G. F. Unger 2105 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2105 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Zuerst roch ich den Rauch.
Wo Rauch war, waren gewiss auch Menschen. Und bei den Menschen gab es vielleicht ein paar Happen zu essen.
Ich war an diesem Tag gerade einundzwanzig Jahre alt geworden - und ich war ein langer, ziemlich magerer und hohlwangiger Bursche, gelbhaarig und blauäugig, mit einem sichelförmigen Texanerbart, der mir über die Mundwinkel bis fast auf die Kinnwinkel hing.
Mit sechzehn war ich schon in den Krieg gezogen. Ich trug jetzt noch die Hose der Konföderierten-Kavallerie, und statt eines Hutes diente mir eine Feldmütze als Kopfbedeckung.
Nun, ich ritt also gegen den Wind über den nächsten Hügel dem Rauchgeruch nach. Und da sah ich es auch schon unter mir in der Senke. Sie hatten ein Bullenkalb über einem Feuer. Es waren Satteltramps wie ich. Das sah man an ihren Pferden, an ihrer miesen Ausrüstung und Kleidung. Als ich näher ritt, blickten sie mir unruhig entgegen.
Einer sagte: »Seht euch den an. Der hat den Rauch und den Bratenduft gewittert. Wenn der kommt, können vielleicht auch noch andere ...«
Er sprach nicht weiter.
Das brauchte er auch gar nicht. Sogar ich verstand, dass er befürchtete, nicht mehr lange allein zu bleiben mit seiner »Tafelgesellschaft«. Denn ich sah nun die Rinderhaut, die sie dem Braten vorher abgezogen hatten, und hatte plötzlich ein mulmiges Gefühl ...


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Seitenzahl: 146

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Töte diesen Mann, Johnny

Vorschau

Impressum

Töte diesen Mann, Johnny

Zuerst roch ich den Rauch.

Wo Rauch war, waren gewiss auch Menschen. Und bei den Menschen gab es vielleicht ein paar Happen zu essen.

Ich war an diesem Tag gerade einundzwanzig Jahre alt geworden – und ich war ein langer, ziemlich magerer und hohlwangiger Bursche, gelbhaarig und blauäugig, mit einem sichelförmigen Texanerbart, der mir über die Mundwinkel bis fast auf die Kinnwinkel hing.

Mit sechzehn war ich schon in den Krieg gezogen. Ich trug jetzt noch die Hose der Konföderierten-Kavallerie, und statt eines Hutes diente mir eine Feldmütze als Kopfbedeckung.

Nun, ich ritt also gegen den Wind über den nächsten Hügel dem Rauchgeruch nach. Und da sah ich es auch schon unter mir in der Senke. Sie hatten ein Bullenkalb über einem Feuer. Es waren Satteltramps wie ich. Das sah man an ihren Pferden, an ihrer miesen Ausrüstung und Kleidung. Als ich näher ritt, blickten sie mir unruhig entgegen.

Einer sagte: »Seht euch den an. Der hat den Rauch und den Bratenduft gewittert. Wenn der kommt, können vielleicht auch noch andere ...«

Er sprach nicht weiter.

Das brauchte er auch gar nicht. Sogar ich verstand, dass er befürchtete, nicht mehr lange allein zu bleiben mit seiner »Tafelgesellschaft«. Denn ich sah nun die Rinderhaut, die sie dem Braten vorher abgezogen hatten, und hatte plötzlich ein mulmiges Gefühl ...

Und der letzte Rest meines fast völlig verhungerten Verstandes sagte mir, dass es gut für mich wäre, wenn ich auf meinem alten Pferd und mit meinem knurrenden Magen gleich weiterreiten würde. Denn mich hatte solch ein ungutes Gefühl nur selten getäuscht.

Doch da war mein Hunger. Ich wurde von meinem Hunger dazu getrieben, mich nicht wieder sofort auf die Socken zu machen.

Ich wartete. Denn das gehörte zu meinem Stolz. Ich bettelte nicht. Ich nickte den kauenden Burschen nur zu.

Einer – es war jener, der einst Sergeantenstreifen an der Uniform gehabt hatte – sagte nach einer Weile: »Nun, dann steig ab, Junge. Schlag dir den Bauch voll. Aber wir dürfen hier nicht mehr lange bleiben. Hast du das Feuer bis zum Weg wittern können?«

Ich nickte nur. Dann stieg ich ab.

Ich musste mir den Magen füllen, koste es, was es wolle.

Denn war es nicht ein herrliches Gefühl, sich den hungrigen Bauch voll schlagen zu können?

Wir schnitten, stopften, kauten und schlangen.

In meinen Körper schien neue Kraft zu strömen.

Nachdem ich meinen ersten Hunger gestillt hatte, betrachtete ich kauend meine Nachbarn und Gegenüber.

Ja, sie alle waren Satteltramps, vielleicht sogar Banditen.

Niemand fragte mich, woher ich kam. Niemand fragte mich nach meinem Namen.

»Nimm dir noch ein ordentliches Stück mit auf den Weg, Junge«, sagte der Exsergeant, wischte sich die Hände an der Hose ab und wandte sich um. Er hatte schon ein Stück gebratenes Fleisch in einem Leinenbeutel am Sattelhorn hängen. Nun wollte er aufsitzen.

Aber da verharrte er mitten in der Bewegung und fluchte unterdrückt, aber mit tiefster Bitterkeit.

Ich blickte über die Schulter.

Und da sah ich es auch.

Alle sahen wir es nun.

Wir waren nicht mehr allein. Besuch war gekommen.

Und das flaue Gefühl in meinem Magen war nun stark.

Doch das ging vorbei.

Sie hatten uns.

Auch sie waren nur sechs. Doch sie hatten Gewehre schussbereit, einer sogar eine Schrotflinte. Und sie waren unbemerkt über den Kamm einer Bodenwelle dicht genug herangekommen. Sie beherrschten die ganze Senke, in der wir unser Festmahl eingenommen hatten.

Wir alle machten uns von Anfang an nicht viele Illusionen.

Denn diese Reiter waren hart. Das sah man. Sie waren eine erstklassig ausgerüstete Weidemannschaft, und vielleicht konnten sie mit den Revolvern und Gewehren sogar noch besser umgehen als mit dem Lasso.

So jedenfalls sahen sie aus.

Ihr Boss sah nicht viel anders aus als seine Reiter – was seine Kleidung betraf. Doch er war etwas älter. Ihm hing ein Bart am Kinn wie graue, spitze Eiszapfen.

Und auch seine Stimme war eisig.

»Nun, Jungs, wenn ihr kämpfen wollt, dann solltet ihr jetzt damit anfangen«, sagte er auf uns nieder und hielt sein Parker-Schrotgewehr bereit. Es war doppelläufig und gewiss mit Indianerschrot geladen. Damit konnte er allein schon zwei oder drei von uns totschießen. Wir hatten überhaupt keine Chance. Keiner von uns besaß ein Gewehr.

Der Exsergeant trat vor.

»Sir«, sagte er, »wir hatten Hunger. Und diesem Bullenkalb war von einem Wolf die Sehne des linken Hinterbeines durchgebissen worden. Sie hätten das Tier ohnehin töten müssen. Was ist es Ihnen wert? Einen Dollar? Zwei Dollar? Zehn?«

Nun, hier in Texas waren Rinder zu dieser Zeit nicht viel wert.

Aber der harte Boss dort oben auf dem Kamm der Bodenwelle dachte anders.

Er sagte: »Ich bin Arch Crisholm. Und mich bestiehlt man nicht. Selbst wenn es sich nur um einen Hosenknopf oder ein Bullenkalb handelt. Es war übrigens schon fast ein Bulle. Denn sonst hätten wir ihm nicht das Brandzeichen aufgedrückt. Na schön, wollt ihr immer noch nicht kämpfen?«

Ich ahnte plötzlich, was seine Worte zu bedeuten hatten.

Alle ahnten wir es, Mann für Mann.

»Ihr müsst das mal mit meinen Augen sehen, Jungs«, sagte dieser Arch Crisholm langsam und schwer. »Wenn ich jeden Viehdieb laufen lasse, der auf meiner Weide schlachtet, dann habe ich bald ein paar üble Banden hier. Jungs, ich lasse das nicht durchgehen. Ich werde es mit euch rau machen. Also kämpft oder lasst euch ohne Gegenwehr aufknüpfen. Wie wollt ihr es haben?«

Nun saß mir der Schrecken richtig in den Gliedern.

Der Exsergeant sah sich nach uns um.

Dann sah er wieder zu Arch Crisholm hinauf und sagte: »Sir, wir kamen nur hinzu. Der Junge hatte schon ein Stück Fleisch über dem Feuer. Er erzählte uns die Geschichte mit dem Wolf, der die Hintersehne des Tieres ...«

»Schon gut«, unterbrach ihn Arch Crisholm.

Dann sah er mich an.

»Stimmt das, Junge?«

Ich sah zu ihm auf.

»Wenn mein Colt brauchbar und geladen wäre«, sagte ich, »würde ich lieber kämpfen, als um Gnade winseln. Aber ich kann den Colt höchstens als Keule benutzen. Und so muss ich Ihnen wohl sagen, Mister, dass dieser Hombre lügt. Aber das wissen Sie ja selbst.«

Da nickte er.

»Na los«, sagte er, »dann machen wir es eben so. Werft die Waffen weg, Leute! Werft sie weg und geht dort entlang! Dort steht eine feine Burreiche. Los jetzt!«

In seine Stimme kam zuletzt gnadenlose Härte, was zwei von uns nicht aushielten und die Waffen zogen.

Und dann bekamen sie es.

Aber der Exsergeant lief plötzlich zu seinem Pferd, versuchte sein Heil in der Flucht.

Sie ließen ihn etwa fünfzig Yards weit kommen.

Dann schoss ihn einer aus dem Sattel.

Nun waren nur noch zwei außer mir auf den Beinen.

Ich schwitzte – und das war nicht nur von dem vielen Fleisch im Bauch.

Ich schwitzte vor Angst und vor Wut zugleich.

»Ihr sollt hinübergehen zu dieser Burreiche dort«, sagte Arch Crisholm. »Jungs, ich habe euch doch alles genau erklärt. Ich lasse keinen Viehdieb davonkommen – keinen! Auch keinen Fleischdieb, der meine Rinder schlachtet. Also los.«

Wir beeilten uns nicht sehr, wie man sich denken kann.

Die Burreiche war ein prächtiger Baum für eine Hängepartie. Man konnte uns bequem an einen dicken Ast hängen, so nebeneinander im notwendigen Abstand.

Wir hielten an und sahen uns nach den Reitern um.

Zwei von ihnen hatten unsere Pferde mitgebracht.

»Wir werden euch die Hände auf dem Rücken zusammenbinden«, sagte Arch Crisholm ruhig, so als wäre dies eine selbstverständliche Sache, gegen die wir gar keine Einwendungen haben könnten.

Seine Leute hatten inzwischen neben mir schon die beiden anderen Männer auf die Pferde gesetzt. Aber bei mir zögerten sie. Es war, als witterten sie, dass zwischen Arch Crisholm und mir etwas vorging.

Er lachte plötzlich und schlug sich auf den Oberschenkel. Sein Pferd war wohl daran gewohnt, denn es erschreckte sich nicht, spitzte nur die Ohren wie ein Hund.

Er sagte trocken: »Lasst den Jungen frei. Der hat mehr Format als die anderen. Es wäre zu schade, ihn wegen ein paar Bissen Fleisch zu hängen. Aus dem wird noch was. Lasst ihn frei! Gebt ihm sein Pferd. Komm mit mir, Junge, denn ich will dich näher kennenlernen.«

Er wandte sein Pferd, um fortzureiten.

Doch ich fragte: »Und die anderen? Sollen die vielleicht hängen?«

Er blickte im Sattel über die Schulter zurück.

»Das ist Kroppzeug«, sagte er. »Die bringen hinter dem nächsten Hügel vielleicht schon jemanden um, nur weil ihnen das ein paar Dollars einbringen könnte. Ja, solche Pilger sind das. Die wollten sogar dir die Schuld in die Schuhe schieben.«

»Das war nur der Exsergeant«, sagte ich.

Er zögerte, dann nickte er seinen Männern zu. »Zieht ihnen was mit der Bullpeitsche über«, sagte er. »Und seht sie euch gut an. Wenn ihr sie noch mal im Umkreis von fünfzig Meilen seht, dann ...«

Eine Weile ritten wir schweigend. Dann begann er mir Fragen zu stellen.

Aber er erwartete wohl keine Antwort. Er sagte nach einer Weile: »Als ich so alt wie du war, Junge, da glich auch ich einem halb verhungerten Wolf. Und ich vertraute nur meinem Colt. Du kannst bei mir einen Job haben. Ich werde dich ausprobieren. Willst du?«

Ich überlegte.

Erinnerte ich ihn zu sehr an die Vergangenheit?

Nun, mir war alles gleich.

Ich wollte einen Job.

»Yes, Sir, probieren Sie mich mal aus«, sagte ich. Meine Stimme klang spröde. Ich versuchte, mir meine Abneigung nicht anmerken zu lassen.

Er sah mich an und lächelte. Er hatte helle Falkenaugen.

»Du kommst in eine raue Mannschaft«, sagte er. »Vertraue keinem. Du bist der jüngste meiner Reiter. Es wird nicht leicht sein für dich.«

»Mal sehen«, erwiderte ich nur.

Da grinste er.

Er deutete nach Süden, wo in der Ferne eine Stadt lag, die man in der klaren Luft gut erkennen konnte, obwohl es fast zehn Meilen waren dorthin.

»Das ist Signal«, sagte er. »Es ist eine alte Stadt. Reite hin! Wenn du sagst, dass du für mich reitest, hast du überall Kredit. Morgen reitest du dann weiter nach Süden – über den Fluss, den du weit hinter der Stadt gerade noch erkennen kannst am helleren Grün. Jenseits des Flusses leben die Shannighans. Sie haben einen entlaufenen Hengst im Corral, der mir gehört. Das erkennst du am Brandzeichen. Bring mir das Tier zurück. Und bestelle Jack Shannighan Grüße von mir.«

Er wartete gar nicht auf mein »Yes, Sir«, sondern ritt den Hügel hinunter.

Ich folgte ihm.

Unten warteten die fünf anderen Reiter schon. Sie sahen mich scharf und wachsam an.

Es war eine kleine, nette, freundliche Stadt, kaum mehr als ein Dorf.

Mein altes Pferd hatte sich gut gehalten, doch es war jetzt erledigt. Ich brachte es gleich in den Mietstall.

Zum Stallmann sagte ich: »Mein Name ist Johnny Quantrell. Ich reite für Arch Crisholm. Dieses Pferd wird gut versorgt. Und morgen bekomme ich eines von Crisholms Tieren mit Sattel.«

Der alte Mann betrachtete mich fest, dann nickte er.

»Sicher«, sagte er, »das geht in Ordnung.«

Ich staunte, wie leicht es war, als Crisholm-Reiter hier etwas auf Kredit zu bekommen. Auch im Store wurde ich sofort bedient und erhielt Kredit.

Dann besuchte ich den Barbier.

»Einen guten gebrauchten Colt bekommen Sie am besten im Saloon dort drüben«, sagte mir der Barbier, als ich in danach fragte.

Ich bedankte mich für den Tipp.

Auch im Saloon hatte ich Kredit. Der Barmann schrieb mir sieben Dollar auf mein Schuldkonto für einen recht ordentlichen Colt, der mir gut in der Hand lag und an dem ich nichts ändern musste. Denn der Abzug und das Korn vorn auf dem Lauf waren schon abgefeilt.

Mit solch einem Ding hatte ich schießen gelernt.

Als ich die Kanone ins Holster hatte, fühlte ich mich wieder besser.

Nun arbeitete ich für Arch Crisholm.

Ja, es war fair, dass ich zu diesem Jack Shannighan ritt und dort den Hengst abholte, der sich offenbar dorthin verlaufen hatte.

Inzwischen war es Abend geworden. Ich verspürte schon wieder Hunger.

Ich ging also ins Hotel-Restaurant.

Und da sah ich sie zum ersten Mal.

Sie räumte gerade einen der sechs Tische ab, die es in diesem Raum gab, und sie wandte sich bei meinem Eintritt halb um, sah mich an.

Ich staunte.

Dass es so was auf dieser Erde gibt!, dachte ich, denn dieses rothaarige und grünäugige Mädel gefiel mir gleich auf den ersten Blick so sehr, dass ich die Luft anhalten musste.

Es waren noch ein paar Gäste da, die ihr Essen in sich hineinstopften und uns dabei kaum mehr als einen flüchtigen Blick schenkten.

Ich setzte mich und wartete geduldig. Dabei konnte ich sie weiter beobachten, wie sie abräumte, kassierte und die Tische wieder säuberte. Endlich bekam auch ich mein Essen.

»Der Koch wollte schon Feierabend machen«, sagte sie. »Der hatte nichts mehr in den Töpfen und Pfannen. Sie sind spät dran, Mister.«

»Johnny«, sagte ich, »Johnny Quantrell. Und da ich von Ihnen träumen werde, würde ich gerne Ihren Namen wissen. Es ist schlimm, wenn man von einem Mädchen träumen muss, dessen Namen man nicht kennt.«

Sie schnappte nach Luft. Sie wusste nun ganz genau, dass ich einer von der schnellen Sorte war, die niemals Zeit verlor bei einem Mädchen – und dass ich mich auskannte.

»Halb verhungert und noch so forsch«, murmelte sie. »Träumen Sie lieber nicht von mir, Johnny Quantrell. Das halten Sie noch nicht aus.«

»Ach«, sagte ich und kaute schon, »ich bin bestimmt besser als jeder andere Hombre. Und wenn ich erst eine Woche lang jeden Tag so gut gegessen habe wie jetzt, werden Sie staunen, was aus mir geworden ist. Dann träumen Sie von mir, wie ich von Ihnen träume, wetten?«

Sie wollte erst böse werden. Doch dann erkannte sie in meinen Augen, wie ich es meinte. Da lachte sie leise. Es war ein herrliches Lachen, so melodisch und unter die Haut gehend.

»Ich bin Jennifer«, sagte sie, »Jennifer Johnstone. Der Besitzer des Hotels und dieses Speisehauses ist mein Onkel. Er schlägt Ihnen den Kopf von den Schultern, wenn Sie glauben, ich wäre eine von diesen Hummeln.«

»Das sind Sie ganz gewiss nicht, Jennifer«, sagte ich. »Sie träumen bestimmt nicht von einem Mann – o nein! Sie haben nur züchtige Träume. Ich weiß!«

Aber ich grinste wieder zu meinen Worten.

Als sie mir den Nachtisch brachte, fragte ich, wann geschlossen würde.

»Sobald ich Sie hier raus habe«, sagte sie und setzte sich zu mir an den Tisch, sah zu, wie ich den Käsekuchen wegputzte und den Kaffee trank.

»Sie sind schon etwas dicker geworden.« Sie lächelte.

»Ich werde im Hotel übernachten«, sagte ich. »Bekomme ich von Ihnen mein Zimmer gezeigt? Und vielleicht möchten Sie auch einen kleinen Spaziergang machen, Jennifer. Um ein wenig frische Luft zu bekommen nach der Arbeit hier. Dann würde ich Sie gerne begleiten – als Beschützer. Ja?«

Sie sah alles in meinen Augen.

Und es gefiel ihr. Sie lachte.

»Junge, ich glaube schon, dass du ein Mann bist. Sonst dürftest du nicht für Arch Crisholm reiten. Aber ich habe nichts zu verschenken. Verstehst du? Ich will raus hier, fort hier! Ich gehe mit jedem Mann von hier fort, der mir etwas bieten kann. Hast du mich verstanden, Johnny Quantrell?«

Ich nickte, denn ich verstand sie genau.

Also ging ich in den Mietstall und legte mich dort ins Stroh. Ich schlief bald schon ein. Ja, ich träumte von Jennifer Johnstone.

Sie küsste mich.

Aber verdammt, es war nur ein Traum.

Man kann nicht alles haben auf der Welt!

Am nächsten Morgen ritt ich los.

Der Weg bis zum Fluss war nicht sehr weit, kaum eine Stunde brauchte ich.

Ich kam dann an einen Wegweiser, bei dem ein schmaler Pfad von der Wagenstraße abzweigte. An dem Brett des Wegweisers konnte ich die eingekerbten Worte lesen: Zu den Shannighans.

Da wollte ich hin, und so folgte ich dem Pfad in den Hügel hinein.

Ich dachte an den Hengst, den ich holen sollte.

Dann kam ich über einen Hügelsattel hinweg in eine schöne Senke.

Vor mir lag die Ranch.

Und überall schon hatte ich Rinder gesehen. Es gab eine Menge Wasserstellen und ein paar kleine Creeks. Das Land war voller Rinder.

Die Ranch selbst war enttäuschend.

In einem der Corrals warf ein schwarzer Hengst soeben einen brüllenden Reiter hoch in die Luft. Der Mann landete ziemlich schwer – und dennoch beeilte er sich mächtig, heil aus dem Corral zu kommen. Er rollte sich einfach unter der unteren Stange hinweg nach außen.

Der Hengst verfehlte ihn nur knapp mit den Hufen.

Auf der oberen Corralstange hockten ein paar Männer, die sich nach mir umsahen, nachdem der Hengst in die andere Ecke trabte und von dort aus ein triumphierendes Wiehern hören ließ.

Ich ritt langsam näher.

Und wieder sah ich eine harte Mannschaft. Diese Burschen da waren nicht weniger hart als Crisholms Leute, die bereit gewesen waren, uns zu hängen.

Ich verhielt und sagte laut zu ihnen hinüber: »Ich komme von Arch Crisholm. Ich soll schöne Grüße an Jack Shannighan bestellen und den Hengst abholen, der sich hierher verlaufen hat.«

Als ich es gesagt hatte, da spürte ich jäh, dass etwas nicht in Ordnung war. Vorher hatten sie mich nur abwartend angesehen. Nun grinsten sie schief – und einer lachte schallend, doch ohne jeden Humor, sondern ganz deutlich auf böse Weise und Unheil verkündend sogar.

Ich bekam plötzlich die Witterung von Verdruss, ja sogar von Gefahr. Verdammt, in was war ich da wie ein blöder Hammel hineingerannt?

Einer von ihnen, der einen Texanerbart trug wie ich, aber gewiss an die zehn Jahre älter war, sagte: »Ich bin Jack Shannighan. Hat Arch Crisholm dich wirklich zu mir geschickt? Dich kenne ich ja noch gar nicht. Hat er seine Mannschaft noch mehr vergrößert, dieser Hundesohn?«

Nun wusste ich schon besser Bescheid.