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Im Green River Basin steht ein blutiger Kampf zwischen Rinderleuten und Schafzüchtern bevor. Sheriff Bret Cameron steht vor dem schwersten Kampf seines Lebens, um den skrupellosen Drahtzieher im Hintergrund zu entlarven ...
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Seitenzahl: 157
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Die tiefe Kluft
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Manuel Prieto / Norma
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7325-9614-0
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Die tiefe Kluft
Als Bret Cameron die Medicine Bow Station erreicht und aus der Kutsche klettert, blickt er zum Fahrer empor und nickt ihm lächelnd zu.
»Das war erstaunlich«, sagt er. »Die Kutsche ist unterwegs tatsächlich nicht auseinandergefallen. Ich habe die Wette verloren.« Er wirft ein Dollarstück empor, das der Fahrer blitzschnell auffängt.
Dafür wirft der Fahrer Bret Camerons Reisetasche herunter. Bret Cameron fängt sie geschickt auf – nämlich am Griff. Und dies verrät schon, welch ein sicheres Auge und eine schnelle Hand er haben muss.
Bret Cameron geht bis auf die Veranda eines großen Gebäudes. Es ist Hotel, Saloon, Store und Post- und Frachtbüro in einem. Die Kutsche aus Laramie, an die Bret Cameron hier Anschluss bekommt und mit der er weiter nach Westen will, wird erst am nächsten Morgen weiterfahren.
Bret Cameron ist hungrig und durstig. Er begibt sich in den großen Gastraum und setzt sich an den Tisch in der Ecke, die von Treppe und Wand gebildet wird. Es gehört nicht nur zu Bret Camerons Art, sondern auch zu seinem Beruf, sich unter Menschen und in Lokalen abzusondern, im Hintergrund zu bleiben und für Rückendeckung zu sorgen.
Denn Bret Cameron ist ein Revolvermann …
Er ist ein nur wenig mehr als mittelgroßer, dunkler und grauäugiger Mann, mit einem ruhigen, etwas unregelmäßigen Gesicht. Er ist recht einfach gekleidet, etwa so wie ein Klein-Rancher auf Reisen. Aber seine Stiefel sind nach Maß, und auch sein schwarzer Stetson, der eine flache Krone hat, war sehr teuer.
Seine Kordjacke ist offen, doch der Revolver an seiner linken Seite hängt gar nicht besonders tief, nur zwei oder drei Zoll tiefer als bei einem Durchschnittsmann.
Es wird wohl mein letzter Auftrag sein, denkt er. Die Zeit ist für mich und meine Sorte fast vorbei. Na gut, irgendwie muss alles einmal vorbei sein. Und ich habe vorgesorgt. Ich besitze eine Pferderanch in Colorado. Ich züchte die kostbarsten Pferde auf tausend Meilen in der Runde. Und wenn ich von diesem Auftrag heimgekehrt bin, werde ich meine letzten Schulden bezahlen können. Na gut!
Er wendet nun den Kopf und blickt zum Schanktisch hinüber. Dort stehen einige Burschen und lachen brüllend über einen Witz, den jemand erzählte. Es sind wild und verwegen wirkende Männer, ziemlich abgerissen und unrasiert.
Bret Cameron sieht andere Männer an den Tischen beim Spiel, und selbst die Frachtfahrer in der Ecke wirken rauer und hartgesottener als normal.
Draußen wird es nun laut. Eine Stimme ruft in den Saloon hinein: »Da kommt die Post aus Laramie!«
Sie alle drängen hinaus. Eine schon etwas betrunkene Stimme ruft durch das Durcheinander, das die sich aus der Tür drängenden Männer bilden: »Hoii, hoffentlich kommt ein schönes Kind mit der Kutsche angefahren! Jungs, ich habe schon seit sieben Monaten kein Mädchen mehr gesehen!«
Bret Cameron bleibt allein zurück. Denn selbst der Mann hinter der Bar und der Neger, der ihn bediente und zugleich der Koch ist, liefen hinaus.
Bret Cameron kann hören, wie die sechsspännige Kutsche mit kreischenden Bremsen hält.
Plötzlich tönen einige schrille Pfiffe und rufen einige Stimmen im Chor: »Aaah!«
Bret Cameron weiß, dass nun wohl ein Mädchen oder eine junge Frau aus der Kutsche zum Vorschein kommt. Anders sind die Pfiffe und jenes »Aaah!« nicht zu deuten.
Er verspürt ebenfalls eine leichte Neugierde. Er betrachtet die Fahrgäste, die nun schwitzend und staubig ins Restaurant kommen.
Da sind zwei Handelsreisende. Dann kommt ein bulliger Farmer.
Der vierte Mann ist offensichtlich ein berufsmäßiger Spieler, ein großer, schlanker, elegant wirkender Bursche in einem dunklen Tuchanzug und mit einem Bärtchen über der Oberlippe.
Er bleibt neben dem Eingang stehen und blickt schnell und scharfäugig in die Runde. Auch Bret Cameron fühlt sich scharf gemustert.
Dann drängt der große Schwarm herein, der vorhin hinausgeeilt war. Mittendrin in diesem Schwarm befindet sich ein rotblondes Mädchen in einem grünen Reisekostüm.
Der Spieler neben der Tür, an dem sie alle vorbeidrängen, betrachtet die Sache mit einem irgendwie schadenfrohen Blick. Das rotblonde Mädchen wird nämlich ziemlich schlimm bedrängt. Man hat ihr die beiden Reisetaschen abgenommen. Und sie wird rechts und links von den Burschen am Arm geführt.
Bret Cameron kennt die Sorte.
Das Mädchen geht zu einem Tisch und setzt sich.
Und der ganze Schwarm umgibt sie. Es ist eine üble Bande von Flegeln, und sie alle sehen rau und hartbeinig aus und tragen ihre Revolver auf eine Art, die deutlich macht, wie gut sie damit umgehen können.
Das Mädchen sitzt jetzt steif da.
Sie ist nicht schön, wie Bret Cameron nun erkennen kann, doch sie ist ungemein reizvoll, lebendig und apart. Man kann erkennen, dass sie einen heißen Zorn bekämpft.
»Ihr Flegel«, sagt sie plötzlich kühl und herb. »Bevor ihr mir näher als drei Yards kommt, solltet ihr euch waschen und rasieren und sauberes Zeug anziehen! Geht zum Teufel!«
Zuletzt klirrt ihre etwas kehlige Stimme vor Verachtung.
Und es wird still. Sie starren sie an, und sie wurden beleidigt.
»Oho, stolz ist sie!«, sagt eine heisere Stimme. »Sie muss sich entschuldigen. Sie hat uns alle beleidigt und muss nun jedem von uns einen Kuss geben. Das ist es, nicht wahr?«
Als er verstummt, brüllen sie alle Beifall, und es ist sicher, dass sie zu viel Whisky tranken und jetzt erst die Wirkung zu spüren bekommen.
Mit jeder Minute werden sie betrunkener sein.
Der Posthalter, dessen Pferdebursche und der Fahrer mit dem Begleitmann kommen nun herein.
Der Barmann steht hinter dem Schanktisch. Und der Neger verschwand in der Küche.
»Wenn ihr euch nicht benehmen könnt, Jungs«, sagt der Posthalter und Stationsagent, »dann müsst ihr hier verschwinden. Raus und fort mit euch, wenn ihr nicht die primitivsten Regeln des Anstandes beachten könnt!«
Es wurde still. Sie starren ihn an, die sieben Burschen.
Alle anderen Gäste halten sich zurück.
Der Spieler, der neben der Tür verhielt und alles beobachtete, setzt sich nun in Bewegung.
Er kommt an Bret Camerons Tisch, betrachtet Cameron noch einmal aufmerksam und fragt dann: »Es ist doch noch ein Platz frei?«
Noch bevor Bret Cameron antworten kann, setzt sich der Spieler.
Bret Cameron lächelt leicht. »Wenn ich nun etwas dagegen hätte, dass Sie an meinem Tisch sitzen?«, fragt er sanft.
Der Spieler hat dunkle Augen, in denen es plötzlich gefährlich glitzert. Doch dann werden die Augen wieder ausdruckslos.
»Ich suche keinen Streit«, sagt der Spieler langsam. »Doch ich lasse mich nicht beleidigen. Wenn Ihnen meine Gesellschaft an diesem Tisch nicht passt, dann machen Sie, dass Sie fortkommen.«
»Ich glaube«, sagt Bret Cameron, »dass ich nun weiß, wer Sie sind. Sie haben eine Narbe an der linken Hand. Dort wurde die Hand einmal mit einem Messer auf der Tischplatte festgenagelt. Sie sind Chip Duane aus Dodge City, der Mann, der in einer Nacht mehr als hunderttausend Dollar gewann und der sie dann wieder verlor, weil man ihn beim Falschspiel erwischte. Sie wurden vor etwa sieben Monaten aus Dodge City gejagt.«
»Sie sind gut informiert«, unterbricht ihn der Spieler Chip Duane kühl. »Wer sind Sie eigentlich?«
Bret Cameron lächelt leicht.
»Es soll Ihnen nicht besonders gut gehen, Chip Duane«, murmelt er. »Sie wurden gebrandmarkt. Niemand will mehr mit Ihnen spielen. Wohin Sie auch kommen, es gibt keine großen Spiele mehr für Sie. Wohin sind Sie jetzt unterwegs, Chip Duane?«
»Das geht Sie nichts an«, sagt dieser heiser. »Und ich habe Sie nach Ihrem Namen gefragt, nicht wahr?«
»Cameron, Bret Cameron – oder Black Cameron, Mister.«
In Chip Duanes Augen sind für einen Moment funkelnde Lichter.
»Aha«, sagt er. »Ein Großer also! O ja, ein Großer, wie man so sagt! Doch ich will Ihnen etwas sagen, Cameron. Sie können mir keine Angst einjagen. Obwohl ich es bisher vorzog, als Spieler meinen Unterhalt zu verdienen, bin ich mit der Waffe auch recht schnell.«
Bret Cameron nickt.
»Jetzt begreife ich die Sache«, sagt er. »Sie sind als Spieler erledigt, Duane. Nun besannen Sie sich auf Ihre Revolvergeschicklichkeit und vermieten sich als Revolverkämpfer. Doch das kann nicht gut gehen.«
»Sie brauchen mir keinen Vortrag zu halten oder Ratschläge zu geben.« Chip Duane sagt es hart und auch etwas arrogant.
Bret Cameron nickt. Er sagt nichts mehr und wundert sich ohnehin über sich selbst, dass er sich mit dem Mann auf eine so lange Unterhaltung einließ.
Bret Cameron erhebt sich unmerklich, wendet sich ab und geht hinaus. Er findet draußen auf der Veranda einen leeren Stuhl, stellt ihn an die Hauswand und setzt sich.
Es ist Nacht geworden. Mond und Sterne werden von Minute zu Minute klarer und strahlender. Aus den Fenstern der Station fallen gelbe Lichtbahnen.
Bret Cameron jedoch hat sich tief in den Schatten gesetzt, dorthin, wo der Lichtschein aus den Fenstern nicht mehr wirksam ist und wo ihm das ausladende Dach der Veranda den tiefen Schatten von Mond und Sternen gewährt.
Er zündet sich eine Zigarre an und genießt die Stille draußen.
Dies hier ist wildes Land.
Bret Cameron glaubt, dass eine Bande hier zu Gast ist. Er hört sie drinnen immer lauter.
Er muss an das Mädchen denken. Sie gefiel ihm sehr. Er schätzt, dass sie etwa zweiundzwanzig Jahre alt ist.
Woher mag sie kommen? Wohin mag sie gehen? Und wie heißt sie wohl?
Er überlegt, ob er hinüber zur Scheune gehen soll, um sich ins Stroh zu legen. Das Hotel hat nur drei Zimmer. Bei seinem Eintreffen konnte man ihm noch keines geben, weil man nicht wusste, wie viele Frauen aus Laramie mit der Post kommen würden.
Jetzt weiß man zwar, dass zwei der drei Zimmer für Männer frei sind, doch es sind Doppelzimmer, und er müsste es mit einem Fremden teilen, vielleicht sogar mit Chip Duane.
Bret Cameron wirft seine Zigarre von der Veranda und kippt den Stuhl mit der Lehne gegen die Wand zurück. Er legt die Füße auf einen anderen Stuhl und entspannt sich.
Manchmal nickt er ein. Es ist eine laue Nacht.
Aber die sieben wilden Burschen sind noch drinnen im Saloon. Sie singen nun mit ziemlich betrunkenen Stimmen.
Die verrückten Burschen werden schnell zur Hölle sausen, denkt Bret Cameron bitter.
Er nickt wieder ein, und diesmal schläft er fast eine Stunde. Als er erwacht, muss es schon Mitternacht sein.
Zwei der wilden Jungs kamen von drinnen heraus. Sie schwanken und beugen sich dann weit über die Verandabrüstung wie zwei seekranke Schiffspassagiere, die sich erleichtern müssen.
Bret beobachtet sie, und er weiß, dass sie ihn in der dunklen Ecke noch gar nicht bemerkt haben. Ihre Augen gewöhnten sich noch nicht an die Dunkelheit.
Schließlich sagt einer mit schwerer Zunge: »Dieses Mädel dort oben in ihrem Bettchen – es geht mir nicht aus dem Sinn. Wir sind doch tüchtige Jungs, wie es bessere keine gibt.«
»Wir machen es so«, entscheidet sich der andere Bursche. »Es ist ganz einfach, musst du wissen, Joe. Du gehst drinnen die Treppe hinauf und klopfst an ihre Tür. Du bittest sie ganz höflich, zu euch herunterzukommen. Indes du mit ihr an der Tür verhandelst, steige ich auf das Verandadach und durch ihr Fenster. Es ist ganz einfach, nicht wahr? Auch ich werde sie dann allerfreundlichst bitten, mit herunter zu uns lustigen Jungen zu kommen. Sie kann uns dann einfach nicht widerstehen.«
Er verstummt kichernd.
Sein Kumpan denkt noch eine Weile nach. Dann beginnt er glucksend zu lachen. Sie sind beide übel betrunken und völlig enthemmt. Und da sie verkommene Strolche sind, kommt ihnen gar nicht zu Bewusstsein, welch eine hässliche und schlimme Sache sie vorhaben.
Der Mann, der nachdenken musste, steuert nun lachend auf die Tür zu. Als er verschwunden ist, tritt der zurückbleibende Bursche an einen der Stützbalken des Verandadaches und macht sich daran, in die Höhe zu klettern.
Doch er schafft es nicht weit. Denn Bret Cameron kommt aus dem Schatten heraus, fasst ihn von hinten am Gürtel und reißt ihn mit einem kräftigen Ruck herunter. Noch bevor der Bursche auf die Planken der Veranda fällt, trifft ihn Bretts harte Handkante quer über das Genick.
Bret Cameron lädt ihn sich auf die Schulter und trägt ihn von der Veranda. Er geht hinüber zum Stall, biegt um dessen äußerste Ecke und erreicht den Misthaufen.
Es patscht, als er den Burschen auf den Mist wirft.
Dann kehrt er zurück zur Veranda und klettert nun selbst an dem Stützbalken hinauf. Er tut also das, was jener betrunkene und enthemmte Bursche tun wollte.
Die Fenster der drei Hotelzimmer sind vom Dach der Veranda gut zu erreichen.
Er hört die zornige Stimme des Mädchens rufen: »Gehen Sie von meiner Tür weg, Sie betrunkener Flegel! Oh, gehen Sie zum Teufel! Sie wissen ja nicht mehr, was Sie tun, Sie Narr!«
Bret Cameron schwingt sich schnell über die Fensterbank ins Zimmer hinein.
Draußen vor der Tür lärmt der Bursche.
Drinnen sagt das Mädchen vom Bett her: »Noch einen Schritt, Mister, und ich schieße!«
»Ich gehöre nicht zu dieser Bande«, sagt Bret Cameron ruhig. »Ich bin nur hereingekommen, um diesem wilden Jungen eine Überraschung zu bereiten und ihn die Treppe hinunterzuwerfen. Haben Sie etwas dagegen?«
»Nein«, sagt sie schlicht.
Da bewegt er sich weiter durchs Zimmer. Er kann undeutlich erkennen, dass sie im Bett sitzt, die Bettdecke bis zum Kinn hochgezogen hat und wahrscheinlich einen kleinen Gegenstand in der Hand hält, der wie ein Derringer-Colt aussieht.
Er hat nun die Tür erreicht und zögert keine Sekunde. Er findet den Holzriegel, schiebt ihn vorsichtig zurück und reißt die Tür mit einem Ruck auf.
Der betrunkene Bursche stolpert an ihm vorbei, denn er hat sich von außen gegen die Tür gelehnt. Bret Cameron aber hat den Revolver in der Hand. Er trifft den Mann mit dem Revolverlauf, und er trifft ihn hart.
Denn er hat nun genug von der Bande. Er packt den Mann, schleift ihn aus dem Zimmer und bis zur Treppe. Dort lässt er ihn kopfüber wie auf einer holprigen Rutschbahn hinuntersausen.
Und dann blickt er über die Brüstung auf die fünf Burschen am Schanktisch.
Sie stehen unbeweglich da, starr und verblüfft.
Von oben aber sagt Bret Camerons Stimme ruhig und hart zu ihnen nieder: »Nun packt euch, ihr Strolche! Packt euch! Und nehmt ihn mit! Der andere Wild Bill liegt beim Stall auf dem Misthaufen. Vergesst nicht, auch ihn mitzunehmen!«
Sie haben dunkelrote Gesichter. Sie verstehen diese Sprache gut. Dies ist eine Herausforderung für sie.
»Hoiii, der ist wohl verrückt?«, sagt einer von ihnen.
Aber nun mischt sich der Spieler Chip Duane ein. Er sitzt immer noch an jenem Tisch neben der Treppe. Auch er hat darauf verzichtet, sich ein Zimmer zu mieten.
Nun sagt er laut genug: »Vorsichtig, Jungs! Ich bin zwar unparteiisch, aber ich möchte euch zuvor sagen, dass dies dort oben Bret Cameron ist! Black Cameron!«
Und das ist eine Warnung, die sogar in betrunkene Köpfe wie diese hier einsickert. Und der Barmann sagt: »Vielen Dank, Mister Cameron, dass Sie mir zu Hilfe kommen. Diese Jungs werden jetzt ihre Zeche zahlen und dann verschwinden.«
»Sicher werden sie das.« Bret nickt von oben, und er kommt dann langsam die Treppe herunter. Auf der drittletzten Stufe hält er an. »Es gibt eine ganze Menge solcher Burschen wie euch«, sagt er. »Aber ihr seid gleich sieben! Und die Seven Golden Boys nennt ihr euch, wie ich vorhin hörte. Es wäre besser für euch, ihr würdet euch wieder trennen und jeder für sich seinen Weg reiten. Das wäre eure einzige Chance. Und jetzt verschwindet! Fangt keinen Streit mit mir an. Ich möchte nicht zwei oder drei von euch Narren erschießen müssen.«
In seiner Stimme lag zuletzt eine eiserne Ruhe und ein zwingender Ton, die wie eine starke Kraft zu wirken begannen.
Und die fünf Wild Bills spüren es trotz ihrer Trunkenheit.
Die Schrotflinte des Barmanns trägt ebenfalls etwas zur Klärung der Situation bei.
In der Ecke bei der Treppe beginnt Chip Duane heiser zu lachen.
»Oha, Jungs«, sagt er, »jetzt geht euch wohl die Puste aus! Seht ihr denn wenigstens ein, dass ihr nur Dummköpfe seid, die einen guten Onkel nötig hätten, der auf sie aufpasst und ihnen sagt, was sie tun sollen?«
»Möchten Sie vielleicht der gute Onkel sein?«, fragt einer der Burschen böse.
»Nicht unbedingt – doch es wäre euer Vorteil.« Chip Duane grinst und lacht abermals, als hätte er soeben einen guten Witz gehört.
Die fünf Burschen zahlen wahrhaftig wie auf ein stillschweigendes Übereinkommen ihre Zeche. Dann packen zwei von ihnen den noch bewusstlosen Kumpan. Bevor sie alle aus dem Raum gehen, halten sie noch einmal inne. Sie starren zu Bret Cameron empor.
»Großer Mann«, sagt einer von ihnen, »wir hören hier nicht auf, weil wir uns vor Ihnen fürchten. Aber wir verschwinden jetzt. Vielleicht treffen wir uns noch einmal, Mister Cameron.«
Die letzten Worte sind fast wie eine Drohung.
Sie stolpern hinaus.
Bret geht zu dem Zimmer des Mädchens zurück.
»Es ist vorbei«, sagt er. »Schlafen Sie gut.«
»Danke, Mister.«
»Cameron, Bret Cameron.«
»Ich bin Cathy Rogers. Reisen wir morgen zusammen nach Basin City?«
Er erwidert nicht sogleich. Er hat die Tür schon bis auf einen kleinen Spalt geschlossen. Nun öffnet er sie wieder und schiebt seinen Oberkörper noch einmal ins Zimmer.
»Was haben Sie in Basin City zu tun, Cathy Rogers?«
»Ich gehöre zur Wade-Sippe«, erwidert sie. »Meine Mutter war eine geborene Wade. Ich kehre heim zur Familie. Und Sie, Bret Cameron?«
Er gibt ihr darauf keine Antwort. »Schlafen Sie gut«, sagt er nur und schließt die Tür.
Sie gehört zu den Wades – zu den Wades gehört sie!
Er denkt dies etwas betroffen, indes er die Treppe hinunter und dann auf die Veranda geht, um den Abritt der Seven Golden Boys zu beobachten. Auch der Barmann mit der Schrotflinte ist draußen.
Aber dann reiten sie alle davon – irgendwohin in die Nacht. Sie haben Bündel hinter den Sätteln.
Der Spieler Chip Duane kommt ebenfalls heraus. Und er lacht wieder leise vor sich hin und sagt: »Das sind sieben Wolfswelpen, denen der erfahrene Leitwolf fehlt. Wenn sie einen hätten, wären sie eine tüchtige Mannschaft.« Er wendet sich an den Barmann: »Wenn ich nun sofort ein Sattelpferd kaufen wollte – für einen guten Preis?«
Der Barmann betrachtet ihn seltsam von der Seite. Er ist ein glatzköpfiger, bulliger Bursche, wortkarg und abwartend.
Nun sagt er langsam: »Ich habe Nachtdienst heute auf dieser Station. Wenn Sie ein Sattelpferd wollen, so werde ich den Pferdeburschen wecken und ihm sagen, dass er ein gesatteltes Pferd vor den Saloon bringen soll. Wie viel wollen Sie anlegen? Wir haben Pferde von zwanzig bis hundert Dollar. Und sie können einen alten schlechten oder einen neuen guten Sattel haben.«
»Ich möchte einen guten gebrauchten Sattel und ein Hundert-Dollar-Pferd«, murmelt Chip Duane. »Doch es muss schnell gehen. Ich habe es sehr eilig.«
Der Barmann schnauft. Er streckt die Hand aus und sagt: »Zweihundert Dollar, Mister, Sie bekommen dafür binnen fünf Minuten ein erstklassiges, schnelles und zähes Tier und einen guten Sattel mit zwei Satteltaschen voller Proviant. Zweihundert Dollar!«