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Als Jim Calhouns kleine Herde die Furt des Arkansas erreicht, ist es Mittag. Von drüben kommen einige Reiter durch die Furt. Jim Calhoun winkt seinem Partner Bart Gannaway zu und reitet den Männern entgegen. Etwa in der Mitte der Furt treffen sie sich auf einer Sandbank.
Jim Calhoun kennt sich aus mit harten Burschen, und als er jetzt die Reiter mit ruhigem Blick betrachtet, da weiß er sofort, dass er selten ein so hartes Rudel gesehen hat. Aber man sieht ihm nichts an - gar nichts.
Jim Calhouns Gesicht ist dunkel, etwas unregelmäßig und fast indianerhaft. Vielleicht ist er sogar zu einem Achtel eine Rothaut. Seine Augen sind grau. Er ist bestimmt nicht hübsch, aber er sieht aus wie ein richtiger Mann, und fast jede Frau muss ihn nach einem ersten flüchtigen Blick zum zweiten Mal ansehen. Ein Mann aber, der sich auf Männer versteht, bekommt bei seinem Anblick eine bestimmte Witterung und wird vorsichtig.
Das hartbeinige Rudel braucht nicht vorsichtig zu sein. Denn es ist schon so manchem harten Texaner begegnet hier an der Furt, der zuletzt dennoch ganz klein und fügsam wurde ...
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Seitenzahl: 154
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Am Ende des Trails
Vorschau
BASTEI LÜBBE AG
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Salvador Faba / Norma
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7517-0713-8
www.bastei.de
www.luebbe.de
www.lesejury.de
Am Endedes Trails
Als Jim Calhouns kleine Herde die Furt des Arkansas erreicht, ist es Mittag. Von drüben kommen einige Reiter durch die Furt. Jim Calhoun winkt seinem Partner Bart Gannaway zu und reitet den Männern entgegen. Etwa in der Mitte der Furt treffen sie sich auf einer Sandbank.
Jim Calhoun kennt sich aus mit harten Burschen, und als er jetzt die Reiter mit ruhigem Blick betrachtet, da weiß er sofort, dass er selten ein so hartes Rudel gesehen hat. Aber man sieht ihm nichts an – gar nichts.
Jim Calhouns Gesicht ist dunkel, etwas unregelmäßig und fast indianerhaft. Vielleicht ist er sogar zu einem Achtel eine Rothaut. Seine Augen sind grau. Er ist bestimmt nicht hübsch, aber er sieht aus wie ein richtiger Mann, und fast jede Frau muss ihn nach einem ersten flüchtigen Blick zum zweiten Mal ansehen. Ein Mann aber, der sich auf Männer versteht, bekommt bei seinem Anblick eine bestimmte Witterung und wird vorsichtig.
Das hartbeinige Rudel braucht nicht vorsichtig zu sein. Denn es ist schon so manchem harten Texaner begegnet hier an der Furt, der zuletzt dennoch ganz klein und fügsam wurde ...
Jim Calhoun nickt leicht und sagt: »Ich habe schon gehört, dass man hier begrüßt wird und einen Zoll entrichten muss. Ich bin auch gar nicht abgeneigt. Ich habe dort fünfhundertsiebenundfünfzig Rinder und neun Pferde. Wie hoch ist der Preis?«
Nun grinsen sie ihn an.
Er trägt den Revolver links, und er trägt ihn auf eine Art, die gar nicht besonders auffällig oder gar herausfordernd wirkt, die dem Kenner jedoch sehr viel sagt.
Oh, auch sie haben ihn längst als harten Burschen erkannt.
»Drei Dollar für jedes Tier«, sagt der Anführer der Bande.
Da grinst Jim Calhoun und sagt: »Wenn ich siebzehnhundert Dollar in der Tasche hätte, würde ich keine Rinder von Texas nach Kansas treiben. Jungs, könnt ihr nicht warten, bis ich die Herde in Trail Town verkaufen konnte?«
Der Anführer nickt. Er ist rothaarig, hager und hohlwangig. Doch es ist eine gesunde Hagerkeit, und er ist größer und bei aller Hagerkeit etwas schwerer als Jim Calhoun, der selbst etwa hundertachtzig Pfund wiegt.
»Wir geben Kredit«, sagt er. »Doch das verteuert die Sache. Wir nehmen einen Schuldschein. Für jedes Tier rechnen wir fünf Dollar, und wir werden kassieren kommen, sobald die Herde verkauft ist.«
»Fünf Dollar?« Jim Calhoun staunt und pfeift mit bitterer Anerkennung durch die Zähne. »Du lieber Vater im Himmel«, sagt er bitter, »warum treibe ich Rinder von Texas herauf, wenn man hier am Ende des Trails sein Geld auf andere Art sehr viel leichter verdienen kann?«
Sie erwidern nichts, doch ihr Grinsen wird härter und schärfer. Sie sind einstige Guerillakämpfer aus dem Bürgerkrieg, und obwohl sie damals für den Norden kämpften, sind auch Texaner unter ihnen.
»Wir nehmen nicht jeden in unseren Verein auf«, sagt ihr rotköpfiger Anführer.
Jim Calhoun nickt bedauernd. Er holt sein abgegriffenes Notizbuch aus der Jackentasche und schreibt eine Schulderklärung.
Der rotköpfige Anführer diktiert ihm: »An Fay Mannen – das bin ich – beim Pokerspiel verloren. Und nun der Betrag. Das sind zweitausendachthundertdreißig Dollar. Die dreißig Dollar erlassen wir.«
»Ihr seid verteufelt nobel«, sagt Jim Calhoun ernst.
Sie betrachten ihn nun hart. Doch sein Gesichtsausdruck ist völlig ausdruckslos.
Er reitet neben den Anführer und übergibt diesem die Schulderklärung. Aus nächster Nähe blicken sie sich nun an.
Die hellen Augen von Fay Mannen glitzern seltsam.
»Du hast mir deinen Namen noch nicht genannt, Tex«, sagt er.
»Oh, ich bin nur Jim Calhoun«, sagt dieser ruhig. »Ich habe keinen Kriegsnamen wie du, Fay Mannen. Ich bin nur der ganz durchschnittliche Jim Calhoun. Ja, ich habe schon von dir gehört, Fay Mannen. Man hat mich auch vor dir gewarnt. Und so könnt ihr euch doch wohl nicht beklagen über mich. Was bringen die Longhorns in Trail Town?«
Fay Mannens helle Augen glitzern immer noch. Und die Flügel seiner scharfen Nase vibrieren, als hätte er eine bestimmte Witterung in die Nase bekommen.
Er starrt Jim Calhoun immer noch an und sagt dann: »Zwölf Dollar.«
Jim Calhoun schüttelt bitter den Kopf. »Dann habe ich für sieben Dollar das Stück diese Rinder hergetrieben. Wenn ich die Unkosten abziehe, kommt ein jämmerlicher Verdienst heraus, denn drei Dollar haben die Viecher in Texas das Stück gekostet. Wenn ihr uns Treibern so sehr die Haut abzieht, wird bald niemand mehr Rinder nach Kansas treiben. Und dann könnt ihr auch keinen Wegezoll mehr erheben. Übertreibt es nur nicht!«
Er zieht sein Pferd herum und reitet zurück.
Sie blicken ihm nach.
»Der ist hart und gibt nur aus Klugheit nach«, sagt einer der Reiter zu Fay Mannen.
Dieser nickt.
Dann ziehen sie ihre Tiere herum und reiten zurück. Die nächste Herde kommt erst am nächsten Tag. Ihre Späher melden ihnen die langsam heranziehenden Treibherden schon Tage zuvor an.
Jim Calhoun winkt Bart Gannaway zu. Außer ihnen sind noch ein Neger, der die kleine Pferderemuda und die beiden Packtiere treibt und für die kleine Mannschaft kocht, und ein Halbblutcowboy dabei. Sie sind also eine recht kleine Mannschaft, selbst für nur wenig mehr als fünfhundert Rinder. Das bedeutet, dass sie erstklassige Cowboys und Treiber sein müssen.
Sie treiben die Rinder nun zur Furt hinunter und geben ihnen dann genügend Zeit, durch den Fluss zu bummeln, zu baden und zu saufen. Der Fluss ist hier ungefährlich und flach, denn es hat nirgendwo im Westen besondere Regenfälle gegeben.
Jim Calhouns Herde kommt gut durch den Fluss. Bart Gannaway kommt einmal zu Jim Calhoun geritten. Er ist ein blonder Riese, kühngesichtig wie ein nordischer Seefahrer, verwegen und völlig furchtlos, ein Bursche, der gern eine Herausforderung annimmt.
Er fragt: »Wie viel?«
»Fünf Dollar. Wenn wir hätten sofort zahlen können, dann wären wir mit drei Dollar pro Tier weggekommen.«
Bart Gannaway flucht bitter und reitet wieder hinter die Herde.
Dann treiben sie die Herde weiter auf Trail Town zu. Nach zwei Meilen erblicken sie die Verladecorrals und die Stadt in der Ferne. Es ist nun schon fast Abend geworden.
Die Herde ist am Ziel.
Doch für Jim Calhoun und Bart Gannaway beginnt jetzt erst ihr Auftrag richtig.
Wie werden sie es anfangen, ins Spiel zu kommen?
Denn ihr Auftrag lautet schlicht und klar: Vernichtet die Anführer und Hintermänner jener Guerillabanden, die den texanischen Rindern die Kansas-Grenze sperren.
Sie nahmen diesen Auftrag nicht nur für Geld an.
Oh, sie haben auch noch andere Beweggründe.
Sonst hätten sie den Auftrag wahrscheinlich nicht angenommen, denn ihre Chancen sind nicht besonders groß. Sie sind recht klein, wenn nicht gar winzig.
✰
Sie verkaufen die Herde noch am selben Abend und bekommen für jedes Tier zwölf Dollar und fünfunddreißig Cent.
Es geht alles sehr schnell. Die Männer des Viehaufkäufers haben die kleine Herde noch vor der Dunkelheit gezählt. Der Vertrag wird unterschrieben, und die Bank hat noch geöffnet und zahlt für den Scheck des Aufkäufers aus.
Man trennt sich.
Im Restaurant zahlt Jim Calhoun, indes sie zu Abend essen, die beiden Helfer aus. Er gibt ihnen eine gute Prämie. Da die beiden Helfer schon gegessen haben, indes Jim Calhoun mit Bart Gannaway und dem Viehaufkäufer in der Bank war, verlassen sie das Restaurant.
»Viel Glück!«, sagt Jim Calhoun kauend hinter ihnen her.
Er und Bart lassen sich Zeit. Sie geben sich ganz dem Genuss hin, wieder an einem Tisch sitzen und ein gutes Essen einnehmen zu können. Sie reden wenig miteinander, denn es ist ja alles klar zwischen ihnen. Als sie das Restaurant verlassen, ist es schon Nacht.
Sie benehmen sich ganz wie große und etwas großspurige Herdenbosse. Sie lassen sich den Barbier ins Hotel kommen.
Der ist tüchtig, denn er bringt aus dem Store gleich eine Anzahl Hemden, Unterwäsche und sogar neue Hosen mit. Der Hotelbursche, der ihn holte, hat ihm die Größe seiner beiden Kunden genau angegeben.
Es ist erst eine Stunde vor Mitternacht, als Jim Calhoun und Bart Gannaway im Kansas Saloon ein Glas miteinander trinken, sich auf die Schultern klopfen und sich dann trennen.
Bart Gannaway hat vorher schon einer ziemlich großen Blonden zugewinkt. Nun verschwindet er mit ihr in den angrenzenden Räumen. Dort wird getanzt. Eine Drei-Mann-Kapelle spielt dort lärmend.
Auch Jim Calhoun nähern sich zwei Saloon-Schönheiten, eine rote und eine dunkle. Aber sie sind erfahren mit Männern wie ihm, und sie spüren bald, dass er andere Dinge im Sinn hat.
Er setzt sich in Bewegung und geht zu den Spielräumen hinüber.
Am Eingang blieb er stehen und blickt sich um.
Es ist wenig Betrieb. Man wartet auf den neuen Ansturm. An einigen Tischen wird mäßig gespielt, und von den Billardtischen ist nur einer belegt.
Nur um einen Spieltisch sind mehr als ein Dutzend Männer versammelt. Zwischen diesen Männern hindurch erblickt Jim Calhoun das kupferrote Haar einer Frau.
Das ist sie, denkt er. Dies muss Pat Wayne sein. Denn sie schrieb mir, dass ich sie im Kansas Saloon an einem Black-Jack-Tisch finden würde.
Er tritt näher und schiebt sich zwischen die Männer. Er betrachtet die Frau und er spürt, dass sein Herz einige schnellere Schläge macht. Er muss etwas mühsam schlucken.
Sie ist wenig mehr als mittelgroß, und es ist alles richtig an ihr, genauso wie ein Mann es gern hat. Sie hat ihr Haar aufgesteckt, und sie wirkt auf eine besondere Art stolz. Sie blickt jedem Mann gerade und fest in die Augen.
Auch bei Jim Calhoun tut sie es nun.
Ihre Augen weiten sich für einen Moment. Sie hat etwas zu volle und zu breite Lippen. Ihre Unterlippe zittert ein wenig. Sie beißt mit weißen kräftigen Zähnen darauf. Dann hat sie sich wieder unter Kontrolle. Sie ist sehr beherrscht.
Jim Calhoun aber weiß nun, dass sie ihn erkannt hat und sich ziemlich erschrocken hat. Denn er sieht seinem Bruder Joe sehr ähnlich. Joe aber, mit dem sie verlobt war, ist tot.
Sie ist nicht schön. Es geht aber etwas von ihr aus, was jeden Mann dazu zwingt, sie zu betrachten.
Sie hält in einem Saloon am Black-Jack-Tisch die Bank.
Sie gibt nun Karten aus. Die Männer setzen keine kleinen Beträge. Auch Jim legt fünfzig Dollar vor sich hin und bekommt zwei Karten. Er betrachtet sie kurz und verzichtet auf eine dritte Karte.
Dann wartet er, bis alle Mitspieler bedient wurden.
Ja, er ist nun sicher, dass es Pat Wayne ist, die sein Bruder im vergangenen Herbst hier in Trail Town heiraten wollte.
Sie nimmt Karten für sich, betrachtet diese und sagt dann: »Ich zahle an zwanzig aus, Gentlemen.«
»An mich«, murmelt Jim Calhoun und deckt seine beiden Zehner auf. Sie zahlt ihm wortlos den doppelten Einsatz aus.
Das Spiel geht weiter. Die meisten Mitspieler verlieren ständig. Doch scheint ihnen dies nichts auszumachen.
Jim Calhoun gewinnt immer wieder – und das ist seltsam. Als er aufhören und sich abwenden will, spricht sie ihn an.
»Warum hören Sie auf, Mister?«, fragt sie mit ihrer etwas dunklen und kehligen Stimme. »Trauen Sie Ihrer Glückssträhne nicht länger?«
Sie lächelt, doch in ihren Augen ist ein ernstes Forschen.
Er lächelt zurück, und sein dunkles Indianergesicht wird plötzlich jünger, heller und hübscher. Es ist erstaunlich, wie er sich durch ein Lächeln verändert.
»Ich finde es unfair, die Bank zu sprengen, wenn Sie die Bankhalterin sind«, sagt er. »Wären Sie ein Mann, würde ich ...«
»Das können Sie haben«, unterbricht ihn eine ruhige Stimme links hinter ihm.
Er wendet den Kopf und sieht den Sprecher an. Er sieht einen großen, stattlichen Mann in der dunklen Tracht der Berufsspieler. Er wirkt seiner Haltung nach wie ein ehemaliger Offizier, und sein Gesicht ist von einer angenehmen Männlichkeit, drückt jedoch auch eine kluge Härte und Selbstsicherheit aus.
Er hat dunkle Augen, in denen nun die Herausforderung des typischen Spielers funkelt.
Jim Calhoun nickt langsam. Denn die Herausforderung kommt ihm sehr gelegen. Es passt zu seinem Plan, dass er all sein Geld an einen Spieler verliert.
So will er es haben. Denn alles muss echt wirken.
»Gern, Mister«, sagt er. »Wenn Sie befugt sind, die Bank des Hauses zu halten, dann würde ich gern ein Spielchen mit Ihnen wagen. Aber ich warne Sie. Ich bin heute nicht zu schlagen.«
Er grinst siegessicher und etwas verwegen, wie es viele Männer an seiner Stelle täten.
Das Spielen ist für viele Männer der allergrößte Spaß.
»Ich bin Edson Philbrook«, sagt der Mann. »Mir gehört der Kansas Saloon mit allem Drum und Dran. Deshalb können Sie bei mir bis in die Hölle und wieder zurück bieten.«
Jim nickt erfreut. Er wendet sich noch einmal zu Pat Wayne um. Diese und auch die anderen Spieler an ihrem Black-Jack-Tisch blicken ihn an.
In Pat Waynes Blick ist wieder jenes ernste Forschen zu erkennen, fast schon eine stumme Frage.
Er aber folgt Ed Philbrook nun in die Ecke zu einem Spieltisch.
»Wollen Sie weitermachen mit Black Jack, Mister Calhoun?«
»Sie kennen mich, Mister?« Jim Calhoun fragte es staunend.
»Das gehört zu meinem Beruf«, erwidert Philbrook, indes er die Karten mischt. »Ich weiß immer genau, wer der Besitzer einer Herde ist, die ich in den Verladecorrals brüllen höre.«
Er blickt Jim fragend an.
Dieser legt hundert Dollar vor sich hin und nickt. »Fangen wir an«, sagt er dabei.
Er nimmt drei Karten und hat einundzwanzig. Er lässt den Gewinn stehen und verdoppelt ihn schon beim nächsten Spiel, weil er mit achtzehn höher ist als Ed Philbrook mit siebzehn.
Und wieder lässt er alles stehen.
Nochmals gewinnt er und verdoppelt somit alles, weil Ed Philbrook zwei Asse und damit zweiundzwanzig hat und damit aus dem Spiel geworfen ist.
»Ich habe nur bei größeren Einsätzen Glück«, sagt Ed Philbrook herausfordernd.
Jim Calhoun blickt ihn scharf an. Dann blickt er auf die achthundert Dollar nieder. Er legt noch zwölfhundert hinzu.
»Sie haben dreimal gegeben«, sagt er. »Jetzt gebe ich. Wir wechseln jedes dritte Spiel, nicht wahr?«
Philbrook nickt. Er schiebt Jim die Karten hinüber und zählt dann von seinem Geld zweitausend Dollar ab.
Dann gibt Jim.
Und als sie ihre Karten aufdecken, hat er verloren. Er hat dreiundzwanzig.
Ed Philbrook betrachtet ihn seltsam.
»Wenn Sie das noch einmal machen, sind Sie blank«, sagt er. »Oder haben Sie mit Ihrem blonden und riesigen Partner noch nicht den Erlös für die Herde geteilt?«
»Doch«, sagt Jim, »das habe ich. Wenn ich noch mal so hoch wette und verliere, bin ich wirklich fast blank. Doch ich wage es.«
Er holt sein ganzes Geld hervor.
Philbrook betrachtet ihn abermals seltsam, und nun ist für einen Moment ein wachsames Lauern in seinem Blick. Er zählt Jims Geld und setzt den gleichen Betrag.
Sie sind längst nicht mehr allein am Tisch. Es kommen viele Zuschauer herüber. Solch ein scharfes Spiel um hohe Einsätze spricht sich immer schnell herum. Alle betrachten Jim Calhoun, als dieser nun die Karten mischt.
Dann geht es ganz schnell. Er verliert nochmals und ist blank.
»Zum Teufel«, sagt er, »ich habe einfach kein Glück! Jetzt habe ich doch wahrhaftig meine Herde nur für einen kurzen Spaß von Texas heraufgetrieben. Nun, niemand kann von mir sagen, dass ich ein schlechter Verlierer bin. Wenn ich mal wieder einen Berg Geld besitze, müssen Sie mir Revanche geben«
»Das werde ich.« Philbrook nickt ernst, und in seinen Augen ist keinerlei Ausdruck. Sie sind nun dunkel und undurchsichtig wie trübes Moorwasser. »Wenn Sie die Karten geben, haben Sie offenbar kein Glück«, sagt er sanft. »Ich gebe Ihnen jedoch Kredit, wenn Sie wollen.«
Jim Calhoun schüttelt den Kopf und geht hinaus. Jemand sagt halblaut: »Das ist doch ein Narr! Verspielt binnen weniger Minuten den Anteil an der Herde.«
Jim hört es, und indes er hinaustritt aus dem Saloon, hofft er, dass er sein Verlieren nicht zu auffällig machte und man ihn wirklich für einen verwegenen und leichtsinnigen Spieler hält, der stets immer alles auf eine Karte setzt.
Er bleibt an der Ecke einer Gasse stehen und lauscht und wittert in die Runde.
Die Stadt ist jetzt um Mitternacht schon ziemlich ruhig.
Jim Calhoun denkt nun an Bart Gannaway.
Auch dieser wird seinen Anteil an der Herde durchbringen, nur auf eine andere Art. Bart Gannaway wird sich schlimm betrinken. Er wird immer wieder alle Gäste freihalten, wird sich von den Mädchen ausplündern lassen und überhaupt eine Menge verrückter Dinge tun. Bart Gannaway braucht sich dabei gar nicht so sehr zu verstellen, denn im Rausch wird er ganz und gar ein wilder und verrückter Riese.
Jim Calhoun fragt sich in diesem Moment, ob es gut ist, Bart Gannaways Hilfe anzunehmen. Doch Bart war Joes Freund, so wie er sein Freund ist. Bart hat einen Anspruch darauf, mitmachen zu dürfen.
Indes Jim zum Hotel geht, denkt er an Pat Wayne.
Er sah sie zum ersten Mal. Sein Bruder konnte sie ihm nicht vorstellen, nur beschreiben.
Er hat sie mir nicht gut genug beschrieben, denkt Jim. Sie ist schöner und begehrenswerter, als ich dachte. Doch was ist sie für eine Frau, diese Pat Wayne, die mein Bruder heiraten wollte?
Er betritt mit dieser Frage im Herzen das Hotel. Der Portier ist nicht zu sehen, und so nimmt er sich seinen Zimmerschlüssel und geht hinauf. Als er das Zimmer öffnet, sitzt Fay Mannen drinnen beim Lampenschein an dem kleinen Tisch und blickt ihm entgegen. Fay Mannen raucht an einer guten Zigarre, und er hat offensichtlich auch Jims Gepäck durchsucht, weil das Bündel auseinandergerissen auf dem Bett liegt.
Jim Calhoun schließt ruhig die Tür.
Er sieht Fay Mannen an.
Dieser wirft den Zigarrenrest auf den Teppich und stapft mit dem Absatz darauf.
»Ich hoffe, dass du noch genügend Geld in der Tasche hast, um deine Schulden bei mir bezahlen zu können«, sagt er.
Er greift in die Westentasche seiner Lederweste und holt Jims Schuldschein hervor. Damit wedelt er lässig durch die Luft. Seine hellen Augen blitzen kalt und gefährlich.
Jim nimmt ihm den Zettel ab, und Fay Mannen lässt auch dies geschehen. Er ist sich seiner Macht offenbar sehr sicher.
Jim Calhoun zerreißt den Schuldschein sehr langsam und bedächtig und wirft die Schnitzel in den Aschenbecher.
»Du hast Pech gehabt, Fay Mannen«, sagt er. »Ich habe kein Geld mehr, um nachträglich den Herdenzoll entrichten zu können. Ich denke, es wäre gut, wenn wir die dumme Sache vergäßen. Du hättest eher kassieren sollen. Jetzt ist schon nichts mehr da. Wenn ich in einen Spielsaloon komme, werde ich leichtsinnig. Doch glaub mir, dass ich auch schon oft genug ein Vermögen gewinnen konnte. Ich ...«
Er verstummt, denn Fay Mannen springt nun auf und greift nach dem Revolver.