Fußballprofi 3: Fußballprofi - Ein Talent wird zum Star - Andreas Schlüter - E-Book

Fußballprofi 3: Fußballprofi - Ein Talent wird zum Star E-Book

Andreas Schlüter

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Beschreibung

FUSSBALLPROFI - Das große Finale! *** Niklas, A-Jugend-Talent beim FC Rot-Weiß, kann sein Glück kaum fassen: Probetraining bei den 1. Herren! Wird der große Traum von der Bundesliga endlich wahr? Doch bald merkt Niklas, dass man als Profi starke Nerven braucht: Bei den A-Junioren scheint sich niemand für ihn zu freuen, die Presse belauert ihn und Berater bedrängen den Nachwuchsstar. Dabei will Niklas doch nur eins -- Fußball und sonst gar nichts! *** Von den Autoren der erfolgreichen "Fußball und sonst gar nichts"-Trilogie! *** www.niklasfussballseite.de

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Andreas Schlüter / Irene Margil: Fußballprofi - Ein Talent wird zum Star

Mit Bildern von Markus Spang

Niklas, A-Jugend-Talent beim FC Rot-Weiß, kann sein Glück kaum fassen: Probetraining bei den 1. Herren! Wird der große Traum von der Bundesliga endlich wahr? Doch bald merkt Niklas, dass man als Profi starke Nerven braucht: Bei den A-Junioren scheint sich niemand für ihn zu freuen, die Presse belauert ihn und Berater bedrängen den Nachwuchsstar. Dabei will Niklas doch nur eins - Fußball und sonst gar nichts!

Dies ist der 3. Band der Reihe Fußballprofi.

Wohin soll es gehen?

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Aufwärmen

Laut Wetterbericht hätte es ein sonniger Tag werden sollen. Doch während die A-Junioren des FC Rot-Weiß auf dem Platz ihr Aufwärmtraining absolvierten, brauten sich schwarze Wolken über dem Stadion zusammen.

Niklas schaute besorgt in den Himmel. „Gleich schüttet’s aus Eimern“, murmelte er vor sich hin.

Es war wie vor jedem Spiel: Niklas war das reinste Nervenbündel. In düstersten Farben malte er sich aus, was alles schieflaufen konnte. Beinahe kam es ihm so vor, als würde er die Blicke der Zuschauer spüren wie feine Nadelstiche auf der Haut.

Niklas war so aufgeregt, dass er sogar fast über seine eigenen Füße gestolpert wäre! Das fehlte gerade noch! Er wusste, dass dort oben auf den Tribünen zwischen den dreitausend Fans auch Vorstandsmitglieder des FC Rot-Weiß sowie Scouts von anderen Vereinen saßen. Da wollte er so eine Blamage auf keinen Fall riskieren!

Die A-Junioren-Saison endete in einer Woche. Entsprechend intensiv wurde in allen Vereinen nach Verstärkung gesucht, nach Spielern, denen ein Wechsel angeboten werden sollte. Auch Niklas war schon von verschiedenen Vereinen angesprochen worden. Bislang aber war er noch keiner Einladung zu einem Probetraining gefolgt.

Warum sollte er den FC Rot-Weiß auch verlassen?

Die Herrenmannschaft stand kurz davor zu wiederholen, was dem TSG Hoffenheim 2008 erstmals in der Geschichte der Bundesliga gelungen war: der blitzschnelle Aufstieg in die 1. Liga.

Sie hatten einen grandiosen Durchmarsch hingelegt. Vor vier Jahren erst hatte der Ketchupfabrikant Herr Dr. Karl Kiesling den Verein als Hauptsponsor übernommen. Er hatte als Junge selbst beim FC Rot-Weiß gespielt und beschlossen, seinen alten Kindheitsverein von der Regionalliga in die 1. Bundesliga zu bringen.

Kiesling hatte es allen Zweiflern gezeigt – der 1. FC Rot-Weiß war nicht mehr weit von seinem Ziel entfernt: Als Aufsteiger behaupteten seine 1. Herren schon seit Wochen den Platz an der Tabellenspitze der 2. Bundesliga. Die 1. Liga war zum Greifen nah.

Doch auch Niklas’ A-Junioren-Mannschaft brauchte sich nicht zu verstecken. Erst am Tag zuvor hatte Niklas’ Tor nicht nur das letzte Spiel entschieden, sondern seiner Mannschaft schon am vorletzten Spieltag den Meistertitel gesichert.

„Hey! Pennst du?“, rief Benni und riss Niklas aus seinen Gedanken.

Niklas hatte gar nicht mitbekommen, dass die anderen bereits im Dauerlauf zur gegenüberliegenden Längsseite des Platzes unterwegs waren. Verdammt! Niklas spurtete hinterher und reihte sich ein. Hoffentlich hatte keiner der Scouts oder Vorstandsmitglieder etwas gemerkt!

„Na, ausgeschlafen?“, hieß Benni ihn in der Reihe willkommen.

Im Gegensatz zu Niklas hörte sich Benni jedes Angebot anderer Vereine sehr genau an. In regelmäßigen Abständen posaunte er heraus, wie viele Gespräche er und sein Berater ständig führten und dass sie am laufenden Band Angebote prüften. Bislang jedoch ohne Erfolg. „Das Angebot entsprach nicht unseren Vorstellungen“, erklärte Benni immer.

Niklas hatte noch nicht mal einen Berater.

Ihr alter Mannschaftskapitän Alex hingegen war schon weg. Zur Winterpause hatte ihnen ihr Trainer Herr Kanter überraschend mitgeteilt, dass Alex für die nächsten zwei Jahre bei Ajax Amsterdam spielen würde. Niemand hatte etwas von dem Angebot oder irgendwelchen Gesprächen mitbekommen. Ganz anders als Benni hatte Alex eisern geschwiegen, bis alles unter Dach und Fach gewesen war. Danach aber hatte Alex aus seiner Freude kein Geheimnis mehr gemacht. Verständlich – sein Vater lebte in Amsterdam.

In seiner Zeit bei Rot-Weiß war Alex für Niklas zu einem guten Freund geworden. Dass er nun weg war, war nicht leicht für Niklas. Klar, sie hatten sich vorgenommen, in Kontakt zu bleiben. Aber SMS, Mails und Telefonate konnten keinen gemeinsamen Alltag ersetzen. Tür an Tür im Fußball-Internat zu leben, Tag für Tag gemeinsam auf dem Platz zu stehen und die wenigen freien Stunden zusammen zu verbringen – das verband mehr als hundert E-Mails!

„UND AB!“, rief Hinnerk, ihr neuer Kapitän, der im Auftrag des Trainers das kurze Aufwärmprogramm leitete. Alle wussten, was das Kommando bedeutete: zehn Meter Kurzsprint.

Wie immer war Erkan der Schnellste. Er hatte einfach einen unglaublichen Antritt. Nach Alex’ Weggang war Erkan aus der 2. Mannschaft ins Mittelfeld gerückt und hatte sich dort auch recht gut behauptet.

Trotzdem hatte die Umstellung anfangs einige Probleme mit sich gebracht. Alex und Niklas hatten sich einfach blind verstanden. Mit Erkan klappte die Verständigung bis zum heutigen Tag nicht halb so gut, obwohl sie das Positionsspiel immer und immer wieder trainierten.

Zusammen mit Yannik bestimmten Niklas und Erkan das offensive Mittelfeld und bildeten mit Dominik die Raute, in der Herr Kanter die Mannschaft seit Jahren erfolgreich spielen ließ. Vor ihnen spielte normalerweise Federico als hängende Spitze. Normalerweise.

„ZUM KOPFBALL!“, brüllte Hinnerk. Alle Spieler sprangen hoch und setzten zu einem imaginären Kopfball an. Danach ging es im Dauerlauf weiter bis zum Spielfeldrand und von dort wieder zurück.

Bei der bevorstehenden Begegnung handelte es sich nicht um ein Punktspiel, sondern um ein Freundschaftsspiel gegen die U18-Nationalmannschaft. Und darum stand Federico heute nicht für den FC Rot-Weiß auf dem Platz, sondern gegen ihn: Er hatte seinen ersten Einsatz als U18-Nationalspieler.

Niklas schaute hinüber zur anderen Spielfeldhälfte, wo sich die jungen Nationalspieler warm liefen. Er konnte sehen, wie eifrig Federico schon jetzt im Aufwärmtraining bei der Sache war. Klar, der wollte zeigen, dass er zu Recht in die Nationalelf berufen worden war.

Aber wo steckten die Spieler mit den Nummern 23 und 12? Herr Kanter hatte Niklas diese beiden als seine möglichen Gegenspieler genannt.

Jetzt sah er sie. Der Spieler mit der Nummer 23 dehnte gerade seine Waden. Niklas kannte den Riesen aus den Punktspielen. Er erinnerte sich noch gut, wie schwer es gewesen war, an ihm vorbeizukommen. Niklas hatte dafür alle möglichen Tricks aufbieten müssen.

Oder würde er gegen Nummer 12 spielen? Sah ganz danach aus. Warum sonst grinste der Typ ihn immerzu an? Auch er war größer und muskulöser als Niklas – wie fast alle dort drüben, die sich in Zweierreihen aufwärmten. Obwohl Niklas im letzten Jahr sieben Zentimeter gewachsen war, gehörte er immer noch zu den Kleinsten. Und das würde sich wohl auch nicht mehr ändern, befürchtete er.

Der Trainer rief die Jungs mit einem lauten Pfiff vom Platz. Niklas trabte mit den anderen in die Umkleidekabine. Genau in diesem Moment fing es an zu regnen. Ein paar Minuten vor dem Anstoß!

Niklas schaute noch einmal in den finsteren Himmel. Dieses Spiel würde die reinste Schlammschlacht werden! Dann sah er kurz hinüber in den Bereich C der Westtribüne. Dort wollte Sarah sitzen und „ein Auge auf ihn werfen“, wie sie ihm vor dem Spiel gesimst hatte.

Niklas hatte Sarah vor gut einem Jahr kennengelernt. Sie war Sängerin und hatte regelmäßig mit ihrer Band, den „Flying Birds“, im Geräteraum auf dem Internatsgelände geprobt. Niklas hatte oft dabei zugehört. Die Sprüche der anderen Jungs hatten ihn nicht interessiert. Er mochte die Songs, Mädchenmusik hin oder her. Und Sarah mochte er auch – als Kumpel, wohlgemerkt. Sie hatten viele lustige Abende zusammen verbracht.

Vor ein paar Monaten war damit abrupt Schluss gewesen. Die Band hatte sich zerstritten und Niklas und Sarah sahen sich seitdem kaum noch. Aber sie hielten SMS-Kontakt oder chatteten ab und zu miteinander.

Niklas winkte hinauf Richtung Westtribüne, obwohl er nicht genau erkennen konnte, ob Sarah wirklich dort saß.

Anpfiff

Die Spieler saßen in der Kabine und warteten auf die Ansprache des Trainers. Niklas war so ungeduldig und nervös, dass er kaum die Füße stillhalten konnte.

Es war ihm egal, ob es draußen regnete oder stürmte. Er wollte einfach nur noch raus auf den Platz und spielen. Jetzt!

Gandolf, der neben ihm saß, drückte gerade eine große Ladung Creme aus einer Tube und verteilte sie auf seinem rechten Knie. Seit einer langen Verletzungspause nach einem Kreuzbandriss war er erst zwei Mal eingewechselt worden.

Niklas wusste, dass Gandolf sich große Sorgen machte, ob er es mit dem Knie jemals wieder in die Stammmannschaft zurückschaffen würde.

Lennart, der seitdem Gandolfs Position als Innenverteidiger eingenommen hatte, zupfte an seinen Stutzen und vermied wie immer direkten Blickkontakt mit Gandolf. Einerseits tat Gandolf ihm leid, andererseits war er erst durch dessen Verletzung in die 1. Mannschaft gerückt und wollte seinen Platz natürlich nicht wieder hergeben.

„Alles klar, Jungs?“ Herr Kanter kam herein und klatschte laut in die Hände, um sich Aufmerksamkeit zu verschaffen. „Ihr wisst, worum es geht!“

„Ja, um gar nichts“, murmelte Falko leise.

Niklas vermutete, dass der Trainer es trotzdem gehört hatte. Doch bevor Herr Kanter meckern konnte, ergriff Hinnerk schnell das Wort: „Klar! Wir bereiten dem Kiesling heute einen netten Geburtstagsaufritt. Sechs Tore für sechs Jahrzehnte sind Minimum! Abgemacht?“

Mit den Zähnen drehte er den Deckel von seiner Trinkflasche, spuckte ihn auf die Bank und trank einen großen Schluck, wobei er die Flasche mit beiden Händen festhielt, weil sie in Torwarthandschuhen steckten.

Der sechzigste Geburtstag des Vereinsvorsitzenden Dr. Karl Kiesling war der offizielle Anlass für das Freundschaftsspiel.

„Die ganze Nummer heute ist doch bescheuert!“, platzte es jetzt aus Falko heraus. „Wenn wir gewinnen, ist es echt peinlich für die Nationalmannschaft, und wenn wir verlieren, ist es ein echt mieses Geburtstagsgeschenk. Auf so eine Würdigung würde ich auf jeden Fall verzichten!“

„Wer will dich denn auch würdigen?“, fragte Gandolf und zielte mit der Cremetube auf Falko.

Niklas stöhnte. „Falko, reg dich ab, Herr Kiesling hat sich das Spiel gewünscht und er ist nun mal unser Chef“, sagte er. „Und das Geburtstagskind!“

„Ich find’s gut! Endlich mal wieder ein richtig interessantes Spiel für uns! Mit jeder Menge Scouts!“, rief Benni in die Runde.

„Pffft!“, machte Falko. „Du glaubst auch in jedem Spiel, dass Barcelona einen nur für dich geschickt hat, du Tröte!“

„Wieso nicht?“, gab Benni ernst zurück.

Einige kicherten.

„Niemand zwingt dich zu spielen, Falko“, ging Herr Kanter dazwischen. „Wenn du lieber auf die Ersatzbank willst …“

Falko schüttelte erschrocken den Kopf. Zwar passte es ihm nicht, dass Herr Kanter ihn wieder als rechten Innenverteidiger aufgestellt hatte anstatt im Angriff, aber ganz aus dem Spiel sein – das wollte er auch nicht.

„Na also! Dann will ich so ein dummes Zeug nicht noch mal hören! Da draußen wartet nämlich nicht nur Herr Kiesling auf ein attraktives Spiel, da sitzen auch mehr als dreitausenddreihundert Zuschauer! Und das bei einem A-Jugend-Freundschaftsspiel. Noch Fragen? Nein? Schön. Dann gehen wir jetzt raus und zeigen vollen Einsatz, verstanden? Da das für uns heute in erster Linie ein Testspiel ist, werde ich beliebig oft wechseln. Das heißt, wer sich nicht voll reinhängt, kann sofort duschen gehen. Klar?“

„Klar“, murmelten einige.

„Wie bitte?“, fragte Herr Kanter.

Die Mannschaft wusste, was er hören wollte.

„Tore! Tore! Tore!“, riefen alle, aber noch sehr zaghaft.

„Hä?“, fragte der Trainer.

„TORE! TORE! TORE!“, brüllten nun alle aus vollem Hals.

„Na also!“ Der Trainer schien zufrieden. „Geht’s naus und spuit’s Fußball!“, zitierte er zum Abschluss wie immer Beckenbauers berühmte Worte.

Der Wolkenbruch war vorüber, aber noch immer nieselte es. Der Rasen war nass, trotzdem hüpfte Hinnerk begeistert hin und her.

„Ey Leute, merkt ihr was? Unser Jugendplatz wäre nach dem Regenguss ein einziges Matschfeld. Aber hier – nur nass, aber super bespielbar.“

„Drainagen“, kommentierte Falko. „Unter dem Rasen sind Kanäle eingebaut, damit das Wasser schneller abfließt.“

Typisch Falko, dachte Niklas. Er hörte sich einfach gern selbst reden und liebte es, Dinge zu erklären – meistens allerdings solche, die ohnehin schon jeder wusste.

Es war auch für Niklas etwas Besonderes, in dem neuen Stadion zu spielen, das extra für den Bundesliga-Aufstieg der 1. Herren gebaut worden war. Erst vor wenigen Monaten war es zum Beginn der Rückrunde eröffnet worden – hier war wirklich alles vom Feinsten. Niklas ließ seinen Blick über das satte Grün schweifen.

Bennis Aufmerksamkeit jedoch galt nur der Haupttribüne.

„Wie viele Scouts wohl da sind? Zweihundert?“, fragte er sich laut.

„Ich kann ja zählen, während ihr den Kasten drüben belagert!“, flachste Hinnerk. „Geht ganz leicht. Die Scouts erkennt man an Schlapphut, Sonnenbrille und Vereinszeitung vor der Nase!“

Die Jungs der U18-Nationalmannschaft standen schon auf dem Spielfeld und warteten auf die Rot-Weißen, die nun ziemlich ungeordnet auf den Platz schlenderten.

„Hey, Leute!“, rief Hinnerk seinen Mannschaftskollegen zu. „Wir sehen aus wie der letzte Hühnerhaufen. Was soll denn das?“

Ihr Kapitän hatte Recht, fand Niklas. Und ein Blick auf Herrn Kanter genügte, um zu wissen, dass auch der alles andere als angetan von der Haltung seiner Jungs war. Zusammen mit Hinnerk versuchte Niklas seine Spielerkollegen dazu zu bewegen, ordentlich hintereinander auf den Platz zu marschieren und sich dort genauso aufzubauen wie ihre Gegner.

Das selbstbewusste Auftreten der Nationalelf hatte Niklas schon während des Aufwärmens beeindruckt. Voller Stolz trugen die Spieler das Nationaltrikot mit den drei feinen Linien in den Farben der deutschen Flagge zur Schau – unter ihnen Federico, der seinen Rot-Weiß-Kollegen verschmitzt zuwinkte. Er war in der Startformation, wie der Trainer es ihm versprochen hatte.

Federicos Berufung in den U18-Kader hatte für viel Wirbel unter den Rot-Weißen gesorgt. Falko hatte sich lautstark darüber aufgeregt. In seinen Augen gab es keinen besseren Kandidaten als ihn selbst. Deshalb war er auch der Einzige, der Federico jetzt keinen freundlichen Gruß hinüberschickte.

Niklas gönnte Federico den Einsatz, verstand aber trotzdem nicht, warum der FC Rot-Weiß nur mit einem einzigen Spieler in der U18-Nationalmannschaft vertreten war. Ihr schärfster Konkurrent Hansa Rostock zum Beispiel war mit insgesamt fünf Stammspielern in der Auswahl vertreten. Dabei waren diese fünf in Niklas’ Augen keineswegs die Besten ihres Jahrgangs auf ihren jeweiligen Positionen. Doch als Niklas mal bei Herrn Kanter angefragt hatte, welchen Grund der U18-Nationaltrainer Herr Schaf für diese Besetzung gehabt haben könnte, hatte Herr Kanter ziemlich gereizt reagiert.

„Solche Diskussionen sind sinnlos!“, hatte er losgepoltert. „Herr Schaf wird schon wissen, was er tut. Basta!“ Damit war das Thema für ihn erledigt.

Zwischen den anderen Nationalspielern wirkte Federico noch sehr unsicher. Niklas konnte gut nachempfinden, wie er sich fühlte. Was für ein Riesendruck musste wohl gerade auf ihm lasten!

Niklas ging auf Federico zu und schlug ihn freundschaftlich gegen die Schulter. „Ich wünsche dir viel Glück, aber glaub ja nicht, dass wir dir Geschenke machen!“, sagte er augenzwinkernd.

Federico klatschte mit Niklas ab. „Wir brauchen keine Geschenke!“

„Ach nein?“, lachte Niklas. „Du hältst deine eigene Mannschaft plötzlich für schlecht?“

„Klar, wenn ich nicht dabei bin!“, gab Federico frech zurück und grinste.

Niklas reihte sich wieder bei den Rot-Weißen ein.

Herr Kanter und Herr Schaf begleiteten Dr. Kiesling zum Mittelkreis, in den mit Kreide eine riesige Sechzig gemalt war.

Ein paar Zuschauer stimmten „Happy Birthday“ an, und innerhalb weniger Sekunden fielen alle Gäste mit ein und erhoben sich von ihren Plätzen. Der Gesang zu Ehren des Jubilars schallte von allen Richtungen auf den Platz hinunter.

„Unseren Erfolg verdanken wir unseren Jungs und UNSEREM KALLE!“, übertönte der Stadionsprecher den Applaus.

Auf den großen Anzeigetafeln über den Kurven erschienen im Wechsel Torszenen aus bedeutenden Spielen der letzten Jahre sowie Fotos und Videomitschnitte von Herrn Kiesling. Man sah ihn als Kind auf dem Fußballplatz, dann als Jugendlichen in der A-Jugend-Mannschaft, als Manager beim Ausbau der Anlage und schließlich als Hauptsponsor beim ersten Spatenstich für das neue Stadion.

„Unser tolles Stadion verdanken wir …“, schallte es aus den Lautsprechern.

„UNSEREM KALLE!“, antwortete das Publikum unter begeistertem Applaus, während auf der Leinwand das Video von der Stadioneröffnung lief, bei der Herr Kiesling ein rotes Band durchschnitt.

Herr Kiesling verbeugte sich in alle Himmelsrichtungen, zuletzt vor den Gästen der Ehrentribüne. Dann bedankte er sich in einer kurzen Ansprache beim Verein, beim Publikum, bei den Fans und bei seiner Familie.

„Ich werde diese Zeit niemals vergessen. Aber jetzt schaue ich mit Ihnen allen nach oben, in die 1. Bundesliga unserer 1. Herren …“ Sein Blick wanderte zur A-Jugend-Mannschaft der Rot-Weißen. „… in der schon bald auch einige von euch spielen werden!“

Blitzschnell in die Bundesliga! Das war das Motto des Vereins, seitdem Herr Kiesling den Vorstand des FC Rot-Weiß übernommen hatte. Dieses Ziel unterstützte er mit riesigen Investitionen. Auch das neue Stadion erfüllte alle Voraussetzungen, Mannschaften der höchsten Klasse zu empfangen.

Herr Kiesling ging zu den A-Junioren hinüber und klopfte Niklas auf die Schulter. „Und nun freue ich mich auf ein spannendes Spiel zwischen der U18-Nationalmannschaft und unserem Eigengewächs. Die Zukunft gehört euch, Jungs!“, rief er.

Tosender Applaus von den Rängen.

Eigengewächs! Niklas mochte es nicht, wenn Herr Kiesling die Jugendspieler des FC Rot-Weiß so nannte. Das klang irgendwie nach Unkraut, als seien sie ein kunterbunt zusammengemischter Haufen, der wie Kraut und Rüben wild durcheinanderspielte. Aber Herr Kiesling war nun mal der Präsident.

Der Jubilar übergab das Mikro an Herrn Schaf. Anscheinend wollte Kiesling seine Rede angesichts des Regens nicht unnötig in die Länge ziehen.

Gut so! Ungeduldig trat Niklas von einem Bein aufs andere und sein Blick wanderte über den Fanblock der Rot-Weißen. Dort standen irgendwo seine Eltern und Sarah.

Seitdem Niklas’ Großvater vor einem halben Jahr gestorben war, kamen seine Eltern hin und wieder gemeinsam zu den Spielen ihres Sohnes. In der ersten Zeit hatte Niklas gar nicht glauben können, dass er seinen Opa niemals wiedersehen würde. Dass er niemals wieder mit ihm über Fußball und all die anderen kleinen und großen Fragen des Lebens sprechen würde. Dass sein Opa niemals wieder mitfiebern würde, wenn Niklas auf dem Platz stand.

Niklas war noch immer traurig, wenn er darüber nachdachte. Er vermisste seinen Opa sehr, besonders in Momenten wie jetzt. Niemals hätte er sich dieses Spiel entgehen lassen!

Bestimmt saß sein Opa jetzt irgendwo da draußen im großen Universum in seinem geliebten Ohrensessel und drückte ihm von dort aus beide Daumen.

Der Regen wurde wieder stärker. Kleine Rinnsale strömten über Niklas’ Gesicht. Und dann war es endlich so weit! Kiesling, Schaf und Kanter wünschten allen Spielern per Händedruck viel Erfolg und verließen das Spielfeld.

Die Platzwahl ging an die Gegner. Niklas war hellwach und stand für den Anstoß bereit. Anpfiff!

Wasserball

Die lasche Haltung, mit der Niklas’ Mannschaft in dieses Spiel gegangen war, machte sich von der ersten Sekunde an bemerkbar.

Schon beim Anstoß vertändelte Benni den Ball und lud die Nationalspieler zu ihrem ersten blitzartigen Angriff ein. Ein langer Pass an die Außenlinie, der rechte Außenstürmer flankte den Ball volley in den Strafraum, wo der Mittelstürmer sich turmhoch über die gesamte Rot-Weiß-Abwehr hinaus hochschraubte und einen wuchtigen Kopfball an die Latte setzte.

Niklas konnte es nicht fassen. Das war eine hochkarätige Torchance der Nationalelf gewesen. Und das nach nur zwanzig Sekunden! Sein Blick huschte an die Seitenlinie, wo ihr Trainer wütend mit den Armen wedelte und brüllte.

Hinnerk spielte den Abstoß auf Niklas, der den Ball mit der Brust annahm, aber sofort einen Gegenspieler in seinem Rücken spürte.

Die 23? Oder die 12?

Egal, Niklas täuschte rechts an, spielte den Ball aber links vorbei, rannte los – und wurde umgemäht wie von einer Sense. Niklas schlug hart auf und rutschte über den regennassen Rasen einige Meter weit. Sein linkes Knie schmerzte höllisch. Er schrie auf und wollte am liebsten sofort aufspringen, um sich seinen Gegenspieler zur Brust zu nehmen.

Wie konnte man in einem Freundschaftsspiel in der ersten Minute derart hart einsteigen? Doch Niklas konnte vor Schmerz nicht auftreten und ließ sich wieder auf den Rücken fallen. Sein Gegenspieler tippte ihm auf die Schulter. Es war kein anderer als Federico, der ihn über die Klinge hatte springen lassen.

„Keine Geschenke!“, flüsterte Federico ihm zu.

„Hast du sie nicht mehr alle?“, fauchte Niklas.

Federico zuckte nur mit den Schultern und wollte sich zurückziehen. Doch der Schiedsrichter war zur Stelle und zeigte Federico die Gelbe Karte.

Der Sanitäter behandelte Niklas’ Knie mit Eisspray. Niklas spürte, wie der Schmerz nachließ, und stand auf.

Inzwischen war auch Falko herbeigeeilt. Er hatte sich neben Federico postiert und wartete, bis der Schiedsrichter außer Hörweite war. Danach giftete er Federico an: „Das war ein Fehler, mein Junge. Ein böser Fehler!“

Niklas versuchte ein paar Schritte zu gehen. Zum Glück spürte er keinerlei Beeinträchtigung.

Yannik schlug den Freistoß in die Mitte. Benni versuchte den Ball zu erreichen, doch die Abwehr war schneller. Abgefangen und Gegenangriff.