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Mit seinem Colt säuberte er Sundance Pass von einer Meute gnadenloser Townwölfe. Doch die Stadt dankte es ihm nicht ...
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Seitenzahl: 148
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Sie nannten ihn Gun Lane
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Salvador Faba/Norma
Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-9358-3
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Sie nannten ihn Gun Lane
Es war an einem schönen Abend, als ich nach Sundown Pass kam. Außer meinem Colt, dem Pferd und einem alten McClellan-Sattel hatte ich lediglich ein Säckchen Gold bei mir.
Es war nicht viel Gold, für ungefähr fünfhundert Dollar nur. Aber damals war es ein Vermögen. Für fünfhundert Dollar musste ein guter Cowboy zwei Jahre lang hart arbeiten. Ich kam somit als leidlich wohlhabender Bursche nach Sundown Pass, und weil ich in den letzten drei Monaten in völliger Einsamkeit gelebt hatte und nur mit mir selbst reden konnte, war ich auf einige menschlichen Sünden hungrig wie ein Wolf auf frisches Fleisch nach einem wochenlangen Blizzard …
Das heißt, wenn ich ehrlich sein will, war ich schon die letzten Jahre nach den verschiedensten Dingen hungrig gewesen.
Mit siebzehn war ich in den Krieg geritten. Das war vor sechs Jahren gewesen, als man die Texasbrigade aufstellte. Vor einem Jahr, am 9. April 1865, als wir bei Appomattox die Waffen abgaben, führte ich als Leutnant die Reste meines Regiments – ganze siebzehn Mann – an dem Yankee-General Chamberlain, der General Grant vertrat, vorbei.
Und dann wurde ich ein Satteltramp, der in die Wüste ging, um etwas Gold zu suchen. Dass ich zuletzt Offizier war, sollte nicht dazu verleiten, mich für einen halbwegs gebildeten Menschen zu halten. Ich hatte nur vier Jahre die Schule besucht und danach alles gelesen, was ich in die Finger bekam. Später hatte ich mich mit klügeren und gebildeten Leuten unterhalten, wo immer sich eine Gelegenheit bot. Offizier war ich geworden, weil ich kämpfen und führen konnte.
Nun, ich will lieber erzählen, was war, als ich im Sommer 1866 mit fünfhundert Dollar in Goldstaub nach Sundown Pass kam.
Die kleine Stadt am Fuße des Passes lag friedlich in der Abendsonne und erschien mir richtig verlockend. Ich freute mich darauf, wieder unter Menschen zu kommen. Ich wollte ein Bad nehmen, mir die Haare stutzen und mich rasieren lassen. Und dann sehnte ich mich nach den Stimmen von Menschen, nach einer Frau, nach Tabak, Whisky, Spiel und Gitarrenklang.
Am Stadteingang lagen sich die Schmiede und der Wagenhof gegenüber. An einem abgestellten Frachtwagen, den man hinten links aufgebockt hatte, lehnte ein pockennarbiger Bursche, der mit einem Messer an einem Stock herumschnitzte. Ich sah mit einem Blick, dass er mit dem spitzen Messer ein Künstler war. Der Stock war schon so prächtig verziert, dass ihn jeder indianische Medizinmann gern als Zauberstab gehabt hätte.
Der Bursche trug auch einen Colt, und er hatte ihn so tief geschnallt wie alle Revolverschwinger. Er sah mich mit schwarzen Knopfaugen an, grinste dann und sagte: »Hombre, lass dich warnen. In dieser Stadt verschenkt niemand was, nicht mal ’ne alte Hose. Und es gibt auch keinen Job weit und breit. Wenn du blank bist wie ein Babyhintern, Amigo, dann ist das eine schlechte Stadt für dich.«
Ich grinste nur, und ich wusste, warum er mir sagte, dass man hier keine alten Hosen zu verschenken hatte. Ich sah zerlumpt aus. Meine Hose war dabei, sich völlig aufzulösen.
Wer mich sah, musste mich für einen Burschen halten, der sich keine neue Hose kaufen konnte.
»Danke für die Warnung, Amigo«, sagte ich und ritt weiter.
Ich spürte, wie seine Blicke mich verfolgten.
Die Stadt gefiel mir immer noch, als ich weiter hineinritt.Und es gab eine Bank. Ich sah, dass sie noch geöffnet war, und so ging ich mit meinem Goldstaubsäckchen hinein.
Obwohl mich der Kassierer beim Abwiegen buchstäblich übers Ohr haute, bekam ich immerhin vierhundertsiebenundfünfzig Dollar hingelegt. Ich beklagte mich nicht, denn ich wusste, dass man mich in den Saloons und Geschäften beim Goldwiegen und Einwechseln noch mehr betrogen hätte.
Ich nahm das Geld und ging hinaus.
Neben meinem struppigen Pferd stand ein Junge und sagte: »Für einen Dollar verschaffe ich diesem Gaul das Himmelreich.«
Ich nickte dem Jungen zu und gab ihm den Dollar.
»Wenn der Gaul morgen nicht mehr wie ein Indianergaul aussieht«, sagte ich, »bekommst du noch einen Dollar. Du wirst ihn ein paar Stunden striegeln müssen.«
Ich nahm mein Gewehr aus dem Sattelschuh und ging zum Hotel hinüber.
In mir war eine heftige Ungeduld. Ich wollte mich am liebsten brüllend ins Vergnügen stürzen, so heftig drängte es mich nach allen Dingen. Aber mein Verstand sagte mir, dass es schöner sei, alles der Reihe nach zu genießen.
Die Kleine hinter dem Anmeldepult war gewiss kaum älter als sechzehn, und sie war noch etwas mager. Aber ich sah, dass sie mal eine Schönheit sein würde, wenn sie erst richtig erwachsen war. Sie hatte kupferrotes Haar und grüne Augen. Ihre Lippen waren voll und ein wenig breit. Sie hatte etwas an sich, was sie von anderen jungen Mädchen unterschied. Ich erkannte es nicht sogleich, aber dann begriff ich, dass sie gerade und fest blickte, das Kinn hoch hielt und offenbar völlig selbstsicher und furchtlos war.
Ich lächelte sie an und sagte: »Erschrecken Sie nicht, Miss. Ich sehe bald anders aus, wenn ich erst gebadet habe und der Barbier meine Schönheit freigelegt hat. Und wenn Sie mir noch jemanden aus dem Store schicken könnten, der mich von Kopf bis Fuß neu einkleidet, werden Sie mich unwiderstehlich finden. Ich bin Adam Lane, sechs Fuß und zwei Inches groß, hundertachtzig Pfund schwer und habe Stiefelgröße dreiundvierzig. Das sage ich Ihnen für den Verkäufer im Store. Und wie heißen Sie, mein Engel?«
»Eva«, sagte sie etwas schnippisch. »Ich bin Eva Sunday. Von Ihrer großmäuligen Sorte haben wir schon eine Menge in dieser Stadt. Geben Sie mir sechzig Dollar, dann erfüllen sich vielleicht Ihre Wünsche. Tragen Sie Ihren Namen hier ein. Sie können doch schreiben – oder? Und dann bekommen Sie das Zimmer am Ende des Ganges oben.«
Sie war ganz hübsch energisch, aber ich wusste, dass sie gewiss von allen Burschen zwischen siebzehn und sechzig so ähnlich angequatscht wurde wie eben von mir. Und weil das einem Mädchen allmählich zum Hals heraushängt, wird es frech und schnippisch.
Sie sah mir zu, wie ich meinen Namen schrieb.
Als ich dann das Geld zum Vorschein brachte und sie erkennen konnte, dass es fast fünfhundert Dollar sein mochten, die ich als Rolle aus der Hosentasche zog, sagte sie schnell und ernst: »Mister, dies ist keine gute Stadt. Sie ist schlecht für einen verwegenen Burschen mit viel Geld. Sie könnten sich bald in der Lage eines Hundes befinden, der mit einem Kaninchen im Fang in eine Wolfshöhle kommt.«
Ich sah, dass sie es ernst meinte. Sie wollte mich warnen. Dieses Mädchen hatte wahrhaftig ein gutes und selbstloses Herz.
Aber ich grinste.
Während ich mit meinem Gewehr unter dem Arm zum Fuß der Treppe ging, sagte ich: »Grünauge, es macht mich froh, dass sich ein reines Mädchenherz um mich sorgt. Aber wenn es hier ein paar Nummern geben sollte, die mir wegen weniger als fünfhundert Dollar das Fell über die Ohren zu ziehen versuchten, dann würde es in dieser Stadt ziemlich schlimm wackeln.«
Nach diesen Worten ging ich hinauf.
Die Treppe war alt und knarrte. Aber unter meinen gut hundertachtzig Pfund knarrte sie nicht, denn ich wusste, wie man eine solche Treppe hinaufgehen muss.
Als ich vom Treppenabsatz noch einen Blick in die Halle und zum Anmeldepult warf, sah ich, dass Eva Sunday still verharrte und staunte.
☆
Für Geld konnte man in Sundown Pass alles bekommen, was irgendwie möglich war. Die Leute flitzten nur so, um einen Cent verdienen zu können. Bargeld war nach dem Krieg überall im Südwesten knapp.
Ich bekam also wirklich schnell alle Wünsche erfüllt.
Während ein Barbier mich verschönte, schaffte man ein großes Holzfass ins Zimmer und füllte es mit heißem Wasser. Der Storehalter kam herüber, um meine Maße zu nehmen, und ein Chinesenjunge brachte mir kaltes Bier und eine Zigarre.
Ich blieb im Wasser des Badefasses, bis es mir zu kalt wurde.
Als ich hinunterging, war es längst schon Nacht. Lampen brannten in der Empfangshalle. Das Mädchen stand hinter dem Anmeldepult.
Ich blieb stehen, breitete die Arme aus und drehte mich einmal um die Längsachse.
»Selbst mein Vorgänger, der erste Adam, war gewiss nicht schöner als ich«, sagte ich zu ihr. »Na, wie ist’s mit uns beiden? Wo bleibt der Jubelschrei, mit dem Sie mir um den Hals fallen?«
Sie wollte wütend werden.
Aber dann begriff sie plötzlich, dass ich mich nur zum Spaß so gebärdete und absichtlich übertrieb. Sie erkannte es in meinen Augen. Und da lachte sie plötzlich schallend.
Ihr Lachen gefiel mir. Sie quiekte und kreischte nicht. Bei den meisten Frauen kann man Zahn- und Ohrenschmerzen bekommen, wenn sie erst mal so richtig loslachen.
Aber diese Eva hatte Melodie im Lachen.
Sie gefiel mir immer besser, obwohl sie noch so jung und mager war.
Dann kam sie sogar hinter dem Anmeldepult hervor und ging prüfend um mich herum. Aber als sie vor mir verhielt, war ihr Blick ernst.
»Sie sehen wie ein Comanche aus, der sich als Weißer verkleidet hat«, sagte sie. »Und Sie sehen wie ein Bursche aus, der für sich sorgen kann. Aber wenn Sie …«
»Es ist gut, Eva. Er will sicherlich keine Ratschläge von dir hören«, sagte eine kehlige Stimme.
Ein Mann kam aus dem Speiseraum. Er war schwammig und trug einen prächtigen englischen Backenbart. Aber eines seiner Beine war aus Holz.
»Ich bin Evas Onkel«, sagte er. »Wenn Sie noch ein gutes Abendessen haben wollen, Mister Lane, dann …«
Er zeigte zum Speiseraum hinüber. Von dort drangen Gerüche zu mir herüber, die mich zu der Überzeugung brachten, dass die Wölfe in meinem Magen nun bald beginnen würden, mich von innen aufzufressen. Ich musste sie füttern.
Und so vergaß ich das Mädchen Eva und ging hinüber.
Es war schon ziemlich spät, und deshalb war ich der einzige Gast. Das Essen war gut. Es war kein aufgewärmtes Zeug. Oh, es war ein erstklassiger Hammelbraten, den man zuvor in Buttermilch eingelegt hatte. Für einen Burschen, der viele Monate unter freiem Himmel lebte, war dies mehr als ein Festessen. Ich freute mich, dass ich in diese Stadt gekommen war und die Apachen draußen in den Hügeln mich nicht erwischt hatten.
Das Leben mit noch rund vierhundert Dollar in der Tasche war doch eine feine Sache.
Nun, ich will den Leser dieser Geschichte nicht noch länger langweilen, indem ich jetzt eingehend schildere, was ich sonst noch alles in dieser angebrochenen Nacht in Sundown Pass machte.
Ich will mich auf die wirklich wichtigen Vorkommnisse beschränken, und die fanden erst lange nach Mitternacht, schon fast gegen Morgen, in unvermeidbarer Folge statt.
Eigentlich hatte ich in dieser Nacht auch etwas Spaß mit einem Mädchen haben wollen. Doch in keinem der drei Saloons war eine, die mir gefallen hätte. Die Kleine im Hotel war zu sehr in meinen Gedanken.
Das war ein wenig verrückt. Solch ein kleines und mageres Ding, das erst noch eine Frau werden wollte, hatte mich doch wohl nicht verhexen können? Das gab es doch nicht!
Aber es war so.
Ich trank mir also erst mal einen Kleinen an.
Und gegen Morgengrauen saß ich schon eine Weile beim Poker.
Ich spielte nicht mit Anfängern. Ich war in eine harte Pokerrunde geraten. Das war mir eigentlich ganz recht.
Bisher hatte ich mich in jeder Pokerrunde behaupten können – und sei es mit dem Colt. Auch in dieser Runde hielt ich mich gut. Ich gewann, und als die Sonne heraufkam, hatte ich mehr als zwölfhundert Dollar vor mir liegen.
Zwei der Mitspieler, die nur verloren hatten, gaben auf und verließen den Saloon. Blieben noch drei Spieler außer mir. Zwei von ihnen waren – was ich bald herausgefunden hatte – nur Statisten. Aber der dritte Mann war ein Kartenhai. Er war der Spieler des Hauses. Entweder hatte er ein festes Gehalt oder musste seinen Gewinn teilen. Er war gut fünfzehn Jahre älter als ich, und ich hielt ihn für einen ehemaligen Offizier, mit dem es als Zivilist schnell abwärts gegangen war. Jetzt war er ein Kartenhai, der keine Gnade kannte.
Als ich ihm sagte, dass ich genug gewonnen hätte, dass draußen die Sonne schiene und es Zeit sei, aufzuhören, da sah er mich seltsam an. Er hatte glasklare Augen ohne jeden Ausdruck. Was in ihm auch vorgehen mochte, es blieb jeweils tief in seinem Kern verborgen. Das hatte ich während der letzten Stunden studieren können.
Nun sah er mich also seltsam an. Zum ersten Mal erkannte ich einen Ausdruck in seinen Augen. Es war ein Ausdruck der Unruhe.Aber bevor er etwas sagen konnte, erhob ich mich und ging. Das Geld hatte ich schon zuvor in meine Taschen gestopft.
Ich kam fünf oder sechs Schritte weit. Dann holte mich die Stimme des Kartenhais ein. Sie sagte: »Sie werden mir Revanche geben müssen.«
Ich hielt an und sah über die Schulter.
»Vielleicht – wenn wir uns irgendwann mal wiedersehen sollten, Mister. Dann ja. Aber hier in dieser Stadt wohl kaum.«
»Doch«, beharrte er. »Heute nach dem Abendessen. Hier an diesem Tisch.«
»Nein«, sagte ich nochmals, trat an den Schanktisch und ließ mir von dem gähnenden Wirt noch einen letzten Drink einschütten.
Der Wirt goss mir sogar einen Doppelten ein. Aber als ich das Glas nahm, sagte er trocken: »Mann, du glaubst doch wohl nicht, dass wir dich mit mehr als zwölfhundert Dollar hier abziehen lassen. Dazu sind die Zeiten viel zu mies. Wenn wir hier jeden hergelaufenen Revolverschwinger mit Gewinn abziehen lassen, würden wir bald so arm sein wie Kirchenmäuse.«
Ich sah in seine harten Augen.
Dann blickte ich auf den Spieler, der noch am Tisch saß.
Und zuletzt sah ich auf die beiden anderen Mitspieler, die sich erhoben hatten und mir den Weg zur Tür versperrten. Sie waren also wirklich nur Statisten und geheime Verbündete des Kartenhais gewesen. Dass er mich beim Poker dennoch nicht schlagen konnte, sprach für mein Kartenglück und dafür, wie gut ich als Pokerspieler war.
Aber nun hielten sie zusammen.
Vier Mann gegen mich.
Außer uns fünf war niemand im Saloon.
Ich ließ das Glas noch auf dem Tisch stehen, hielt es nur zwischen Daumen und Zeigefinger.
»Was für eine miese Stadt ist das«, sagte ich. »Eine Stadt, die Typen wie euch duldet, mit der nimmt es kein gutes Ende.«
»Darüber mach dir nur keine Sorgen«, sagte der Wirt. »Wir halten diese Stadt in Gang, um zu verdienen – nicht um durchreitenden Tramps die Taschen zu füllen. Das ist doch leicht und einfach zu begreifen, oder?«
Ich nickte.
Und ich wusste Bescheid.
Sundown Pass war eine Glücksritterstadt. Hier kam nur unbehelligt davon, wer zumindest etwas Geld daließ. Hier konnte niemand absahnen und verschwinden.
Ich nahm das Glas und tat ganz so, als ob ich trinken wollte. Aber ich schüttete den Whisky in das grinsende Gesicht des Wirtes. Und dann zeigte ich den Hombres, was ich von ihnen hielt.
Man konnte mir vielleicht eine Menge nachsagen, aber nicht, dass ich langsam war. Für meine Größe und mein Gewicht war ich sogar unheimlich schnell.
Ich wirbelte also herum wie ein Wildkater, nach dessen Schwanz ein Hund schnappte. Mein Revolver sprang wie von selbst in meine Hand. Und dann bekamen es die beiden Hombres, die bisher zur Unterstützung des Spielers mitgespielt hatten und mir jetzt den Ausgang versperrten.
Sie kamen selbst gar nicht mehr zum Schuss. Ich war sehr viel schneller als sie.
Aber der Kartenhai hatte dennoch seine Chance.
Mit einem ausgewachsenen Colt hätte er mich geschafft.
Doch der Narr versuchte es mit seinem Derringer. Das Ding hatte zwei Läufe, und er drückte beide ab.
Die Entfernung betrug mehr als sechs Schritte. Eine der beiden Kugeln fetzte nur durch mein neues Hemd und ritzte meine Haut. Die andere traf mich genau auf die Brusttasche.
Das hätte genügt – nur war meine Brusttasche jetzt prall mit zusammengefalteten Dollarscheinen gefüllt. Es war fast so, als hätte die Kugel ein dickes Buch durchschlagen müssen.
Ich gab es ihm, und ich hatte einen richtigen Dragoon-Colt. Meine Kugel ging durch seine Schulter hindurch, und er setzte sich und seufzte.
Es war an der Zeit, an den Wirt zu denken. Der hatte natürlich – wie alle Wirte in solch wilden Städten ohne Gesetz – sein eigenes Gesetz griffbereit unterm Schanktisch liegen.
Es war – wie überall – eine Schrotflinte mit abgesägten Läufen und verkürztem Kolben. Das Ding war nicht viel unhandlicher als ein Colt, doch sehr viel gefährlicher als ein solcher. Ein entschlossener Wirt konnte damit den wildesten Revolverschwinger umpusten – nur musste er schnell genug sein.
Dieser Wirt war es nicht.
Er hatte sich zu lange die Augen gerieben, in denen der Whisky brannte.
Als ich auf ihn zielte, wollte er soeben die Hähne zurücklegen. Aber er wusste, dass er meine Kugel hatte, bevor er abdrücken konnte. Und so legte er sie nicht zurück, sondern das ganze Ding friedlich auf den Schanktisch.
»Oh, du Hundesohn«, sagte er, »das wird dir trotzdem nicht viel nützen.«
Ich grinste nur.
Dann nahm ich ihm das Ding weg und warf es in die Spülwanne – mit einer lässigen Bewegung über den Schanktisch hinweg. Das Wasser spritzte ihm ins Gesicht.
Dann sah ich mich noch einmal um.
Aber sie hatten genug. Der Kartenhai saß noch im Stuhl und presste eine Handfläche gegen die Schulter. Und die beiden anderen Hombres, die ich mit schnellen Schüssen von den Beinen holte, hockten am Boden und stöhnten. Sie würden gewiss nicht für immer den Löffel abgeben müssen, doch sicher für eine Weile krank sein.
Ich war nicht stolz oder zufrieden. Nein – aber ich freute mich, dass ich noch lebte.
»Amigos, Hombres und Compadres, so dürft ihr mir nicht kommen.«
Nach diesen Worten ging ich hinaus.
☆
Als ich meine Siebensachen aus dem Hotel holte und aus meinem Zimmer herunterkam, stand die grünäugige Eva hinter dem Anmeldepult und vertrat ihren Onkel.
Sie sah mich ernst an.