Für einen Prinzen viel zu sexy - Cat Schield - E-Book

Für einen Prinzen viel zu sexy E-Book

Cat Schield

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Beschreibung

Christian Alessandro lebt auf der Überholspur. Bis die Pflicht ruft: Der Playboy-Prinz muss heiraten. Und ein Kind zeugen. Aber von welcher Frau will sich der wilde Prinz zähmen lassen? Da erfährt er zufällig, dass er bereits Vater ist. Perfekt! Wenn er seine Ex Noelle Dubone heiratet, wird ihr gemeinsamer Sohn Thronfolger von Sherdana! Doch die Versöhnung gestaltet sich schwierig. Die schöne Noelle will auf keinen Fall erneut ihr Herz an Christian verlieren - oder in seinem Bett landen. Aber was der Prinz will, das bekommt er auch. Meistens …

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Seitenzahl: 203

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IMPRESSUM

BACCARA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2016 by Catherine Schield Originaltitel: „Secret Child, Royal Scandal“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 1966 - 2017 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Monika Paul

Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 03/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733723620

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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1. KAPITEL

Prinz Christian Alessandro, Nummer drei in der Thronfolge des Fürstentums Sherdana, stand hinter den aktuellen und zukünftigen Herrschern des Landes und starrte missmutig in die Kamera. Dass er damit die Fotos der Märchenhochzeit von Nic und Brooke ruinierte, war ihm völlig egal. Schließlich hatte sich seine letzte Hoffnung, bis ans Lebensende ein unbeschwertes Junggesellendasein führen zu können, in der Sekunde in Rauch aufgelöst, als sein Bruder der glückstrahlenden Braut tief in die Augen geschaut und gelobt hatte, sie bis ans Ende seiner Tage zu lieben und zu ehren.

Christian verdrehte die Augen.

„Bitte lächeln!“, rief der Fotograf mit einem besorgten Blick in Christians Richtung. „Nur noch dieses eine Gruppenbild, meine Herrschaften. Geben Sie noch einmal Ihr Bestes.“

Trotz seiner düsteren Stimmung versuchte Christian also, etwas weniger grimmig dreinzublicken. Nicht, dass er sich zu einem Lächeln versteigen würde, aber ein einigermaßen anständiges Foto wollte er seinem Bruder schon gönnen. Für die Zukunft hatte er sich auch fest vorgenommen, sich für Nic und Brooke zu freuen, obwohl durch diese Ehe sein Leben auf den Kopf gestellt wurde. Für heute aber musste es genügen, wenn er so tat als ob.

„Wenn Sie sich alle bitte dort drüben aufstellen würden!“ Der Fotograf deutete auf eine kleine Steinbrücke, die einen malerischen Wasserlauf überspannte. Daneben schlängelte sich ein schmaler Pfad bis zu den Stallungen, und auch wenn Christian die Pferdestärken lieber unter der Haube eines Sportwagens bändigte, hätte er heute sogar seine Nichten zu ihren Ponys begleitet, nur um diesem Zirkus zu entfliehen. Die Zwillinge Bethany und Karina waren inzwischen erfahrene Blumenmädchen – es war die zweite Hochzeit innerhalb des Fürstenhauses in nur vier Monaten. Aber jetzt wurden sie langsam zappelig, und Christian konnte es ihnen nicht verdenken. Schließlich waren sie erst drei Jahre alt.

Seit dem Unfall vor fünf Jahren mied Christian Kameras. Die Narben, die er von dem Brand zurückbehalten hatte, verunstalteten seine rechte Körperhälfte von der Schulter über den Hals bis an die Wange und machten ihn zum Unattraktivsten der Alessandro-Drillinge. Nicht, dass sein Aussehen eine Rolle gespielt hätte. Sein Titel, sein Geld und sein Ruf als eingefleischter Junggeselle zogen die Frauen nach wie vor magisch an. Die meisten Frauen jedenfalls.

Sein Blick schweifte über die Menge von Assistenten und Bediensteten, die offenbar nötig waren, damit die Hochzeitsgesellschaft wie aus dem Ei gepellt daherkam und das Fotoshooting fortgesetzt werden konnte. Zum Gefolge der Braut gehörte eine zierliche junge Frau mit glänzenden dunklen Haaren und faszinierenden braunen Augen.

Noelle Dubone, eine international bekannte Designerin, hatte sich auf Brautkleider spezialisiert. Sie hatte nicht nur Brookes Hochzeitskleid entworfen, sondern auch das Kleid von Christians Schwägerin Olivia. Mit zweiundzwanzig Jahren hatte Noelle ihrer Heimat Sherdana den Rücken gekehrt, um sich in Paris ihren Lebenstraum zu erfüllen und als Modedesignerin zu arbeiten. Zunächst mit mäßigem Erfolg, bis sie vor drei Jahren das Kleid für die Braut des Prinzen Paolo Gizzi kreierte. Da die Medien ausführlich über diese Hochzeit berichtet hatten, war Noelle über Nacht berühmt geworden. Seither rissen sich Filmstars und die Damen des Hoch- und Geldadels um ein Original aus dem Atelier von Noelle Dubone.

„Na, träumst du schon von deiner eigenen Hochzeit?“, flötete eine Frauenstimme in Christians Rücken.

Er fuhr herum und funkelte seine Schwester Ariana wütend an, die ihn, wie er fand, mit einer gewissen Schadenfreude musterte.

„Unsinn!“ Trotzdem landete sein Blick immer wieder bei der schmalen Gestalt im taubengrauen Kostüm. Noelle Dubone. Die einzige Frau, der es beinahe gelungen wäre, den wildesten der Alessandro-Prinzen zu zähmen. Aber er hatte sie nicht verdient, genau wie sie es nicht verdient hatte, schäbig behandelt zu werden. Nur die Tatsache, dass er es für sie getan hatte, ließ ihn nachts ruhig schlafen.

„Solltest du aber.“ Ariana trug ein knielanges Kleid mit einem weit schwingenden Rock und langen, bauschigen Ärmeln; sie strahlte eine lässige Eleganz aus. Geschickt platzierte Cut-outs rückten ihre zarten Schultern ins beste Licht, und der Rock ließ fast mehr von ihren langen Beinen sehen, als dem Anlass angemessen war. Mit dem schimmernden, golddurchwirkten Outfit war ihr der Spagat zwischen glamourös und gewagt gelungen, und sie machte ihrem Ruf als Fashion-Ikone alle Ehre. „Die Zukunft des Fürstentums ruht nun in deinen Händen.“

Christian verzog das Gesicht. „Vater erfreut sich bester Gesundheit, und auch Gabriel sieht nicht so aus, als würde er jeden Moment das Zeitliche segnen. Mir bleibt genug Zeit, um eine Frau zu finden und sie zu schwängern.“

Wenn er nur daran dachte, brauchte er dringend einen Drink. Leider stand es ihm, wie seine Mutter nicht müde wurde zu betonen, nicht länger frei, seinen Gelüsten in puncto Frauen oder Alkohol nachzugeben. Es war zum Aus-der-Haut-Fahren: Nachdem er sein Leben lang der Partyprinz gewesen war, wie es ihm als Letztem in der Thronfolge naturgemäß zustand, sollte er nun plötzlich ein vorbildliches Leben führen.

Gabriel, der Älteste, der zukünftige Fürst, war der Vernünftige der drei Brüder. Nic, der Mittlere, wurde meistens übersehen. Er war mit Anfang zwanzig in die USA gegangen, wo er sich als Wissenschaftler in der Raumfahrttechnik profiliert hatte. Für Christian blieb die Rolle des verwöhnten Nesthäkchens.

Seit er im Alter von vierzehn Jahren mit einer Kammerzofe erwischt worden war, galt er als Liebling der Papparazzi. Mit zwanzig ließ er in London die Puppen tanzen. Er schmiss die wildesten Partys, trank zu viel, warf mit Geld nur so um sich und begann, nachdem ihm seine Eltern die Apanage gestrichen hatten, Firmen, die am Rande des Ruins dahindümpelten, aufzukaufen, zu sanieren und dann möglichst mit Gewinn wieder abzustoßen. Dabei ging es ihm nicht um den Erfolg, er brauchte den Nervenkitzel.

Mit fünfundzwanzig hatte er mehrfach Schiffbruch erlitten, einige Narben davongetragen, und sein Herz lag in Scherben. Und jetzt, mit dreißig, erwartete man von ihm, dass er seine Freiheit zugunsten der Krone opferte!

„Du glaubst wirklich, du hast noch Zeit? Wenn du dich da mal nicht täuschst“, widersprach Ariana. „Mutter hat mir ihre Liste potenzieller Kandidatinnen gezeigt. Die ist mindestens einen halben Meter lang.“

„Ich kann auf ihre Hilfe verzichten.“

„Das dachten Gabriel und Nic auch, und schau dir an, was daraus geworden ist.“

Gabriel hatte Olivia vor fünf Monaten auf eine griechische Insel entführt, dort in aller Stille geheiratet und schwebte seither auf Wolke sieben. Leider konnte seine Frau keine Kinder bekommen, sodass jetzt seine Brüder den Schwarzen Peter in den Händen hielten: Um den Thron zu sichern, musste einer der drei Prinzen einen Sohn zeugen.

Christian, der Letztgeborene der Drillinge, hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass er das als Nics Aufgabe betrachtete. Doch bevor der sich in den europäischen Adelshäusern beziehungsweise unter den Einwohnerinnen von Sherdana nach einer Braut umsehen konnte, hatte die schöne Amerikanerin Brooke Davis sein Herz erobert. Mit ihrer Hochzeit am heutigen Tag blieb nun doch alles an Christian hängen.

„Ich finde auch ohne Mutters Hilfe eine Frau.“

Ariana stieß ein Geräusch aus, das sich für eine Prinzessin nicht schickte. „Das sagt ausgerechnet der Mann, der die Hälfte der infrage kommenden Damen schon durch hat. Man sollte meinen, dass es darunter wenigstens eine gäbe, die dir gefallen hat.“

„Gefallen ja.“ Christian widerstand dem Drang, wieder zu Noelle hinüberzuschielen. „Aber es war keine dabei, mit der ich den Rest meines Lebens verbringen will.“

„Dann sieh zu, dass du sie schleunigst findest.“

Er verkniff sich eine Erwiderung. Ariana hatte ja recht. Der Preis, den man als Mitglied des Fürstenhauses zu zahlen hatte, bestand darin, dass man nicht immer tun konnte, was man wollte. Seine beiden Brüder hatten lange mit sich gerungen, ehe sie die Liebe über die Pflicht gestellt hatten. Mit dem Ergebnis, dass für ihn nur die Pflicht übrig blieb.

Eine endlose Stunde lang musste Christian noch in verschiedenen Zusammensetzungen mit Eltern, Geschwistern und diversen anderen Hochzeitsgästen für die Kamera posieren. Danach spürte er das überwältigende Bedürfnis, sich volllaufen zu lassen, sich so zu betrinken wie noch nie in den fünf Jahren seit dem Unfall, der seinen Körper so verwüstet hatte, dass er zu seiner angeschlagenen Seele passte. Das Einzige, was ihn davon abhielt, die Bar zu stürmen, war Noelle.

Es fühlte sich an wie das Normalste von der Welt, von hinten an sie heranzutreten, den Arm um ihre Taille zu legen und sie auf die Wange zu küssen. Hunderte von Malen hatte er das genau so getan, eine Angewohnheit, mit der er ihr zeigen wollte, wie gern er sie hatte. Den Bruchteil einer Sekunde lang ließ Noelle es sogar geschehen, dann spürte er, wie sie sich verkrampfte.

„Du siehst fabelhaft aus“, flüsterte er ihr ins Ohr.

Sie riss sich zwar nicht direkt los, machte aber einen deutlichen Schritt zur Seite. „Danke, Durchlaucht.“

„Gehen wir ein paar Schritte.“

„Ich glaube nicht, dass ich abkömmlich bin.“ Sie warf einen hilfesuchenden Blick zum Brautpaar.

„Die Fotos sind im Kasten, die Braut wird ihre Designerin also einen Moment entbehren können. Komm schon, wir haben uns viel zu erzählen. Es ist ja eine Ewigkeit her.“

„Wie Sie wünschen, Durchlaucht.“ Zu Christians Unmut machte Noelle einen Knicks, wobei sie es vermied, ihn anzusehen.

Auf der Suche nach ein wenig Privatsphäre führte Christian sie zu dem schattigen Wäldchen, das an die weitläufige Gartenanlage angrenzte, die den Palast umgab. „Du bist inzwischen eine gefragte Designerin“, begann er, obwohl er Small Talk zutiefst verabscheute und es ihm lächerlich erschien, ausgerechnet ein Gespräch mit Noelle so anzufangen. Nur, wie fing man eine freundliche Unterhaltung an mit einer Ex, die man vorsätzlich verletzt hatte, auch wenn man sich zu dem Zeitpunkt eingeredet hatte, es geschehe nur zu ihrem Besten?

„Das war Glück. Und gutes Timing.“ Obwohl sie höflich antwortete, hörte er die Ungeduld in ihrer Stimme.

„Nicht zu vergessen dein Talent. Ich habe immer gewusst, dass du einmal ganz groß rauskommst.“

„Danke.“

„Du hast mir gefehlt“, hörte er sich zu seinem Entsetzen sagen, dabei hatte er sich doch vorgenommen, Noelle mit ein paar lockeren Komplimenten um den Finger zu wickeln und ihr dieses Lächeln abzuringen, das er so geliebt hatte.

Zum ersten Mal sah sie ihn direkt an. Wie immer, wenn er in diese einzigartigen Augen blickte, setzte sein Herz einen Schlag lang aus. Aus der Ferne erschienen sie haselnussbraun, aber bei genauer Betrachtung entdeckte man, dass die Iris an den Rändern eher Schattierungen von Grün zeigte, rund um die Pupille jedoch kastanienbraun schimmerte. Viele, viele Stunden lang, bei einem schönen Essen oder während eines gemütlichen Vormittags im Bett, hatte er dieses Farbenspiel studiert und sich über die Zärtlichkeit gefreut, die ihm aus ihren Augen entgegenleuchtete.

Sie schüttelte den Kopf. „Das kaufe ich dir nicht ab.“

„Auch wenn ich für dich nicht der Mann fürs Leben bin, heißt das nicht, dass du mir egal wärst.“ Es juckte ihn in den Fingern, ihre zarte Haut zu berühren.

„Spar dir die Schmeicheleien. Für dich war es einfach bequem, dass du jederzeit in mein Bett kriechen konntest, wenn dir deine hochnäsigen Freunde mal wieder auf die Nerven gingen. Du hast mich abserviert, als hätten dir die zwei Jahre nichts bedeutet.“

Es war nur zu deinem Besten, dachte er. „Und schau, was aus dir geworden ist. Du bist nach Paris gegangen und eine weltberühmte Designerin geworden.“

„Glaubst du vielleicht, darauf hatte ich es angelegt?“ Sie lachte auf, klang aber nicht amüsiert, sondern eher verärgert. „Auf Ruhm und Reichtum?“

Nein, aber er hatte ihr beides gewünscht. „Es wäre ein Jammer gewesen, so ein Talent zu vergeuden.“

„Erwartest du etwa, dass ich mich bei dir bedanke?“, fragte sie, und ihre Stimme troff vor Sarkasmus.

„Nein.“ Keinem anderen Menschen gegenüber war Christian jemals so aufrichtig gewesen. Nicht einmal seine Brüder wussten von den inneren Dämonen, mit denen er kämpfte. Vielleicht lag es daran, dass er mit Noelle erst eine Zeit lang befreundet gewesen war, ehe sie ein Liebespaar wurden. Ihre Offenheit und Sanftmut hatten ihm einen sicheren Hafen für seine Ängste und Zweifel geboten. Und genau darum hatte er ihr auch die ganze Last seiner düsteren Gedanken aufgebürdet.

„Wieso interessierst du dich dann plötzlich wieder für mich? Nach fünf Jahren Funkstille.“

Weil ich mal wieder Trost brauche und deine Unterstützung.

Schließlich musste er einen Thronfolger zeugen. Und der Druck, der auf ihm lastete, brachte all seine schlimmsten Eigenschaften zutage. Noelle hatte ihm allerdings schon früher über so manche melancholische Phase hinweggeholfen. „Ich brauche dich.“

„Ich habe mich verändert.“ Ihr Ton wurde schärfer. „Außerdem gibt es in meinem Leben inzwischen Dinge, die mir weitaus wichtiger sind als ein …“ Sie stockte und presste die Lippen zusammen, als wäre ihr gerade erst bewusst geworden, dass sie mit einem Prinzen redete. Als sie weitersprach, klang ihre Stimme wieder beherrscht. „Ich kann einfach nicht mehr deine Freundin sein.“ So, wie sie es aussprach, klang das Wort hässlich.

Christian hatte verstanden. Sie wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben. Nicht als Vertraute, nicht als Ratgeberin, nicht als Geliebte.

Noch ehe er etwas entgegnen konnte, knickste sie noch einmal. „Wenn Durchlaucht mich jetzt bitte entschuldigen. Ich würde gerne zu den anderen Gästen zurückkehren.“

Während Christian ihr hinterhersah, dachte er darüber nach, wie es ihm gelungen war, die wichtigste und uneigennützigste Handlung seines Lebens so gründlich zu vermasseln. Kein Wunder, dass Noelle nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Mehr als einmal hatte er bewiesen, dass er ihr nichts als Kummer bereitete.

Nach diesem Gespräch war ihm aber auch klar, dass er einen guten Freund bitter nötig hatte. Jemanden, der ihm in den nächsten Monaten beistand bei der Aufgabe, eine Ehefrau zu finden und einen Sohn zu zeugen. Noelle war schon immer die Einzige gewesen, mit der er über seine Probleme reden konnte. Ohne sie war er hilflos. Er musste alles daransetzen, sie wieder auf seine Seite zu ziehen.

Eine leichte Brise wehte den Duft des nahenden Herbstes durchs Fenster herein, als Noelle in die kleine, zweckmäßig eingerichtete Küche ihres Landhauses trat. So sehr sie die Jahre in Paris genossen hatte, das gemächliche Tempo des Landlebens und die Weite der Landschaft hatten ihr gefehlt. Außerdem brauchte so ein kleines Energiebündel wie ihr Sohn viel Platz zum Spielen.

Die Tomaten, die sie gepflückt hatte, legte sie auf die Arbeitsplatte. Langsam näherte sich die Erntezeit ihrem Ende, bald schon würde sie die letzten Kürbisse, Tomaten und Kräuter einbringen.

Der Herbst war Noelles liebste Jahreszeit. Die Farbenpracht der Hügel, die ihr Häuschen umgaben – leuchtendes Burgunderrot, weich glänzendes Gold und kräftige Grüntöne –, hatte sie schon oft zu außergewöhnlichen Entwürfen inspiriert. Die Tatsache, dass sie sich für ihre Brautkleider auf die schmale Palette von Weiß- und Cremetönen mit einem gelegentlichen Ausflug ins Pastellige beschränken musste, war das einzige Manko an ihrem Beruf.

„Mama!“ Ohne Vorwarnung warf sich ihr Sohn gegen ihre Beine. Lachend schlang sie die Arme um den Jungen, der sich vergnügt quietschend wehrte. Wie alle Kinder in seinem Alter sprühte der Vierjährige vor Energie.

„Hast du dir mit deiner Oma einen schönen Nachmittag gemacht?“ Noelles Mutter lebte bei ihnen und kümmerte sich um Marc, während Noelle arbeitete.

„Er war ein ganz lieber Junge“, bestätigte Mara Dubone mit Nachdruck, und Noelle wollte gern glauben, dass das stimmte. In den letzten Monaten war Marc immer wilder geworden und hörte immer weniger auf seine Großmutter. Mara, die ihren Enkel vergötterte, nahm ihn zwar stets in Schutz, aber Noelle befürchtete, dass sie schon bald nicht mehr mit ihm fertigwerden würde.

„Stimmt“, bekräftigte Marc und sah sie aus goldbraunen Augen treuherzig an.

„Da bin ich aber froh.“ Noelle seufzte. Marc war seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Auch dessen unselige Neigung, Dummheiten zu machen, hatte er geerbt, genauso wie seinen Charme, und das machte ihr Sorgen. Das Wiedersehen mit Christian hatte sie aufgewühlt. Fünf Jahre lang kein Sterbenswort, und plötzlich stand er wieder vor ihr. Fünf Jahre zu spät zwar, trotzdem hatte ihr Herz völlig verrücktgespielt.

„Geh schon mal hoch, Zähne putzen“, sagte Mara zu Marc. „Die Mama kommt gleich, um dir deine Gute-Nacht-Geschichte vorzulesen.“

„Hat er sich wirklich benommen?“, erkundigte sich Noelle, nachdem der Junge die Treppe hochgepoltert war.

Mara holte tief Luft. „Er ist ein lieber Junge, aber er hat so viel überschüssige Energie und braucht eine starke Hand.“ Sie lächelte vielsagend. „Es wäre gut, wenn es einen Mann in seinem Leben gäbe, mit dem er sich so richtig austoben könnte.“

Diesen Rat hörte Noelle nicht zum ersten Mal, und wie jedes Mal nickte sie bloß. „Marcs Freunde gehen nächste Woche mit ihren Vätern angeln, und Philipps Vater hat angeboten, Marc mitzunehmen. Ich denke, das werde ich annehmen.“

„So habe ich das nicht gemeint, das weißt du genau.“ Noelles Mutter stemmte die Hände in die Hüften und schüttelte den Kopf. „Du wirst nicht jünger. Ich finde, nach fünf Jahren ist es höchste Zeit, dass du aufhörst, diesem Prinzen nachzuweinen. Du musst dein Leben weiterleben.“

„Ich weine ihm nicht nach! Und was mein Leben angeht: Ich habe ein florierendes Geschäft aufgebaut und muss ein Kind großziehen. Beides verlangt meine volle Aufmerksamkeit.“

Noelles Mutter schnaubte empört, ehe sie nach oben hastete, wo es inzwischen laut rumorte. Anscheinend musste Marc vor dem Schlafengehen noch einmal ordentlich Dampf ablassen.

Noelle drehte unterdessen eine Runde im Erdgeschoss und knipste die Lampen aus. Einen Augenblick lang blieb sie am Fuß der Treppe stehen und lauschte den vertrauten Geräuschen – der geduldigen, aber festen Stimme ihrer Mutter und dem lebhaften Geplapper ihres Sohns.

Lautes Klopfen riss sie abrupt aus ihrer Versonnenheit. Viertel vor neun! Wer konnte das sein – um diese Uhrzeit? Wahrscheinlich war wieder eine der Ziegen ausgebüxt, der Zaun um die Koppel war immer noch nicht repariert.

Sie ging zur Haustür, öffnete … und erstarrte, als sie erkannte, wer vor ihr stand. „Christian? Was tust du hier?“

Auf dem Empfang war es ihr nicht schwergefallen, den arroganten Prinzen in die Schranken zu weisen. Jetzt aber wurde sie nervös. Sie hatte hart dafür gearbeitet, ihr Privatleben privat zu halten, und dass Prinz Christian Alessandro aus heiterem Himmel auf ihrer Schwelle auftauchte, brachte das alles auf einen Schlag in Gefahr.

„Wir sind vorhin unterbrochen worden“, erklärte er.

Warum überrascht es mich eigentlich, dachte sie, dass er nach fünf Jahren, in denen er sich nicht ein einziges Mal gemeldet hat, meint, er könnte so mir nichts dir nichts bei mir reinplatzen? „Es ist fast neun.“

„Ich habe Wein mitgebracht.“ Mit seinem charmantesten Lächeln zauberte er eine Flasche ihres Lieblingsrotweins hervor, und in seinen Augen lag dieser sanfte, verführerische Glanz, bei dem sie damals schon regelmäßig schwach geworden war. „Willst du mich nicht reinbitten?“

Dass er sich daran noch erinnert, dachte sie, verschränkte aber abwehrend die Arme vor der Brust. „Wie ich dir schon heute Nachmittag gesagt habe: Ich bin nicht mehr das junge Mädchen von damals. Du kannst nicht mehr einfach aufkreuzen und erwarten, dass ich dich reinlasse.“

„Ich weiß. Ich hätte anrufen sollen.“

Wie? Eine Entschuldigung? „Fünf Jahre habe ich nichts von dir gehört.“ Ein halbes Jahrzehnt lang! Es kostete Noelle viel Kraft, ihm nicht einfach die Tür vor der Nase zuzuschlagen.

„Ich weiß. Ich habe es auch wirklich ernst gemeint, als ich vorhin sagte, dass du mir gefehlt hast. Deswegen würde ich ja gerne reinkommen. Um zu hören, wie es dir so ergangen ist.“

„Warum ausgerechnet jetzt? Ich lebe seit zwei Jahren wieder in Carone.“

„Das Gespräch heute Nachmittag hat viele Erinnerungen geweckt. Das mit uns war schon etwas ganz Besonderes.“

„Betonung auf war.“ Trotzdem überlief Noelle eine Gänsehaut, als sie sich unwillkürlich vorstellte, wie seine Finger über ihre Haut glitten und Empfindungen auslösten, die sie seither nie wieder erlebt hatte. „Mir geht es großartig, ich bin restlos glücklich. Für dich und dein Chaos gibt es keinen Platz in meinem Leben.“

„Ich habe mich auch verändert.“

Das kaufte sie ihm sogar ab. Sie hatte verfolgt, was die Medien über ihn berichteten. Aber es genügte nicht, um ihn hereinzubitten. „Was immer in der Vergangenheit zwischen uns war oder nicht war, es ist vorbei“, sagte sie. Im selben Moment erkannte sie, dass sie genau die falschen Worte gewählt hatte.

Seine Augen blitzten angriffslustig. „War oder nicht war? Willst du etwa leugnen, dass wir Freunde waren?“

Das war sie also für ihn: eine Freundin. So hatte er sie gesehen, auch als er – oft stundenlang – mit ihr im Bett gelegen und sie geliebt hatte? Als er ihr verboten hatte, mit den Jungs aus dem Café, in dem sie gearbeitet hatte, nach der Arbeit wegzugehen? Eine Freundin? Die man versteckte, als würde man sich für sie schämen?

Unwillkürlich hatte Noelle die Hände zu Fäusten geballt. Jetzt versuchte sie, sich zu entspannen. Er brachte sie immer noch genauso schnell auf die Palme wie an dem Tag, als er erklärt hatte, sie beide hätten keine Zukunft, und sie solle nach Paris gehen und den Job bei Matteo Pizarro Designs annehmen.

„Was willst du, Christian?“ Bewusst legte Noelle eine beißende Schärfe in ihre Stimme, die leider nicht die geringste Wirkung zeigte.

Immerhin sah er wohl ein, dass sein Charme bei ihr nicht zog. „Tja, du hast mich schon immer gleich durchschaut. Lass mich bitte rein. Wir müssen reden.“ Seine Stimme klang bestimmt.

„Es ist schon spät.“ Oben hörte man Schritte. Marc wartete sicher schon ungeduldig und konnte jeden Moment herunterkommen, um nachzusehen, wo sie blieb. „Wollen wir uns die Tage mal auf einen Kaffee treffen?“

„Lieber zum Abendessen. Nur wir beide, so wie früher. Könntest du in meine Stadtwohnung kommen? Ich muss etwas mit dir besprechen und würde das lieber nicht in der Öffentlichkeit tun.“

Er wollte sich noch nie mit mir in der Öffentlichkeit zeigen, dachte Noelle bitter. Sie musterte ihn gründlich. Dass ihn etwas beschäftigte, war nicht zu übersehen, aber es hatte nichts mit ihrem Sohn zu tun. Dieses Geheimnis war einstweilen sicher. Denn hätte er von Marc gewusst, wäre er sofort damit herausgerückt. Was also wollte er von ihr?

„Tut mir leid, abends kann ich nicht.“ Die Zeit mit ihrem Sohn war ihr kostbar, und sie war nicht gewillt, ihre Abende mit Marc zu opfern. „Aber ich könnte zu dir ins Büro kommen.“

In diesem Moment erklang lautes Getöse von der Treppe, denn Marc kam heruntergehüpft, Stufe für Stufe. Noelles Herz pochte im selben Takt. Sie musste Christian unbedingt loswerden, bevor der Junge auf der Bildfläche erschien. „Weißt du was? Ruf mich an, ich hab’s nämlich jetzt wirklich eilig.“ Sie versuchte, die Tür zu schließen, aber Christian drückte mit der Hand dagegen. Schon patschten Marcs nackte Füße über die Holzdielen, er kam näher. „Na gut, Abendessen. Bei dir.“

„Mama, wo bleibst du denn?“

„Geh jetzt bitte.“ Mit der Kraft der Verzweiflung stemmte sich Noelle gegen die Tür.

„Marc, wo bist du?“ Jetzt kam auch Mara die Treppe hinunter, und Noelle betete, dass ihre Mutter den Jungen abfing, bevor ihn die Neugier an die Tür trieb. „Die Mama liest dir nur vor, wenn du im Bett liegst.“

Christian fielen fast die Augen aus dem Kopf. „Du hast ein Kind? Das hab ich nicht gewusst“, murmelte er, und in seinen Worten schwang eine leise Melancholie mit.

„Jetzt verstehst du, warum ich abends nicht wegkann. Wenn ich nun bitten darf: Ich muss meinen Sohn ins Bett bringen.“

„Ich würde ihn gerne kennenlernen“, bat Christian und versuchte, an ihr vorbei ins Innere des Hauses zu sehen.

„Kommt nicht infrage.“ Ihre Stimme klang schärfer als beabsichtigt. „Für ihn ist es Schlafenszeit. Wenn ich ihn dir jetzt vorstelle, wird er nur noch mal munter, dabei ist es auch so schon schwierig genug, ihn zum Einschlafen zu bewegen.“

„Er könnte glatt mein Sohn sein.“