G. F. Unger 1970 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 1970 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Im Tonto Basin bahnt sich eine tödliche Auseinandersetzung zwischen Ranchern und Schafzüchtern an. Und mittendrin steht Patrik McCoy, der den Wildhengst El Capitan fangen will ...


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EPUB

Seitenzahl: 151

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

El Capitan

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Manuel Prieto/Norma

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6795-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

El Capitan

Es ist gegen Mittag und die Sonne brennt nun schon recht erbarmungslos. Bisher ritt er im Fichtenwald auf der Mogollon Mesa. Doch jetzt, da er auf die breite Fährte der Schafherde stößt, muss er den Schatten verlassen. Schon zuvor – immer dann, wenn er im Wald anhielt, um zu lauschen – hörte er das klägliche Bähbäh der Schafe und das leisere Blöken der Lämmer. Dazwischen klang das vielstimmige Läuten kleiner Glöckchen. Und er wurde sich wieder stark bewusst, wie wenig er Schafe leiden kann, wie unerträglich diese Tiere für ihn sind.

Die breite Fährte durch das Gras stinkt zum Himmel. Und es gibt keinen Grashalm mehr, und keine Blumen sind mehr zu sehen. Es ist eine Fährte der Zerstörung, bedeckt mit stinkendem Kot. Denn hier wanderten gewiss mehr als zehntausend Schafe – eine gewaltige Menge. Und wo Schafe grasen, da zerstören sie. Dies hat man ihm schon beigebracht, als er noch ein kleiner Junge war.

Aber nicht nur deshalb mag er die Schafe nicht. Es ist noch etwas anderes, was ihm an diesen Tieren missfällt. Es ist ihre totale Hilflosigkeit, welche andererseits wieder ihre Stärke ist. Denn sie sind so hilflos, dass sie ständig beschützt und umsorgt werden müssen.

Aber wegen ihrer Wolle und auch wegen ihres Fleisches sind sie für die Menschen einigermaßen wertvoll. Und so besitzen sie Macht über ihre Hirten.

Deshalb mag er sie nicht. Und er könnte – nicht ums Verrecken! – ein Schafzüchter sein. Er verachtete diese wie die Schafe …

Sein Name ist Patrik McCoy, und er ist ein Revolvermann. Jedoch ist er keiner von der ruhmsüchtigen Sorte, die sich immer wieder beweisen muss, wie schnell sie mit dem Revolver ist.

Nein, er gehört zu der anderen Sorte, deren Revolver man sich mieten kann, wenn man Hilfe braucht, einen Beschützer haben will.

Und so trug er schon als Marshal oder Sheriff den Stern, beschützte Geldtransporte als Postkutschenbegleiter, kämpfte gegen Vieh- und Pferdediebe und ritt mit den Besitzern von Frachtwagenzügen, um deren Geldeinnahmen zu sichern.

Ja, so einer ist dieser Patrik McCoy.

Er will an der er Schafherde vorbei, welche jetzt eine Fläche bedeckt, die eine Viertelmeile breit und gewiss länger als zwei Meilen ist.

Einige Hirtenwagen sieht er da und dort an den Flanken der Herde, auch wandernde Hirten mit ihren langen Wurfstangen, an deren Enden sich handtellergroße Schaufeln befinden, mit denen sie Erde, Steine und anderes Zeug aufnehmen und mit großer Zielgenauigkeit werfen.

Als er der Herde nahe genug ist, stellt sich ihm ein Hund entgegen, der seinem Pferd und auch seinem Packmaultier an die Fesseln will. Der Hund ist gewiss größer als ein Wüstenwolf. Er bellt nicht, sondern knurrt böse. Gewiss geht er auf alles los, was nicht nach Schafen stinkt.

Als der Hund wieder mal nach den Fesseln des Packtiers schnappt, schlägt dieses blitzschnell aus und trifft den Beißer auf die Nase. Er heult noch böser auf, hält nun jedoch Abstand.

Pat McCoy ruft nicht mal unfreundlich, aber warnend: »He, Beißer, bleib uns von der Pelle, dann passiert dir auch nichts! Wir wollen nur vorbei.«

Aber der große Hund gehört wohl nicht zu der klugen Sorte, so groß er auch sein mag. Er versucht nun, dem Wallach an die Hinterfesseln zu gehen. Der Nasenstüber des Maultiers hat ihm noch nicht genügt.

Doch nun bekommt er es richtig. Pat McCoy nimmt die zusammengerollte Maultiertreiberpeitsche vom Sattelhorn. Sie hing nach links. Das Wurfseil hängt nach rechts. Der Hund lernt nun richtig. Der Metallknaller am Ende der langen geflochtenen Peitschenschnur trifft ihn genau auf die Stirn und zwischen die Augen. Er geht zu Boden und ist eine Weile benommen. Dann aber heult er vor Schmerz fast wie ein Coyote.

»Oh, du Dummkopf«, ruft Pat McCoy bitter, denn die Bestrafung bereitet ihm keine Genugtuung. »Jetzt kapierst du es hoffentlich!«

Der Hund hält sich nun von ihnen fern.

Aber dafür nähert sich ihnen jetzt ein Reiter, der die ganze Sache wahrscheinlich aus einiger Entfernung beobachtet hat.

Und diesen Mann kennt Pat McCoy.

Er hält also an und legt die Hände über dem Sattelhorn aufeinander.

Jake Blaisdell kommt zuletzt langsam im Schritt herangeritten. Und von der Schafherde beobachten ein halbes Dutzend Hirten das Zusammentreffen der beiden Revolvermänner. Denn auch Blaisdell ist ein Revolvermann.

Als sie voreinander verhalten, betrachten sie sich einige Atemzüge lang schweigend, bis dann Blaisdell mit etwas heiser klingender Stimme sagt: »So sieht man sich wieder, McCoy.«

Dieser nickt nur stumm und betrachtet Blaisdell hart.

Nein, sie mögen sich nicht, obwohl sie zur gleichen Gilde gehören. Jake Blaisdell ist ein hagerer, hellhäutiger Typ mit Sommersprossen und aschblonden Haaren. Seine schrägen Wolfsaugen sind fast farblos. Und ein rötlicher Sichelbart hängt ihm über die Winkel des hartlippigen Mundes, welcher zumeist fest geschlossen ist und wie die Narbe eines Messerschnittes wirkt.

»Der Hund hat es nicht anders verdient«, spricht Blaisdell schließlich weiter.

Wieder nickt McCoy nur schweigend. Dann aber fragt er ruhig: »Bist du allein oder hast du eine ganze Mannschaft angeworben, um diese Stinker zu beschützen? Wollt ihr einen Krieg anfangen mit den Rinderleuten dort unten am Fuß der Mesa?«

Blaisdell zuckt mit den hageren Schultern.

»Das liegt an den Rinderzüchtern«, spricht er dann. »Die Schafe jedenfalls können den Winter nicht hier oben verbringen. Sie müssen hinunter auf die Weiden des Basins. Ich denke, dies ist einfach zu begreifen.«

Pat McCoy schüttelt ungläubig den Kopf. Dann fragt er: »Und ihr wisst, dass dies Krieg bedeutet? Wenn ihr da hinunter in das Tonto Basin zieht mit euren riesigen Schafherden, dann bekommt ihr Krach mit den Rinderzüchtern.«

Blaisdell zuckt mit den Schultern. »Davon leben wir, wir alle von unserer Gilde. Oder bist du vielleicht nicht zu den Rinderzüchtern unterwegs, um ihnen deinen Colt zu vermieten?«

Es ist eine lauernde Frage, und in Blaisdells fast farblos wirkenden Augen ist plötzlich ein Glitzern.

Aber Pat McCoy schüttelt den Kopf.

»Nein«, erwidert er, »ich vermiete meinen Colt nicht mehr. Damit bin ich fertig. Das ist vorbei.«

Blaisdells Augen werden schmal. »Wenn ich dich nicht besser kennen würde, McCoy, dann würde ich dir jetzt sagen, dass du ein verdammter Lügner bist. Warum also kommst du dann von der Bunten Wüste her über die Mogollon Mesa geritten?«

McCoy zögert ein wenig. Seine Hände kneten das Sattelhorn. Dann murmelt er: »Blaisdell, es müsste dir genügen, wenn ich dir sage, dass ich hier aus jedem Spiel draußen bin, was für ein Spiel es auch sein mag. Ich spiele nur noch mein eigenes Spiel.«

»Dann sag es mir doch. Was ist dabei, wenn wir offen miteinander reden, McCoy?«

Noch einmal überlegt dieser. Dann zuckt er wieder leicht mit den Schultern und erwidert: »Ich habe von El Capitan gehört. Er soll hier oben auf der Mogollon Mesa sein Revier haben auf hundert Meilen in der Runde. Ich will ihn mir einmal ansehen.«

»Und dann?« Blaisdell schnappt die Frage mit einem deutlichen Beiklang von Misstrauen. »He, was dann?«

»Vielleicht fange ich ihn und mache ihn zum Stammvater meiner künftigen Pferdezucht. Du weißt ja, eine edle Pferdezucht braucht einen guten Hengst. Und er könnte der beste Hengst sein, den ich bekommen kann.«

Er will nach diesen Worten anreiten, sein Packtier mitziehen. Doch da kommt ein Reiter herangaloppiert.

Blaisdell lässt ein leises Lachen hören und spricht dann belustigt: »McCoy, jetzt bekommst du Ärger. Der da ist einer der drei Thornes, Rip Thorne. Und der Hund gehört ihm.«

Der Reiter reißt bei dem winselnden Hund seinen Pinto auf der Hinterhand zurück und gleitet aus dem Sattel. Er kniet bei dem Hund nieder, welcher ihm winselnd das Gesicht zu lecken versucht.

Der Mann Rip Thorne, man nennt ihn auch Red Rip Thorne, weil sein Haar so herausfordernd leuchtet, ist ein geschmeidiger Bursche, einer von diesen verwegen und rücksichtslos auftretenden Revolverschwingern, die es ständig genießen, dass man sie fürchtet und ihnen aus dem Weg geht.

Et untersucht die ziemlich böse Wunde, welche der Metallknaller der Peitsche auf der Stirn des Hundes hinterließ.

Die beiden anderen Männer beobachten ihn, und McCoy wird sich darüber klar, dass zwischen diesem Rip Thorne und dem Hund eine echte Liebe besteht, so wie sie zwischen einem Mann und Hund überhaupt bestehen kann.

Rip Thorne springt plötzlich geschmeidig auf und wendet sich den beiden Reitern zu. »Man hat es mir zugerufen«, sagt er heiser und mit einem Klang von kaum beherrschter Wut. »Jemand hat meinen Hund geschlagen. Verdammt, waren Sie das, Mister?«

McCoy wendet sich an Blaisdell. »Hört der auf dich, Blaisdell?« So fragt er. »Wenn ja, dann halt ihn mir vom Leib. Ich bin nicht scharf darauf …«

»Der hört nicht auf mich, wenn es um seinen Hund geht«, unterbricht ihn Blaisdell. »Für den ist der Hund so etwas wie sein Bruder.«

Blaisdell spricht mit einem Klang von Spott oder gar Schadenfreude in der Stimme. Indes verharrt Rip Thorne breitbeinig neben dem immer noch winselnden Hund. So böse, wild und angriffslustig sich der große Hund vorhin auch verhielt, jetzt ist er ein Häufchen Elend. Doch so verhalten sich ja auch manchmal Menschen, wenn sie aus gutem Grund gehörig zurechtgestutzt wurden.

»He, Sie werden mir jetzt Genugtuung geben müssen, wer Sie auch sind, Mister!« Rip Thorne stößt es böse und wild hervor. Er vibriert am ganzen Körper.

Blaisdell aber sagt fast freundlich: »Rip, dies ist Pat McCoy. Der wird auch mit dir fertig, nicht nur mit deinem Beißer.«

»Das ist Duke, nicht Beißer. Er heißt Duke«, faucht Rip Thorne. »Und mir ist es völlig gleich, wie jemand heißt, der meinen Hund geschlagen hat. Meinen Hund schlägt niemand ungestraft – niemand! He, kommen Sie herunter von Ihrem verdammten Gaul! Geben Sie mir Genugtuung. Wer meinen Hund schlägt, der schlägt mich! Herunter vom Gaul!«

Patrik McCoy seufzt bitter. Und er versucht es nochmals und spricht: »Freund, der Hund ging meinen Pferden an die Hinterfesseln. Ich konnte meine Tiere nicht anders schützen. Ihr Hund, den Sie Duke nennen, hatte die Lektion verdient.«

»Und nun sind Sie an der Reihe«, faucht Rip Thorne. »Wenn Sie jetzt nicht von Ihrem Gaul kommen, dann schieße ich Sie herunter!«

McCoy blickt auf Blaisdell. »Ist der nicht zu beruhigen, Blaisdell?«

Dieser zuckt mit den Schultern. »So sind die Thorne-Brüder nun mal«, spricht er dann und wendet sich an Rip Thorne. »Rip, ich will dir etwas sagen. Hör mir gut zu. Der wird dich schaffen. Und weil er dann deine beiden Brüder auf seiner Fährte hat, wird er auch diese schaffen. Dann gibt es euch nicht mehr auf dieser Erde. Also hör auf, Rip, dich in etwas hineinzusteigern. Hör auf!«

Aber Rip Thorne schüttelt den Kopf. Seine fast schulterlangen, roten Haare fliegen wild.

»Wir Thornes kneifen nicht«, grollt er. »Ich zähle bis drei. Dann werde ich schießen.«

Da schwingt McCoy sich vom Pferd und tritt von den Tieren weg. Und Thorne ruft heiser: »Blaisdell, gib das Zeichen! Stoß einfach einen Ruf aus, und dann ziehen wir.«

Sie stehen sich nun gegenüber.

Blaisdell wartet etwa zehn Sekunden. Dann ruft er: »Jetzt!«

Sie ziehen, aber Rip Thorne kann den Revolverlauf nicht mehr hochschwingen und die Mündung auf McCoy richten. Denn dessen Kugel trifft ihn auf das Brustbein.

Und so schießt Red Rip Thorne vor sich in den Boden, bevor er zuerst auf die Knie und dann nach vorn aufs Gesicht fällt.

Die Schüsse verhallen über der blökenden Schafherde. Und der Hund kriecht winselnd zu seinem Herrn, hat seine eigene Not vergessen. Er beginnt Rip Thornes Nacken zu lecken.

McCoy verharrt noch mit dem rauchenden Revolver in der Hand. Sein Blick richtet sich auf Blaisdell. Dieser zuckt wieder mit den Schultern und spricht dann: »Die Thornes lassen sich von niemandem etwas sagen. Es sind Wilde. Jetzt wirst du auch noch seine Brüder töten müssen. Denn bald hast du sie auf der Fährte. Sie kommen weiter zurück mit anderen Schafherden. In zwei oder drei Tagen wissen sie Bescheid. Mit deiner Jagd auf El Capitan wird es wohl nichts werden.«

McCoy erwidert nichts. Er steckt den Revolver weg mit einer schnellen Bewegung. Dann sitzt er auf und nimmt auch die Leine seines Packtiers mit.

Erst dann fragt er: »Blaisdell, wem gehören diese Schafherden? Haben sich da viele Züchter zusammengetan oder …«

»Sein Name ist Larrisburg, Stuart Larrisburg«, unterbricht ihn Blaisdell. »Und er will mit hunderttausend Schafen ein großes Stück von Arizona erobern. Er ist ein sehr mächtiger Mann, McCoy.«

Dieser erwidert nichts, sondern reitet an.

Zurück bleiben Blaisdell, der ihm sehr nachdenklich nachsieht, der tote Rip Thorne und dessen winselnder Hund.

Die Schafherde aber zieht blökend weiter.

Als Patrik McCoy in seiner Senke verschwindet und so außer Sicht gerät, da murmelt Blaisdell: »Er ist immer noch so schnell wie früher. Hoffentlich ist er wirklich nur hier auf der Mogollon, um El Capitan zu jagen – hoffentlich.«

In Patrik McCoy ist eine tiefe Bitterkeit, und er fragt sich, ob sein Kampf mit einem der berüchtigten Thorne-Brüder ein böses Omen sein könnte in Zusammenhang mit seinen Plänen und Absichten auf der gewaltigen Mogollon Mesa.

McCoy will ein neues Leben beginnen und Pferdezüchter werden. Er möchte seiner Vergangenheit entrinnen. Und als er von dem sagenhaften Hengst El Capitan hörte, der auf der Mesa der King aller Pferde sein soll, da glaubte er, endlich ein neues Ziel zu haben.

Keine Kämpfe mehr mit oder ohne Stern. Nicht mehr ruhelos umherziehen, nie wieder seinen Revolver vermieten.

Er will einen festen Platz, ein ständiges Heim – und Frieden.

Und weil man eine Pferdezucht, die irgendwann einmal berühmt werden soll, nicht ohne einen ganz besonderen Hengst aufbauen kann, will er sich den sagenhaften El Capitan fangen.

Ein alter Pferdejäger hat ihn von diesem Hengst erzählt.

Und nun, auf dem Weg zu El Capitan, musste er wegen eines dummen und gegen alles Fremde bösartigen Hundes einen Mann töten.

Ist das mein Schicksal? McCoy fragt sich an dies an diesem Tag mehrmals – und auch in der Nacht noch, als er an seinem Campfeuer erwacht, um Holz nachzulegen, zu lauschen und seinen bösen Träumen zu entkommen.

Ja, er schläft sehr schlecht in der kalt werdenden Nacht und erlebt immer wieder den Kampf. Doch er konnte ihn nicht vermeiden. Er hatte gar keine andere Wahl.

Er fragt sich in dieser Nacht auch, wann er den sagenhaften El Capitan wohl zu sehen bekommen wird.

Er ist begierig darauf, aber zugleich weiß er, dass er Geduld haben und vielleicht viele Wochen suchen müssen wird. Es gibt viele Wildpferdherden auf der Mesa. Aber die wertvollste wird sicherlich die von El Capitan sein.

Er kennt sich zu wenig aus in diesem Land, und so wird er wohl erst einmal hinunter von der um die viertausend Fuß hohen Mesa Mogollon in das mächtige Tonto-Becken reiten und sich dort in einem Dorf oder einer kleinen Stadt einen Scout suchen müssen. Und das kann nur ein Einheimischer sein, ein Mexikaner oder ein Halbblut. Und er muss Pferdeverstand haben, Wildpferdeverstand.

Und auch ausrüsten muss er sich besser mit Reservepferden, Proviant und Lagergerät.

Er macht sich am nächsten Morgen nach dem Frühstück wieder auf den Weg und findet einen kaum noch erkennbaren Pfad, von dem er hofft, dass er ihn aus den Fichtenwäldern durch die Schluchten abwärts in das mächtige Becken unter dem Tonto Rim führt.

Manchmal bekommt er freie Sicht auf das Tonto-Becken unter dem Rim. Einmal hält er inne und nimmt das Fernglas. Ja, da kann er Rinder auf der Weide erkennen, viele Rinder. Und wenn die Schafe auf die Weide kommen, um zu überwintern, dann wird der Krieg ausbrechen.

Es kann gar nicht anders sein.

Langsam reitet er an diesem Tag weiter. Vielleicht wird er am nächsten Abend unten sein und sich einem Ort nähern.

Der Weg am nächsten Morgen ist sehr viel weiter, als Pat McCoy ihn einen Tag zuvor abzuschätzen vermochte.

Es ist dann schon gegen Mittag, als er ein Wunder zu sehen bekommt.

Ja, er hält es für ein Wunder – oder für ein Omen und Zeichen des Schicksals. Niemals hätte er es zu hoffen gewagt. Er war innerlich darauf vorbereitet, nach diesem Hengst vielleicht wochenlang suchen zu müssen.

Jetzt aber sieht er ihn.

Ja, es kann nur El Capitan sein. Denn auf der ganzen Erde kann es nicht noch so einen Hengst geben.

Die Wildpferdherde befindet sich etwa hundert Yards unter ihm auf einer gewaltigen Terrasse, in Luftlinie gut eine Viertelmeile entfernt.

Es sind an die fünfzig Tiere, zumeist wunderschöne Stuten, einige Fohlen und wenige Junghengste.

Die Herde grast ruhig und hat sich weit zerstreut.

Und auf einer hügelartigen Erhöhung steht El Capitan, der schwarze Hengst, über den es schon viele Legenden gibt und von dem behauptet wird, dass er so schlau wie ein Apache wäre.

McCoy nimmt sein Fernglas und betrachtet ihn mit angehaltenen Atem. Der Hengst ist makellos und bietet ein Bild von wunderschöner Wildheit. In der trockenen Luft und mithilfe des Glases, welches achtfach die Entfernung verkürzt, kann McCoy die kleinsten Einzelheiten an dem herrlichen Pferdekörper erkennen. Und in der Stille hier oben kann er ihn schnauben hören.

Und zugleich wendet El Capitan den Kopf und blickt schräg hinauf zu McCoy. Dieser weiß sofort, dass der Hengst instinktiv spürt, dass er beobachtet wird. Ja, er fing McCoys bewundernde Blicke wie eine körperliche Berührung auf – oder wie einen Windhauch.

Einer Katze gleich wendet sich der Hengst nun ganz um, sodass er den Kopf mit dem Hals nicht mehr zu sehr herumdrehen muss.

El Capitan blickt daraufhin geradewegs nach oben.

Und es ist, als würden er und sein Betrachter über die Entfernung hinweg gegenseitig einen Kontakt herstellen.

Patrick McCoy hört sich halblaut rufen: »Hoiii, El Capitan, da bin ich! Wir werden uns noch besser kennenlernen, denke ich! Ich will dich, ja, ich will dich wie einen guten Freund. Und ich werde dich wie einen Freund achten. Ich brauche dich, mein prächtiger Schwarzer! Wir müssen irgendwie zusammenkommen, so als wären wir füreinander bestimmt worden seit unserer Geburt. Es wird lange dauern, bis du das einsehen wirst. Aber ich will dich!«