht gewertet, die Felix’ Notendurchschnitt in einen bedenklichen Bereich zwischen vier und fünf befördert hätte, was viele Diskussionen mit seinem Vater über Lerneifer, Musik während der Schularbeiten und Nachhilfeunterricht nach sich gezogen hätte.

Felix war also gut gelaunt, verpasste seiner Nonna einen Kuss aufs rechte Ohr, warf sich auf einen Stuhl und trommelte mit allen zehn Fingern auf dem leeren Teller herum. Er hatte nicht einmal etwas gegen die Debatte, warum seine breiten Turnschuhe nicht geschnürt werden durften und sein Käppi unbedingt auf dem Kopf bleiben musste. Selbstverständlich führten sämtliche Vorhaltungen wie immer zu nichts, aber Mamma Carlotta hatte trotzdem das gute Gefühl, mal wieder einen Beitrag zur Erziehung ihres Enkels geleistet zu haben.

»Felice! Was soll nur aus dir werden?«

»Weißt du doch! Profifußballer!«

Felix genoss die ungeteilte Aufmerksamkeit seiner Großmutter gerade so lange, bis auch Carolin heimkam und nichts anderes als Kappnähte, Ziernähte und Steppnähte im Sinn hatte. Mittlerweile hatte Mamma Carlotta sämtliche Fachbegriffe des Schneiderhandwerks in einem Wörterbuch nachgeschlagen und musste nur noch selten nachfragen, wenn Carolin mit ihren Fachkenntnissen glänzen wollte.

Felix griff erst wieder ins Gespräch ein, als Carolin den Vorschlag unterbreitete, ihm ein Hemd zu nähen, weil sie im Modeatelier gerade gelernt hatte, was ein Kragenbeleg war. Bei einem Hemd für Felix, bei dem es nicht so drauf ankam, hätte sie die Theorie gern in die Praxis umgesetzt.

Felix jedoch war die Undankbarkeit in Person, wollte nichts von einem selbst genähten Hemd wissen, auch nicht, wenn er sich den Stoff selber aussuchen durfte. Wenn überhaupt, kam für ihn nur ein Hemd einer sehr angesagten Skater-Firma infrage. Am liebsten hielt er sich jedoch weiterhin an T-Shirts im Sommer und Sweatshirts im Winter.

Daraufhin beschloss Carolin, Sören dieses Angebot zu machen, und Mamma Carlotta bekräftigte sie darin, weil sie sicher war, dass Eriks Assistent sich nichts Schöneres vorstellen konnte als ein Hemd, in das ein junges Mädchen viel Zeit und Liebe investiert hatte.

»Ein Unikat!«, erklärte Carolin stolz. Denn auch im Modeatelier von Westerland wurden Unikate angefertigt. Einer Kundin musste es viel wert sein, ein Kleidungsstück zu kaufen, in dem sie keiner anderen Frau begegnen würde.

Beschwingt stieg Carolin in die erste Etage hinauf, um sich in ihrem Zimmer Gedanken um die Schnittführung von Sörens Hemd zu machen, während Mamma Carlotta das Geschirr zusammenstellte. Sie schnalzte ärgerlich mit der Zunge, als sie die Reste begutachtete, und fragte sich gerade, ob sie fürs Abendessen reichen würden, da sah sie Frau Kemmertöns vor dem Küchenfenster vorbeigehen.

Zwei Minuten später saß die Nachbarin am Tisch, aß eine gefüllte Artischocke und ließ sich das Rezept erklären. Natürlich erfuhr sie bei dieser Gelegenheit ebenfalls, dass das Modeatelier neuerdings auch Mode für die reife und die mollige Dame herstellte und demnächst in einer Modenschau präsentieren wollte. Frau Kemmertöns, die sowohl reif als auch mollig war, staunte nicht schlecht, als Mamma Carlotta berichtete, dass sie vom Fleck weg engagiert worden sei.

»Eigentlich wollte ich ja nur Carolina von ihrem Praktikumsplatz abholen und dabei einen winzigen Blick in die Schneiderwerkstatt werfen, weil ich doch selbst so gerne nähe. Aber nun werde ich auf der Modenschau die Mode für die mollige und reife Dame vorführen.«

Frau Kemmertöns war so beeindruckt, wie Mamma Carlotta erhofft hatte, und erfreulicherweise bereit, ausführlich zu erörtern, warum die eine Schwester so nett und die andere so unsympathisch sei und warum das Schicksal die eine mit einem unausstehlichen Lebenspartner und die andere mit einem verheirateten Geliebten bedacht hatte.

»Die arme Marikke«, seufzte Frau Kemmertöns erwartungsgemäß, die mit Marikke Tadsen zur Schule gegangen war. »Als Kind war sie immer so fröhlich. Und der Familie ging es finanziell sehr gut. Der Baustoffhandel florierte, der kleine Baumarkt, den Marikkes Vater eröffnet hatte, lief von Anfang an prächtig. Und dann heiratete Marikke einen Mann, der gut fürs Geschäft war … damals haben alle gedacht, dass Wilko genau der Richtige für sie ist. Selbst hatte er zwar nichts an den Füßen, aber er verstand was vom Geschäft. Darauf kam es an!«

»Und dann dieser Unfall!« Mamma Carlotta, die die Geschichte zwar schon kannte, aber immer wieder gern hörte, sorgte dafür, dass Frau Kemmertöns’ Redefluss nicht ins Stocken geriet.

Die Nachbarin nickte deprimiert. »Wilko war schuld, und Marikke sitzt seitdem im Rollstuhl. Beide können sie einem leidtun. Marikke sowieso, aber Wilko auch! Mit einer solchen Schuld leben! Das ist nicht leicht.«

An diesem Punkt der Erzählung wurden Frau Kemmertöns und Mamma Carlotta stets uneins. »Schlimm genug, dass das passiert ist«, sagte Mamma Carlotta. »Aber dass er seine arme Frau dann noch betrügt! Imperdonabile! Unverzeihlich!«

Doch Frau Kemmertöns deutete auch diesmal Verständnis für Wilko Tadsen an. »Sie wissen doch, wie Männer sind. Und was die so brauchen! Aber mit Marikke klappt das wohl nicht mehr.«

Sie sah Mamma Carlotta fragend an, doch die verstand gottlob sofort, ohne dass Frau Kemmertöns sich genötigt sah, deutlicher zu werden. Aber gelten lassen wollte sie diese Erklärung nicht. »Der Schuster in unserem Dorf hat seine Frau nur ein einziges Mal betrogen, und schon hat sie ihn zum Teufel gejagt.«

»Marikke kann das nicht«, sagte Frau Kemmertöns. »Sie ist auf ihren Mann angewiesen. Ohne ihn müsste sie ins Pflegeheim.«

Mamma Carlotta schwieg betroffen. Madonna! Was gab es doch für schreckliche Schicksale!

»Und Wilko kann sich ebenfalls nicht scheiden lassen«, fuhr Frau Kemmertöns fort, »wegen seiner Schuld. Und auch, weil das Geschäft Marikke gehört und er dann vor dem Nichts stünde. Sie wird froh sein, dass ihr Mann wenigstens nicht mehr ins Spielkasino geht. Eine Zeit lang hat er sich dort öfter aufgehalten als zu Hause.« Frau Kemmertöns seufzte. »Aber gottlob ist das vorbei. Irgendwann hat er wohl selber eingesehen, dass man sich mit Geld sein Glück nicht zurückholen kann. Jedenfalls ist er schon seit Jahren nicht mehr im Kasino gesehen worden.«

Sie starrte so lange in die Schüssel mit den übrig gebliebenen Tortelloni, bis Mamma Carlotta ihr anbot, eine Portion für sie aufzuwärmen.

»Ich glaube«, fügte Frau Kemmertöns mit Grabesstimme an, »Marikke lässt ihren Wilko einfach gewähren. So hat sie ihre Ruhe, er hat das, was er braucht, und beide sind zufrieden.«

Mamma Carlotta dachte kurz darüber nach, ob sie diese Lösung jemals ins Auge gefasst hätte, wenn nicht Dinos Krankheit dazwischengekommen wäre, die ihn in den letzten zwanzig Jahren ans Bett gefesselt hatte. Aber dann schüttelte sie entschieden den Kopf. »Nein! Und dann ausgerechnet Geraldine Bertrand!«

»Wenn Sie mich fragen, ist sie nicht die Erste«, sagte Frau Kemmertöns geheimnisvoll und lobte die Tortelloni, ehe sie fortfuhr: »Ich habe da so meine Vermutungen: Aber man soll ja nichts sagen, was man nicht beweisen kann.«

Dieser Ansicht war Mamma Carlotta nicht unbedingt, doch als Schwiegermutter eines Kriminalhauptkommissars fühlte sie sich verpflichtet, Frau Kemmertöns zuzustimmen. Erik hätte auch niemals etwas laut werden lassen, was nicht bewiesen war, und keine Behauptung akzeptiert, die nicht mindestens durch schwerwiegende Indizien gestützt wurde. Aber vielleicht würde die Nachbarin, wenn man nur lange genug bei diesem interessanten Thema blieb, ja doch der eine oder andere Verdacht entschlüpfen? Also ließ sich Mamma Carlotta noch einmal genau erzählen, wie das damals gewesen war, als Yvonne Perrette Urlaub auf Sylt machte und Jannes Pedersen kennenlernte.

»Wilko Tadsens bester Freund! Ich glaube, Wilko hätte auch gern was mit Yvonne angefangen, aber die ist keine, die sich auf einen verheirateten Mann einlässt.«

Mamma Carlotta stimmte unumwunden zu. Zwar hatte sie keine Ahnung, wie es um Yvonne Perrettes Einstellung zu Liebe, Ehe und Moral aussah, aber da sie ihr gefiel, wollte sie nichts anderes zulassen als Yvonnes untadeligen Ruf.

»Obwohl …«, ergänzte Frau Kemmertöns nachdenklich, »genau genommen ist Jannes ja auch noch verheiratet.«

Mamma Carlotta sah sie erstaunt an. »Ich dachte, er wäre geschieden!«

Frau Kemmertöns verzog das Gesicht. »Seine Frau ist einfach auf und davon. Wenn ich richtig informiert bin, weiß Jannes nicht mal, wo sie heute lebt. Wie also sollte er sich von ihr scheiden lassen? Elske hat damals einfach ihre Sachen gepackt, hat ihm einen Brief hinterlassen und ist gegangen. Jannes hat nie wieder was von ihr gehört.«

»Incredibile! Einfach unglaublich! Aber wenn ein Mann so … wie sagt man … jähzornig ist wie dieser Jannes Pedersen, da ist es wohl besser, einfach zu verschwinden.«

Frau Kemmertöns nickte. »Ich bin sicher, dass Elske es auf keine Auseinandersetzung ankommen lassen wollte.« Sie beugte sich vertraulich vor. »Vor Gewalt hat der nämlich nicht zurückgeschreckt. Das wissen hier alle. Und bei Yvonne Perrette habe ich auch schon Blutergüsse an den Armen und einmal sogar ein blaues Auge gesehen.«

Mamma Carlotta griff sich ans Herz. »Das ist ja entsetzlich! Warum lässt sie sich das gefallen?«

Frau Kemmertöns zuckte mit den Schultern. »Wenn sie sich von ihm trennt, muss sie ihr Modeatelier aufgeben. Schließlich gehört Jannes das Geschäftshaus, in dem es untergebracht ist, und er verlangt keine Miete von ihr.«

»Sie ist noch jung! Noch keine vierzig! Sie könnte irgendwo neu anfangen!«

Diese Ansicht teilte Frau Kemmertöns nicht. »Sie hat auf Sylt ihre Kundschaft.«

»Dann soll sie in einen anderen Teil der Insel gehen. Nach Kampen oder Keitum!«

Aber Frau Kemmertöns schüttelte den Kopf. »Jannes würde dafür sorgen, dass sie auf Sylt nicht mehr glücklich wird.«

»Dann eben zurück nach Frankreich. Immer noch besser, als mit einem gewalttätigen Kerl unglücklich zu sein!«

Frau Kemmertöns schob ihren Teller zur Seite. »Yvonne Perrette fühlt sich verantwortlich für ihre Schwester.«

»Davvero?« Mamma Carlotta sah Frau Kemmertöns ungläubig an. »Die beiden Schwestern lieben sich aber nicht. Wenn ich beobachte, wie Geraldine Bertrand ihre Schwester ansieht …« Mamma Carlotta schüttelte sich und schlang die Arme um ihren Oberkörper, als fröre sie. »Da bekomme ich … wie sagt man?«

»Gänsehaut«, half Frau Kemmertöns aus. »Ja, ich habe auch schon gehört, dass es mit der Liebe vorbei sein soll. Aber Yvonne Perrette kann ihre Schwester nicht einfach vor die Tür setzen. Zwar ist sie die Besitzerin des Ladens und Geraldine nur ihre Angestellte, aber … sie ist ihr damals von Avignon nach Sylt gefolgt. Sie hatte sich gerade scheiden lassen und suchte nach einer neuen Stelle. Die beiden Schwestern hatten immer davon geträumt, eine eigene Schneiderei zu eröffnen. Mit Jannes’ Hilfe ist es ihnen endlich gelungen. Oder besser … Yvonne ist es gelungen.« Frau Kemmertöns widersprach nicht, als Mamma Carlotta ihr eine Scheibe Pfefferfleisch auflegte. »Wie man hört, ist das ein großes Problem für Geraldine, dass sie die Angestellte ihrer Schwester ist. Sie wäre gerne Miteigentümerin geworden, aber das hat Jannes verhindert.«

Mamma Carlotta schüttelt den Kopf. »Sie meinen also, Yvonne Perrette bleibt bei diesem … diesem schrecklichen Kerl, weil sie ihr Modeatelier nicht aufgeben will?«

Frau Kemmertöns nickte. »Und ich kann verstehen, dass sie versucht, trotz allem mit Geraldine auszukommen. Sie kann doch ihrer eigenen Schwester nicht einfach kündigen!«

Erik und Sören machten aus ihrer Enttäuschung keinen Hehl, als sie hörten, dass Mamma Carlotta nicht mehr mit ihnen gerechnet hatte. »Die gefüllten Artischocken sind alle. Felix hat zwei gegessen und Frau Kemmertöns die letzte.«

»Frau Kemmertöns?« Erik konnte es nicht glauben. Seit Jahrzehnten lebte er nun schon mit dem Ehepaar Kemmertöns Tür an Tür, aber noch nie hatte er mit seiner Nachbarin mehr als ein paar Sätze übers Wetter oder den Zustand des Gartens geredet. Dass sie in seinem Haus zu Besuch gewesen war und ihm sogar die Vorspeise weggegessen hatte, überraschte ihn dermaßen, dass er nicht einmal wusste, ob er sich über die neue Qualität der nachbarschaftlichen Verhältnisse freuen sollte.

»Ich habe ihr auch von den Tortelloni angeboten«, verteidigte Mamma Carlotta sich. »Konnte ich ahnen, dass ihr so spät noch zum Mittagessen kommen würdet?«

Frau Kemmertöns musste einen guten Appetit gehabt haben. Was Erik und Sören auf den Teller gelegt wurde, war nicht der Rede wert. »Aber von dem Pfefferfleisch hat sie nicht viel gegessen«, versicherte Mamma Carlotta und machte sich unauffällig daran, die Sauce durch zusätzliche Brühe und einen guten Schuss Sahne zu verlängern, weil viel Sauce auf dem Teller den Eindruck vermittelte, dass sie viel Fleisch zu verdecken habe. Dann hielt sie es für angebracht, durch interessierte Fragen von der kargen Mittagsmahlzeit abzulenken. »Gibt es schon wieder einen Mord? Habt ihr einen Toten gefunden, Enrico? Konntet ihr deshalb nicht pünktlich zu Tisch kommen?«

Erik winkte ab. »Nein, nein, nur …« Ihm fiel so schnell nichts ein, was einerseits in etwa der Wahrheit entsprach, aber andererseits seine Schwiegermutter weder erschreckte noch ihre Neugier wachrief.

»Nur ein Gerippe«, ergänzte Sören, der gelegentlich erschreckend unsensibel war.

Mamma Carlotta sah ihn entsetzt an, dann lachte sie zu Eriks großer Erleichterung. »Bestimmt nur ein Spaß! Wenn ich daran denke, was wir früher alles mit dem Skelett aus dem Biologieunterricht angestellt haben! Einmal haben wir es unserem Lehrer ins Bett gelegt.« Sie schlug die Hand vor den Mund, um das Lachen zurückzudrängen, das ihr plötzlich unangemessen erschien. »Das war drei Monate nach dem Tod seiner Frau. Madonna! Wie grausam Bambini sein können! Das hat vielleicht ein Theater gegeben! Zum Glück hat sich nie herausgestellt, wer der Übeltäter gewesen war!«

Erik war froh, dass sie nicht weiter an dem Thema interessiert war, sondern eine Neuigkeit parat hatte, die das Auffinden eines Skeletts an Sensationswert bei Weitem übertraf.

»Hat Frau Kemmertöns etwa einen Nachbarn dabei erwischt, wie er Abfall unter die Biikezweige gelegt hat?«, fragte er grinsend.

Er hatte Glück. Seine Schwiegermutter dachte nicht mehr an das Skelett, sie sah ihn mit gerunzelter Stirn an und fragte: »Biikezweige? Cos’è questo? Was ist das?«

Erik hatte nun Gelegenheit, Mamma Carlotta ausgiebig von der Tradition des Biikebrennens zu erzählen, das in wenigen Tagen stattfinden würde. An verschiedenen Stellen der Insel hatte man schon damit begonnen, die Biiken aufzuschichten. »Am 21. Februar werden sie angezündet. Das sind riesige Feuer mit haushohen Flammen. Von See muss es aussehen, als würde die ganze Insel brennen.«

»Wie Flammen im Sand«, ergänzte Sören, der schon mal auf dem Fischerboot eines alten Onkels gewesen war, als die Biikefeuer abgebrannt wurden.

Erik bestaunte diese poetische Formulierung, und damit war das Skelett tatsächlich vollkommen in Vergessenheit geraten.

Dann rückte Mamma Carlotta endlich mit ihrer Sensation heraus: »Ich bin ein Model! Und Carolina auch!«

Sie hatte Verständnis für das Gelächter der beiden Männer und wartete geduldig ab, bis sie ihre Heiterkeit im Griff hatten. Dann erklärte sie die näheren Umstände ihrer neuen Aufgabe und stellte erfreut fest, dass ihr nun Glauben geschenkt wurde. Erik, der in letzter Zeit von Carolin viel über Modedesign gehört hatte, wunderte sich noch weniger als Sören. Er hätte sich ja denken können, dass Carolins neuer Berufswunsch zu Komplikationen führen würde. Dass es allerdings so weit kommen könnte, dass seine Schwiegermutter auf dem Laufsteg landete, damit hatte er nicht gerechnet. Und um seine Tochter machte er sich prompt Sorgen. Würde sie nun von einer Modelkarriere träumen? Musste er ihre Essgewohnheiten im Auge behalten?

Ein guter Teil dieser Ängste wurde ihm jedoch gleich wieder genommen, als Carolin eintrat, mit einem Maßband um den Hals. Sie ließ keinen Zweifel daran, dass sie nach wie vor Modeschöpferin und nicht Model werden wollte, als sie Sören ankündigte, dass er zum ersten Nutznießer ihrer neu erworbenen Fähigkeiten auserkoren sei. »Ich nähe Ihnen ein Hemd! Und ich werde es selbst entwerfen. Was sagen Sie dazu?«

Sören verschlug es zunächst mal die Sprache, dann machte er einen schwachen Versuch, Carolins Aufmerksamkeit auf ihren Vater zu lenken, indem er behauptete, dass der sicherlich dankbar für eine Aktualisierung seiner Garderobe sein würde.

Erik wehrte erschrocken ab, aber Carolin achtete gar nicht auf seine Reaktion. »Papa ist zu konservativ«, erklärte sie zur großen Erleichterung ihres Vaters. »Als Modedesignerin will man neue Ideen verwirklichen, also braucht man moderne Menschen, die sich etwas trauen.«

Ende der Leseprobe