Florian - Felix Salten - E-Book

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Salten Felix

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Beschreibung

In "Florian" entfaltet Felix Salten die bewegende Geschichte eines jungen Mannes, der in der freien Natur seine Identität und seinen Platz in der Welt sucht. Eingebettet in den literarischen Kontext der frühen 20. Jahrhunderts, verbindet Salten eine poetische Ausdrucksweise mit der Schilderung von intensiven emotionalen Konflikten und der Suche nach dem Selbst. Durch die eindringliche Beschreibung der Natur und des inneren Lebens der Charaktere gelingt es Salten, eine tiefgründige Reflexion über Mensch und Tier zu schaffen, die den Leser zur Kontemplation über die eigenen Wurzeln und Werte anregt. Felix Salten, bekannt für seinen späteren Klassiker "Bambi", verarbeitete in "Florian" eigene Erfahrungen aus seiner Kindheit und Jugend. Als jüdischer Schriftsteller wuchs Salten in einem kulturellen Milieu auf, das von der Spannung zwischen Tradition und Modernität geprägt war. Diese soziokulturellen Einflüsse, gepaart mit seiner Leidenschaft für die Natur, prägten maßgeblich seine Schaffensweise und den Inhalt seiner Werke. Für Leser, die sich für Naturprosa und psychologische Charakterstudien interessieren, ist "Florian" ein unverzichtbares Werk. Salten vereint in seiner Erzählung Themen wie Identität, Freiheit und den Dialog zwischen Mensch und Natur zu einem tiefgründigen Erlebnis. Dieses Buch lädt dazu ein, sich auf eine Reise des inneren Wachstums einzulassen und inspiriert dazu, die eigene Beziehung zur Welt neu zu bewerten. In dieser bereicherten Ausgabe haben wir mit großer Sorgfalt zusätzlichen Mehrwert für Ihr Leseerlebnis geschaffen: - Eine prägnante Einführung verortet die zeitlose Anziehungskraft und Themen des Werkes. - Die Synopsis skizziert die Haupthandlung und hebt wichtige Entwicklungen hervor, ohne entscheidende Wendungen zu verraten. - Ein ausführlicher historischer Kontext versetzt Sie in die Ereignisse und Einflüsse der Epoche, die das Schreiben geprägt haben. - Eine gründliche Analyse seziert Symbole, Motive und Charakterentwicklungen, um tiefere Bedeutungen offenzulegen. - Reflexionsfragen laden Sie dazu ein, sich persönlich mit den Botschaften des Werkes auseinanderzusetzen und sie mit dem modernen Leben in Verbindung zu bringen. - Sorgfältig ausgewählte unvergessliche Zitate heben Momente literarischer Brillanz hervor. - Interaktive Fußnoten erklären ungewöhnliche Referenzen, historische Anspielungen und veraltete Ausdrücke für eine mühelose, besser informierte Lektüre.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Felix Salten

Florian

Bereicherte Ausgabe. Das Pferd des Kaisers
In dieser bereicherten Ausgabe haben wir mit großer Sorgfalt zusätzlichen Mehrwert für Ihr Leseerlebnis geschaffen
Bearbeitet und veröffentlicht von Good Press, 2023
EAN 8596547790921

Inhaltsverzeichnis

Einführung
Synopsis
Historischer Kontext
Florian
Analyse
Reflexion
Unvergessliche Zitate
Notizen

Einführung

Inhaltsverzeichnis

Zwischen höfischem Glanz und der unaufhaltsamen Vergänglichkeit der Ordnungen entfaltet Florian die leise, beharrliche Frage, was Würde, Treue und Selbstbehauptung bedeuten, wenn die Welt, die sie trägt, ins Schwanken gerät, indem ein edles Pferd, geformt von strenger Reitkunst und menschlicher Zuwendung, mit wachen Sinnen die Pracht, die Rituale und die plötzlich sichtbaren Risse einer Epoche wahrnimmt, deren äußere Sicherheit nach Beständigkeit verlangt, während ihre inneren Kräfte bereits von Veränderung sprechen, sodass die scheinbar einfache Geschichte eines Tieres zu einem feinen Spiegel menschlicher Hoffnungen, Eitelkeiten und Verluste wird, ohne je die Augenhöhe des Erlebenden zu verlassen.

Felix Saltens Florian ist ein Tierroman mit Zügen historischer Erzählkunst, angesiedelt im Milieu der kaiserlich-königlichen Hauptstadt und ihrer Reittraditionen. Das Buch entstand in der Zwischenkriegszeit, als Salten, ein österreichischer Autor mit Sinn für die Beobachtung des Lebendigen, mehrfach Geschichten aus der Perspektive von Tieren veröffentlichte. Schauplätze reichen von höfischen Ställen und Manegen bis zu Straßen, Plätzen und ländlichen Gütern, die den Spannungsbogen zwischen repräsentativer Öffentlichkeit und unscheinbarem Alltag bilden. In diesem Rahmen nutzt der Text die kulturelle Aura des späten Habsburgerreichs, ohne sich in Historismus zu verlieren, und richtet seine Aufmerksamkeit beständig auf Erfahrung, Bewegung und Verhältnis zwischen Wesen und Umwelt.

Im Mittelpunkt steht ein hochgezüchteter Hengst, dessen Ausbildung und Verwendung ihn früh an Menschen bindet, die Reitkunst als Ausdruck von Ordnung und Schönheit verstehen. Aus seiner Perspektive folgt die Erzählung den ersten Wegen durch Stall, Sattel und Vorführungen, tastet sich an Geräusche, Gerüche und Gesten heran und vermittelt so ein sinnnahes Bild der Welt. Das Leseerlebnis ist ruhig und konzentriert: Der Ton bleibt würdevoll, gelegentlich von zarter Melancholie durchzogen, die Sprache klar und bildhaft. Ohne große Effekte baut der Text Nähe auf und lädt dazu ein, dem feinen Wechselspiel aus Dressur, Vertrauen und eigenem Willen zu lauschen.

Salten gestaltet die Wahrnehmung des Tieres mit genauer, doch nie sentimentalischer Beobachtung und bringt Bewegungsrhythmen, Körperlichkeit und Raumgefühl literarisch zur Geltung. Die Prosa verschränkt Handlung mit Momentaufnahmen: ein Ohrenspiel, ein Hufschlag, die Spannung eines Zügels, das Murmeln der Zuschauer. So entsteht eine Erzählbewegung, die zwischen feierlicher Schau und stiller Intimität pendelt. Menschen erscheinen weniger als psychologische Zentren denn als Kräftefelder, deren Stimmungen sich im Verhalten des Pferdes brechen. Diese Perspektivwahl erzeugt eine eigentümliche Objektivität: Nähe ohne Vermenschlichung, Distanz ohne Kälte, eine Haltung, die das Geschehen zugleich sichtbar macht und in Respekt vor dem Anderen hält.

Als zentrale Themen treten Disziplin und Freiheit hervor, die eingeübte Harmonie von Körper und Geist ebenso wie die Fragilität von Ruhm und Rang. Das Verhältnis zwischen Mensch und Tier wird als ethische Beziehung verhandelt, in der Fürsorge, Nutzen und Macht in wechselnden Konstellationen erscheinen. Treue gilt dabei nicht als blinder Gehorsam, sondern als bewusstes Sich-Einlassen auf Verbindlichkeit. Zudem spiegelt die Geschichte, wie sozialer Glanz stets von Arbeit, Verletzlichkeit und Zufall begleitet ist. Das Buch fragt so, was Würde ausmacht, wenn Rollen sich verschieben, und wie Charakter sich zeigt, wo Abhängigkeiten und Verantwortung ineinandergreifen.

Für heutige Leserinnen und Leser bleibt Florian relevant, weil der Roman Empathie ohne Sentimentalität kultiviert und einprägsam zeigt, wie Perspektivwechsel Urteile verschieben. Die Aufmerksamkeit für leibliche Erfahrung, für nonverbale Zeichen und für das Wechselfeld von Vertrauen und Kontrolle spricht in Zeiten beschleunigter Entscheidungen und ständiger Bewertung besonders an. Außerdem stellt der Text leise Fragen nach dem rechten Maß von Leistung, Repräsentation und Fürsorge – Fragen, die im Umgang mit Tieren, mit Institutionen und miteinander fortbestehen. Wer sich auf die entschleunigte, genaue Wahrnehmung einlässt, entdeckt eine Ethik der Achtsamkeit, die über den historischen Rahmen hinausweist.

Als sorgfältig komponierter Tierroman, der die Bewegungen eines einzelnen Wesens mit den Rhythmen einer ganzen Gesellschaft verknüpft, bietet Florian ein stilles, doch nachhaltiges Leseerlebnis. Ohne Sensationslust vertraut das Buch auf Genauigkeit, Form und Haltung; es entfaltet seine Wirkung im Nachhall, wenn Bilder, Tritte und Blickwechsel weiterklingen. Zugänglich bleibt es durch klare Sprache und eine Dramaturgie, die Spannung aus Beziehungen statt aus Effekten gewinnt. So empfiehlt sich der Text sowohl Liebhaberinnen historischer Milieus als auch Leserinnen, die eine poetische Erkundung von Verantwortung und Charakter suchen – eine Einladung, Welt erneut mit aufmerksamen Augen zu betrachten.

Synopsis

Inhaltsverzeichnis

Florian von Felix Salten ist eine Erzählung aus der Perspektive eines außergewöhnlichen Pferdes, dessen Lebensweg in der Welt der habsburgischen Hofkultur beginnt und durch politische Umbrüche führt. Das Tier beobachtet Menschen, Hierarchien und Rituale mit wacher Sensibilität, sodass eine doppelte Chronik entsteht: die eines individuellen Charakters und die einer untergehenden Epoche. Salten verbindet Bewegung, Klang und Disziplin der hohen Reitkunst mit Fragen nach Loyalität, Freiheit und Würde. Der Roman folgt der zeitlichen Abfolge vom sicheren Stall bis in unübersichtliche Verhältnisse und macht früh deutlich, dass Schönheit und Kunstfertigkeit unter Druck geraten, sobald der äußere Rahmen erodiert.

Zu Beginn schildert das Pferd seine Herkunft aus geordneten Verhältnissen, in denen Zucht, Pflege und ein strenges Trainingsregime eine glänzende Zukunft verheißen. In der Obhut erfahrener Pfleger und eines einfühlsamen Reiters lernt Florian die Grammatik der klassischen Dressur: Takt, Balance, feine Hilfen. Repräsentation und Präzision strukturieren den Alltag, Empfindsamkeit und Vertrauen bilden das Zentrum der Beziehung zwischen Mensch und Tier. Die höfische Welt wird als Bühne gezeichnet, auf der Anmut und Disziplin gelten. Diese Vertrautheit etabliert den Grundkonflikt: Ist ein Lebewesen primär Kulturgut und Statussymbol oder ein empfindsames Individuum mit eigenen Bedürfnissen und Grenzen?

Mit den ersten Rissen im gesellschaftlichen Gefüge verändert sich die Bedeutung des Pferdes. Wirtschaftliche Engpässe, politische Spannungen und militärische Anforderungen berühren auch die Ställe, in denen bisher Sicherheit herrschte. Ein Wendepunkt setzt ein, als Florian die vertraute Umgebung verlassen muss und vom repräsentativen Dasein in eine ungewisse Nutzung überführt wird. Die Frage, ob Kunstfertigkeit im Ernstfall zwecklos ist oder gerade dann Halt gibt, rückt in den Vordergrund. Der Übergang markiert den Verlust von Kontinuität: Besitzverhältnisse ändern sich, Aufgaben wandeln sich, und die bislang unangefochtene Rangordnung weicht pragmatischen Entscheidungen, die das Wohl des Tieres nicht immer an erste Stelle setzen.

In den folgenden Stationen erlebt Florian sehr verschiedene Milieus, deren Erwartungen an ein Pferd kaum vergleichbar sind. Er begegnet Menschen, die in ihm ein Werkzeug, ein Prestigeobjekt, einen Kameraden oder schlicht eine Last sehen. Diese Perspektivwechsel zeigen, wie soziale Klassen, Notlagen und persönliche Charaktere den Umgang mit Tieren prägen. Salten kontrastiert sorgfältige Fürsorge mit grober Zweckrationalität und zeichnet so ein Panorama von Nähe und Ausbeutung. Der erzählerische Fokus bleibt auf der Wahrnehmung des Pferdes: Rituale, Stimmen, Gerüche, Bewegungen. Aus diesen Eindrücken entsteht ein Bild der Gesellschaft, das ohne Thesen auskommt und dennoch deutliche Werte erkennen lässt.

Die Jahre der Verknappung verlangen Florian Anpassungsfähigkeit ab, die über Dressur hinausgeht. Wege werden länger, Futter knapper, Anweisungen härter, Gefahren unmittelbarer. Das Tier muss Instinkten vertrauen, ohne das Gelernte zu verlernen, und seine Würde behaupten, wo roher Nutzen dominiert. Salten nutzt diese Situationen, um Fragen nach Verantwortung und Grenzen menschlicher Verfügungsmacht zu stellen: Wie weit darf Not rechtfertigen, was einem fühlenden Wesen abverlangt wird? Gleichzeitig bewahren kurze Momente des Wohlwollens, kleine Gesten der Rücksicht, die Idee, dass Mitgefühl auch in rauen Zeiten möglich bleibt. Darin liegt ein stiller Gegenakzent zur allgemeinen Beschleunigung und Entwertung.

Später führen Begegnungen und Zufälle Florian an Orte, die Erinnerungen an seinen Ursprung wachrufen. Bewegungen, eine Melodie, der Klang bestimmter Worte öffnen ein Fenster in die frühere Welt und lassen den inneren Zusammenhang von Technik und Vertrauen wieder aufscheinen. Auch hier setzt Salten auf feine Andeutungen statt auf pathetische Auflösung: Ein bedeutender Schritt verändert abermals die Richtung, ohne das Ziel sofort preiszugeben. Zwischen Gefahr und Geborgenheit schwankt das Geschehen, getragen von der Frage, ob ein einmal erlerntes Maß an Harmonie die Härten der Gegenwart überdauern kann. Die Erzählung hält die Spannung, ohne die letzten Konsequenzen vorwegzunehmen.

Am Ende steht weniger eine spektakuläre Pointe als eine nachhaltige Haltung. Florian macht erfahrbar, wie Kulturleistungen – hier die Kunst der Reiterei – nur dann Bestand haben, wenn sie auf Respekt vor dem Lebendigen gründen. Der Roman verbindet Abschied von einer glanzvollen Oberfläche mit der Behauptung innerer Werte: Charakter, Empfindsamkeit, Verlässlichkeit. Dadurch wirkt das Werk über seinen historischen Rahmen hinaus. Es lädt dazu ein, das Verhältnis von Mensch und Tier, von Nutzen und Würde, von Tradition und Zerstörung neu zu gewichten. Die zurückhaltende Spannung und der tierische Blick geben dem Stoff eine eigene Klarheit, ohne die Auflösung zu verraten.

Historischer Kontext

Inhaltsverzeichnis

Florian von Felix Salten spielt vor dem Hintergrund des späten Habsburgerreichs und der Umbruchszeit des frühen 20. Jahrhunderts, mit Wien als zentralem Schauplatz. Prägende Institutionen waren die Hofburg mit ihrem zeremoniellen Apparat, die Spanische Hofreitschule mit ihren Lipizzanern, die k.u.k. Armee sowie die großstädtische Presse- und Kaffeehauskultur. Die Ringstraße mit ihren Museen und Theatern symbolisierte bürgerlichen Fortschritt, während der Hof strenge Etikette und Tradition verkörperte. In dieser verdichteten Welt aus Ritual, Repräsentation und moderner Urbanität formte sich ein Milieu, das Tiere, insbesondere Pferde, als Träger imperialer Pracht und militärischer Nützlichkeit zugleich verstand.

Felix Salten (geboren 1869 in Budapest als Siegmund Salzmann) wuchs in Wien auf und arbeitete dort als Journalist und Theaterkritiker. Er gehörte zum literarischen Kreis Jung-Wien und veröffentlichte Feuilletons, Reportagen und Erzählungen, unter anderem in renommierten Wiener Blättern. 1923 erschien Bambi: Eine Lebensgeschichte aus dem Walde, dessen Tierperspektive gesellschaftliche Prozesse spiegelte. Diese Erzählhaltung setzte Salten in späteren Tierromanen fort. Als jüdischer Autor beobachtete er die politischen Spannungen der Zwischenkriegszeit mit wachem, oft satirischem Blick. Seine genaue Kenntnis der Wiener Institutionen – vom Prater bis zur Hofburg – prägte die Milieuschilderung, vor der auch Florian als literarische Figur verortet wird.

Die Wiener Pferdekultur war um 1900 ein sichtbarer Pfeiler monarchischer Repräsentation. Die Spanische Hofreitschule, deren Wurzeln bis ins 16. Jahrhundert reichen, pflegte die klassische Reitkunst; die Lipizzaner wurden über das kaiserliche Gestüt in Lipica gezüchtet und galten als Inbegriff höfischer Eleganz. Kutschfahrten, Paraden und Kavallerie stellten Pferde im Stadtraum permanent aus. Zugleich war die k.u.k. Armee auf Pferde in Logistik und Aufklärung angewiesen. Reitbahnen, Stallungen und Sattlereien bildeten ein eigenes, hochreguliertes Ökosystem. Diese institutionalisierten Praktiken verliehen dem Pferd eine doppelte Symbolik: edles Kulturgut und strategisches Arbeitsmittel des Staates, fest verankert in Regeln, Rangordnungen und Ritualen.

Mit dem Kriegsausbruch 1914 veränderte sich der Status des Pferdes grundlegend. Moderne Waffentechnik – Maschinengewehre, Stacheldraht, schwere Artillerie – reduzierte den militärischen Wert klassischer Kavallerieeinsätze drastisch. Pferde blieben unentbehrlich für Transport und Versorgung, litten jedoch unter Hunger, Krankheit und Überlastung. In vielen Ländern wurden Zivilpferde requiriert; auch in der Habsburgermonarchie trafen Einziehungen Landwirtschaft, Gewerbe und städtische Verkehrsbetriebe. Das industrialisierte Sterben an den Fronten kontrastierte mit der Vorkriegsvorstellung von heroischer Reiterei. Diese Umkehrung von Würde zu Verschleiß prägte das kollektive Gedächtnis und bildet einen zentralen realhistorischen Resonanzraum für eine Erzählung, die Pferde als Zeugen des Umbruchs zeigt.

1916 starb Kaiser Franz Joseph I.; 1918 brach die Doppelmonarchie zusammen. Kaiser Karl legte seine Beteiligung an den Staatsgeschäften nieder, und die Ersten Republiken Österreichs und Ungarns entstanden. Der Übergang war von Lebensmittelknappheit, Rückkehrerströmen, Demobilisierung und Inflation begleitet. In Wien fielen höfische Funktionen weg, Institutionen wurden neu geordnet, und Imperiales wurde zur Erinnerungskultur. Pferdehaltung, Hoflieferanten und Stallungen verloren ihre zentrale Stellung; kommunale und private Strukturen traten an ihre Stelle. In Literatur und Presse zeigte sich zugleich eine nostalgische Rückschau auf Zeremoniell und Glanz, die das Erleben des Verlusts einer Ordnung verarbeitete, deren soziale Hierarchien vielen noch vertraut waren.

In der Zwischenkriegszeit prägten politische Polarisierung und wirtschaftliche Krisen Österreich. Der gewaltsame Konflikt zwischen Sozialdemokraten und Christlichsozialen kulminierte 1934 im Februaraufstand; es folgte ein autoritäres Regime. Parallel übernahm 1933 in Deutschland die NSDAP die Macht; dort wurden jüdische Autoren verboten, ihre Bücher aus Bibliotheken entfernt. Felix Salten, als jüdischer Schriftsteller betroffen, emigrierte 1939 in die Schweiz. Seine Werke wurden im Deutschen Reich nicht mehr frei publiziert. Diese repressiven Kontexte bilden den unmittelbaren Hintergrund, vor dem ein Tierroman der frühen 1930er Jahre gelesen wurde: als scheinbar unpolitische, tatsächlich aber hoch zeitdiagnostische Literaturform mit breiter Leserschaft.

Florian erschien Anfang der 1930er Jahre und erzählt die Geschichte eines kaiserlichen Pferdes, dessen Lebensweg vom Glanz der Monarchie in die Härten von Krieg und Nachkriegszeit führt. Der Blick des Tieres ermöglicht eine beobachtende, emotional direkte Perspektive auf Hofetikette, militärische Routinen und den Wandel der Stadt. Wie in Bambi nutzt Salten die Tierstimme, um menschliche Ordnungen, Sprachformeln und Machtgesten sichtbar zu machen, ohne belehrend zu erklären. Historisch greifbar sind der Zerfall von Institutionen, Requirierungen und die Entwertung der Kavallerie. Spoilerfrei bleibt: Die Biografie des Pferdes spiegelt systematisch das Schicksal der Institutionen, denen es einst diente.

Als Kommentar zu seiner Epoche verknüpft Florian monarchische Repräsentationskultur mit der Erfahrung der Entzauberung durch Totalen Krieg und politische Umstürze. Das Tier dient nicht als Idylle, sondern als Prüfstein für menschliche Verantwortung: Wie Institutionen mit abhängigen Wesen umgehen, offenbart Werte und Verwerfungen. Der Roman konserviert Details höfischer Reitkunst, zeigt aber zugleich den moralischen Preis eines Systems, das Wesen funktionalisiert. In einer Zeit der Zensur und Radikalisierung bietet die scheinbar apolitische Tierperspektive Schutzraum und Spiegel. So wird das Buch zu einer literarischen Gedächtnisform, die Verlust, Anpassung und die Fragilität zivilisierter Formen im 20. Jahrhundert reflektiert.

Florian

Hauptinhaltsverzeichnis
Coverpage
Titelblatt
Text

Ja, gute Siebele, brav bist du, sehr brav ... und nit arg war's dir, gelt? Brave Siebele, schöne Siebele...«

Die milchweiße Stute hörte aufmerksam zu[1q]. Sie spitzte die kleinen, zierlichen Ohren und sah mit ihren dunklen Augen dem jungen Burschen ins Gesicht, als verstünde sie jedes Wort. Sie hieß eigentlich Sibylle, aber der junge Bursche, der seit drei Jahren mit Sibylles Wartung betraut war, hatte sie vom ersten Tage an Siebele genannt. Durch nichts ließ er sich davon abbringen.

Er näherte sein Gesicht dem Haupt des schneeweißen Pferdes noch mehr[2q]. »Schön ist dein kleiner Sohn, Siebele, wunderschön«, flüsterte er, »ein richtiger Prinz, wie sich's gehört.«

Die Stute erschauerte leise, senkte den Kopf, bewegte die zierlichen Ohren immer rascher. Sie verstand die Güte, die da zu ihr flüsterte, begriff, daß sie gelobt wurde, und erklärte sich zufrieden.

Vor knapp drei Stunden hatte der Bursche Sibylle bei der Geburt des Fohlens Hilfe geleistet. Viel Hilfe war nicht notwendig gewesen, denn alles war leicht und glatt gegangen. Jetzt lag das Neugeborene im warmen Stroh zu Füßen der Mutter und sah recht hilflos aus. Sibylle hatte die erste Mattigkeit überwunden. Sie wußte, daß ihr Kind nun Ruhe brauchte, und sie selbst, unter dem Flüstern des Burschen, dem Streicheln seiner Hände und angeweht von seinem ihr wohlbekannten Körpergeruch, fühlte, wie ein behaglich schläfriges Duseln sie einzulullen begann.

Im Stall flimmerte die Morgensonne. Alle Boxen standen leer; denn die Pferde tummelten sich schon draußen, auf den Wiesen von Lipizza[1].

»Na, Anton«, rief eine Stimme von der Türe her.

Der Bursche nahm stramme Haltung an. »Zu Befehl, Herr Rittmeister[2]«, sagte er laut.

Der Offizier kam langsam näher. »Ist es wahr?« fragte er.

»Zu Befehl«, antwortete Anton, »ein gesundes Hengstfohlen.«

Rittmeister von Neustift beeilte sich. »Sapperment noch einmal«, lachte er und trat vor die Box. »Wirklich«, er rieb sich die Hände, »wirklich, ein hübscher kleiner Kerl!«

Nun wollte er in die Box, aber Anton stellte sich ihm entgegen. »Bitte, Herr Rittmeister, noch nicht. Die Siebele wird sonst unruhig.«

»Wann war es?« wollte der Rittmeister wissen.

»Um zwei Uhr in der Nacht.«

»Und niemand dabei?«

»Melde gehorsamst, Herr Rittmeister, niemand als ich.«

»Aber du hättest doch den Gestütmeister verständigen müssen. Weißt du das nicht?«

»Bitt' vielmals«, Anton lächelte stolz, »es ist alles so schnell und so gut vorbeigegangen – wozu? Soll'n die Herren schlafen. Vor einer Stund' hab ich den Franz hingeschickt. Zum Gestütmeister und zum Arzt ... sie sind noch nicht da.«

Sibylle hatte den Kopf gedreht und ihre großen, dunklen Augen auf die Sprechenden gerichtet, ruhig, vertrauensvoll.

Anton war rasch bei ihr. »Es ist alles in Ordnung, Siebele«, tröstete er, »niemand tut dir etwas. Dir nichtund dem Florian auch nicht. Brav seid ihr zwei, sehr brav.« Er rieb seine Hände zärtlich an dem weichen Samt von Sibylles Oberlippe. »Herr Rittmeister, bitte, ist er nicht schön, der Florian?« Und Anton wies auf das Fohlen im Stroh.

Rittmeister von Neustift schmunzelte: »Ja, ein netter kleiner Bursche. Aber wie kommst du auf Florian?«

»Melde gehorsamst, Herr Rittmeister, heute haben wir doch den vierten Mai, nicht wahr? Na, und der vierte Mai ist der Tag des heiligen Florian!«

»Ach so! Deswegen?«

»Jawohl, deswegen!« Das breite, gutmütige Bauerngesicht nahm einen eigensinnigen Zug an.

»Mein lieber Anton«, sagte der Rittmeister, und in seinem Tone war bei aller Freundlichkeit die große Distanz zwischen dem adligen Offizier und dem armseligen Stallknecht merkbar, »mein lieber Anton, das nützt dir gar nichts. Der Gestütmeister kümmert sich den Teufel um deine Kalenderheiligen; der Gestütmeister wird dem Fohlen einen ganz anderen Namen geben. Da wirst du kein Glück haben.«

»Er muß aber Florian heißen.« In Antons Stimme klang Trotz. »Er muß!« wiederholte er. »Florian und nicht anders!«

»Sag das dem Herrn Gestütmeister«, lächelte Neustift, »sag's ihm doch, wenn du dich traust.«

Anton lächelte nun gleichfalls. »Ich sag's ihm schon nicht«, meinte er, »ich trau' mich gewiß nicht.« Er blinzelte Neustift schlau zu: »Aber ein anderer wird's ihm sagen, ein großer Herr, der jetzt unser Gast ist.«

Der Rittmeister trat nun an Sibylle heran, die ihn mit hocherhobenem Haupt empfing. »Was fällt dir ein, Anton? Ich werd' doch da keine Vorschläge machen.«

»Warum denn nicht?« rief Anton.

»Na, Sibylle«, redete Neustift die Stute besänftigend an, »na, Sibylle, sei gut! Ich will dir doch nur gratulieren!« Er griff in die Kammhaare, fuhr liebkosend am unteren Teil des Halses entlang, streichelte klatschend die breite, schöne Brust. »Allen Respekt, Sibylle, ein Hengstfohlen, allen Respekt.«

»Warum denn nicht?« beharrte Anton dringender.

Neustift wandte sich ihm zu. »Weil mich das nichts angeht, verstehst du, Anton?«

Doch Anton widersprach. »Es geht Sie sehr viel an, weil ... nämlich ... weil...« Er begann zu stottern.

»Da bin ich neugierig«, warf Neustift hin und ließ nicht ab, Sibylle zu liebkosen. Auch ihn verführte dieser herrliche Pferdekörper zu langwierigen Zärtlichkeiten.