G. F. Unger 2145 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2145 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Wade O'Harris, der Erste von Bagbees raubeiniger Mannschaft, hatte mir noch nie besonders geschmeckt. Eigentlich mochte ich ihn so wie einen Löffel Schmierseife im Kaffee. Und irgendwie wusste ich immer, dass wir mal zusammenstoßen würden.
Als ich am Abend in den Mietstall kam, um meinen Wallach zu holen und zu meiner Ein‑Mann‑Ranch heimzureiten, da wartete er auf mich. Wie eine mürrische Bulldogge saß er auf der Futterkiste.
Während er sich langsam aufrichtete, traten zwei Männer von rechts und links hinter mich. Sie hatten zu beiden Seiten des offenen Stalltorflügels an der Wand gestanden, halb verborgen zwischen dem Zaumzeug, das überall an den Haken hing. Die beiden Burschen waren Bullen wie Wade O'Harris, schwergewichtig und in vielen Kämpfen erfahren. Sie grinsten stupide, denn sie hatten nicht viel Verstand.
Die Drei hatten mich also eingekeilt, und einige Atemzüge lang standen wir uns bewegungslos gegenüber und sagten nichts. Wade O'Harris und seine zweibeinigen Bullen schnauften nur vernehmlich - und ich spürte plötzlich, wie mir der Schweiß aus allen Poren drang ...


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Seitenzahl: 159

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Calhoun reitet

Vorschau

Impressum

Calhoun reitet

Wade O'Harris, der Erste von Bagbees raubeiniger Mannschaft, hatte mir noch nie besonders geschmeckt. Eigentlich mochte ich ihn so wie einen Löffel Schmierseife im Kaffee. Und irgendwie wusste ich immer, dass wir mal zusammenstoßen würden.

Als ich am Abend in den Mietstall kam, um meinen Wallach zu holen und zu meiner Ein-Mann-Ranch heimzureiten, da wartete er auf mich. Wie eine mürrische Bulldogge saß er auf der Futterkiste.

Während er sich langsam aufrichtete, traten zwei Männer von rechts und links hinter mich. Sie hatten zu beiden Seiten des offenen Stalltorflügels an der Wand gestanden, halb verborgen zwischen dem Zaumzeug, das überall an den Haken hing. Die beiden Burschen waren Bullen wie Wade O'Harris, schwergewichtig und in vielen Kämpfen erfahren. Sie grinsten stupide, denn sie hatten nicht viel Verstand.

Die drei hatten mich also eingekeilt, und einige Atemzüge lang standen wir uns bewegungslos gegenüber und sagten nichts. Wade O'Harris und seine zweibeinigen Bullen schnauften nur vernehmlich – und ich spürte plötzlich, wie mir der Schweiß aus allen Poren drang ...

Aber ich habe mich noch gar nicht vorgestellt, nicht wahr? Nun, das ist schnell geschehen. Ich bin Kelso Calhoun, zu einem Viertel Indianer, hundertachtzig Pfund schwer und hässlich wie die Sünde. Dafür kann ich nichts, denn jeder Mensch muss mit den Dingen fertig werden, die er vom Schöpfer mitbekommen hat. Eigentlich konnte ich mich trotz meiner dunklen Hässlichkeit nicht beklagen. Denn kleine Kinder und Frauen mochten mich stets.

Ich war also damals im Mietstall von Tucson von drei zweibeinigen Bullen von sechshundert Pfund Gesamtgewicht eingekeilt und schwitzte. Dabei gehörte ich nicht zu der ängstlichen Sorte, obwohl ich natürlich gelernt hatte, nie absichtlich Verdruss zu suchen.

Wade O'Harris begann plötzlich breit zu grinsen.

»Kelso«, sagte er mit falscher Sanftheit, »Big Bill hat dir doch verboten, seiner Tochter Peggy nachzustellen. Hat er das?«

»Das hat er.« Ich grinste. »Doch Peggy ist mündig. Sie braucht den alten Ziegenbart nicht um Erlaubnis zu fragen, wenn sie ...«

Weiter kam ich nicht, denn Wade O'Harris schickte seine Rechte zu mir herüber und sie kam schnell wie ein Pferdehuf. Doch mir hat noch niemand nachsagen können, dass ich langsam gewesen wäre. Ich duckte mich unter dem Ding weg und rammte meine Linke in Wades Achselhöhle. Für eine Weile wurde er auf diese Weise sozusagen einarmig, und so konnte ich mir seine beiden Helfer vom Leibe halten.

Ich will es kurz machen und es gleich sagen: Sie bekamen mich unter! Denn sie waren in solchen Dingen hart und erfahren. Sie wussten genau, wie man einen Mann fertigmacht. Und Wade O'Harris konnte seinen rechten Arm bald wieder gebrauchen.

Sie gaben es mir mächtig, und weil ich es ihnen so schwer machte und wie ein Wolf gegen drei Bulldoggen kämpfte, gaben sie es mir noch mehr als vielleicht beabsichtigt. Sie gerieten ganz einfach in eine schlimme Wut und vergaßen sich. Sie wollten sich nur noch dafür rächen, dass ich sie auch hart und empfindlich traf.

Ich lag dann wohl ziemlich lange bewusstlos im Vorraum des Stalles. Der Stallmann, den sie zuvor fortgeschickt hatten, legte mir ein nasses Handtuch übers Gesicht – und etwas später half er mir, mich weit im Hintergrund des Stalles ins tiefe Stroh zu legen.

Ich hörte ihn noch sagen: »Das hättest du dir doch denken können, Kelso Calhoun. Big Bill lässt es einfach nicht zu, dass sich sein Mädel mit einem solchen Hungerleider und Sattelstrolch abgibt, wie du einer bist. Big Bill war selbst mal so ein Bursche. Der weiß Bescheid. Deshalb will er jetzt einen richtigen Gentleman für das Mädel. He ...«

Mehr hörte ich nicht, denn ich verlor abermals die Besinnung, und das war gut für mich. So spürte ich die Schmerzen nicht so schlimm.

Am nächsten Tag hatte ich Fieber, und ich brachte nur so viel Kraft auf, noch tiefer ins Stroh zu kriechen. Dann und wann kamen Leute aus der Stadt herein, um mich zu »besichtigen«, denn es hatte sich inzwischen überall herumgesprochen, dass Big Bill mich wie einen streunenden Hund hatte bestrafen lassen.

Im Verlauf des Tages kam einer von Big Bill Bagbees Reitern und sagte mir: »Wenn du morgen Mittag noch hier bist, bekommst du eine zweite Abreibung. Und wenn du reitest, halte nicht zu früh an! An deiner Stelle würde ich tausend Meilen reiten.«

Ich erwiderte nichts und so ging er sporenklirrend durch den Stallgang zurück.

Im Verlauf des langen Tages wurde mir allmählich besser. Gegen Abend kroch ich hinaus, wusch mich hinter dem Stall am Brunnen zwischen den Corrals und stellte fest, dass nichts an mir gebrochen war. Nur zwei Rippen waren angeknickt, sodass ich beim tiefen Durchatmen heftige Schmerzen spürte. Ich reinigte meine zerrissene Kleidung, so gut ich konnte. Als ich mein Pferd sattelte, kam der alte Stallmann und brachte mir einen Beutel voll Proviant.

»Reite weit, mein Junge!«, sagte er. »Ich kannte noch deinen Vater und bin mit ihm im mexikanischen Krieg gewesen. Leider kann ich nicht mehr für dich tun, Kelso. Reite weit! Du weißt ja, dass Big Bills Einflussgebiet riesig ist.«

»Nur auf die Apachen hat er keinen Einfluss.« Ich grinste grimmig. »Die stehlen ihm Pferde und Rinder und töten seine Reiter, wenn sie diese nur erwischen können.«

»Gewiss«, pflichtete mir der Stallmann bei. »Und dennoch ist Big Bill der einzige Großrancher in weiter Runde, der sich trotz der Apachen halten kann. Das beweist, wie stark und gefährlich seine Mannschaft ist, wie hart er selbst kämpfen kann und dass er in seinem langen Leben gelernt hat, sich zu behaupten. Na gut, was geht es mich an! Viel Glück, Kelso!«

»Danke«, murmelte ich nur, ritt wenig später in die Arizonanacht hinaus und ließ Tucson hinter mir zurück.

Ich ritt nach Süden, und es war nicht ungefährlich, allein durch die Nacht zu reiten. In den Nächten kamen die Apachen manchmal bis dicht an die Stadt heran, um ein paar Weiße zu töten und zu berauben. Diese Tätigkeit stand bei ihnen in ebenso hohem Ansehen wie das Pferdestehlen.

Wir schrieben das Jahr 1866. Es war also erst ein Jahr nach dem Bürgerkrieg. Die Apachen beherrschten immer noch das Land. Sie blockierten die Straßen, vernichteten viele Siedlungen und erschlugen alle kleinen Rancher und Farmer. Selbst ergiebige Goldminen mussten aufgegeben werden. Die Armee führte bis 1880 einen erfolglosen Kampf gegen die Rothäute, und die größeren Städte setzten Belohnungen auf Apachenskalpe aus.

So war die Lage, als ich Tucson verließ und an Big Bill Bagbee und dessen schöne Tochter Peggy dachte. Ich hätte schon eine einzige Meile von Tucson entfernt in einen Apachenhinterhalt geraten können. Auf solche Narren, die allein ritten, hatten es die Roten besonders abgesehen.

Aber ich dachte nicht an die Apachen.

Ich dachte immerzu an Big Bill Bagbee und Peggy! Ich dachte an die erbarmungslosen Prügel, die ich erhalten hatte, und an den Befehl, aus dem Land zu verschwinden.

Oha, man hatte mich wie einen räudigen Hund behandelt!

Und das konnte man mit mir nicht machen – nicht mit Kelso Calhoun! Außerdem wollte ich nicht auf Peggy verzichten, denn ich war in das Mädel sehr verliebt. Nachdem ich aus dem Krieg heimgekehrt war, hatten wir uns nach vier langen Jahren zum ersten Mal wieder gesehen. Sie war erwachsen geworden – eine richtige Frau mit blondem Haar und grünen Augen, wie man so leicht auf dieser Welt keine Zweite fand.

Zuerst kam es mir unglaublich vor, dass sie sich in mich verliebt hatte. Doch dann sagte ich mir, dass irgendwas an mir sein musste, was ihr gefiel. Wir verbrachten eine schöne Zeit, bis ihr Vater dahinterkam, dass sie sich mit einem Hungerleider eingelassen hatte, dessen Ranch keine fünfzig Dollar wert war und der seinen Unterhalt nur dadurch verdiente, dass er manchmal als Begleitmann der Postkutsche fuhr – wenn mal wieder das Wagnis unternommen wurde, eine Überlandpost fahren zu lassen.

Er verbot mir den Umgang mit Peggy. Aber ich hatte mich noch nie darum gekümmert, was ein Mann mir verbot, zumal Peggy mündig war und sich keine Verbote auferlegen ließ.

Als ich damals Tucson verließ, dachte ich mit keinem einzigen Gedanken daran, mich wie ein verprügelter Hund aus dem Land zu schleichen.

Nach Süden zu verließ ich die Stadt, und etwas später schwenkte ich nach Osten ab auf die Santa-Catalina-Kette zu.

Mein Ziel war die Bagbee Ranch.

Ich war nicht völlig sicher, ob Peggy mit mir durchbrennen würde, aber ich wollte alles versuchen, damit sie sich dazu entschloss.

Es war schon lange nach Mitternacht, als ich die Bagbee Ranch erreichte. Ich hatte mir Zeit genommen und keine Fehler gemacht. Ich konnte ziemlich sicher sein, dass mich keiner von Bagbees Reitern bemerkt hatte. Mein Pferd ließ ich vor den Corrals zurück, und schon zehn Minuten später hatte ich den Nachtwächter beim Wickel und sorgte dafür, dass er keinen Laut ausstoßen konnte. Ich fesselte und knebelte ihn und legte ihn in einem der halb offenen Schuppen ins Stroh.

Die Ranch war ein riesiger Komplex, einst ein spanischer Feudalbesitz und jetzt die Residenz eines Rinderkönigs. Das Haupthaus war um einen Innenhof errichtet, in dem eine Quelle sprudelte. Die Zimmer des oberen Stockwerkes mündeten auf eine umlaufende Galerie.

Es war gar nicht so einfach, in diesen Palast hineinzukommen, denn von außen war – bis auf einige Balkons – alles glatt, zu und abweisend. An diesen weißen Mauern hätte sich ein ganzer Apachenstamm die Köpfe einrennen können.

Aber ich hatte mein Lasso mitgebracht. Im Lassowerfen konnte es niemand mit mir aufnehmen. Ich bekam die Schlinge um eine der Dachzinnen und zog mich zu einem Balkon empor, von dem ich wusste, dass er zu Peggys beiden Zimmern gehörte.

Die Tür war offen, und nachdem ich lautlos wie ein Schatten in das Zimmer geglitten war, hörte ich Peggy in ihrem Bett atmen.

Sie schlief fest, und sie konnte ruhig schlafen, denn auf dieser Riesenranch lebten mehr als hundert Menschen – auch einige Mexikanerfamilien, die Big Bill dienten wie einem Feudalherren.

Der Mond kam endlich mal hinter den Wolken hervor und ließ blasses Licht in das Zimmer fallen. Ich konnte Peggy genau betrachten. Sie schlief immer noch, doch ihr Schlaf war unruhiger geworden. Es war, als fühlte sie selbst im tiefsten Schlaf meine Nähe.

Ich legte ihr die Hand auf den Mund und flüsterte: »Peggy, erschrick nicht. Ich bin es, Kelso.«

Sie zuckte zusammen und hätte beinahe einen Schrei ausgestoßen.

Doch schon im nächsten Moment erkannte sie mich im Mondlicht. Ich spürte, wie sie sich entspannte, und nahm die Hand wieder von ihrem Mund.

»Oh, Kelso«, schnurrte sie und streckte ihre Arme nach mir aus. Wir küssten uns und hielten uns eine Weile fest.

»Oh, Kelso, ich habe schon gehört, was meines Vaters raue Burschen mit dir machten«, sagte sie leise an meinem Ohr. »Ich habe die Männer gesehen und konnte feststellen, wie schlimm dieser Kampf gewesen sein muss. Auch dich hätte ich jetzt im Mondlicht kaum erkannt. Kelso, mein Vater ist hart, und er war gemein zu dir. Ich lasse mir nicht vorschreiben, welchen Mann ich lieben darf und welchen nicht. Weißt du, Vater will, dass ich Major Stedloe heirate. Er soll seinen Abschied nehmen und dann die Ranch leiten. Aber ich will nicht. Kelso, ich liebe nur dich.«

»Und ich bin gekommen, um dich zu holen«, sagte ich. Dabei durchlief mich ein Gefühl des Triumphes. »Wir gehen nach Kalifornien«, sagte ich. »In Yuma heiraten wir. Peggy, ich ...«

Sie legte mir ihre Hand auf die Lippen.

»Sei still!«, sagte sie. »Versprich mir nichts! Ich will mit dir gehen bis ans Ende unserer Wege. Ich erwarte keine Wunderdinge von dir, sondern nur, dass du mich liebst. Das ist alles. Deshalb versprich mir nichts, Kelso!«

So war Peggy. Sie liebte mich mehr als alles andere auf dieser Welt.

Ein Triumph- und Glücksgefühl durchströmte mich. Aber wir hatten keine Zeit mehr für Gefühlsäußerungen. Wir mussten uns mächtig beeilen, denn die Nacht war schon mehr als zur Hälfte um. Kurz nach Tagesanbruch würden wir ein Rudel hartbeiniger Burschen auf der Fährte haben, die den Befehl hatten: Bringt mir mein Mädel heim, und schickt Kelso Calhoun zur Hölle!

Vielleicht würde Big Bill Bagbee das Rudel sogar selbst führen.

Peggy begann, einige notwendige Dinge einzupacken, die eine Frau unterwegs unbedingt haben muss. Sie brachte alles in zwei Satteltaschen unter. Dann zog sie sich ihren ledernen Reitrock an. Damit konnte sie in einem Männersattel reiten. Sie legte sich ihren Waffengurt um und nahm auch ihr kurzes Sattelgewehr mit.

Peggy war in einem gefährlichen Grenzland unter Männern aufgewachsen. Schon mit acht Jahren konnte sie ziemlich gut schießen.

Sie konnte sich sogar an einem Lasso vom Balkon niederlassen. So viel Kraft hatte sie in ihren Armen.

Als wir bei den Corrals waren, kam ihr Schecke auf ihr leises Schnalzen herbei. Inzwischen hatte ich ihren Sattel von der Stange gehoben. Wir waren binnen weniger Minuten fertig. Von den Sätteln, die auf der Stange hingen, nahm ich einige Wasserflaschen und füllte sie an einem der Wassertröge. Dann gingen wir zu meinem Pferd, saßen auf und ritten erst im Schritt und später im Trab davon.

Wir ritten nach Osten, als wollten wir durch die Santa-Catalina-Kette zum San Pedro Valley.

Ich wusste, dass sie unsere Führte früher oder später finden würden – und ich wollte, dass es sehr viel später war.

Bisher hatte Peggy noch nicht gefragt, wohin ich mit ihr wollte. Sie hatte sich mir ganz einfach anvertraut, und es war ihr gleich, wohin ich ritt. Aber ich hielt es für fair, mit ihr darüber zu reden.

»Weißt du, Peggy«, sagte ich, »wir sollten nach Kalifornien gehen. Ich bin überzeugt, dass ich dort eine gute Arbeit finden kann. In Kalifornien sind schon Aufschwung und Aufbau. Dort legen die Indianer nicht alles lahm. Ich denke, wir reiten durch die Wüste nach Yuma und von dort weiter nach Los Angeles. Ich war vor dem Krieg schon mal dort, und ich sage dir, dass dort jeder Mann seine Chance bekommt.«

Das war nicht übertrieben. Ich machte Peggy nichts vor, sondern hatte wirklich einen guten Riecher, wohin sich ein junges, aufstrebendes Paar wenden musste, um eine Chance zu erhalten.

Als es Tag wurde, lag die Bagbee Ranch einige Meilen weit zu unserer Linken im Süden. Ich hoffte, dass Big Bill und dessen Männer noch viele Stunden brauchen würden, um unsere Fährte zu finden.

Wir ritten den ganzen Tag. Am Abend durchfurteten wir den Santa Cruz River, einige Meilen nördlich von Tucson. Natürlich kannte ich die Furt genau. Weit und breit war nirgendwo eine Stelle, an der man durch den Treibsand auf die andere Seite kommen konnte.

Weil diese Furt die einzige Möglichkeit war, musste man hier mit Gefahr und Verdruss rechnen.

Ich ritt deshalb etwa dreißig Schritte voraus und hielt meinen Revolver in der Hand.

Es waren es drei Narren, die mir den Weg versperren wollten.

Zwei kamen rechts und links aus den Büschen. Der Dritte kam von vorn. Die drei glaubten, dass sie mich eingekeilt hätten. Weil ihre Pferde frisch und ausgeruht waren, hatten sie auch keine Sorge, dass Peggy entkommen könnte, wenn sie flüchten sollte. Doch sie verließen sich darauf, dass wir klein beigeben und ich angesichts ihrer Übermacht nichts riskieren würde.

Es waren drei Hartgesottene, Strandgut des Krieges. Sie trugen abgerissene Uniformstücke, waren stoppelbärtig und halb verhungert. Sie waren so schlecht geworden, dass sie für einen Beutel Tabak einen Mann umgebracht hätten, und hungerten nach allen Dingen wie drei Wölfe nach einem langen Blizzard.

Und da war auch noch Peggy, zu der sie immer wieder schnelle, lüsterne Blicke warfen. Peggy hatte dreißig Schritte hinter mir angehalten. Sie kannte mich und wusste, was kommen würde. Sie wusste außerdem, dass sie mir dabei im Wege wäre. Deshalb blieb sie zurück.

Ich grinste die drei Wüstenwölfe an und fragte: »Nun, Jungs, was soll's denn sein?«

Einer sagte trocken: »Bruder, die Güter der Welt sind ungerecht verteilt – das ist im Großen so und im Kleinen. Du siehst aus, als hättest du alles, was du brauchst – volle Satteltaschen, Geld in der Hosentasche und ein Mädel, wie es auf tausend Meilen in der Runde kein zweites gibt. Willst du uns nichts von deinen Reichtümern abgeben?«

»Und wenn nicht?«, fragte ich und blickte nacheinander auf die Revolver, die sie auf mich gerichtet hatten, während ich selbst mit meiner Waffe nirgendwohin zielte, sie einfach nur lässig hielt.

»Was für eine Frage«, sagte der Sprecher. »Wenn du mit deinen Mitbrüdern nicht teilen willst, dann bist du ein Dummkopf. Und Dummköpfe sind es nicht wert, dass man sie leben lässt.«

»Na fein«, sagte ich nur und warf mich aus dem Sattel.

Sie drückten ab und schossen dorthin, wo ich soeben noch gewesen war. Ich aber hatte schon zwei Kugeln heraus, bevor ich am Boden landete. Die dritte schoss ich beim Aufprall. Dann rollte ich mich in einen Busch und feuerte von dort aus noch zwei Kugeln aus dem Lauf.

Dann war es vorbei.

Zwei der Burschen lagen am Boden. Der Dritte war im Steigbügel hängen geblieben. Sein durchgehendes Pferd schleifte ihn durch die Uferbüsche.

Ich lud schnell den Revolver nach, bevor ich den Busch verließ. Peggy kam herangeritten. Sie hielt ihr kurzes Sattelgewehr bereit und war wachsam wie ein Pumaweibchen.

Einer der Wegelagerer war tot. Der andere erwachte wieder. Er hatte mächtig Glück gehabt. Meine Kugel hatte nur seine Schläfe gestreift.

»Hombre«, sagte ich zu ihm, »das war aber dumm von euch.«

Er stöhnte, weil ihm der Schädel brummte.

»Sicher, es war dumm«, gab er dann schließlich zu. »Aber wir sind vollkommen abgebrannt und warten schon seit drei Tagen darauf, dass jemand durch die Furt kommt, mit dem wir nicht viel Schwierigkeiten hätten. Wie konnten wir wissen, dass du eine solche Extranummer bist?« Er fragte es richtig vorwurfsvoll.

»Ich kann mir doch kein Schild umhängen«, erwiderte ich. »Wer glaubte mir schon, was auf dem Schild stünde?«

Er nickte traurig. »Ja, das sehe ich ein. Und was nun?«

Seine trockene Frage galt ihm allein. Denn nur er war übrig. Und er befand sich in meiner Gewalt. Ich hatte es in der Hand, ihn leben oder sterben zu lassen.

Ich blickte den stoppelbärtigen Straßenräuber an, um mir sein Gesicht einzuprägen.

»Lauf mir nur nicht noch mal über den Weg«, sagte ich. »Du brauchst mir deinen Namen gar nicht zu nennen, er wäre ohnehin falsch. Doch ich kenne jetzt dein Gesicht. Zeig es mir nicht noch mal irgendwo. Dann müsste ich annehmen, du wärst hinter mir her, um deine beiden Kumpane zu rächen. Hau ab, Hombre! Sieh nach, was mit jenem Burschen ist, mit dem das Pferd durchging. Hau ab!«

Ich nickte Peggy zu. Dann ritten wir weiter.

Nach einer Meile sagte sie ruhig, als wir Steigbügel an Steigbügel ritten: »Siehst du, Kelso, darin unterscheidest du dich von meinem Vater. Big Bill hätte keine Gnade gekannt. Er hätte den Kerl aufknüpfen lassen oder – wäre er allein gewesen wie du – erschossen. Kelso, du bist ein harter Bursche, ein Mann dieses Landes. Und dennoch bist du nicht gnadenlos. Du kennst immer noch Duldung und Schonung. Manche harten Männer werden das als Schwäche ansehen. Doch ich liebe dich nicht zuletzt wegen dieser Eigenschaft. Kelso, bleib so! Werde niemals so gnadenlos wie Big Bill, mein Vater.«

Nun, ich war stolz, sie so reden zu hören. Jetzt ahnte ich ungefähr, was sie in mir erkannt oder erfühlt zu haben glaubte und warum sich eine Schönheit wie Peggy in einen Viertelindianer wie mich verliebt hatte.