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Beschreibung

Freude erfahren wir als eine dynamische und lebendige Wirklichkeit in unserem Leben, trotz oftmals widrigster Umstände. Wenn wir Christ*innen von uns sagen, die Frohbotschaft zu verkünden, weshalb wird sie im Alltag oder im gegenwärtigen theologischen Diskurs nur selten thematisiert? In Heft 3/2022 gilt es, die Bedeutung der Freude im Leben der Menschen, aber auch der Kirche nicht nur kognitiv, sondern in ihrer existenziellen Tragweite zu behandeln: Freude.

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Inhaltsverzeichnis

ThPQ 170 (2022), Heft 3

Schwerpunktthema:

Freude

Klara A. Csiszar

Liebe Leserin, lieber Leser!

Susanne Gillmayr-Bucher

„Lasst uns fröhlich sein und uns in ihm freuen“ (Ps 118,24)

1 „Darum freut sich mein Herz und tanzt meine Ehre“ (Ps 16,9)

2 „Freuen sollen sich die Himmel und jauchzen die Erde“ (Ps 96,11)

3 „Die säen in Tränen, in Jubel werden sie ernten“ (Ps 126,5)

4 „Licht ist gesät für den Gerechten, und für die von Herzen Aufrichtigen Freude“ (Ps 97,11)

5 „…jauchzt mit Zittern“ (Ps 2,11). Eine Zusammenfassung

Paul M. Zulehner

„Erheb deine Stimme mit Macht, Jerusalem, du Botin der Freude!“ (Jes 40,9)Oder: Kann die Kirche wieder Freudenbotin werden?

1 „Wie willkommen sind auf den Bergen / die Schritte des Freudenboten“ (Jes 52,7)

2 „Verstummen lasse ich in den Städten Judas und auf den Straßen Jerusalems Jubelruf und Freudenruf“ (Jer 7,34)

3 „Gib mir wieder die Freude deines Heils!“ (Ps 51,14)

Johann Hintermaier

Freude und Lachen im Kontext von Predigt und Verkündigung

1 Freude ist mehr als ein emotionaler Glücksmoment

2 Das Evangelium – der Grund der guten/frohen Botschaft

3 „Evangelium“ – die Freude verkünden

4 Freude als Grundlage und Angelpunkt der Liturgie

5 Emotionale Flexibilität von Prediger:innen

6 Freude, Lachen, Lächeln – wenn es dem Ziel dient

7 Darf man nun lachen während der Predigt – oder nicht? Ein Resümee

Andreas R. Batlogg SJ

Verkünder der (Glaubens-)Freude: Papst Franziskus

1 „Freude“: ein Schlüsselwort dieses Pontifikats

2 Das „Zeugnis der Freude“ als Kriterium der Glaubwürdigkeit von Verkündigung und Theologie

Christiana Ngozi Idika DMMM

Joie de vivre in Kulturen der Hoffnung

1 Einleitung

2 Die Gesichter der Freude

3 Hoffnung, die Freude bringt, und die Lebensfreude

4 Ist das Volk Gottes in Afrika freudig und hoffnungsvoll? Ein kritischer Überblick

5 Schlussfolgerung

Daniela Philipp

Froh zu sein bedarf es – eines Sinns. Gedanken der Logotherapie nach Viktor E. Frankl zur Freude

1 Froh-Sinn: Freude als intentionales Phänomen

2 Wege zum Sinn und zur Freude

3 Freude als Therapeutikum

4 Sich in Freude üben

Abhandlungen

Positionspapier der Katholisch-Theologischen Fakultäten Österreichs zum Synodalen Prozess

Benjamin Nägele

Warum immer wieder „die Juden“?Antisemitismus in Verschwörungstheorien, Vorurteilen und aktuellen Erfahrungen

1 Antisemitismus und drei Ausprägungsformen

2 Auswirkungen auf die jüdischen Gemeinden in Wien und Österreich

3 Was können wir also tun?

Literatur

Das aktuelle theologische Buch

Besprechungen

Eingesandte Schriften

Aus dem Inhalt des nächsten Heftes

Redaktion

Kontakt

Anschriften der Mitarbeiter

Impressum

Liebe Leserin, lieber Leser!

„Lassen wir uns die Freude der Evangelisierung nicht nehmen!“, erinnert uns Papst Franziskus in seinem Apostolischen Schreiben Evangelii Gaudium. Tatsächlich scheint es so, dass der moderne Mensch, auch die moderne Christin und der moderne Christ an die Freude der Evangelisierung erinnert werden muss. Man hat den Eindruck, dass in unserer westlichen Kultur immer mehr die Angst den Platz der Freude in unserem Leben einnimmt und somit auch unser Zusammenleben bestimmt. Jedoch: Gibt es angesichts des Krieges, der Pandemie, des Missbrauchsskandals in der Kirche, der Armut überhaupt noch einen Grund zur Freude? Ist es nicht widersprüchlich, angesichts tragischer Ereignisse in der Welt von Freude zu sprechen? Was wissen wir über die Freude? Empfinden wir Menschen noch Freude am Leben trotz tragischer Zustände oder warten wir ununterbrochen nur darauf, dass irgendeine Änderung in unserem Leben eintritt, worüber wir uns dann freuen können? Entspringt Freude dem, was wir tun oder fließt sie ein in das, was wir tun, und zwar aus unserem Inneren? Freude ist nicht in der Außenwelt oder in den Dingen um uns herum zu finden, sondern sie entspringt in uns, in unserer Präsenz, kommt in der Hingabe einer Person oder einer Sache zum Ausdruck. Freude hat eine non-generative Logik. Wir erfahren sie als eine dynamische und lebendige Wirklichkeit in unserem Leben, als eine existenzielle Lebenskraft, die sich zwar nicht generieren lässt, aber wohl gefunden und gelebt werden kann – trotz oftmals widrigster Umstände. Die biblische Tradition zeigt uns, dass Freude nicht vom Menschen selbst bewirkt ist, sondern ihren Grund in Gott hat. Das Christentum behauptet von sich, dass es die gute Botschaft verkündet, dass die Freude uns Christinnen und Christen und der Welt in Christus geschenkt wird. Dennoch wird Freude im Alltag oder im theologischen Diskurs nur selten thematisiert.

Im vorliegenden Heft der Theologisch-praktischen Quartalschrift wollen wir Freude als lebensbejahende Grundeinstellung beleuchten und zugleich ihre Bedeutung für die Gestaltung des Lebens und des Zusammenlebens aufzeigen. Den biblischen Auftakt zur Thematik bietet die Linzer Alttestamentlerin Susanne Gillmayr-Bucher mit ihrem Beitrag zur Freude in den Psalmen. Ausgehend von der körperlichen Verankerung der Freude im Herzen des Menschen wendet sie sich den Anlässen, Formen und Orten der Kundgebung von Freuden zu, in der große Veränderungen der Lebensumstände verortet sind. Der emeritierte Wiener Pastoraltheologe Paul M. Zulehner plädiert in seinem Beitrag für eine Kirche, die aus der biblischen Tradition heraus ihre ureigene Rolle als Freudenbotin wieder erkennt und dementsprechend ihre Praxis gestaltet. Mit dem dritten Beitrag dieses Heftes wird die Predigt – Urform kirchlicher Verkündigungspraxis – unter die Lupe genommen. Der Linzer Bischofsvikar für Bildung, Johann Hinter­maier, erinnert an die Bedeutung der Freude und des Lachens im Kontext von Predigt, indem er die Lebensbejahung Gottes verdeutlicht und sein Erlösungswerk als Grund unserer Freude zum Qualitätsmerkmal des Predigens etabliert. Der Jesuit, Publizist und Theologe Andreas Batlogg zählt zu den besten Kennern von Papst Franziskus im deutschsprachigen Raum. In seinem Beitrag erschließt er Freude als Leitbegriff von Franziskus’ Pontifikat und deren existenzielle, spirituelle und ekklesiologische Bedeutung. Wir wissen um andere Kulturen, denen nachgesagt wird, dass Freude in ihrem Leben einen höheren Stellenwert hat als hierzulande, und die auch freudevoller wirken. Die in Deutschland lebende nigerianische Ordensschwester und Philosophin Christiana Idika DMMM bietet uns einen Einblick in die afrikanische Kultur. Sie stellt verschiedene Facetten der Freude im afrikanischen Denken vor und erklärt, was Menschen in Afrika trotz Schmerz und Leid, trotz erdrückender Armut, die sie nicht selten ihrer Zukunft beraubt, Freude am Leben haben lässt. Der letzte thematische Beitrag unseres aktuellen Heftes lädt ein, über den eigenen kirchlichen und theologischen Tellerrand hinauszuschauen. Daniela Phillipp, Lebensberaterin und Coach mit logotherapeutischer Prägung, führt die Bedeutung von Freude aus dem Blickwinkel der Praxis vor Augen. Mit Beispielen u. a. aus ihrem Praxisalltag zeigt sie uns, welchen Stellenwert Freude im Prozess der Sinnfindung insbesondere in schwierigen Lebensumständen hat.

Über die thematischen Beiträge hinaus wird in diesem Heft das Positionspapier der Katholisch-Theologischen Fakultäten Österreichs zum Synodalen Prozess veröffentlicht, das im Auftrag der Österreichischen Bischofskonferenz verfasst wurde. Die Reihe der Beiträge im aktuellen Heft beschließt Benjamin Nägele mit seinen Ausführungen zu Verschwörungsmythen und Vorurteilen den Juden gegenüber.

Liebe Leserinnen und Leser!

Freude und Leid begegnen uns insbesondere seit der Pandemie und nun mit dem Ukraine-Krieg unübersehbarer denn je. Sie werden uns auch in den Sommermonaten begleiten. Wir erfahren unsere Ohnmacht zum Frieden, zur Ruhe in der Welt nichts beitragen zu können. Unser Geschick haben wir nicht in der Hand. Unsere Haltung und innere Einstellung dem gegenüber, was uns widerfährt, bleibt jedoch nach wie vor allein in unserer Hand. Wir entscheiden darüber, ob wir auf Frieden und Ruhe in der Welt warten, oder ob wir getragen sind von der Hoffnung, dass Gott in dieser Welt am Werk ist, ob wir die Möglichkeit erkennen und den nächsten Schritt im Leben riskieren, der uns und unserem Umfeld Freude schenken kann.

Ich wünsche Ihnen im Namen der Redaktion einen erholsamen Sommer und viel Freude beim Lesen.

Ihre

Klara A. Csiszar

(für die Redaktion)

Susanne Gillmayr-Bucher

„Lasst uns fröhlich sein und uns in ihm freuen“ (Ps 118,24)

♦ Wenn unter biblischen Gesichtspunkten die Emotion Freude beschrieben werden soll, dann eignen sich dafür in ganz besonderer Weise die Psalmen des Alten Testaments. Nirgendwo sonst in der Bibel ist so vielfältig und umfassend von Freude und Jubel die Rede. Eindrücklich zeigt dies auch der Beitrag der Linzer Alttestamentlerin. Ausgehend von der körperlichen Verankerung der Freude im Herzen des Menschen wendet sich die Autorin den Anlässen, Formen und Orten der Kundgebung von Freuden zu. Einen wichtigen Platz nimmt dabei der Umstand ein, dass Freude und Jubel letztlich in den großen Veränderungen der Lebensumstände verortet sind, welche durch Gottes Eingreifen bewirkt werden. (Redaktion)

Von Freude und Jubel ist im Alten Testament häufig die Rede, besonders in den Psalmen. Immer wieder lenken die Psalmen den Blick auf Menschen, die sich freuen, oder sie fordern sie dazu explizit auf. Wie bei fast allen Erwähnungen von Emotionen, scheinen diese auf den ersten Blick verständlich und selbsterklärend zu sein. Dennoch lohnt es sich, genauer hinzusehen, denn obwohl Emotionen ein wesentlicher Bestandteil jedes Menschenbilds sind, sind sie nicht über Kulturen hinweg gleich. Vielmehr beeinflusst der jeweilige kulturelle Hintergrund sowohl die Vorstellungen von Emotionen als auch die Art und Weise, wie Menschen Emotionen erleben und wie sie diese zum Ausdruck bringen. Emotionen sind nicht nur individuelle Empfindungen oder Reaktionen auf äußere Reize, sie ermöglichen zudem „eine bedürfnis- und situationsgerechte Auswahl von Verhaltensweisen“1. D. h., Emotionen sind sozial konstruiert – Menschen lernen nicht nur auf bestimmte Reize zu reagieren, sondern sie lernen auch, wie sie diese angemessen zum Ausdruck bringen – und Emotionen sind durch vorgegebenes Wissen, ebenso wie Sprache kulturell geprägt.2 Emotionen haben dementsprechend immer eine Wirkung nach innen und außen, sie steuern das Erleben einer Person und sie kommunizieren zugleich nach außen, wie diese Person eine Sache oder ein Ereignis bewertet und darauf reagiert. Was die Ausdrucksmöglichkeiten angeht, so entwickelt jede Kultur ihre eigenen „emotionalen Skripte“, und es ist notwendig, diese zu kennen, um sie zu verstehen.3

Anhand einiger Beispiele versuche ich im Folgenden der Frage nachzugehen, welche Kontexte die biblischen Texte in den Blick nehmen, wenn sie von Freude, Fröhlichkeit und Jubel sprechen, und mit welchen Bildern sie freudige Reaktionen beschreiben.

1 „Darum freut sich mein Herz und tanzt meine Ehre“ (Ps 16,9)

Fragt man danach, wie sich Freude anfühlt und wo sie im menschlichen Körper verankert ist, so wird in den alttestamentlichen Texten häufig das Herz (lēb) erwähnt. Dabei kann das Herz metaphorisch wie ein Behälter beschrieben werden, in den Freude hineingelegt wird (z. B. Ps 4,8), noch häufiger aber scheint Freude dem Herzen zu entspringen, „das Herz freut sich“.4 Damit entsteht die Freude in jenem Organ, in dem auch die zentralen Kräfte des Menschen, sein Verstand und sein Wille verankert sind. Bildhaft wird damit ausgedrückt, dass Freude nicht nur eine spontane Empfindung ist, sondern auch das Erkennen umfasst. Mit Freude zu reagieren, umfasst auch eine Bewertung – eine Situation wird positiv eingeschätzt.

Dass die Freude im Herzen ein Vorgang von Wahrnehmung und Erkenntnis ist, wird in Spr 15,30 beschrieben: „Leuchten der Augen erfreut das Herz“. Der Zusammenhang zwischen dem Leuchten / Strahlen der Augen5 und der Freude des Herzens wird betont, wobei offengelassen wird, ob die leuchtenden Augen und das erfreute Herz zur selben Person gehören. Die Lebendigkeit, die in den strahlenden Augen zum Ausdruck kommt, wirkt sich auch auf das Innere, das Verstehen und Planen positiv aus.6 Beide Körperbilder weisen auf den Prozess von Erkennen und Reagieren und bringen dadurch eine (subjektive) Wertung zum Ausdruck, die Situation erscheint erfreulich gut. Welch wichtige Rolle Einsicht und Verstand bei der Emotion Freude spielen, wird in Ps 19,9 sogar noch deutlicher; hier heißt es: „die Anordnungen JHWHs sind richtig, erfreuend (ein) Herz, JHWHs Weisung ist rein, erleuchtend Augen“. Beide, Herz und Augen verstehen und bewerten Gottes Weisungen, sie erkennen, dass diese zum Guten, zum Leben in Überfluss führen und reagieren mit Freude darauf.7

Wie in diesen Beispielen bereits anklingt, beschreiben die biblischen Texte häufig den sichtbaren Ausdruck der Freude, ohne die Emotion dabei ausdrücklich zu erwähnen. So wird die Freude, die Menschen empfinden, oft erst in den daraus resultierenden Handlungen nach außen hin sichtbar. Sie spiegelt sich im Singen und Tanzen, Klatschen und Stampfen, Jubilieren, Preisen und Feiern der Menschen.8 Es ist meist eine lautstarke, nach außen gewandte Kundgebung, die für alle deutlich sichtbar macht, dass sich jemand freut. Wie eng der Ausdruck der Freude mit ihrer Kundgebung verknüpft ist, zeigt auch die metaphorische Sprache der Psalmen. So beschreibt beispielsweise Ps 126,2 Mund und Zunge wie Gefäße, die von Freude erfüllt werden, oder die Zunge und die Lippen werden personifiziert und wie selbstständige Akteure beschrieben: „meine Zunge wird deine Gerechtigkeit bejubeln“ (Ps 51,6); oder: „jubeln werden meine Lippen, wenn ich für dich singe“ (Ps 71,23).

2 „Freuen sollen sich die Himmel und jauchzen die Erde“ (Ps 96,11)

Bei den Subjekten, die sich freuen oder die zur Freude eingeladen werden, kennen die Psalmen kaum Grenzen. Es werden nicht nur alle Menschen, sondern häufig auch die Natur und der ganz Kosmos aufgefordert, sich zu freuen. In Ps 96,11–12 wird dies anschaulich beschrieben:

„Freuen sollen sich die Himmel und jauchzen die Erde,

donnern soll das Meer und seine Fülle.

Jubeln soll das Feld und alles, was in ihm ist,

dann sollen jubilieren alle Bäume des Waldes.“

Den Anfang machen die Himmel und die Erde, sie umfassen die Welt und spannen so den räumlichen Rahmen auf. Anschließend richtet sich der Blick auf drei weitere Akteure: Meer, Feld und Bäume. Wie schon in V. 11, so ist auch diese Dreiergruppe von Merismen geprägt: Zunächst das Meer und das trockene Land und ebenso das kultivierte und unkultivierte Land. Feld und Wald stehen für das gesamte trockene Land, wobei die Bäume des Feldes zum kultivierten Land gehören,9 der Wald hingegen die nicht erschlossene Natur repräsentiert.10 Mit dem Meer sind Assoziationen an bedrohliche Chaosmächte verbunden (vgl. Ps 93, 29), deren Donnern hier jedoch als Ausdruck des Jubels beschrieben wird. Dabei wird nicht nur das Wasser, sondern es werden alle Lebewesen in den Blick genommen, wie die Formulierung „seine Fülle“ summarisch andeutet (vgl. Jes 42,10). Parallel zum Meer wird auch das Feld und ebenfalls alles, was in ihm ist, zum Jubel aufgefordert. Etwas abgesetzt davon kommen am Ende noch die Bäume des Waldes in den Blick, auch sie sollen in den Jubel einstimmen (vgl. Ps 148,9). Das kultivierte Feld, und damit der Lebensraum der Menschen, befindet sich in der Mitte und wird als von potenziell lebensbedrohlichen Räumen umgeben beschrieben, die hier jedoch keine unmittelbare Gefahr darstellen, sondern ebenfalls JHWH zujubeln.11 Der Wunsch des universellen Jubels wird in V. 13 weiter präzisiert mit der Angabe, wo dieser Jubel stattfinden soll, nämlich vor dem Angesicht JHWHs, der als Richter gekommen ist und so die Ordnung der Welt sichert und garantiert.

Ähnlich umfassend fällt auch der Befund bei den Menschen aus, die sich freuen bzw. eingeladen werden in den Jubel einzustimmen. Neben den Sprechenden selbst (z. B. Ps 31,8; 33,21; 35,9; 66,6; 90,14–15; 92,5) sind es die Gerechten und Aufrichtigen (Ps 32,11; 58,11; 68,4; 97,12; 107,42), die Gebeugten (Ps 69,33) und Armen (Ps 69,34), Gottes Knecht (Ps 86,4), der König (Ps 21,2; 63,12) und alle, die Gott suchen (Ps 40,17; 105,3); darüber hinaus werden Israel (Ps 53,7; 149,2) oder Gottes Volk (Ps 85,7; 89,17) ebenso erwähnt wie die anderen Völker und Nationen (Ps 67,5). Die Situationen, in denen ihnen diese Freude zugesprochen wird, sind sehr unterschiedlich, gemeinsam ist ihnen oft das Ziel. Sie alle sollen erkennen, dass JHWH für die Welt und ihre Bewohner:innen Sorge trägt und sie sich darüber freuen können.

3 „Die säen in Tränen, in Jubel werden sie ernten“ (Ps 126,5)

Ein Blick auf die Situationen und Kontexte, Umstände oder Anlässe, die in den Psalmen Menschen in Freude versetzen, kann weitere Einblicke in die Vorstellung von Freude gewähren. Ausgelöst wird Freude häufig durch die Erfahrung, etwas Erstrebenswertes im Übermaß zu besitzen, mehr als es die unmittelbare Befriedigung der Grundbedürfnisse erfordert oder mehr als man erwarten konnte, so z. B. die Freude an einer reichen Ernte (Ps 4,8) oder die Freude am Genuss von Wein (Sach 10,7; Ps 104,15; Ri 9,13) oder von besonders kostbaren Speisen wie Mark und Fett (Ps 63,6). Dabei freuen sich nicht nur die Menschen, sondern auch das fruchtbare Land wird bildhaft in diese Freude miteinbezogen: „Mit Jubel gürten sich die Hügel“ (Ps 65,13). Hier ist die Fruchtbarkeit nicht der Anlass, sondern der Ausdruck der Freude, darüber, dass Gott sich dem Land zuwendet. Freude ist in diesen Beispielen ein Gefühl, das zu einem guten Leben gehört, dem es an nichts fehlt, das nicht gefährdet ist und das man genießen kann (1 Kön 4,20; Koh 3,12.22; 8,15). In einem hoffnungsvollen Ausblick in Ps 16,11 wird dies in einer metaphorischen Beschreibung verdichtet: „Sättigung an Freuden“ erwartet sich der Beter / die Beterin bei Gott.12

Anlass zur Freude besteht insbesondere immer dann, wenn sich eine Situation zum Besseren wendet. Nimmt man die gesamten Psalmen in den Blick, so wird rasch deutlich, dass die Wendung einer Notsituation vor allem die Klage- und Dankpsalmen prägt, schildern sie doch eine Bewegung von Bedrohung und Traurigkeit hin zur Freude.13 Diese Dynamik lässt sich darüber hinaus im gesamten Psalter beobachten. Obwohl die Klagelieder dominieren, endet der Psalter mit einem großen, freudigen Lob Gottes. Doch auch in den einzelnen Psalmen werden unterschiedliche Kontexte angesprochen, die von einer solchen freudigen Wende sprechen, sei es das Ende einer Notsituation (Ps 30,12) oder die Rückkehr aus Gefangenschaft bzw. Verbannung (z. B. Ps 14,7; 126,2; Jes 35,10; 51,11; Sach 10,6–7). Diese Veränderungen werden in unterschiedlichen Bildern präsentiert: So spricht beispielsweise Ps 30,12 Trauer und Freude in ihren verschiedenen hör- und sichtbaren Ausdrucksgestalten an, auf die Erwähnung von Klage und Tanz folgt das Bild eines Kleiderwechsels, Gott löst das Sacktuch, das typische Gewand der Trauer, und gürtet den Beter / die Beterin mit Freude (vgl. Jes 61,3.10).14

Besonders anschaulich bringt Ps 126 einen solchen Wandel zum Ausdruck. Zunächst beschreiben die V. 2–3 die Freude bei der Rückkehr Gottes nach Zion: „Damals füllte sich unser Mund mit Lachen und unsere Zunge mit Jubel … wir waren voll Freude.“ Bildhaft wird hier der Mund als ein Behälter angefüllt mit Lachen vorgestellt, das über die mit Jubel gefüllte Zunge nach außen strömt.15 Diesem Rückblick folgt eine Bitte (V. 4), in der die aktuelle Notsituation kurz anklingt, bevor die daran anschließenden Verse V. 5–6 einen hoffnungsvollen Ausblick formulieren, in dem sich der Akzent vom „Machterweis JHWHs vor der Völkerwelt“ hin zu der „im Alltag erfahrbaren Wirkmächtigkeit und Nähe JHWHs“ verschiebt.16 Zweimal wird die erhoffte Wende in Gegensatzbildern, vom Weinen hin zum Jubeln, beschrieben: „Die säen in Tränen, in Jubel werden sie ernten; er geht und weint, trägt einen Samenbeutel, er kommt mit Jubel, trägt seine Garben.“ In diesen Bildern klingt die harte Realität des bäuerlichen Alltags an, und ebenso die Hoffnung, dass trotz aller Unwägbarkeiten am Ende eine reiche Ernte steht. Diese Wende wird erhofft und sie ist, wenn sie eintritt, Anlass zur Freude und zum Jubel.17

Ähnlich wie in den Psalmen findet sich die Rede davon, dass Gott eine bedrückende Situation zum Guten wendet, häufig im Buch des Propheten Jesaja. Auch hier ist wiederholt die Rede davon, dass Freude und Verwandlung eng zusammengehören. So wird beispielsweise in Jes 60 die Freude im Bild Jerusalems personifiziert. Die ausführliche Beschreibung der Wiederbelebung der Stadt gipfelt in einer metaphorischen Zusammenfassung in V. 15: „Ich werde dich (ein)setzen als fortdauernde Herrlichkeit, als Freude von Generation zu Generation.“ In diesem Bild geht der Prozess der Wende noch weiter, Jerusalem kann sich nicht nur freuen, sondern wird zur Freude für andere. Die Freude bekommt damit einen Ort und sie wird zusätzlich auch zeitlich noch entgrenzt. Diese Dynamik wird in Jes 65,18 auf ähnliche Weise noch einmal aufgegriffen: „Denn siehe, ich schaffe Jerusalem (als) Jubel und ihr Volk (als) Freude“, und sie spiegelt sich auch in Ps 137,6 in der Erinnerung des sprechenden Ich, das Jerusalem als „höchste Freude“ bezeichnet.

Etwas allgemeiner wird die Vorstellung, dass der Anblick von Freude eine Veränderung bewirkt, auch in Ps 51,10 aufgegriffen. Hier bittet das lyrische Ich: „Lass mich Fröhlichkeit und Freude hören, es werden jubeln meine Knochen …“. Freude wahrzunehmen wird damit sogar als Heilmittel präsentiert (vgl. Spr 17,22).

Wie in Ps 126 oder in den Jesajatexten eine von Gott erhoffte Wende die Freude der Menschen bewirkt, so ist in zahlreichen weiteren Psalmen davon die Rede, dass Gott für die Beter:innen ein Grund zur Freude ist oder sie darauf hoffen, dass JHWH ihnen einen Anlass zur Freude schenken wird.18 So beschreiben die Psalmen, dass sich die Menschen über Gottes Königsherrschaft (Ps 97,1), die göttlichen Gebote (Ps 19,9) und Rechtssprüche (Ps 48,12; 67,5; 97,8), über Gottes Hilfe und Rettung (Ps 13,6; 14,7; 35,9; 40,17) oder Gottes Taten (Ps 92,5) freuen. In Ps 43,4 wird die Hoffnung des sprechenden Ich, sich an oder über Gott freuen zu dürfen, in einer metaphorischen Beschreibung verdichtet. JHWH wird als „Gott der Freude meines Jubels“ (’ēl śimḥat gîlî) bezeichnet. In diesem Bild wird das Wesen der Gottheit darin zusammengefasst, dass sie sich als Freude des Beters / der Beterin erweist.19 Im Gegensatz zur erlebten Unruhe und Unsicherheit (V. 5), die kein zielgerichtetes Handeln ermöglicht, formuliert dieser Text die Hoffnung, dass Gott eine Änderung bewirken und damit Freude, die sich im Jubel über Gott ausdrückt, die Menschen erfüllen wird.

Im Bußpsalm Ps 51 bittet das Sprecher-Ich angesichts der umfassenden Schuldverstrickung darum, dass Gott einen Neuanfang gewährt (V. 12–14). Diese Bitte umfasst neben einem reinen Herzen, einem beständigen Geist (rûaḥ), die „Freude deines Heils“ (V. 14). Das lyrische Ich hofft darauf, die Welt- und Lebensordnung erfassen zu können (das Organ dafür ist das Herz), mit Lebenskraft (Geist) ausgestattet zu sein und die Freude erfahren zu dürfen, dass Gott Rettung und Heil ermöglicht.20

Diese Beispiele zeigen, dass die Freude, von der die Psalmen sprechen, von grundlegenden Veränderungen, Erfahrungen oder Erkenntnissen bewirkt wird. Insbesondere der Blick auf Gott und die von ihm geordnete Welt vermittelt den Beter:innen der Psalmen ein Gefühl der Sicherheit und Stabilität, das sie mit Freude erfüllt.

4 „Licht ist gesät für den Gerechten, und für die von Herzen Aufrichtigen Freude“ (Ps 97,11)

Einen besonderen Platz nimmt die Freude in Psalm 97 ein. Gleich zu Beginn folgt auf die Feststellung, dass JHWH König geworden ist, die freudige Reaktion der ganzen Welt: „Die Erde soll jubeln und die vielen Inseln sich freuen.“ Mit diesem Bild kommen die ganze bewohnte Welt, das Festland und die Inseln mit ihren Bewohner:innen in den Blick, wodurch der Psalm mit der größtmöglichen Perspektive und einem Jubel, der alle einschließt, eröffnet wird.

Nach diesem Auftakt fährt der Psalm mit einer bildhaften Beschreibung der göttlichen Gegenwart fort. Die Bilder vom Wolkendunkel, von Feuer und Blitzen (V. 2–4) sind typische Elemente, mit deren Hilfe die Erscheinung Gottes beschrieben wird.21 Inmitten des Wolkendunkels wird auch Gottes Thron erwähnt (V. 2), dessen Fundament Recht und Gerechtigkeit sind. Die damit angedeutete richterliche Unterscheidung wird in der Vorstellung der Vernichtung der Feinde (V. 3) fortgeführt. Für die Gegner der Gottesherrschaft, d. h. jene, die sich der göttlichen Gerechtigkeit widersetzen, ist kein Platz. Diesem Einblick in die Machtfülle und Durchsetzungsfähigkeit des Königsgottes folgt ein weiterer Blick auf die Reaktion der Erde: „und es sah und zitterte die Erde“ (V. 4).22 Das Erkennen von Gottes überlegener Macht lässt die eigene Ohnmacht deutlich werden, ohne dabei jedoch den zuvor genannten Jubel aufzuheben. Es sind vielmehr zwei Seiten der Gotteserfahrung, die der Psalm anspricht, Gott bleibt für die Menschen bedrohlich und anziehend zugleich und so liegen auch Freude und Zittern eng beisammen. Dies wird am Ende des ersten Abschnitts in V. 6 noch einmal hervorgehoben: Gottes umfassende Gerechtigkeit und seine unüberbietbare Machtfülle nehmen die Menschen als Gottes Herrlichkeit (kābôd), seine Ehre und Ansehen, wahr. Diese Anerkennung geht so weit, dass sogar die anderen Gottheiten sich vor JHWH niederwerfen (V. 7).

V. 8 führt die Überlegungen zu Gottes Rechtsprechung weiter und betont, dass diese für Zion und die Töchter Judas Anlass zur Freude und zum Jubel ist. Sie freuen sich über die von Gott geordnete Welt.23 Die Personifikation des Berges Zion lenkt den Blick auf den Kult und die darin erfahrbare Freude, die bildhafte Rede von den ,,Töchtern Judas“, eine Personifikation der Städte Judas, umfasst alle Einwohner:innen dieser Städte.

Der Blick bewegt sich von den Bewohnern der Welt (V. 1) hin zum Zentrum, Zion und Juda (V. 8), und endet in V. 11–12 bei den Gerechten. Zugleich kommt der Psalm nun in der Gegenwart seiner Adressat:innen an, während die ersten beiden Szenen einen Rückblick in eine nicht näher bestimmte Vergangenheit bieten. Dieser speziellen Gruppe der Gerechten und Aufrichtigen wird in V. 11 in metaphorischer Weise Licht und Freude zugesprochen: „Licht ist gesät für den Gerechten, und für die von Herzen Aufrichtigen Freude.“24 Die bildhafte Sprache verwendet hier zwar gängige Elemente, fügt diese jedoch zu einem ganz neuen Bild zusammen. So wird Licht häufig als Symbol für Leben und Heil verwendet (z. B. Ps 27,1; 36,10; 43,3) und auch die aus der Landwirtschaft stammende Tätigkeit des Säens findet sich wiederholt in der biblischen Bildsprache (z. B. Spr 22,8; Hos 8,7; 10,12; Jer 12,3). Die Kombination dieser zwei Bilder ist allerdings einzigartig. Auffallend ist auch, dass die Formulierung mit dem Partizip Passiv „es ist / wurde gesät“ das Subjekt der Handlung verbirgt und damit den Nutznießer – den Gerechten – besonders hervorhebt. Dieser braucht nicht selbst zu säen, es ist bereits geschehen. In der Parallelaussage wird das Verb nicht wiederholt, sondern derselbe Zusammenhang wird für die von Herzen-Aufrichtigen und die Freude hergestellt. Sowohl die Gerechten als auch die Aufrichtigen brauchen somit nur darauf zu warten, dass die Saat aufgeht. Was genau die Ernte sein wird, wird zwar nicht erwähnt, aber es liegt nahe, dass es eine Vermehrung des Saatguts ist; Licht und Freude werden für sie aufgehen. Wenngleich die Aussaat schon erfolgt ist, scheint diese Ernte noch in der Zukunft zu liegen. Im Anschluss an diesen hoffnungsvollen Ausblick fordert der letzte Vers die Adressat:innen schon jetzt zur Freude auf, die im Lobpreis Gottes ihren Ausdruck finden soll.

So schließt sich der Kreis: Die Freude, welche die gesamte Welt beim Antritt der Königsherrschaft Gottes erfasst hatte, wird jedem Einzelnen als Hoffnung zugesprochen. Die Freude über Gott und die von ihm geordnete Welt ist im Ganzen ebenso wie im Leben der Einzelnen erfahrbar.

5 „…jauchzt mit Zittern“ (Ps 2,11). Eine Zusammenfassung

Vergleicht man die Freude, von der in den Psalmen die Rede ist, mit unserer gängigen Vorstellung von Freude, so fällt auf, dass die biblische Freude eine intensive und starke Emotion ist. Sie ist nicht ein Glücksgefühl oder ein heiterer Zustand und dementsprechend sind es auch nicht die kleinen Dinge des Alltags, die als Auslöser für Freude genannt werden. Die Beispiele zeigen vielmehr, dass die Freude, von der die Psalmen sprechen, von grundlegenden Veränderungen, Erfahrungen oder Erkenntnissen bewirkt wird. So ist es eine Wende von Lebenssituationen, ein neuer, unerwarteter Anfang inmitten von Hoffnungslosigkeit, und insbesondere Gott und die von ihm geordnete Welt, die wiederholt genannt werden. In der Erfahrung, dass Gott rettend und richtend eingreift, wenn das Chaos überhandnimmt, und die Hoffnung darauf, dass Gott dies nicht nur in der Vergangenheit getan, sondern auch weiterhin tun wird, erfüllt die Beter:innen der Psalmen mit Freude (z. B. Ps 16,8–11).

Angesichts der Größe der Veränderungen oder der Machtfülle, welche die Beter:innen im göttlichen Eingreifen erkennen, liegen Freude und Furcht oft eng beieinander, bilden jedoch keine Gegensätze (vgl. Ps 97). Selbst nach außen, in Richtung der Widersacher, wird dies betont. So zielt beispielsweise die Aufforderung an die Könige in Ps 2,11, Gott in Furcht zu dienen und in Zittern zu jauchzen, darauf ab, dass diese die Größe JHWHs anerkennen und sich im Jubel dem von Gott auserwählten König und damit der in diesem Psalm präsentierten Perspektive anschließen.

Der Ausdruck des Jubels, der die Freude begleitet, kommuniziert eine Deutung der Ereignisse und zugleich Lebenskraft und Lebensmut. Die Freude und der Jubel wirken ansteckend und können mit dazu beitragen, soziale Beziehungen zu stärken oder sogar zu initiieren.

Die Autorin:Susanne Gillmayr-Bucher, Professorin für Alttestamentliche Bibelwissenschaft an der KU Linz; zuletzt erschienen: Elena Deinhammer / Susanne Gillmayr-Bucher / Antonia Krainer / Imelda Rohrbacher (Hg.), König, Weiser, Liebhaber und Skeptiker – Rezeptionen Salomos (Studien zu Literatur und Religion / Studies on Literature and Religion 4), Stuttgart 2022; GND 123423074; ORCID: https://orcid.org/0000-0001-5200-5020.

Weiterführende Literatur:

– Obwohl Emotionen in biblischen Texten in den letzten Jahren große Aufmerksamkeit gewidmet wurde, gibt es immer noch nur wenige Studien zur Freude. Eine Dissertation (Univ. Salzburg) zu diesem Thema hat Christine Abart verfasst: Christine Abart, Lebensfreude und Gottesjubel. Studien zu physisch erlebter Freude in den Psalmen (WMANT 142), Neukirchen-Vluyn 2015.

1 Vgl. Reinhard Fiehler, Kommunikation und Emotion. Theoretische und empirische Untersuchungen zur Rolle von Emotionen in der verbalen Interaktion, Berlin u. a. 1990, 1.

2Thomas Staubli / Silvia Schroer, Menschenbilder der Bibel, Ostfildern 2014, 157.

3 Vgl. Norman K. Denzin, On Understanding Emotion, San Francisco u. a. 1984, 139.

4 Siehe z. B. Ex 4,14; Jes 24,7; 30,29; 66,14; Zeph 3,14; Sach 10,7; Ps 16,9; 19,9; 33,21; 104,15; 105,3; 119,111; Spr 23,15; 27,9; 27,11; Hld 3,11; Koh 2,10; 5,19; 1 Chr 16,10.

5 Leuchtende, helle Augen sind ein Zeichen dafür, dass es einer Person gut geht; und umgekehrt schwindet das Licht der Augen, wenn der Körper an Kraft verliert (z. B. Ps 38,11).

6 In dieser Formulierung wird nicht das Bild der Augen als Spiegel der Seele verwendet, der Zusammenhang zeigt sich vielmehr umgekehrt. Die Augen reagieren auf etwas, das nicht explizit genannt wird, und im Anschluss daran reagiert auch das Herz.

7 Ps 19,11 beschreibt die Weisungen Gottes als „köstlicher als Gold … und süßer als Honig und Honigseim“. Die Tora ist wertvoller als andere Kostbarkeiten und vor allem bringt sie größere Befriedigung und Freude. Vgl. Christine Abart, Moments of Joy and Lasting Happiness, in: Stefan Reif / Renate Egger-Wenzel (Hg.), Ancient Jewish Prayers and Emotions. Emotions Associated with Jewish Prayer in and around the Second Temple Period (Deuterocanonical and Cognate Literature Studies 26), Berlin–Boston 2015, 19–40, hier: 37.

8 Vgl. Thomas Staubli / Silvia Schroer, Menschenbilder der Bibel (s. Anm. 2), 186.

9 Z. B. Ex 9,25; 10,5.15; Lev 26,4.

10 Z. B. Hos 2,14; Micha 3,12; dort wohnen wilde Tiere, die das Kulturland bedrohen (Ps 80,14).

11 Vgl. auch die Schilderung der erhofften Heimkehr in Jes 55,12, in der die Freude des Volkes vom Jubel der Berge, Hügel und Bäume begleitet wird.

12 Vgl. Christine Abart, Lebensfreude und Gottesjubel. Studien zu physisch erlebter Freude in den Psalmen (WMANT 142), Neukirchen-Vluyn 2015, 54–55.

13 Vgl. Harm van Grol, Emotions in the Psalms (Deuterocanonical and Cognate Literature Yearbook 71), Berlin 2011, 69–102.

14 Die kulturell geprägte Art der Bekleidung, in der sich der emotionale Zustand spiegelt, wird z. B. im Buch Judit anschaulich beschrieben. Als sie sich auf den Weg zu Holofernes macht, will sie nicht mehr Trauer, sondern Freude kommunizieren. Deshalb verändert sie ihr Erscheinungsbild deutlich: Sie legt ihre Witwenkleider ab, wäscht und salbt sich und legt schöne Kleider und Schmuck an. So bringt sie Selbstbewusstsein und Wohlergehen zum Ausdruck und sie zieht alle Blicke auf sich (Judit 10,3–4). Vgl. ähnlich Jes 61,10.

15Annette Giercke, Eine Zunge voller Jubel – Sprachliche Bilder als Emotionsträger in Psalm 126, in: Susanne Gillmayr-Bucher / Annett Giercke / Christina Nießen (Hg.), „Ein Herz so weit wie der Sand am Ufer des Meeres“. Festschrift für Georg Hentschel (EThSt 90), Würzburg 2006, 377–387, hier: 384.

16Erich Zenger / Frank-Lothar Hossfeld, Psalmen 101–150 (HThKAT), Freiburg i. Br–Basel–Wien 2008, 509.

17 Vgl. ebd., 509.

18 So z. B. Ps 32,11; 33,21; 34,3; 35,9; 40,17; 63,12; 64,11; 66,6; 70,5; 89,17; 92,5; 97,12; 104,34; 118,24.

19 Ähnliche Akzentuierungen finden sich auch sonst in den Psalmen. So spricht beispielsweise Ps 31,6 vom Gott der Treue; in Ps 18,3 bezeugen die Sprecher:innen, dass Gott ihr/sein Fels, Burg, Retter, Hort, Schild ist; Ps 88,2 wendet sich an „JHWH, Gott meiner Rettung“, oder Ps 23 nennt JHWH „meinen Hirten“.

20 Vgl. Erich Zenger / Frank-Lothar Hossfeld, Psalmen 101–150 (s. Anm. 16), 53.

21 Vgl. z. B. Dtn 4,11; 5,22; die Wolke findet sich als Bild auch in Ex 16,10; 19,9; 20,21; 24,15–16; 33,9–10; 34,5; 40,34; 1 Kön 8,10–12; zum Feuer vgl. Ps 18,9.

22 Ob dieses Zittern auf den heftigen Kampf Gottes gegen die Feinde zurückzuführen ist, wie Jeremias vorschlägt, oder eine allgemeine Reaktion auf die Machtdemonstration Gottes ist, bleibt offen. Jörg Jeremias, Das Königtum Gottes in den Psalmen. Israels Begegnung mit dem kanaanäischen Mythos in den Jahwe-König Psalmen (FRLANT 141), Göttingen 1987, 140.

23 Welche richterlichen Entscheidungen des Königsgottes hier angesprochen sind, wird nicht ausgeführt. Die Vermutung, dass es sich um eine eher allgemeine Feststellung handelt, wird durch den expliziten Verweis auf Ps 48,12 bestärkt. Auch in diesem Psalm freuen sich Zion und Juda über die von Gott gestiftete Ordnung der Welt.

24 Auch in Ps 32,11; 40,17; 64,11 wird insbesondere den Gerechten / Aufrichtigen Freude zuge­sprochen.

Paul M. Zulehner

„Erheb deine Stimme mit Macht, Jerusalem, du Botin der Freude!“ (Jes 40,9)

Oder: Kann die Kirche wieder Freudenbotin werden?