G. F. Unger 2090 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2090 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Es ist ein kalter Tag am oberen Missouri. Kirby Clayborne hört zuerst die Axtschläge des Holzkommandos aus dem Uferwald. Als er um die Flussbiegung reitet, sieht er das Dampfschiff am Ufer liegen. Bei den Holzschlitten trifft Kirby Clayborne Master Sergeant Mike O'Brien, der gerade eine verbeulte Feldflasche gen Himmel hebt und schnaufend trinkt. Kirby kann den Whisky riechen.
Der Sergeant zuckt bei Kirby Claybornes plötzlichem Auftauchen zusammen und macht eine schnelle Bewegung zur Waffe. Doch dann beginnt er so breit zu grinsen, wie es nur ein Irensohn kann.
»Heiliger Rauch«, sagt er, »bist du der Rotbart, mit dem ich in Fort Bull Skull all den Spaß hatte? Bist du das, Kirby? Oder sehe ich nur ein Wunschbild? Dann wäre mir ein prächtiges Mädchen lieber!«
Er schüttelt die verbeulte Blechflasche, hört es gluckern und reicht sie Kirby hinauf.
»Na«, sagt er, »nach diesem Ritt wirst du etwas Feuerwasser sicherlich vertragen können. Wie lange warst du unterwegs?«
Kirby Clayborne nimmt die Flasche wortlos und trinkt.
Der Sergeant betrachtet ihn prüfend. Und obwohl er keinen Mann kennt, der härter und zäher ist als Kirby Clayborne, sieht er diesem nun Erschöpfung und Müdigkeit an. Dazu kommt, dass der Scout auf einem Indianerpferd sitzt.
»Was ist los, du Pferdedieb?«, fragt Mike O'Brien.


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Seitenzahl: 154

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Das verlorene Fort

Vorschau

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Salvador Faba / Norma

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7517-0596-7

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Das verlorene Fort

Es ist ein kalter Tag am oberen Missouri. Kirby Clayborne hört zuerst die Axtschläge des Holzkommandos aus dem Uferwald. Als er um die Flussbiegung reitet, sieht er das Dampfschiff am Ufer liegen. Bei den Holzschlitten trifft Kirby Clayborne Master Sergeant Mike O'Brien, der gerade eine verbeulte Feldflasche gen Himmel hebt und schnaufend trinkt. Kirby kann den Whisky riechen.

Der Sergeant zuckt bei Kirby Claybornes plötzlichem Auftauchen zusammen und macht eine schnelle Bewegung zur Waffe. Doch dann beginnt er so breit zu grinsen, wie es nur ein Irensohn kann.

»Heiliger Rauch«, sagt er, »bist du der Rotbart, mit dem ich in Fort Bull Skull all den Spaß hatte? Bist du das, Kirby? Oder sehe ich nur ein Wunschbild? Dann wäre mir ein prächtiges Mädchen lieber!«

Er schüttelt die verbeulte Blechflasche, hört es gluckern und reicht sie Kirby hinauf.

»Na«, sagt er, »nach diesem Ritt wirst du etwas Feuerwasser sicherlich vertragen können. Wie lange warst du unterwegs?«

Kirby Clayborne nimmt die Flasche wortlos und trinkt.

Der Sergeant betrachtet ihn prüfend. Und obwohl er keinen Mann kennt, der härter und zäher ist als Kirby Clayborne, sieht er diesem nun Erschöpfung und Müdigkeit an. Dazu kommt, dass der Scout auf einem Indianerpferd sitzt.

»Was ist los, du Pferdedieb?«, fragt Mike O'Brien.

Kirby Clayborne trinkt drei kleine Schlucke.

»Ich habe elf Tage gebraucht«, sagt er. »Dieser Blizzard vor einigen Tagen hielt mich etwas auf. Und dieses Pferd habe ich nicht gestohlen, sondern etwas unfreiwillig gegen mein Tier eingetauscht. Junge, wie geht es dir? War der Winter hier oben erträglich? Hast du viel Spaß gehabt, Pferdesoldat?«

»Pferdesoldat«, schnaubt der Sergeant verächtlich. »Ich bin bei der Marine gelandet und habe schon seit Beginn des Winters keinen Gaul mehr unter dem Hintern gehabt. Die Indianer stahlen unsere Pferde, bevor der erste Schnee kam. Und ob ich Spaß hatte, fragst du? Nicht auf diesem morschen Kahn, in diesem elenden Land hier und bei diesem ...«

Er verstummt und presst unter seinem schwarzen Schnauzbart die Lippen zusammen.

»Was macht Major Terz Hillaghan?«, fragt Kirby Clayborne sanft und bewegt sich müde auf dem Pferd.

»Was bringst du ihm für Befehle?«, fragt Mike O'Brien nun sehr begierig.

»Es ist Krieg«, erwidert der Scout. Nach diesen Worten reitet er an. »Lincoln wurde Präsident. Und die Sklavenstaaten haben sich von der Union losgesagt. Zwischen dem Norden und dem Süden ist Krieg, Pferdesoldat. Und ich bin hergekommen, um euch diese Neuigkeit zu überbringen.«

Nach diesen Worten reitet er weiter.

Mike O'Brien starrt ins Leere. Dann beginnt er lautlos zu fluchen. Nur seine Lippen und der Schnurrbart bewegen sich. Dann aber hebt der Master Sergeant die zerbeulte Flasche erneut gen Himmel und leert sie mit energischen Zügen.

Corporal Hennessy, ein braunhaariger Riese aus Carolina, kommt mit einer Last Holz zu den Schlitten, lädt es ab und wendet sich an seinen alten Saufkumpan.

»Du hast doch wohl noch nicht die ganze Flasche ausgetrunken, Mike?«

»Sicher«, sagt dieser grimmig, und sein Gesicht rötet sich. »Ich teile meinen guten Whisky nicht länger mit einem Rebellen und Sklavenhalter aus Carolina. Es ist Krieg! Kirby Clayborne hat soeben diese Neuigkeit gebracht. Lincoln ist Präsident! John Brown und seine Jungs werden nun gerächt! Und ich bin hier der einzige Yankee unter Rebellen. Bevor mich der Major festnehmen lässt, werde ich ...«

Er spricht nicht zu Ende, sondern schlägt Corporal Jeb Hennessy die geballte Rechte in den Magen. Als der Corporal sich vorbeugt, trifft ihn der Sergeant mit einem Aufwärtshaken, der den riesigen Corporal rücklings auf einen der Holzschlitten wirft.

Einige Soldaten kommen herbeigelaufen.

Mike O'Brien starrt sie grimmig an. Er ist jetzt ziemlich angetrunken, aber er weiß genau, was er will. Er holt sich eines der Gewehre und grinst.

»Wenn jemand nach mir fragt«, sagt er, »dann könnt ihr bestellen, dass Master Sergeant Mike O'Brien unterwegs nach Fort Bull Skull ist! Zu Fuß bin ich unterwegs! Und ich werde jeden verrückten Südstaatenrebellen erschießen, der mir folgen sollte!«

Als er diese Worte gerufen hat, starrt er die verwirrten Soldaten nochmals böse an und entfernt sich stapfend durch den Schnee. Er tritt in die Spuren des Pferdes, auf dem der Scout kam.

Und die verwirrten Soldaten wissen nicht, was sie von der ganzen Sache zu halten haben.

Indes hat Kirby Clayborne das Dampfschiff erreicht. Es ist ein von der Armee gemietetes Missouri-Dampfschiff, groß, flach, mit drei Decks über dem Laderaum und einem riesigen Schaufelrad am Heck.

Es liegt an einer sehr ordentlich gemachten Landebrücke, und man hat rings um das Schiff immer wieder das Eis aufgebrochen. Wahrscheinlich war das während des Winters die einzige Beschäftigung von Major Terz Hillaghans Kommando.

Kirby Clayborne grinst. Er sitzt ab und übergibt einem der beiden Posten das Ende des indianischen Zügels. Er ist groß, und er bewegt sich nach einigen Schritten, die ihm die Steifheit und Sattelmüdigkeit nahmen, wieder sehr geschmeidig.

Er betritt das Schiff und lässt sich beim Major melden.

Und zwei Minuten später liest Major Terz Hillaghan eine Abschrift des Beschlusses, den die Volksvertreter von South Carolina fassten:

20. Dezember 1860

Wir, das im Konvent versammelte Volk des Staates South Carolina, erklären und verordnen: Die von uns im Konvent angenommenen Verordnungen vom 13. Mai des Jahres 1788, wodurch die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika ratifiziert wurden, werden widerrufen, und der bisher unter dem Namen Vereinigte Staaten von Amerika bestehende Bund zwischen South Carolina und anderen Staaten wird hiermit aufgelöst ...

Der Major liest diese Abschrift. Und er liest in den nächsten Minuten noch einige andere Meldungen.

Zuletzt liest er den Befehl des Kommandeurs, Colonel John Bannack, des Kommandanten von Fort Bull Skull.

Und als er das alles gelesen und zur Kenntnis genommen hat, springt er federnd auf und ruft: »Nun gut! Wir haben Krieg! Und mein hoch verehrter Freund und Förderer, der Kommandant der Militärakademie von West Point, Colonel Lee, ist als General in die Armee des Südens eingetreten. Ich und jeder Mann meines Kommandos, der wie ich gewillt ist, für die Sache des Südens zu streiten, werden das gleichfalls tun. Wir werden die Uniformen der Union sofort ablegen!«

Er will zur Tür, und er ist beweglich, drahtig und so ungeduldig wie ein Terrier. Er ist noch nicht einmal mittelgroß. Aber das hat bei seinem Typ nichts zu besagen. Sein blondes Haar trägt er sehr lang, und er ist ein richtiger Kampfhahn, impulsiv und vital.

Er betrachtet den Scout Kirby Clayborne, einen großen Mann, den er schon zwei Jahre kennt, mit dem er Patrouillen geritten ist und sogar einen Feldzug unternahm. Er kennt diesen großen, rothaarigen Prärieläufer gut.

Nun starrt er zu Kirby empor und fragt: »Und wo stehen Sie, Kirby? He, auf welcher Seite stehen Sie? Süden oder Norden?«

Kirby Clayborne erwidert nicht gleich. Er hat sich indes aus seinem Pelz geschält und sich in einen der bequemen Sessel der Kajüte gesetzt.

»Ich stehe auf keiner Seite«, sagt er nach einigen Atemzügen. »Bevor die Armee mich darum bat, Chefscout von Fort Bull Skull zu werden, habe ich Büffel und Pelztiere gejagt. Ich habe nach Gold gesucht und habe Wagenzüge geführt. Ich habe nie darüber nachgedacht ...«

Es klopft an die Tür, und ein blonder, noch ziemlich junger Captain tritt herein. Es ist Captain Ray Roberts, den Kirby Clayborne ebenfalls gut kennt und von dem er weiß, dass er ein ebensolcher Kampfhahn und Draufgänger ist wie der Major.

Der Captain meldet: »Dieser Master Sergeant ist verrückt geworden. Er hat Corporal Hennessy niedergeschlagen und ist zu Fuß unterwegs nach Fort Bull Skull. Und Corporal Hennessy ist soeben aufgewacht und behauptet, dass es Krieg ...«

»Haben Sie Sergeant O'Brien von den Neuigkeiten berichtet, bevor Sie mir Meldung machten, Scout?«, fragt der Major scharf.

Kirby nickt ungerührt. »Sicher! Die ganze Welt weiß es schon. Warum sollte es nicht ein Master Sergeant ebenfalls wissen? Aber ich hätte wirklich nicht geglaubt, dass er so närrisch ist, zu Fuß nach Fort Bull Skull zu laufen. Er kommt bei diesem Schnee keine zwanzig Meilen weit. Dieser Narr! Ich werde ihn zurückholen müssen, bevor er den Indianern in die Arme läuft, die hinter ihm her sind. Er bekommt sonst gewiss einen Oglala-Haarschnitt und ist tot, bevor er auch nur zehn Meilen weiter ist.«

Er erhebt sich geschmeidig und ragt hoch bis unter die Kajütendecke.

»Die Indianer haben auch schon gewittert«, sagt er, »dass die Weißen sich bald gegenseitig die Köpfe einschlagen werden. Bevor das Eis aufgetaut ist und Sie den Fluss hinunter bis zur Südarmee und zu General Lee fahren könnten, Major, werden die Indianer ganz genau wissen, dass die Weißen Krieg machen. Und wenn das der Fall ist, werden die Roten nicht nur auf einsame Scouts und Jäger Jagd machen und der Armee die Pferde stehlen. Major, wenn die Indianer erst Bescheid wissen, dann sitzen Sie hier in der Falle. Und dann ist auch Fort Bull Skull verloren. Ich habe noch einen anderen Auftrag vom Colonel. Ich soll den Fluss hinauf bis zu den Großen Fällen gehen und jeden Weißen warnen. Es zogen im vergangenen Jahr viele Goldsucher hinauf, nicht wahr? Aber erst will ich diesen verrückten Sergeant einfangen, der zu Fuß durch den Schnee bis nach Fort Bull Skull marschieren will. Dieser Narr!«

Er gleitet hinaus. Bevor er das Schiff verlässt, dringt er in die Küche ein und ergreift dort ein großes Stück Bratfleisch, bevor ihn der Koch mit dem Schlachtmesser bedrohen kann.

Kauend verlässt er das Schiff und wirft sich auf das magere Indianerpferd.

Indes blicken sich der Major und der Captain an. Sie verstehen sich gut. Sie sind von einer Sorte.

»Die Mannschaft soll antreten«, sagt der Major. »Wer für die Union ist, wird entwaffnet und darf die Uniform als Gefangener tragen. Wir Männer des Südens aber treten unter meiner Führung zur Konföderierten-Armee über und entledigen uns der Unionsuniform. Wer von den Männern keine Zivilsachen hat, der trennt alles von der Uniform ab, was sie als solche kenntlich macht, also die gelben Streifen, Abzeichen, Knöpfe und was es sonst noch gibt.«

Er geht um den einen Kopf größeren Captain herum und bis in die Ecke des Raumes. Hier wendet er sich mit einem Ruck und sagt: »Noch sitzen wir hier fest, aber ...«

»Wir könnten Fort Bull Skull nehmen und der Union auch hier im Indianerland eine Niederlage zufügen«, unterbricht ihn der Captain.

Major Terz Hillaghan grinst. Ja, es ist ein rauflustiges und draufgängerisches Grinsen.

»Wir werden sehen, wir werden sehen! Hahaha! Ich habe mich immer gewundert, warum alle Südstaatler zu meiner Abteilung kommandiert wurden, warum ich den Auftrag bekam, mit einem Schiff und einigen Kartografen in dieses Land zu gehen und hier Landkarten für die Armee anfertigen zu lassen. Man wollte uns kaltstellen. Man wollte alle Südstaatler weit vom Schuss haben, wenn die Dinge sich zuspitzten. Nun gut, wir haben den ganzen Winter hier vertrödelt und waren ausgeschaltet! Aber wenn ich mit diesem Schiff wieder den Missouri abwärts fahren kann, dann ...«

Er verstummt und schlägt seine Faust klatschend in die Linke.

Der Captain aber stürzt hinaus, um die Abteilung antreten zu lassen.

Indes legte Master Sergeant Mike O'Brien zwei Meilen zurück. Dann hat er eine Biegung des zugefrorenen Flusses erreicht und hält an. Er späht hinüber über das Eis, und er weiß, dass er, wenn er jetzt über das Eis auf die andere Seite ginge, seinen Weg nach Fort Bull Skull um viele Meilen verkürzen würde.

Doch er zögert.

Er ist wieder ziemlich Herr über seinen Rausch. Er hat die Flasche zu schnell geleert, nachdem er von Kirby Clayborne die Neuigkeit hören musste. Und in seiner Bitterkeit hat er dann diesen Unsinn angefangen. Jetzt hält er am Ufer des Big Muddy, wie man den Missouri hier im Lande nennt, und überlegt. Und es gibt eine ganze Menge zu überlegen, denn ein so harter Mann und Indianerkenner wie Kirby Clayborne hat elf Tage für diese Strecke benötigt. Der Sergeant weiß, dass der Scout sicherlich manchmal Tag und Nacht im Sattel saß. Denn bis zum Fort sind es mehr als fünfhundert Meilen, und obwohl der Scout durch einen Blizzard behindert wurde, schaffte er die Strecke in nur elf Tagen. Der Sergeant rechnet sich aus, dass er, wenn er kein Pferd findet oder eines von den Indianern stehlen kann, länger als einen ganzen Monat marschieren müsste. Ihm kommt nun der ganze Unsinn seines Handelns zu Bewusstsein.

Plötzlich hört er hinter sich ein leises Schnauben. Er wirbelt herum und verhält dann. Sein Gewehr hält er mit dem Kolben gegen die Hüfte gedrückt, und sein Finger liegt am Abzug.

Was Master Sergeant Mike O'Brien sieht, ist nicht erfreulich.

Es sind drei rote Gentlemen vom Stamm der Oglala, und sie sitzen auf drei Armeepferden, die sie im vergangenen Herbst der Abteilung gestohlen hatten. Sie kamen leise aus dem Uferwald heraus, und der Schnee dämpfte die Tritte ihrer Pferde.

Nun betrachten sie den Sergeant wie drei hungrige Geier einen kranken Hund. Und Schwarzhorn, ein kleiner Häuptling, sagt dann mit falscher Freundlichkeit: »Dreiwinkelsoldat, hast du dich verirrt?«

»Nein, du Laus«, knurrt Mike O'Brien. »Ich will fort! Lasst mich gehen. Ich bin nicht mehr beim Eichenblatthäuptling. Ich lief dort fort. Also lasst mich gehen!«

Die drei Oglala betrachten ihn wieder auf ihre mitleidlose Art. Sie wissen natürlich, dass von der Armee Soldaten desertieren. Aber diesen Sergeant kennen sie gut. Dieser Mann steht schon sehr lange auf der Oglala-Liste, denn er hat bei ihnen eine solche Menge im Salz liegen, dass es einen großen Jubel geben wird, wenn sie seinen Skalp ins Heimatdorf bringen.

Roteule, ein eulengesichtiger Krieger, grinst plötzlich über einen Gedanken und sagt dann: »Wir kennen uns. Wir kennen uns gut, nicht wahr, Schwarzbart? Dir verdanken wir viele Witwen. Und vor zwei Jahren führtest du eine große Abteilung, nachdem ihre Offiziere gefallen waren. Du trägst nur die Abzeichen eines kleinen Häuptlings, aber du bist größer, viel, viel größer. Und deshalb wird es uns eine Ehre sein!«

Er verstummt und macht eine scharfe Handbewegung vom Kinn abwärts. Er spricht auch nicht in englischer Sprache, sondern in einem kehligen und sehr trockenen Oglala.

Aber das macht nichts, Mike O'Brien versteht jedes Wort.

Und als er die Hand des Roten abwärts sinken sieht, wartet er nicht mehr länger. Er verlangt keine Erklärung dafür, was diesen drei Burschen eine Ehre sein würde.

Er weiß, dass es um seinen Skalp geht.

Und da drückt er von der Hüfte aus ab.

Da es sich jedoch nicht um sein eigenes Gewehr handelt, sondern um die Waffe eines Soldaten, so ist diese wahrscheinlich nicht so gut gepflegt worden.

Auf jeden Fall klemmt jetzt die Zündnadel.

Und kein Schuss kracht.

Die drei Roten grinsen breit. Und sie haben ihre drei Gewehre natürlich auf den Sergeant gerichtet. Sie waren zuerst etwas überrascht, dass der Weiße kämpfen wollte. Sie glaubten, es würde erst noch eine Weile geredet werden.

Aber als sie nun begreifen, dass das Gewehr versagt hat, grinsen sie breit.

Schwarzhorn sagt: »Dein Gewehr ist krank, Soldat! Unsere Gewehre sind gut. Wir werden jetzt viel Spaß haben!«

Mike O'Brien seufzt. Er lässt das Gewehr fallen und greift nach der Revolvertasche. Er öffnet sie, doch bevor er den Revolver ziehen kann, erkennt er die freudige Erwartung der Roten. Sie halten die Mündungen ihrer Gewehre auf ihn gerichtet und die Finger an den Abzügen. Die Pferde stehen ruhig und still.

Mike O'Brien ist sich darüber klar, dass die drei roten Burschen ihn töten werden, sobald er den Revolver in die Hand genommen hat.

»Lasst mich gehen«, sagt er. »Es ist Krieg zwischen den Weißen. Und ich bin jetzt gegen den Eichenblatthäuptling.«

Die Indianer betrachten ihn. Dann wenden sie die Köpfe nach links, denn von dort kommt ein Reiter durch den Schnee getrabt. Auch Mike O'Brien schielt in diese Richtung.

Er erkennt Kirby Clayborne und seufzt erleichtert. Seine Chancen sind nun sehr viel besser.

Und dann geht alles sehr schnell.

Schwarzhorn und Roteule ziehen ihre mageren Pferde herum und reiten Kirby Clayborne entgegen.

Der dritte Indianer, ein narbiger Krieger, den Mike O'Brien nicht kennt, dessen drei Federn jedoch mit dem Zeichen für viele Tote versehen sind, drückt das Gewehr ab.

Da Mike O'Brien sich aus verständlichen Gründen sehr schnell bewegte, fetzt die Kugel nur an seiner Hüfte entlang durch die Uniform und nimmt etwas Haut mit.

Zu einem zweiten Schuss kommt der Rote nicht mehr. Denn Mike O'Brien zieht im Vorspringen seinen Revolver und erschießt ihn. Dann packt er das Pferd am Halfter und schwingt sich mit einem Ruck in den leer gewordenen Kavalleriesattel.

Als er das Pferd herumreißt, hört er Kirby Claybornes Revolver und die Gewehre der Indianer krachen. Aber es gibt für den Sergeant nichts mehr zu tun. Obwohl der Revolverlauf des Scouts sehr viel kürzer ist als die Läufe der beiden Indianergewehre, erweist es sich, dass der Scout auf mehr als vierzig Yards sehr viel genauer schießen kann.

Mike O'Brien fängt die beiden Pferde ein. Und dann ist Kirby Clayborne bei ihm und sagt: »Bist du jetzt wieder nüchtern, Sergeant Mike O'Brien?«

Mike O'Brien schluckt und grinst etwas krampfhaft. »Deine Söhne sollen klug, groß und stark werden, und deine Töchter sollen wie Rosen erblühen«, sagt er dann. »Ich wünsche dir die besten Dinge, die ein Mann auf dieser Welt bekommen kann. Denn soeben war ich schon so gut wie tot. Du bist mein Vater und meine Mutter, alter Junge!«

Er grinst wieder und winkt mit der Hand.

»Ich habe nun einige Pferde, gute Kavalleriepferde, auch wenn sie nach Indianern stinken und voller Läuse und Flöhe sind. Ich reite damit bis ...«