G. F. Unger 2097 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2097 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Dan Denver und Humphrey Lovel, der Vormann der Sunfisher Ranch, sehen sich eine Weile hart und wortlos an. In den wasserhellen Augen des Vormannes funkelt Hass. Er hat noch nicht überwunden, dass Dan Denver ihm vor einiger Zeit eine bittere Lektion erteilt hat.
»Der Boss will euch sprechen, und ich habe ihm versprochen, dass es keinen Kummer gibt. Also geht zu ihm!«
In Dan Denvers Augen tanzen plötzlich kalte Funken.
»Hump Lovel«, sagt er ruhig, »wenn du mit mir noch einmal Verdruss beginnen solltest, dann schieße ich dir nicht nur in die Schulter wie beim letzten Mal ...«
»Geh zur Hölle, Denver! Du hast nur Glück gehabt. Nächstes Mal werde ich der Bessere sein. Nun, das hat noch etwas Zeit. Kommt jetzt mit zum Boss!«
Er dreht sich um und geht ins Haus. Dan Denver und sein Partner Sage Fisher folgen ihm. Dann stehen sie am Krankenbett und sehen auf Big Jack, den sterbenden Weidekönig, nieder ...


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Seitenzahl: 163

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Impressum

Heißes Eisen

Vorschau

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

© 2021 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Manuel Prieto / Norma

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7517-0856-2

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Heißes Eisen

Dan Denver und Humphrey Lovel, der Vormann der Sunfisher Ranch, sehen sich eine Weile hart und wortlos an. In den wasserhellen Augen des Vormannes funkelt Hass. Er hat noch nicht überwunden, dass Dan Denver ihm vor einiger Zeit eine bittere Lektion erteilt hat.

»Der Boss will euch sprechen, und ich habe ihm versprochen, dass es keinen Kummer gibt. Also geht zu ihm!«

In Dan Denvers Augen tanzen plötzlich kalte Funken.

»Hump Lovel«, sagt er ruhig, »wenn du mit mir noch einmal Verdruss beginnen solltest, dann schieße ich dir nicht nur in die Schulter wie beim letzten Mal ...«

»Geh zur Hölle, Denver! Du hast nur Glück gehabt. Nächstes Mal werde ich der Bessere sein. Nun, das hat noch etwas Zeit. Kommt jetzt mit zum Boss!«

Er dreht sich um und geht ins Haus. Dan Denver und sein Partner Sage Fisher folgen ihm. Dann stehen sie am Krankenbett und sehen auf Big Jack, den sterbenden Weidekönig, nieder ...

Als sie vor zwei Jahren in dieses Land kamen und sich in den Hügeln eine kleine Pferderanch aufbauten, da wollte Big Jack sie vertreiben. Doch es gelang ihm nicht. Zum ersten Mal in seinem Leben war er auf zwei Männer gestoßen, die noch härter kämpfen konnten als er und seine Mannschaft. Es gab gnadenlose, blutige Kämpfe, und erst als der alte Weidekönig krank wurde und sein Vormann Dan Denvers Kugel in die Schulter bekam, entstand eine Art Waffenstillstand. Und jetzt hat der Mann, der sie nicht am Rande seines Rinderreiches dulden wollte, sie zu sich gebeten.

»Ich danke euch, dass ihr gekommen seid«, sagt Big Jack. Selbst auf dem Sterbebett wirkt er noch stolz und beachtlich.

Dan Denver und sein Partner tauschen einen Blick. Sie sind gespannt darauf, was Big Jack von ihnen will.

An den beiden Fenstern stehen zwei Männer. Sie machen ernste Gesichter. Doktor Frank Russel ist klein, rundlich und glatzköpfig. Notar Merville Scott ist lang, dünn, mit einem Pferdegesicht, aber freundlichen blauen Augen.

Dan Denver und Sage Fisher schenken weder diesen beiden Männern noch dem Kranken im Bett den ersten Blick. Sie staunen ein großes und schlankes Mädchen an, das neben dem Kopfende des Bettes steht und ihnen ernst entgegensieht.

Sie staunen, sehen in zwei graue und sehr klare Augen hinein und nehmen die Hüte ab. Und sie erkennen, dass dieses ernste Mädchen sehr schön ist. Sie trägt ein modisches Reisekleid aus dem Osten, aber ihr rassiges Gesicht ist sonnengebräunt. Ihr Haar ist blauschwarz, wird hinten mit einer Spange zusammengehalten und fällt an ihrem Nacken bis tief in den Rücken nieder.

»Guten Morgen, Madam«, murmelt Dan Denver, und er schaut immer noch staunend in ihre Augen. Er erkennt darin eine ernste Sorge und eine verborgene Angst.

Der Kranke im Bett zeigt auf das Mädchen.

»Das ist meine Tochter June – sie war vier Jahre im Osten bei ihrer Tante. Ich habe ihr Nachricht geschickt, dass ich sterben werde. Nun ist sie hier, um ihr Erbe zu übernehmen.«

»Das ist falsch, Dad«, unterbricht das Mädchen, und ihre dunkle Stimme zittert ein wenig.

Der Alte grinst einmal kurz und müde. Dann wird er schnell wieder ernst. »Ich weiß, June, dass du vor allen Dingen in meinen letzten Stunden an meiner Seite sein willst. Du warst immer eine gute und liebe Tochter. Nun, das ist all right, aber nicht wichtig. Du weißt, dass ich dich wirklich liebe, Mädel. Aber das ist eine Sache, die nur uns beide etwas angeht. Und es ist auch nicht besonders wichtig, wenn ein alter Mann wie ich endlich stirbt. Jeder Halm verdorrt einmal – und jeder starke Baum wird einmal morsch und fällt. Das ist der Lebenslauf. Aber er muss auch wissen, dass sein Werk und seine Arbeit nicht nutzlos waren. Es ist gut für einen Mann, wenn er Söhne hat. Ich habe keine. Das ist schlimm. Denn ich hinterlasse einem Mädchen eine große Ranch – und viele Feinde, die sich jetzt von allen Seiten auf diese Ranch stürzen werden.«

Er macht eine Pause.

Von der Tür her ertönt eine bittere Bassstimme: »Du hinterlässt auch einen Vormann und eine Mannschaft, Boss! Warum hältst du nicht mehr besonders viel von deinen Reitern? Ich denke, dass wir immer noch für die Sunfisher Ranch sorgen können.«

»Nicht, wenn die Gegner ein Rudel Revolverschwinger anwerben, Hump, dann werdet ihr nacheinander abgeknallt. Ihr seid gute Cowboys, ihr könnt auch verdammt rau kämpfen. Aber, wenn ich tot bin, dann fehlt euch der Boss – ein Mann fehlt euch, der denken kann, der euch führt. Hump, du kamst vor zehn Jahren als junger Bengel zu mir. Seit vier Jahren bist du mein Vormann, weil Sam Timber starb. Du bist ein guter Vormann, aber du denkst manchmal zu einseitig, du bist zu stur! Reg dich nicht auf, mein Junge. Du bist ein guter Rindermann, du kannst kämpfen und bist treu. Du bist schon all right. Du bist für jeden Boss eine gute Hilfe – wie eine rechte Hand. Aber du bist nicht der Mann, Hump, der diese Ranch aus dem Verdruss bringen könnte – nicht aus diesem Verdruss, den ein paar gerissene Hundesöhne ganz bestimmt sorgfältig vorbereitet haben.«

Big Jack Brittbee macht wieder eine müde Handbewegung. Humphrey Lovel wird tiefrot im Gesicht. Er scharrt unruhig mit den Füßen.

»Vielleicht denke ich langsam und eingleisig, Boss. Aber ich beginne zu ahnen, warum die beiden Revolverschwinger da herbestellt sind. Du hältst sie für zwei harte Nüsse, weil sie sich gegen unseren Willen an der Grenze unserer Nordweide behaupten konnten. Du hältst sie für Wundermänner, und jetzt willst du sie auf dem Sterbebett bitten, dass sie uns beistehen. Verdammt, wie tief ist die Sunfisher Ranch schon gesunken, dass sie um die Hilfe zweier berüchtigter Revolvermänner bittet!«

Er sagt es wütend und starrt grimmig auf Dan Denver und Sage Fisher, die sich umgewendet haben und ihn kühl ansehen. Er tritt vorwärts, sodass er zwischen ihnen am Fußende des Bettes steht und besser in die Augen seines Ranchers sehen kann.

»Hast du denn deine Meinung über diese beiden Tiger geändert, Boss? Hältst du sie nicht mehr für angeworbene Schießer unserer Gegner, die sich nur an unserer Nordgrenze festsetzten, damit wir in die Zange genommen werden sollen? Glaubst du wirklich, Boss, dass diese beiden Revolverhelden auf einer kleinen Pferderanch ein Hungerleben führen würden, wenn sie keinen Auftrag dazu hätten? Das ist ein Trick! Aber mach dir keine Sorgen. Bald ist meine Schulter wieder in Ordnung. Und wenn ich meinen Arm bewegen kann, werde ich ...«

»Nichts wirst du, Hump! Gar nichts wirst du! Du hast nur die Wahl, nach meinem Willen zu handeln – oder dich von der Lohnliste dieser Ranch streichen zu lassen. Du wirst darüber nachdenken müssen, wie groß deine Treue zur Sunfisher Ranch eigentlich ist.«

Der Alte hebt nun müde seine große Hand, die rau, rissig, schwielig und braun ist, voller Lassonarben und vielen anderen Zeichen eines harten Lebens.

Er deutet auf Dan Denver und seinen Partner Sage Fisher.

»Ich will euch ein Geschäft vorschlagen«, sagt er, und seine Augen funkeln seltsam. Sein dunkles Gesicht zuckt. Mit einem Mal wirkt er kräftiger und gar nicht wie ein sterbender Mann, dem der Doc ein Aufputschmittel gegeben hat, damit er vor dem Tod noch sein Haus bestellen kann.

»Wir wollen keine Geschäfte machen – wir wollen nur ganz friedlich auf unserer kleinen Pferderanch ein ruhiges Dasein führen«, murmelt Sage Fisher abweisend. Und er sieht zu Dan Denver auf. »Siehst du, er will uns in seinen Verdruss hineinzerren. Ah, ich bin diese Kämpfe leid! Wenn ich welche haben will, dann brauche ...«

»Sei still, Sage«, unterbricht ihn Dan ruhig. Er sieht an dem Alten vorbei auf June Brittbee, die fest und offen seinen Blick erwidert. Und obwohl in ihren Augen Angst, Sorge und Not zu erkennen sind, steht sie stolz und aufrecht an der Seite ihres Vaters. Nur ihre Unterlippe zittert ein wenig, und der Puls klopft deutlich in ihrem Hals.

Es wäre wirklich gut für sie, wenn sie einen großen und starken Bruder hätte, der seinem Vater ähnlich ist, denkt er.

Der Alte bewegt sich unruhig auf seinen Kissen. Sein starker Wille und die Macht seiner Wünsche lassen ihn noch einmal richtig lebendig erscheinen.

»Ich biete euch einen Drittelanteil der Sunfisher Ranch – ein Drittel der Weide, ein Drittel der Rinderherden und ein Drittel des Bankkontos. Da ist der Notar. Er hat den Vertrag schon fertig. Ich biete euch ein Drittel meines Besitzes. Und mit diesem Drittel vergrößert sich eure Drei-Dollar-Ranch um das Zehnfache allein an Landbesitz. So viel wird euch kein anderer Mann bieten. Und selbst dann, wenn ihr von meinen Feinden angeworben seid ...«

»Wir sind nicht angeworben, und wir wollen nichts anderes als unsere bescheidene Ruhe«, grollt Sage Fisher.

Er packt Dan Denver am Arm.

»Komm, wir gehen. Ich will mir mit meinen Revolvern keine große Ranch verdienen. Jack Brittbee, Sie haben die ganzen Jahre mehrere stolze Männer in den Dreck getreten und sie Ihre anmaßende Größe fühlen lassen. Sie waren ein mächtiger Baum, der einen weiten Schatten warf und andere nicht an die Sonne ließ. Nun, es ist nur natürlich, dass bald auch auf andere Bäume und Bäumchen die Sonne scheinen wird. Tut mir leid um Ihre Tochter, aber wir kämpfen nicht für fremde Interessen. Wir wehren uns nur, wenn man uns Löcher in die Haut brennen will. Tut mir leid, Jack Brittbee! Komm, Dan! Wir sind zu jung auf dieser Weide, als dass wir uns in alte Fehden und Feindschaften einmischen sollten.«

Er zerrt Dan Denver herum und will mit ihm das Zimmer verlassen. Dan ist immer noch unschlüssig. Er sieht in die ernsten Augen des Mädchens.

Dieses beugt sich mit einem Mal über ihren Vater.

»Ich bin froh, Dad, dass sie deinen Vorschlag ablehnen. Ich werde mit Hump schon einen Weg finden, um die Ranch zu erhalten. Wir brauchen keine Revolverhelden.«

»O Hölle! Wenn die beiden Burschen da wirkliche Revolvermänner wären, die nur für Geld kämpfen, dann hätten sie jetzt meinen Vorschlag angenommen«, keucht der Alte. »Der Drittelanteil dieser Ranch ist sechzigtausend Dollar wert. Und noch nie hätten zwei Revolvermänner für einen höheren Lohn gekämpft. June, diese beiden Männer haben ehrlich mit ihrem rauen Leben abgeschlossen und fangen ehrlich und hart mit einer kleinen Ranch an. Ich habe mich in ihnen getäuscht! Sie stehen nicht im Sold meiner Feinde. Ganz zufällig haben sie sich an unserer Nordgrenze festgesetzt.«

Er verstummt, atmet schwer und schließt die Augen. Der Doktor tritt schnell herbei und fühlt nach dem Puls.

Sage Fisher und Dan Denver sind schon an der Tür. Da öffnet der Alte noch einmal seine Augen.

»Halt! Hört es euch an! Ich habe damit gerechnet, dass – ihr ablehnen würdet. Ich – schenke euch ein Drittel meines Besitzes! Ich schenke ihn euch, und ihr seid zu nichts verpflichtet! Notar, nun hat mein zweites Testament Gültigkeit. Und diese beiden Männer wären – Narren, wenn sie nicht ...«

Weiter spricht Big Jack Brittbee nicht, denn nun ist seine Kraft erschöpft. Ein Krampf geht durch seinen mächtigen Körper, den nur besonders starke Pferde ertragen könnten. Dann wird dieser Körper plötzlich schlaff.

June fällt neben dem Bett auf die Knie und drückt ihr Gesicht in die Kissen. Sie braucht nicht erst vom Doktor die Bestätigung, dass der Vater tot ist. Es ist ohnehin wie ein Wunder, dass sein Herz noch so lange schlagen konnte.

Dan Denver und Sage Fisher gehen hinaus. Auf der Veranda verhalten sie und sehen sich an.

»Von mir aus hätte er noch hundert Jahre leben können, wenn er uns in Ruhe gelassen hätte«, murmelt Sage.

Der Notar tritt hinter ihnen aus dem Haus.

»Er hat euch ein Drittel seines Besitzes geschenkt. Ihr seid die Partner seiner Tochter. Vielleicht war es klug, vielleicht sehr leichtsinnig. Nun, die Zeit wird es erweisen.«

»Wir verzichten auf das Geschenk«, sagt Dan Denver plötzlich.

»Yeah, wir wollen nichts geschenkt haben«, knurrt auch Sage Fisher.

Sie gehen zu den Pferden und sitzen auf. Als sie anreiten, sagt der Notar ruhig: »Ihr habt zehn Tage Bedenkzeit, Gentlemen. So ist sein Wille. Erst nach zehn Tagen dürft ihr ablehnen oder annehmen, Gents. Überlegt es euch gut!«

»Sie können es in zehn Tagen schriftlich haben, Notar, dass wir ablehnen. Welches Drittel der Weide wollte er uns denn schenken? Hier im Norden?«

»Nein, Mister Denver – im Süden!«

»Siehst du«, grollt Fisher, »wir sollten den Puffer abgeben. Ein großzügiges Geschenk, hahaha! Wir sollten zwischen dieser Ranch und der gierigen Meute zu sitzen kommen, die schon lange darauf wartet, um über die Sunfisher Ranch herfallen zu können. Hölle, da machen wir nicht mit!«

Er schnalzt mit der Zunge. Sein gelber Wallach erwacht anscheinend plötzlich aus einem tiefen Schlaf und setzt sich schnell in Bewegung.

Dan Denver folgt mit seinem Pinto. Als sie durch das Tor reiten, tritt Humphrey Lovel auf die Veranda. Er starrt ihnen nach. In seinen Augen ist ein verwunderter Ausdruck.

»Er hat diesen beiden hartgesottenen Wunderknaben ein Vermögen geboten – und sie haben es abgelehnt«, murmelt er. Etwas ratlos sieht er den Notar an.

Der lächelt seltsam.

»Dein Boss war ein kluger Kopf«, sagt er zum Vormann. »Er hat sich etwas ausgedacht, das gar nicht schiefgehen kann. Ob die beiden Tiger die Schenkung annehmen oder nicht – es muss jetzt der Tag kommen, wo sie für diese Ranch kämpfen werden. Und du solltest deinen Groll gegen sie vergessen. Ohne sie seid ihr hier bald erledigt und zertreten. Im Süden braut sich etwas zusammen.«

Er geht zu seinem Wagen und klettert hinein. Als er die Zügel in die langen Hände nimmt, tritt Humphrey Lovel noch einmal heran.

»Warum werden die beiden Tiger für diese Ranch kämpfen? Sie haben doch keine anderen Interessen als die an ihrer kleinen Pferderanch.«

Der Notar grinst.

»Jemand wird sie dazu zwingen. Jemand wird den Drittelanteil dieser Ranch haben wollen. Die beiden Tiger können ihn leicht bekommen, denn sie brauchen sich nur mit der Schenkung einverstanden zu erklären. Und wenn dies erst bekannt wird, wird jemand sie dazu zwingen wollen, das Geschenk anzunehmen und für einen Spottpreis wieder zu verkaufen. Das werden die beiden Gentlemen nicht mitmachen. Und dann wird es mächtig rau und rauchig werden. Sei schlau, Hump! Vergiss deinen Groll. Es könnte sein, dass ihr euch gegenseitig helfen müsst. Oder ist dein Groll größer als die Treue zur Ranch?«

Humphrey Lovels Gesicht verhärtet sich noch mehr. Seine Augen blitzen auf, und er presst wieder seine Lippen schmal gegen seine Zähne, als er schwer und wie schwörend sagt: »Für diese Ranch und für June reite ich bis in die Hölle und würde alles – aber auch alles – tun. Aber ich hasse Dan Denver. Er hat mich vor meiner Mannschaft rau zurechtgestutzt. Das frisst in mir. Einer von uns ist zu viel auf dieser Welt. Ich weiß nicht, ob in dieser Beziehung meine Treue zur Ranch größer als mein Hass auf Dan Denver ist.«

Er bricht hart und scharf ab, macht mit dem gesunden Arm eine heftige Bewegung und geht davon. Groß, stark, nur noch etwas mager vom Krankenlager, so geht er mit langen Schritten über den Hof und zu den wartenden Cowboys hinüber.

Am Nachmittag reiten die beiden Partner durch eine Hügellücke und erblicken bald den Ort mit dem stolzen Namen – Royal City. Ein Dutzend Häuser mit Scheunen, Ställen und Nebengebäuden gruppieren sich um einen kleinen Platz. Royal City liegt in einer grünen Senke. Neben der Poststraße, die von Nord nach Süd durch den Ort quer über den Platz führt, eilt ein kleiner Bach entlang – ebenfalls quer durch den Ort.

An der Ecke des Platzes steht ein zweistöckiges Gebäude, dessen obere Fassade echt ist.

Es ist der Royal Saloon.

Die beiden Freunde reiten daran vorbei. Ein Mann erscheint in der offenen Tür, sieht sie an und ruft dann einige Worte in den Raum. Sie reiten langsam weiter und quer über den Platz auf den General Store zu. Hier sitzen sie ab. Wieder bindet nur Dan seinen Pinto an die Haltestange, während Sages gelber Wallach schon wieder zu schlafen scheint und sich nicht einmal um die vielen Fliegen kümmert.

Sie sehen sich um und gehen hinein.

Der Store ist leer. Ein hagerer, faltiger und starkknochiger Mann kommt aus dem kleinen Büro und reibt sich seine starken Knochenhände. Dan hört das Knacken seiner Glieder. Auf den ersten Blick wirkt er fast fünfzig Jahre alt, aber er kann höchstens vierzig sein. Sein schwarzes Kopfhaar ist zu kurzen Borsten geschoren. Er blickt aus schmalen Schlitzaugen auf die beiden Männer. Irgendwie ähnelt dieser Mann einem Asiaten, aber er ist keiner. Es gibt mitunter solche Typen.

»Hallo«, sagt er mit einer knarrenden Stimme, »ich habe schon damit gerechnet, dass ihr vor dem Winter zu mir kommen werdet. Euch ist etwas die Luft ausgegangen, wie?«

Er macht dabei mit seinen knochigen Fingern die Bewegung des Geldzählens und lächelt. Sein Mund öffnet sich wie ein scharfer Messerschnitt und zeigt kleine Zähne, die weit auseinanderstehen. Für eine Sekunde öffnen sich seine Schlitzaugen weit. Es sind graue, glitzernde und wachsame Augen.

»Sicher«, sagt er, »ich gebe euch einen Kredit – bis – na, sagen wir bis fünfhundert Dollar in Waren jeder Art vom Hufnagel bis zum Schweineschinken. Ich habe gehört, dass ihr im nächsten Jahr schon ein paar prächtige Wallache verkaufen könnt.« Er lächelt wieder. »Oder könntet ihr besser einen Geldgeber als Teilhaber gebrauchen?«, fragt er dann sanft.

»Nein, James Lawry.« Sage grinste. Und dann zählt er dem Storehalter auf, was sie an Vorräten benötigen. James Lawry notiert alles.

»Ich packe alle Dinge zurecht. In einer halben Stunde liegt alles bereit.«

»Prächtig, Mister. Und wir vertrinken indes im Saloon unseren letzten Dollar«, grinst Sage.

Als sie auf den hölzernen Gehsteig treten und sich Zigaretten drehen, kommt ein junger Bengel mit einem Arm voll Extrablättern aus einer Gasse gelaufen. Die Freunde grinsen bitter. Sie wissen, dass Notar Merville Scott nebenberuflich Herausgeber des Royal Observer ist und nun aus den Ereignissen auf der Sunfisher Ranch etwas Gewinn für sich schlägt.

Der Bengel brüllt jetzt auch schon laut und gellend los: »Big Jack Brittbee verschenkt vor seinem Tod seinen Besitz! Ein großer Mann unseres Landes ist soeben verschieden! Mister Brittbee verschenkt seinen Besitz! Extrablatt! Der Royal Observer bringt einen ausführlichen Bericht über Big Jacks Tod und seinen ›Letzten Willen‹!«

Schreiend läuft der Bengel um den Platz. Und aus allen Häusern und Geschäften kommen Leute und erstehen die Blätter.

Dan Denver lacht bitter. »Pass auf, Sage. Du kannst darauf wetten, dass wir doch noch in diesen verdammten Verdruss hineingezogen werden.«

Sage Fisher hat die ganze Zeit nicht gesprochen. Aber jetzt beginnt er, leise und heftig zu fluchen.

»Dieser Big Jack Brittbee war gerissener als ein Taschendieb vom Markt der tausend Diebe in Mexiko City! Ah, Dan, jetzt kann die Meute, wenn sie uns auf ihre Seite bekommt, schnell ein mächtiges Stück Weide ...«

»Yeah«, unterbricht Dan und geht die drei Stufen hinunter. »Komm, vertrinken wir deinen Dollar. Tabak bekommst du ja jetzt im Store auf Kredit!«

Der Schanktisch ist leer, und dahinter steht nur der bullige Paddy Lincoln und putzt Gläser. Seine fleischigen Hände gehen merkwürdigerweise sehr geschickt mit den Gläsern um.

Dan und Sage sehen sich um. An einem Billardtisch spielen zwei Cowboys. In der Ecke sitzen vier Männer um einen Tisch. Sie haben ihr Pokerspiel vergessen und unterhalten sich leise und heftig. Zwischen ihnen liegt eines der Extrablätter.

»Da sitzt das Rudel, und es hat hier bestimmt schon einige Tage herumgesessen und auf die Nachricht von Big Jacks Tod gewartet«, murmelt Sage bitter. Und noch leiser fügt er hinzu: »Wir hätten unser letztes Bargeld vielleicht doch besser noch behalten sollen. Aber jetzt sind wir schon mal hier.«