G. F. Unger 1955 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 1955 E-Book

G. F. Unger

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Es ist nur eine kleine Herde, die Chap Cheyenne und Jim Charleston nach Oregon treiben - und noch wissen sie nicht, dass es ein Höllentrail wird und in Laramie der Teufel persönlich auf sie wartet ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 151

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Tausend Hufe

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Manuel Prieto/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6385-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Tausend Hufe

»Da drinnen sitzt Hamilton Hobson mit seinem Rudel, und wenn wir nicht bald hineingehen, wird er einen Mann herausschicken, um dich aufzufordern, ihm Revanche zu geben. Wir sollten unsere Pferde aus dem Mietstall holen und aus der Stadt reiten. Ich will gern auf allen Whisky dieser Stadt verzichten und …«

»Ein Mann muss einem anderen Mann, der verloren hat, immer Revanche geben. Er kann sich nicht davor drücken.« Jim, der den Freund mit diesen Worten unterbricht, zeigt dabei ein scharfes Lächeln. Seine Augen sind von einem tiefen Blau, und sie blitzen kampflustig.

Sie wollen sich beide zur Schwingtür wenden, da taucht ein großer Mann in ihrer Nähe auf. Er bleibt dicht neben ihnen stehen und späht erst über die Straße, bevor er sie von der Seite her ansieht. In seinen glasklaren Augen ist eine zwingende Härte zu erkennen, und auf seiner ärmellosen Weste blinkt ein Marshalstern.

»Charleston«, sagt er zu Jim, »wie viel Geld haben Sie Hamilton schon abgenommen?«

»Ich habe es noch nicht gezählt, aber meine Taschen sind so voll, dass ich mir einen Beutel umhängen muss, wenn er heute immer noch in seiner Pechsträhne steckt«, murmelt Jim Charleston …

Der Marshal von Dodge City nickt ernst und bedächtig.

»Ich habe es schon oft erlebt«, sagt er, »dass das Glück eines Mannes einem bestimmten anderen Mann gegenüber völlig versagt. Es sieht so aus, als könnte Hamilton Hobson Sie niemals mit den Karten schlagen, Charleston. Morgen geht er mit seiner großen Mannschaft und der Barryland-Herde auf den Oregon Trail. Er hat also heute die letzte Chance, seine Verluste wieder auszugleichen. Und irgendwie wird ihm das glücken. Irgendwie wird er euch reinlegen. Ich kenne ihn und habe genügend über ihn gehört. Und euch kenne ich auch!«

»Dann wissen Sie auch, Marshal, dass wir ganz gut für uns sorgen können«, sagt Chap Cheyenne. »Wenn Jim mit Hamilton Hobson spielt, halte ich ihm schon den Rücken frei.«

Der große Marshal nickt langsam. Seine scharfen Augen richten sich einen Moment auf die beiden Colts an Chaps Schenkeln.

»Ich greife ein, sobald ich einen Grund finde – und ich hoffe, dass nicht ihr mir diesen Grund zum Eingreifen liefert.« Er murmelt es bitter, wendet sich ab und geht davon. Aber schon nach einigen Schritten bleibt er stehen und wendet sich der Fahrbahn zu.

Dort ist nämlich ein Planwagen aufgetaucht. Ein großer und athletisch gebauter Mann führt die Zügel. Sein grauer Knebelbart verrät ihn als ehemaligen Offizier – und seine ganze Haltung unterstreicht diesen Eindruck noch.

Neben diesem beachtlichen Mann sitzt ein Mädchen, und neben dem Wagen reitet ein blonder Junge von vielleicht fünfzehn Jahren auf einem prächtigen Pinto.

»Hoi, Colonel! Haben Sie Ihre Zuchtherde zusammengekauft?«, ruft der Marshal hinüber.

»Ich habe sie – tausend Hufe stark! Und die besten Tiere sind es, die im Zeitraum der letzten vier Wochen mit hunderttausend anderen Rindern nach Dodge City kamen. Ich bin zufrieden, Marshal!«

Der große Graubart, den der Marshal mit »Colonel« angeredet hatte, zieht die Zügel an, sodass der Wagen anhält.

»Wir laden jetzt im Store Proviant. Morgen brechen wir auf nach Oregon! Ah, es ist die erlesenste Herde, die jemals auf den Oregon Trail gegangen ist! Aber ich brauche noch ein oder zwei Treiber – erstklassige Treiber, denen ich auch erstklassigen Lohn zahlen will! Kennen Sie zwei Männer, Marshal?«

Der Marshal grinst plötzlich, und nun ist auch nicht mehr jene unpersönliche Härte in seinen Augen. Er deutet auf Chap Cheyenne und Jim Charleston.

»Sehen Sie sich diese beiden Gents da an, Colonel! Oha, Sie haben sich von hunderttausend Rindern die zweihundertfünfzig besten Tiere ausgesucht! Für diese erstklassige Herde könnten Sie unter tausend Treibern keine besseren als diese zwei Gents da finden. Das sind nämlich Chap Cheyenne und Jim Charleston! Es gibt schon genügend Legenden über sie.«

Chap und Jim haben bisher nur uninteressiert zugehört, denn sie haben sich ganz auf das Mädchen konzentriert. Nun nehmen sie vor ihr die Hüte ab.

Es ist ein schlankes und kaum mittelgroßes Mädchen, und sie ist auch nicht ausgesprochen schön. Aber an ihr ist alles richtig. Ihr geteilter Cordrock, die grüne Bluse und die offene und ärmellose Wildlederjacke können es nicht verbergen. Ein rotes Reittuch ist lose um ihren stolzen Hals geschlungen, und der schwarze Stetson mit flacher Krone hängt über dem von einer schwarzen Samtschleife zusammengehaltenen Haar auf dem Rücken. Das Haar ist kastanienbraun, und ihre Augen sind von einem grünlichen Grau.

Als die beiden Freunde ihre Hüte abnehmen, nickt sie leicht und sieht offen und gerade in ihre Augen. Dann wendet sie sich dem bärtigen Mann zu.

»Dad, ich gehe schon voraus«, sagt sie. Ihre Stimme ist dunkel und etwas kehlig. Chap Cheyenne ist schneller als Jim Charleston. Er springt hinzu und hilft ihr vom Bock. Sie schüttelt unmerklich den Kopf, nimmt seine Hilfe dann aber ohne jede Ziererei an.

»Danke«, sagt sie ruhig und geht davon.

»Ich bin Humpery Wilson«, sagt der Graubart. »Das war eben meine Tochter Jane – und das da ist Jerry, mein jüngster Sohn. Wir kommen aus Kentucky, wo es uns zu eng wurde. Mein ältester Sohn James ist vor einem Jahr nach Oregon gereist und hat dort ein gutes Stück Ranchland erworben. Es gibt ja noch viel Land dort oben. Und nun folge ich mit dem Rest der Familie. Ich will eine Musterranch aufbauen und erstklassiges Vieh züchten. Deshalb habe ich mir hier eine kleine auserlesene Herde zusammengekauft. Sie zählt nur tausend Hufe, aber …«

»Mister Wilson, wir wünschen Ihnen viel Glück«, unterbricht Jim Charleston den graubärtigen Colonel aus Kentucky höflich.

Der schüttelt eigensinnig den kantigen Kopf.

»Ich brauche für diese wertvolle Herde die besten Reiter, und ich zahle diesen Reitern den Lohn, der ihnen auf Grund ihrer Fähigkeiten zusteht. Der Marshal hat Sie mir empfohlen, Gents, und ich möchte, dass …«

»Es geht wirklich nicht, Colonel«, mischt sich Chap Cheyenne nun ein und zeigt nach Indianerart beide Handflächen. »Wir haben im Moment andere Verpflichtungen.«

Die Falkenaugen des Graubartes werden schmal. Sein Gesicht verzieht sich ärgerlich. Aber dann nickt er wortlos und fährt an. Nach zwei Yards jedoch verhält er nochmals.

»Wenn ihr hier keine Verpflichtungen mehr habt und meine Herde einholen könnt, so gilt mein Angebot immer noch.«

»Danke, Colonel. Wir denken daran. Aber wir sind im Moment nicht arm. Vielleicht machen wir uns sehr bald selbständig, und …«

Chap Cheyennes weitere Worte verklingen in vielen anderen Geräuschen und Lauten, denn der Alte fährt wieder an und knallt mit der Peitsche. Zugleich reitet aber auch eine johlende Treibermannschaft vorbei und bildet vor den Haltestangen der Kansas Hall schräg gegenüber ein wildes Durcheinander.

Diese Reiter haben hundert Tage Treibherdenweg hinter sich und stürzen sich nun in das Vergnügen.

Die beiden Freunde sehen dem davonfahrenden Wagen nach. Dann aber wird es ihnen bewusst, dass der junge Jerry Wilson immer noch zu Pferd vor dem Geländer verhält und auf sie nieder sieht.

»Nun, Junge – hast du noch etwas auf dem Herzen?«, fragt Jim Charleston freundlich.

»Nein, – nein, Mister. Ich – ich – ich habe nur …«

Er bricht ab und reitet davon.

Die beiden Freunde sehen ihm etwas verwundert nach. Der Marshal kommt noch einmal zurück und stellt sich zu ihnen.

»Das ist ein prächtiger Bengel«, sagt er. »Er treibt sich in seiner freien Zeit überall an den Campfeuern vor der Stadt herum und lauscht den Erzählungen der Reiter. Er ist voller Feuer und Abenteuerlust. Und er hat auch von euch gehört – und von euren Kämpfen. Jetzt hat er euch gesehen. Vielleicht hat er sich euch anders vorgestellt.«

An dem wohl fünfzig Fuß langen Schanktisch stehen nur wenige Männer. Auch die Tische sind kaum besetzt.

Jim und Chap lassen sich einen Whisky geben. Sie haben ihn kaum ausgetrunken, als sich ihnen ein kleiner, magerer und krummbeiniger Mann nähert. Er trägt zwei große Colts, und diese hängen tief und wirken im Verhältnis zu seiner Körpergröße eine Nummer zu groß. In einem faltigen und pergamenthäutigen Gesicht glitzern zwei kalte und harte Augen.

Der Mann wirkt wie ein böser und von vielen Kämpfen zerzauster Zwergwolf, und er bleibt zwei Schritte vor ihnen stehen.

»Ham Hobson möchte Revanche haben«, sagt er schleppend und kurz.

»Die kann er haben – immer und zu jeder Zeit«, erwidert Jim Charleston ruhig.

Sie grinsen sich noch mal an, zahlen ihre Whiskys und gehen zum großen Spielsaal hinüber.

Der Raum ist groß. Er hat noch zwei andere Eingänge direkt von der Straße her oder vom Hof. An einem Roulettetisch wird bereits gesetzt, doch an dem zweiten sitzt der Croupier allein und spielt mit den Chips. Auch an den Farotischen ist noch wenig Betrieb. Aber an einigen anderen Tischen sitzen bereits Pokerrunden beisammen. Einige Kiebitze stehen herum. In der Ecke ist eine kleine Bar. Zwei oder drei Zweizentnermänner lehnen hier und da an der Wand und beobachten den großen Raum. Es sind harte Burschen, die sich hier ihren Lohn als Rauswerfer verdienen.

Und in der Ecke gegenüber der kleinen Bar wartet Hamilton Hobson an einem großen runden Tisch. Er hebt grinsend die große Hand, aber in seinen gelben Augen ist keine Freundlichkeit, sondern eine kalte und beherrschte Wut.

»Gut für Sie, Charleston, dass Sie mir Revanche geben wollen«, sagt er schwer. Groß, massig, muskulös, so sitzt er auf dem Stuhl. Die Enden seines sandfarbenen Schnurrbarts sehen nass und zerkaut aus. Er mag zwischen dreißig und vierzig Jahre alt sein, doch ist sein wahres Alter schwer zu schätzen.

»Sie können immer Revanche von mir bekommen, solange es Ihnen Freude macht«, sagt Jim Charleston langsam und schaut nacheinander die drei anderen Spieler am Tisch an.

Zwei kennt er, denn sie haben an den Tagen zuvor schon mitgespielt. Der dritte Mann ist unverkennbar einer jener kalten und wortkargen Berufsspieler. Sein gelbes Gesicht bleibt unbeweglich, als er Jims Blick fest erwidert.

»Fangen wir an«, grollt Hamilton Hobson. »Wir spielen bis eine Stunde nach Mitternacht, denn dann muss ich mich um meine Herde kümmern, die noch vor Sonnenaufgang in Marsch gesetzt wird. Fangen wir an, Gents! Und wir spielen ohne Limit. Parker, Sie fangen an!«

Der angeredete Mann ist einer der Viehaufkäufer, die hier in Dodge City jeden Tag reicher werden. Es ist ein dicker, fetter, aber bestimmt nicht harmloser Mann.

Er beginnt sofort ein neues Kartenspiel aufzureißen und dann zu mischen. Dann teilt er aus – und das Spiel beginnt. Es zeigt sich, dass die Kiebitze im Raum nur auf diesen Moment gewartet haben. Und jetzt kommen auch dauernd neue Gäste herein. Der Halbkreis um den Tisch wird immer dichter und tiefer. Es hat sich schnell herumgesprochen, dass das scharfe Spiel, von dem die Stadt nun schon drei Tage spricht, auch heute wieder fortgesetzt wird.

Chap Cheyenne steht neben Jim und stützt seine Linke leicht auf dessen Stuhllehne. Hamilton Hobson sitzt ihm genau gegenüber. Rechts von Chap sitzt der gelbgesichtige Spieler, der sich Miller nennt. Die beiden anderen Spieler sitzen rechts und links von Hamilton Hobson.

Chap kümmert sich vorerst nicht um das Spiel selbst. Er glaubt nicht, dass es gleich scharf und wild hergehen wird. Er sieht sich um. Als er erkennt, dass sich unter den Zuschauern viele Reiter von Hobsons Mannschaft befinden, verhärtet sich sein dunkles Gesicht noch mehr. Lässig blickt er über die Schulter, und seine Augen werden schmal, als er den panterhaften Burschen hinter sich erkennt.

»Geh da weg, Mingo«, sagt er sanft, und in seinen dunklen Augen sind plötzlich tanzende Funken.

Mingo Luma, der von Hobsons Reitern wohl der gefährlichste Mann ist, zeigt ein scharfes Grinsen. Sein Gebiss ist makellos und kräftig. Sein Haar ist so schwarz wie das von Chap Cheyenne, und es fällt ihm bis auf die Schultern. Seine schwarzen Augenbrauen sind zusammengewachsen. Seine Nase ist klein und aufgestülpt.

»Schon gut, schon gut«, sagt er und tritt links neben Chap. Dabei drängt er zwei andere Männer zur Seite, die ihm widerspruchslos Platz machen.

Chap wittert nun mit dem feinnervigen Instinkt eines Mannes, der seine Kindheit bei den Cheyenne-Indianern verbrachte, eine Menge Unheil. Es ist für ihn plötzlich einwandfrei klar, dass es bald Verdruss geben wird. Aber er erwartet ihn nicht in den nächsten Minuten. Er glaubt vorerst, dass es noch eine Weile dauern wird.

Deshalb kümmert er sich immer noch nicht um den Verlauf des Spiels, sondern sieht sich weiterhin aufmerksam nach Hamiltons Leuten um. Er kennt die gefährlichen Nummern dieser rauen Mannschaft fast alle, und er sieht diese Burschen überall unter den Zuschauern verteilt.

Tate Cruwell steht drüben hinter Hobsons Stuhl. Der kleine Bursche kann seinem sitzenden Boss kaum über die Schulter blicken. Und an der Wand steht der lange Lefty Moore, der sich als Revolvermann einen traurigen Ruf verschafft hat und dessen Coltkolben viele Kerben aufweisen. Lefty Moore ist noch länger und dünner als der Spieler Miller. Seine hellen Augen begegnen Chaps Blick, leuchten bösartig auf und verschleiern sich sofort wieder.

Oh, was sind wir doch für große Idioten, denkt Chap bitter. Ich will mein ganzes Leben lang auf einem Schwein reiten, wenn es hier nicht bald eine Menge Kummer gibt. Dieser Hobson will ja gar keine ehrliche und faire Revanche mehr haben – der will uns jetzt die Haut abziehen. Hölle, was für einen Trick hat er sich wohl ausgedacht, um uns von vorneweg jede Chance zu nehmen?

Nach diesen Gedanken wendet Chap seine Aufmerksamkeit einen Moment dem Spiel zu. Hamilton Hobson hat soeben zwei Karten verkauft. Nun knurrt er und sagt: »Ah, lassen wir mal die Gäule richtig laufen!«

Er schiebt erst zweihundert und dann noch einmal vierhundert Dollar in die Tischmitte. Dort liegt schon eine Menge Geld. Hobsons Nachbar verzieht sein Gesicht zu einer säuerlichen Miene und steigt aus. Aber der gelbgesichtige Spieler hält den Einsatz und geht mit. Nun ist die Reihe an Jim Charleston. Chap hat die Karten des Freundes nicht sehen können, und Jim sieht sie sich auch selbst gar nicht mehr an.

»Hobson, Sie verlassen als armer Mann diese Stadt«, sagt Jim sanft und zählt eine Menge Geld ab. »Ich verdopple, Mister Hobson!«

Der schwergewichtige Mann grinst nur spöttisch. Chap Cheyenne verspürt wieder die Gefahr. Er legt Jim kurz und flüchtig die Hand auf die Schulter und sieht sich dann um.

Der dichte Kreis der Männer hält den Atem an. Einige Dutzend Augenpaare starren auf den Spieltisch. Eine ungeheure Spannung und kaum beherrschte Erregung sind in dem Kreis. Ja, sie alle sind hergekommen, um einem scharfen Spiel beizuwohnen, das schon mehr als nur ein Spiel ist – eine persönliche Auseinandersetzung zweier Männer.

Und nun ist das Spiel schon bei der ersten Runde mächtig scharf geworden. Eigentlich ist es ein Wunder, dass Hamilton überhaupt noch über so viel Geld verfügt.

Die Zuschauer genießen dieses Spiel mit jener Gier, die immer vorhanden ist, wenn eine sensationslüsterne Menge einem Kampf zusieht.

Nun legt auch der andere Mann seine Karten weg und knurrt: »Ich steige aus!«

Die Reihe kommt nun an Hobson. In dessen Augen zuckt eine wilde und bösartige Freude auf.

»Ich passe«, sagt er. »Ich passe, und ich will Ihre Karten sehen, Charleston!«

»Sicher, Hobson, sicher! Hier sind sie!«

Jim dreht die Karten um und wirft sie mitten auf den Tisch und auf das Geld.

Es ist ein Flush bis zum Buben.

Hobson und der Spieler, der sich Miller nennt, machen gar keinen Versuch, ihre eigenen Karten aufzudecken. Sie grinsen nur grimmig.

»Well, Sie haben die höchste Karte, Charleston«, knurrt Hobson mit seltsamer Betonung.

Jim Charleston sieht den Mann sekundenlang an. Dann beugt er sich über den Tisch und steckt beide Hände aus, um das Geld herüberzuziehen.

Und in diesem Moment macht der gelbgesichtige Miller eine schnelle Handbewegung. Ein kleiner Colt-Derringer, der sicherlich in seinem Ärmel verborgen war, befindet sich plötzlich in seiner Hand.

»Halt, Mister!«, zischt Miller. Er hat genau den richtigen Moment abgewartet, denn Jim Charleston hat seinen Oberkörper weit über den Tisch geneigt und seine Hände nach dem Geldhaufen ausgestreckt. Er hat überhaupt keine Chance und sieht in die Doppelmündung der lächerlich kleinen Waffe, die jedoch aus allernächster Nähe genauso wirksam wie ein ausgewachsener Colt ist.

Nun kommt es auf Chap Cheyenne an.

Aber auch der hat nicht die geringste Chance, denn hinter ihm steht ein unscheinbarer Mann, den er bisher für einen harmlosen Zuschauer und als nicht zu Hobsons Leuten gehörig hielt – der aber einen Colt in der Hand hält und die Mündung hart gegen Chaps Rückgrat drückt.

»Nur ruhig«, murmelt der Mann bedächtig. »Hier geht alles ordentlich und nach Recht und Gesetz zu.«

Inzwischen hat sich der dichte Kreis der vielen Zuschauer aufgelöst und ist zurückgewichen. Nur Hobsons Leute und die Spieler sind geblieben.

Chap und Jim starren Hobson an. Sie bewegen sich nicht, denn sie haben klar erkannt, dass sie sich wie Dummköpfe haben überrumpeln lassen. Ungefähr ahnen sie bereits, was jetzt kommen wird. Deshalb sind sie gar nicht überrascht, als Hobson sich jetzt erhebt und verwundert den gelbgesichtigen Spieler fragt: »Was ist denn los, Miller?«

»Jemand soll ihm und seinem Freund die Waffen wegnehmen, dann will ich es allen Anwesenden zeigen«, ruft Miller scharf.

Mingo Luma tritt schnell an Chap Cheyenne heran und nimmt ihm die Colts aus den Holstern. Dabei grinst er so richtig böse und spöttisch. Und der kleine Tate Cruwell kommt um den Tisch herum, greift unter Jim Charlestons Weste und holt dessen Colt aus dem Schulterholster.

»Steh auf, Mann!«, zischt der Spieler jetzt.

Jim Charleston gehorcht. Sein Gesicht ist eine harte Maske, in der nur die Augen leben.

»Verdammt, was ist eigentlich los, Miller?«, fragt Hamilton Hobson abermals mit scheinbar erstaunter und verwunderter Stimme.

»Sehen Sie doch unter dem Tisch nach – oder lassen Sie von einem Unparteiischen nachsehen«, erwidert Miller kalt.

Hobson wendet sich sofort an die vielen Zuschauer, die sich weit zurückgezogen haben und sämtlich bereit sind, schnell in Deckung zu gehen.

»Wer will nachsehen? Wir wollen es ganz korrekt machen! Wer will als Unparteiischer …«