Frostmagie - Coming home for Christmas - Alina Jipp - E-Book
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Frostmagie - Coming home for Christmas E-Book

Alina Jipp

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Beschreibung

»Alle sagen immer, Frost Creek hätte etwas Magisches, das alle Menschen glücklich machen würde.« Jillian glaubte daran, bis ihre Mutter vor neun Jahren tödlich verunglückte. Nach dem Unfall verließ sie Frost Creek und brach damit nicht nur Richard, sondern auch sich selbst das Herz. Kann sie die Vergangenheit überwinden und zurück nach Hause finden? Wird Richard ihr verzeihen? Können zwei Herzen voller Narben zur Weihnachtszeit im Gleichklang schlagen und sich gegenseitig heilen? Oder reißen die alten Wunden wieder auf?

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Frostmagie

Coming home for Christmas

 

Alina Jipp

Frostmagie - Coming home for Christmas

 

© 2020 Alina Jipp

Alina Jipp, Am Georgstollen 30, 37539 Bad Grund

 

Coverdesign: Grace C. Stone

Bildmaterial: Adobe Stockphotos, ©srady (#171345952)

 

Lektorat, Korrektorat, Buchlayout:

Lektorat Buchstabenpuzzle B. Karwatt

www.buchstabenpuzzle.de

 

Informationen zum Taschenbuch:

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National-bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

 

Druck: epubli - ein Service der neopubli GmbH, Berlin

Jillian

»Jillian, Telefon für dich«, rief mein Kollege Daniel mir zu, kaum dass ich aus dem Konferenzsaal zurück in unser Großraumbüro kam. Er hielt mir ein Telefon hin und zog eine Schnute, weil er es hasste, Telefondienst zu haben. Als könnte ich etwas dafür, dass er nicht beim heutigen Meeting dabei sein durfte.

»Jillian Forster«, meldete ich mich und ging zu meinem Schreibtisch hinüber. Zum Glück waren alle Telefone hier im Raum schnurlos.

»Jill, ich bin es.« Es überraschte mich, die Stimme meines Vaters zu hören.

»Alles in Ordnung, Dad?«, fragte ich und versuchte, das Zittern in meiner Stimme zu verbergen. Dad rief mich sonst nie im Büro an. Also musste es einen Notfall geben. Außerdem würden wir uns in drei Tagen sehen, wenn er zu Thanksgiving zu mir nach San Diego kam.

»Tut mir leid, dass ich dich auf der Arbeit störe, aber ich habe es schon auf dem Handy versucht und dich nicht erreicht. Müsstest du nicht längst Feierabend haben?« Mein Blick wanderte zu der großen Wanduhr über der Eingangstür. Okay, es war bereits halb elf abends, hier in der Werbeagentur kam das allerdings öfter vor.

»Wir hatten noch ein Meeting, aber jetzt lenk nicht ab. Warum rufst du an? Bist du krank?« Darüber machte ich mir die meisten Gedanken. Schließlich war er nicht mehr der Jüngste und stand nun schon fast zehn Jahre allein mit dem Hotel da. Vielleicht wurde ihm alles zu viel, obwohl er ja eine Managerin hatte, die ihn unterstützte.

»Ich kann nicht nach San Diego kommen«, rückte er mit der Sprache raus. »Ich weiß, du meidest Frost Creek, aber kannst du nicht einmal eine Ausnahme machen und zu mir kommen?« Mein Herz verkrampfte sich.

»Warum kannst du nicht kommen?«, fragte ich, statt zu antworten. Ich wollte nicht zurück in meine alte Heimat und mich der Vergangenheit stellen, aber ich konnte meinen Vater doch auch nicht im Stich lassen, wenn er mich brauchte.

»Janine hat fristlos gekündigt. Ich kann hier nicht weg in nächster Zeit. Es muss Ersatz für sie gesucht werden, ich bin gerade völlig überfordert. Seit Maria nicht mehr da ist, hat Janine die Aufgabe übernommen und jetzt schmeißt sie von einem Tag zum anderen alles hin.« Er klang leicht verzweifelt und wahrscheinlich war er das auch. Als gute Tochter müsste ich ihm eigentlich anbieten, sofort zu kommen. Nur war ich keine. Mom war gestorben und ich hatte ihn kaum ein halbes Jahr später ebenfalls verlassen.

»Warum tut sie dir das an, Dad? Ihr habt doch immer gut zusammengearbeitet.« Zumindest hatte er nie etwas Gegenteiliges erzählt.

»Meistens«, gab er zurück. »Aber sie hat im Lotto gewonnen und will mit ihrem neuen Lebensgefährten auf Weltreise gehen. Heute hat sie es mir erzählt und ab morgen ist sie weg. Ich kann also nicht zu dir kommen. Bitte setz du dich ins Flugzeug, ich buche meine Tickets um und du hast doch ein langes Wochenende.« Seine Stimme klang so bittend, dass ich nicht mehr absagen konnte. Dad brauchte mich und ich konnte ihn nicht schon wieder im Stich lassen, so wie vor neuneinhalb Jahren, als ich regelrecht aus Frost Creek geflüchtet war.

»Okay, ich komme. Mittwoch kann ich aber vor vier Uhr nachmittags nicht am Flughafen sein. Buch mir also keinen frühen Flug und Sonntag muss ich zurück sein.« Mein Chef würde durchdrehen, doch irgendwie musste ich es schaffen. Urlaub hatte ich ja sowieso über das lange Wochenende, nur interessierte das hier eigentlich niemanden. Wie ich die Agentur kannte, würde ich mit Anrufen, Nachrichten und Mails überhäuft werden, so lief es immer ab. Und nicht nur einmal war ich in den letzten Jahren während meines Urlaubs abends noch ins Büro gefahren, wenn Dad vor dem Fernseher saß und Football ansah. Nachdem ich mich von Dad verabschiedet hatte, grinste Daniel mich an.

»Warum grinst du so?«, fragte ich ihn genervt.

»Du bekommst Ärger«, antwortete er und sein Grinsen wurde noch breiter. »Du musst kontrollieren, wie die Kampagne von Chery ankommt, um zu gucken, ob wir für die Weihnachtskampagne etwas ändern müssen.« Chery war ein noch relativ neues, aufstrebendes Start-up, das sich auf junge Mode spezialisiert hatte. Die Kampagne startete diese Woche und würde Thanksgiving während einiger wichtiger Footballspiele ausgestrahlt.

»Ich habe den Urlaub genehmigt bekommen. Außerdem sind wir ein Team, ich muss mich nicht um alles kümmern.« Genervt schloss ich die Augen. Es stimmte zwar, was ich sagte, aber ich war die Teamleitung dieser Kampagne, also konnte es doch Probleme geben. Vor allem wenn Daniel Theater machte. Er konnte einfach nicht verkraften, dass ich zur Teamleitung gemacht wurde und nicht er. Obwohl er schon viel länger hier arbeitete als ich.

»Wir werden sehen.« Irgendwie schwang in seinen Worten eine Drohung mit, aber ich versuchte sie zu überhören. Hank – unser Boss – würde mir den Kurzurlaub schon nicht übel nehmen. Zumal es ja eigentlich nur ein richtiger Urlaubstag war. Offiziell arbeiteten wir ja weder an Feiertagen, noch am Wochenende. Okay, inoffiziell taten wir es doch. Unbezahlt selbstverständlich. Manchmal fragte ich mich ja, warum ich mir das antat. Meine Arbeitswoche hatte nicht selten achtzig Stunden. So hatte ich mir das Leben eigentlich nicht vorgestellt während des Studiums, aber da war ich halt noch jung und dumm gewesen. Inzwischen hatte mich die Realität eingeholt.

Doch dann kam die nächste Kollegin, die etwas von mir wollte und mir blieb gar keine Zeit mehr, darüber nachzudenken. Bis zu meinem Abflug am Mittwochabend arbeitete ich fast durch und vergaß beinahe sogar, mir eine Tasche zu packen. Wobei ich sowieso nicht mehr die passenden Klamotten für das Wetter in Frost Creek besaß. Hier in San Diego hatten wir aktuell zwanzig Grad und dort mindestens zehn bis fünfzehn Grad weniger, außerdem war Schneefall vorhergesagt für das lange Wochenende. Aber in den paar Tagen würde ich schon nicht erfrieren. Zumal ich ja Dad helfen wollte und nicht durch die Stadt flanieren. Da ich nur mein Handgepäck mitnahm, ging das Einchecken ziemlich schnell vonstatten. Trotzdem fiel ich total geschafft in meinen Sitz, als ich endlich im Flugzeug war. Ich schloss sofort die Augen, um mich etwas zu entspannen, und schlief ein, noch bevor wir die Reiseflughöhe erreichten. Erst als wir zum Landeanflug ansetzten, wachte ich wieder auf. Wie gern hätte ich mich gestreckt, doch ein Mann saß neben mir und so blieb mir kein Platz dazu.

»Da habe ich mal so eine hübsche Sitznachbarin und dann verschläft sie den ganzen Flug. Harte Woche gehabt?« Er wollte jetzt nicht ernsthaft Smalltalk betreiben? Da ich allerdings ein höflicher Mensch war, antwortete ich brav.

»Viel Arbeit, aber nun habe ich ja ein langes Wochenende.« Er nickte.

»Bleiben Sie in der Stadt oder müssen Sie heute Abend noch weiter? Vielleicht könnten wir uns ein Taxi teilen.« Da konnte ich zum Glück ablehnen.

»Ich besuche meinen Dad übers Wochenende und der holt mich ab. Aber danke für das Angebot.« Erfreulicherweise war das Flugzeug inzwischen gelandet und der Flugkapitän machte seine Ansage. Vier Grad draußen und Regen. Na, das klang ja echt gemütlich. Zum Glück hatte ich bereits mit sowas gerechnet und wenigstens eine wetterfeste Jacke eingepackt.

»Schönen Urlaub«, wünschte er mir und stand auf. Ich blieb noch etwas sitzen. Warum sollte ich jetzt Richtung Ausgang drängeln, nur um drei Minuten eher draußen zu sein? So eilig hatte ich es sowieso nicht, nach Frost Creek zu kommen. Natürlich freute ich mich auf meinen Dad, bloß hier im Ort würden Erinnerungen geweckt, vor denen ich vor Jahren davongelaufen war. In San Diego konnte ich diese verdrängen, doch hier würde das nicht so einfach werden.

Richard

Mick Forster saß an der Theke meiner Bar und sah zum ersten Mal seit Tagen nicht völlig fertig aus. Der Grund war klar, obwohl ich gar nicht darüber nachdenken wollte. Jillian. Das Mädchen, das mein Herz gebrochen hatte, als ich achtzehn war, würde zum ersten Mal nach Frost Creek zurückkommen und ich wusste wirklich nicht, wie ich das finden sollte. Natürlich war ich nicht am gebrochenen Herzen gestorben, auch wenn ich das in den ersten Tagen nach ihrem Weggang geglaubt hatte, aber eine kleine Narbe blieb doch bis heute zurück.

»Wie lange bleibt sie?«, brachte ich irgendwann heraus. Die Nachricht, dass er gleich zum Flughafen fahren wollte, um sie abzuholen, hatte mich wahrscheinlich einen Moment zu lange schweigen lassen. Doch ich musste das erst einmal verdauen.

»Leider nur bis Sonntag. Aber ich hoffe immer noch, dass sie es sich anders überlegt und hier ins Hotel einsteigt. Immerhin hat sie Management und irgendwas mit Werbung studiert. Sie könnte das Hotel wieder auf Vordermann bringen.« Seine Stimme klang so hoffnungsvoll, dass ich richtig wütend auf Jillian wurde. Sie hatte nicht nur mich verlassen, sondern auch ihren Vater. Wer tat so etwas?

Mick verabschiedete sich und ich ging wieder in die Küche, wo sich mein eigentlicher Arbeitsplatz befand. Nach der Highschool wollte ich den Grill meines Dads eigentlich auch nicht übernehmen. Mein Traum war es, Sternekoch zu werden. Doch ich hatte die Stadt nie ganz verlassen, um meine Eltern zu unterstützen.

Mein Vater hatte bereits, als ich erst zwölf Jahre alt gewesen war, einen Herzinfarkt erlitten. Und der Stress tat ihm nicht gut. Daher übernahm ich gleich nach der Schule mehr und mehr Verantwortung und besuchte nur nebenher einige Kochkurse bei bekannten Küchenchefs. Inzwischen gehörte der Grill ganz mir. Meist kochte ich einfache Gerichte, aber nebenbei bot ich Catering für Veranstaltungen an oder half bei Großveranstaltungen aus, wie einer großen Verlobungsfeier am Wochenende und dem bald anstehenden Weihnachtsball im Hotel.

Ob Jillian überhaupt ahnte, wie viel Arbeit ihr Vater mit den Vorbereitungen dafür hatte? Zumal Janine ihn nun auch noch im Stich gelassen hat. Vielleicht sollte Mick nächstes Mal lieber einen Mann einstellen. Mit Frauen hatte er wirklich kein Glück. Okay, seine Frau Maria war echt toll gewesen. Als Teenager hatte ich sie wie eine zweite Mutter geliebt und manchmal sogar davon geträumt, mit ins Hotel einzusteigen. Doch das war lange her. Das einstige Traumpaar Jillian und Richard gab es nicht mehr und würde es auch nie wieder geben. Am besten dachte ich gar nicht mehr an sie. In den paar Tagen würde ich sie wahrscheinlich sowieso kaum zu Gesicht bekommen.

Daran glaubte ich exakt vier Minuten, dann humpelte Mick auf einen meiner Gäste gestützt wieder in den Grill.

»Was ist passiert? Brauchst du einen Arzt?« Mick schüttelte den Kopf.

»Nein, ist bestimmt nur verstaucht, aber ich weiß nicht, wie ich so zum Flughafen fahren soll.« Schnell holte ich einen Eisbeutel für seinen Fuß und sah mir das Ganze genauer an. Gebrochen schien tatsächlich nichts zu sein, verstaucht war der Fuß jedoch sicher oder gezerrt.

»Danke, Richard. Das tut echt gut. Aber ich muss jetzt echt los.« Glaubte er wirklich, dass ich ihn so fahren lassen würde? Ein Blick durch den Grill zeigte mir, dass nicht allzu viel los war. Einige Gäste aßen bereits. Zwei warteten auf ihr Essen, außerdem spielten ein paar Teenager Dart und Billard.

»Schafft ihr das alleine?«, fragte ich meinen Mann für alle Fälle, Luk ohne E. Darauf bestand er, denn der Name war Familientradition und schon der Großvater seines Vaters, der aus Europa in die USA ausgewandert war, hatte so geheißen. Er konnte genauso gut kochen, wie Drinks mixen. Außerdem war noch Sandy da, die heute servierte. Er nickte auch sofort.

»Na, dann komm, Mick. Ich fahre dich zum Flughafen, damit du Jillian pünktlich abholen kannst.« Ich tat so, als wäre mir das völlig egal. Aber das war es gar nicht. An die Rückfahrt wollte ich lieber gar nicht denken. Mit ihr in einem Wagen. Vor neueneinhalb Jahren hatte sie mich nach einer traumhaften Nacht einfach verlassen und per Brief mit mir Schluss gemacht. Die ganze Fahrt dachte ich an die gemeinsame Zeit zurück. Sie war meine erste Freundin gewesen. Die Erste, die ich geküsst hatte, mit ihr hatte ich mein erstes Mal und sie war die Erste und bisher Einzige, die mir das Herz gebrochen hatte.

Mick erklärte währenddessen, was Jill in San Diego so machte – anscheinend nur arbeiten. Oder sie erzählte ihm nichts Privates. Wer wusste das bei ihr schon? Ihren Vater hatte sie schließlich auch erst am Tag vor ihrer Abreise zum College informiert, dass sie nicht wie geplant in New York studieren würde, sondern ein Stipendium für ein College in Kalifornien ergattern konnte.

»Schaffst du es alleine zum Gate, oder brauchst du Hilfe?«, fragte ich Mick, als wir einen Platz in einem der Parkhäuser am Flughafen ergattert hatten. Er belastete vorsichtig seinen Fuß, zuckte kurz zusammen und ließ sich sofort wieder auf den Beifahrersitz fallen.

»Ich fürchte, dass ich es gar nicht zum Gate schaffe. Könntest du nicht Jill abholen?« Das war zwar das Letzte, was ich wollte, aber ich nickte dennoch ergeben.

»Ich hoffe, dass ich sie überhaupt noch erkenne. Es ist lange her, dass wir uns gesehen haben.«

»Ja, sie wollte nach Marias Tod nur noch weg von hier. Hat das nie verkraftet. Obwohl sie die einzige ist, die sich die Schuld für den Unfall gibt.« Nun nickte ich. Nach dem Unfall hatte ich immer versucht, für sie da zu sein. Damals dachte ich eigentlich, sie hätte das Schlimmste überstanden, bis sie dann nach dem Abschluss einfach abgehauen war und Frost Creek seither nicht mehr betreten hatte.

Jillian

Suchend sah ich mich am Gate um, entdeckte meinen Vater allerdings nirgendwo. Wurde er im Hotel aufgehalten? Eigentlich sah es ihm ja gar nicht ähnlich, zu spät zu kommen. Aber sonst musste er ja auch nicht das ganze Hotel allein managen. Vielleicht hatte er nur das Gate verwechselt?

»Jillian?«, rief eine nur allzu vertraute Stimme meinen Namen. Das war aber nicht mein Dad. Ich drehte mich um und sah sofort in Richards strahlend blaue Augen, die mich früher so liebevoll angesehen hatten. Nun war der Ausdruck eher reserviert. Verdammt, was machte er denn hier? »Jill. Wow, du hast dich gar nicht verändert in den letzten Jahren. Na ja, fast. Aber wenn überhaupt bist du noch hübscher geworden und …« Er brach ab.

»Hi Richard.« Gleichfalls oder etwas ähnlich Sinnloses konnte ich nicht antworten. Denn er hatte sich ganz schön verändert. Aus dem schlaksigen Teenager war ein echt heißer Typ geworden. Trainiert, aber nicht aufgepumpt und sein schiefes Lächeln, das er jetzt zeigte, machte noch immer meine Knie weich. Dabei wollte ich das gar nicht. Richard war meine Vergangenheit und sollte das bleiben. Egal wie sehr mein Körper sofort auf ihn reagierte.

»Wo … ähm wo ist mein Dad. Ist etwas passiert oder wurde er aufgehalten?« Mein Herz verkrampfte sich. Zu sehr erinnerte ich mich an das letzte Mal, als ich abgeholt werden sollte und jemand anderes kam. Damals, als meine Mutter ihren Unfall hatte. Mir blieb die Luft weg, als Richard nicht sofort antwortete. Mein Blickfeld verschwamm.

»Jill?« Plötzlich legte sich eine Hand auf meine Schulter und aus Reflex schnappte ich nach Luft. »Alles in Ordnung mit dir?« Als sich mein Sichtfeld wieder normalisierte, sah ich direkt in Richards besorgtes Gesicht.

»Ja, geht schon. Aber was ist mit meinem Dad?« Meine Stimme zitterte und ich sah bestimmt alles andere als gefasst aus. Doch das konnte ich jetzt nicht ändern.

»Er wartet im Auto. Vorhin ist er ausgerutscht und hat sich den Fuß verknackst oder gezerrt.« Erleichtert atmete ich auf. Das klang ja nicht so schlimm wie befürchtet. »Er hat nur Probleme mit dem Auftreten, deshalb habe ich ihn gefahren und bin an seiner Stelle durch den Flughafen gelaufen. Zumal wir durch die Sache etwas spät dran waren. Alles ganz harmlos.« Er sah immer noch besorgt aus.

»Danke, dass du das für uns tust, es wäre echt nicht nötig«, gab ich zurück und hätte mich im selben Moment Ohrfeigen können. Was labberte ich da für einen Stuss? Hätte er Dad damit fahren lassen sollen? So war Richard nicht, nie gewesen. Er war immer für andere da. Hatte es auch bei mir versucht nach dem Tod meiner Mutter, doch damals ertrug ich das einfach nicht. Mir fiel es von Tag zu Tag schwerer, Nähe zuzulassen, und noch bis heute hatte ich Probleme damit.

»Na, komm schon, lass uns zum Wagen gehen, damit du dich davon überzeugen kannst, dass es ihm gut geht.« Richard griff nach meiner Tasche und warf sie sich lässig über die Schulter. Ohne ein weiteres Wort miteinander zu sprechen, gingen wir nebeneinander her zum Auto. Jeder hing seinen Gedanken nach und ich fürchtete, dass seine in dieselbe Richtung liefen wie meine. Meine Art des Abschieds war scheiße gewesen. Richtig scheiße! Aber damals fehlte mir die Kraft, um es anders zu machen.

---ENDE DER LESEPROBE---