G. F. Unger 2143 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2143 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Es begann damals in Texas, wenige Wochen nach Ende des Krieges, den der Süden verloren hatte.
Texas war von den Truppen der Sieger wie ein besiegtes Land besetzt, und die Steuereintreiber der Yankees trieben unter dem Schutz der »Blaubäuche« - so nannte man die Unionssoldaten - überall ihr erbarmungsloses Unwesen.
Wer die Steuern nicht zahlen konnte, dem wurde der Besitz versteigert. Niemand in Texas hatte Geld. Aber es waren Yankees nach Texas gekommen mit viel Geld. Und die kauften nun bei den Versteigerungen zu Spottpreisen die schönsten Ranches, Farmen, Hotels und ganze Post- und Frachtlinien.
Denn sie wussten, irgendwann würde es in Texas wieder aufwärtsgehen, spätestens dann, wenn die Rinder Absatzmärkte fanden. Denn dann würden sich die Millionen Rinder in viele Millionen Dollar verwandeln. Nun, so war es also damals in Texas, als ich aus dem Krieg ins San-Antonio-Land heimkehrte ...


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Seitenzahl: 154

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Kriegswinter

Vorschau

Impressum

Kriegswinter

Es begann damals in Texas, wenige Wochen nach Ende des Krieges, den der Süden verloren hatte.

Texas war von den Truppen der Sieger wie ein besiegtes Land besetzt, und die Steuereintreiber der Yankees trieben unter dem Schutz der »Blaubäuche« – so nannte man die Unionssoldaten – überall ihr erbarmungsloses Unwesen.

Wer die Steuern nicht zahlen konnte, dem wurde der Besitz versteigert. Niemand in Texas hatte Geld. Aber es waren Yankees nach Texas gekommen mit viel Geld. Und die kauften nun bei den Versteigerungen zu Spottpreisen die schönsten Ranches, Farmen, Hotels und ganze Post- und Frachtlinien.

Denn sie wussten, irgendwann würde es in Texas wieder aufwärtsgehen, spätestens dann, wenn die Rinder Absatzmärkte fanden. Denn dann würden sich die Millionen Rinder in viele Millionen Dollar verwandeln. Nun, so war es also damals in Texas, als ich aus dem Krieg ins San-Antonio-Land heimkehrte ...

Ich war aus der Gefangenschaft ausgebrochen und hatte einem Major der Unionstruppen das Pferd, den Revolver, den Sattel, den Säbel und das Geld abgenommen.

Zuvor hatte ich ihn mit den Fäusten klein machen müssen. Dreimal war er aufgestanden, beim vierten Versuch schaffte er es nicht mehr und blieb keuchend am Boden liegen. Doch als ich aufsaß, nachdem ich mir noch seine erstklassigen Stiefel angezogen hatte, die mir sehr gut passten, war er so weit erholt, dass er mir nachrufen konnte: »Wir werden dich hängen, du verdammter texanischer Pferdedieb! Wir werden dich erwischen und hängen!«

Er meinte es sicherlich ernst, und er konnte mich auch gut beschreiben. Denn ich trug noch die Uniform eines Captains der Konföderierten-Armee und sah wie ein zu groß geratener Comanche aus, also dunkel und indianerhaft. Das lag an meiner Großmutter, deren Comanchenblut in mir noch einmal mächtig wurde.

Ja, dieser Major würde mich gut beschreiben können.

Und so war mir klar, dass ich verdammt schnell aus Texas verschwinden musste, am besten weit, weit nach Norden oder Nordwesten, zum Beispiel ins ferne Oregon.

Aber bevor ich aus Texas verschwand, wollte ich den Yankees noch ein Andenken an mich hinterlassen.

Ich traf mich in den nächsten Tagen mit alten Freunden und besuchte auch das Grab meiner Eltern bei unserer Ranch in den Antelopehügeln. Ich hörte mich da und dort um und erfuhr unter anderem, dass in San Antonio schon überall mein Steckbrief hing.

Da ich immer noch das Pferd des Majors ritt, wollte ich mich rasch auf die Socken machen und aus Texas verschwinden.

Doch vorher ...

Shorty Wheler hatte mir den Tipp gegeben. Sie hatten ihm im Krieg das halbe Bein weggeschossen, und so lungerte er immer in San Antonio herum und ließ sich nichts entgehen.

Ich drang des Nachts von hinten in das schöne Haus auf einem sanften Hügel ein, das sich der Steuereintreiber Joshua Parker ausgesucht hatte und von der Besatzungstruppe zuteilen ließ, nachdem man die Besitzer daraus verjagt hatte.

Joshua Parker residierte dort wie ein Despot. Ja, er besaß die Macht. Und die Besatzungstruppe hatte den Befehl, ihm jede Unterstützung zu geben.

Ich drang also von hinten in das schöne Haus ein, nachdem ich dem Soldaten, der hier im Garten Wache hielt, was auf den Hut gegeben hatte und ich sicher sein konnte, dass er eine Zeit lang schlafen würde.

Ich fand den Weg zum Schlafzimmer im oberen Stockwerk sehr leicht, denn ich musste nur jenen unverkennbaren Geräuschen folgen, die ein jedes Liebespaar erzeugt, wenn es so richtig bei der Sache ist und jede Hemmung abgelegt hat.

Als ich in das Schlafzimmer trat, bemerkten sie mich beide erst, als ich neben dem Bett stand.

Ich gab es ihm mit dem langen Revolverlauf.

Die Schöne aber rollte sich unter ihm hervor, setzte sich auf der Bettkante auf und fragte mit einer Sachlichkeit, die mich erstaunte: »Damit habe ich ja wohl nichts zu tun, oder?«

»Nein, mein brauner Engel«, sagte ich, grinste auf sie nieder und fragte: »Wo hat er die Steuereinnahmen und das Geld von den Versteigerungen? Gibt es einen Tresor im Haus?«

Sie nickte und deutete auf den Steuereintreiber. »Da, der Schlüssel an der Halskette. Er trägt ihn wie einen Orden und hat ihn selbst jetzt nicht abgelegt.«

Sie war wirklich sehr kooperativ.

Und so nahm ich ihm die Halskette mit dem Schlüssel ab. Sie führte mich dann nackt, wie sie war, hinunter in den Raum, den er sich als Office ausgewählt hatte. Ja, hier stand ein Geldschrank.

Als ich den Schrank öffnete, sagte sie neben mir: »Er hat mir zwanzig Yankee-Dollar versprochen, aber er wird sie mir wohl nicht mehr geben, nicht wahr?«

»Nein«, sagte ich. »Aber du kannst dir hundert nehmen. Du musst sie nur gut verstecken. Und wenn ich aus dem Haus bin, dann solltest du nicht um Hilfe rufen, sondern ihm ein nasses Tuch auf die Birne legen. Und wenn er dich fragt, warum du nicht um Hilfe gerufen hast, dann sagst du ihm, du hättest ihn nicht kompromittieren wollen, weil du doch eine Puta seist und er ein ehrenwerter Steuereintreiber.«

»Si«, sagte sie, »du bist ein schlauer Mann. So werde ich es tun. Viel Glück, mein starker Bulle. Du könntest mir gefallen.«

Wir bedienten uns nun aus dem offenen Geldschrank. Ich füllte zwei Satteltaschen, die ich im Zimmer fand. Sie nahm sich fünf Zwanzigdollarstücke. Und dann ging ich durch die Hintertür hinaus, durch die ich gekommen war.

Nein, sie rief hinter mir nicht um Hilfe.

Als ich wenig später mit den beiden Satteltaschen voller Geld aufsaß und anritt, da wusste ich, dass Texas für mich so heiß geworden war wie die Hölle.

Denn bevor ich dem Kerl etwas auf die Nuss gegeben hatte, hatte er schräg zu mir aufgesehen und mich betrachten können.

Einen Burschen wie mich, den konnte man sich leicht merken. Den konnte man nach einem einzigen Blick ziemlich gut beschreiben. Und diese Beschreibung würde der auf dem Steckbrief gleichen.

Noch in derselben Nacht erreichte ich die Ranch von John Latimer. Er war von Anfang an unser Nachbar, und er hatte auch meine Eltern begraben, indes ich im Krieg war und in der Texas-Brigade unter General Jackson ritt, den man auch Stonewall Jackson nannte, weil seine Männer einst in einer Schlacht standhielten wie ein Steinwall, eine unüberwindliche Mauer.

Meine Eltern waren von Banditen ermordet worden, von mexikanischen Bandoleros, die über den Rio Grande gekommen waren, wohl wissend, dass es nicht mehr viele kampffähige Männer in Texas gab, weil wir ja alle zur Rebellenarmee gegangen waren, um für den Süden zu kämpfen.

Ich blieb im Sattel, als ich John Latimers Haus erreichte. Auf mein Rufen kam er mit der Schrotflinte heraus. Auch drüben beim Schlafhaus der Reiter zeigten sich zwei Gestalten im Unterzeug, die aber Gewehre in den Händen hielten. Im schwachen Sternenschein konnte ich es erkennen.

»Ich bin es«, sagte ich zu John Latimer. »Erkennst du mich, Onkel John?« Ja, ich hatte ihn immer Onkel John genannt, obwohl wir nicht verwandt waren. Aber er war immer wie ein Onkel zu mir gewesen als Freund meines Vaters.

»Ja, ich erkenne dich, Lance Kelly«, erwiderte er. »Man sucht dich nun steckbrieflich. Jemand hat dich nach der Steckbriefbeschreibung erkannt und deinen Namen gemeldet. So sind nun mal die Menschen, auch hier bei uns in Texas. Steig ab und komm herein.«

»Nein, Onkel John«, erwiderte ich. »Dazu bleibt mir keine Zeit mehr. Hier ist das ganze Geld aus dem Tresor des Steuereintreibers. Ihr könnt damit eure Steuern bezahlen, sodass es nicht zu Versteigerungen kommt. Verstecke und verteile es gut. Ich bin sicher, dass du es nicht allein für dich behalten, sondern es mit unseren Nachbarn redlich teilen wirst.«

»Darauf hast du mein Wort, mein Junge«, erwiderte er ernst.

Ich sagte nichts mehr, sondern trieb mein Pferd an. Denn was sollten wir uns auch noch sagen? Jedes Wort zwischen uns hätte alles noch schwerer gemacht. Ich wusste, er liebte mich wie einen Sohn. Auch seine Frau, zu der ich Tante sagte, hatte mir früher so manches Mal die Windeln gewechselt.

Ich ritt also los, um den Abschied nicht zu schwer werden zu lassen. Irgendwie würde ich schon heil aus Texas herauskommen.

Und was würde im Norden auf mich warten?

Was hatte das Schicksal für mich bestimmt?

Nun, ich war während der fünf Jahre im Krieg ein harter Bursche geworden. Immer wieder hatten sie mich wegen besonderer Leistungen befördert.

Jetzt aber war ich ein Pferdedieb und Bandit – jedenfalls aus der Sicht der Yankees.

Irgendwann – es waren Monate vergangen – kam ich nach Fort Laramie. Und es war inzwischen Winter geworden.

Ich trug längst nicht mehr meine alte Konföderierten-Uniform, so wie viele andere Exsoldaten, die vom armen Süden nach Norden und Westen zogen, um dort nach Chancen zu suchen.

Mir ging es nicht schlecht, denn ich hatte schon immer gut für mich sorgen können. Obwohl ich mir von der großen Beute aus dem Tresor des Steuereintreibers nur hundert Dollar genommen hatte – so wie auch die braune Puta –, hatte ich diese hundert Dollar unterwegs da und dort in Pokerrunden vermehrt. Ich war gut ausgerüstet und besaß sogar für den Winter eine gute Felljacke.

Und immer noch ritt ich das Dreihundert-Dollar-Pferd des Majors der Unionsarmee.

Es war ein wundervolles Tier, das mich liebte und mir dies immer wieder dadurch zeigte, dass es an meinen Ohren zu knabbern versuchte, sobald sich dazu die Gelegenheit bot.

Wahrscheinlich war es ein wenig leichtsinnig, dieses Tier immer noch zu reiten. Aber ich vermochte mich nicht von ihm zu trennen.

Das Tier war kein Armeepferd, sondern trug den Shamrock-Brand, war also Privatbesitz dieses Majors gewesen.

Nun, ich kam also im frühen Winter nach Fort Laramie, von dem aus ein Trail durch das Indianerland nach Bozeman führte. Bozeman war eine Goldgräber- und Minenstadt westlich der Crazy Mountains. Dort und im Gallatin Valley, aber auch in der mächtigen Last Chance Gulch war überall der große Goldrausch ausgebrochen, und so zogen nun die Glückssucher jeder Sorte zu Zehntausenden dorthin auf zweierlei Wegen.

Der eine Weg war weniger gefährlich, nämlich mit Dampfbooten den Missouri hinauf bis Fort Benton und von dort mit Postkutschen zu den Goldfundgebieten, die zwischen zweihundert und dreihundert Meilen von Fort Benton entfernt lagen.

Der zweite Weg war der Bozeman-Trail, und der führte mitten durch das Indianerland, dessen Herren inzwischen die Gefahr erkannt hatten, die ihnen durch die goldgierigen Weißen drohte. Und so war es nur eine Frage der Zeit, dass der große Krieg losbrechen würde.

Ich ließ mich im Fort, das sich auf der anderen Seite des Laramie Fork befand, nicht blicken. Denn es konnte ja immerhin sein, dass jener Major, dem ich das wunderschöne Pferd gestohlen hatte, inzwischen von Texas nach Fort Laramie in Wyoming versetzt wurde.

Ich hielt mich in der Stadt auf, die noch sehr primitiv war, aber nun ständig wuchs, weil der Zustrom auch im Winter anhielt.

Man sprach davon, dass von Fort Laramie aus weitere Forts längs des Bozeman Trail errichtet werden sollten. Und das würde dann mit Sicherheit zum Krieg führen.

Ich hatte es recht bequem, weil ich in der überfüllten Stadt ein Zimmer fand, dessen bisheriger Mieter ein Spieler war, den man beim Falschspiel erwischte. Er bekam Sekunden später von einem Betrogenen eine Kugel zwischen die Augen.

Ich hatte bisher bei meinem Pferd im Mietstall geschlafen und wusste, wo der getötete Falschspieler wohnte. Und so lief ich sofort dorthin, kaum dass er länger als zehn Sekunden tot war.

Ich bekam das kleine Zimmer bei einer Witwe, deren Mann ein Wagenzugführer war. Und wenige Sekunden nach mir kamen noch mehr als ein Dutzend Männer angelaufen, die auf das Zimmer scharf waren.

Ich hatte sie geschlagen. Auch im Stall hinter dem Haus war noch Platz für mein Pferd. Und so konnte ich mich eigentlich in Laramie auf einen langen Winter einrichten. Es war nur notwendig, dass ich als Spieler erfolgreich blieb und nicht an einen Burschen geriet, der mir gewissermaßen die Hosen oder das Hemd auszog.

Es war nur notwendig, dass ich jede Nacht etwa zehn Dollar gewann. Dann war mein Lebensunterhalt gesichert, auch der meines Pferdes.

Als ich an einem Abend wieder einmal in einer Pokerrunde saß, wusste ich wirklich nicht, was gegen Ende der Nacht auf mich zukommen würde.

Es war eine Pokerpartie von fünf hartgesottenen Burschen. Ich war der fünfte Hartgesottene, ja, ich gehörte gewiss ebenfalls zu dieser Sorte.

Zwei der Mitspieler waren Wagenzugbosse, deren Wagenzüge außerhalb der Stadt rasteten. Sie hatten ihre Fracht nach Bozeman gebracht und dort mit großem Gewinn verkauft. Nun waren sie auf dem Weg nach Süden und machten hier Rast.

Die beiden anderen waren Bergläufer oder Scouts. Sie waren wahrscheinlich in diesem Land geboren worden und betrachteten sich sozusagen als Eingeborene wie die Indianer. Sie hatten auch sehr viel von den Indianern angenommen. Das mussten sie wahrscheinlich auch, um in diesem Land leben und sich behaupten zu können.

Einer dieser Männer hatte seine Squaw in den Saloon mitgebracht. Sie stand hinter ihm und bewegte sich kaum.

Auch das war typisch indianisch.

Ich saß diesem Mann gegenüber. Er hieß Leroy Spade und hatte gewiss zu einem Viertel Indianerblut in sich – so wie ich.

Immer wieder sah ich über ihn hinweg auf die Squaw.

Dieses Mädchen war mehr als nur hübsch. Es war eine Schönheit.

Ich hatte mir sagen lassen, dass die Mädchen der Arapahoes die schönsten aller Indianerinnen seien. Also glaubte ich, dass sie ein Arapahoe-Mädchen war, welches sich dieser Trapper wahrscheinlich gekauft hatte.

Einige Male hob die Schöne ihren Blick. Dann konnte ich im Schein der Karbidlampe in ihre grünen Augen sehen.

Verdammt, dachte ich dann immer wieder, wie kommt solch ein stinkender Lederstrumpf zu solch einer Frau?

Ja, die Burschen der Hirschlederbrigade, also diese Trapper und Bergläufer, stanken mehr oder weniger penetrant. Ihre Lederkleidung war oft speckig. Sie roch nach Schweiß, Feuerrauch und all den Gerüchen des Landes – auch nach dem Blut erlegter Tiere, wenn sie sich nach dem Abhäuten einfach die Hände an den Hosen abwischten.

Es waren wirklich Stinker. Und dieser da besaß solch eine rassige Katze. Ich war neidisch auf ihn.

Aber dann musste ich mich wieder auf das Spiel konzentrieren, denn ich spielte mit Burschen, deren Instinkt jeden Bluff witterte und die sich auskannten mit allen geheimen Zeichen, die ein Spieler ungewollt erkennen ließ, wenn er ein wirklich gutes Blatt hatte – und das konnte nur der unmerklich schnellere Puls in den Halsadern sein. Oho, es gab da viele Zeichen, auch ein Runzeln der Stirn oder ein Blähen der Nasenflügel.

Gegen Mitternacht begann meine große Glückssträhne. Ich gewann fast jeden großen Pott und stieg immer dann, wenn ich kein gutes Gefühl hatte, rechtzeitig aus, sodass ich stets nur geringe Einsätze verlor.

Als es draußen schon fast Tag wurde, stiegen drei der Spieler aus.

Jener Leroy Spade aber, dessen Squaw immer noch hinter ihm stand – nur manchmal schickte er sie weg, damit sie ihm einen Drink oder eine neue Zigarre holte –, dieser gewiss erfahrene und hartgesottene Trapper sah mich herausfordernd an.

»Wir zwei«, sagte er, »müssen das noch austragen. Das meiste Geld haben Sie von mir gewonnen, Texas. Nun will ich die Chance haben, alles mit einem Schlag zurückzubekommen. Was können Sie insgesamt einsetzen, wenn wir um alles oder nichts spielen?«

Ich begann mein Geld zu zählen. Die drei anderen Männer, die ausgestiegen waren aus unserer Runde und sich schon erheben wollten, blieben sitzen und entspannten sich wieder.

»Das möchte ich sehen«, knurrte einer der Wagenbosse. Und die beiden anderen Männer nickten. Sie alle sahen mir dann zu, wie ich das Geld zählte. Ich kam auf zweitausendfünfhundertfünfundsiebzig Dollar, und es war mein ganzes Geld. Wenn ich es einsetzte und es verlor, konnte ich hier in Laramie keinen einzigen Tag mehr meinen Lebensunterhalt bestreiten.

Auch dieser Leroy Spade zählte sein Geld.

Es waren nur wenig mehr als dreihundert Dollar. Wenn er sie verlor, war er mit seiner schönen Squaw blank.

Dennoch besaß er gegen mich einen Vorteil. Ich wusste es inzwischen, denn wir alle hatten uns manchmal, wenn gemischt wurde oder eine Trinkpause war, unterhalten. Dieser Leroy Spade war ein Armeescout. Er hatte einen Job und mit seiner Schönen ein Quartier im Fort. Der brauchte nur noch auf seinen nächsten Monatssold zu warten.

Ich aber ...

Nun, mich ritt irgendwie der Teufel, als ich mich sagen hörte: »Das lohnt sich ja wohl kaum noch, Spade. Behalten Sie lieber Ihr Geld. Hören wir auf.«

Aber er nahm es als Herausforderung. Er war auch leicht angetrunken. Und er war gewiss ein Bursche, der sich – wenn er sich in die Enge getrieben fühlte – durch Kühnheit zu behaupten wusste.

»Hoho, ich habe etwas, was mehr wert ist als dein ganzes Geld, Texas«, grinste er und deutete mit seinem Daumen über seine Schulter hinweg auf die schöne Squaw hinter sich.

»He, was ist sie wohl wert?«

Ich konnte es zuerst gar nicht fassen, vermochte es einfach nicht zu glauben. Aber in seinen glitzernden Augen konnte ich erkennen, dass er es so meinte und dass alles kein makabrer Scherz war. Er wollte tatsächlich diese grünäugige Arapahoe-Katze als Einsatz ins Spiel bringen.

Ich sah über seinen Kopf hinweg in ihre grünen Augen und erkannte, dass sie jedes Wort verstanden hatte.

Sie wusste also Bescheid. Dass er sie als Einsatz ins Spiel bringen wollte, musste sie kränken. Denn sie erkannte daran, dass er sie als Ding betrachtete, als Tauschobjekt, als Ware.

Er war verrückt, dieser angetrunkene Scout und ehemalige Pelztierjäger.

Aber was sollte ich tun?

»Also los«, drängte Leroy Spade. »Sie ist mehr als zweitausend Dollar wert, besonders im Bett. Ich nahm sie drei betrunkenen Crows ab, die sie aus einem Arapahoe-Dorf entführt hatten, bevor sie sich darüber einig wurden, wer von ihnen sie zuerst besteigen durfte. Sie ist also drei tote Crows wert, hahaha!«

Crows, dies waren die Feinde der Sioux. Ich wusste es längst.

Ich sah, indes jener Leroy Spade auf meine Antwort wartete, in die grünen Augen jener schönen Squaw und erkannte darin einen Ausdruck, der mir wie ein flehendes Bitten vorkam.

Ich wusste nun, sie war von einigen Crows aus ihrem Dorf entführt worden. Und das Rauben von Mädchen und auch Pferden war bei den Stämmen der Hochprärie gar nicht so selten. Dann hatte Leroy Spade die drei Krähenindianer getötet und das schöne Mädchen sozusagen erbeutet.

Sie hatte ihm gehört.

Doch offenbar wollte sie weg von ihm. Das konnte ich mir gut vorstellen, denn er war ja wohl nicht besonders fair zu ihr. Sie war für ihn eine Beute wie ein Pferd, also ein nützliches Ding.

»Also los, Mann«, grollte Leroy Spade. Er war ein großer, sehniger, rothaariger Bursche, dessen Gesicht inmitten seines Bartgestrüpps kaum zu erkennen war. Nur seine scharfen Falkenaugen waren gut zu erkennen. Und sie funkelten böse.

Wieder sah ich über seinen Kopf hinweg auf die grünäugige Arapahoe.

Und da nickte ich plötzlich und schob mein ganzes Geld in die Mitte des Tisches.

Spade lachte zufrieden.