G. F. Unger 2168 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2168 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Die Stadt ist voll von bewaffneten Männern. Manche tragen Gewehre oder auch Schrotflinten. Es sind Männer, die grimmig und angespannt wirken.
Frauen und Kinder sind nicht zu sehen. Und noch etwas ist augenfällig: Es sind zwei verschiedene Sorten von Männern. Morgan Sunbow kann beide Sorten genau betrachten. Rechts neben dem Eingang zum Saloon hängt ein großes Plakat. Darauf steht geschrieben:
Vance Brack wird Sheriff!
Aber links neben dem Eingang hängt ein zweites Plakat.
Und dort kann man lesen:
Lester Monk wird Sheriff!


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Seitenzahl: 158

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

Mann ohne Freunde

Vorschau

Impressum

Mann ohne Freunde

Die Stadt ist voll von bewaffneten Männern. Manche tragen Gewehre oder auch Schrotflinten. Es sind Männer, die grimmig und angespannt wirken.

Frauen und Kinder sind nicht zu sehen. Und noch etwas ist augenfällig: Es sind zwei verschiedene Sorten von Männern. Morgan Sunbow kann beide Sorten genau betrachten. Rechts neben dem Eingang zum Saloon hängt ein großes Plakat. Darauf steht geschrieben:

Vance Brack wird Sheriff!

Aber links neben dem Eingang hängt ein zweites Plakat.

Und dort kann man lesen:

Lester Monk wird Sheriff!

Rechts und links vom Eingang des Wahllokals hat sich je eine Männerschlange aufgestellt. Die rechte Schlange wird von Rinderleuten gebildet. Die linke Männerreihe aber besteht aus den Schafzüchtern und Siedlern.

Morgan Sunbow, der vor gut einer Stunde in die Stadt Diamond gekommen ist, beobachtet geduldig, wie die beiden Männerschlangen langsam vorrücken, wie immer wieder von jeder Schlange ein Mann zugleich mit dem anderen im Wahllokal verschwindet, um die Stimme für seinen Kandidaten abzugeben.

Als dann die letzten Wähler in der City Hall verschwunden sind, erhebt sich Morgan Sunbow, spuckt den Zahnstocher aus und steckt sich eine lange und dünne Zigarre an. Er tritt an den Rand der Veranda und raucht einige Züge. Dabei blickt er nach links und nach rechts.

Vor den Saloons und Geschäften längs der Straße stehen noch andere Männer, aber es sind Satteltramps, Reisende und ein paar zahme Indianer, also Leute, die hier nicht ansässig sind oder nicht wählen dürfen und die dennoch Interesse verraten.

Morgan Sunbow seufzt und setzt sich in Bewegung. Er verlässt die Veranda, betritt die Fahrbahn und geht langsam durch den knöcheltiefen Staub zur City Hall hinüber. Er trägt einen schwarzen Hut mit einem Texaskniff in der Krone, und er hat lange, leicht gekrümmte Beine und eine Taille wie ein Mädchen. Seine Schultern sind breit und stark.

Als er die City Hall betreten will, versperren ihm die beiden Wahlhelfer den Weg. Einer sagt zu ihm: »Für Fremde kein Zutritt, Mister!«

Morgan Sunbow nickt. Er greift in die Tasche, holt ein zusammengefaltetes Papier hervor und deutet dann auf die schwarze Tafel, auf der allerlei Bekanntmachungen und Nachrichten angeschlagen sind.

»Schlagen Sie diese Bekanntmachung genau in der Mitte dieser Tafel dort an und reißen Sie die beiden Wahlplakate ab«, sagt er zu dem Mann. Dabei drückt er ihm das zusammengefaltete Pergamentpapier in die Hand und betritt unbehelligt die City Hall.

Die beiden Wahlhelfer sind von seiner lässigen Bestimmtheit beeindruckt. Der eine Mann faltet hastig das Papier auseinander, starrt hinein und beginnt sofort heftig zu fluchen. Und als der andere Mann ebenfalls drei Sekunden gelesen hat, fluchen sie einstimmig.

Morgan Sunbow betritt den Gemeindesaal. Auch hier ist alles streng getrennt. Ein Gang trennt den Raum in zwei Hälften. Links sitzen die Schafzüchter und Siedler, und rechts die Rinderleute. Es herrscht eine schwüle Stille wie vor einem Gewitter.

Vor dem Pult steht ein alter langer und dürrer Mann, der einen Kneifer auf der Nase trägt und wie ein Leichenbeschauer wirkt.

Dieser Mann sagt jetzt würdevoll in die spannungsgeladene Stille: »Wie die Wahl auch ausgefallen sein mag, Gentlemen, das Ergebnis muss respektiert werden. Es war eine faire und echte Wahl, nicht wahr? Die Verlierer müssen sich dem Willen der Mehrheit fügen. Als Richter werde ich keinerlei ...«

Sein Blick fällt auf Morgan Sunbow, der ruhig neben ihn getreten ist und die Versammlung ernst betrachtet.

»Was wollen Sie denn hier?«, fragt er ärgerlich und mit dem deutlichen Unwillen eines Mannes, der sich gerne sprechen hört und bei einer Rede gestört wird.

Die beiden Männer, die hinter ihm und Morgan Sunbow an einem Tisch sitzen und noch bei dem Auszählen der Stimmzettel sind, halten inne.

Morgan Sunbow aber nimmt seine dünne Zigarre aus dem Mund, schnippt die Asche ab und sagt ruhig und freundlich: »Ich bin etwas später gekommen, ich wollte die Wahl nicht stören. Ich wollte keinen der freien Bürger unserer Nation um das Recht bringen, seine Stimme abgeben zu können. Im Interesse des Landesfriedens erkläre ich jetzt jedoch die Wahl als ungültig und stelle mich hiermit als der vom Gouverneur eingesetzte Sheriff dieses Countys vor. Mein Name ist Morgan Sunbow, und ich sperre jeden Gentleman ein, der nach Ablauf von zehn Minuten hier in der Stadt noch eine Waffe trägt.«

Als er die letzten Worte spricht, klingt seine Stimme zwar nicht lauter, aber sie wurde hart und präzise. Fast jeder Mann dieser Versammlung spürt plötzlich den Anprall eines starken Willens.

Danach ist es eine volle Minute still.

In diese Stille platzt einer der beiden Wahlordner herein, die draußen den Anschlag an die schwarze Tafel anbringen sollten.

»Die Stadtfräcke in der Hauptstadt«, brüllt dieser Mann, »sprechen uns das Recht ab, einen Sheriff zu wählen, weil kein Sheriff aus unserer Mitte neutral und unparteiisch sein könne. Mike Kent nagelt draußen die Regierungsverfügung an, die dieser Bursche mitgebracht hat!«

Bei seinen letzten Worten deutet der Mann auf Morgan Sunbow, der ruhig neben dem Richter steht.

Bevor der Sturm und der Krawall jedoch losbrechen, zeigt es sich, dass jede der beiden hier versammelten Parteien und Interessengruppen von einem besonderen Mann geführt wird.

Denn von den beiden vorderen Bänken rechts und links des Gangs erheben sich plötzlich zwei Männer, wenden sich den Versammelten zu und werfen die Arme hoch, so als wollten sie böse Geister beschwören.

Der Rindermann ist schneller mit den Worten zur Hand und ruft scharf: »In die Sättel, Jungs! Die Stonehover-Sippe verlässt die Stadt! In die Sättel, Jungs! In fünf Minuten will ich keinen von uns mehr hier in Diamond sehen!«

Er ist kaum verstummt, da ruft der andere Mann ebenso scharf und befehlend: »Auch die McKeenzie-Sippe reitet sofort! Ich reiße jedem Narren den Kopf ab, der hier einen Verdruss anfängt! Vorwärts! Vorwärts!«

Jede der beiden Parteien verlässt den Raum durch einen anderen Ausgang.

Morgan Sunbow wirft seinen Zigarrenrest in einen Spucknapf und steckt sich einen Stern an die Weste. Er achtet nicht darauf, dass dieser Stern schief hängt und die Aufschrift »Powder County, Sheriff« auf dem Kopf steht. Er wendet sich den beiden Stimmenauszählern zu und sagt: »Entfernt alle Wahlplakate in der Stadt und vernichtet die Stimmzettel.«

Sie nicken und gehorchen.

Wenig später ist Morgan Sunbow mit dem dürren Richter und den beiden anderen Männern im großen Raum allein.

Sie betrachten sich, und Sunbow kann sehen, wie sie ihn abschätzen und studieren.

Der Rindermann grinst breit, hält Morgan Sunbow die mächtige und von Lassoarbeiten gezeichnete Hand hin und sagt: »Ich bin Brian Stonehover, und Sie haben eben erlebt, dass ich mich der Entscheidung des Gouverneurs gefügt habe.«

»Und ich bin Ben McKeenzie«, sagt der andere Mann. »Alles, was wir wollen, ist Frieden und Gerechtigkeit im Lande. Wir Schafzüchter und Siedler sind dem Gouverneur sehr dankbar. Ein neutraler Sheriff ist das Beste, was wir bekommen können.«

Morgan Sunbows Gesicht bleibt ruhig und ausdruckslos, als er den beiden Männern die Hand schüttelt. Es sind zwei große, eisgraue und eisenharte Burschen. Jeder ist ein König in seiner großen Sippe und deren Anhängerschaft. Und Morgan, der sich auf Männer versteht, weiß schon jetzt, dass er auf zwei Burschen gestoßen ist, die fuchsschlau sind. Er muss ihre eiserne Beherrschung bewundern, denn er weiß sehr gut, wie wütend sie jetzt sind.

Ganz sanft sagt er: »Wir wollen uns nichts vormachen, Gentlemen. Ich bin hier so sehr willkommen wie drei Pfund Salz im Kaffee, und wenn Ihre lieben Wünsche in Erfüllung gehen könnten, so hätte ich jetzt die Pest am Hals oder würde von einem Blitz in zwei Teile gespalten. Ich weiß ganz genau, wie gern Sie mich haben. Aber das alles soll mich nicht daran hindern, hier das Gesetz zu vertreten. Und solange Sie dieses Gesetz achten und respektieren, können Sie mir meinetwegen wünschen, dass ich vom Pferd falle und mir den Hals breche, Gentlemen.«

Sie starren ihn an, und nun wissen sie genau, dass er sie durchschaut hat und eine ganze Menge über sie wissen muss.

Da grinsen die beiden. Und Brian Stonehover, der Rinderkönig, sagt ganz trocken: »Morgan Sunbow heißen Sie? Also, Sunbow, Sie sind in ein raues Land und unter eine Anzahl ziemlich stolzer Männer geraten. Denn McKeenzie und ich, wir sind schon ziemlich alte Knaben, deren beste Zeit längst vorbei ist. Wir werden tun, was wir können, um unsere Sippen stets innerhalb von Recht und Gesetz zu halten. Aber alle wilden Burschen können wir natürlich nicht anbinden. Solange Sie dafür sorgen, Sheriff, dass man uns keine Rinder stehlen kann, dass die Schafe nicht unsere Weiden ruinieren und die Siedler nicht Zäune um die Wasserstellen errichten, werden wir sanft und friedlich sein und Ihnen keinen Kummer bereiten. Und wenn einige von meinen Jungs etwas tun sollten, was Ihnen nicht gefällt, nun, dann kommen Sie nur zu mir. Ich werde diese Narren dann bestrafen.«

Er sieht den Richter Orson Drake an, der seinen Kneifer abgenommen hat und nervös mit den kurzsichtigen Augen zwinkert.

»Dieser Mister hier, den diese jämmerliche Stadt ins Amt gewählt hat, sitzt jedenfalls über keinen Stonehover zu Gericht.«

»Das glaube ich auch nicht«, erwidert Morgan Sunbow sanfter als zuvor. »Der Territoriums-Richter Joe Flannaghan ist durch Erlass des Gouverneurs von Wyoming jetzt für diesen Bezirk zuständig und kommt regelmäßig alle sechs Wochen in die Stadt, um Gericht zu halten.«

Er sieht Orson Drake dabei an. Der zwinkert nur ein wenig stärker mit den kurzsichtigen Augen und sagt dann: »Dann kann ich mich endlich wieder meiner Anwaltspraxis widmen, die ich aufgab, als die Stadt mich zu ihrem Richter wählte. Wir waren schließlich ein bisher unbeachteter Teil des Landes, um den man sich in der Hauptstadt nicht kümmerte.«

»Ich weiß.« Morgan grinst. »Man wusste gar nicht, dass es hier eine Stadt gibt und viele große Rancher und Schafzüchter. Aber jetzt weiß man es. Und weil das so ist, wird auch bald ein Steuereinnehmer kommen. Ich habe gehört, dass bis jetzt noch niemand in diesem Bezirk Steuern entrichtet hat. Das wird anders.«

Er kann beobachten, dass diese Nachricht die Männer besonders trifft.

Brian Stonehover murmelt einen Fluch, wendet sich scharf ab und geht sporenklirrend hinaus.

Aber Ben McKeenzie hat noch etwas zu sagen.

»Was werden Sie tun, Sheriff«, fragt er langsam, »wenn die von den Stonehovers davongejagten Siedler und Schafzüchter jetzt wieder über den Diamond Creek ziehen und wieder Anspruch ...?«

»Sie werden es herausfinden«, bricht Morgan Sunbow Ben McKeenzies Worte ab. »Dieses Land hier wird noch viel herausfinden.«

Ben McKeenzie betrachtet ihn von oben bis unten.

»Nun gut«, sagt er. »Sie werden alle Hände voll zu tun bekommen. Hoffentlich sind Sie auch so groß, Sheriff, wie Sie aussehen.«

Dann geht auch er hinaus.

Orson Drake sagt würdig: »Die Stadt vertraut mir, Sheriff. Wir könnten gemeinsam ...«

»Ich habe Ihre Eingabe an den Gouverneur selbst gelesen, Mister«, unterbricht ihn Morgan Sunbow. »Sie haben die Verhältnisse hier sehr ausführlich geschildert. Und Sie sehen ja, dass es jetzt anders wird. Leider konnte der Gouverneur nicht Ihren Wünschen entsprechen und Sie als Bezirksrichter bestätigen. Denn Sie haben vor zehn Jahren noch in der Strafanstalt von Yuma eine Haftstrafe verbüßt.«

»Ich saß dort unschuldig, und ich ...«

»Das interessiert mich nicht.«

Nach diesen Worten geht Morgan Sunbow hinaus, und als er auf die Straße tritt, da weiß er genau, dass er in diesem Land keine Freunde haben wird.

Die Straße ist menschenleer. Sattelpferde und all die vielen Fahrzeuge sind verschwunden. Diese Stadt ist noch jung. Die Häuser sind verhältnismäßig neu.

Das Sheriff's Office, in dem sich einige Gitterzellen befinden, wurde erst kürzlich erbaut. Hier sollte heute der aus der Wahl hervorgegangene Kandidat als Sheriff einziehen.

Es war aber zu erwarten, dass die unterlegene Partei dies nicht zugelassen hätte. Ganz gleich, ob Vance Brack oder Lester Monk Sheriff geworden wäre, es hätte einen Kampf gegeben. Keine der beiden Parteien hätte sich mit einer Niederlage abgefunden und abfinden können, weil keiner der beiden Kandidaten unparteiisch hätte sein können.

In der Hauptstadt wurde das bekannt.

Und deshalb tauchte Morgan Sunbow auf.

Langsam betritt er das Office. Ein kleiner, alter und krummbeiniger Mann mit einem Baumrindengesicht sitzt hinter einem der beiden neuen Schreibtische und sagt mürrisch: »Ich bin der Stadt- und Gerichtsschreiber, und ich sollte hier auch noch das Amt eines Gefängniswärters ausüben, was mir pro Monat zwanzig Dollar mehr einbringen würde. Aber da ja hier alles anders wird, als es sich die Leute ausrechnen, werden Sie mich wohl feuern, Sheriff?«

Morgan betrachtet den Mann lange. Dann zuckt er mit den Schultern.

»Wir können es ja mal probieren, Großvater.«

»Mein Name ist Nuck Sether, und zu meiner Zeit war ich ein tüchtiger Bursche, um den man einen Bogen machte. Eines Tages wird auch Sie ein Junge Großvater nennen, und Sie können nichts dagegen machen.«

»Also gut, Nuck«, sagt Morgan und inspiziert dann das Haus.

»Wer wäre dir denn als Sheriff lieber gewesen, Nuck?«, fragt er später. »Vance Brack oder Lester Monk?«

Der Alte betrachtet ihn nachdenklich.

»Vance Brack ist ziemlich rau und kann sehr gemein werden«, sagt er dann bedächtig. »Er hätte mich wie einen Hund behandelt, aber er wäre auch auf meine Hilfe angewiesen gewesen, weil er nur zwei Jahre in die Schule gegangen ist. Und er hätte die Befehle von Brian Stonehover bekommen und wäre nichts anderes als ein folgsamer Hund gewesen.«

Er macht eine kleine Pause und überlegt abermals.

»Lester Monk ist anders«, brummt er dann. »Dieser Monk ist ein mitleidloser Wolf und hätte es unter seiner Würde gehalten, einem alten und folgsamen Mann wie mir das Leben schwer zu machen. Dennoch wäre mir Vance Brack lieber gewesen, weil er ein Sheriff der Rinderleute gewesen wäre. Ich war früher selbst ein Reiter und warf das Lasso über manchen Stier. Ich kann die stinkenden Schafzüchter und auch die Schollenbrecher, diese Siedler und Nester, nicht leiden. Ich war ein Cowboy!«

Die letzten Worte sagt er stolz.

Morgan nickt und tritt in die offene Tür. Er blickt die Straße hinunter. Jetzt sieht er auch einige Frauen und Kinder. Die Stadt wirkt wieder normal. Es ist, als hätte sich die Spannung gelöst und als wäre ein Unwetter abgezogen.

Aber Morgan Sunbow lässt sich nicht täuschen. Bis jetzt ist alles friedlich vonstattengegangen. Doch das wird nicht so bleiben. Er ist mitten in eine Weidefehde hineingeplatzt. In diesem Land gibt es zwei mächtige Parteien, von denen heute jede hoffte, einen Mann aus ihren Reihen zum Sheriff durchbringen zu können. Jede dieser beiden Parteien hoffte, dass die Gegenseite die Wahl anerkennen würde, und war zugleich dazu bereit, die Hölle loszulassen, wenn sie verlieren sollte.

Und nun steht es unentschieden.

Am anderen Morgen geht es los, und es beginnt genauso, wie Morgan Sunbow es erwartet hat.

Ein Siedler auf einem Ackerpferd kommt in die Stadt geritten und findet Morgan Sunbow im Restaurant beim Frühstück.

Der Siedler poltert in derben Stiefeln herein und tritt zu Morgan Sunbow.

»Jetzt können Sie gleich zeigen, Sheriff, was Sie eigentlich taugen«, sagt er grob. »Vor Wochen haben uns die Reiter der Stonehovers von unseren Siedlerstätten auf die andere Seite des Creeks gejagt. Gestern aber ist das wirkliche Gesetz in unser Land gekommen, nicht wahr? Und so wagten wir es heute in aller Frühe, mit Kind und Kegel zu unseren Heimstätten zurückzukehren. Nun Sheriff, was meinen Sie, was uns da passierte?«

»Ich bin kein Hellseher«, brummt Sunbow und trinkt dann den Rest seines Kaffees.

Der Mann blickt ihn anklagend an.

»Donald Jackson, Vance Brack und die drei Stonehover-Jungs waren da und hielten uns an. Sie jagten uns über den Creek zurück und ...«

»Wer ist Donald Jackson?«

»Brian Stonehovers Neffe und der beste Mann der Stonehovers.«

»Nun gut, er ist also der Reitboss der Stonehovers, ja? Was tat er?«

»Das versuche ich Ihnen ja gerade zu erzählen, Sheriff! Sie jagten uns über den Creek zurück, aber nicht an der Furt, sondern dort, wo der Creek tief genug ist und unsere Wagen nicht durchkommen, sondern stecken bleiben mussten. Aber das Gesetz muss uns jetzt Hilfe geben! Die Weide ist frei! Wir Heimstätter können uns überall auf der freien Weide unsere Parzellen abstecken. Das ist uns gesetzlich zugesichert! Und kein schuftiger Weidepirat darf uns daran hindern!«

Morgan erhebt sich langsam.

»Nun gut«, sagt er, »ich komme mit!«

Der Siedler brummt zufrieden und sagt dann schnell: »Die McKeenzies haben ein Aufgebot gesammelt und warten auf der anderen Seite des Creeks, Sheriff. Ich soll Ihnen von Ben McKeenzie bestellen, dass er und seine Reiter sich gerne für eine gerechte Sache einsetzen und Ihnen gegen die Stonehovers Beistand leisten werden.«

Morgan Sunbow grinst bitter, als er das hört.

So und nicht anders hat er sich das alles ausgerechnet. Das ist der alte Stil, der sich nie ändert. Es ist auch ganz einfach. Rinderzüchter und Schafzüchter kämpfen um die Weide.

Morgan Sunbow sieht die anderen Männer im Lokal an, die unten am Tisch sitzen und ihn schweigend betrachten. Es sind Städter. Aber auch sie sind an der Zukunft des Landes interessiert. Ihnen ist es durchaus nicht gleichgültig, was der neue Sheriff jetzt tun wird.

Aber bevor einer dieser Männer etwas sagen kann, geht Sunbow hinaus.

Fünf Minuten später reitet er aus dem Tor des Mietstalles und schließt sich dem Siedler an, der schwerfällig den Führer macht.

Sie reiten etwa zwei Stunden, dann erreichen sie den Creek, reiten daran entlang und stoßen bald darauf auf etwa vier Dutzend Reiter, die bei ihrer Annäherung aufsitzen. Ben McKeenzie und drei andere Männer kommen Sunbow entgegen. Zwei von ihnen sehen dem Schafzüchter Ben McKeenzie sehr ähnlich. Sie sind deutlich als seine Söhne zu erkennen. Sie sind massig, haben strohgelbes Haar und wirken angriffslustig und unduldsam.

Es sind Tom und Wego McKeenzie, die beiden ältesten Söhne des alten Ben McKeenzie.

Der aber grinst nicht. Nur in seinen harten Augen funkelt es, und er betrachtet den Sheriff scharf und fest.

Dabei sagt er ruhig: »Ohne unsere Hilfe werden Sie die wilde Bande der Stonehovers nicht dazu bringen können, Sheriff, Recht und Gesetz zu respektieren. Aber wir helfen Ihnen gerne, Sheriff. Wir McKeenzies wollen nichts anderes als Recht und Ordnung.«

Morgan Sunbow erwidert jetzt noch nichts.

Er hat Tom und Wego McKeenzie betrachtet, hat jetzt den alten Tiger Ben McKeenzie angesehen und betrachtet nun den vierten Mann. Er weiß, dass dies sicherlich Lester Monk ist, den die McKeenzies als Kandidaten für den Sheriffposten aufgestellt hatten.

Er betrachtet Lester Monk eingehend. Monk ist hager, sehnig und hat farblose Augen und sandfarbenes Haar. Sein Gesicht ist dreieckig, und sein Mund wirkt wie die feine Narbe eines Messerschnittes.

Ein gefährlicher Mann, auf den man achten muss, denkt Morgan Sunbow und spürt dabei, wie auch Lester Monk ihn genau betrachtet und abschätzt. Hinter diesen vier Männern, die die Anführer der McKeenzie-Sippe und deren Anhänger sind, drängt sich das Rudel der Reiter.

Es sind Schafzüchter, das erkennt man sofort an den Chaps aus Schaffell. Doch die meisten arbeiten sicherlich nicht als Hirten. Dies dort ist eine Revolvermannschaft. Im Hintergrund sind einige Siedler zu erkennen, die zwar sehr entschlossen wirken, aber doch voller Sorgen sind.

»Nun, Sheriff?«, fragt Ben McKeenzie hart und beugt sich im Sattel etwas vor.

Morgan Sunbow hat genug gesehen.

Er blickt den alten Tiger Ben McKeenzie an, als hätte dieser einen schlechten Scherz gemacht, über den ein Mann nur nachsichtig grinsen kann.