Für dich bricht meine Welt zusammen - Kai Bischof - E-Book
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Für dich bricht meine Welt zusammen E-Book

Kai Bischof

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Beschreibung

Weihnachten 1984: Florian ist 15, beliebt und mit sich und seinem Leben im Reinen. Doch das alles ändert sich mit dem Moment, in dem ihn sein Mathematiklehrer bittet, seiner Klassenkameradin Nicole im ominösen Raum 213 zu helfen. Pickel, Zahnspange, langweilige Frisur, altmodische Klamotten, übertriebene Schüchternheit: Wie viel Makel darf man als Junge haben, wenn man für Mädchen mehr sein möchte, als nur ein Freund? Gibt es einen Grund, warum man so voller Selbstzweifel ist, wo anderen doch scheinbar alles gelingt? Muss man wirklich immer stark sein, nur weil man zum angeblich starken Geschlecht gehört? Ist am Ende das Festhalten an den eigenen Gefühlen nicht einfach nur naiv und dumm? Eine Geschichte über das Erwachsenwerden. Über Freundschaft, Liebe, Vertrauen. Und über die Ängste und Selbstzweifel eines sensiblen Teenagers, der sich in dieser für ihn völlig neuen Welt erst zurechtfinden muss ...

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Veröffentlichungsjahr: 2022

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Ähnliche


Inhaltsverzeichnis

Nichts wird uns aufhalten (Damals)

Radio Gaga

Liebe ändert alles

Wunschträume

Die Kraft der Liebe

Mein Herz setzt einen Schlag aus

Ich will wissen, was Liebe ist

Verrückt nach dir

Du bist alles für mich

Opfer der Liebe

Mein Geheimnis

Wann immer du jemanden brauchst

Er ist keine Konkurrenz

Wer wird dich heimfahren heute Nacht?

Hey, kleines Mädchen!

Nur geträumt

Du bist die Inspiration

Wieder bei dir sein

Lass dich auf mich ein

Eine große Liebe

Irgendwie sowas (Heute)

Soundtrack

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.dnb.de abrufbar.

Kein Teil dieses Buches darf ohne ausdrückliche Genehmigung des Herausgebers reproduziert oder in einem Abrufsystem gespeichert oder in irgendeiner Form oder auf irgendeine Weise elektronisch, mechanisch fotokopiert, aufgezeichnet oder auf andere Weise übertragen werden.

Die in diesem Buch vorkommenden Personen sind entweder frei erfunden oder entsprechende Vor- und Nachnamen geändert.

Alle deutschen und internationalen Rechte © 2022 Kai Bischof

Copyright der Originalausgabe © 2018 Kai Bischof

Kontakt: [email protected]

Verlagsadresse: Röcker Str. 14a, 31675 Bückeburg

Internet: https://kai-bischof.jimdosite.com/

Instagram: https://www.instagram.com/kadihela

Coverfoto: www.freepik.com

ISBN des Taschenbuchs: 978-3-756225-04-0

BoD-Verlag, Norderstedt

Alle Rechte vorbehalten

Nichts wird uns aufhalten (Damals)

And we can build this dream together, Standing strong forever, Nothing's gonna stop us now! And if this world runs out of lovers, We'll still have each other, Nothing's gonna stop us, nothing's gonna stop us now! *

Und wir können diesen Traum zusammen aufbauen, Für immer fest zusammenhalten, Nichts wird uns jetzt aufhalten! Und wenn dieser Welt die Liebenden ausgehen, Werden wir immer noch uns haben, Nichts wird uns aufhalten, nichts kann uns jetzt stoppen!

Starship – Nothing’s gonna stop us now (1987)

Kennt ihr das Gefühl, wenn ihr ein Lied im Radio hört, und euch – völlig egal, wann ihr diesen Song zum ersten Mal gehört habt – für einen kurzen Moment in eben diese Zeit zurückversetzt fühlt?

Ich habe dieses Gefühl öfter! Und es gibt Lieder, die schon mit ihren ersten Tönen diesen Zauber bei mir hervorrufen. Wobei es gar nicht unbedingt Erinnerungen an konkrete Ereignisse sind, sondern vielmehr die kurze Auferstehung des Lebensgefühls, das ich zu der jeweiligen Zeit hatte. True Faith von New Order zum Beispiel erinnert mich an tolle Abende mit Freundinnen und Freunden als Heranwachsender, La Isla Bonita von Madonna oder Living in a Box von der gleichnamigen Band an durchtanzte Nächte in der örtlichen Diskothek und Back For Good von Take That an die erste, sowieso unvergessliche Zeit, mit meiner heutigen Ehefrau. Doch die größten Emotionen werden vermutlich auch bei euch mit den Songs wiedererweckt, die ihr mit eurer Teenagerzeit verbindet, oder? Bei mir ist zum Beispiel Maid of Orleans von OMD so ein Lied. Höre ich die ersten Klänge dieses Songs, so bin ich für einen kurzen Moment wieder dort: Als Vierzehnjähriger auf den ersten Partykeller-Geburtstagsfeiern, oder zu Hause, mit dem Finger auf der Aufnahmetaste des Radiorekorders, um den Song endlich einmal komplett auf Kassette zu bannen. Dann zwei Jahre später Radio Gaga von Queen, oder überhaupt das ganze Album The Works aus dem Jahre 1984, das ich stets mit unserer damaligen Klassenfahrt ins noch geteilte Berlin in Verbindung bringe. I Like Chopin von Gazebo oder Dolce Vita von Ryan Paris lösen ebenfalls diffuse Partykeller- und Gartenhauserinnerungen mit Luftschlangen und Lichterketten aus.

Ganz spezielle Gefühle aber verbinde ich mit den Weihnachtsliedern, die Ende des Jahres 1984 die weltweiten Hitparaden anführten: Do They Know it’s Christmas von Band Aid und natürlich Last Christmas von Wham. Denn damals begann für mich eine Zeit, ja fast schon eine Ära, von der ich euch in diesem Buch erzählen will. Es war eine besondere Zeit damals, sicherlich weil wir Teenager waren, kaum Sorgen hatten, und positiv in die Zukunft blickten. Aber eben auch, weil es diese spezielle Epoche der Achtziger war, in der wir erwachsen wurden. Obwohl es noch die Zeit vor Gorbatschow war, hat uns die stets präsente Angst vor einem Atomkrieg nicht daran gehindert, unsere Jugend zu genießen. Heute, fast vierzig Jahre danach, glaube ich mehr denn je, dass es ein Privileg war, damals aufzuwachsen. Noch vor der digitalen Revolution, aber schon mit diesem aufkommenden Nichts-wird-uns-aufhalten–Gefühl.

Ich weiß nicht, ob es euch ähnlich geht, falls ihr wie ich in den Siebzigern und Achtzigern groß geworden seid. Vielleicht habt ihr auch ähnliche Erinnerungen, obwohl ihr jünger oder älter seid. Aber ich glaube schon, dass das Lebensgefühl von damals etwas Einzigartiges hatte. Niemand schwärmt so von der Jugendzeit, wie die, die diese in den späten Siebzigern und Achtzigern durchlebt haben und auch bei Umfragen nach dem schönsten Jahrzehnt landen die Achtziger regelmäßig auf dem ersten Platz. Deshalb glaube ich, wir alle, die damals groß wurden, und Erinnerungen daran in uns tragen, hatten einfach Glück. Und wie immer euer Leben seitdem verlaufen ist, was ihr heute tut, oder wer ihr seid: Die Erinnerungen an damals und die damit einhergehenden Gefühle, die kann euch keiner nehmen. Sie sind ein Teil von euch und werden es immer sein!

Ihr müsst übrigens entschuldigen, dass ich euch gleich duze, aber die Dinge, über die ich schreibe, erfordern eine gewisse persönliche Nähe zwischen Autor und Leser. Denn es wird hier, – ihr könnt es euch sicher denken, – vor allem um die erste große Liebe gehen. Und Liebe ist nun einmal etwas sehr Intimes und Persönliches, – zumindest war es für mich immer so. Letzten Endes ist Liebe das zentrale Thema in unserem Leben, wobei sich ihre Erscheinungsform im Laufe der Jahre sicher ändert, die Bedeutung aber nicht. Die größte Liebe ist dementsprechend für manche vielleicht das eigene Kind und gar nicht die Mutter oder der Vater desselben. Oder es ist immer noch der erste Freund oder die erste Freundin, die man schon seit vielen Jahren nicht mehr gesehen hat, die aber für euch trotzdem immer eine besondere Bedeutung behalten wird. Aber das kann jeder für sich selbst entscheiden, wobei man das gar nicht muss. Nur, wer gar nicht fähig ist, zu lieben, verschwendet in meinen Augen sein Leben. Manchmal bin ich regelrecht erschrocken, wie viele solcher Menschen es anscheinend gibt. Dabei ist es die Liebe, die uns Menschen erst menschlich macht.

Wenn ihr also vielleicht gerade jetzt bis über beide Ohren verknallt seid, egal ob glücklich oder unglücklich, oder wenn ihr schon seit vielen Jahren oder gar Jahrzehnten mit dem gleichen Partner zusammenlebt und ihn immer noch toll findet, oder euch immer wieder ein Lächeln über das Gesicht huscht, wenn ihr euren Kindern beim Spielen zuschaut, so habt ihr eine Berechtigung, hier zu sein. Und ihr könnt stolz auf euch sein! Wer sich auf die Liebe zu anderen Menschen einlässt, gibt viel von sich und seinem Inneren preis, bekommt dafür aber auch so viel zurück. Das gilt sogar dann, wenn die Liebe nicht erwidert wird, davon bin ich überzeugt. Liebeskummer ist letzten Endes etwas Wunderbares, auch wenn er fürchterlich schmerzt, uns manchmal sogar bis an den Rande des Wahnsinns treibt. Aber waren wir nicht alle schon einmal unglücklich verliebt? Was habt ihr für Erinnerungen daran? Fühlt es sich gut oder schlecht an, wenn ihr daran denkt? Es sollte sich gut anfühlen, denn ihr solltet stolz darauf sein, so intensive Gefühle für einen anderen Menschen empfunden zu haben, oder vielleicht sogar gerade jetzt zu empfinden. Für die Klassenkameradin, den Kollegen, den Jungen oder das Mädchen von nebenan, oder wen auch immer. Wichtig ist, dass ihr euch selbst treu bleibt oder geblieben seid. Es bringt euch nicht weiter, wenn ihr euch verändert, nur um anderen zu gefallen. Jeder Mensch ist einzigartig, und auch wenn euch auf eurem Lebensweg noch der ein oder andere ganz besondere Mensch begegnen wird oder bereits begegnet ist: Eine Steigerung von Einzigartig gibt es nicht.

Ihr wollt wissen, wer ich bin? Ich heiße Florian, früher meistens, heute nur noch selten Flo genannt, habe vor Kurzem die Fünfzig erreicht, bin seit über zwanzig Jahren mit einer Klassefrau verheiratet und habe zwei ebenso tolle Kinder, die mittlerweile so alt sind, wie ich in dieser Geschichte. Ich war und bin sicher nicht das, was man im Allgemeinen als einen tollen Hecht bezeichnen würde. Aber bis auf gelegentliche Ausnahmen wollte ich das auch nie sein. Eher bin ich genau das, was ich früher vermutlich als Spießer abgestempelt hätte. Die meisten Eltern wären stolz auf mich (meine sind es übrigens auch), denn ich habe das erreicht, was sich die meisten für ihre Kinder wünschen: Einen gut bezahlten Job, der mir Spaß macht, eine glückliche Familie, ein eigenes kleines Haus und sogar zwei Autos in der Garage. Ich bin sogar selbst ein bisschen stolz auf mich. Das alles hinzubekommen, scheint zumindest kein Selbstläufer zu sein, wenn ich mich unter meinen Mitmenschen so umsehe. Da mag es andere Meinungen geben, aber die interessieren mich mittlerweile nicht mehr wirklich. Versteht das bitte nicht falsch, aber mit dem Älterwerden lernt man einfach, sich nicht mehr so sehr von allen möglichen Seiten beeinflussen zu lassen. Die Jahre verändern Sichtweisen und die Art, wie man mit Dingen umgeht. Die Jahre verändern auch Menschen und Partnerschaften und damit auch die Liebe, die diese Partnerschaft trägt. Die mangelnde Akzeptanz dieser Tatsache scheint allerdings viele davon scheitern zu lassen. Dabei wird die Liebe nach meiner festen Überzeugung nicht besser oder schlechter, sie wird nur anders! Wenn man frisch verliebt ist, dann fühlt man sich im Überschwang des Glücks untrennbar miteinander verbunden. Dabei ist die Verbundenheit viel gefestigter, wenn man sich über Jahre hinweg ein gemeinsames Leben aufgebaut und viele Dinge miteinander erlebt hat. Die sich daraus ergebende Verbundenheit ist so viel tiefer als jene im ersten Hormonrausch, die man aber meist als viel intensiver in Erinnerung hat. Nur seien wir mal ehrlich: Zumindest als Teenager liebt man sowieso kein bisschen mit dem Kopf. Später dann spielt der Kopf eine kleine, allerdings hoffentlich immer noch untergeordnete Rolle, bedingt durch die Erfahrungen, die man im Laufe der Jahre gemacht hat. Aber ist nicht die flammende, völlig kopf- und bedingungslose, alles verdrängende erste Teenagerliebe die, die man nie wieder vergisst?

Ein Lied aus dieser Zeit bringt uns das damalige Gefühl manchmal für Sekunden wieder und man schmunzelt meist darüber, macht einen leisen innerlichen Seufzer. Wenn ihr schon älter seid und dieses Gefühl lange nicht hattet, solltet ihr euch ruhig mal wieder darauf einlassen. Es bedeutet keine Untreue zu eurem jetzigen Partner, falls er oder sie nicht ohnehin in dieser Erinnerung vorkommt. Es sind Teile eurer Geschichte, Dinge die euch und euren Charakter geprägt haben. Eure Partnerin oder euer Partner wird ebenso ihre oder seine Geschichte haben. Nehmt die Gefühle von damals einfach in eurem Herzen mit, ein Leben lang. Das ist wichtig, auch für eure jetzige Partnerschaft!

Ihr werdet besser verstehen, was ich meine und warum ich so denke, wenn ihr meine Geschichte gelesen habt. Eine Geschichte, die so oder so ähnlich jedem jungen Menschen noch heute passieren könnte. Sie beginnt an einem kalten Montagmorgen im Dezember 1984 in einem Klassenzimmer eines Gymnasiums irgendwo im Westen Deutschlands. Ich bin einer von zweiunddreißig Schülern in der Klasse 9c. Eine tolle Klasse übrigens. Heute weiß ich das, – damals war es für mich selbstverständlich.

Radio Gaga

I'd sit alone and watch your light, My only friend through teenage nights. And everything I had to know, I heard it on my radio. * Ich saß oft allein vor deinem Licht, mein einziger Freund in Teenagernächten. Und alles, was ich wissen musste, hörte ich in meinem Radio.Queen – Radio Gaga (1984)

Ich mochte diese vorweihnachtliche Stimmung. Ich mag sie mit Abstrichen heute noch. Vielleicht war es auch nur ein selbstgeschaffener Vorwand, um der Kälte und der andauernden Dunkelheit etwas abgewinnen zu können, und irgendwo war es als Teenager ja auch uncool, Weihnachten gut zu finden. Aber man hatte schließlich zwei Wochen Ferien, und so hielt sich die allgemeine Unzufriedenheit darüber doch sehr in Grenzen, – zumindest in meinem Freundeskreis.

In meiner Schulklasse war ich damals nahezu perfekt integriert und fühlte mich dort einfach gut aufgehoben. Jedenfalls wüsste ich nicht, dass es in den ganzen Jahren, – mit einer Ausnahme, – mal Jemanden gegeben hätte, der mich überhaupt nicht leiden konnte. Natürlich gab es Mitschüler, mit denen man engeren Kontakt hatte und sich ab und an nach der Schule oder am Wochenende noch traf. Und auf der anderen Seite gab es welche, mit denen man praktisch kaum etwas zu tun hatte. Aber alles in allem war ich schon relativ beliebt, was vielleicht an meiner eher ruhigen und reservierten Art lag. Ich war nie jemand, der sich groß in den Mittelpunkt drängte, und auch sonst sicher kein Junge, der aus der Menge herausstach. Lange Zeit war ich zudem körperlich der Kleinste in der Klasse gewesen, das hatte sich dann aber ab dem fünfzehnten Lebensjahr radikal geändert. Mit der zunehmenden Körpergröße brach nur leider eine heftige Pubertätsakne über mich herein, die mich mit fortschreitender Zeit immer mehr belastete. Ungerecht war dabei vor allem, dass der ein oder andere Mitschüler, dem man ein paar Eiterbeulen sehr gegönnt hätte, völlig pickelfrei durch diese Zeit kam. Auch fehlte mir damals der Sinn für modische Kleidung oder so etwas wie eine Frisur (wobei man mit meinen dünnen Haaren aber ohnehin nicht viel anfangen konnte). Und als Zugabe gab es dann noch den Supergau für jeden Teenager: Die feste Zahnspange!

In der Summe der Dinge führte das dazu, dass ich damals zwar beliebt, aber alles andere als ein Mädchenschwarm war. Und das Wissen um diese Tatsache kratzte durchaus heftig an meinem Selbstbewusstsein. Während andere bereits mehrere Freundinnen gehabt hatten, bekam ich schon Schnappatmung, wenn ich nur mal in der Nähe eines netten Mädchens stand. Und je netter ich das Mädchen fand, desto schlimmer wurde das. Vielleicht hatte ich mich deshalb bis dahin noch nie ernsthaft verliebt, weil ich mir einfach die vorprogrammierte Enttäuschung ersparen wollte. Glücklicherweise ging es den Jungs aus meiner Klasse, mit denen ich am meisten rumhing, ähnlich. Aber man hat als Fünfzehnjähriger dann schon so eine Ahnung, dass einem irgendwann mal dieses eine Mädchen über den Weg laufen wird, bei dem plötzlich alles anders ist. Nur ahnt man ja nicht, dass sie bereits seit Jahren nur eine Reihe vor einem im Klassenraum sitzt.

An diesem Montagmorgen fielen dicke Schneeflocken vom Himmel. Draußen war es noch dunkel und der mit einer riesigen Lichterkette geschmückte Tannenbaum, den wir aus den Fenstern unserer Klasse unten auf dem menschenleeren Schulhof sehen konnten, wirkte in dieser Atmosphäre etwas allein und verlassen. Es waren nur noch wenige Tage bis Weihnachten und auf dem Lehrerpult brannten alle vier Kerzen am Adventskranz.

Ich saß auf meinem Platz, rechts neben mir mein bester Freund Janne, und beide rieben wir uns die tiefgefrorenen Hände an den eigenen Hosenbeinen warm. Trotz eines Weges von jeweils gut sechs Kilometern (aus allerdings völlig unterschiedlichen Richtungen), fuhren wir immer mit dem Fahrrad zur Schule. Wir hätten zwar auch den Bus nehmen können, taten das aber so gut wie nie. Dies war allerdings einer der Tage, an denen ich daran zweifelte, dass ich diese frühmorgendliche Entscheidung richtig getroffen hatte.

Unsere Schule, ein typischer Siebziger-Jahre-Bau, lag am Stadtrand, an dem ich zwar auch wohnte, nur leider genau auf der anderen Seite der Stadt. Mein Schulweg führte mich daher jeden Tag durch die Fußgängerzone unserer 50.000-Einwohner-Stadt. Die Polizisten, die dort Streife liefen, kannten mein Gesicht schon. Trotzdem, oder vielleicht auch deswegen, bin ich die ganzen Jahre ohne Geldstrafe davongekommen.

Als ich Janne damals mit Beginn der fünften Klasse kennengelernt hatte, wunderte ich mich zunächst über seinen exotischen Vornamen, zumal seine zwei älteren Schwestern Monika und Jasmin hießen. Dass wir schließlich beste Freunde geworden waren, war vor allem dem Umstand geschuldet, dass wir gleich am ersten Schultag von unserem Klassenlehrer nebeneinander gesetzt wurden. Aber so spielt das Leben halt manchmal. Uns hat von Anfang an geeint, dass wir während der Stunde gerne auch mal nicht dem Unterricht folgten. Aus unserer Käsekästchenstatistik dürfte Janne als klarer Sieger hervorgegangen sein, bei Vier Gewinnt könnte ich dagegen knapp vorne gelegen haben.

In dieser letzten Woche vor Weihnachten hielt sich der Schulstress in Grenzen. Laut Stundenplan hatten wir in der ersten Stunde Englisch, aber bedingt durch das Wetter und das damit verbundene Verkehrschaos, fehlten noch etliche Schüler. Unser Lehrer Herr Seifert informierte uns daher über die bevorstehende Schulweihnachtsfeier, und kümmerte sich nicht um das eigentliche Unterrichtsfach. Das Einzige, was ich früher an der Schule mochte, waren die Pausen und eben solche Stunden, in denen die Lehrer nicht auf den Lehrplan achteten. Normaler Unterricht war mir dagegen abseits der Sportstunde ein Graus. Im Unterricht war ich nämlich eine mittlere Katastrophe und konnte von Glück sagen, dass die mündliche Beteiligung damals noch nicht so stark bewertet wurde, wie das heute der Fall ist.

Nur die bloße Möglichkeit, eventuell etwas Falsches oder ungewollt Peinliches zu sagen, bereitete mir derartige Panikattacken, dass ich mich aus eigenem Antrieb praktisch nie meldete. Meine mündlichen Noten waren daher in allen Fächern miserabel, aber weil mir meine Schüchternheit bei Klausuren nicht im Weg stand, konnte ich das damit halbwegs gut kompensieren. Was trotzdem blieb, war die ständige Angst, vollkommen unvorbereitet drangenommen zu werden, verbunden mit der verräterischen Gesichtsröte, wenn es dann tatsächlich passierte. Auch ein Punkt, der sicher nicht zur Attraktivität beim weiblichen Geschlecht beigetragen hat. Aber leider auch einer, der sich nicht so einfach abstellen ließ.

Während wir uns über die Schulweihnachtsfeier unterhielten, die am Abend des folgenden Tages stattfinden sollte, trudelten nach und nach die noch fehlenden Schüler ein. Nach etwa zwanzig Minuten waren alle da und Herr Seifert begann doch noch mit dem Englischunterricht. Ich folgte seinen Ausführungen allerdings nur halbherzig, denn er hatte mich gleich bei der ersten Frage drangenommen, und da ich diese beantworten konnte, bedeutete das meist, dass ich für den Rest der Stunde Ruhe hatte. Janne war auch nicht übermäßig interessiert am Unterricht und schrieb mal wieder an irgendwelchen Fußballtabellen hinten in seinem Englischheft. Das machte er recht häufig, allerdings war er auch einer der Schüler, die das Talent besaßen, selbst bei völliger Unaufmerksamkeit unerwartete Zwischenfragen des Lehrers locker beantworten zu können. Er war der eindeutig bessere Schüler von uns und manchmal fragte ich mich, woher er seine Souveränität eigentlich nahm.

Ich sah mich in der Klasse um. Wir waren damals aufgeteilt in vier hintereinanderstehenden Tischreihen, immer vier Tische pro Reihe, an denen jeweils zwei Schüler saßen. Janne und ich saßen in der zweiten Reihe, was für Jungs schon meist die Pole Position war. Es versteht sich von selbst, dass in der ersten Reihe fast nur Mädchen saßen. Einzige Ausnahmen waren Christian und Peter, die in die erste Reihe beordert worden waren, da sie die mit Abstand leistungsschwächsten Schüler waren.

Ansonsten saßen vorne aber halt nur Mädchen: Sabine, Sonja, Anja, Nicole, Angela und Carola. Direkt vor mir saß Anja. Sie war eigentlich das einzige Mädchen, bei der ich nicht permanent einen Kloß im Hals hatte. Vielleicht lag es daran, dass wir das Schicksal teilten, die ersten beiden im Alphabet zu sein – und damit auch im Klassenbuch. Wenn die Lehrer ihre Fragestunde eröffneten, waren wir also entweder als Erste oder Letzte an der Reihe und warfen uns schon vorher gegenseitig mitleidige Blicke zu.

Direkt vor Janne saß Nicole. Die beiden kannten sich schon seit dem Kindergarten, kamen aus dem gleichen Vorort und waren fast Nachbarn. Als Kinder haben sie sich oft getroffen, ab einem gewissen Alter hat das dann aber nachgelassen. Trotzdem merkte man nach wie vor, dass die beiden sich gut kannten und ein besonderes Verhältnis zueinander hatten, wenn sie privat auch nichts mehr miteinander unternahmen.

Nicole war ein Mädchen, das irgendwie alle mochten. Sie war nicht das, was man als perfekte Schönheit bezeichnen würde, aber sie hatte eine unheimlich sympathische, zurückhaltende Art an sich. Dazu hatte sie ein total liebes Gesicht, etwas über Schulterlänge gewachsene blonde Haare, die ihr, wenn sie sie nicht zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden hatte, unheimlich süß in Stirn und Gesicht fielen. Sie hatte fast nie schlechte Laune und, wie mir erst später als manch anderem aufgefallen war, ein unglaublich schönes Lächeln und einen Blick, der Eisberge zum Schmelzen bringen konnte, – allerdings nur, wenn sie das auch wollte. Ihre ganze Ausstrahlung war einfach positiv und übertrug sich oft genug auf die Menschen in ihrem Umkreis. Im Laufe der Jahre hatten einige meiner Klassenkameraden das schon vor mir bemerkt, denn Einträge in den damals üblichen Poesiealben, die von fast jeder Schülerin und jedem Schüler jährlich aufs Neue durch die Klasse gereicht wurden, änderten sich unter der definitiv interessantesten Rubrik »Schwarm« zunehmend von Nena oder Kim Wilde in Mädchen, die tatsächlich in unserer Klasse oder zumindest in unserem Jahrgang waren. Und Nicoles Name war häufiger darunter. Dass mein Name nie dort auftauchte, brauche ich sicher nicht extra zu erwähnen.

Nun war Nicole nicht das einzige hübsche und nette Mädchen unserer Klasse, aber sie hatte auch für mich immer schon das gewisse Etwas gehabt. Aber es war eben nie so, dass ich deshalb mehr für sie empfunden hätte. Hätte ich mir aber ein Mädchen aussuchen müssen, mit der ich eine Woche auf einer einsamen Insel verbringen musste, so hätte ich auch Nicole genommen. Doch wie das Leben gerade in diesem Alter so spielt, braucht es manchmal nur einen völlig zufälligen und unscheinbaren Auslöser, damit sich die Dinge von Grund auf ändern und die Gefühle auf eine noch nie dagewesene Achterbahnfahrt geschickt werden.

An diesem Morgen stand in der Pause nach der Englischstunde dieser unscheinbare Auslöser für mich unmittelbar bevor, doch natürlich ahnte ich davon nichts. Die Pause verlief, wie kurze Pausen zwischen zwei Unterrichtsstunden fast immer verliefen: Janne und ich hockten uns auf die Fensterbänke, unter denen die Heizkörper glühten, und unterhielten uns mit Lars, Uwe und Stefan über das TV-Programm des Vorabends, Fußball, am häufigsten aber über Musik. Da wurde von uns jedes Lied der aktuellen Charts und jede Neuveröffentlichung der Woche bis ins Kleinste seziert. Damals waren wir alle gut informiert, was aktuelle Popmusik anging, aber Stefan war ein wandelndes Musiklexikon. Was Janne über Fußball wusste, das hatte Stefan über Musik abgespeichert. Der kannte jedes Lied von jeder Band und dazu noch alle Bandmitglieder, die in den Achtzigern jemals irgendwo in den Top 100 waren. Dabei gingen unserer Musikgeschmäcker wild durcheinander und natürlich hatte jeder von uns seine Lieblingsband. Uwe sah man schon äußerlich an, dass er eher der Rockerfraktion angehörte. Er stand auf Iron Maiden und hatte einen großen Aufnäher ihres Albums The Number of the Beast auf seiner Jeansjacke. Jannes Favorit war David Bowie, Lars und ich konnten uns beide nur schwer zwischen ELO und Queen entscheiden, wobei er etwas mehr zu Queen, ich etwas mehr zu ELO tendierte, vor allem weil ich unheimlich auf deren Alben aus den Siebzigern stand, als ganze Symphonieorchester die Songs einspielten. Mr. Blue Sky könnte ich heute noch rauf und runter hören. Nun war ELO von all dem schon die eher poppigere Variante und unter Jungs war es natürlich eher schick, richtigen Rock zu hören. Daher kam es ganz gut, dass Stefan in einer ganz anderen Musikrichtung unterwegs war: Er hatte nicht im eigentlichen Sinne eine Lieblingsband, stand aber total auf Italo-Disco. Viel weichgespülter ging es jenseits des Schlagers nicht mehr.

Die Mädchen schwärmten meist für die üblichen Verdächtigen wir Duran Duran, Depeche Mode, Paul Young, Culture Club und so weiter. Was uns aber alle einte war, dass wir immer auch Musik aus ganz anderen Richtungen hörten und mochten. Ich kann mich erinnern, dass Uwe einmal voll auf den Song Colour my Love von einer Italo-Combo namens Fun Fun abfuhr. Ein Iron Maiden Fan. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen! Aber was Musikrichtungen anging, waren wir damals alle sehr offen. Vielleicht lag das daran, dass wir mit der Neuen Deutschen Welle groß geworden waren, die eben nicht nur aus Nena, Markus und Geier Sturzflug, sondern auch aus DAF, den Fehlfarben, Spliff, Ideal und Extrabreit bestand. Man wurde da einfach ein Stück weit musikalisch tolerant.

Wir sprachen gerade über die aktuelle Duran Duran Single TheWild Boys, als Herr Brandauer hereinkam, bei dem wir jetzt Mathe hatten. Da ich die Diskussion mit Stefan noch zu Ende bringen wollte, war ich als letzter zurück an meinem Platz. Ich wollte mich gerade niederlassen, als Nicole verspätet ins Klassenzimmer gestürmt kam.

»Tschuldigung«, sagte sie mit leicht geducktem Kopf, und wollte schnell auf ihren Platz schleichen.

»Warte mal, Nicole«, hielt Herr Brandauer sie auf. »Ich brauche noch zwei Leute, die mir ein paar Unterlagen aus dem Lehrerzimmer holen. Florian, gehst du bitte mit? Wo du ja auch noch stehst.«

Ich antwortete nicht, sondern nickte nur und machte mich auf den Weg zur Tür.

»In meinem Fach liegt ein Stapel Kopien für die Weihnachtsfeier morgen, die lasst ihr euch bitte von einem Lehrer geben und bringt sie mit, ja?«, wies er uns an.

»Okay!«, antworteten Nicole und ich wie aus einem Mund und verließen den Klassenraum.

Nebeneinander gingen wir durch den Flur und die Treppen hinunter ins Erdgeschoß. In der Schule herrschte ungewohnte Stille, da alle Schülerinnen und Schüler schon in ihren Klassenräumen waren.

Irgendwie war es also so, dass die zwischen Stefan und mir herrschende Uneinigkeit über den Wert der Single Wild Boys letztlich der Auslöser dafür war, dass ich mit Nicole durch die menschenleere Schule unterwegs war. Ein Umstand, für den ich Stefan und der Band Duran Duran heute noch dankbar bin. Er war übrigens der Meinung, der Song wäre nur aufgrund des bis dahin teuersten Musikvideos aller Zeiten ein Hit geworden, während ich diesen Standpunkt, obwohl ich nie ein großer Fan der Band war, nicht teilen wollte.

Auf jeden Fall schoss mir durch den Kopf, dass ich in den ganzen viereinhalb Jahren, die wir uns nun schon kannten, noch nie allein mit Nicole gewesen war. Ich hatte bislang auch kein besonderes Verlangen danach gehabt. In dem Wissen, dass der ein oder andere Junge jetzt gerne mit mir getauscht hätte, stellte ich aber plötzlich fest, dass es sich ziemlich gut anfühlte. Es war schön, dass sie für einen Moment allein an meiner Seite war. Ich genoss die Situation unbewusst und bemerkte gar nicht, dass ich Nicole die ganze Zeit anhimmelte.

Bis sie es bemerkte. »Ist irgendwas?«, fragte sie mit skeptischem Blick.

»Nö, ich freu mich nur«, antwortete ich und versuchte, meinen plötzlichen Herzaussetzer zu überspielen.

»Worüber?«

»Darüber, dass morgen die Weihnachtsfeier ist«, log ich, obwohl das nicht wirklich gelogen war, denn ich freute mich tatsächlich darauf.

»Ja, mal sehen, wie es dieses Jahr wird.« Nicole stieß die gläserne Schwingtür auf, die zum Verwaltungstrakt der Schule führte und klopfte an die Lehrerzimmertür.

Unsere Deutschlehrerin Frau Urban öffnete uns. Nachdem wir ihr den Grund unseres Kommens erklärt hatten, drückte sie uns jeweils einen Stapel Kopien in die Hand, wobei meiner etwas größer ausfiel. Wir machten uns auf den Weg zurück zu unserem Klassenzimmer im ersten Stock, warfen währenddessen aber natürlich einen Blick auf die Kopien.

»Das ist ja blöd«, bemerkte Nicole, die anscheinend schneller lesen konnte als ich.

»Wieso? Was ist denn?«

Sie blieb am Fuß der Treppe abrupt stehen. »Hier, halt mal.« Sie legte ihren Stapel Kopien unvermittelt auf meinen drauf und ich musste mein Kinn auf die oberste Seite legen, damit mir nicht alles herunterfiel. Ein zusammengeheftetes Bündel Kopien hatte sie in der Hand behalten. »Hier steht, dass die neunten und die zehnten Klassen bei Auf- und Abbau helfen und außerdem noch die Getränkeausgabe besetzen sollen. Mussten das im letzten Jahr nicht nur die zehnten Klassen machen?«

»Hm, ich glaube, du hast recht«, gab ich zurück, »aber das war auch ein ziemliches Chaos, wenn ich mich recht erinnere.«

»Stimmt, es sah schon ziemlich verwüstet aus am nächsten Tag«

»Du könntest dich nicht vielleicht dazu entschließen, mir wieder etwas abzunehmen?« Ich sah sie hilfesuchend an und hatte Mühe, den Kopienstapel im Gleichgewicht zu halten.

»Oh, entschuldige«, stieß Nicole hervor und nahm mir knapp die Hälfte wieder ab. Dabei berührten sich unsere Hände leicht und ein diffuses, angenehmes Kribbeln durchzog meine Magengegend. Ein Gefühl, das mir bis dahin unbekannt war, dem ich aber auch keine größere Bedeutung beimaß. Wir gingen zurück in den Klassenraum, legten die Kopien auf dem Lehrerpult ab, und setzten uns auf unsere Plätze.

»Nachdem es letztes Jahr bei der Organisation der Weihnachtsfeier einige Probleme gab, hat das Kollegium sich dazu entschlossen, dieses Jahr auch die neunten Klassen zur Arbeit heranzuziehen«, erklärte Herr Brandauer, während er die Kopien in der Klasse verteilte.

Es gab Gegrummel und ein paar leise Buh-Rufe, aber Herr Brandauer lächelte nur milde: »Ich habe euch für die Getränkeausgabe und die Aufbauarbeiten einteilen lassen. Mit den Aufräumarbeiten nach der Feier habt ihr also nichts zu tun.«

Die Stimmung beruhigte sich augenblicklich. Nicht den Dreck der anderen wegmachen zu müssen, war wenigstens etwas.

»Den Aufbau sollten wir gemeinsam erledigen, dann dauert das auch nicht lange.« Herr Brandauer legte Andrea die letzte Kopie auf den Tisch und ging zu seinem Pult zurück. »Die 9a ist für die gleichen Arbeiten eingeteilt. Was die Getränkeausgabe angeht, machen wir einen festen Dienstplan. Nach den Erfahrungen vom letzten Jahr immer vier Leute zusammen für jeweils eine Stunde, würde ich vorschlagen.«

In der Klasse regte sich kein Widerspruch.

»Irgendjemand, der morgen Abend keine Zeit hat oder später kommt und deshalb nicht helfen kann?«, fragte Herr Brandauer in die Klasse hinein, doch niemand meldete sich. Bei der Weihnachtsfeier, die in den Jahren zuvor mehr eine Jugenddisco war, fehlte man nur ungern. »Gut, dann teile ich euch mal eben ein. Immer die zwei Tische hintereinander.« Herr Brandauer blickte zu Britta, Sonja, Ralf und Jörg, die links von mir saßen. »Ihr fangt an.«

»Und wann?«, fragte Jörg.

»Sechs Uhr. Fünf Minuten eher da sein schadet aber nicht. Um sieben lösen euch dann Anja, Nicole, Florian und Janne ab.«

Wir nickten zustimmend. Herr Brandauer teilte noch den Rest der Klasse ein, dann sagte er: »Zum Aufbau treffen wir uns dann morgen in der fünften Stunde unten in der Aula.«

»In der fünften und sechsten Stunde haben wir morgen noch Latein!«, rief unser Klassensprecher Klaus dazwischen.

»Ach ja, das hatte ich ganz vergessen: Die letzten zwei Stunden fallen für euch morgen wegen des Aufbaus natürlich aus.«

Tosender Jubel brach in der Klasse aus. Was konnte Besseres passieren, als wenn eine Doppelstunde Latein ausfiel!?

In der großen Pause kamen unser Klassenkamerad Olaf und Klassensprecher Klaus zu Janne und mir, um sich zu erkundigen, ob sie nicht den Thekendienst mit uns tauschen könnten. Als Janne sie nach dem Grund fragte, konnten sie uns keinen plausiblen nennen, doch vermutlich lag der darin, dass wir mit Nicole in einer Gruppe waren. Wir lehnten ab, wenn auch weniger wegen Nicole oder Anja, als vielmehr, um den Dienst möglichst früh hinter uns zu haben. Für einen kurzen Moment fragte ich mich aber, ob Nicole nicht doch auch ein triftiger Grund für meine Ablehnung war. Allerdings hatte Janne den beiden schon einen Vogel gezeigt, bevor ich überhaupt richtig darüber nachdenken konnte.

Liebe ändert alles

I was only seventeen, when she looked at me that way, Seems like yesterday. I was only foolin' round, but she stole my heart away, I’ve never been the same! * Ich war erst 17, als sie mich auf diese Art ansah. Es kommt mir vor, als wäre es erst gestern gewesen. Ich war jung und unbekümmert, aber sie stahl mir mein Herz. Ab da war ich nicht mehr derselbe!Climie Fisher – Love Changes Everything (1987)

Am nächsten Tag brach nach der vierten Stunde große Unruhe aus. Wir versammelten uns in der Aula und Herr Brandauer teilte uns für verschiedene Aufgaben ein. Es gab einiges zu tun, mir machte dass aber eigentlich immer Spaß, wenn wir mit der ganzen Klasse etwas erledigen mussten.

Ich befreite gerade die zusammenhängenden Stühle in der Aula aus ihren seitlichen Verankerungen, als Herr Brandauer zu mir kam: »Florian, wenn du hier fertig bist, holst du dann bitte mit Nicole die Kartons mit den Dekorationssachen aus dem Lager im zweiten Stock? Zwei Stück müssten das sein, Raum 213.«

»Ja, sofort«, ächzte ich, während ich zwei Stühle voneinander trennte, deren Verankerungen sich verklemmt hatten.

»Du findest uns da vorne an der Bühne.« Herr Brandauer zeigte hinter mich.

»Ich komme dann gleich«, bestätigte ich nickend und er verschwand wieder.

»Wieso eigentlich immer Florian?«, beschwerte sich Olaf unvermittelt, der nicht weit von mir am Thekenaufbau werkelte. »Man könnte meinen, der will die beiden verkuppeln.«

»Was?«, fragte Birgit, die mit ihm an der Theke arbeitete und auf dem Rücken liegen eine Schraube festzog. »Wer will wen verkuppeln?«

»Der Brandauer Nicole und Florian.«

»Na ja, warum eigentlich nicht?« Birgit legte den Schraubendreher beiseite und richtete sich auf. »Die beiden wären doch ein schönes Paar.«

Olaf entwich nur ein echauffiertes »Pfffft!«, begleitet von ungläubigem Kopfschütteln.

»Ja, oder? Das denk’ ich schon länger«, schaltete sich überraschend Lisa ein. »Die würden richtig gut zusammenpassen. Ein echtes Traumpaar.«

Olaf drehte genervt die Augen zur Decke. »Das können sich wirklich nur Frauen ausdenken«, stöhnte er und schraubte weiter an der Thekenplatte.

Ich selbst war vollkommen perplex und sah Lisa fragend an, die nur vor sich hin grinste. »Kannst du mir mal sagen, wie du auf so was kommst?« Ich war schon neugierig, ob sie das ernst meinte, oder Olaf nur ärgern wollte.

»Na ja, find’ ich halt«, antwortete sie schulterzuckend. »Laura sieht das übrigens genauso.«

»Was sehe ich genauso?« Lisas Zwillingsschwester Laura kam gerade mit der Werkzeugkiste unseres Hausmeisters um die Ecke und stellt sie vor ihrer Schwester ab.

»Dass Florian und Nicole ein schönes Paar wären.«

Laura musterte mich amüsiert. »Ja, stimmt«, sagte sie und lachte, vermutlich über meinen vollkommen bescheuerten Gesichtsausdruck.

»Nun hört doch mal auf, den Olaf zu ärgern, sonst beißt er gleich noch in die Thekenplatte«, feixte Olafs bester Kumpel Mario, der direkt neben ihm hockte.

Lisa zog ihren Kopf ein. »Oh, entschuldigt. Ich hatte vergessen, dass er ein Auge auf Nicole geworfen hat.«

»Habt ihr’s bald?«, schrie Olaf und sah angestrengt auf die Holzplatte, die er in der Hand hielt.

Mario, Lisa, Laura und Birgit kicherten leise, ließen es dann aber dabei bewenden.

Und ich? Ich fühlte mich komischerweise geschmeichelt und wusste nicht mal so recht, warum. Wie man aber auch ausgerechnet auf Nicole und mich als Traumpaar kam, war mir schleierhaft. Ich war zu der Zeit in meiner ganzen Erscheinung soweit von Nicole entfernt, wie Nigeria vom Weltmeistertitel im Eishockey, – zumindest nach meiner Selbstwahrnehmung. Ich traute mich aber auch nicht, weiter nachzufragen, hakte die letzten zwei Stühle auseinander und ging dann zu Nicole, um mit ihr die Kartons zu holen, wie Herr Brandauer es gewünscht hatte.

Raum 213 war früher einmal ein richtiger Klassenraum, mittlerweile standen aber keine Tische und Stühle mehr darin. Stattdessen wurde hier so ziemlich alles hingebracht, was in der Schule selten gebraucht wurde, aber eben noch nicht weggeschmissen werden konnte. Jeder, der schon mal das Privileg hatte, diesen Raum betreten zu dürfen, konnte lustige Geschichten darüber erzählen. Ich hatte schon mal das Vergnügen und Nicole auch, wie ich mich erinnerte. Sie hatte eine schon seit Jahren nicht mehr angetastete alte Leinwand aus diesem Raum holen müssen und sah anschließend aus, wie ein zugestaubter Pudel. Die Schüler nannten Raum 213 spätestens seitdem nur Die Staubgrotte.

Nicole öffnete mit Herrn Brandauers Schlüssel die Tür. Wir gingen hinein und suchten in dem Chaos nach den Kartons, die Herr Brandauer Nicole beschrieben hatte. Unglücklicherweise befanden sich aber verdammt viele Kartons in diesem Raum, von denen die Hälfte gar nicht beschriftet oder die Beschriftung nicht mehr lesbar war, also mussten wir in viele hineinsehen.

»Was ist das denn?«, rief Nicole plötzlich, während sie in einem dieser Kartons herumwühlte. Sie zog einen Totenkopfschädel daraus hervor, vermutlich von dem alten Skelett, das früher im Biologieraum stand. Ich musste lachen.

»Jetzt weiß ich endlich, was die mit Schülern machen, die ihnen zu unbequem werden«, scherzte Nicole.

»Sieht aber eher aus wie ein Lehrerschädel«, meinte ich.

»Wieso?«

«Ich kann kein Gehirn sehen.«

Nicole kicherte. »Der Rest von ihm liegt auch noch hier drin.«

»Wieso ihm? Vielleicht war’s ja auch ne Lehrerin.«

»Glaub ich nicht«, entgegnete Nicole.

»Warum?«

»Hast du schon mal so ne schlanke Lehrerin gesehen?«

»Nein«, stimmte ich lachend zu, »allerdings nicht.«

Nicole warf den Schädel wieder in den Karton und wir suchten weiter. Wir drangen weiter nach hinten in den Raum vor, wo die Kartons in immer höheren Stapeln standen.

»Kannst du mir den da mal runterholen«, fragte Nicole, als sie vor einem dieser Türme stand.

Ich stellte mich auf Zehenspitzen und wollte den Karton runterheben, doch er war zu schwer. Deshalb suchte ich nach einer Leiter oder nach etwas, das man als Tritt benutzen konnte.

»Ey, nun brich dir doch hier keinen ab«, stöhnte Nicole, allerdings lächelte sie dabei.

»Ja wie? Fliegen kann ich noch nicht«, entgegnete ich.

Sie breitete ihre Arme aus. »Heb’ mich halt ein Stück hoch, dann guck‘ ich mal rein.«

Ich musste kurz schlucken, stellte mich dann aber zwischen sie und den Kartonstapel, ging in die Hocke, umschloss ihre Oberschenkel mit meinen Armen und hob sie an, sodass sie den Inhalt des obersten Kartons in Augenschein nehmen konnte. Ich war beileibe nicht muskulös, aber Nicole dafür federleicht. Dass mein Kopf nur knapp unterhalb ihrer Brüste lag, ließ meine Knie trotzdem weich werden.

»Nee, das ist auch nicht das, was wir suchen«, sagte sie und so ließ ich sie wieder herunter, indem ich den Griff um ihre Beine etwas lockerte. Als ihre Füße den Boden erreicht hatten, waren wir uns für einen Wimpernschlag sehr nah. Nicole sah mir mit einem Blick in die Augen, den ich so vorher nicht kannte. Dann räusperte sie sich verlegen und sah sich hilfesuchend um. »Vielleicht da hinten.« Fast sprunghaft entschwand sie in den hinteren Teil des Raumes.

Mich ließ sie leicht verwirrt zurück. Warum reagierte sie so eigenartig? Warum war sie auf einmal so verlegen? Was hatte dieser kurze aber intensive Blick zu bedeuten? Mich hatte noch nie ein Mensch so angesehen, schon gar kein Mädchen. Ich kann den Ausdruck darin heute noch nicht richtig beschreiben, aber er war besonders und dauerte auch einen Moment zu lang, um ihn gleich wieder zu vergessen. Was hatte das alles zu bedeuten? Wie schon am Tag zuvor, gab es mir ein gutes Gefühl, allein mit ihr zu sein. Es war wie in einem angenehmen Traum, aus dem man nicht aufwachen wollte. Und dieser besondere Blick von ihr verunsicherte mich zwar, machte mich aber auch glücklich. Er löste das Gefühl einer besonderen Nähe aus, die nur zu diesem einen Menschen bestand.

All diese Gedanken schossen mir in wenigen Sekunden durch den Kopf und ich drängte sie schnell wieder beiseite, da wir immer noch auf der Suche nach den Kartons mit den Weihnachtsutensilien waren. Aber es war genau dieser Moment, der mir ein Leben lang in Erinnerung bleiben sollte. Denn heute weiß ich, warum Nicole so reagiert hat. Damals fehlte mir dazu der Durchblick, aber gerade das macht die Sache im Nachhinein so schön und wertvoll. Und gerade deshalb erinnere ich mich noch ab und zu daran.

»Na endlich!«, rief Nicole und tatsächlich hatte sie die richtigen Kartons gefunden. Wir zogen sie mit vereinten Kräften aus der Zimmerecke durch die Tür und hinaus auf den Flur. Nicole schloss Raum 213 wieder ab und wir trugen den ersten Karton hinunter in die Aula. Als wir wieder auf dem Weg nach oben waren, um den zweiten zu holen, hätte ich mir um ein Haar ein Herz gefasst und Nicole gefragt, warum sie eben so komisch war, aber irgendetwas hielt mich dann doch davon ab. Ich sollte lange Zeit nicht mehr so kurz davor stehen, ihr eine derart persönliche Frage zu stellen. Ich ahnte das zwar in diesem Moment, konnte mich aber leider nicht mehr überwinden.

Als wir mit dem zweiten Karton herunterkamen, hatten sich unsere Mitschüler über den ersten schon hergemacht. Nicole brachte Herrn Brandauer den Schlüssel zurück, ich ging zu Janne, Lars und Klaus, die gerade Girlanden an den grauen Stützpfeilern anbrachten.

»Na, war’s schön?«, begrüßte unser Klassensprecher Klaus mich.

»Was?«, fragte ich irritiert

»Na, mit Nicole in der Staubgrotte zu verschwinden natürlich.«

Was sollte der denn jetzt von mir? »Klar, war super«, antwortete ich lapidar.

»Möchte ich wetten.«

»Ja, sie ist schon ne heiße Braut. Und schöne weiche Lippen hat sie auch.« Ich machte einen Kussmund in seine Richtung.

Jann und Lars lachten laut auf und das Thema war damit erledigt. Noch vor zwei Tagen hätte ich Klaus‘ Frage mit einem lapidaren »Jaja« abgewimmelt. Warum also war ich plötzlich bemüht, irgendetwas zu vertuschen? Es durfte keiner wissen, dass Nicole und ich uns für Sekundenbruchteile näher als gewöhnlich gewesen waren, und schon gar nicht, dass mich die damit verbundenen Gefühle irritierten.

Nachdem der Aufbau erledigt war, fuhren fast alle nach Hause, um dann am Abend zur Weihnachtsfeier wiederzukommen. Janne und ich aber blieben in der Schule. Draußen herrschte mittlerweile dichtes Schneetreiben und besondere Klamotten für einen solchen Anlass hatten wir eh beide nicht, so gab es auch keinen Grund sich den Weg mit dem Fahrrad anzutun. Wir suchten stattdessen den Aufenthaltsraum auf, der sich bei uns direkt links vom Schuleingang befand. Lars und Frank hatten sich mit uns solidarisch erklärt und blieben ebenfalls da. Die anderen unterhielten sich gerade über einen mir unbekannten Kinofilm und ich blätterte gedankenverloren in einer älteren, herumliegenden Schülerzeitung, als unser Klassensprecher Klaus hereinkam.

»Was machst du denn noch hier?«, fragte Janne ihn.

»Wir hatten noch Klassensprechersitzung wegen der Weihnachtsfeier«, gab Klaus zurück.

»Und? Ist was bei rumgekommen?«

»Ach, dummes Gerede. Hätte man sich auch sparen können.« Klaus winkte ab.

Während Janne, Frank und Lars ihre Unterhaltung wieder aufnahmen, setzte Klaus sich zu mir. »Na, wie läuft’s?«

»Meinst du irgendwas Bestimmtes?« Es wunderte mich, dass er mich ansprach, denn üblicherweise hatten wir nicht viel miteinander zu tun. Er war so ziemlich das genaue Gegenteil von mir, stand gerne im Mittelpunkt, konnte gut Leute zutexten, war bei den Mädchen sehr beliebt, und hatte trotzdem auch mit Jungs keine größeren Probleme. Er war eines dieser Alphatierchen und genau deshalb war er unser Klassensprecher. Ich mochte diese Sorte Mensch zwar nicht übermäßig, – tue ich heute noch nicht, – aber wir hatten bis dahin auch nie Schwierigkeiten miteinander gehabt. Man kam halt miteinander aus, aber ich hatte nie Interesse an einer engeren Freundschaft mit ihm, und andersrum galt für ihn sicher das Gleiche. Trotzdem war es so, dass wenn wir mal ins Gespräch kamen, das meist auf seiner Initiative beruhte. Es passte halt zu dem Bild, dass ich mich stets schüchtern im Hintergrund hielt, während er die Aufmerksamkeit geradezu suchte. Meine Klassenkameradinnen hätten das wahrscheinlich anders beschrieben: Ich war der nach nichts aussehende Langweiler, er der unternehmungslustige, interessante Mädchenschwarm.

»Na, du warst vorhin ganz schön lange mit Nicole in der Staubgrotte«, bemerkte Klaus gerade so leise, dass die anderen drei ihn nicht verstehen konnten.

Ich sah von meiner Schülerzeitung auf und zog die Brauen hoch: »Ja, und?«

»Was habt ihr denn da oben so lange gemacht?«

»Ich möchte mal wissen, was dich das angeht?«

»Sei doch nicht gleich zickig, ich frage doch nur.« Es war eine seiner Spezialitäten, anderen den schwarzen Peter zuzuspielen. Vermutlich war das auch einer der Hauptgründe, warum ich Gespräche mit ihm vermied. »Gibs zu, du hast ein Auge auf Nicole geworfen, oder?«, bohrte er nach.

Ich sah ihn nur stumm an.

»Ach, nun komm schon. Ihr habt doch nicht die ganze Zeit nur nach den Kartons gesucht«, stichelte er weiter.

Obwohl ich mir hoffentlich nichts anmerken ließ, kochte ich innerlich. Was maßte er sich an, Gerüchte in die Welt zu setzten? Denn es war ja klar, in welche Richtung seine Frage ging. Und nebenbei ging ihn das überhaupt nichts an, und wenn er der Kaiser von China gewesen wäre, statt bloß unser Klassensprecher. Dabei war es mir um meinetwillen ziemlich egal. Sollte er den anderen doch erzählen, ich hätte nackt im Raum gestanden und Polka getanzt, aber dass er Nicole da mit reinzog, ging mir gewaltig gegen den Strich. »Erzähl nicht so’n Scheiß«, entgegnete ich für meine Verhältnisse sehr barsch und legte die Zeitung beiseite.

»Wieso regst du dich denn gleich so auf?« Klaus blitzte mich herausfordernd an.

Seine Frage war dabei sogar berechtigt. Warum regte ich mich derart auf? Irgendetwas in mir zwang mich dazu, Nicole in Schutz zu nehmen. Aber wovor eigentlich? Und vor allem: Warum? »Ich reg mich nicht auf«, erklärte ich mit gesenkter Stimme. »Ich will nur nicht, dass du hier irgendwas in die Welt setzt. Olaf hat vorhin auch schon so blöde Andeutungen gemacht.«

Schon an Klaus Mimik sah ich, dass er seinen direkten Konfrontationskurs verließ: »Und? Fandest du es nicht schön, mit Nicole länger allein zu sein?«, fragte er fast väterlich.

»Unangenehm war es nicht.«

Klaus lächelte süffisant und stand auf.

»Ich finde trotzdem, dass dich das eigentlich nichts angeht«, rief ich ihm hinterher, als er den Raum verlassen wollte.

»Vielleicht hast du recht. Ich behalte es auch für mich«, gab er noch zurück, dann fiel die Tür hinter ihm zu.

Ich wollte ihm erst hinterher springen. Was behielt er für sich? Da war doch gar nichts, was er für sich behalten konnte. Schließlich war überhaupt nichts passiert. Ich fühlte mich überrumpelt und sympathischer wurde er mir durch diese Aktion auch nicht gerade. Ich ärgerte mich, dass ich ihm überhaupt Auskunft gegeben hatte und nicht gänzlich stumm geblieben war. Und das nur, um Nicole in Schutz zu nehmen. Wieso tat ich das, verdammt?

Als Janne, Frank und Lars ihre Unterhaltung beendet hatten, spielten wir eine Weile Knack, ein ziemlich simples, aber unterhaltsames Kartenspiel, das später in einer leicht abgewandelten Variante auch Schwimmen genannt wurde. Um halb sechs begaben wir uns eine halbe Stunde zu früh in die Aula. Die war wie in den meisten Schulen kein abgeschlossener Raum, sondern vielmehr Teil der riesigen Pausenhalle, und daher von allen Seiten einseh- und begehbar. Es waren außer uns noch keine Schüler zu sehen, nur ein paar Lehrer und der Hausmeister liefen geschäftig umher und bereiteten noch ein paar Kleinigkeiten vor. Nach und nach kamen dann aber die ersten Schüler und ums sechs Uhr war es um die Aula herum schon gut gefüllt. Die meisten der spärlichen Sitzplätze waren bereits besetzt, aber viele Schüler standen ohnehin lieber und unterhielten sich. Wir gingen zu Jörg, Ralf, Britta und Sonja hinüber, die den ersten Thekendienst hatten und bereits eifrig Getränke ausschenkten. Als die Feier dann begann, hielt zunächst unser Schuldirektor eine kurze Rede, es folgten Ansprachen des Schülersprechers und einiger Lehrer mit einem kurzen Rückblick auf das abgelaufene Jahr. Um das Ganze als Weihnachtsfeier zu legitimieren, wurde von den unteren Klassen dann noch etwas Weihnachtliches vorgetragen, aber uns Älteren ging es nur um die anschließende Disco. Fast exakt um sieben Uhr, als wir unseren Thekendienst antreten sollten, wurde endlich das erste Lied gespielt. Janne und ich hatten schon unsere Schürzen umgebunden und Ralf und Jörg halfen uns noch ein Weilchen, weil Anja und Nicole nicht pünktlich waren.

Kurz darauf kamen sie herangestürzt: »Entschuldigt«, keuchte Anja, »wir haben uns festgequatscht.«

»Kein Problem«, gab Ralf zurück und er und Jörg übergaben den beiden ihre Schürzen.

Die Stunde hinter der Theke ging uns leichter von der Hand, als ich es erwartet hatte. Wir arbeiteten gut zusammen und so ging die Zeit trotz des großen Andrangs schnell herum. Es machte mir wider Erwarten sogar Spaß. Machte es mit Janne zwar meistens, selbst dann, wenn wir Schularbeiten zusammen erledigten, aber dass wir uns mit Nicole und Anja derart gut verstanden, war nicht unbedingt vorherzusehen. Beide waren echt locker drauf, und wir haben während dieser einen Stunde trotz all der Hektik viel gelacht. Bis dahin waren Mädchen für mich immer ein Stück weiter weg gewesen als meine Kumpels, vor allem als Janne, aber zumindest an diesem Abend war das bei Nicole und Anja nicht so. Wir verstanden uns so gut, dass es mit vier Jungs nicht besser hätte sein können. Es half natürlich, dass Anja dabei war, weil sie ohnehin dazu neigte, dauernd rumzublödeln, aber auch Nicole war heute lockerer als sonst, zumindest kam es mir so vor. Ich schätze mal, wir hatten einfach alle nur gute Laune, weil wir uns auf Weihnachten freuten, die dazugehörigen Ferien und den bevorstehenden Abend.

»Sag mal, wart ihr eigentlich gar nicht zu Hause?«, fragte Nicole, während wir beide zeitgleich in der Getränketruhe herumwühlten. Sie musste dabei gegen Madonnas Like a Virgin anbrüllen, das gerade lief.

»Nein, warum?«

»Weil ihr noch die gleichen Klamotten anhabt, wie heute Morgen. Alle haben sich irgendwie umgezogen, nur ihr beide nicht.«

Fiel das also doch sofort auf. Wir liefen halt im Gegensatz zu den anderen, noch in unseren normalen Alltagsklamotten rum. Aber Janne und ich, wir machten uns aus Markenkleidung und diesem ganzen Modeschnickschnack nichts. Wir bekamen Trends nicht mal wirklich mit. Für viele wurde das ja spätestens dann wichtig, wenn sie begannen, sich für Mädchen zu interessieren, aber selbst da blieb das bei uns so. Durch Kleidung oder andere optische Attribute gewann ein Mensch bei uns nie an Zuneigung und Respekt, sondern nur durch seinen grundsätzlichen Charakter. Natürlich war diese Einstellung damals etwas naiv und hat mir sicher die eine oder andere Chance bei den Mädchen genommen, weil viele ein völlig falsches Bild von mir hatten. Aber die Menschen, die sich wirklich für mich interessiert haben und nicht bloß für das, was ich darstelle, haben trotzdem meine Nähe gesucht – und vielleicht sind das dann auch die, auf die man setzen sollte. Wobei ich später schon etwas mehr auf dem Anlass angemessene Kleidung geachtet habe, sofern ich es mir damit leichter machen konnte.

»Schlimm?«, fragte ich.

»Neinnein, so kennt man euch ja«, wiegelte Nicole ab und entschwand mit den zwei Gläsern Cola in der Hand, die sie gerade eingeschenkt hatte.

»Sag mal, täusch ich mich, oder war das eben offene Kritik an unserer Kleidung?«, fragte ich Janne, der unser Gespräch offensichtlich mitgehört hatte.

»Hörte sich ein bisschen so an«, entgegnete er breit grinsend. »Ist mir aber eigentlich wurscht. Ich liebe meine Schlabbersweatshirts.«

Ich grinste ebenfalls, war aber verunsichert. Wenn meine Klamotten bei Nicole nicht so gut ankamen, was dachten dann die anderen darüber? Aber war es mir nicht egal, was die anderen dachten? Und wenn ja, war es mir auch egal, was Nicole dachte?

Außer, dass Nicole und ich uns zweimal fast über den Haufen gerannt hätten, blieb der Thekendienst ereignislos und um acht Uhr konnten wir endlich unsere Schürzen an die nächste Schicht abgeben. Ich gesellte mich mit Janne zu ein paar anderen Jungs aus unserer Klasse, die sich gerade über eine Gruppe Mädchen unterhielten, die nicht weit entfernt standen. Einige hatten es in Sachen Kleidung und Make-up etwas übertrieben und forderten somit das Getuschel der Jungs regelrecht heraus. An derartigen Lästereien beteiligten wir uns jedoch meistens nicht und so schlürften wir erstmal nur teilnahmslos an unserer Cola. Dann aber wurde ich hellhörig, denn die Blicke der Jungs folgten plötzlich Nicole, die mit ein paar Freundinnen auf die Tanzfläche ging.

»Wenn sie sich doch nur mal ein bisschen lockerer anziehen würde, dann wäre sie echt fast perfekt«, hörte ich Martin, den besten Freund unseres Klassensprechers Klaus sagen.

Die anderen nickten und murmelten zustimmend.

»Wieso? Was gibt’s denn an ihrer Kleidung auszusetzen?«, schaltete ich mich zu meiner eigenen Verwunderung ein. Das musste wieder dieser verflixte Beschützerinstinkt sein.

»Na ja, Jeans und ne stinknormale Bluse ist doch ziemlich öde. Sie könnte ruhig mal was Bauchfreies oder nen Minirock anziehen. Und an der Bluse könnte sie auch einen oder zwei Knöpfe mehr öffnen.« Martin fasste sich zur Unterstreichung an sein eigenes Hemd.

»Bauchfrei und Minirock? Das würde doch gar nicht zu ihr passen.« Ich schüttelte unverständlich den Kopf.

»Wieso würde das nicht passen?«, fragte Martin verwundert und Klaus, Lutz und Olaf schienen mir die gleiche Frage stellen zu wollen. Nebenbei hatte Klaus dieses blasierte Grinsen aufgesetzt, was ich an ihm am allerwenigsten leiden konnte.

Die plötzliche Aufmerksamkeit überraschte mich. »Nicole ist doch gar nicht der Typ für so was«, rechtfertigte ich mich. »Das hat sie gar nicht nötig, so aufreizend durch die Gegend zu laufen, wie die albernen Tanten da hinten.« Ich deutete mit dem Kopf in Richtung der Mädchen aus der Oberstufe, über die sie kurz zuvor noch gelästert hatten.

»Das denkst du nur, weil du sie ausschließlich in normaler Kleidung kennst«, meinte Lutz.

»Mag sein, aber mir gefällt sie so wie sie ist total gut. Und ehrlich gesagt verstehe ich nicht, warum ihr sie und ihren Kleidungsstil nicht einfach so akzeptieren könnt. Ist schließlich ihre Sache, wie sie sich anzieht.« Ich kam in Rage. Es ärgerte mich maßlos, dass die anderen einfach nur plump mehr von Nicoles Körper sehen wollten, wenn es auch nur um ihre Beine und etwas mehr Dekolleté ging. Abgesehen davon war beides sowie kein Geheimnis, schließlich hatten wir bis vor wenigen Wochen noch gemeinsam Schwimmunterricht.

»Sag mal, hast du dich in Nicole verguckt?« Lutz sah mich herausfordernd an und die Blicke der anderen hingen ebenfalls an mir. Er war eigentlich ein netter Typ und hatte, soweit ich wusste, auch kein gesteigertes Interesse an Nicole, aber Klaus, Olaf und Martin schienen nun einen weiteren Konkurrenten bei ihren Bemühungen um Nicoles Gunst auszumachen. Außerdem war es immer ein Ereignis, wenn sich innerhalb der Klasse irgendwas anbahnte, selbst dann, wenn die Wahrscheinlichkeit nicht allzu hoch war, dass es tatsächlich ein neues Paar gab.

Zu meinem Entsetzen spürte ich, wie mir wieder einmal Röte ins Gesicht stieg. Um nicht in Sekundenschnelle auszusehen wie der Feuerlöscher, der nur unweit von mir an der Wand hing, sprach ich schnell weiter: »Nein, ich habe mich nicht verguckt. Ich finde nur eure Einstellung blöd. Nur weil sie was anderes anziehen würde, wäre sie doch kein anderes Mädchen – und schon gar kein besseres.«

»Na ja, wegen mir kann sie auch so bleiben«, verteidigte sich Lutz, »trotzdem muss ich zugeben, dass sie bei ihrer Erscheinung und den langen blonden Haaren schon verdammt gut aussähe in den entsprechenden Klamotten. Mir selbst gefällt sie allerdings auch so wie sie ist.« Er sah nervös in die Runde. »Also als Klassenkameradin, nicht dass wir uns da falsch verstehen.«

»Na, dann sind wir uns ja einig«, freute ich mich, dass wenigstens Lutz mir zustimmte.

»Also wegen mir braucht sie auch nichts an sich verändern«, meldete Janne sich zu Wort und sah Martin und Klaus forsch an.

»Das war ja klar! Du hast ja auch schon im Sandkasten mit ihr gespielt.« Martin verdrehte genervt die Augen.

»Eben, deshalb weiß ich auch schon, wie sie Bauchfrei und im Rock aussieht.« Janne machte ein breites Grinsen, ließ die Zähne dabei aber geschlossen.

Martin winkte nur genervt ab, während Lutz und ich lachen mussten.

»Lasst mal gut sein, Jungs«, tönte Klaus unvermittelt dazwischen, über dessen bisherige Zurückhaltung ich mich schon gewundert hatte, »der Florian hat sich voll in Nicole verschossen, das sieht doch ein Blinder.« Er drehte den Kopf zu mir und fixierte mich mit ungewohnter Feindseligkeit. »Aber ich denke, sie ist wohl ne Nummer zu groß für einen Anfänger wie ihn.«

Für einen Moment war ich wie vor den Kopf geschlagen und ich musste mich kurz sammeln. Würde ich zu heftig widersprechen, würden sie das als Bestätigung sehen. Sagte ich gar nichts, würde es aber wohl aufs Gleiche hinausgelaufen. Ich brauchte irgendeinen schlauen Satz, um aus dieser Bredouille herauskommen, zumal mein Gesicht bedrohlich warm wurde. »Man Leute, ich mag Nicole, das ist ja auch kein Geheimnis. Aber ich bin nicht in sie verknallt, okay?« Den genervten Unterton verstärkte ich durch ebengleiche Mimik.

»Wer’s glaubt!« Klaus lachte affektiert. Er war heute wirklich besonders ätzend.

Genau in diesem Moment verließen Nicole und ihre Freundinnen die Tanzfläche und gingen in ein paar Meter Entfernung an uns vorbei in Richtung Schulhof. Nicoles Blick trafen meinen nur für einen Wimpernschlag, aber ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Irgendetwas kribbelte in meiner Magengegend. Ich sah zu Klaus hinüber, der mich skeptisch musterte und dabei fast bedrohliches wirkte.

»Ich muss mal wohin«, sagte ich kurzerhand und verschwand, so schnell es eben ging, in Richtung Schultoilette.

Als ich zurückkam und meine Gesichtsfarbe sich wieder normalisiert hatte, setzte ich mich auf einen freien Sitzplatz am Rande der Aula. Ich starrte auf die Tanzfläche und beobachtete Nicole, die mit ihren Freundinnen zu Shout von Tears for Fears tanzte. Klaus, Olaf und Martin tanzten nicht ganz unerwartet in ihrer Nähe, Lutz und Janne standen noch am Rand und unterhielten sich.

Ich versuchte mühsam, einen klaren Gedanken zu fassen: Was war heute eigentlich los mit mir? Heute Morgen war ich noch normal in die Schule gefahren, hatte Fußball oder Musik im Kopf. Jetzt aber schwirrte da ständig Nicole herum, oder zumindest irgendetwas, das mit ihr zu tun hatte. Sicher, es hatte gleich zwei glückliche Zufälle gegeben, wegen derer wir plötzlich miteinander zu tun hatten, was sonst nie der Fall war. Aber ich war auch schon mit anderen Klassenkameradinnen durch die Schule gelaufen, ohne dass es mich gleich so beeindruckt hätte. Hatte ich mich vielleicht wirklich in Nicole verknallt? Aber nein, das ging nicht so schnell, innerhalb weniger Stunden. Das konnte einfach nicht sein! Ich verstand und wusste von der Liebe damals so gut wie gar nichts, war aber der Meinung, man sieht ein Mädchen das erste Mal und dann macht’s Klick und man ist verliebt. Aber Nicole und ich, wir kannten uns schon seit viereinhalb Jahren. Warum sollte ich mich da, nach so langer Zeit, plötzlich in sie verlieben? Ich mochte sie wahrscheinlich einfach nur ein bisschen mehr, als andere Mädchen. Genauso, wie ich Janne ein bisschen mehr mochte, als andere Jungen.

Nicole hatte aufgehört zu tanzen, und unterhielt sich am Rand der Tanzfläche mit ihren Freundinnen. Ich beobachtete sie aus meiner halbwegs sicheren Entfernung, nahm in mich auf, wie sie sprach, wie sie sich bewegte, wie sich ihre Mimik verhielt. Ich saugte ihre komplette Ausstrahlung auf. Und irgendetwas war da, dass ich bisher nicht kannte. Ich lächelte mit, wenn sie lachte, ich fasste mir reflexartig ins Gesicht, wenn sie sich eine Haarsträhne zur Seite schob, und ich machte mir Sorgen, wenn ihre Gesichtszüge ärgerlich wurden. Ich hätte ewig da sitzen und sie nur ansehen können, aber bevor es noch jemand bemerkte, erhob ich mich lieber, besorgte mir eine Cola und ging dann zu Janne und Lutz hinüber, die sich immer noch angeregt unterhielten.

Als ich mich auf halbem Wege zu ihnen befand, schnellte Klaus plötzlich von der Seite heran und hielt mich auf. »Du, entschuldige, ich wollte dir da vorhin nichts anhängen, aber ich dachte wirklich, du willst was von Nicole«

»Selbst wenn es so wäre«, entgegnete ich barsch, »kannst du mir mal erklären, warum das für dich so interessant ist?«

»Ja, hast ja recht, war blöd von mir«, gab er klein bei, was wirklich sehr ungewöhnlich war.

»Sollte sich das ändern, hätte ich auch kein Problem, das zuzugeben«, sagte ich deshalb fast verständnisvoll.

»Okay, aber lass es besser. Nicole ist für den Anfang nun wirklich ne Nummer zu groß für dich.« Er sah mich großspurig an und hatte meine kurz aufkeimende Gesprächsbereitschaft direkt wieder niedergetrampelt.

»Sag mal, hast du Angst, dass ich sie dir wegschnappe, oder was ist dein Problem?«, fragte ich forsch und war kurz begeistert über meine sonst nicht unbedingt vorhandene Schlagfertigkeit.

»Nein, deshalb nicht … ach, ist ja auch egal«, stotterte er und verschwand.

Ich war irritiert, lachte aber auch leise in mich hinein. Es gelang selten jemandem, Klaus aus der Fassung zu bringen, und mir schon gar nicht. Allerdings konnte ich mir nicht erklären, warum er ausgerechnet vor mir Angst haben sollte. Da gab es andere Jungs, die als Konkurrenz bei Nicole wohl wesentlich eher in Frage kamen, als ausgerechnet ich.

Als ich Janne erreichte, war Lutz gerade weg. Er nutzte die Gelegenheit, mich kurzerhand zu fragen, ob an der Sache mit Nicole was dran sei.

»Eigentlich nicht, nein. Aber so ganz sicher bin ich mir selbst nicht. Ich find sie halt schon ganz nett«, antwortete ich wahrheitsgemäß.

»Na ja, das ist sie ja auch«, stimmte Janne mir zu, der aufgrund dessen, dass er Nicole schon seit frühester Kindheit kannte, sich als einziger von uns vielleicht wirklich ein Urteil darüber erlauben konnte.

»Na ja, ich weiß auch nicht«, druckste ich herum, »irgendwie bin ich plötzlich so besorgt um sie. Deshalb habe ich mich auch eben in dieses dumme Gerede eingemischt. Es stört mich einfach, wenn man so über sie spricht.«

»Oha, Beschützerinstinkt!« Janne hatte die Augen weit aufgerissen.

»Und was heißt das?«, fragte ich amüsiert, weil sein Gesichtsausdruck einfach lustig aussah.

»Na ja, ich glaube schon, dass das eine Vorstufe des Verliebtseins sein kann. Muss es aber nicht.«

»Und wie kommst du zu der Erkenntnis?«

»Ich habe zwei ältere Schwestern«, seufzte er.

Ich musste lachen.