G. F. Unger 2147 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2147 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Es war Frühling geworden und er war endlich auch in die Täler der Rocky Mountains herauf gekommen.
Für mich ging ein langer Jagdwinter zu Ende. Es wurde Zeit, nach Laramie zu reiten und die prächtigen Felle zu verkaufen. Ich hatte eine gute Jagd gehabt.
Als ich die Felle auf meine beiden Packtiere lud und die Packlasten mit Diamantschlingen befestigte, da rechnete ich mir aus, dass ich mindestens dreitausend Dollar dafür erhalten würde. Das war eine Menge Geld zu dieser Zeit. Ein guter Frachtwagenfahrer zum Beispiel verdiente etwa sechzig Dollar im Monat. Ich aber hatte fünfhundert verdient. Das machte mir Freude.
Denn ich dachte bereits an die vielen Sünden, die ich in Laramie begehen würde.
Verdammt, was war ich doch für ein Narr, denn alles sollte ganz anders kommen für mich ...


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Seitenzahl: 154

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Blizzard- Patrouille

Vorschau

Impressum

Blizzard-Patrouille

Es war Frühling geworden und er war endlich auch in die Täler der Rocky Mountains herauf gekommen.

Für mich ging ein langer Jagdwinter zu Ende. Es wurde Zeit, nach Laramie zu reiten und die prächtigen Felle zu verkaufen. Ich hatte eine gute Jagd gehabt.

Als ich die Felle auf meine beiden Packtiere lud und die Packlasten mit Diamantschlingen befestigte, da rechnete ich mir aus, dass ich mindestens dreitausend Dollar dafür erhalten würde. Das war eine Menge Geld zu dieser Zeit. Ein guter Frachtwagenfahrer zum Beispiel verdiente etwa sechzig Dollar im Monat. Ich aber hatte fünfhundert verdient. Das machte mir Freude.

Denn ich dachte bereits an die vielen Sünden, die ich in Laramie begehen würde.

Verdammt, was war ich doch für ein Narr, denn alles sollte ganz anders kommen für mich ...

Fort Laramie war einst ein Handelsfort gewesen, gegründet von weißen Händlern, die mit den Stämmen regen Handel trieben.

Doch jetzt hatte es die Armee übernommen. Überhaupt war vieles anders geworden in letzter Zeit. Die Roten fühlten sich wieder einmal mehr von den Weißen betrogen, weil die Armee nun daranging, weitere Forts am Bozeman-Weg zu errichten.

Es würde Krieg geben.

Dies befürchtete man schon seit dem vergangenen Herbst.

Und vielleicht war er schon ausgebrochen und ich hatte es in meinem verborgenen Tal nur noch nicht mitbekommen. Denn schon viele Monate sah ich keinen einzigen Menschen mehr und redete nur mit mir selbst – oder zu meinem Pferd und den beiden Maultieren.

Nun, ich machte mich also an einem schönen Frühlingsmorgen auf den Weg, voller Hoffnung, dass sich meine lange Jagd in der Einsamkeit gelohnt hatte und ich in Laramie eine Menge Spaß bekommen würde.

Am zweiten Tag meines Rittes traf ich dann auf Blauer Hengst, der wie immer seinen Zylinderhut auf dem Kopf trug, an dem drei ziemlich zerrupfte Adlerfedern befestigt waren.

Blauer Hengst war ein riesiger Bursche mit der gewaltigsten Nase, die ich jemals bei einem Cheyenne gesehen habe. Wie immer hatte er seine ganze Familie bei sich, nämlich seine vier Squaws und fast ein Dutzend Kinder, von denen die drei ältesten schon bald das Kriegeralter erreicht haben mussten.

Sie kamen mit einigen Dutzend Pferden und vier Schleppschlitten, denn sie waren keine Hungerleider. Blauer Hengst war ein ausgezeichneter Jäger und ein wirklich großer Krieger. Er sorgte gut für seine große Familie. In einigen Jahren würde ihm das Alter zu schaffen machen, doch dann waren seine drei ältesten Söhne gewiss in der Lage, seine Pflichten zu übernehmen.

Wir begegneten uns auf einem uralten Büffelpfad und hielten an.

Er lüftete seinen Zylinder, so wie er es von den Weißen kannte. Aber er tat es auf spöttisch-ironische Art. Wir kannten uns ziemlich gut, denn mein Vater war einer der weißen Händler gewesen, die von den Roten geachtet wurden.

»He, Blauer Hengst!«, rief ich und lachte ihn bärtig an. »Wie geht's denn so? Ich sehe, dass zwei deiner Frauen bald Kinder bekommen werden. Du bist also immer noch ein richtiger Mann.«

»Und wie.« Er grinste. Ich hatte in seiner Sprache geredet. Er aber sprach in meiner Sprache, so wie er sie einst als Knabe in der Missionsschule gelernt hatte.

»Und wie«, sagte er. »Ich kann sie alle immer noch zufrieden machen.«

Ich nickte anerkennend und er grinste stolz.

Dann aber wurde sein hakennasiges Gesicht ernst. Er hob den rechten Zeigefinger und sprach langsam: »Krieg, Yellowstone-Caine, Krieg. Verstehst du? Krieg. Alle Stämme machen Krieg. In Laramie sollte ein neuer Friedensvertrag geschlossen werden. Sogar Crazy Horse war dazu bereit – und natürlich auch alle anderen Häuptlinge der Sioux, Cheyennes und Arapahoes. Doch dann kam Colonel Carrington mit siebenhundert Mann, um am Bozeman-Weg in der Nähe des Powder River ein Fort zu errichten! Als man ihn fragte, was er denn mit den vielen Soldaten vorhätte, da gab er es unumwunden zu. Und von dem Moment an gab es keine weiteren Friedensverhandlungen mehr bei Fort Laramie. Alle versammelten Stämme, die Brules, Oglalas, Minniconjous, Two Kettles, Hunkpapas, Cheyennes und Arapahoes, sie brachen sofort auf. Und in den nächsten Tagen wurden alle Weißen auf der Laramie-Prärie umgebracht. Pass gut auf dich auf, Caine. Die nehmen dir nicht nur die Felle weg, sondern auch den Skalp.«

Als er verstummte, wurde ich wütend.

Denn, verdammt noch mal, warum gingen auf dieser Erde die Dinge niemals so vonstatten, wie man es sich wünschte!

Und so fragte ich ziemlich bissig: »Und warum versuchst du nicht meinen Skalp und meine Felle zu bekommen, Blauer Hengst?«

»Ich nehme am Krieg nicht teil«, erwiderte er. »Ich will mit meinen Kindern überleben und nur Jäger sein. Wahrscheinlich werden wir in dein Jagdtal gehen und in deiner Hütte wohnen. Komm nicht wieder dorthin, Yellowstone-Caine.«

Nach diesen Worten ritt er wieder an. Seine Familie folgte ihm.

Ich hätte ihn mit meinem schnellen Colt vom Pferd schießen können, denn immerhin hatte er mir gedroht, mein Tal und meine Hütte in Besitz zu nehmen. Aber vielleicht konnte oder sollte ich wirklich nicht mehr dorthin zurück.

Ich ließ ihn ziehen. Seine vier Frauen und die Kinder betrachteten mich schrägäugig. Ich war ein Weißer, ein Wasicun. Jetzt war Krieg. Einige der kleineren Kinder streckten mir die Zunge raus. Die größeren Jungen aber betrachteten mich feindlich. Vielleicht würden sie Blauer Hengst bald weglaufen, um Kriegstaten zu vollbringen.

Denn der große Krieg – wenn er wirklich angefangen hatte – würde viele Jahre dauern.

Ich ritt also weiter und fragte mich, ob ich wirklich über die Prärie nach Fort Laramie reiten sollte.

Aber wohin konnte ich sonst?

Den Big Horn hinauf zum Yellowstone und auf diesem hinunter nach Fort Buford an der Yellowstone-Mündung in den Missouri? Sollte ich diesen Weg nehmen? Am Missouri würde ich gewiss ein Dampfboot bekommen, das mich bis nach Kansas City abwärts brachte. Und in Kansas City würden meine Felle mehr einbringen als in Fort Laramie.

Ich entschloss mich also und ritt nicht länger nach Osten.

Nun kehrte ich dem silbern schimmernden Glacier Peak den Rücken und ritt nach Norden.

Vielleicht gab es in Fort Buford auch ein wenig Spaß.

Es war nun mal so in diesem Land, dass Zeit und Entfernungen nur eine untergeordnete Rolle spielten.

Noch am späten Nachmittag erreichte ich auf manchmal kaum erkennbaren, uralten Indianerpfaden den Zusammenfluss von Wind River und Big Horn.

Und hier hörte ich die Schüsse.

Es war unverkennbar eine Schrotflinte, die immer wieder krachte. Also wurde da jemand belagert, der sich in guter Deckung befand und sich die Angreifer oder Belagerer mit Schrot vom Leib hielt.

Ich hielt an und überlegte.

Natürlich war die Versuchung groß. Ich konnte mich einfach davonschleichen und mich um nichts kümmern. Aber ich konnte mich auch in einen höllischen Verdruss einkaufen. Ich hatte die Wahl.

Nun, ich ritt noch ein Stück weiter. Das Gelände war unübersichtlich. Überall standen Felsen, dazwischen wuchsen himmelhohe Tannen. Ich befand mich in einem breiten Canyon, der nach Norden zu abfiel. Links von mir befand sich der Big Horn River, der sich mit dem Wind River vereinigt hatte.

Der breite Canyon war also das Big Horn Valley, das sich zum Big Horn Basin senkte. Irgendwo im Westen mussten die Washakie Needles sein – und weiter im Norden davon waren die Shoshone Caverns.

O ja, ich kannte mich aus in diesem Land.

Als ich meine Tiere in guter Deckung zurückließ, nahm ich eines meiner beiden Gewehre. Die einschüssige Sharps, mit der man Büffel und Bären töten konnte, ließ ich im Sattelfutteral. Ich nahm den Spencer-Karabiner, mit dem ich siebenmal durchladen und schießen konnte.

Ich lud ihn durch und behielt ihn in der Rechten genau am Kolbenhals und den Finger am Abzug. Ich würde mit dieser Waffe fast wie mit meinem Revolver schießen können.

Meinen Colt nahm ich in die Linke. Denn sie war meine Revolverhand.

So glitt ich vorwärts. Immer wieder hörte ich das Krachen der Schrotflinte. Es musste eine moderne Parker-Flinte sein, die man schnell mit Papppatronen laden konnte. Immer vorsichtiger näherte ich mich dem Ort, woher die Schüsse kamen.

Und als ich dann die drei Pferde erreichte, da wusste ich auch schon einigermaßen Bescheid.

Es waren Indianermustangs.

Also hatten die drei Rothäute vor mir jemanden in der Klemme. Und sie würden ihn erledigen, sobald seine Schrotpatronen alle waren. Das konnte nicht mehr lange dauern, denn wer hat nach einem langen Jagdwinter noch einen Sack voll Schrotpatronen bei sich?

Ja, es war für mich klar, dass die drei Roten wahrscheinlich einen Trapper um die Jagdbeute bringen wollten. Es war die einfachste Art, sich einige Packlasten wertvoller Pelze zu beschaffen.

Ich glitt weiter – und bald darauf sah ich zwei von ihnen. Einer war rechts vor mir, der andere links. Und der dritte Indianer musste sich auf der anderen Seite befinden. Sie hatten gewissermaßen ein Dreieck gebildet, das einige Felsen einschloss, zwischen denen ihr gestelltes Wild ums Leben kämpfte. Immer wieder rückten sie ein Stück vor und fanden überall Deckung.

Ich wunderte mich nur über den Schützen mit der Schrotflinte. Denn dieser schoss denkbar schlecht. Aber die Entfernung war für einen Schrotflintenschuss auch noch etwas weit.

Zwischen den Felsen, aus deren Deckung er immer wieder schoss, standen auch einige Tiere mit Packlasten.

Wer auch immer dort in der Klemme steckte, er hatte sich in letzter Minute in diese Deckung geflüchtet, um es auszukämpfen.

Nun, ich hatte etwas dagegen, dass drei Rote einen Burschen meiner Gilde allemachten, einen Trapper und Bergläufer also, wie ich einer war. Und so erhob ich mich aus meiner Deckung und ging offen auf die beiden Krieger zu, die mir noch ihre Rücken zudrehten.

Nein, ich brachte es nicht fertig, sie von hinten abzuknallen. Da hatte ich Hemmungen. Überdies wusste ich, dass die beiden Roten im nächsten Moment schon von ihrem Instinkt gewarnt werden würden, so als würde ihnen ein kalter Atem in den Nacken hauchen.

Und so war es auch.

Wie auf Kommando wandten sie sich in derselben Sekunde nach mir um. Nun stießen sie einen Doppelschrei aus, denn jeder wollte den anderen warnen.

Sie sprangen auf und feuerten ihre Gewehre aus dem Hüftanschlag auf mich ab. Sie wussten, zum Zielen über Kimme und Korn blieb ihnen keine Zeit. Sie mussten auf einen Glückstreffer hoffen.

Nun, ich schoss besser aus der Hüfte mit dem Gewehr, welches ich wie einen Revolver hielt. Und ich beherrschte auch das Kunststück, einhändig zu repetieren und dann wieder den Kolbenhals zu umklammern und den Zeigefinger um den Abzugshahn zu legen.

Ja, es war ein Kunststück, so wie ein Trapper es immer wieder übt, wenn er zum Beispiel eine ganze Woche lang von einem Blizzard in seiner Hütte festgehalten wird und sich die Zeit vertreiben will.

Ich traf sie beide.

Doch dann kam der dritte Rote.

Als er sah, dass seine Gefährten schon am Boden lagen, versuchte er erst gar nicht, was sie versucht hatten. Es wäre auch dumm gewesen. Denn da ich mit zwei Gegnern zurechtgekommen war, würde ich es gewiss auch mit einem können. Dies war eine einfache Rechnung für ihn.

Er wollte nur noch zu den Pferden. Und so versuchte er, in einem Bogen, den er um mich schlug, und von Deckung zu Deckung springend, an mir vorbeizukommen.

Verdammt, da stand ich abermals vor einer Wahl.

Ließ ich ihn entkommen, dann gelangte er nicht nur zu den drei Mustangs, nein, er konnte mir dann auch meine Tiere stehlen mitsamt den Pelzen auf den Packtieren.

Und überdies – wenn er und seine Begleiter zu einer größeren Horde gehörten, die das Land durchstreifte, konnte er auch noch die Horde alarmieren. Dann hatte ich sie auf der Fährte. Mit zwei Maultieren als Packtieren konnte ich ihr niemals entkommen.

Ich musste ihn also ebenfalls töten. Wenn ich davonkommen wollte, hatte ich keine andere Wahl.

Es war Krieg. Blauer Hengst hatte es mir unmissverständlich gesagt. Die Indianer töteten jeden Weißen in ihrem Land.

Die Welt hier hatte sich verändert. Es gab kein Auskommen mehr miteinander.

Und schuld daran waren die Goldfunde in Montana und das Abschlachten der Büffel auf den Prärien. Zehntausende von Glücksjägern zogen auf dem Bozeman-Weg nach Montana oder nahmen den Flussweg auf dem Missouri bis Fort Benton.

Die Indianerstämme setzten sich zur Wehr und glaubten nicht mehr an Friedensverträge.

Nun, ich kniete nieder, steckte meinen Revolver weg und zielte nun über Kimme und Korn. Der springende Indianer tauchte immer wieder zwischen zwei Deckungen auf.

Er war nun schon fast hundert Yards von mir entfernt und vollendete den Bogen, den er um mich schlug. Bald würde die Entfernung für den Spencer-Karabiner zu weit sein, auch für einen schnellen Schuss.

Aber dann erwischte ich ihn mitten im Sprung, bevor er hinter der nächsten Deckung – einem Stein so groß wie ein Schaf – verschwand.

Er fiel bäuchlings über den Stein und rührte sich nicht mehr.

Ich atmete auf und die Spannung in mir wich einer tiefen Bitterkeit.

Verdammt, es war wirklich Krieg. Und es würde noch viele Tote geben auf beiden Seiten. Die Armee würde irgendwann einen großen Feldzug beginnen und einige Dörfer der Indianer dem Erdboden gleichmachen.

Überall würden schreckliche Dinge geschehen.

Und auch ich hatte jetzt getötet.

Aber hätte ich mich davonschleichen und mich um nichts kümmern sollen? Dann hätten die drei Indianer jenen Mann erledigt, der sich da drüben verschanzt hatte.

Ich war neugierig auf den Burschen.

Und so rief ich hinüber: »Hoii, wer du auch bist, alter Biberschwanz, es ist vorbei! Ich habe sie erwischt – alle drei. Ich komme jetzt!«

Ich erhielt keine Antwort und so glaubte ich, dass es den Burschen dort zwischen den Felsen ebenfalls erwischt hatte und er deshalb nicht antwortete.

Ich trat vorsichtig und mit schussbereitem Colt zwischen die Felsen.

Und da sah ich es sofort.

Es waren zwei, und einer von ihnen war eine Frau.

Der Mann aber saß am Boden, lehnte mit dem Rücken an einem Felsen und hielt sich beide Hände gegen die Magenpartie gedrückt. Zwischen den Fingern und auch unter den Händen hervor rann Blut.

Der arme Kerl hatte eine Kugel in der Magengegend.

Die Frau aber, die neben ihm kniete, sah sich nun nach mir um.

Sie war keine Squaw, sondern eine Weiße. Aber sie war eine Frau, die diesem Mann da offenbar für einen langen Jagdwinter in die Einsamkeit gefolgt war.

»Er stirbt«, sagte sie zu mir. »Er hat die Kugel im Magen. Er verblutet.«

Ich wusste nun, dass sie es war, die immer wieder mit der Schrotflinte geschossen hatte. Denn der Mann da konnte nicht mehr kämpfen.

Er öffnete nun seine Augen. Und sein Mund verzerrte sich in seinem bärtigen Gesicht.

»Hoi, Caine, alter Witwentröster«, stöhnte er. »Weißt du noch, was wir für einen Spaß hatten mit der heißen Witwe des Engländers, der uns als Scouts angeworben hatte für den großen Jagdausflug zum Yellowstone Lake? Er und seine Freunde hatten ihre Weiber mitgenommen! Als er tot war, weil er einem Grizzly zu nahe kam, wollte sie nur noch uns. Aaah, war das ...«

Er konnte nicht weitersprechen, sondern hustete Blut.

»Halt lieber deinen Mund, Joseph«, sagte die Frau neben ihm.

Ja, es war Joseph Lonnegan. Nun erst erkannte ich ihn wieder. Aber sein Bartgestrüpp war ja auch gewaltig. Vielleicht hätte ihn die eigene Mutter nicht sofort erkannt.

Er ruhte einige Atemzüge lang mit geschlossenen Augen aus.

Dann starrte er mich zwingend an. Gewiss legte er nun seine letzte Kraft in seinen Blick.

Und dann sagte er kehlig: »Das ist Kate. Ich wollte sie heiraten, jawohl, richtig heiraten. Sie ist meine Erbin. Caine, ihr müsst euch jetzt auf die Socken machen. Ihr habt nicht mal Zeit, mich zu beerdigen. Haut ab, los, haut einfach ab!«

Oh, ich wusste, warum er so drängte.

Diese drei Krieger, die ich wahrscheinlich getötet hatte, gehörten zu einer größeren Horde, die es vermutlich darauf abgesehen hatte, alle Pelzjäger, die jetzt mit ihrer Pelzausbeute aus ihren verborgenen Jagdgebieten kamen, abzufangen und zu töten.

Ich sah mich nach seinen Tieren um. Es handelte sich um zwei zähe Bergpferde und zwei Maultiere. Sie alle waren gesattelt. Die Maultiere trugen noch die Packlasten auf den Packsätteln.

Kate sah mich an.

»Wir müssen ihn ...«, begann sie.

»Nein«, unterbrach ich sie. »Nicht eine einzige Minute verschwenden wir. Und Joseph weiß das. Ich hole meine Tiere. Dann reiten wir. Kannst du die Packtiere mitnehmen, Schwester?«

Ja, ich nannte sie gleich Schwester, damit sie wusste, was nun sein würde zwischen uns und dass sie mir vertrauen konnte wie einem Bruder.

»Sicher, das kann ich«, erwiderte sie. Dabei kniete sie immer noch neben Joseph Lonnegan am Boden und sah schräg zu mir hoch.

Ich sagte nichts mehr, sondern lief weg, um meine Tiere zu holen.

Als ich an einem der Indianer vorbeikam, da sah ich, dass er noch nicht tot war. Er hatte die Augen offen und sah mich an.

Einen Moment verhielt ich.

Er war ein Sioux, wahrscheinlich ein Hunkpapa. Ich sah es an den Narben auf seiner nackten Brust. Er hatte die höchste Kriegerweihe erhalten, war also ein besonders geachteter und wichtiger Krieger, einen, den man als Anführer wählte, wenn kein Häuptling dabei war.

»Bald wird deine Seele unterwegs sein«, sagte ich zu ihm nieder.

»Auch deine«, erwiderte er mühsam und mit letzter Kraft. »Auch deine.«

Dann starb er und ich lief weiter.

Als ich mit meinen Tieren zurückkam, war Joseph Lonnegan tot. Kate aber versuchte, ihn in eine Zeltplane einzuwickeln, wahrscheinlich in seine, die er nun nicht mehr brauchte, wenn sie im Freien kampierten.

Ich saß noch einmal ab und half ihr.

Dann aber ritten wir los. Die Packtiere zogen wir an den Leinen hinter uns her. Joseph Lonnegans Sattelpferd lief freiwillig mit. Es war schon zu lange an die anderen Tiere gewöhnt.

So ritten wir nach Norden.

Wir ritten die ganze Nacht. Ich wusste, es hatte keinen Sinn, die Richtung zu ändern, denn wenn die Kriegshorde, zu der die drei Krieger gehört hatten, erst einmal unsere Fährte aufnahm, dann wussten sie auch, wohin wir wollten. Es gab ja nur eine einzige Möglichkeit für uns, nämlich Fort Buford an der Yellowstone-Mündung in den Big Muddy.

Wir ritten also die ganze Nacht. Dann mussten wir anhalten, weil die Tiere eine längere Rast nötig hatten. Wir konnten sie auch nicht gesattelt oder gar mit den schweren Packlasten stehen und ausruhen lassen. Wir mussten sie absatteln und ihnen die Lasten abnehmen.

Kate half mir und mühte sich redlich, obwohl sie erschöpft war, völlig am Ende ihrer Kraft.