G. F. Unger 2125 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2125 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Lily Osborne war zweifellos die schönste Frau in Dodge City. Und das wollte schon etwas heißen, denn in diesem Babylon der Kansas-Prärie hatten sich die schönsten Elstern des ganzen Westens niedergelassen. Ausgerechnet auf mich hatte sie ein Auge geworfen, und wir waren gerade dabei, uns bestens miteinander anzufreunden. Doch da tauchte Herb Yates, mein alter Gefährte aus dem Bürgerkrieg, auf und machte mir einen dicken Strich durch die Rechnung. Er hatte eine Sammelherde mit gutem Gewinn verkauft und wagte nicht, die vierzigtausend Dollar allein nach San Jubal zu schaffen. Was blieb mir anderes übrig, als ihm zu helfen? Gewiss, ich würde die schöne Lily gegen einen Höllenjob vertauschen, aber ein Schuft, wer einen alten Sattelgefährten im Stich lässt!


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Seitenzahl: 152

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Einsamer Kämpfer

Vorschau

Impressum

Einsamer Kämpfer

Lily Osborne war zweifellos die schönste Frau in Dodge City. Und das wollte schon etwas heißen, denn in diesem Babylon der Kansas-Prärie hatten sich die schönsten Elstern des ganzen Westens niedergelassen. Ausgerechnet auf mich hatte sie ein Auge geworfen, und wir waren gerade dabei, uns bestens miteinander anzufreunden. Doch da tauchte Herb Yates, mein alter Gefährte aus dem Bürgerkrieg, auf und machte mir einen dicken Strich durch die Rechnung. Er hatte eine Sammelherde mit gutem Gewinn verkauft und wagte nicht, die vierzigtausend Dollar allein nach San Jubal zu schaffen. Was blieb mir anderes übrig, als ihm zu helfen? Gewiss, ich würde die schöne Lily gegen einen Höllenjob vertauschen, aber ein Schuft, wer einen alten Sattelgefährten im Stich lässt!

Ich saß noch an meinem Pokertisch in der Ecke und zählte den Gewinn einer langen Nacht, gähnte dabei und nickte dem alten Shorty zu, der nun anfing, die Spucknäpfe einzusammeln, als Lily Osborne zu mir kam.

Sie trat hinter meinen Stuhl und begann meinen Nacken und meine Schultern zu massieren. Ihre Finger waren kräftig und geschmeidig.

»Das tut gut«, murmelte ich. »Du weißt genau, was einem Mann gefällt, nicht wahr?«

»Sehr genau«, flüsterte sie auf mich nieder.

»Dann nimm mich mit zu dir und zeig mir alles, was du sonst noch geben kannst an guten Dingen«, murmelte ich. »Wir schleichen in diesem Laden hier nun schon lange genug umeinander. Es wird Zeit, dass wir uns genauer kennenlernen.«

Nun hatte ich es also gesagt.

Lily war ein sogenanntes Edelflittchen, jawohl. Sie war die Queen hier in unserer Amüsierhalle, zu der dieser Spielsalon gehörte, in dem ich einen Tisch gemietet hatte. Wenn sie auf der Bühne stand und sang, dabei eine Menge Bein zeigte, hielt jeder Mann den Atem an. Denn was sie sang und vor allen Dingen ihre Stimme mit dem dunklen Timbre ging ihnen unter die Haut, bis tief in ihren Kern hinein.

»Ja, wir schleichen schon zu lange umeinander«, pflichtete sie mir bei. »Eigentlich wollte ich mich nie mehr mit einem Spieler einlassen. Aber inzwischen wurde ich neugierig auf dich, Ambros Lane, weil ich inzwischen dies und jenes über dich hörte. Du weiß ja, wo ich wohne. Also komm mir nach. Nein, gehen wir nicht zusammen. Es wäre nicht gut, wenn einige Burschen auf dich eifersüchtig würden. Das wäre bestimmt nicht gut ...«

Sie sprach nicht weiter, denn sie wusste, dass sie mir nichts zu erklären brauchte. Hinter ihr waren einige besonders harte Hombres her, die jeden Konkurrenten wegbissen. Das geschah zumeist mit dem Colt.

Ich nickte.

»Geh nur voraus, mein Engel«, murmelte ich. »Und mach dich frisch für mich. Ich komme bald nach, hole mir nur sauberes Zeug aus meinem Hotelzimmer. Und weißt du was? Wir fahren nach dem Mittagessen zum River und machen uns in der frischen Luft einen schönen Nachmittag. Oder sollen wir statt Mittagessen gleich mit einem Picknick ...«

Sie unterbrach mich: »Ja, das wäre schön! Fahren wir mit einem Picknickkorb voll guter Sachen hinaus zum River. Aber zuerst ...«

Sie sprach nicht aus, was zuerst sein würde.

Denn ich wusste es. Es war alles klar zwischen uns.

Wir waren Abenteurer. Und wir hatten uns während der letzten Nächte genügend lange berochen. Nun wollten wir uns näher kennenlernen.

Liebe?

Nein, es war keine Liebe. Dazu kannten wir uns zu wenig.

Aber wir wollten uns gegenseitig etwas geben, wonach sich alle Menschen sehnen, nämlich Wärme, Zärtlichkeit, das Gefühl, etwas schenken zu können und dafür etwas zu bekommen.

Irgendwie waren wir Einsame auf rauen Wegen, die nicht lange allein sein wollten.

Sie ging aus der Spielhalle wieder hinüber in den großen Amüsiersaal, in dem jetzt die Ausfeger tätig wurden.

Ich sah ihr nach und erfreute mich an ihren geschmeidigen Bewegungen.

Ja, ich würde erst ins Hotel gehen und mir sauberes Zeug holen. Denn ich hatte einige Stunden im rauchgeschwängerten Mief gesessen.

Inzwischen hatte ich auch mein Geld gezählt und mein Spielkapital abgesondert.

Ich hatte 257 Dollar gewonnen.

Das war recht ordentlich für eine Nacht, obwohl ich ein Drittel abgeben musste für den Tisch. Der Manager kam, um dieses Geld zu kassieren. Er zählte es genau und trug die Summe in sein Buch ein.

»Ja, Sie machen jede Nacht einen hübschen Gewinn«, nickte er mir zu. »Doch wenn Sie mal ganz groß zuschlagen könnten, würde ich mich freuen. Drüben im Oriental Saloon verspielte ein Herdenboss diese Nacht den gesamten Erlös für seine Herde. Er glaubte zu sehr an seine Glückssträhne und wollte den ganzen Saloon gewinnen. Zuerst sah es fast so aus. Doch vor einer Stunde war er erledigt und hatte vierzigtausend Dollar verloren. Sein Gegenspieler schenkte ihm die Fahrkarte für die Heimfahrt mit der Postkutsche nach Texas, hahaha! Es wäre prächtig, wenn auch Sie einmal solch einen Herdenboss rupfen könnten, Lane.«

»Ja, das wäre prächtig«, sagte ich.

Dann ging er. Ich sah ihm nach und wusste, dass ich meinen Gewinn steigern musste. Die Burschen hier waren mit dem, was sie durch mich an Tischmiete bekamen – nämlich einem Drittel meines Gewinnes – nicht zufrieden.

Aber ich schob die bitteren Gedanken zur Seite, dachte wieder an Lily Osborne und wollte mich erheben.

Aber da kam Herb Yates.

Ich erkannte ihn sofort wieder, obwohl wir uns seit Appomattox nicht mehr gesehen hatten. Aber damals bei Appomattox, als wir uns ergeben hatten und durch das Spalier der siegreichen Unionsarme geritten waren, da war er hinter mir gewesen.

Und ich führte damals das Regiment, welches noch aus dreiundvierzig Mann bestand. Ich aber war der einzige noch lebende Offizier dieses Regiments. Er war mein Sergeant gewesen bis zur letzten Minute, als wir unsere zerschossene Fahne abgeben und die Waffen auf einen Haufen werfen mussten.

Nun trat er also an meinen Tisch, nickte mir zu und setzte sich.

»Hey, Captain«, sagte er.

Ich nickte nur. Es lag mir auf der Zunge, ihm zu sagen, dass ich jetzt selbst für meinen alten Sergeanten keine Zeit hatte, weil eine schöne Frau auf mich wartete.

Doch weil ich in seine Augen sah, erkannte ich darin, dass er Probleme hatte und mir nicht einfach nur ein paar Worte anlässlich unseres Wiedersehens sagen wollte.

Er war ein großer, rotblonder Texaner und etwa ein halbes Dutzend Jahre älter als ich. Ich erinnerte mich, dass er daheim in Texas eine kleine Ranch besessen hatte. Und offenbar war er als Herdenboss nach Dodge City gekommen. Ja, wie ein Herdenboss wirkte er auf mich.

Und ich wusste, dass er gewiss ein guter Herdenboss war, der seine gehörnten Biester mit denkbar geringen Verlusten den Treibweg heraufgebracht hatte.

»Captain«, sagte er, »Sie haben uns immer gesagt, dass wir Texaner seit Alamo stets ganz besonders zusammenhalten müssten, weil das ja auch die Helden von Alamo für Texas getan hätten bis zum Sterben. Nun ...«

»He«, unterbrach ich ihn, »der Krieg ist vorbei. Und die schönen Worte klingen heute hohl und leer.«

Aber er schüttelte heftig den Kopf.

Und er sagte: »Der Krieg geht weiter. Die Steuereintreiber der Yankees arbeiten mit Geldgebern zusammen, welche bei Versteigerungen alles für ein Butterbrot aufkaufen. Ich habe eine Sammelherde von etwa einem Dutzend kleinen Ranches hergebracht und gut verkauft. Mit dem Erlös können wir unsere Steuern und Schulden bezahlen und würden gerettet sein.«

»Aber so einfach ist das wohl nicht mit dem Bezahlen?« So fragte ich.

Er nickte.

»Ich habe einen Scheck der Kansas-Bank für ihre Filiale in Santa Fe«, sagte er. »Doch der Steuereintreiber und die kleine Privatbank in San Jubal wollen Bargeld. Keine Schecks. Das ist der große Trick und für uns das Problem. Wie bekommt man vierzigtausend Dollar von Santa Fe nach San Jubal?«

»Das ist nicht mein Problem«, sagte ich und erhob mich.

Auch er stand auf. Als ich um den Tisch herum kam, trat er mir in den Weg.

Wir sahen uns aus nächster Nähe an, und wir waren von gleicher Größe.

Er sagte: »Captain, Sie waren für uns stets das große Vorbild. Und Sie waren für uns ein Offizier, wie man sich als Soldat, der seine Haut riskieren muss, keinen Besseren wünschen konnte. Unter Ihrer Führung hatte man stets die größte Chance. Und nun ...«

»... ist der Krieg vorbei. Aus einem Captain der Konföderierten wurde ein Spieler«, unterbrach ich ihn. »Vielleicht würde ich mit dem Geld abhauen. Denn es soll ja wohl darauf hinauskommen, dass ich für euch ...«

»Ja«, sagte er. »Und Sie würden uns nicht betrügen. Sie würden ihre ganzen Fähigkeiten einsetzen, um das Geld durchzubringen. Sehen Sie, Captain, es wüsste ja niemand, dass Sie der Mann sind, der das Geld bringt. Wir – meine Jungens und ich – werden mit einer Kiste heimfahren, in der sich Steine befinden. Wir werden alle Banditen, die uns im Auftrag der Aufkäufer ausrauben sollen, auf uns locken. Sie sollen nur ...«

Ich hörte nicht länger zu, mir war nun alles klar geworden.

Daheim in Texas wollte man ihnen die Ranches abnehmen. Wenn sie die Steuern und ihre Kredite bei einer kleinen Privatbank nicht zahlen konnten, kam es zu Versteigerungen. Ihre ganze Rettung war das Geld, welches sie für ihre Sammelherde erhielten.

Aber sie wussten oder rechneten stark damit, dass man sie mit dem Geld gar nicht bis San Jubal gelangen lassen würde.

Deshalb suchten sie einen Mann, dem sie vertrauen konnten.

Und damit dieser Mann mit dem Geld durchkam, wollten sie die Burschen, welche den Auftrag hatten, ihnen das Geld abzunehmen, täuschen. Sie waren bereit, ihnen irgendwo zwischen Santa Fe und San Jubal einen Kampf zu liefern. Hauptsache war, dass der Mann, dem sie vertrauten, mit dem Geld durchkommen konnte.

Denn nur dann wurden ihre Familien nicht von ihren Ranches vertrieben.

So einfach war das also.

Und ich, der einstige Captain ihres Herdenbosses, war der Mann, dem sie vertrauen wollten.

Doch ich schüttelte nur den Kopf und sagte: »Tut mir leid, Herb Yates. Ich will nicht.«

Damit ging ich um ihn herum und hinaus.

Er sagte nichts mehr, versuchte nicht, mich aufzuhalten.

Darüber war ich froh.

Draußen war der graue Morgen, in dem es auf dieser Erde noch keine Farben gab. Aber die frische Luft tat mir gut. Ich saugte meine Lunge voll.

Vom Verladebahnhof tönte der Pfiff einer Lok, welche leere Viehwagen an die Laderampen schob. In den Verladecorrals brüllten die Rinder. Sie spürten genau, dass etwas mit ihnen geschah, was gewiss nicht gut war.

Sie hatten einen langen Treibweg hinter sich gebracht, Flüsse durchschwommen, Gebirge überquert, Wüsten und Wasser durchwandert, waren in Stampeden ausgebrochen, weil der Blitz in die Herde fuhr oder die Prärie brannte.

Sie hatten alles ertragen und geschafft.

Doch nun spürten sie, dass etwas mit ihnen geschah, was gewiss nicht gut sein konnte.

Und so brüllten sie wie hilflose Kreaturen nur brüllen können in der Not.

Immer dann, wenn ich die Herde in den Corrals so brüllen hörte, hasste ich diese Stadt am Verladebahnhof.

Ich saugte die frische Luft des grauen Morgens tief in mich ein und ging zum Hotel, in dem ich ein billiges Zimmer bewohnte. Doch bevor ich das Hotel erreichte, musste ich an einer Gassenmündung vorbei.

Ein Mann trat aus dieser dunklen Gasse hervor und fragte: »Nun, was wollte Herb Yates von Ihnen, mein Freund?«

Ich hielt an und sah einen Mann, der zu jener Sorte gehörte, deren Selbstbewusstsein durch nichts auf dieser Welt zu beeinträchtigen ist. Diese Burschen beanspruchten stets die besten Plätze für sich und bevorzugte Behandlung. Aber da war er bei mir falsch. Ich dachte an die schöne Lily Osborne und hatte es eilig, zu ihr zu kommen.

Und so sagte ich mürrisch zu ihm: »Mann, lassen Sie mich doch mit diesem Zeug zufrieden. Rutscht mir doch alle den Buckel rauf und runter. Was geht mich das alles an?«

Dabei schob ich den Mann mit meinem rechten Unterarm zur Seite. Denn er versperrte mir die geradeste Linie zum Hoteleingang.

Er schnaufte böse. Dann wollte er mir die Linke auf die Leberpartie hämmern. Aber das hatte ich schon einkalkuliert. Deshalb drehte ich mich weg, sodass sein Leberhaken nur an meiner Kleidung radierte. Und dann bekam er einen Leberhaken von mir, denn seine rechte Seit war ungedeckt für meine Linke. Ich stand fest auf den Füßen und drehte nur meinen Oberkörper, setzte also mein ganzes Gewicht hinter den Schlag.

Er stöhnte, fiel auf die Knie und stützte sich mit den Händen auf die Planken des Gehsteigs.

Ich sagte zu ihm nieder: »Freund, lass dich besser nicht mit mir ein. Geh mir nur immer schön aus dem Weg.«

Dann ging ich ins Hotel. Dort in meinem Zimmer blieb ich nicht lange. Mit einem Bündel unterm Arm kam ich bald wieder heraus. Der graue Morgen war etwas heller geworden. Der Mann, den ich klein gemacht hatte, war nicht mehr da. Natürlich sah ich mich wachsam um und war bereit für schnelle Reflexe.

Aber ich sah keine Gefahr.

Ich erreichte die Gasse, durch welche ich musste, wollte ich zu Lily Osbornes kleinem Haus, das kaum mehr als eine Hütte war. Ja, ich spürte Verlangen nach all den Dingen, die dort auf mich warteten. Vielleicht machte mich das ein wenig unachtsam. Auch mein Instinkt ließ mich im Stich, weil ich schon zu sehr an Lily dachte und an das, was mich erwartete.

Gleich hinter der Gassenmündung lag ein Betrunkener und schnarchte ziemlich laut. Betrunkene waren an solchen grauen Morgen hier in Dodge City nichts Ungewöhnliches. Die Hilfsmarshals hatten es sogar schon aufgegeben, diese Saufgurgeln einzusammeln. Manchmal lag ein ganzes Dutzend Betrunkene überall in der Stadt herum.

Oftmals wurden sie ausgeplündert.

Auch diesem da hatte man offenbar die Stiefel mit den Sporen gestohlen. Denn sonst war er ziemlich neu eingekleidet. Also hatte er gewiss auch neue Stiefel gehabt. Fast alle Herdentreiber kleideten sich hier neu ein und warfen ihr altes Zeug weg.

Ich schöpfte also keinen Verdacht.

Mein Instinkt ließ mich im Stich. Ich hatte nur Lily im Kopf und glich einem verliebten Kater.

Als ich über den am Boden liegenden Betrunkenen hinweg stieg, bewegte der sich plötzlich. Er hakte seine Fußspitze um mein Fußgelenk und trat mir mit dem anderen Fuß von hinten in die Kniekehle. Ich fiel in den Schmutz der Gasse.

Und dann waren sie auch schon über mir. Sie hatten in den Hausnischen und in einer Hofeinfahrt in guter Deckung gelauert. Sie fielen über mich her wie eine Meute Hunde über einen Wolf.

Oha, ich begann natürlich zu kämpfen. Ja, ich explodierte gewissermaßen in meiner Not. Denn ich wusste, dass ich jetzt im ersten Moment noch eine Chance hatte, sie mich aber im zweiten Moment klein machen würden. Denn es waren vier. Und sie verstanden sich darauf, einen Mann klein zu machen, mochte der auch noch so wild kämpfen.

Bald war es aus mit mir.

Irgendwann erwachte ich. Und ich lag im Schmutz der Gasse, blutend und verspürte Schmerzen.

Aber jemand war bei mir, kniete neben mir und versuchte mir zu helfen.

Es war Lily.

Mit ihrer Hilfe kam ich auf die Beine.

Sie schob ihre Schulter unter meine Achsel, und dann führte sie mich bis zum Ende der Gasse in ihr kleines Haus.

Gegen Mittag ging es mir schon wieder besser. Aber ich hatte natürlich einige Risse, Brauschen und Blutergüsse. Und zumindest zwei meiner Rippen waren angeknickt.

Dennoch ließ mich Lily all meine Schmerzen und Not vergessen. Sie war wie ein Zaubermittel, welches auch einen kranken und zerschlagenen Mann ins Paradies führen konnte.

Als wir dann nebeneinander lagen und aus dem kleinen Garten durch das offene Fenster das Zwitschern der Vögel zu uns drang, da lachte ich leise und sagte dabei. »Du bist wie Pikes Whisky.«

»He, was für ein Vergleich«, sagte sie. »Hoffentlich hast du eine gute Erklärung dafür, Ambros Lane. Heraus damit.«

Ich lachte wieder leise, obwohl mir dabei die Rippen schmerzten.

Dann sprach ich halb singend:

»Doc Bonescale in einer Stadt,

zwölf tote Männer gefunden hat.

Er ließ sie Pikes Whisky trinken.

Da standen sie auf und zogen die Hüte.

Pikes Whisky ist von bester Güte.«

Sie lachte. »O ja«, sagte sie dann, »für einen halb toten Mann hielt ich dich heute früh gewiss. Aber dann ...«

Sie sprach nicht weiter, kicherte jedoch. »Du bist schon ein harter Bursche« sprach sie dann, »wahrscheinlich einer der härtesten, die ich auf meinen Wegen traf. Und ich lernte wirklich harte Männer kennen. Doch die Kerle haben dich gewiss nicht aus Neid oder Eifersucht verprügelt, weil du zu mir wolltest und sie das irgendwie mitbekamen. Warum also machten sie dich klein? Willst du es mir sagen?«

Ich dachte nach.

Aber warum sollte ich ihr nicht erzählen, was alles geschehen war, nachdem sie mich am Spieltisch zurückgelassen hatte?

Also erzählte ich ihr von meinem Ex-Sergeanten Herb Yates und dessen Problemen, von dem Mann, der mir vor dem Hotel in den Weg trat und von den vier Kerlen in der Gasse.

Als ich geredet hatte, bewies sie mir ihre Klugheit und wie sehr sie sich auf Männer meiner Sorte verstand.

Denn sie sagte schlicht und einfach: »Und nun wirst du es machen für diesen Herb Yates und dessen Partner, nicht wahr? Nun wirst du den Scheck übernehmen, ihn in Santa Fe gegen Bargeld eintauschen und dieses Geld nach San Jubal bringen. Sie haben dich klein gemacht. Doch das war nur der Anfang. Das war nur eine verlorene Runde. Die nächsten Runden wirst du gewinnen. Ist es so?«

»Ja, so ist es wohl«, murmelte ich. »Und deshalb wirst du wohl nie erleben, mein Engel, wie es zwischen uns sein würde, wenn ich gesund bin. Das bedaure ich sehr. Denn ich glaube, wir könnten gemeinsam lange Wege gehen, sehr, sehr lange Wege. Wir würden ein prächtiges Paar abgeben.«

»Ein Wolfspärchen«, murmelte sie. »Und wir würden stets eine gute Jagd haben und viel Beute machen. Weißt du was, Ambros, ich gehe mit dir.«

»Heee!«, dehnte ich.

Doch sie lachte leise.

»Weißt du«, sprach sie, »ich wollte ohnehin hier weg. Dodge City wird immer wilder. Und wenn im späten Herbst die letzten Herden aus Texas verladen sind, wird Dodge City dann ins andere Extrem verfallen. Es wird tot und leer sein, fast wie eine Geisterstadt, die erst im nächsten Frühsommer, wenn die Texas-Herden kommen, wieder zum wilden Leben erwacht. Ich will nach San Francisco. Wenn es mir dort nicht gefällt in dieser Stadt am Pacific, dann gehe ich nach New Orleans zurück. Also haben wir, wenn ich nach San Francisco will, bis nach Santa Fe den gleichen Weg. Wenn du mit mir reisen kannst, wirst du unverdächtiger sein. Na?«

Sie lag neben mir, und ich spürte die Wärme ihres geschmeidigen Körpers.