G. F. Unger 2155 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2155 E-Book

G. F. Unger

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Jim Ames erreicht die kleine Stadt bei Sonnenuntergang, und er hat einen Zwölfhundert-Meilen-Ritt von Kansas City hinter sich, der ihn mitten durch die Gebiete der Comanchen führte.
Es muss schon ein besonderer Mann sein, der diesen Ritt in fünfundzwanzig Tagen schaffen konnte und es fertigbrachte, dabei auch noch seinen Skalp zu behalten.
Jim Ames betrachtet das verwitterte Schild der kleinen Stadt. »Mesa City« steht da zu lesen, und in Jim Ames sind nun wieder all die Erinnerungen an die Jugend. Ja, er war lange fort. Er hätte nie geglaubt, dass er noch einmal nach Mesa City zurückkommen würde.
Seine Aufgabe ist jedoch klar. Doch wie er sie lösen soll, ist noch völlig unklar. Bis auf eines: Jim Ames wird eine Mannschaft anwerben und für eine Sache gewinnen müssen, die von besonderer Art ist.
Es müssen die besten Pferdediebe sein, die man in Texas, New Mexico und Arizona finden kann.
Denn Jim Ames will tausend Pferde stehlen.
Deshalb kam er nach Mesa City und will Verbindung mit seinem älteren Bruder Jesse aufnehmen ...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 165

Veröffentlichungsjahr: 2022

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Verborgenes Camp

Vorschau

Impressum

Verborgenes Camp

Jim Ames erreicht die kleine Stadt bei Sonnenuntergang, und er hat einen Zwölfhundert-Meilen-Ritt von Kansas City hinter sich, der ihn mitten durch die Gebiete der Comanchen führte.

Es muss schon ein besonderer Mann sein, der diesen Ritt in fünfundzwanzig Tagen schaffen konnte und es fertigbrachte, dabei auch noch seinen Skalp zu behalten.

Jim Ames betrachtet das verwitterte Schild der kleinen Stadt. »Mesa City« steht da zu lesen, und in Jim Ames sind nun wieder all die Erinnerungen an die Jugend. Ja, er war lange fort. Er hätte nie geglaubt, dass er noch einmal nach Mesa City zurückkommen würde.

Seine Aufgabe ist jedoch klar. Doch wie er sie lösen soll, ist noch völlig unklar. Bis auf eines: Jim Ames wird eine Mannschaft anwerben und für eine Sache gewinnen müssen, die von besonderer Art ist.

Es müssen die besten Pferdediebe sein, die man in Texas, New Mexico und Arizona finden kann.

Denn Jim Ames will tausend Pferde stehlen.

Deshalb kam er nach Mesa City und will Verbindung mit seinem älteren Bruder Jesse aufnehmen ...

Als er in die Stadt reitet, erkennt er, dass viele Häuser verlassen und baufällig sind. Mesa City war damals eine hoffnungsvolle und aufstrebende Stadt gewesen. Die Gold- und Silberminen in der Umgebung und auch viele Siedlerstätten, Farmen und Ranches gaben der kleinen Stadt die notwendige Basis für Handel und Aufbau.

Doch jetzt hat sich durch den Krieg vieles geändert. Indianer oder Banditen kontrollieren die Überlandstraßen und Verbindungswege. Alle Ortschaften sind wie Inseln in einer von Haifischen verseuchten See. Denn die Schutztruppen, die in diesem Territorium bisher die Ordnung aufrechterhielten, wurden für den Krieg abgezogen.

Jim Ames hält vor dem Longhorn Saloon an, betrachtet die Reihe der dort angebundenen Sattelpferde und reitet dann weiter bis zum O.K.-Mietstall. Hier rutscht er sattelmüde von seinem roten Hengst.

Der Stallmann betrachtet ihn und das Tier aufmerksam und sagt dann ruhig: »Dieser Rote ist tausend Meilen gelaufen, nicht wahr?«

»Er bekommt das Beste vom Besten in diesem Stall«, sagt Jim Ames ruhig und führt ihn hinein.

Der Stallmann stellt dann keine Fragen mehr – er weiß, dass er ebenso wenig eine Antwort darauf bekommen würde wie auf seine erste Frage.

Sie arbeiten eine halbe Stunde an dem roten Hengst. Sie tun alles für das Tier. Sie waschen es, reiben es ab, massieren, striegeln und bürsten es. Und dann bekommt es Hafer und duftendes Heu, klares Wasser und auch einige Rüben besonderer Art.

»Morgen muss er neue Eisen haben«, sagt Jim Ames dann schnaufend, denn er hat fast seine letzte Kraft verbraucht.

»Unser Schmied ist ein Meister«, sagt der Stallmann. »Und er wird sich mit diesem Häuptling besondere Mühe geben. Solch ein Tier beschlägt selbst ein Schmied wie der unsrige vielleicht nur einmal in seinem Leben.«

»Dieser Hengst heißt Apache«, fährt Jim Ames fort. »Und wenn ich nicht zugegen bin, dann fassen Sie ihn nicht an. Er geht auf jeden Menschen los, der ihn anfassen will.«

Jim Ames trägt ein recht kleines Bündel unter dem Arm und ein Gewehr in der Rechten.

Denn er trägt seinen Revolver links – ganz normal und nicht besonders tief. Er ist nur wenig über mittelgroß und wiegt sicherlich kaum mehr als hundertsiebzig Pfund.

Fünf Minuten später trägt sich Jim Ames als Jim O'Hara ins Gästebuch des Mesa Hotels ein und verlangt eine Badewanne auf sein Zimmer, sagt noch, dass man mit dem Wasser nicht sparen soll, und verlässt das Hotel. Sein Bündel und das Gewehr ließ er beim Hotelmann zurück.

Er überquert die staubige Fahrbahn und betritt den Saloon. Er lässt sich ein Bier geben und tritt damit vor den Freiimbisstisch und isst dort zwei Eier, eine Scheibe kaltes Bratenfleisch und einige andere Dinge.

Dann verlangt er ein zweites Bier und eine Zigarre. Als er sie anzündet, fragt er den Barmann ruhig: »Wo finde ich hier in diesem Lande einen gewissen Jesse Ames?«

Der Barmann verzieht keine Miene seines narbigen Preiskämpfergesichtes. Seine Augen werden ausdruckslos.

»Jesse Ames?«, fragt er sanft. »Nun, wenn Sie jenen Jesse Ames meinen, oha, da hätten Sie mich ebenso gut auch fragen können, wo Sie einen Falken finden können, den man dann und wann da und dort am Himmel kreisen und niederstoßen sieht. Was wollen Sie von einem Mann wie Jesse Ames?«

Jim Ames gibt dem Barmann keine Antwort, zahlt seine Zeche und geht wieder zum Hotel hinüber.

Dort steht inzwischen eine hölzerne Wanne in dem ihm zugewiesenen Zimmer. Jim Ames genießt das heiße Bad, rasiert sich tadellos und steigt dann aus der Wanne. Aus seinem Bündel hatte er schon vorher seine Reservewäsche und ein sauberes Handtuch zurechtgelegt. Er kleidet sich an und schiebt den Revolver in den Hosenbund. Als er die Tür öffnet, um den Chinesen zu rufen, damit dieser die Wanne aus dem Zimmer holen möge, steht ein kleiner, krummbeiniger Mann davor, betrachtet ihn scharf und tritt dann langsam ein. Denn Jim Ames öffnet einladend die Tür und macht eine unmissverständliche Handbewegung.

»Was wollen Sie von Jesse Ames?«, fragt der kleine, krummbeinige Bursche. Er hat ein faltiges Gesicht voller Sommersprossen und mit einer lächerlichen Korkennase. Seine Augen sind wasserhell, und sie wirken sehr kühl und scharf. Diese Augen verraten mehr von ihm als die beiden tiefhängenden Revolver, die er trägt.

»Ich dachte mir schon, dass ich nur einmal nach ihm zu fragen brauche und sich dann jemand für mich interessieren würde«, erwidert Jim Ames.

Er streift seinen linken Ärmel zurück und zeigt dem Revolvermann eine kleine Tätowierung.

»Wenn Sie Verbindung zu Jesse haben sollten, Freund«, sagt er ruhig, »dann teilen Sie ihm mit, dass hier ein Mann auf ihn wartet, der am linken Unterarm dieses Zeichen trägt.«

Der krummbeinige Zweirevolvermann, der keine Miene verzieht, geht langsam um ihn herum und betrachtet ihn von allen Seiten.

»Dieses Zeichen«, sagt er langsam, »trägt auch Jesse Ames an der gleichen Stelle. Es ist ein großes A, welches fast wie ein Hufeisen wirkt. Jesse Ames erzählte mir einmal, dass sein Vater damals immer Angst davor hatte, seine Söhne würden einmal von Apachen geraubt. Er fürchtete sich stets davor, seine Söhne nach Jahren nicht wiedererkennen zu können. Viele Weiße zeichneten damals in jenen schlimmen Jahren ihre Kinder auf diese Art. Mann, Sie müssen Jesses Bruder sein.«

»Und wenn es so wäre?«, fragt Jim Ames langsam.

»Dann bist du ein Narr, mein Junge«, sagt der Mann. »Ich bin Monk Dance. Ich bin seit acht Jahren mit Jesse zusammen. Wir wurden Freunde. Und ich weiß deshalb einigermaßen Bescheid. Jesse hat viel für dich getan, mein Junge, nicht wahr? Er hat dafür gesorgt, dass du in einer völlig anderen Welt aufgewachsen und ...«

»Das weiß ich alles, Monk Dance«, unterbricht ihn Jim knapp.

Monk Dance spricht auch erst nicht weiter. Doch dann sagt er: »Nun gut! Wir treffen uns morgen nach Sonnenuntergang auf der Straße ins Mesaland, drei Meilen von Mesa City entfernt. Wir sind drei Reiter und haben acht Packtiere bei uns. Es wird eine dunkle Nacht sein. Gib dich rechtzeitig zu erkennen, Jimmy.«

Jim Ames schläft bis fast zur Mittagszeit. Er bringt dann seinen Hengst Apache zum Schmied und hilft diesem, indem er das Tier ruhig hält.

Schließlich reitet er aus der Stadt. Er schlägt die südliche Richtung ein, wendet sich in den Hügeln jedoch nach Westen und erreicht bald darauf eine Stelle, die ihm zum Warten richtig erscheint.

Wenig später hört er dann die Packtierkolonne und die drei Reiter. Er stößt einen kurzen Ruf aus und reitet auf den Weg. Ein Reiter kommt ihm entgegen. Es ist Monk Dance.

»Hilf den anderen beim Treiben der Maultiere«, sagt Monk Dance knapp zu ihm und verschwindet voraus in der Nacht.

Einmal rasten sie in einem Talkessel. Als sich die Männer Zigaretten anstecken, sieht Jim Ames in scharfe und harte Gesichter. Monk Dance ergreift endlich das Wort und sagt: »Jesse wird vielleicht sehr wütend sein auf mich, dass ich seinen Bruder zu ihm schleppe. Doch er wird einsehen, dass es so besser ist. Nicht wahr, du hättest sonst überall nach Jesse Ames gefragt und wärest suchend im ganzen Land herumgeritten? Und irgendwann hätte vielleicht jemand herausgebracht, dass du nicht Jim O'Hara, sondern Jim Ames bist. Zum Teufel, warum bist du in dieses Land gekommen?«

»Ich werde mit Jesse darüber reden«, murmelt Jim Ames sanft. »Aber vielleicht könnte ich erfahren, mit wem ich sonst noch reite?«

»Es sind Chuck Loneman und Walk Chipway«, brummt Monk Dance. »Wir waren diesmal an der Reihe, Vorräte zu holen. Mesa City ist unsere Stadt.« Er erhebt sich und steht noch einige Sekunden wie überlegend da. »Na gut, reiten wir weiter.«

Sie sind die ganze Nacht und dann noch den folgenden Tag unterwegs. Die letzten drei Stunden muss Jim Ames mit verbundenen Augen reiten.

Dann sind sie am Ziel. Sie haben Jesse Ames' verborgenes Camp erreicht.

Jim Ames darf die Binde von den Augen nehmen, und er erblickt einige erhellte Blockhäuser, ein großes Feuer, und er ahnt einige Corrals und Nebengebäude.

»Wen habt ihr da mitgebracht?«, fragt eine kühle, lässige Stimme.

Jim Ames kennt diese Stimme sofort, obwohl er sie mehr als zehn Jahre nicht hörte.

Es ist die Stimme seines Bruders Jesse, und Jesse wird in einigen Staaten und Territorien steckbrieflich als Bandit gesucht.

Jesse Ames' Gestalt bleibt im Schatten des Hauses. Es treten auch noch einige andere Männer hinzu, und sie warten schweigend auf eine Erklärung, wer der Fremde ist, den man ihnen in ihr verborgenes Camp brachte.

Jim Ames gleitet langsam von seinem roten Hengst. Er tritt noch langsamer auf den Bruder zu, hebt seine Hände in Brusthöhe und zeigt nach Indianerart seine Handflächen.

»Ich bin es, Jesse, dein Bruder Jim.«

Als er es gesagt hat, bleibt es eine Weile still. Die Männer beobachten Jesse Ames.

Dann klingt Monk Dances kühle Stimme: »Er hat in Mesa City nach dir gefragt, und er hätte gewiss immer wieder und überall im Land nach dir gefragt, Jesse. Also brachte ich ihn gleich mit. Ich hoffe, dass dir das recht ist.«

Im Lampenlicht betrachten sich die beiden Brüder.

Jesse Ames ist groß und geschmeidig. Man sieht ihm an, dass er zu außergewöhnlichen körperlichen Leistungen befähigt ist. Auf eine verwegene Art ist er sogar fast hübsch zu nennen. Er mag etwa fünfunddreißig Jahre zählen. Sein Haar ist rot wie eine Flamme. Jim hat blauschwarze Haare. Doch die rauchgrauen Augen haben beide gleich. An diesen Augen würde man sie sofort als Brüder erkennen können.

»Ja, du bist Jim«, murmelt er. »Obwohl du damals ein sehr kleiner und magerer Wurm warst und jetzt wie ein richtiger Mann aussiehst, erkenne ich dich. Du bist mein Bruder. Aber warum kommst du zu mir? Du bist doch Offizier der Unionskavallerie. Du warst vier Jahren in West Point und jetzt ist Krieg. Du müsstest doch bei deiner Truppe sein. Bist du ein Deserteur?«

»Ich bin immer noch Offizier der Union«, sagt Jim leise. »Ich bin inzwischen zum Captain befördert worden, denn jetzt während des Krieges geht es schneller. Und ich bin freiwillig hier, um einen Sonderauftrag auszuführen. Ich bin in dieses Land gekommen, um tausend Pferde zu erbeuten, die für die Südstaatenkavallerie bestimmt sind, für eine besonders ausgewählte Elitetruppe, die nach Colorado reiten und dort all die Gold- und Silberbergwerke besetzen soll. Es gelangen immer wieder aus diesem Gebiet große Mengen Gold und Silber über Kansas City zur Union. Der Süden möchte diese Gold- und Silberquelle zusperren. Und ich bin hier, um ...«

»... tausend Pferde zu stehlen«, unterbricht ihn Jesse grimmig.

Er wendet sich ab, geht hinter den Tisch und setzt sich dort. Er betrachtet Jim scharf und fragt dann grob: »Was willst du, Jim?«

»Deine Hilfe, Jesse.«

Der Bandit grinst bitter. »Ich bekam damals einen bösen Brief von dir, Kleiner – einen sehr bösen Brief. Du und Mutter, ihr hattet herausgefunden, dass ich kein erfolgreicher Rancher, sondern ein Bandit geworden war. Und ihr wusstet mit einem Mal, dass das Geld, welches ich euch in den Osten schickte und von dem ihr angenehm leben konntet, kein ehrliches Geld war. Du konntest eine gute Schule besuchen und Offizier werden. Und du verfluchtest mich, dass ich euch so übel getäuscht hatte, und wolltest deinen Abschied nehmen. Du schriebst mir etwas von Offiziersehre, die es dir nicht gestatten würde, nun noch länger Offizier zu bleiben. Du schriebst mir allerlei merkwürdige Dinge. Und dann hörte ich durch Zufall, dass du dennoch bei der Armee geblieben bist. Sogar befördert wurdest du. Jetzt aber bist du hergekommen, um einen Banditen um Hilfe zu bitten. Muss sich die Union nun schon mit Banditen verbünden, um die Rebellen des Südens besiegen zu können?«

Er fragt es mit beißendem Spott, und in seinen Augen, die dunkler wurden, sind heiße Lichter.

Die Brüder nehmen an einem Tisch Platz.

»Als ich meinen Abschied nehmen wollte, brach der Krieg aus«, murmelt Jim. »Ich konnte nun endlich für eine gute Sache eintreten und etwas von der Schuld abtragen, die ich ständig spürte, weil Mutter und ich von unehrlichem Geld lebten. Und als ich dann von diesem Sonderauftrag erfuhr, meldete ich mich dafür. Ich habe den Auftrag, eine Guerillatruppe zu bilden und tausend Pferde zu rauben. Ich möchte dich und deine Bande anwerben, denn ich brauche nicht nur die besten Pferdediebe auf tausend Meilen in der Runde, sondern will dir und deinen Männern überdies die Möglichkeit geben, endlich einmal für eine gute Sache zu reiten.«

»Du lieber Himmel, wie freundlich von dir«, spricht Jesse sarkastisch. »Meine Männer werden das zu würdigen wissen. Sie, die sie fast alle steckbrieflich gesucht werden, die in beständigem Hass gegen die menschliche Gemeinschaft und das Gesetz leben, werden stolz sein, für die Union etwas tun zu dürfen! Du bist völlig verrückt, Bruder!«

Er verstummt grimmig. Dann schüttelt er den Kopf.

»Heiliger Rauch! Tausend Pferde stehlen! Ich weiß sogar, welche Pferde gemeint sind. Es kann sich nur um die Pferde der Uvalde Ranch handeln.«

»So ist es«, nickt Jim. »Die Uvalde Ranch ist die größte Pferde-Ranch auf tausend Meilen in der Runde. Und sie hat es übernommen, den Rebellen tausend Pferde zu liefern. Wir Nachricht darüber. Ohne diese tausend Pferde kann die Rebellentruppe nicht nach Colorado. Der Südarmee sind die Pferde längst knapp geworden und ...«

»Der Union doch wohl auch«, lächelt Jesse bitter.

»Deshalb will ich die tausend Pferde ja auch nach Kansas zu unserer Truppe bringen«, sagt Jim Ames schlicht.

»Auch das noch! Oha! Tausend Pferde bis zum Missouri hinunter! Du hast nicht wenig vor, Brüderchen! Und du bist ganz allein.«

Jim Ames sagt darauf nichts, blickt ihn nur an.

Jesse schüttelt fassungslos den Kopf. »Heiliger Rauch«, murmelt er, »wie naiv bist du eigentlich, Captain? Ich könnte meine Reiter vielleicht dazu überreden, mit den Uvaldes anzubinden und ihnen die tausend Pferde zu stehlen. Ja, dies könnte ich vielleicht, obwohl die Uvaldes eine sehr gefährliche Sippe sind, alles Revolvermänner. Aber dann möchtest du die tausend Pferde auch noch tausend Meilen weit bis zum Missouri treiben und der Unionsarmee übergeben, die uns dann vielleicht durch einen ihrer Verwaltungsoffiziere ein warmes Dankeschön aussprechen lässt. Oha, hahaha!«

Er tritt zu einem Wandschrank, öffnet ihn und holt eine Flasche und zwei Gläser heraus. Er schenkt ein, ergreift sein Glas und hebt es gegen Jim. »Mut hast du reichlich, Brüderchen«, grinst er. »Und dein Vertrauen auf meine Hilfe ehrt mich ebenfalls. Zum Wohle, Brüderchen!«

Er trinkt. Und auch Jim trinkt.

Er blickt den Bruder fest an und sagt dann hart: »Du musst es anders sehen, Jesse! Du kannst endlich einmal eine gute Tat vollbringen. Wenn wir verhindern, dass der Süden die Gold- und Silbertransporte unterbrechen kann, und wenn wir der Union überdies auch noch tausend Pferde bringen, dann verkürzt dies vielleicht um Wochen den Krieg.«

»Dann schließt doch Frieden mit den Rebellen!«

Jim Ames schüttelt den Kopf. »Abraham Lincoln sagte im Kongress: ›Eine große Lehre muss der Friede bringen. Den Rebellen muss es klar werden, dass sie durch Waffen nicht bekommen können, was sie durch eine Wahl nicht bekommen konnten.‹ Verstehst du das, Jesse? Dieser Streit betrifft nicht nur das Schicksal der Vereinigten Staaten. Der ganzen Menschheit wird hier die Frage vorgelegt, ob eine verfassungsmäßige Demokratie die Unverletzbarkeit ihres Gebietes gegen ihre eigenen inneren Feinde aufrechterhalten kann. Deshalb können wir erst Frieden schließen, wenn die Rebellen, die sich gegen einen Volksentscheid auflehnten, geschlagen sind. Doch man kann den Krieg verkürzen und damit Menschenleben retten. So denke ich. Hilf mir, Bruder!«

Jesse Ames starrt ihn seltsam an – staunend und verblüfft.

Doch bevor er etwas sagen kann, tönt draußen eine laute Stimme: »Das Abendessen ist fertig! Kommt und holt es euch!«

»Essen wir, Bruder«, sagt er knapp über die Schulter.

Jim folgt ihm.

»Du kannst dein Pferd in den linken Corral bringen und deine Siebensachen in meine Blockhütte schaffen«, sagt Jesse Ames, als sie nebeneinander zu einem größeren Blockhaus gehen, in dem es zwei Räume gibt. Der vordere Raum ist Küche und Essraum zugleich. Es gibt einen großen Tisch, an dem fast ein Dutzend Männer sitzen können. Ein Schwarzer hat sich einen Zuckersack als Schürze umgebunden und teilt die Portionen aus.

Jim setzt sich auf einen freien Platz. Er wird mit scharfen Blicken betrachtet, abgeschätzt und studiert. Er erwidert diese Blicke fest und gelassen.

»Ja, er ist mein kleiner Bruder«, sagt Jesse plötzlich zwischen zwei Bissen. »Aber er ist nun erwachsen und steht allein für sich ein.«

Als er verstummt, bleibt es still. Doch seine Worte schufen soeben Klarheit. Jim steht nicht unter seinem Schutz.

Nach einer Weile spricht Jesse noch einmal. Er deutet mit der Gabel nacheinander auf die Männer.

»Monk Dance, Chuck Loneman und Walk Chipway kennst du ja schon, Jim, nicht wahr? Nun, dies sind noch Brazos Kane, Big Bull Grey – und der Koch da nennt sich Schneeball. Pecos hält in der Zugangsschlucht Wache. Das wären wir alle.«

Sieben Mann also, denkt Jim. Mit Jesse und mir wären es neun. Das ist nicht viel, wenn man tausend Pferde stehlen und tausend Meilen weit treiben will. Aber nach allen Geschichten, die ich über diese Bande hörte, sind sie die besten Pferdediebe.

Auch er starrt nun auf seinen Teller. Er denkt noch einmal darüber nach, ob es richtig ist, sich der Hilfe von Banditen zu versichern. Doch er hat den Auftrag, eine Guerillatruppe zu bilden, und er kann keine besseren Männer finden.

Es ist dann Big Bull Grey, ein glatzköpfiger und gedrungener Bursche, der den Kopf nach Jim Ames dreht und trocken fragt: »Nun gut, er ist dein Bruder, Jesse. Was will er hier bei uns?«

Jesse Ames zeigt lächelnd seine starken und weißen Zähne.

»Er will tausend Pferde stehlen und möchte dazu unsere Hilfe.« Nachdem Jesse Ames diese Worte knapp und pulvertrocken sprach, ist es wieder still.

Sie denken nach, und sie haben keine schlechten Köpfe. Brazos Kane, ein dunkler Bursche, der fast wie ein Comanche wirkt, sagt: »Die Uvalde-Sippe züchtet in ihrem abgeschlossenen Tal nun schon mehr als zehn Jahre lang Pferde, herrliche Pferde, wie man sie sonst nirgendwo findet. Doch selbst die Apachen und Comanchen konnten den Uvaldes nie ein Pferd stehlen. Das ist eine wehrhafte Sippe. Und zum Tal gibt es nur einen einzigen Zugang. Denen kann man so leicht keine Gäule stehlen.«

Sie starren alle auf Jim Ames.

»Tausend Pferde«, sagt dieser langsam. »Und die Union zahlt für jedes Tier zwischen fünfzig und achtzig Dollar in Gold. Das sind für jeden von euch zehntausend Dollar. Ihr bekommt sie am Missouri – wenn ihr die Pferde bis dorthin bringt und abliefert. Es ist ein gutes Geschäft. Und vielleicht gibt es sogar einen Generalpardon für euch alle.«

Sie staunen ihn an, und sie müssen seine Worte erst verarbeiten.

Dann fragt Monk Dance sarkastisch: »Jesse, ist das der Sonderbeauftragte von Lincoln, dem Präsidenten der Nation?«

»So ähnlich«, sagt Jesse Ames sanft. »Er ist Captain der Unionskavallerie und soll hier eine Guerillatruppe bilden.«

»Was es doch nicht alles gibt ...«, murmelt Walk Chipway dann.

Jim Ames weiß genau, dass er das, was er jetzt behauptet, nur versuchen, aber nicht versprechen kann. Aber er hat Befehl, mit allen Mitteln diesen Auftrag zu erfüllen.