G. F. Unger 2118 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2118 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Dick Anderson und Chip Flannaghan, zwei abgerissene Lassoschwinger der Dakota-Weide, sitzen schon zwei Stunden auf der Veranda des Opal Saloons.
»Ich glaube nicht«, sagt Dick langsam, »dass jemand kommt, der so barmherzig ist, dass er uns die hungrigen Bäuche füllen wird. Wir sitzen hier fest und kommen nicht fort. Ich bin noch nie so reingelegt worden. Das hat man nun davon, wenn man einem Boss die Treue hält.«
Er verstummt bitter. Er ist ein sehr massiger und schwergewichtiger Bursche mit einem runden und gutmütigen Gesicht und zwei klaren und hellen Augen. Er trägt die Tracht eines Cowboys, zwar reinlich und sorgfältig ausgebessert und geflickt, doch sehr abgerissen.
Chip Flannaghan wirkt gegen ihn wie eine halbe Portion. Bevor er auf die Worte seines Partners etwas erwidern kann, sehen sie einen Reiter in die Stadt kommen.
»Das ist keiner von der Westward Company«, brummt Dick.
Chip sagt mit einem hoffnungsvollen Ton: »Dick, vielleicht ist es ein Fremder, der nur zufällig kommt. Und dann könnten wir ...«
Er verstummt, denn sie verstehen sich auch so. Sie haben nun die schwache Hoffnung, dass sie zu Geld kommen können. Denn wenn das dort ein Fremder ist, der Dick Anderson nicht kennt, dann ...


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Seitenzahl: 167

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Goldene Ernte

Vorschau

Impressum

Goldene Ernte

Dick Anderson und Chip Flannaghan, zwei abgerissene Lassoschwinger der Dakota-Weide, sitzen schon zwei Stunden auf der Veranda des Opal Saloons.

»Ich glaube nicht«, sagt Dick langsam, »dass jemand kommt, der so barmherzig ist, dass er uns die hungrigen Bäuche füllen wird. Wir sitzen hier fest und kommen nicht fort. Ich bin noch nie so reingelegt worden. Das hat man nun davon, wenn man einem Boss die Treue hält.«

Er verstummt bitter. Er ist ein sehr massiger und schwergewichtiger Bursche mit einem runden und gutmütigen Gesicht und zwei klaren und hellen Augen. Er trägt die Tracht eines Cowboys, zwar reinlich und sorgfältig ausgebessert und geflickt, doch sehr abgerissen.

Chip Flannaghan wirkt gegen ihn wie eine halbe Portion. Bevor er auf die Worte seines Partners etwas erwidern kann, sehen sie einen Reiter in die Stadt kommen.

»Das ist keiner von der Westward Company«, brummt Dick.

Chip sagt mit einem hoffnungsvollen Ton: »Dick, vielleicht ist es ein Fremder, der nur zufällig kommt. Und dann könnten wir ...«

Er verstummt, denn sie verstehen sich auch so. Sie haben nun die schwache Hoffnung, dass sie zu Geld kommen können. Denn wenn das dort ein Fremder ist, der Dick Anderson nicht kennt, dann ...

Sie hüten sich, neugierig zu wirken. Sie betrachten den sich nähernden Reiter und sehen, dass der Mann ein zähes und ausdauerndes Pferd reitet, welches zwar nicht besonders schnell ist, doch den ganzen Tag trotten kann.

Der Fremde hat indes ihre Höhe erreicht, hält an, betrachtet sie kurz und richtet seine Aufmerksamkeit dann auf den Saloon.

Dick und Chip spüren, dass dieser Fremde kein Durchschnitt ist. Sie wittern es mehr, als sie es sehen.

Der Fremde ist dunkel wie ein Indianer, doch er hat ein sehr ruhiges Gesicht. Am Kinn und an der linken Wange sind einige feine Narben, kaum erkennbar, doch zwei halbmondförmige Zeichen. Er hat einen festen Mund, eine kurze Nase und zwei ruhige, rauchgraue Augen.

Er ist nicht hübsch und nicht hässlich, doch ganz bestimmt sehr männlich. Und er ist so dunkel gekleidet wie einer dieser Nachtfalken, die in verborgenen Camps leben, auf geheimen Wegen reiten und von unbestimmbaren Einkünften leben.

Er trägt eine schwarze Cordhose, ein dunkelgrünes Hemd, ein schwarzes Reittuch, eine schwarze Lederweste und einen schwarzen Stetson mit flacher Krone. Seine Reitstiefel sind sporenlos.

Und dieser Fremde, der so ruhig und still wirkt, trägt einen Revolver mit schwarzem Ebenholzgriff auf eine ziemlich normale Art.

Dick und Chip lassen sich auf den ersten Blick fast täuschen.

Doch dann wissen sie plötzlich Bescheid. Sie wissen, dass es nur zwei Möglichkeiten gibt, was diesen großen, dunklen und so ruhig und selbstsicher wirkenden Fremden betrifft.

Denn er muss ein Großer sein, keiner von der wilden und herausfordernden Sorte, die sofort zu erkennen ist und vor der man sich hüten muss wie vor tollwütigen Hunden.

Er könnte ein Gesetzesmann sein, ein Deputy Marshal der Bundesregierung zum Beispiel, der im Range eines Captains steht.

Aber er könnte auch ganz etwas anderes sein – nämlich ein Revolvermann!

Und das ist etwas völlig anderes als ein Marshal und auch etwas anderes als ein Revolverheld. Ein Revolvermann, das ist eine Sorte für sich. Er ist kein Raufbold, sondern ein Kämpfer.

Und die Frage ist nur, ob er für eine gute oder schlechte Sache kämpft. Ja, das ist die Frage.

Diese Frage stellen sich jetzt auch Dick und Chip, denn sie wissen, dass es mehr als eine Möglichkeit gibt, wenn man das Auftauchen dieses Fremden deuten will.

Dann aber erinnern sie sich wieder daran, dass er trotz allem ein Fremder ist und es für sie deshalb eine Chance gibt, ein Geschäft zu machen.

Chip beginnt die Sache mit den Worten: »Mister, was mag wohl Ihr Pferd wiegen? Wissen Sie das zufällig?«

Der Fremde betrachtet ihn und blickt dann auf Dick.

»Es werden mit Sattel fast zehn Zentner sein«, sagt er dann. »Es ist ein ganz normales Tier.«

»Danke, Mister«, sagt Chip und strahlt über sein ganzes Gesicht, sodass die tausend Sommersprossen lustig zu hüpfen beginnen. Er wendet sich an Dick.

»Du brauchst es also gar nicht erst zu versuchen, Dick«, sagt er. »Der Gaul ist zu schwer für dich. Du kannst ihn nicht ausheben. Gib mir nur die zehn Dollar.«

Dick betrachtet gedankenversunken das Pferd und kratzt die stoppelige Wange.

»Vielleicht schaffe ich es – vielleicht nicht«, sagt er. »Doch bevor ich dir die zehn Dollar kampflos überlasse, will ich es lieber versuchen.«

Er wendet sich an den Fremden, der ihn und Chip interessiert betrachtet und mit einem ruhigen Gesicht den Worten lauschte.

»Wissen Sie, ich habe mit dem Kleinen hier gewettet, dass ich das erste Pferd, welches in den Ort kommt, mit meinen Schultern zumindest eine Handbreit vom Boden lüften könnte. Wenn ich es bei Ihrem Tier versuchen würde – würden Sie es gestatten und würde das Tier auch still und ruhig bleiben?«

Die belustigten Fältchen in den Augenwinkeln des Fremden vertiefen sich, und nun spielt sogar um seine Mundwinkel der Anflug eines Lächelns.

»Ich würde es gestatten«, sagt er. »Und mein Tier würde auch still halten, wenn ich es am Kopf halte und zu ihm beruhigende Worte rede. Doch ich glaube nicht, dass Sie es ausheben können, Cowboy, obwohl Sie sehr stark aussehen.«

»Ich nehme jede Wette an«, sagt Dick.

Der Fremde lächelt. Er greift in die Westentasche und wirft Chip dann einen blitzenden Gegenstand zu. Es ist ein Zwanzig-Dollar-Stück. Chip fängt es auf, bevor er darüber nachdenken kann, ob er dies tun sollte. Es ist eine Reflexbewegung. Und dann hält er es staunend in der Hand, denn er hat schon sehr lange keinen goldenen »Doppeladler« mehr in der Hand gehalten.

Doch dann richtet er seinen hellen Blick auf den Fremden.

»Was soll das, Mister?«, fragt er.

Der Fremde lächelt nun noch stärker. Seine starken, weißen Zahnreihen blitzen.

»Cowboys«, sagt er, »ihr braucht nicht erst mein Pferd zu lüften, um eine Wette zu gewinnen. Ihr habt sie schon gewonnen. Denn ich glaube es, dass dieser starke Büffelbulle mein Pferd ausheben kann. Ich glaube es, da ich es schon einmal sah und hundert Dollar verlor, weil ich es nicht glauben wollte. Nehmt den Doppeladler als Leihgabe. Und seid nur nicht zu stolz, ihn anzunehmen! Denn auch ich war schon ein- oder zweimal so sehr abgebrannt, dass ich einem kranken Hund den letzten Knochen gestohlen hätte, um mich am Leben zu erhalten. Ich kenne das. Ich weiß, wie es ist, wenn man in einer Pechsträhne sitzt. Und wenn es euch besser geht, dann gebt mir die Leihgabe zurück oder an einen anderen armen Teufel weiter. Viel Glück!«

Dick und Chip blicken ihm nach und starren dann auf die hinter ihm zufallende Schwingtür des Saloons.

Dann starren sie auf das Zwanzig-Dollar-Goldstück in Chips Hand. Es erscheint ihnen so groß wie ein Wagenrad. Und symbolisch gesehen ist es auch irgendwie so groß, denn für zwanzig Dollar muss ein guter Cowboy einen ganzen Monat arbeiten. Für zwanzig Dollar kann man zwei Longhornrinder kaufen.

»Du lieber Himmel, es gibt also doch noch edle und noble Menschen auf dieser Erde«, sagt Chip ergriffen. Seine Hand legt sich auf die Magengegend. »Dick, ich werde mir ein kleines Schweinchen auf mexikanische Art zubereiten lassen«, flüstert er andächtig. »Ich werde ...«

»Nichts wirst du, Kleiner!«, sagt Dick und nimmt ihm das Goldstück weg. »Dieses Geld habe ich gewonnen«, sagt er. »Und weil das so ist, bestimme ich, wie wir es klein machen. Wir müssen sparen, alter Junge, sparen, verstehst du? Was steht dort auf dem Schild?«

Er deutet auf ein Schild, welches über der Schwingtür des Saloons festgenagelt ist. Chip weiß längst, was auf diesem Schild steht, doch er liest es nun andächtig und laut vor:

Opal Saloon

Besitzer Adam Jacks

Guter Whisky, Spiele, Musik

Frei-Imbiss ab Ein-Dollar-Zeche

»Das ist es«, sagt Dick zu ihm. »Wir bekommen unser Essen umsonst, wenn wir für je einen Dollar Whisky oder Bier trinken. Und weil wir sparen müssen, machen wir es so.«

Er will in den Saloon, doch Chip hält ihn am Arm zurück.

»Mister Anderson«, sagt er, »wenn wir erst vor dem Freiimbisstisch stehen, werden wir so viel essen wie ein ganzes Indianerdorf nach einem langen Blizzard. Und dies wieder wird ...«

»Es steht dort auf dem Schild zu lesen, dass es Freiimbiss gibt, wenn man für einen Dollar Feuerwasser trinkt«, unterbricht ihn Dick unwirsch und geht hinein. Chip folgt ihm.

Drinnen steht der Fremde an der Bar und wählt gerade einige Zigarren aus. Er hat auch schon einen Drink bekommen, denn das halb leere Glas steht in seiner Reichweite.

Dick und Chip steuern auf den Freiimbisstisch los, halten an und greifen zu. Dick stopft gleich zwei gekochte Eier in den Mund, und Chip nimmt in die eine Hand ein mit Bratfleisch belegtes Brot und in die andere einen gebratenen Hühnerschenkel. Er beißt abwechselnd hinein und kaut wie ein Hase, so unwahrscheinlich schnell. Seine Augen sind dabei ganz groß und wirken verzückt.

Der riesige Barmann hinter dem Schanktisch aber greift sich eine Schrotflinte, richtet sie auf die beiden Gäste und sagt barsch: »Hört auf! Ihr habt hier keinen Kredit mehr! Das habe ich euch schon oft genug gesagt. Aaah, wir haben schon eure Pferde und Sättel in Beschlag genommen, um ein Pfand zu haben. Jetzt werde ich auch noch eure Hosen nehmen! Los, zieht eure Hosen aus! Ich nehme sie als Pfand für die Eier, das Fleisch und die Brote, die ihr da in euch hineingestopft habt wie hungrige Lämmergeier die Brut aus einem Hühnerstall. Ich werde ...«

»Reg dich nur nicht auf, Lewt«, sagt Dick. Er kaut mit vollen Backen und klemmt sich das Zwanzig-Dollar-Stück wie ein Einglas vor das Auge.

»Du kannst schon mal zwei kühle Glas Bier einschenken«, spricht er kauend, doch gut verständlich weiter. »Wir sind zahlende Gäste und machen von dem Angebot Gebrauch, welches draußen über der Tür deutlich genug zu lesen ist. Wir machen eine genügend hohe Zeche, zahlen bar und bedienen uns am Freiimbisstisch. Jetzt kannst du das Schießgewehr wieder weglegen.«

Er dreht ihm den breiten Rücken zu und greift abermals zwei Eier. Dann schickt er einige eingemachte Gurken und Zwiebeln hinterher und greift nach einer dicken Scheibe Büffelhöcker und einer Brotscheibe, die dick mit Käse belegt ist. Er schlingt die Büffelhöckerscheibe herunter und tut sich einen Löffel Senf auf den Käse.

Chip schlingt irgendwelche Dinge herunter, so als hätte er die größte Furcht davor, dass der Barmann mit dem Schießprügel nun ein endgültiges Machtwort sprechen könnte, das diese Schwelgerei am Freiimbisstisch beendet.

Der Fremde aber hat sich indes eine Zigarre angesteckt, und er macht die ersten Züge wie ein Mann, der diesen Genuss lange entbehrt und vermisst hat.

Lewt Hammer, der riesige Barmann des Opal Saloons, ist jetzt damit beschäftigt, zu überlegen, was zu tun ist. Er murmelt leise: »Diese beiden Sattelquetscher! Sie lungern schon drei Tage hier herum, und sie werden den ganzen Freiimbisstisch leer essen. Sie werden für zwei Dollar Getränke kaufen und für zwölf Dollar essen. Das geht doch nicht! Da muss ich doch ...«

»Es ist fair«, sagt der Fremde da zu ihm. »Draußen steht es über der Tür zu lesen. Es gibt Freiimbiss ab Ein-Dollar-Zeche. Es ist keine Beschränkung angegeben. Und wenn ein sprechender und aufrecht gehender Walfisch hereinkommen würde und zu essen anfinge, er könnte sich ohne Beschränkung bedienen, wenn er mehr als einen Dollar an der Bar vertrinkt. Nicht wahr? Das wäre fair.«

Der Barmann wischt sich über das Gesicht.

»Hört auf!«, sagt er wieder. »Hört auf, den Tisch leer zu essen! Bevor ihr weiter esst, will ich erst sehen, dass ihr etwas trinkt!«

Dick und Chip halten auch wirklich inne. Sie haben hineingestopft, was ihnen nur möglich ist. Nun fühlen sie sich wie zugeschnürt. Sie begreifen, dass alles erst einmal richtig rutschen muss. Und sie finden es gut, wenn sie etwas mit kühlem Bier nachspülen.

Sie wenden sich also zum Schanktisch.

»Wir sind ja gar nicht so«, sagt Chip Flannaghan und grinst freundschaftlich.

Der Barmann schiebt mit einem sichtlich gezwungenen freundlichen Grinsen das Bier vor die Gäste und sagt dann: »Wohl bekomm's, Jungs! Ist das wirklich ein richtiges Goldstück, was ihr da habt?«

Dick trinkt erst und wischt sich dann den Schaum ab. Er lässt das Goldstück auf der Theke klingeln. Aber als der Barmann danach greifen will, legt er schnell seine riesige Hand darauf.

Doch auch Lewt Hammer ist ein Riese.

Er sagt jetzt: »Nimm die Hand vom Geld, Anderson. Du musst jetzt zahlen! Du zahlst jetzt!«

Dick Anderson überlegt. Und auch Chip Flannaghan überlegt. Die beiden wirken mit einem Mal sehr wachsam, und das hat seine guten Gründe. Sie sind hier verschuldet. Deshalb wurden schon ihre Pferde und Sättel sichergestellt, sodass sie nicht aus der Stadt konnten. Sie müssen jetzt befürchten, dass der Barmann das Geld an sich nimmt und ihnen nichts herausgeben wird. Es wäre gut, wenn sie Kleingeld hätten.

Doch dann nimmt Dick die Hand vom Geldstück. »Nun gut«, sagt er. »Du kannst die zwei Glas Bier abziehen, Lewt.«

Dieser nimmt das Geldstück, prüft es, findet es für echt und wirft es in die Kasse.

»Ich gebe nichts heraus«, sagt er. Er holt ein Buch hervor und macht darin eine Eintragung. »Jetzt habt ihr noch siebenundfünfzig Dollar Schulden und ...«

»Das kannst du mit uns nicht machen, Lewt«, sagt Dick Anderson langsam. »Du weißt genau, dass Tobias Scott uns schon viele Monate keinen Lohn zahlte. Wir haben echte und sichere Forderungen an die Scott Ranch. Jeder weiß das. Und deshalb bekamen wir ja in dieser Stadt überall Kredit.«

»Aber jetzt ist Tobias Scott tot«, erwidert der Barmann grimmig. »Jetzt habt ihr nirgendwo mehr Kredit. Es ist nicht sicher, ob Scott Erben hat. Seine Ranch ist ohnehin nie viel wert gewesen. Es ist nicht sicher, ob ihr jemals euren rückständigen Lohn erhalten werdet. Von wem denn? Wer ist denn der Erbe dieser Ranch? Nein, Jungs, ich gebe euch kein Geld heraus.«

Er grinst breit. »Ihr dachtet euch, dass ihr hier für zwei Dollar was trinken und für zwanzig Dollar Freiimbiss verschlingen könntet. Aber nicht bei mir! Raus mit euch! Ihr bekommt nichts mehr, keinen Imbiss und keine Getränke. Ich bin froh, dass ich schon mal wieder zwanzig Dollar eintreiben konnte. Ich habe euch fünfzehn Dollar gutgeschrieben und die anderen fünf Dollar für Getränke und Essen berechnet. Raus jetzt! Wenn ihr mir siebenundfünfzig Dollar bringt, werde ich Anweisung geben, dass euch der Mietstall Sättel und Pferde aushändigen darf. Das ist alles!«

Doch Dick Anderson schüttelt auf eine störrische und mürrische Art seinen runden Kopf. Er wirkt jetzt grimmig und böse.

»Das kannst du nicht mit uns machen, Lewt«, sagt er noch langsamer und schwerer. »Unsere Pferde und die Sättel sind mehr als hundert Dollar wert. Und wir haben Lohnforderungen an die Scott Ranch. Wir bekommen irgendwie unser Geld. Es war schon gemein, uns die Pferde und die Sättel wegzunehmen. Deshalb saßen wir hier in dieser Stadt fest wie zwei Eulen, denen man die Flügel stutzte. Und wir wollten bis morgen hier aushalten, weil morgen das Testament von Tobias Scott eröffnet wird. Sicherlich hat er uns etwas hinterlassen – oder seine Erben werden uns den Lohn auszahlen. Wir sind keine Betrüger. Und wir brauchen die achtzehn Dollar, die du uns herausgeben musst. Wir müssen zum Barbier. Wir brauchen neue Hemden und ...«

»Raus!«, sagt Lewt Hammer. »Raus! Oder ich werfe euch durch die Tür. Glaub nur nicht, Anderson, dass es mir sonderlich imponiert, was man sich von dir im Land erzählt. Du sollst ein Pferd ausheben können, und man sagt, du wärest der stärkste Mann im Land. Doch mit diesen Fäusten würde ich dich durch die Tür dort stoßen, dass du einen Purzelbaum schlägst! Raus!«

Er beugt sich über den Schanktisch, um Dick Anderson aus dichter Nähe anstarren zu können.

Und Dick Anderson nimmt die Gelegenheit wahr, die ihm der Riese bietet. Ihm platzt der Kragen. Er schlägt zu, und seine Rechte kommt schnell und trifft so genau, dass der Barmann nach hinten in die Flaschenregale kippt und eine Menge Schaden anrichtet.

Aber Lewt Hammer geht von solch einem Schlag nicht zu Boden. Er weiß auch, dass er nun wieder einige Tage lang Kopfschmerzen haben wird. Und das macht ihn wütend.

Er kommt um den Schanktisch herum und muss dabei über zersplitterte Flaschen treten. Er schnaubt: »Moment, mein Junge, Moment! Das hast du gut gemacht. Doch jetzt bekommst du es von mir! Und wenn ich mit dir fertig bin, werde ich dich am Genick zum Marshal schleifen und ...«

Er kam inzwischen um den Schanktisch herum und greift nun an.

Dick Andersons Freund und Partner Chip Flannaghan aber zieht den Revolver und legt ihn vor den Fremden auf die Theke.

»Mister«, sagt Chip schnell und drängend, »dies ist eine wertvolle Waffe. Mein Vater konnte damit auf zwanzig Schritt einer Fliege das Auge ausschießen. Ich wette diese Waffe als Gegenwert für zwanzig Dollar, dass mein dicker Freund den Kampf gewinnen wird. Halten Sie dagegen, Mister?«

Der Fremde grinst kurz. Dann nickt er und legt ein neues Zwanzig-Dollar-Stück neben den Revolver.

Als er es getan hat, sehen sie beide, wie Dick Anderson von Lewt Hammer von den Beinen geschlagen wird. Chip seufzt traurig.

Und Lewt Hammer sagt grimmig: »Der steht nicht wieder auf.«

Doch dann sehen sie alle drei – denn es sind sonst keine weiteren Zuschauer oder Beteiligte außer den vier Männern im Saloon – wie sich Dick Anderson erhebt.

Lewt Hammer schnauft und schlägt nach seinem Kopf. Doch Dick blockiert den Schlag mit dem linken Unterarm, trifft selbst rechts in die Magengegend und schlägt dann einen Aufwärtshaken an Lewt Hammers Kinn. Hammer stolpert rückwärts, fällt und schlägt mit dem Hinterkopf auf die Messingfußstange an der Theke.

Er bleibt liegen. Dick und Chip warten einige Sekunden. »Dieses Großmaul«, keucht Dick bitter. »Warum musste er mich so behandeln? Er wollte es nicht anders haben.«

»Richtig«, sagt Chip. Er wendet sich an den Fremden, der immer noch ruhig am Schanktisch steht und seine Zigarre raucht.

»Sind Sie damit einverstanden, dass ich unsere Wette gewonnen habe?«, fragt er höflich.

Der Fremde nickt.

Und da steckt Chip seinen Revolver fort, nimmt das Geldstück und zupft seinen Freund am Arm.

»Wir müssen gehen, Richard Anderson«, sagt er drängend. »Wir können keine Minute länger in dieser Stadt bleiben.«

Dies sieht Dick Anderson ein. Sie gehen eilig zur Tür.

Unterwegs halten sie beim Imbisstisch noch einmal kurz an und stopfen sich einige Bissen in den Mund. An der Schwingtür blicken sie sich nach dem Fremden um.

»Sie sind nobel, Mister«, sagt Chip Flannaghan.

»Unsere Pechsträhne dauert nicht ewig«, sagt Dick.

Dann verschwinden sie.

Und der Fremde sieht zu, wie sich der Barmann langsam aufsetzt und sein Kinn betastet.

Er hört ihn sagen: »Er hat mich geschlagen, mich, Lewt Hammer, für den jeder Gegner nur ein Amboss war. Und ich werde gewiss wieder diese höllischen Kopfschmerzen bekommen, die mich noch umbringen werden. Ich werde drei Tage lang ...«

Er bricht stöhnend ab und erhebt sich langsam. Er schwankt bis zum Schanktisch und hält sich daran fest. Verwundert blickt er den Fremden an, so als könnte er sich nicht an dessen Anwesenheit erinnern. Doch dann sagt er: »Haben Sie das alles gesehen? Sind Sie Zeuge?«

»Ich habe nicht hingesehen«, sagt der Fremde lässig. »Ich habe nichts gesehen, gar nichts!«

Er wirft ein Geldstück auf den Tisch und geht zur Tür.

Langsam tritt er auf die Straße. Nichts scheint die kleine Stadt aus der Nachmittagsruhe geschreckt zu haben. Aber weiter unterhalb der Straße erscheinen nun zwei Reiter aus einer Hofeinfahrt. Es sind Dick Anderson und Chip Flannaghan.

Sie haben sich also ihre Pferde und Sättel aus dem Mietstall geholt, obwohl, wie der Fremde gehört hat, diese Tiere und auch die Sättel vom Marshal sichergestellt worden waren.

Also haben sich die beiden abgerissenen Cowboys gegen eine Anordnung des Stadtrichters oder Marshals vergangen. Man wird es als Pferdediebstahl auslegen können.

Der Fremde seufzt. Er weiß, wie schnell solche Cowboys eine Dummheit machen, die andere Dummheiten nach sich zieht und schließlich zu einer Lawine so groß wie ein Berg wird, der ihnen dann den Weg zurück versperrt.

Auf ähnliche Weise sind schon oft wilde Burschen, die bisher redlich waren und ehrliche Arbeit verrichteten, zu Tramps und Sattelpiraten geworden.