Frankreich True Crime - Adrian Langenscheid - E-Book

Frankreich True Crime E-Book

Adrian Langenscheid

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Beschreibung

Deutschlands erfolggekrönter True Crime-Bestsellerautor Adrian Langenscheid entfesselt, im fünften Band seiner True Crime-Buchreihe erneut herzklopfendes Suchtlesen. Es ist ein atemberaubendes, zutiefst erschütterndes Portrait menschlicher Abgründe, das gerade wegen der kühlen, sachlich-neutralen Schilderung gewaltige Emotionen weckt. Frei von jeglicher Sensationsgier werden in achtzehn True Crime-Kurzgeschichten einige der spektakulärsten französischen Kriminalfälle der letzten Jahrzehnte nacherzählt. Eine ergreifende Sammlung von Berichten über Mord, Totschlag, Entführung, Missbrauch, Betrug, Verrat und Diebstahl, die den Leser an die Grenzen des Erträglichen führen. Es sind Straftaten, in die "Menschen wie Du und Ich" verwickelt sind; Menschen, deren Leben aufgrund tragischer Umstände von einem Tag auf den anderen nicht mehr das ist, was es zuvor war. Mit Sachverstand und exzellentem Kopfkino integriert der True Crime-Experte die wichtigsten Einsichten aus Gerichtsverhandlungen, Akten, psychologischen Gutachten, Verhören und Ermittlungsprotokolle in seine elektrisierenden Erzählungen. Das Leben schreibt schreckliche Geschichten. Dieses Buch fasst sie zusammen. Gefesselt, fassungslos, verblüfft und zu Tränen gerührt, werden Sie alles in Frage stellen, was Sie über die menschliche Natur zu wissen glauben. Tauchen auch Sie ein, in die atemberaubende Welt der wahren Kriminalfälle und der echten Verbrechen. TRUE CRIME. Dazu einfach nach oben scrollen und auf "JETZT KAUFEN MIT 1-CLICK" klicken.

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Veröffentlichungsjahr: 2022

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Adrian Langenscheid

FRANKREICH TRUE CRIME

Wahre Verbrechen – Echte Kriminalfälle

Inhaltsverzeichnis

Titelseite

Adrian Langenscheid | FRANKREICH TRUE CRIME | Wahre Verbrechen – Echte Kriminalfälle

Vorwort

Einleitung

Kapitel 1 | Die Spritze

Kapitel 2 | Rotes Bild mit Pferden

Kapitel 3 | Hélène | (Von Lisa Bielec und Marie van den Boom/ Mordgeflüster

Kapitel 4 | Ich will leben | (von Eva-Maria Hartmann, Autorin von “True Crime: Frankreich – 8 wahre Kriminalfälle“)

Kapitel 5 | Der Samtblick

Kapitel 6 | Der Rabe | (von Amelie Petzel / Podcast „Schattenseiten“)

Kapitel 7 | Eine Villa mit Glasfront

Kapitel 8 | Der französische Ripper

Kapitel 9 | Die Bestie von Montmartre | (Von Franziska Singer / „Darf's ein bisserl Mord sein?“)

Kapitel 10 | Das Phantom von Nantes | (Von Lisa Bielec und Marie van den Boom / Mordgeflüster)

Kapitel 11 | Der Jahrhundertcoup

Kapitel 12 | Der Friedhof

Kapitel 13 | Femme fatale | (Von Alexander Apeitos / Wahre Verbrechen – Podcast)

Kapitel 14 | Der Schmerz der Bilder

Kapitel 15 | Möchten Sie etwas trinken? | (Von Tim Elser) | ›Le policier est paternel et indulgent. Il calme les affolements, pardonne à la faiblesse. Il réconforte, ramène l’espérance, parfois même le sourire: il éclaire, il console, il libère.‹

›Der Polizist ist väterlich und nachsichtig. Er beruhigt Panik und vergibt Schwäche. Er tröstet, bringt Hoffnung zurück – manchmal sogar ein Lächeln. Er bringt Licht ins Dunkel, lindert Schmerz und befreit.‹

Kapitel 16 | Der unscheinbare Buchhalter

Kapitel 17 | Eine Grube im Wald

Kapitel 18 | Der Hinterhof des Teufels

Schlusswort des Autors

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Patricia von „WhatPadiLoves“.

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TRUE CRIME INTERNATIONAL: | Die erfolgreiche Buchreihe | von Adrian Langenscheid

Adrian Langenscheid

FRANKREICH TRUE CRIME

Wahre Verbrechen – Echte Kriminalfälle

Über dieses Buch:

Eiskalte Serienmörder, verhängnisvolle Familiendramen, tragische Entführungen, niederträchtige Folter und skrupelloser Missbrauch: achtzehn schockierende True Crime-Kurzgeschichten zu wahren Kriminalfällen aus Frankreich.

Gefesselt, fassungslos, verblüfft und zu Tränen gerührt werden Sie alles in Frage stellen, was Sie über die menschliche Natur zu wissen glauben. Das Leben schreibt entsetzliche Geschichten und dieses Buch fasst sie zusammen. Tauchen Sie ein in die schockierende Welt der wahren Kriminalfälle und der echten Verbrechen!

Über den Autor:

Adrian Langenscheid ist Autor der erfolgreichen Buchserie True Crime International. Als leidenschaftlicher True Crime-Experte wird Adrian nach seinem Bestsellerdebüt „True Crime Deutschland“ und den erfolggekrönten Nachfolgern „True Crime USA“, „True Crime England“ sowie „True Crime Schweden“ in einem Atemzug mit deutschen True Crime-Größen wie Harbort, Benecke oder Tsokos genannt. Alle seine Bücher haben über die Grenzen Deutschlands hinaus Bestsellerstatus erlangt. Das fünfte Buch der Reihe knüpft an den beachtlichen Erfolg der Vorgänger an. Zusammen mit seiner Frau und seinen Kindern lebt Adrian am Rande des Schwarzwalds, Baden Württemberg.

Impressum

Autoren: Adrian Langenscheid, Dr. Stefanie Gräf, M.A., Franziska Singer, Hannah Thier, Lisa Bielec, Marie van den Boom, Amelie Petzel, Tim Elser, Alexander Apeitos, Eva Hartmann

ISBN: 978-3-98661-026-5 eBook

Lektorat: Hannah Thier, BA

1. Auflage November 2020

© 2020 Stefan Waidelich, Zeisigweg 6, 72212 Altensteig

Coverbild: © Canva (canva.com)

Covergestaltung: Pixa Heros, Stuttgart

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Rechteinhabers und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Vorwort

Die letzten zwei Jahre hielten viele Überraschungen für mich bereit. Ohne große Erwartungen und aus leidenschaftlichem Interesse an True Crime, habe ich nach meinem ersten Erfolgsdebüt „True Crime Deutschland“, die Bücher „True Crime USA“, „True Crime England“ und „True Crime Schweden“ veröffentlicht. Danach überschlugen sich die Ereignisse. Innerhalb von nur wenigen Wochen sind meine Bücher zu Bestsellern geworden. Auch Monate später finden sich alle Bücher, dank der zahlreichen LeserInnen, immer noch in den True Crime-Bestenlisten. Sie wurden ins Englische sowie Spanische übersetzt und als Hörbücher vertont.

Dieser unerwartete Erfolg und die öffentliche Resonanz stimmen mich bis heute demütig. Auch weil ich selbst im Rückblick, vor allem auf meine ersten beiden Bücher, einiges anders machen würde. Es ist meine Leidenschaft, zu schreiben und Bücher zu veröffentlichen. Mir ist aber auch sehr bewusst, dass das ohne Sie, liebe Leser und liebe Leserinnen, nicht möglich gewesen wäre. Deshalb geht mein Dank auch an Sie. Kleinen Autoren, die keine großen Marketingbudgets und Verlage hinter sich haben, ist es oftmals unmöglich, öffentlich gefunden zu werden, wenn sie nicht durch Menschen, die ehrliche Rezensionen hinterlassen, Unterstützung finden. Mit „True Crime Frankreich“ halten Sie nun das fünfte Buch der Serie in Ihren Händen. Ich widme es in Dankbarkeit Ihnen und allen, die mit ihrem Kauf, ihrem Feedback und ihren Rezensionen am Erfolg dieser Buchreihe teilhaben. Danke!

Ihr Adrian Langenscheid

Einleitung

Ich kannte diesen Blick. Es war der eines Raubtieres im Blutrausch. Doch in diesem Moment richtete sich sein Augenmerkt auf mich. Ich sah, er war nicht mehr bei Sinnen. Er stand nur wenige Meter unterhalb von mir, im Begriff, die paar Stufen, die uns trennten, mit großen Schritten wutentbrannt zu überwinden. Das letzte Mal saß er noch lange auf dem wehrlosen Körper, den er mit seinen Fäusten unbändig bearbeitete. Wir mussten ihn von seinem Gegner herunter ziehen. Nun drohte mir vielleicht dasselbe Schicksal.

Was dann geschah und wieso ich so reagiert habe, kann ich nicht mehr sagen und über meine Reaktion bin ich bis heute verwundert. Als der kräftige Teenager vor mir stand und zum ersten Schlag ausholte, trat ich ihm entgegen, umklammerte ihn und hielt ihn fest umarmt. Während er auf mich einschlug, flüsterte ich ihm ins Ohr: „Es ist kein Problem, ich mag dich trotzdem“. Nach drei kräftigen Schlägen sackte er in sich zusammen. Ich sah in seinen Augen, dass er wieder da und das Raubtier verschwunden war.

Mein Zivildienst im Jugendheim für Schwererziehbare ist lange her, doch dieser Moment blieb in meiner Erinnerung. Das „Raubtier“ hat einen Namen und eine Geschichte. Anton wurde als Kind einer drogensüchtigen Mutter geboren und erst sehr spät von einer Familie aufgenommen, die selbst keine Kinder bekommen konnte. Doch Wunder geschehen. Der Familie wurde eine Tochter geboren, jedoch war Anton dann dort nicht weiter willkommen. Sie brachten ihn zurück ins Kinderheim. Ein Jahr bevor er auf mich losging, fand er die einzige Bezugsperson seines Lebens, einen Jugend- und Heimerzieher, an einem Herzinfarkt verstorben im Wohnzimmer der Wohngruppe auf.

Anton ist heute längst erwachsen. Er lebt, soweit ich weiß, ein ordentliches Leben. Ein anderer aus der Gruppe wurde mit 18 Jahren wegen schwerer Körperverletzung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Manchmal frage ich mich, was aus den Jungs geworden wäre, wenn sie immer jemanden an ihrer Seite gehabt hätten, der ihnen sanft ins Ohr flüstert: „Ich mag dich trotzdem.“

Dafür, wie Menschen zu Verbrechern werden, gibt es keine verlässliche Formel. Das Leben spielt nicht in Schwarz-Weiß. Sondern in vielen Grautönen und Schattierungen. Opfer von heute werden die Täter von morgen – aber nicht alle. Als True Crime-Autor bin ich oftmals tief betroffen davon, wozu Menschen fähig sind. Mich bewegen die Fragen, wie es überhaupt so weit kommen konnte. Ob man diese Taten hätte verhindern können und wenn ja, wer zu welchem Zeitpunkt die Macht hatte, das schreckliche Schicksal zu wenden? Viele dieser Fragen bleiben oftmals unbeantwortet. Zum Beispiel: Woher kommt das Böse? Fernöstliche Religionen sagen, dass Gut und Böse eine unzertrennliche Einheit bilden. Die großen monotheistischen Religionen erwähnen den Sündenfall, durch den das Böse Einzug in unserer Welt genommen haben soll und der wohl berühmteste Psychologe der Geschichte, Siegmund Freud, schob die Grausamkeiten der Menschheit einem Todestrieb zu. Unbestreitbar ist die Existenz des Bösen und kein Genre gewährt so tiefe Einblick in den Abgrund der menschlichen Seele wie die Erzählungen wahrer Verbrechen. 

True Crime sind keine erfundenen Geschichten. Es ist die grausame Realität, die Ihnen in den kommenden achtzehn Kapiteln entgegenschlägt. Eine Realität, die schockierender als jede Fiktion ist. Ein erschütterndes Portrait dessen, wozu Menschen fähig sind. In diesem Buch stelle ich Ihnen weitere Kriminalfälle vor, dieses Mal aus dem malerischen Frankreich. Denn auch das Leben wie Gott in Frankreich endet. Manchmal zu schnell, nicht selten auf grausame Art und Weise. Es sind Erzählungen in Kurzgeschichtenform, authentisch, realitätsnah, die sich tatsächlich ereignet haben – und das vor gar nicht allzu langer Zeit. Man könnte über jeden Fall ein ganzes Buch mit tiefgehenden psychologischen Analysen schreiben, doch das ist nicht meine Absicht. Kurzgeschichten sind wie ein unerwarteter Sturm. Ehe man sich versieht, ist er vorüber. Zurück bleibt ein auf die existenziellen Fragen begrenzter Moment. Es sind Verbrechen in Kurzform, die zum Nachdenken bewegen. Lassen Sie sich nun von völlig unterschiedlichen Mordfällen, Missbrauch, Leichenschändung, Kannibalismus, Entführung, Erpressung, Manipulation und einem aufsehenerregenden Diebstahl in die Tiefen der menschlichen Abgründe reißen. Sie werden schockiert sein, so wie ich es bin.

Kapitel 1

Die Spritze

––––––––

E

s ist Abend und bereits dunkel, als sie ihm auflauern. Direkt vor seinem Haus in Scheidegg am idyllischen Bodensee. Eine friedliche deutsche Vorstadtgegend, wo die Bessergestellten leben. Doch an diesem Abend wird die Idylle jäh zerstört – und ausgerechnet ein angesehener, renommierter Arzt ist das verzweifelte Opfer.

Mit einem Mal ist der völlig überrumpelte Dr. Dieter Krombach umringt von drei Männern. Ehe er einen Ton herausbekommen kann, dringen sie bereits auf ihn ein, greifen nach ihm, versuchen, ihn zu packen zu bekommen. Verzweifelt wehrt sich der in die Jahre gekommene, stets korrekt gekleidete Brillenträger gegen seine geheimnisvollen Angreifer, doch die schlagen brutal auf ihn ein und verletzen ihn sogar im Gesicht. Irgendwann gibt der Mediziner seine Gegenwehr auf, er weiß, dass die Männer nicht von ihm ablassen werden. Gefesselt und geknebelt wird der wehrlose Mann zu einem bereits wartenden Auto gezerrt, in dessen Kofferraum die Angreifer ihn schließlich hineinstoßen.

Dort sackt Dr. Dieter Krombach hilflos in sich zusammen und versteht nicht, was gerade mit ihm passiert. Immer wieder hämmert eine Frage in seinem Kopf: Was wollen die drei von ihm? Hat er ihnen etwas getan? Oder gibt es einen Auftraggeber? Jemanden, der diese Nacht vom 17. auf den 18. September 1982 ausgesucht hat? Wer würde das wagen? Könnte es vielleicht der Mann sein, der ihn nun schon so lange immer wieder verfolgt und belästigt hat? Aber so etwas würde der doch nie wagen ...!, schreit es in dem Entführten. Das kann der Mann ihm doch unmöglich antun! Der Arzt versteht die Welt nicht mehr, er realisiert nur, dass der Wagen vom Fahrer zielstrebig durch den Landkreis Lindau gesteuert wird. Dann geht es auf die nächtliche Autobahn, und die Minuten zerdehnen sich zu Stunden für den verschleppten Dieter Krombach.

Die Fahrt führt über Autobahnen dauert ewig lange. Langsam aber sicher keimt in Krombach ein Verdacht. Bitte nicht nach Frankreich! Alles, nur nicht Frankreich! Was wird hier gespielt? Es KANN nur sein Verfolger dahinter stecken, das ist Krombach nun klar. Niemand sonst hätte einen Grund, ihn hierher bringen zu lassen. Aber niemals hätte der Arzt gedacht, dass der kleine, harmlose Buchhalter eine Entführung einfädeln würde. Niemals!

Währenddessen setzen die Entführer die Fahrt unbeirrt fort. Ihr Ziel ist die Stadt Mülhausen im Elsass. Noch dämmert es nicht, denn die Fahrt vom Bodensee hierher hat nur knapp drei Stunden gedauert. Aber das ist alles Teil des Plans. Erst vor dem Gerichtsgebäude in Mülhausen stoppt das Auto. Nur, um den wehrlosen Dieter Krombach aus dem Wagen zu zerren und vor dem Gericht auf dem Boden abzulegen. Auch das ist Teil des Plans. Ihr Auftraggeber wollte den Deutschen gut sichtbar vor dem Gebäude abgelegt haben, damit er direkt am Morgen gefunden wird. Das sei von allergrößter Bedeutung. Ohne große Worte steigen die Kriminellen wieder in das Auto und lassen den gefesselten und geknebelten Mann einfach hilflos zurück.

Dort liegend wird diesem klar, dass es jetzt kein Entkommen gibt. Macht ihn das wütend? Oder keimt so etwas wie Verzweiflung in ihm auf? Tatsächlich ist das der Tiefpunkt in Dieter Krombachs Leben. Der Arzt war in die Jahre gekommen, hatte schon einiges erlebt. Aber diese Situation muss sich für den ansonsten sehr selbstsicheren Mann wie das pure Grauen angefühlt haben. Es war jedoch lediglich der Anfang, denn was nun folgen sollte, würde nicht nur ihn auf eine harte Probe stellen, sondern ebenfalls die deutsch-französischen Beziehungen. Alles nur, weil ein 30 Jahre zurückliegender Tod noch immer nicht gesühnt war.

Dieter Paul Christian Krombach kommt am 5. Mai 1935 als ältester Sohn der Eheleute Walter und Marianne Brendler zur Welt. Er wächst in geordneten Verhältnissen auf. Sein Vater, der als Wehrmachtsoffizier während des Zweiten Weltkrieges diente, arbeitet als Jurist für das Finanzministerium und bringt es sogar bis zum Regierungsrat. Die Mutter ist Hausfrau.

Schon als Kind gilt der kleine Dieter als ein intelligenter, talentierter Junge. Das Abitur meistert er mit Leichtigkeit, er bekommt sogar einen der begehrten Studienplätze für Medizin in Frankfurt am Main und promoviert. Doch auch das reicht dem ehrgeizigen jungen Mediziner nicht, er geht nach Zürich und bildet sich in der Schweiz zum Kardiologen weiter. Der blonde, ordentlich gekleidete Mann mit der Brille und den schmalen Lippen ist zielstrebig, vermag sich durchzusetzen und seine Ziele zu erreichen. Auch in Bezug auf Frauen. Diese liegen ihm wegen seiner charmanten Art und des guten Aussehens zu Füßen.

Krombach ist ein Sieger – und sieht sich vermutlich auch selbst so. Und er hat eine große Vorliebe: jüngere Frauen. 1963 beginnt der 28-jährige Internist eine Beziehung mit Monika Hentze. Der 15 Jahre alte Teenager verliebt sich Hals über Kopf in Krombach, so sehr, dass sie alle Vorsicht außer Acht lässt. Kurze Zeit später ist Monika schwanger; doch der Teenager entscheidet sich für eine Abtreibung. Ihre Beziehung führen die beiden fort und schon bald darauf folgt eine erneute Schwangerschaft Monikas. Offenbar legt auch Krombach keinen Wert auf Verhütung. Im November des Jahres schließlich heiratet der fast doppelt so alte Dieter Krombach das junge Mädchen. Kurze Zeit danach kommen erst eine Tochter und dann noch ein Sohn zur Welt.

Die gemeinsame Zeit, die die junge Familie in Zürich verlebt, ist geprägt durch zunehmende Turbulenzen zwischen den Eheleuten. Doch nach insgesamt neun Jahren passiert das Unglaubliche: Monika ist gerade einmal 24 Jahre alt, als sie nach einer längeren, mysteriösen Krankheit im Oktober 1969 stirbt. Normalerweise wäre dies ein harter Schlag für jeden Ehemann gewesen, vor allem, wenn man mit zwei kleinen Kindern zurückbleibt, doch Krombach überrascht alle. Nur 10 Monate später heiratet er im Jahr 1970 erneut und wandert später mit seiner neuen Frau nach Marokko aus, wo er in Casablanca als Arzt beim deutschen Konsulat angestellt wird.

Ein cleverer Schachzug? Denn der mysteriöse Tod von Monika Krombach beschäftigt inzwischen die Staatsanwaltschaft. Die zutiefst erschütterten Verwandten können nicht verstehen, wieso die junge und eigentlich kerngesunde Frau plötzlich so schwer krank werden kann, kein Wort mehr herausbekommt und gelähmt ist. Hat hier der Ehemann und Arzt womöglich die Hände im Spiel? Immerhin hat er seine deutlich jüngere Frau mehrfach schwer geschlagen. Doch schließlich stellt die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein.

Derweil scheitert auch Krombachs zweite Ehe und er tröstet sich mit diversen Affären. Bis er 1974 Danielle Gonnin in seiner Nachbarschaft entdeckt. Dieter Krombach ist sofort Feuer und Flamme für die Französin, die mit ihrem Ehemann André Bamberski und ihren beiden kleinen Kindern Kalinka und Nicolas in die Nachbarschaft zieht. Er verfolgt sie regelrecht mit seinen Liebesbekundungen, und irgendwann erliegt sie seinem Charme und seiner Hartnäckigkeit. Doch der Seitensprung von Danielle bleibt nicht unbemerkt: Wutentbrannt sucht André die Aussprache mit Krombach und nimmt seine kleine Familie schließlich wieder mit zurück nach Frankreich. Dort in Pechbusque bei Toulouse glaubt Bamberski seine Frau sicher vor den Nachstellungen des Deutschen. Aber kurze Zeit später taucht Krombach auch hier auf und macht Danielle glühende Liebeserklärungen. Sie sei die Frau seines Lebens und er werde sie nie wieder gehen lassen – und Danielle erliegt der Anziehungskraft des gestandenen Mediziners.

André Bamberski hat keine Chance gegen diesen hartnäckigen Nebenbuhler, der ihm ohne jegliche Skrupel schließlich die Frau wegnimmt. 1977 trennt sich Danielle von André und wird Krombachs dritte Ehefrau. Gemeinsam ziehen sie mit Danielles Kindern nach Lindau am Bodensee, wo er eine Stelle als Internist und Kardiologe angetreten hat.

In den folgenden Jahren beginnt ein heftiges Tauziehen um die Kinder: Erst hat der Vater das Sorgerecht für Katinka und Nicolas, doch Danielle hält dagegen, denn André zieht zurück nach Casablanca. Schließlich darf Danielle die Kinder zu sich nach Deutschland holen; André Bamberski kehrt daraufhin nach Frankreich zurück, um näher bei Kalinka und Nicolas zu sein. Für die in Casablanca geborenen und aufgewachsenen Kinder, die nur Französisch sprechen, ist es unglaublich schwer, am Bodensee Fuß zu fassen. Hier ist einfach alles zu fremd für sie. Sie leiden, finden keinen Anschluss. Zum Wohle der Geschwister einigt sich ihre Mutter schließlich mit ihrem Ex-Ehemann, Kalinka und Nicolas ab September 1982 wieder bei sich in Frankreich aufzunehmen. Bamberski ist überglücklich, wahrscheinlich plant er sogar schon die gemeinsame Zukunft mit seinen geliebten Kindern. Endlich werden sie wieder zusammen sein wie früher, in glücklicheren Zeiten!

Doch es kommt alles völlig anders.

Als der Anruf am Vormittag des 10. Juli 1982 in der Notrufzentrale des Landkreises Lindau am Bodensee eingeht, wird umgehend ein Rettungswagen nach Scheidegg geschickt. Die Sanitäter und der Notarzt wissen nur, dass ein Arzt einen Rettungswagen geordert hat. Seiner Stieftochter gehe es nicht gut. Er habe bereits selbst alles versucht, doch er brauche hier Hilfe, und zwar schnell.

Wenig später ist das Notfallteam vor Ort. Ein Mann erwartet sie bereits – Dr. Dieter Krombach. Ohne Umwege bringt er die Helfer zum Zimmer seiner Stieftochter, öffnet die Tür und lässt sie hinein.

Als Rettungssanitäter sieht man viel, doch was den Helfern an diesem Tag in dem idyllisch gelegenen Gebäude begegnen soll, damit hatten sie nicht gerechnet!

Es ist ein typisches Zimmer für ein Mädchen, das sich zwischen Kindheit und Pubertät befindet. Poster an den Wänden, ein Schreibtisch, ein Schrank – und ein Bett. Ein zerwühltes Bett, die Bettdecke liegt achtlos weggerissen am Fußende. Doch das ist nicht das, was die Notfallhelfer so entsetzt. Es ist das Mädchen selbst, das auf dem Bett liegt. Sie hatten mit allem gerechnet, einem Teenager, der vor Schmerzen weint, schreit, sich windet oder hyperventiliert. Doch nicht damit! Denn aufgrund ihrer Erfahrung wissen sie sofort, was sie hier vor sich sehen.

Den Tod!

Das 14-jährige Mädchen, wegen dem sie hier sind, liegt regungslos und steif auf ihrem zerwühlten Bett. Ihre Haut ist bereits wächsern und zeigt eindeutig, dass sie tot ist. Ihr Unterkiefer ist heruntergefallen, sodass der Mund aufklafft. Sofort raffen sich die Notfallhelfer auf und beginnen automatisch, den Körper zu untersuchen. Gibt es vielleicht doch noch einen Puls? Besteht eine Chance auf Wiederbelebung? Aber das Leben des Mädchens ist unwiederbringlich vorbei: Kalinka ist tot. Gestorben in den letzten Sommerferien ihres jungen Lebens.

Ihre Gesichtshaut wirkt leicht bläulich, fällt den Rettungskräften auf. Hier schaltet sich Dieter Krombach ein. Der Mediziner äußert die Vermutung, dass seine Stieftochter an ihrem eigenen Erbrochenen erstickt sein müsse. Er beteuert, er habe noch versucht, sie wieder ins Leben zurückzuholen, indem er ihr zwei Spritzen gab; doch es sei bereits zu spät gewesen.

Es muss schrecklich sein, ein Kind so zu verlieren. Obwohl doch anscheinend noch alles getan wurde, um dies zu verhindern. Weil es für die Rettungskräfte hier nichts mehr zu tun gibt, verlassen sie schließlich den Ort eines schrecklichen Familiendramas, an dem ein junges Mädchen viel zu früh aus dem Leben gerissen wurden. Bereitwillig akzeptieren sie Krombachs Geschichte, obwohl diese mehr als eine Frage aufwerfen könnte ...

Routinemäßig spricht im Anschluss die örtliche Polizei mit dem angesehenen Internisten und Kardiologen. Auch die zu Protokoll gegebene Aussage wirkt seltsam „löchrig“, besonders weil Dr. Dieter Krombach auf seinen Fachgebieten als erfahrener Mediziner gilt. Er beteuert, dass er verwundert war, weil Kalinka an diesem Morgen ungewöhnlich lange geschlafen habe. Deshalb sei er um 10 Uhr in ihr Zimmer gegangen, um nach ihr zu sehen. Dort fand er sie dann leblos in ihrem Bett vor. Obwohl bereits der Rigor Mortis, die Leichenstarre, eingetreten war, hätte der Mediziner alles in seinen Kräften stehende getan, um seine Stieftochter noch zu retten – verzweifelt habe er ihr einige Medikamente in Herz und Unterschenkel gespritzt, um sie wiederzubeleben.

Nach und nach kommt im Rahmen der Befragung noch Weiteres heraus: So gibt Krombach an, die 14-Jährige habe am Abend zuvor bereits über „Unwohlsein“ geklagt. Um ihr zu helfen, verabreichte er ihr eine Eisenspitze. Auch klagte das blonde Mädchen, das ihrer Mutter sehr ähnlich sah, über Einschlafprobleme, weshalb sie noch am späten Abend eine Beruhigungsspritze erhielt. Doch auch jetzt hakt keiner nach, wieso die 14-Jährige derart mit Medikamenten vollgepumpt wurde. Niemand zweifelt an dem Vorgehen des Arztes. Niemand hinterfragt diese Angaben. Die Polizisten hegen keinerlei Zweifel, dass Krombach die Wahrheit sagt und seine Stieftochter retten wollte. Daher ziehen sie auch nicht die Kripo hinzu, die normalerweise bei unklaren Todesfällen stets tätig wird. Nach Ansicht der ermittelnden Polizisten ist alles klar und eindeutig. Insofern haben sie auch keine Einwände und lassen – auf Drängen Krombachs – Kalinkas Leichnam ohne weitere Untersuchung direkt in die Leichenhalle bringen.

Die Todesnachricht muss für Kalinkas Eltern ein Schock gewesen sein. Für Eltern ist es immer furchtbar, wenn das eigene Kind vor einem stirbt. Aber in diesem Fall wird plötzlich und unvorbereitet ein junges, gesundes Mädchen mitten aus dem Leben gerissen. Unvorstellbar. Besonders ihr Vater, André Bamberski, der ja im fernen Frankreich lebt und sich darauf freute, seine Kinder bald endlich wieder in die Arme schließen zu können, leidet extrem.

Vielleicht geschieht es auf seine Intervention hin, denn nun ordnet die Staatsanwaltschaft Kempten in diesem Todesfall doch noch routinemäßig Ermittlungen an. Kalinkas Leiche wird am 12. Juli, also zwei Tage nach ihrem Tod, im Stadtkrankenhaus Memmingen von zwei Pathologen obduziert. Der Befund irritiert.

Die beiden erfahrenen Experten können den Todeszeitpunkt Kalinkas gut eingrenzen, sie muss aufgrund der bei ihrem Auffinden bereits bestehenden Totenstarre zwischen drei und vier Uhr morgens verstorben sein. Der entscheidende Punkt jedoch, die Todesursache, kann auch jetzt nicht eindeutig geklärt werden. Allerdings notieren Landgerichtsarzt Höhmann und Oberarzt Dohmann in ihrem Bericht einige Punkte, die André Bamberski beim Lesen wie ein Schlag treffen.

Hinsichtlich der Medikamente, die Dr. Krombach angeblich zum Zweck der Wiederbelebung verabreicht hat, halten die Gerichtsmediziner nämlich fest: „Die Verabfolgung von weiteren Medikamenten zum Zwecke einer Wiederbelebung bei einer schon von Leichenstarre betroffenen Person mutet grotesk an.“ Zudem bezeichnen sie auch die Wahl der Medikamente (ein Psychostimulans, ein herzwirksames Glykosid und ein Antiarrhythmetikum) sowie die Stellen der Injektionen (Venen und Herz) als „befremdlich“.

Doch das ist noch längst nicht alles an Ungereimtheiten. Denn außerdem wird etwas noch Merkwürdigeres aufgeführt: Die Gerichtsmediziner erwähnen im Obduktionsbericht außerdem, dass Krombach direkt nach der Sektion bei ihnen gewesen sei und mit ihnen reden wollte – das ist sehr ungewöhnlich. Im Gespräch habe der Arzt seine Kollegen darauf hingewiesen, „dass auch übermäßige Sonneneinstrahlung beim Surfen im Verlaufe des Tages den Todeseintritt begründet haben könnte“. Dies schließen die beiden Gerichtsmediziner jedoch definitiv aus. Der Tod des Mädchens war ganz sicher nicht die Folge eines Hitzeschlags!

Auch hinsichtlich der Kobalt-Ferrlecit-Injektion am Vorabend von Kalinkas Tod äußern die Pathologen klar Bedenken, zumal Krombach ihnen bei seinem Besuch plötzlich eine etwas andere Version erzählt. Während er den Polizisten etwas über ein Unwohlsein erzählte, hieß es nun, Kalinka sei unzufrieden mit ihrem Bräunungszustand gewesen. Aus dem Grund habe sie die Eisenspitze erhalten. Haben die Pathologen bei dieser Version insgeheim geschmunzelt? Im Obduktionsbericht schreiben sie jedenfalls unmissverständlich: Diese Spritze sei zwar sicher nicht als Todesursache anzunehmen, aber eine Intensivierung der Bräune hätte dadurch ebenfalls nicht erreicht werden können.

Später behauptet Krombach, bei Kalinka habe eine Blutarmut vorgelegen. Aus diesem Grund habe er ihr das Eisenpräparat injiziert. Was ist wahr?

Hat André Bamberski, Kalinkas Vater, angefangen zu zittern, als er die Passagen über die Beschau des Intimbereiches seiner Tochter las? Diese so trocken formulierten Ergebnisse müssen für den Vater eines Teenagers nahezu unerträglich gewesen sein. Denn sie deuten auf das Allerschlimmste hin. Bei der Sektion wird eine Verletzung im Vulvabereich nahe dem After festgestellt – einen Zentimeter lang. Eindeutig gewaltsam herbeigeführt! In der Scheide befindet sich eine schmierige, weißliche Substanz ... Aber es passiert etwas Unglaubliches: Obwohl nun ein ausreichender Verdachtsmoment vorliegt, wird der Genitalbereich des Teenagers weder genauer untersucht, noch wird abgeklärt, ob es sich bei der weißlichen Substanz möglicherweise um Sperma handelt. Im Bericht wurde auch nicht erwähnt, ob Kalinkas Jungfernhäutchen intakt war oder nicht.

Diese knappen, unvollständigen Informationen entrüsten André Bamberski: Für ihn kann das nur eins bedeuten! Dr. Dieter Krombach hat seine Tochter zunächst vergewaltigt und dann versucht, dies zu vertuschen. Doch der Mann seiner Ex-Frau gibt sich weiter als Unschuldslamm und korrekter Mediziner.

Aber Bamberski lässt nicht locker, es gelingt ihm, weitere Untersuchungen durch insgesamt drei Ärzte zu erzwingen. Diese bestätigen jedoch nur, dass die genaue Ursache für Kalinkas Tod nicht zu ermitteln sei. Ein Pharmakologe mutmaßt, dass möglicherweise doch die Kobalt-Ferrlecit-Injektion schuld am Tod war. Er weist, wie seine Vorgänger, jedoch weit von sich, dass dieses Medikament zu mehr Sonnenbräune verhelfen könnte. Bei einem bloßen Verdacht auf Blutmangel wäre es ebenfalls nicht sinnvoll. Vielmehr betont er ausdrücklich die Gefährlichkeit dieses Medikaments. Es dürfe nur im Liegen und nach einer Mahlzeit verabreicht werden, im Anschluss sei eine ärztliche Überwachung unbedingt erforderlich. Als potenzielle Nebenwirkungen führt er unter anderem Abfall der Herztätigkeit, Atemnot, Übelkeit sowie Erbrechen auf. Wie kann es sein, dass ein erfahrener Kardiologe und Internist das nicht beachtet? Wie kommt es überhaupt, dass er ein solches Medikament bei sich im Haus hat, in dem sich doch Kinder befinden?

Fassungslos und empört muss der Vater zusehen, wie die Staatsanwaltschaft Kempten ihre Ermittlungen, die ja ohnehin nur sehr zögerlich angelaufen sind, fünf Wochen nach dem Tod der 14-Jährigen, am 17. August 1982, einstellt. Und das, obwohl es so viele Ungereimtheiten rund um den Tod seiner Tochter Kalinka gibt. Glaubt man in der Staatsanwaltschaft, ihr Stiefvater sei schlicht und ergreifend überfordert gewesen mit der Situation? Vermutet man einen Kunstfehler? Oder wiegt seine Reputation schwerer als die Bedenken der Gutachter? Was noch merkwürdiger ist: Niemand hält es für nötig, einen Blick auf die Vergangenheit von Dieter Krombach zu werfen. Ein Fehler, wie sich später herausstellt.

Die Einstellung der Ermittlungen ist für André Bamberski wie ein Schlag ins Gesicht. Will denn keiner die Wahrheit sehen? Er ist sich nach den Ergebnissen der Obduktion sicher zu wissen, was genau in jener Nacht vom 9. auf den 10. Juli geschehen ist: Dieter Krombach muss Kalinka vergewaltigt und getötet haben. Vielleicht um die Vergewaltigung zu vertuschen, oder auch weil er die Wirkung der Medikamente falsch einschätzte. „Wieso begreifen die Strafverfolgungsbehörden das Offenkundige nicht?“, muss sich der verzweifelte Vater wieder und wieder gefragt haben. Oder will es etwa niemand sehen? Wieso wird der Arzt geschont? Doch im Gegensatz zu ihrem Ex hält Danielle Bamberski, Krombachs Ehefrau, trotz der vielen offenen Fragen fest zu ihrem zweiten Ehemann. Sie trennt sich erst 1984 von ihm – denn seine ewige Liebe hat sich inzwischen verflüchtigt. Dieter Krombach hat wieder einmal Affären mit jungen Frauen. Die endgültige Scheidung erfolgt erst 1989.

André jedoch kennt nun nur noch ein Ziel: die genauen Todesumstände seines kleinen Mädchens zu klären. Er will Gerechtigkeit! Zu seinem Vorteil wird Kalinka in Frankreich beerdigt. 1985 erstreitet Bamberski die Zustimmung zu einer zweiten Obduktion. Für ihn ist es von größter Wichtigkeit, dass die Genitalien des Leichnams nach nun drei Jahren noch einmal eingehend untersucht werden. Er hofft darauf, dass sich vielleicht klärende Indizien finden lassen. Denn Kalinkas Vater geht immer noch von einer Vergewaltigung aus.

Am 4. Dezember werden die sterblichen Überreste des Teenagers exhumiert. Fieberhaft wartet Bamberski auf das Ergebnis dieser erneuten Obduktion, aber dieses überrascht. Eine Untersuchung ist unmöglich – Kalinkas Genitalien fehlen. Der Vater ist schockiert! Wieso sind sie nicht mehr vorhanden? Während einerseits vermutet wird, sie könnten bereits verwest sein, wird andererseits gemunkelt, sie seien kurz nach der Obduktion in Deutschland entfernt worden und seltsamerweise verschwunden. Der Fall wird immer mysteriöser.

Fakt ist nur: Da versäumt wurde, einen Spermaabstrich zu machen, treten die Ermittlungen auf der Stelle. Eine Vergewaltigung lässt sich jedenfalls nicht mehr nachweisen. Was ist hier los? Wie kommt es, dass sich rund um den mysteriösen Tod der kleinen Französin so viele Versäumnisse und Merkwürdigkeiten häufen?

Ein schwerer Rückschlag für André Bamberski, der sich so viel von der neuerlichen Obduktion erhofft hatte. Und es ist nicht der letzte: 1990 bestätigt das Oberlandesgericht München in letzter Instanz die Einstellung der Ermittlungen in diesem Fall. Das Klageerzwingungsverfahren des leiblichen Vaters wird ebenfalls abgewiesen.

Doch der Franzose gibt sich noch immer nicht geschlagen. Er sucht weiter nach Mittel und Wegen, um Dieter Krombach zur Verantwortung zu ziehen – und er findet sie. Bamberski nutzt eine Besonderheit des französischen Rechts: Hiernach kann jeder Ausländer, wo auch immer auf der Welt er ein Verbrechen gegen einen französischen Staatsbürger begeht, von der französischen Justiz verfolgt werden. Kalinka Bamberski war bis zuletzt französische Staatsbürgerin!

Es kommt Bewegung in den Fall, denn die Pariser Gerichte stolpern ebenfalls über die ganzen Seltsamkeiten im Fall Kalinka Bamberski. Daraufhin wird vor dem Pariser Schwurgericht Anklage gegen Dr. Dieter Krombach erhoben. Die Begründung: Verdacht auf vorsätzliche Tötung. Die Staatsanwaltschaft vermutet aufgrund der vorliegenden Indizien, dass Kalinka nur deshalb getötet wurde, um ein Verbrechen (vielleicht eine Vergewaltigung?) zu vertuschen. In der französischen Hauptstadt sieht man den Fall mit ganz anderen Augen als in Deutschland und beabsichtigt, den Täter mit unnachsichtiger Härte zur Verantwortung zu ziehen. Zu diesem Zeitpunkt ahnt noch niemand, dass dieser Fall interkulturelle Konsequenzen hat und die deutsch-französischen Beziehungen schwer belasten wird.

Am 5. Juni 1993 wird Krombach an seinem Wohnort in Deutschland, in Lindau, eine Aufforderung zum persönlichen Erscheinen vor dem Pariser Gerichtshof zugestellt. Außerdem kommt eine Schadensersatzklage hinzu. Doch Krombach wähnt sich offensichtlich in Sicherheit und ignoriert die Schreiben der Pariser Strafverfolgung, Zwar liegt ebenfalls ein Haftbefehl für den Mediziner vor, um ihn zur Aussage zu zwingen, doch dieser kann nur auf französischem Boden umgesetzt werden. Lächelt Krombach über diese Bemühungen womöglich? Fühlt er sich als deutscher Staatsbürger sicher? Nur seine Anwälte erscheinen zur Hauptverhandlung in der französischen Metropole, um ihren Mandanten zu vertreten. Doch das Gericht reagiert rigoros, es untersagt den Anwälten, für ihren Mandanten aufzutreten, und erklärt zudem, dass deren Verteidigungsschriften nicht zulässig seien. Insofern wird im Folgenden ohne Krombach und seinen juristischen Beistand verhandelt. Am 9. März 1995 wird der Arzt in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft verurteilt. Die Urteilsbegründung lautet: Körperverletzung mit Todesfolge. Außerdem wird Krombach vom Pariser Schwurgericht gleichzeitig auch noch eine Schadenersatzzahlung an Kalinkas Vater in Höhe von 350.000 Francs (gut 53.300 Euro) auferlegt sowie eine Ausgleichssumme für die Erstattung der Gerichtskosten von 100.000 Francs (knapp 15.250 Euro).

Gönnt sich der Buchhalter André Bamberski jetzt einen kleinen Moment des Triumphes? Immerhin muss es für ihn so ausgesehen haben, als würde endlich doch Gerechtigkeit walten. Der, laut Gericht, verurteilte Mörder seines kleinen Mädchens würde seine gerechte Strafe erhalten. Endlich! Nach 11 schrecklich langen Jahren der Ungewissheit. Aber was sich nun entspinnt, ist ein internationales Tauziehen um Hoheitsrechte – für den Buchhalter, der sich mit Soll und Haben auskennt und bei dem die Rechnungen am Ende immer auf Heller und Pfennig genau sein müssen, hat sich das juristische Nachspiel womöglich wie Hohn angefühlt.

Mit neuem Elan stellt Bamberski einen Antrag an das Landgericht Kempten (Allgäu), das Urteil des Schwurgerichts Paris zu vollstrecken. Doch Krombach legt dagegen Beschwerde ein und zögert keinen Moment, sogar den Bundesgerichtshof (BGH) als auch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) anzurufen. Am 29. Juni 2000 gibt der BGH bekannt, dass er das Urteil des Pariser Schwurgerichts nicht vollstrecken wird. Dabei geht es weder um Schuld noch um Unschuld, vielmehr geht es um uralte Rechtsgrundsätze, die von den Franzosen nicht beachtet worden seien. Die Begründung lautet: Der Angeklagte hätte Anspruch auf rechtliches Gehör gehabt, dieser wichtige Grundsatz sei bei der Entscheidung jedoch massiv verletzt worden.

Bamberski wirft den deutschen Gerichten daraufhin zahlreiche Versäumnisse vor. Aber auch die österreichische Justiz liefert Krombach nicht aus, als er sich Anfang Januar 2000 in Vorarlberg aufhält. Zu allem Überfluss verurteilt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Frankreich schließlich sogar noch zu einer Entschädigungszahlung von 100.000 Franc (ca. 15.250 Euro) an Dieter Krombach.

Doch das reicht André Bamberski nicht. Er will, nein, er muss Gerechtigkeit für Kalinka haben. Der kleine Buchhalter wird nach all den Jahren noch immer getrieben von einem übermächtigen Bedürfnis, den von ihm ausgemachten Täter endlich zur Verantwortung zu ziehen und ihn der Ermordung seiner Tochter zu überführen. Allerdings muss er schließlich erkennen, dass ihm die Gerichte hierbei nicht helfen werden. Jedenfalls nicht so, denn Deutschland liefert Dr. Dieter Krombach nicht aus.

In Ermangelung weiterer rechtlicher Mittel ergreift Bamberski die Eigeninitiative und intensiviert seine Hetzjagd auf den Mediziner, der inzwischen erneut geheiratet hat. 2007 lauert Bamberski Krombach und seiner neuen Familie sogar auf. Der Franzose schreckt nicht davor zurück, mit einem Kamerateam vor Krombachs Haus aufzutauchen und vor der Schule, die Krombachs Tochter Katia besucht, Flugblätter zu verteilen. Darin beschuldigt er den Arzt als Vergewaltiger.

Nagt an Bamberskis Verstand noch immer der Gedanke daran, wie seine Kalinka kalt und bleich auf den zerwühlten Laken ihres schmalen Bettes liegt? 25 Jahre nach ihrem unerklärlichen Tod?

Doch er ist der Einzige, der die Hoffnung auf Gerechtigkeit trotz allem nicht aufgegeben hat. 2008 wird auch in Frankreich das Urteil gegen Dr. Krombach aufgehoben. Dann berichten Krombachs Nachbarn André von Plänen des Arztes, mit seiner neuen Familie nach Westafrika auszuwandern, um endlich seine Ruhe vor den verbissenen Anfeindungen des Vaters zu haben. Außerdem steht das Jahr 2015 kurz bevor. Ein wichtiges Jahr, denn dann würde die Tat aus dem Jahre 1982 verjähren; danach könnte Krombach für die Tat nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden.

Dieser Umstand ist es, der Bamberski zu einer echten Verzweiflungstat greifen lässt. Ohnmächtig musste er die letzten Jahre zusehen, wie der Tod seiner Tochter Kalinka trotz Urteil nicht gesühnt wurde. Ohnmächtig und sich nicht mehr anders zu helfen wissend, greift zu seinem allerletzten Mittel. Es ist ein letztes Aufbäumen eines verzweifelten Vaters, der nach vielen Jahren endlich Gerechtigkeit möchte. So engagiert Bamberski 2009 drei Kriminelle, die Dieter Krombach nach Frankreich entführen.

Das Klingeln an der Türe am 18. September 2009 ist für Bamberski keine Überraschung. Er hat es schon erwartet, so wie die Polizisten, die nun vor ihm stehen. Es war nur eine Frage der Zeit, dass sie zu ihm kommen würden. Er weiß auch, dass sie einen Haftbefehl für ihn dabei haben und auch damit hat er gerechnet, als er die drei Männer kontaktierte und um ihre Hilfe bat. Bamberski nickt zu allem, was ihm vorgeworfen wird und ist sofort vollumfänglich geständig.

Zwei Tage lang wird er immer wieder verhört; dann lässt man ihn frei. Allen ist klar: Bei ihm besteht keine Fluchtgefahr, er hat nicht vor zu verschwinden oder gar unterzutauchen. Der Buchhalter hat mit der Entführung erreicht, was ihn seit Jahrzehnten antreibt. Die ständige Hetzjagd hat endlich ein Ende, denn Dieter Krombach befindet sich in Frankreich und muss sich dort vor Gericht verantworten. Für einen Tod, der inzwischen 30 Jahre zurückliegt. Einen Tod, den Bamberski all die Jahre nie verwunden hat.

Während sich Krombach in Paris in Untersuchungshaft befindet, interveniert bereits das Auswärtige Amt in Berlin bei den Pariser Kollegen und fordert die Auslieferung des deutschen Staatsbürgers, doch das wird energisch abgewiesen.

Der 29. März 2011 markiert einen Wendepunkt in diesem Fall – oder soll es zumindest. Für diesen Tag ist die Prozesseröffnung in Paris angesetzt. Doch wegen gesundheitlicher Probleme des Angeklagten wird der Prozess auf unbestimmte Zeit verschoben. Krombach hat ein Herzkranzgefäßleiden und muss sich deswegen behandeln lassen. Als er nach einigen Wochen wieder verhandlungsfähig ist, beginnt tatsächlich die Gerichtsverhandlung.

Und die fördert Überraschendes zutage. Denn wie sich herausstellt, handelt es sich bei dem scheinbar so seriösen und angesehenen Arzt um einen bereits mehrfach verurteilten Straftäter.

Zur Sprache kommt dabei auch der ungeklärte Tod seiner ersten Frau Monika im Jahr 1969 in einem Frankfurter Krankenhaus. Nachweislich kam es in der Ehe zu Misshandlungen und Vergewaltigungen durch den Arzt, der zudem seiner jungen Frau drohte, sie zu töten. In ihrem Schicksalsjahr 1969 erkrankt Monika, ohne dass jemand herausfinden kann woran. Zunächst erblindet sie und verliert ihr Gehör, am Ende ist sie auch noch gelähmt. Nachdem ihr Ehemann Monika mit dem Tod gedroht und sie verprügelt haben soll, kommt sie ins Krankenhaus. Hier verstirbt die junge Frau an einer Hirnblutung – wenige Stunden zuvor hatte sie von Dieter Krombach eine Injektion bekommen. Angeblich habe es sich hierbei um Schlangengift gehandelt. Auch in diesem Todesfall diagnostiziert der Mediziner höchstpersönlich die Ursache: Grund sei ein Verschluss einer Schlagader am Hirnstamm gewesen, durch eine zu hoch dosierte Antibabypille. Die behandelnden Ärzte übernehmen diese Diagnose ungeprüft.

1997 muss sich Krombach wegen einer anderen Sache sogar vor dem Gericht in Kempten verantworten. Der Anlass: Er hat in seiner Praxis am 11. Februar des Jahres eine 16 Jahre alte Patientin zunächst narkotisiert und dann vergewaltigt. Im Rahmen des Verfahrens wird ein höchst interessantes psychiatrisches Gutachten über ihn erstellt, in dem er als Narzisst charakterisiert wird, der sich über das Gesetz erhaben fühlt. Krombach trägt in der Verhandlung amüsierten Zynismus zur Schau. In einem Interview nach der Urteilsverkündung äußert er sich sogar wie folgt: „Sie hat nicht ja gesagt, [...] aber sie hat auch nicht Nein gesagt [...], wer schweigt, scheint zuzustimmen, hat man im alten Rom gesagt.“

Dennoch fällt das Urteil, das am 17. März verkündet wird, erstaunlich milde aus: Zwei Jahre Haft auf Bewährung sowie Berufsverbot. Ein Fehler? Denn im selben Jahr kommt es noch zu insgesamt sechs weiteren Klagen wegen Sexualstraftaten gegen Dieter Krombach – der nicht mehr als Arzt praktizieren darf.

Krombach setzt alle Hebel in Bewegung, um seine Approbation zurückzuerlangen, doch die Versuche scheitern. Ein wichtiger Grund dafür ist ein weiteres psychiatrisches Gutachten, in dem angemerkt wird, dass bei Dieter Krombach eine Neigung zu sexuellen Impulshandlungen vorliege und auch eine Wiederholung nicht auszuschließen sei. Allerdings gebe es kein Rückfallrisiko, solange der Internist als angestellter Arzt tätig sei.

Doch eine Angestelltentätigkeit kommt für den Narzissten Krombach nicht infrage. Er verkauft zwar seine Praxis, hält sich jedoch nicht an das Berufsverbot. Er übt seinen Beruf auch ohne Zulassung weiterhin aus, übernimmt nun einfach in ganz Deutschland Vertretungen. Erst 2006 fliegt das Ganze schließlich auf und wird 2007 vor dem Landgericht Coburg verhandelt. Dieses verurteilt ihn zu zwei Jahren und vier Monaten Haft wegen Betruges in 28 Fällen sowie illegaler Berufsausübung in 19 Fällen. Nach gerade einmal 18 Monaten Haft wird Krombach vorzeitig auf Bewährung entlassen. Erneuten Anklagen wegen Sexualstraftaten wird wiederum nicht weiter nachgegangen.

All dies kommt 2011 während der Gerichtsverhandlung zur Sprache. Dieter Krombach präsentiert sich hier redegewandt und charmant, weiß sich zu artikulieren und andere Menschen für sich einzunehmen. Er scheint ganz in seinem Element zu sein, denn im Mittelpunkt zu stehen und bewundert zu werden, braucht er wie die Luft zum Atmen. Doch es wird noch etwas anderes offenkundig: Treue zu seinen Partnerinnen ist nur ein Wort ohne Bedeutung für Krombach, und er hat eine besondere Vorliebe für sehr junge Frauen und Mädchen. Schon seine erste Frau Monika war minderjährig, als sie mit ihm zusammenkam. Und er schreckt nicht davor zurück, Medikamente zu nutzen, um seinen Willen durchzusetzen. Erst jetzt erfährt etwa Danielle Gonnin, dass ihr damaliger Mann ihr immer wieder Betäubungsmittel verabreichte, damit er sich im eigenen Haus ungestört mit seinen jungen Geliebten vergnügen konnte.

Am 22. Oktober 2011 fällt das Urteil im Prozess gegen Dieter Krombach. Es lautet 15 Jahre Haft wegen vorsätzlicher Körperverletzung mit Todesfolge an einer Minderjährigen. Laut den Ausführungen der Staatsanwaltschaft hat er Kalinka Bamberski zunächst betäubt, um sie dann zu missbrauchen. Des Weiteren wird ihm eine Zahlung in Höhe von 400.000 Euro an die Hinterbliebenen des Mädchens auferlegt.

Fühlt sich das Urteil wie ein Triumph für André Bamberski an? Er hat all die Jahre an die Schuld des Arztes geglaubt und wurde nie müde, Gerechtigkeit für Kalinka zu fordern. Doch auch dieses Mal bedeutet das Urteil lediglich einen kurzen Moment der Hoffnung, denn Krombach zieht erneut alle Register. Vielleicht weil er es all die Jahre gewohnt war, letztlich doch zu gewinnen, veranlasst er auf jetzt wieder seinen französischen Anwalt, Yves Levano, das ergangene Urteil anzufechten.

---ENDE DER LESEPROBE---