Fly so High - Lilia Lay - E-Book

Fly so High E-Book

Lilia Lay

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Beschreibung

Dean Richardson ist reich. So reich, dass ihm der Job in der Firma seines verstorbenen Vaters völlig gleichgültig ist und er jegliche Regeln ignoriert. Sein Leben dreht sich nur um Skateboarding und sein eigenes Vergnügen. Das ändert sich schlagartig, als er bei einem Geschäftsmeeting auf Lucia Clément trifft. Sie ist jung, attraktiv und leider äußerst ehrgeizig – genau die Art Mensch, die Dean verabscheut. Disziplin, Erfolg, Machtspiele – alles, was für ihn leer und langweilig ist, verkörpert sie mit jedem Atemzug. Trotzdem ist er fasziniert von ihr. Lucia hingegen kann Deans Einstellung kaum ertragen. Sie hält ihn für einen verwöhnten Erben, der keine Ahnung von harter Arbeit hat. Aber sie erkennt auch, wie wertvoll eine Zusammenarbeit mit ihm sein könnte. Sie beschließt, ihn für ihre Zwecke zu manipulieren. Was Lucia jedoch nicht bedacht hat, ist die unerwartete Anziehungskraft, die Dean auf sie ausübt. Sein unbeschwerter Lebensstil, seine Gleichgültigkeit gegenüber den Zwängen, die sie so sehr dominieren – all das beeindruckt sie mehr, als sie zugeben will. Je näher sie sich kommen, desto mehr geraten beide in einen Strudel aus Macht, Verlangen und Täuschung – und erkennen, dass sie mehr voneinander brauchen, als sie ursprünglich dachten.

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Seitenzahl: 368

Veröffentlichungsjahr: 2025

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FLY SO HIGH

AUSTRALIA LOVE

BAND 2

LILIA LAY

© 2025 by Lilia Lay

https://lilialay.de

Umschlaggestaltung: © Lilia Lay / Canva

Korrektorat: Vanessa Wuzynski

Taschenbuch: ISBN 978-3-76931-469-4

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist nur mit Zustimmung der Autorin zulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

For my Family

INHALT

1. Dean

1. Februar – Zermatt, Schweiz

2. Dean

1. Februar, abends – Zermatt, Schweiz

3. Lucia

2. Februar – Zermatt, Schweiz

4. Dean

4. Februar – South Heads, Australien

5. Dean

8. Februar – Bali, Indonesien

6. Dean

11. Februar – South Heads, Australien

7. Lucia

17. Februar – Gold Coast, Australien

8. Dean

18. Februar – Gold Coast, Australien

9. Dean

19. Februar – Gold Coast, Australien

10. Lucia

19. Februar, abends – Gold Coast, Australien

11. Dean

18. März – South Heads, Australien

12. Lucia

18. März – South Heads, Australien

13. Lucia

18. März – South Heads, Australien

14. Lucia

19. März – South Heads, Australien

15. Lucia

19. März – South Heads, Australien

16. Dean

19. März – Sydney, Australien

17. Lucia

20. März – Gold Coast, Australien

18. Dean

21. März – South Heads, Australien

19. Lucia

21. März – Gold Coast, Australien

20. Lucia

22. März – Gold Coast, Australien

21. Lucia

22. Mai – Zermatt, Schweiz

22. Dean

22. Mai – Zermatt, Schweiz

23. Dean

24. Mai – Gold Coast, Australien

24. Lucia

24. Mai – Zermatt, Schweiz

25. Dean

2. Juni – Bali, Indonesien

26. Lucia

3. Juni – Bali, Indonesien

27. Lucia

3. Juni – Bali, Indonesien

28. Dean

4. Juni – Sydney, Australien

29. Lucia

4. Juni – South Heads, Australien

30. Dean

4. Juni – South Heads, Australien

31. Lucia

4. Juni – South Heads, Australien

Epilog - Lucia

Epilog - Dean

Danksagung

Bücher von Lilia Lay

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Über die Autorin

KAPITEL1

DEAN

1. Februar – Zermatt, Schweiz

Mein Blick wandert zum wiederholten Mal an dem langweiligen Typen vorbei, der mit seiner monotonen Stimme in Kombination mit der einschläfernden Power-Point-Präsentation einfach nur meine Zeit verschwendet.

Wieder landen meine Augen auf dem beeindruckenden Schweizer Bergpanorama, das uns durch die bodentiefen Fenster des schicken Konferenzraums zu verhöhnen scheint. Schön blöd, bei so einem Traumwetter mit irgendwelchen Anzugtypen über Investments zu diskutieren. Stattdessen könnte ich mit dem Snowboard durch den pudrigen Neuschnee pflügen, der von der strahlenden Sonne in ein goldglitzerndes Kunstwerk verwandelt wird.

Nach meiner sehnsüchtigen Betrachtung der wunderschönen Winterlandschaft schweift mein Blick – wie die Male davor – zu dem Mädchen, das mit dem Rücken zum Fenster sitzen muss und sich von dem Ultralangweiler da vorne nur durch die Aussicht auf die weiße Betonwand ablenken könnte. Entweder diese Wand ist ihr zu wenig spektakulär, oder sie interessiert sich tatsächlich für das, was hier vor sich geht, denn ihre fokussierte Aufmerksamkeit hat sich noch kein einziges Mal von der furchtbaren Präsentation wegbewegt.

Das fasziniert mich. Sie fasziniert mich. Wahrscheinlich liegt es daran, dass wir von den acht Konferenzteilnehmern die einzigen beiden sind, die Wählscheibentelefone nur aus Erzählungen und nicht aus den eigenen Kindheitserfahrungen kennen. Während sie immer noch stur der Präsentation folgt, mustere ich sie ein weiteres Mal. Ein hoher, streng gebundener Pferdeschwanz lässt ihre glatten, blonden Haare als akkuraten Wasserfall auf ihren dunklen Blazer fallen. Auf ihrem zarten Gesicht ist keine einzige Unreinheit zu erkennen, und ihr Make-up sieht so perfekt und gleichzeitig dezent aus, wie man es vermutlich nur in stundenlanger, akribischer Kleinarbeit vor dem Badezimmerspiegel hinbekommt. Ich habe sie noch nie zuvor gesehen, was daran liegen dürfte, dass ich mich bei Events dieser Art normalerweise rarmache.

Ich werde aus meinen Überlegungen gerissen, als das Mädchen eine Augenbraue hochzieht und sich an den Ultralangweiler wendet. „Habe ich das richtig verstanden, dass Sie für diese Statistik nur die Daten aus dem letzten Geschäftsjahr verwendet haben?“

Auch ich schaue, wie der Rest der Teilnehmer, nun erwartungsvoll nach vorne. Nicht, dass mich die Antwort interessieren würde. Ich will nur wissen, wie der Typ mit dieser Unterbrechung umgeht.

„Frau Clément“, beginnt er und räuspert sich hastig. „Das haben Sie richtig interpretiert. Ich fand, dass …“

Sie unterbricht ihn. „Ich finde, dass diese Statistik überhaupt keinen Sinn ergibt, wenn wir keine Vergleichsdaten haben“, erklärt sie mit ruhiger Stimme.

Jetzt schießt dem Langweiler die Röte ins Gesicht. Ob er sich über die Störung ärgert oder darüber, dass er sich von einer jungen Frau unterbrechen lassen muss, lässt er uns nicht erkennen. Und auch nicht, ob ihm dieser Fehler peinlich ist.

Was mich an dieser Konversation am meisten interessiert, ist die Tatsache, dass er sie Frau Clément genannt hat. Clément, wie Edgar Clément, der ein langjähriger Handelspartner meines Dads war. Soweit ich weiß, baut und verkauft seine Schweizer Firma in ganz Europa und Asien luxuriöse Designerhotels.

Ein weiteres Abchecken der alten Herren um unseren Tisch verrät mir, dass Edgar nicht hier ist und wohl seine Tochter – ich hoffe, es ist seine Tochter und nicht seine neue Frau – die geschäftlichen Interessen der Firma vertritt. Der nun hitzigen Diskussion zwischen ihr und dem Langweiler zufolge macht sie das kompetent und mit großer Leidenschaft. Und damit ist es amtlich, sie ist das genaue Gegenteil von mir.

Der einzige Programmpunkt, dem meine Leidenschaft heute gilt, und der alleinige Grund, warum ich den ewig langen Flug aus Sydney in die Schweiz auf mich genommen habe, ist die im Anschluss stattfindende Unternehmung auf der Skipiste.

Die beiden Streithähne haben ihren Konflikt mittlerweile beigelegt und wir kommen zu dem Teil, der meine Anwesenheit an diesem Tisch begründet.

Wie immer schaue ich bei der Abstimmung zu Dads ehemaligem Geschäftspartner Thomas, der seit der Firmengründung vor über 30 Jahren die Hälfte der Anteile hält. Die anderen 50 % sind vor vier Jahren, nach dem unerwarteten Tod meines Vaters, auf mich übergegangen. Mit diesen Anteilen habe ich – quasi zusätzlich – Dads früheren Assistenten Frederic vererbt bekommen, der normalerweise bei solchen Veranstaltungen für mich mit Anwesenheit glänzt. Im Gegensatz zu mir hat er nämlich Ahnung von der Materie und ich muss am Ende nur noch hier und dort einmal eine Unterschrift setzen. Ansonsten brauche ich mich nicht mit diesem Businesskram zu beschäftigen.

Heute bin ich allerdings selbst vor Ort und muss deshalb persönlich abstimmen. Thomas gibt mir mit einer Kopfbewegung zu verstehen, wie wir uns verhalten werden, und ich melde mich pflichtbewusst, als mein Einsatz verlangt wird. Keine Ahnung, mit wie vielen Millionen ich unsere Firma gerade an dem Investment beteiligt habe, aber ich bin froh, dass die Sitzung endlich ihr Ende gefunden hat.

Als Erster erhebe ich mich von dem gepolsterten Stuhl, knöpfe mir noch im Aufstehen das langärmelige Hemd auf, streife es ab und hänge es achtlos über meinen Stuhl. Dann ziehe ich mir die Hosenträger meiner Snowboardhose über die Schultern meines hautengen, schwarzen Thermo-Longsleeves, das ich vorher schon unter dem Hemd angezogen habe.

Wenn ich nicht bereits durch mangelnde Kompetenz negativ aufgefallen bin, dann mit Sicherheit durch den Mangel an angemessener Kleidung. Die anderen Herren tragen schicke Anzüge und Lederschuhe, die Clément-Tochter ein Kostümchen mit Blazer und Pumps. Thomas konnte mich gerade noch davon abhalten, meine Snowboardboots bereits zum Meeting anzuziehen.

Eigentlich hätte ich das einfach durchziehen sollen. Noch missbilligender als jetzt könnten die Blicke der Ü60-Liga sowieso nicht mehr werden. Vielleicht sind sie auch einfach neidisch darauf, dass ich mich nicht entscheiden muss, ob ich den Hosenbund lieber über oder unter dem fetten Bauch trage.

Bevor ich mir meine Snowboardjacke vom Kleiderhaken nehme und überstreife, bemerke ich den abschätzenden Blick der jungen Frau. Ja, Darling. So sieht man aus, wenn man sich den ganzen Tag mit Surfen und Skaten beschäftigt und nicht mit seinem Bürosessel verwachsen ist. Mit einem süffisanten Grinsen streife ich mir meine Beanie über die wilden, schwarzen Locken und zwinkere ihr dreist zu, bevor ich mir mein Hemd schnappe und zügig den Konferenzraum verlasse.

Ich beeile mich, durch die noblen Hotelflure zu meiner Suite zu kommen, um meine Handschuhe, die Boots und mein Brett zu holen. Verschwenderischer Luxus strahlt mir aus jedem Winkel des Hotels entgegen. Diese aufdringliche und offensichtliche Oberflächlichkeit kotzt mich heute einfach nur an.

Bis zu meinem neunzehnten Lebensjahr war dieser Lebensstil allerdings völlig normal für mich. Mein Dad war schon immer eine große Nummer in der Immobilienbranche, weshalb ich es gewohnt war, mit meiner Familie in viel zu bonzigen Häusern, vor denen viel zu teure Autos parkten, zu leben. Als sich meine Eltern trennten – damals war ich vierzehn Jahre alt –, ist meine kleine Schwester Zoe mit Mum nach South Heads gezogen. Das ist eine kleine, süße Stadt direkt am Meer, circa eine Stunde Fahrtzeit südlich von Sydney.

Dad und ich lebten weiterhin an der Gold Coast. Allerdings mieteten wir uns meistens in die Suiten der verschiedenen Hotels meines Vaters ein, anstatt ein trautes Familienheim nur für uns beide zu suchen. Das war einfach praktischer, da keiner von uns kochen konnte und natürlich niemand Bock auf Putzen oder Wäschewaschen hatte. Für diese Aufgaben hatten wir dann eben das Hotelpersonal, während wir in unseren Suiten das Junggesellenleben aufs Angenehmste genießen konnten.

Als mein Dad vor vier Jahren starb, hielt mich an der Gold Coast nichts mehr. Na ja, vielleicht mein bester Freund Ryan, der dort mit seiner Familie lebte. Trotzdem habe ich meine Sachen gepackt, in South Heads einen kleinen Bungalow gekauft, und bin dann in die Nähe meiner noch verbliebenen Familie gezogen. Zoe und Mum waren äußerst angetan darüber, dass wir uns endlich wieder häufiger sehen konnten. Die knapp 800 Kilometer, die uns seit der Scheidung getrennt hatten, waren zwar für australische Verhältnisse ein Katzensprung, aber bedeuteten trotzdem, einen ganzen Tag im Auto verbringen zu müssen, wenn wir uns sehen wollten.

Obwohl ich mit dem Tod meines Vaters auf einen Schlag so viel Geld besaß, wie kein Mensch in einem Leben jemals ausgeben konnte, lebte ich seither halbwegs bescheiden weiter. Okay, ich genieße den unglaublichen Luxus, dass ich nicht arbeiten brauche. Stattdessen verbringe ich meine Zeit auf einem Surfbrett in den Wellen oder noch lieber mit meinem Skateboard auf dem Teer. Zugegeben, wenn ich ein neues, geniales Paar Sneakers entdecke, dann kaufe ich es mir, ohne mir Gedanken über den Preis zu machen. Aber ansonsten bin ich sogar ziemlich sparsam. Dieser Kurztrip einmal um den Globus und der Aufenthalt in dem viel zu schicken Hotel lassen meine Ausgaben-Statistik allerdings in ungebührliche Höhen schießen.

Damit diese Ausgabe nicht völlig umsonst ist, streife ich mir in meiner Suite die Snowboardboots über und mache mich zügig zum angenehmen Teil dieser Reise auf.

KAPITEL2

DEAN

1. Februar, abends – Zermatt, Schweiz

Als ich die Tür der rustikalen Skihütte aufstoße, schlägt mir die unverwechselbare Geruchsmischung aus Schweiß, Alkohol und Testosteron entgegen, die Après-Ski-Veranstaltungen für mich so abgrundtief hassenswert macht. Selbstverständlich neben der furchtbaren Musik, deren Texte ich glücklicherweise nicht verstehe. Was andere mit demselben Problem allerdings nicht davon abhält, sehr laut und wahrscheinlich sehr falsch mitzugrölen.

Unter den überwiegend männlichen Gästen kann ich die Gesichter meiner Konferenzteilnehmer von heute Morgen ausmachen. Ich bin mir sicher, dass sie die Skipiste schon vor einigen Stunden verlassen haben, denn viele scheinen einen bereits bedenklichen Alkoholpegel erreicht zu haben. Es ist merkwürdig, die ansonsten so förmlich gekleideten Herren in Skihosen und unvorteilhaft engen Thermoshirts zu sehen. Wie sie sich an den Kanten des Stehtisches festklammern, um nicht umzufallen und dann wahrscheinlich nie mehr allein aufzustehen. Rote Gesichter, nass geschwitzte Haare und Koordinationsprobleme in den zugegebenermaßen klobigen Skischuhen lassen jeglichen Respekt, den ich jemals hätte empfinden sollen, schwinden.

Ich selbst bin stocknüchtern, denn ich habe meine Zeit bis zur letzten Liftfahrt mit meinem Snowboard im Schnee verbracht. Die vorherige Abfahrt im Flutlicht auf einer Piste, die ich fast ausschließlich für mich allein hatte, war einfach ein Traum. Umso härter trifft mich nun die Erkenntnis, dass ich den Rest meines Abends mit diesem Haufen peinlicher, betrunkener und alter Männer verbringen muss.

Ich brauche erst mal einen Drink, denn das werde ich nüchtern nicht ertragen können.

Als ich mich endlich durch die wogende Menge bis zur Bar vorgekämpft habe, lässt mich die Auswahl an Getränken resigniert aufseufzen. Jägertee, Heiße Witwe oder ein Flying Hirsch sind nicht gerade meine Lieblingsdrinks, doch ich füge mich dem Après-Ski-Wahnsinn und bestelle mehr durch Gestikulieren als mit Worten das Gemisch aus Jägermeister und Energydrink. Es ist so unglaublich voll und laut in der Hütte und die wärmenden Snowboardklamotten sorgen bereits für einen schwachen Schweißfilm auf meiner Stirn.

Ich bin gerade einmal seit zwei Minuten hier und habe jetzt schon keinen Bock mehr. Mein Rückflug geht erst morgen Mittag, doch ich kann es mir nicht verkneifen, dem Koordinator dieses Meetings eine kurze Nachricht zu tippen, ob er mir doch bitte einen früheren Rückflug nach Sydney klarmachen kann.

Nachdem ich den Text abgeschickt habe, exe ich den Flying Hirsch, bestelle einen zweiten und amüsiere mich noch ein wenig über das Gehabe meiner lieben Geschäftspartner. Keine Ahnung, warum sie sich bei solchen Gelegenheiten immer so aufführen müssen. Das Bild ist in der Regel dasselbe. Sie sind sturzbetrunken, graben viel zu junge und viel zu hübsche Frauen oder Männer an, werden anhänglich und müssen am Ende von irgendjemandem aufs Zimmer gebracht werden. Vielleicht tun sie das, weil sie sonst kein Ventil für ihre überschüssige Energie haben. Wenn ich den ganzen Tag im Bürosessel verbringen müsste, dann würde ich auch zum Freizeitalkoholiker werden.

Glücklicherweise besteht mein Tag quasi ausschließlich aus Surfen und Skateboardfahren, weshalb ich dieses Getue hier absolut nicht nötig habe.

Der nächste Drink wärmt sowohl meine Kehle als auch meinen Magen, und ich merke, wie mir der hochprozentige Drink langsam in den Kopf schießt. Seit dem Frühstück habe ich nichts mehr gegessen, denn ich wollte keine kostbare Minute auf dem Snowboard verlieren.

Allerdings bin ich absolut nicht betrunken genug, um die Absichten der älteren Dame, die sich eng an mich presst, um zur Bar zu kommen, nicht zu durchschauen. Aus ihren aufgespritzten Schlauchbootlippen, die sich viel zu nah an meinem Mund befinden, kommen Worte, die ich nicht verstehe.

„Sorry, ich spreche nur Englisch“, antworte ich laut und deutlich, während ich mich so weit wie möglich von ihr zurückziehe.

Eine Hand mit pink lackierten, krallenartig geformten Fingernägeln legt sich besitzergreifend auf meinen Unterarm. Die Frau schnurrt etwas Unverständliches, woraufhin ich mich unsanft von ihr losreiße und es endlich einsehe, dass ich mich zu meinen Bekannten zurückziehen sollte.

An dem massiven runden Stehtisch angekommen, quetsche ich mich zwischen Thomas und einem sehr beleibten Donald-Trump-Double in die Gruppe.

„Dean! Schön, dass du zu uns stößt!“, begrüßt mich Dads ehemaliger Partner, während er seine Pranke auf meine Schulter niederfahren lässt. Ich murmele eine höfliche Begrüßung in die Runde, als sich Thomas auch schon als David Copperfield 2.0 entpuppt. Denn er zieht - wie aus dem Nichts - das Mädchen von heute Morgen zu uns an den übervollen Tisch.

„Dean, darf ich dir vorstellen: Lucia Clément, Tochter von Edgar Clément.“ Mit beiden Händen an ihren Oberarmen, schiebt er sie zwischen uns beide und grinst dabei, als ob er mir gerade den Hauptpreis einer Gameshow überreichen würde.

„Dean Richardson“, stelle ich mich selbst vor und schüttele ihre Hand, die sie mir pflichtbewusst entgegenstreckt. Ich sehe sofort, dass sie sich in dieser Umgebung absolut nicht wohl fühlt. Ihr Lächeln wirkt aufgesetzt und es erreicht ihre stahlgrauen Augen nicht, mit denen sie mich misstrauisch mustert. Lucias Händedruck ist fest, doch ihre kleine Hand verschwindet fast in meiner. Sie ist für eine Frau zwar nicht besonders klein, doch gegen meine knapp 1,90 Meter wirkt so ziemlich alles und jeder winzig.

„Ich habe von dir gelesen“, versuche ich, die Stimmung aufzulockern. „Du hast dieses Projekt in Zürich geleitet. Klang ziemlich aufwendig und sehr spektakulär.“ Mit einem vorsichtigen Grinsen gebe ich ihre Hand schließlich frei. Natürlich habe ich es mir nicht nehmen lassen, nach der hübschen, jungen Frau von heute früh zu googeln. Was die Suchmaschine zu Tage förderte, machte mir allzu deutlich, wie gegensätzlich wir waren. Auf den Studienabschluss, selbstverständlich mit Auszeichnung, folgten einige prestigeträchtige Projekte in der Firma ihres Vaters, für die sie sogar verschiedene Umwelt- und Innovationspreise gewonnen hatte. Laut ihrem Lebenslauf war sie sogar einige Monate jünger als ich, was mir verdeutlichte, wie hart und intensiv sie die letzten Jahre für ihre Erfolge gearbeitet haben musste. Eigentlich eine bewundernswerte Eigenschaft, die mich aber viel zu sehr an meinen Workaholic von Vater erinnert, dem die Arbeit immer wichtiger war als seine Frau und seine Kinder. Letztendlich zeigte er sich dadurch für die Zerstörung unserer Familie verantwortlich, was ich ihm bis heute nicht verzeihen kann.

Überraschung blitzt in Lucias grauen Augen auf, bevor sie mich ebenfalls anlächelt. „Wow, ich dachte nicht, dass du dich dafür interessierst“, antwortet sie erstaunt.

Ob sie damit andeuten will, dass ich mich eigentlich einen Scheiß um die Geschäfte der Firma schere, oder ob sie darüber verwundert ist, dass ich mich für ihre beruflichen Erfolge interessiere, das kann ich ihrer Aussage nicht entnehmen. Beide Möglichkeiten lassen mich in keinem besonders schmeichelhaften Licht erscheinen, weshalb ich nur kurz mit den Schultern zucke.

Eine peinliche Stille droht sich zwischen uns auszubreiten, weshalb ich schnell das Thema wechsle. „Weißt du, wo man hier seine Jacke loswerden kann?“

Praktischerweise ist die Skihütte direkt an unser Hotel angeschlossen. Doch ich weiß genau, dass ich nicht zurückkommen würde, wenn ich nun den Weg zu meiner Suite antrete, um die viel zu warme Jacke abzulegen.

Lucia lächelt zaghaft. „Na klar.“ Sie umfasst meinen Oberarm mit ihrer kleinen Hand und bugsiert mich vor sich durch die Menge auf eine große Holztür zu, die sich halb hinter der Bar befindet. Das Personal hält uns nicht auf, als ich die schwere Tür öffne und in einen spärlich erleuchteten Raum eintrete.

Durch die hellen Leinenvorhänge scheint das Licht der Außenbeleuchtung, die vor der Skihütte angebracht ist, zaghaft herein. Ansonsten ist es stockfinster. Ich erkenne mehrere Stühle, die umgedreht auf den Tischen vor uns stehen, und an den Wänden hängen ausgestopfte Hirschköpfe zwischen gerahmten Schwarz-Weiß-Fotos. Als ich die Tür schließe, ist die laute Partymusik glücklicherweise nur noch gedämpft zu hören, und ich atme auf.

Langsam bahne ich mir einen Weg auf die andere Seite des Raumes, wo ich an der Wand hängend mehrere Jacken und Mäntel als dunkle Schemen wahrnehme.

Nachdem ich meine Jacke aufgehängt habe, wende ich mich Lucia zu, die nun neben mir steht. Selbst in ihren Skiklamotten, einer hellen Skihose und einem dunkelgrauen, eng anliegenden Rollkragenpulli sieht sie hinreißend und natürlich viel zu perfekt aus. Gott, wie gerne würde ich hinter diese Fassade blicken und etwas finden, das sie weniger vollkommen und fehlerlos macht.

Eigentlich sollte ich sie nicht so interessant finden. Gewissermaßen sollte ich sie sogar hassen. Sie ist alles, was ich nicht bin und niemals sein möchte. So übertrieben perfekt und langweilig angepasst. Mein Vater wiederum hätte sie für diese Eigenschaften vergöttert, was Lucia in meinen Augen nur noch verabscheuungswürdiger macht.

Ja, ich bin ein Arsch, denn ich beschließe, dass ich sie einfach nur zum Spaß aus dem Konzept bringen will. Mal sehen, wie tief ihre korrekte Fassade reicht. Selbstverständlich weiß ich auch schon, wie ich das anstelle, denn es gibt - vermutlich - zumindest eine Sache, in der ich besser sein dürfte als sie.

Da sie sowieso schon sehr nah neben mir steht, ist es ein Leichtes, ihr wie beiläufig eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht zu streifen. Ihre Haut fühlt sich angenehm glatt und warm unter meinen Fingerkuppen an.

„Woher kanntest du diesen Raum?“, frage ich sie, während ich meine Finger langsam über ihre Schläfe, das kantige Jochbein und schließlich ihren Kiefer entlang bis in den Nacken wandern lasse.

Lucia sieht mich aus großen, geweiteten Augen an. Ich sehe, wie sie schluckt, bevor sie zu einer Antwort ansetzt. „Ich …“ Sie räuspert sich. „Ich wohne aktuell in dem Hotel. Wir …“ Sie räuspert sich schon wieder, was daran liegen könnte, dass ich mit den Fingerkuppen kleine Kreise auf ihrem Nackenwirbel male. „Wir sind oft unterwegs und deshalb …“ Sie bricht mitten im Satz ab und wirkt völlig neben der Spur. Gut so, genau das wollte ich erreichen.

„Du und dein Dad, ihr reist zusammen?“, frage ich weiter, nachdem meine Hand zurück an ihre Wange gewandert ist und ich meinen Kopf zu ihr herabgesenkt habe, so dass sich unsere Lippen fast berühren. Dabei spüre ich den Hauch ihres warmen Atems an meinem Mund, was mich unerwartet heftig erregt. Vorsicht! Ich will, dass sie die Kontrolle verliert, nicht ich.

Ihre Antwort besteht aus einem kurzen Nicken, was dazu führt, dass unsere Lippen kurz davor stehen, sich zu berühren. Das daraus resultierende Prickeln schießt mir so zielstrebig in die Leistengegend, dass ich nur mit Mühe ein Aufstöhnen verhindern kann. Fuck.

Ich sollte handeln, bevor ich mir mit dieser Aktion selbst das Leben schwer mache. Lucias Miene lässt sich schwer deuten. Doch nachdem sie sich noch nicht aus meinem lockeren Griff befreit hat, nehme ich das als Einladung.

Quälend langsam überbrücke ich die letzten Millimeter zwischen unseren Mündern und lege meine Lippen behutsam auf ihre. Sie fühlen sich weich und voll an meinen an, und ich muss mich ein weiteres Mal ermahnen, dass es hier um sie und nicht um mich geht.

Ihre Augenlider sind geschlossen, der Druck ihrer Lippen wird zielstrebiger und ich sehe, wie sie beginnt, den Kuss zu genießen. Ihre Schultern entspannen sich unter meinen Händen, die ich ihr sanft in den Nacken gelegt habe. Dann taste ich sachte mit meiner Zunge an ihrer Unterlippe entlang. Sofort öffnet sie die Lippen bereitwillig und lässt mich ein. Sie schmeckt wie ein viel zu süßes Dessert. Überaus ungesund und überaus köstlich.

Ihre Hände gleiten an meinem Bauch nach oben zu meinen Schultern, wo sie versucht, mir die Hosenträger abzustreifen. Mit so viel Eigeninitiative hatte ich ehrlicherweise nicht gerechnet, und es gefällt mir viel zu gut.

Um mich zu revanchieren, streiche ich langsam mit meinen Händen nach unten und an ihren Seiten entlang. Wie zufällig streife ich dabei mit den Fingerspitzen den Ansatz ihrer Brüste und gleite tiefer auf ihren festen Bauch.

Unsere Münder sind immer noch verbunden, als mir die Träger meiner Skihose gegen den hinteren Oberschenkel fallen. Ihr köstlicher Geschmack breitet sich in meinem Mund aus, während das elektrisierende Gefühl der puren Erregung durch meinen gesamten Körper tobt. Ich genieße es viel zu sehr und will mehr davon. Verdammt!

Vorsichtig gleite ich mit den Händen unter ihren Pulli. Ihre Haut ist angenehm warm und weich und doch unerwartet fest. Ich spüre harte Muskeln, die darauf schließen lassen, dass sie nicht nur bei ihrer Arbeit äußerst diszipliniert ist. Im Gegensatz zu ihrer aufopfernden Hingabe für den Job, die mich eher abstößt, macht mich ihr muskulöser Körper allerdings ziemlich an. Die warnende Stimme in meinem Kopf, die mich daran erinnert, dass ich diese Frau eigentlich total dämlich finde und ich sie hiermit einfach nur aus dem Konzept bringen wollte, ist mittlerweile sehr leise.

Zaghaft drücke ich meinen Unterleib gegen ihren Körper. Ich möchte sie aus der Reserve locken, aber ich beabsichtige, nichts gegen ihren Willen zu tun, weshalb ich auf ihre Reaktion warte.

Meine Hose ist mittlerweile unangenehm eng und sie muss den harten Widerstand an ihrem Bauch überdeutlich spüren. Ein leises Keuchen entfährt ihr, bevor sie mich noch enger an sich zieht. Okay, das war deutlich. Und, oh shit, das lässt mich jegliche Zurückhaltung vergessen, denn ich will wirklich dringend mehr von dieser Frau fühlen.

Weniger vorsichtig beginne ich damit, sie nach hinten zu drängen, bis sie mit dem Hintern an einen Tisch stößt. Die Stühle darauf klappern laut, als ich sie hochhebe und auf der Tischplatte wieder absetze.

Unsere Zungen haben sich die ganze Zeit umschlungen und liebkost, doch jetzt löse ich meinen Mund von Lucias, um freie Sicht auf den Reißverschluss ihrer Hose zu haben, den ich mit einem lauten Ratschen zügig öffne. Diese engen, hochgeschnittenen Skihosen sollten verboten werden, denn ich muss mich viel zu lange damit abmühen, wenigstens die Seiten über Lucias Hüfte zu ziehen.

Meine Finger treffen im selben Moment auf die zarte Haut oberhalb ihres Slipbündchens, in dem unsere Lippen wieder zusammenfinden. Der Kuss ist gemächlich und fast schon zärtlich, und ich genieße dieses prickelnde Gefühl viel zu sehr. Ich balle meine Hand zur Faust und schiebe meinen Daumen langsam unter ihrem Höschen nach unten. Auf weiche Haut folgen raue Haare und endlich das samtige Gefühl, als ich beginne, ihre Vulvalippen zu teilen.

Ich unterbreche den Kuss, lehne mich zurück, denn ich will ihr in die Augen sehen, wenn ich ihren empfindsamsten Punkt erreiche.

Ein Blick nach unten lässt mich stutzen. Lucia Clément, Millionenerbin und korrekteste Person, die ich seit Langem getroffen habe, trägt einen neonorangenen Omaslip mit einem ebenso neongelben Pikachu darauf, der gerade Blitze über den Stoff schießt.

Ungläubig starre ich immer noch auf das grinsende Pikachu, als die Tür hinter uns mit einem lauten Krachen auffliegt. Sofort dringt die ohrenbetäubende Musik zu uns herein.

Wir zucken beide vor Schreck zusammen. Ich ziehe meine Hand blitzschnell zurück und stelle mich mit einem zügigen Schritt vor das Mädchen, um sie instinktiv vor den neugierigen Blicken des Eindringlings zu schützen.

„Mr. Richardson“, keucht der Mann erschöpft. Auf den zweiten Blick erkenne ich in ihm den Kerl, der hier alles organisiert hat. „Ich habe Sie überall gesucht. Warum gehen Sie nicht an ihr Handy?“, fährt er schnell und vorwurfsvoll fort.

Nachdem die Situation hier eindeutig ist, hoffe ich, dass er nicht wirklich eine Erklärung braucht, warum ich nicht an mein Smartphone gehe.

Er scheint tatsächlich keine Antwort zu erwarten, denn er fährt schnell fort. „Ihr Fahrer zum Flughafen steht bereit. Wenn Sie nicht in zehn Minuten hier losfahren, dann verpassen Sie Ihren Flieger! Ich konnte eine frühzeitige Abreise organisieren, aber sie müssen jetzt los!“

„Okay, mache ich“, rufe ich ihm überfordert entgegen. Um ehrlich zu sein, gibt es derzeit kaum etwas, das mir ungelegener kommen könnte als dieser vorzeitige Aufbruch.

Vermutlich hat der Typ sein Auto und seine Niere verkauft, um das so kurzfristig möglich zu machen, doch ehrliche Dankbarkeit kann er gerade keine von mir erwarten.

„Zehn Minuten!“, ruft er drohend, als er sich umdreht, aus der Tür verschwindet und diese mit einem lauten Knall schließt.

Kurz überschlage ich in meinen Gedanken die Optionen. Wenn ich schnell wäre, dann könnten wir die Sache hier in fünf Minuten erledigen. Dann bräuchte ich noch eine Minute zum Hochrennen in die Suite, eine zum Umziehen, eine zum Packen und dann hätte ich sogar noch zwei Minuten, um rechtzeitig nach draußen zu meinem Fahrer zu kommen.

Doch als ich mich zu Lucia umdrehe, wird mir sofort klar, dass es das für heute war. Ihre Wangen leuchten in einem beschämten Roséton und der Reißverschluss ihrer Hose ist bereits wieder geschlossen. Schade, ich hätte gerne einen weiteren Blick auf das quietschbunte Pikachu geworfen. Und darauf, was sich darunter befindet.

Die Skischuhe verursachen ein lautes Krachen, als Lucia vom Tisch springt und mit ihnen auf den harten Steinboden trifft. „Na dann, einen guten Heimflug, Dean Richardson.“

Als ob sie einen Schalter umgelegt hätte, strotzt Lucia plötzlich wieder vor professioneller Distanziertheit. Ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen, stolziert sie mit wippendem Pferdeschwanz zur Tür. Und das wohlgemerkt in Skischuhen. Kein Mensch sollte in diesen Dingern halbwegs elegant gehen können. Sie kann es.

„Bis dann, Pikachu“, rufe ich ihr in dem Versuch hinterher, die Oberhand zu behalten. Sie dreht sich nicht einmal um, und mir wird schmerzlich bewusst, dass diese Runde damit an sie geht.

Schnell reiße ich meine eben aufgehängte Jacke wieder vom Haken und renne los, damit ich meinen Heimflug wirklich nicht verpasse. Das hätte mir gerade noch gefehlt.

KAPITEL3

LUCIA

2. Februar – Zermatt, Schweiz

Das schrille Piepsen des Weckers reißt mich aus einem tiefen und traumlosen Schlaf. Verärgert grabe ich meinen Kopf noch weiter in das weiche Kopfkissen und taste gleichzeitig mit der Hand nach meinem Handy, das ich auf dem kleinen Nachttischchen neben mir abgelegt habe. Als ich es finde, tippe ich - ohne hinzusehen - grob auf dem Display herum, bis ich endlich den Button treffe, der das ohrenbetäubende Geräusch abstellt. Zufrieden kuschele ich mich noch tiefer in das viel zu gemütliche Bett.

Leider hält dieser Zustand des vollkommenen inneren Friedens nur kurz an. Unerbittlich schiebt sich das schlechte Gewissen in den Vordergrund und durchdringt damit die wohlige Sorglosigkeit in meinem Gehirn. „Argh“, stöhne ich frustriert auf und öffne blinzelnd die Augen. Die Morgensonne begrüßt mich in ihrer grell strahlenden Pracht, als ich mich schließlich auf den Rücken drehe.

Die blütenweiße Bettwäsche, die meinen Körper bedeckt, scheint unter den Sonnenstrahlen zu glühen, als diese durch die riesige Fensterfront in meine Suite leuchten. Ganz ähnlich wie der ebenso weiße Schnee, der die bergige Landschaft draußen in ein glühend-glitzerndes Paradies verwandelt. Wunderschön.

Noch schöner wäre es allerdings, wenn ich weniger gerädert wäre. Die Party gestern ging bis in die frühen Morgenstunden und obwohl ich nach dem Ereignis im Nebenraum, über das ich jetzt nicht nachdenken möchte, nur noch Antialkoholisches getrunken hatte, macht sich zumindest der Schlafmangel negativ bemerkbar.

Unmotiviert befreie ich meine Beine aus der Decke und schwinge sie aus dem Bett. Langsam tapse ich barfuß über den flauschigen, hochwertigen Teppich zur Badezimmertür. Als ich auf die gewärmten Fliesen trete und die transparente Glastür schließe, aktiviert sich der Sichtschutz der Glaswand, die den Schlaf- vom Badbereich trennt. Durch die nun milchig-trüben Wände könnte mich keine Person, die sich in meinem Zimmer aufhalten würde, bei meinem morgendlichen Toilettengang beobachten. Als ob ich jemals jemanden hierher mitnehmen würde.

Ich mag mein Zimmer hier in Zermatt, in dem ich mittlerweile seit knapp zwei Monaten lebe. Die Suite meiner Eltern, die gegenüber liegt, war in dieser Zeit allerdings nur wenige Tage belegt. Sie leben aktuell die meiste Zeit in einem unserer Hotels auf Bali, um sich um die dortigen Projekte zu kümmern. Mein Leben hier könnte einsam sein, wenn ich nicht jede freie Minute mit Arbeit füllen würde.

Am Waschbecken reinige ich sorgfältig meine Hände und beginne dann damit, mein Gesicht mit eiskaltem Wasser zu waschen. Das weckt meine Lebensgeister. Doch beim Blick in den überdimensionierten Badezimmerspiegel, der mir auf einem eingebauten Display die Außentemperatur und das Pokémon des Tages - Gengar - anzeigt, springen mir die dunklen Schatten unter meinen Augen entgegen. Vorsichtig fahre ich mit dem Zeigefinger die gräulichen Stellen nach. Dann streiche ich über die feinen Linien, die sich ganz leicht an meinem äußeren Augenbereich in die dünne Haut einzugraben beginnen.

Mum hätte mir jetzt wieder einen Vortrag über die Vorteile von Botox gehalten. Mit meinen 23 Jahren würde es schließlich unaufhaltsam beginnen, dass der Alterungsprozess seine Spuren hinterlässt. Aber Mum ist gerade nicht hier, und obwohl sie oft herrisch ist, vermisse ich sie inzwischen sehr.

Weil Dad nicht hier ist, musste ich gestern die Familieninteressen bei diesem Meeting vertreten. Und im Anschluss habe ich, wie von mir erwartet, auf der Party Präsenz gezeigt. Man muss sich mit seinen Partnern gut stellen, sagt Dad immer, und genau diesem Leitsatz bin ich gestern gefolgt.

Mit einem Partner hätte ich mich allerdings fast zu gut gestellt. Bei diesem Gedanken schießt mir die Röte sofort in die Wangen.

Unwirsch verdränge ich ihn und beginne damit, mein langes, glattes Haar zu kämmen, um es im Anschluss zu einem hohen Pferdeschwanz zu binden. Noch im Bad entledige ich mich meiner Satin-Schlafshorts und dem dazu passenden Top. Beim Blick auf meine geliebte Pikachu-Unterwäsche spüre ich merklich, wie meine Wangen schon wieder rot werden. Schnell angele ich mir von dem großzügigen Handtuchtrockner eine Sportleggings und das dazu passende Top. Die vorgewärmten Klamotten schmiegen sich wohlig warm an meinen Körper, und meine Gedanken beginnen wieder in sicheren Gefilden zu kreisen.

Zurück in meinem riesigen Schlafzimmer schnappe ich mir die Sportmatte, die aufgerollt neben der Balkontür steht, und platziere sie direkt vor der Fensterfront. Dann beginne ich mit meiner morgendlichen Workout-Session.

Ungewöhnlich bald fange ich dabei zu schwitzen an. Womöglich habe ich gestern doch zu viele Shots der Heißen Witwe getrunken. Was ist das eigentlich für ein dämlicher Name? Kalte Jungfrau würde sowieso viel besser zu mir passen. Also nicht, dass ich wortwörtlich noch Jungfrau wäre. Aber meine sexuellen Erfahrungen kann ich tatsächlich an einer Hand abzählen. Im Vergleich zu anderen Menschen in meinem Alter zähle ich also als Quasi-Jungfrau.

Immerhin ist das nicht der Fall, weil ich zu wenig Verehrer haben würde. Aber in meiner Position ist es unglaublich schwierig, jemanden zu treffen, mit dem man einfach nur belanglosen Sex haben könnte. Oder jemanden für eine Beziehung zu finden, der dabei keine Hintergedanken hätte. Davon abgesehen sorgt mein geringer Erfahrungsschatz dafür, dass selbst die kürzeste und unspektakulärste Rein-Raus-Nummer für mich nicht in die Kategorie belangloser Sex fällt.

Ich stöhne frustriert auf. Zum einen, weil mir die Sit-ups gerade ungewöhnlich schwerfallen und zum anderen, weil mich die Situation meines nicht vorhandenen Liebeslebens nervt.

Ein fieser Gedanke versucht sich wieder in den Vordergrund zu drängen. Der Gedanke an den gestrigen Abend auf diesem Tisch, mit diesem Typen. Dean Richardson. Groß, muskulös und mit einer so souveränen Leck-mich-am-Arsch-Einstellung, dass er mich völlig aus der Bahn geworfen hat.

Warum zum Teufel habe ich mich überhaupt auf ihn eingelassen? Im Grunde verkörpert er so ziemlich alles, was ich an einem Typen verabscheue. Er hat Geld, okay. Das macht es einfacher, weil ich davon ausgehen kann, dass er zumindest nicht hinter meinem Geld her ist. Aber keinen Cent davon hat er sich selbst erarbeitet. Er hat keine Ahnung, was in der Firma seines Dads vor sich geht, und ist trotzdem der Typ, den alle um seine Zustimmung fragen müssen. Ihm ist alles in den Schoß gefallen, was ich mir hart erkämpfen musste. Klar hat mir der Status meines Vaters bei meinem Start geholfen. Aber ich bin heute in der Position, in der ich mich befinde, weil ich hart und unerbittlich dafür gearbeitet habe.

Wenn ich eine Sache aus meiner kurzen Begegnung mit Mr. Arschloch gelernt habe, dann, dass die Arbeit auf seiner Prioritätenliste sehr weit unten steht. Irgendwie scheint es ihm völlig egal zu sein, was andere von ihm halten. Das ist so gegensätzlich zu meinem Leben, dass allein diese Eigenschaft viel zu faszinierend auf mich wirkt.

Okay, ich muss mir eingestehen, dass ich ihn anziehend finde. Aber vielleicht könnte ich dieses unwillkommene Gefühl für mich und meine Karriere nutzen? Vielleicht würden sich durch eine Verbindung mit ihm neue berufliche Chancen eröffnen? Warum also nicht das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden?

Eine sehr leise Stimme in meinem Hinterkopf fragt mich, ob ich mir mein Vorhaben nur schönreden will. Ich ignoriere sie gekonnt und beschließe, dass ich Dean Richardson wiedersehen muss.

Nach dieser Entscheidung fallen mir die letzten 40 Minuten meines Workouts erstaunlich leicht. Es folgt eine angenehme, heiße Dusche. Dann ziehe ich mir zur Yogapants eine frisch gebügelte weiße Bluse und einen cremefarbenen Blazer an und schminke mich sorgfältig.

Der Zimmerservice hat mir mittlerweile meinen Latte Macchiato und das bestellte Avocadobrot auf meinen kleinen Esstisch an der Fensterfront gestellt.

In einer halben Stunde starte ich in einen Tag voller Videocalls. Die Zeit bis dahin nutze ich noch, um zu frühstücken und nebenbei einige Pokémon in Pokémon Go zu fangen. Direkt vor dem Hotel befindet sich ein Pokéstop, den ich von meiner Suite aus gerade noch virtuell erreichen kann. Ich setze ihm kurzerhand ein Lockmodul ein, um noch mehr kleine Monster fangen zu können. Beim Gedanken daran, dass ich heute auf meiner Unterwäsche ein Feuer speiendes Glumanda spazieren trage, ärgere ich mich maßlos. Warum musste es gestern unbedingt Pikachu sein? Das bekannteste und damit gleichzeitig einfallsloseste Pokémon von allen!

Das Geräusch des eingehenden Videocalls reißt mich aus meinen Überlegungen. Mit der Kaffeetasse in der Hand gehe ich die wenigen Schritte zu meinem Arbeitsplatz hinüber, wo ich mit automatisierten Handgriffen die Bildschirme einschalte, mich auf meinem Bürosessel niederlasse und mir vorsichtig das Headset aufsetze, um meine Frisur nicht zu zerstören.

KAPITEL4

DEAN

4. Februar – South Heads, Australien

„Rich!“ Ryans Ruf geht fast in den dumpfen Schlägen unter, mit denen er an meine Zimmertür hämmert. Laut stöhnend wälze ich mich im Bett herum.

„Alter, geh weg!“, schreie ich in seine Richtung. „Ich hab Jetlag“, schiebe ich nach und versuche, mich damit zu rechtfertigen.

„Haha, du warst gerade mal drei Tage weg, da bekommt man keinen Jetlag!“, antwortet er genervt.

Okay, er hat recht. Ich bin einfach nur fertig von der Heimreise. Obwohl ich aus Bern einen kleinen Jet nach Dubai nehmen konnte, den ich dank Pikachu fast verpasst hätte, und dort quasi direkt in die Passagiermaschine nach Sydney gestiegen bin, war ich über 24 Stunden unterwegs. Zermatt ist einfach am Arsch der Welt.

Ja, wenn ich an die Reise in der Businessclass in dem gemütlichen Liegestuhl mit der nie endend wollenden Flut an Gin Tonic denke, dann ist mir bewusst, dass andere diese Reise unter durchaus härteren Bedingungen absolvieren müssen. Die haben jetzt aber auch keinen Kater von den inkludierten Drinks, was ich als legitime Entschuldigung nehme, um den kompletten restlichen Tag im Bett bleiben zu wollen.

„Rich! Jetzt komm schon, die Wellen sind mega!“, schreit Ryan durch die Tür, während er das stoische Hämmern wieder aufnimmt.

Genervt drehe ich mich um. An Schlaf ist bei dem Geräuschpegel sowieso nicht mehr zu denken. Und wenn er mit diesem Erdbeben weitermacht, dann fallen hier demnächst die Decks meiner alten Skateboards von den Wänden, die ich rund um mein Bett aufgehängt habe. Direkt auf mich drauf, das könnte unangenehm werden.

„Carter, du nervst“, schreie ich resigniert zurück. Das Hämmern hört augenblicklich auf. Er weiß, dass er gewonnen hat.

„Ich mach uns Kaffee“, dringt seine Stimme viel zu fröhlich zu mir herein.

In Momenten wie diesen bereue ich es fast, dass ich Ryan in meinen Bungalow habe einziehen lassen.

Kurz nach dem Tod meines Dads wollte ich in der Nähe meiner restlichen Familie sein. Deshalb habe ich mir in South Heads diesen hübschen Bungalow gekauft. Der ist nur wenige Querstraßen von dem Haus entfernt, in das meine Mum mit Zoe nach der Trennung gezogen ist und noch heute bewohnt. Meinen besten Freund Ryan, der diesen Titel bereits seit der Pre-School innehat, habe ich in der Zeit leider nicht mehr so häufig sehen können, da er noch an der Gold Coast lebte. Als er wegen Sarah, vor über zwei Jahren, unbedingt von dort weg wollte, war es für mich also sonnenklar, dass ich ihm ein Zimmer in meinem sowieso viel zu geräumigen Bungalow anbiete.

Die Miete, die er dafür bezahlt, ist mehr symbolisch zu betrachten. Aber ganz umsonst wollte er auf keinen Fall bei mir wohnen. Er weiß natürlich, dass ich ziemlich viel Kohle habe, weshalb er bereits in Kindertagen aus meinem Nachnamen den Spitznamen Rich kreiert hat. Allerdings ist ihm ziemlich sicher nicht bewusst, wie reich ich tatsächlich bin.

Vor einem Jahr ungefähr haben wir das letzte freie Zimmer in unserem Bungalow an Ben vermietet. Wir kannten ihn schon länger vom Surfen und waren völlig entsetzt, als wir erfuhren, dass er bereits seit mehreren Monaten obdachlos war. Auch er bezahlt mir einen sehr kleinen Betrag an Miete, den ich – wie Ryans Geld – ausschließlich in unsere legendären WG-Partys investiere.

Nachdem ich mich aus dem Bett gekämpft habe, nehme ich mir eine gemütliche Jogginghose aus dem Schrank, ziehe sie über meine Boxershorts und trotte barfuß zur Tür.

Als ich den weiß gestrichenen Gang mit hellem Holzboden entlangschlurfe, steigt mir der herrliche Duft des Kaffees bereits in die Nase.

Die Tür gegenüber von meiner ist geschlossen. Ich nehme an, dass Ben noch schläft. Es ist ja auch eigentlich Schlafenszeit. Bei ihm ist Ryan nicht so hartnäckig, denn Ben geht, im Gegensatz zu mir, einer geregelten Arbeit nach. Vielleicht hatte er gestern Nachtschicht und sich deshalb seinen Schönheitsschlaf redlich verdient.

Als Nächstes komme ich an Ryans halbgeöffneter Zimmertür vorbei. Dieser Raum ist quasi das Gegenteil zu seinem Truck. Hier herrscht nämlich akribischste Ordnung. Die riesigen Bildschirme an seinem Arbeitsplatz sind dunkel, der Schreibtisch aufgeräumt und nichts liegt herum. Lediglich das zerwühlte Bett lässt darauf schließen, dass hier ein menschliches Wesen residiert.

Bevor ich in die große, offene Küche eintrete, mache ich einen Zwischenstopp in dem letzten Raum, der von diesem Gang abzweigt, und erleichtere meine drückende Blase in der Toilette.

Als ich schließlich in die Küche komme, steht Ryan hinter der marmornen Kücheninsel und löffelt, an die Theke gelehnt, etwas aus einer Müslischüssel. Er trägt bereits eine hellblaue Badeshorts und vor ihm stehen zwei dampfende Becher mit dunkelbraunem Lebenssaft. Mit seinen halblangen blonden Haaren und der gebräunten Haut könnte er in jedem Kinderlexikon neben dem Begriff Surfer abgebildet sein. „Morgen“, begrüßt er mich feixend.

„Morgen“, grummele ich zurück, während ich mir einen der beiden Becher nehme und mich damit zum Kühlschrank umdrehe, aus dem ich die Sojamilch hole. Nachdem ich so viel Milch in meinen Kaffee gekippt habe, dass sich die Flüssigkeit am oberen Rand bereits nach außen wölbt, trinke ich vorsichtig meinen ersten Schluck, während ich mich neben Ryan lehne.

Aus der offenen Küche wandert mein Blick durch unser Wohnzimmer zu den riesigen Fenstern, durch die die bereits aufgegangene Sonne am Himmel zu sehen ist. Die Terrasse vor den Fenstern ist mit Gartenmöbeln, Wäschespinnen voller Wetsuits und verschiedenen Rails komplett zugestellt.

„Brauchen wir einen?“, frage ich Ryan, während ich mit dem Kopf in Richtung der Neoprenanzüge deute.

„Höchstens 'nen Shorty. Sollte aber auch ohne gehen“, antwortet er kauend. Dass ich mich vorgestern noch auf der anderen Seite des Erdballs, in dickste Winterkleidung gehüllt, auf einer Skipiste befunden habe und mich jetzt - Anfang Februar - mitten im australischen Hochsommer wiederfinde, ist ein kleiner Mindfuck für mein noch nicht ganz aufgewachtes Gehirn.

„Okay. Dann nehm ich nur ein Rashie mit. Fährst du?“ Ich drehe mich zu ihm und bemerke mal wieder, wie ausgeglichen er in letzter Zeit wirkt. So völlig entspannt und in sich ruhend habe ich ihn schon ewig nicht mehr erlebt.

Er grinst. „Lina kommt auch. Du kannst bei mir mitfahren, aber danach wollte ich eigentlich noch Zeit mit ihr verbringen. Also einen Rücktransport kann ich dir nicht anbieten.“

„Oh ne, lass mal“, schnaube ich, da bei den beiden Frischverliebten für nichts zu garantieren ist. Ryan und Lina sind seit Silvester, also seit gut einem Monat, ein Paar. Sie sind noch voll in der ersten Verliebtheitsphase und damit nicht voneinander fernzuhalten. Wenn die beiden zusammen in der WG sind, dann gibt es zwei Grundregeln, die das Überleben von Ben und mir sichern: Ohropax in der Nacht und besonders lautes Öffnen und Schließen von Haus- und Zimmertüren bei Tag, um sich bemerkbar zu machen. Die beiden sind sehr süß zusammen, aber auch total widerlich.

„Dann fahre ich selbst“, ergänze ich mit einem gespielten Augenrollen. Natürlich gönne ich ihm sein Glück, was ihm vollkommen bewusst ist. Wir wissen beide, dass er schon einiges erlebt und durchgemacht hat. Deshalb bin ich unglaublich stolz auf ihn, dass er seinen dicken Schutzpanzer endlich aufgegeben und sich auf diese Frau eingelassen hat.

„Wie wars in Europa?“, erkundigt er sich, während er seinen Kaffee in einem Zug austrinkt.

Für Australier ist die Vorstellung von verschiedensten Ländern, Sprachen und Kulturen auf einem so winzigen Raum wie dem Kontinent Europa ziemlich abstrakt, weshalb sie diese Einteilung einfach ignorieren.

„Kalt“, schnaube ich belustigt. „Aber die Skipisten waren der Wahnsinn.“

Ryan nickt. „Und die Europäerinnen?“, fragt er mit einem schelmischen Grinsen, während er sein gebrauchtes Geschirr vorbildlich in die Spülmaschine räumt. Da er selbst seit Kurzem mit einem deutschen Mädchen liiert ist, sollte er es ja am besten wissen, weshalb ich nur wissend grinse.

„Oha. Da lief wirklich etwas“, kommt es erstaunt aus seinem Mund.

„Wie lange sollen die Wellen laut deiner schlauen App noch so außergewöhnlich gut bleiben?“, unterbreche ich diese unangenehme Konversation forsch.

Mein diabolischer Plan klappt wie am Schnürchen. „Shit. Lass uns fahren.“ Ryan stößt sich schwungvoll von der Theke ab und ist schon bei der Haustür, als ich gerade einmal mein Zimmer betrete, um Schwimmshorts und -shirt anzuziehen.

Meinen Truck habe ich nicht unweit von Ryans am großen Parkplatz beim Leuchtturm abgestellt. Der Turm steht am äußersten Ende des Kaps, das den langen Strand in zwei Abschnitte teilt. Am hinteren und kleineren Shelly Beach sind die Wellen meistens am besten, weshalb ich mir mein Surfboard von der Ladefläche meines Gefährts schnappe und mich zielstrebig auf den Weg dorthin mache.

Ein Geheimtipp war die Surf-Vorhersage für heute leider nicht, denn es tummeln sich bereits eine Vielzahl von Wellenreitern im Wasser.