G. F. Unger 2169 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2169 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

»Da kommen sie«, sagt einer der Reiter hinter Jim Starr grimmig. »Da kommt Jeff Bannack mit seinem Aufgebot aus dem Silver County. Aber sie werden nicht auf diese Seite des Flusses kommen, sondern umkehren!«
Jim Starr hört die Worte, doch er schaut sich nicht um. Er sitzt bewegungslos auf seinem großen Rehbraunen und blickt über den Pecos auf die Reiter, die aus den Hügeln kamen und nun das jenseitige Flussufer erreichen.
Jim Starr ist ein großer Mann mit hartem Gesicht und rauchgrauen Augen. An seiner Seite hängt ein alter Colt, und auf seiner rehfarbenen Lederweste blinkt ein Stern. Er ist der Sheriff des Edward County, und mit jedem Tag ist er weniger stolz auf seinen Posten. Als er sieht, wie drüben die Reiter ins Wasser preschen, presst er die Lippen noch fester zusammen und er sagt nicht besonders laut, doch sehr präzise: »Ihr wartet hier. Und wenn jemand zu schießen beginnt, bevor ich das so haben will, dann nehme ich mir diesen Narren nachher vor.«


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Seitenzahl: 160

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

Richter David

Vorschau

Impressum

Richter David

»Da kommen sie«, sagt einer der Reiter hinter Jim Starr grimmig. »Da kommt Jeff Bannack mit seinem Aufgebot aus dem Silver County. Aber sie werden nicht auf diese Seite des Flusses kommen, sondern umkehren!«

Jim Starr hört die Worte, doch er schaut sich nicht um. Er sitzt bewegungslos auf seinem großen Rehbraunen und blickt über den Pecos auf die Reiter, die aus den Hügeln kamen und nun das jenseitige Flussufer erreichen.

Jim Starr ist ein großer Mann mit hartem Gesicht und rauchgrauen Augen. An seiner Seite hängt ein alter Colt, und auf seiner rehfarbenen Lederweste blinkt ein Stern. Er ist der Sheriff des Edward County, und mit jedem Tag ist er weniger stolz auf seinen Posten. Als er sieht, wie drüben die Reiter ins Wasser preschen, presst er die Lippen noch fester zusammen und er sagt nicht besonders laut, doch sehr präzise: »Ihr wartet hier. Und wenn jemand zu schießen beginnt, bevor ich das so haben will, dann nehme ich mir diesen Narren nachher vor.«

Nach diesen Worten reitet auch er in den Fluss hinein. Das Wasser reicht seinem hochbeinigen Rehbraunen bis zum Bauch, als er die Flussmitte erreicht hat und vor Jeff Bannack und dessen Aufgebot sein Pferd verhält.

Jeff Bannack, der Sheriff des Silver County, ist ein bulliger und stark schwitzender Mann mit einem roten Schnurrbart, zwei Colts und zwei grimmig und unversöhnlich blickenden Augen.

Und er hat drei Dutzend Reiter hinter sich, die besten Kämpfer seines Countys. Diese Gewissheit macht ihn heute noch unversöhnlicher und härter. Er starrt Jim Starr kalt an und sagt dann rau: »Diesmal kehre ich nicht um! Diesmal will ich die Schufte haben! Mit oder ohne dich, Jim! Ich will eine Bande von Bankräubern fangen, die in dein County geflüchtet ist und sich dort geborgen fühlt. Diesmal kehre ich nicht um, sondern durchsuche das ganze Edwards County und die Banditenstadt Pecos Bend. Hast du mich verstanden, Jim Starr?«

Jim Starr nickt.

»Genau«, sagt er. »Ich habe dich gehört und habe genau verstanden, was du willst.«

Danach macht er eine Pause und blickt den Amtskollegen von der anderen Flussseite ruhig und fest an.

»Und was sagst du dazu?«, fragt Jeff Bannack wild und zornig.

Jim Starr deutet neben seinem Pferd auf das Wasser des Flusses nieder.

»Hier ist die Grenze«, sagt er sanft. »Hier endet dein Amtsbereich. Auf dieser Seite bin ich der Sheriff. Schick mir die Personalien, Beschreibungen oder Steckbriefe der Banditen. Dann will ich versuchen, ihrer habhaft zu werden. Du bekommst sie dann zugeschickt. Doch du wirst nicht mit deiner Mannschaft in meinem County herumreiten.«

Jeff Bannack fragt: »Warum werde ich nicht in deinem County herumreiten, Jim?«

Da zeigt ihm Jim Starr ein sparsames und sehr kurzes Lächeln.

»Versuche es, und du wirst es herausfinden, Jeff«, sagt er trocken. Mehr nicht.

Jeff Bannack späht zum anderen Ufer hinüber. Und auch dort wartet eine Mannschaft. Auch dort sind etwa drei Dutzend Reiter im Sattel, und Jeff Bannack kennt die wilden und verwegenen Burschen aus dem Edwards County. Er weiß, was dort auf ihn wartet, wenn er mit seinen Leuten die Grenze überschreitet. Die wilden Jungs dort sind fast alle Banditen, Revolverhelden, Deserteure der Armee und aus vielen anderen Gründen Verfolgte, Geächtete und ziellos Treibende.

Ja, Sheriff Jeff Bannack weiß genau Bescheid. Er weiß überhaupt viel über das Edwards County, dessen Bewohner und über den Revolvermann Jim Starr, der dort Sheriff ist.

»Du verdammter Revolversheriff«, sagt er böse zu Jim Starr. »Du weißt ganz genau, dass dein County voller Banditen ist. Du weißt ganz genau, dass diese Banditen immer wieder über den Pecos kommen, überall Überfälle und Diebstähle verüben und sich dann wieder in deinem County in Sicherheit bringen. Und wenn dann das Aufgebot ihrer Verfolger am Fluss auftaucht, bist du mit einer wilden Horde von Revolverschwingern zur Stelle und verhinderst, dass gute und rechtliche Gesetzesmänner diese Banditen verfolgen und festnehmen können.«

Er verstummt grollend und mit einer bösen Wut.

»Du hast schon viele Steckbriefe und Beschreibungen bekommen«, sagt er dann noch böser. »In deinem County lebt eine ganze Anzahl von Burschen, die steckbrieflich wegen vielerlei Untaten gesucht werden. Und du hast noch nie einen dieser wilden Jungs verhaftet und den Gerichten überstellt. Du bist ein verdammter Banditensheriff!«

Als er verstummt, erwidert Jim Starr kein Wort. Er sitzt nur ruhig auf seinem großen Rehbraunen, hat die Hände lässig über dem Sattelhorn liegen und beobachtet ausdruckslos und still den Sheriff aus dem Silver County und dessen Aufgebot.

Ja, auch Jeff Bannack hat sich ein raues Rudel mitgebracht. Das kann Jim Starr leicht erkennen. Und dennoch ist dieses raue Aufgebot aus dem Silver County jetzt schon leicht nervös.

Sheriff Jeff Bannack aber fragt sich in diesen Sekunden, wie weit er gehen soll. Er spürt mit einem Mal die volle Last seiner Verantwortung, und er spürt sie wie das Gewicht eines Felsbrockens.

Denn wenn er sich dazu entschließt, mit seinem Aufgebot hinüber auf die andere Seite zu reiten, dann wird es Blutvergießen und sicherlich sogar Tote geben.

Er schnauft schwer.

»Es waren die Trimble-Brüder«, sagt er. »Sie wurden genau erkannt. Bill und Wego Trimble sowie Bravo Bring und Jett Lapaz wurden genau erkannt. Sie haben etwa zwanzigtausend Dollar aus unserer Bank geholt und drei Männer niedergeschossen. Einer dieser Männer war der Kassierer. Er war schon tot, als ich die Verfolgung aufnahm. Jim Starr, ich gebe dir sechs Tage. Wenn du diese Mörder und Banditen dann nicht an Silver City auslieferst, wenden wir uns an den Gouverneur.«

Seine Stimme zittert, als er verstummt. Er ist jetzt ein Mann, der aufgegeben hat und umkehren wird. Doch er kehrt nicht aus Feigheit um, dies ist sicher! Er will nur nicht, dass es zu einem blutigen Kampf und einem großen Blutvergießen kommt.

Dann steigt der kaum beherrschte Zorn wieder in ihm auf, und er beginnt zu brüllen: »Wenn wir nochmals kommen, dann werden wir mehr als hundert Reiter sein! Und dann kommen wir, wenn ihr uns nicht erwartet. Dann jagen wir Pecos Bend und das ganze Edwards County in die Hölle! Dann räumen wir auf! Sechs Tage hast du Zeit, Banditensheriff! Hast du verstanden?«

Jim Starr nickt.

»Reite nur mit deinen Jungs heim«, sagt er ruhig.

»Glaub nur ja nicht, dass ich aus Furcht umkehre«, knurrt Jeff Bannack.

Jim Starr schüttelt den schmalen Kopf. »Das glaube ich bestimmt nicht, Jeff, ganz bestimmt nicht! Ich kenne dich zu gut. Furcht kennst du nicht. Du bist nur vernünftig, sehr vernünftig.«

Jeff Bannack starrt ihn eine Weile an. Dann treibt er sein Pferd noch ein Stück vor, bis er neben Jim Starr verhält und ihre Pferde sich gegenseitig die Schwänze um die Nasen schlagen.

Jeff Bannack beugt sich etwas aus dem Sattel und zu Jim hinüber.

»Du hast einen großen Namen als Revolverkämpfer, Jim«, murmelt er. »Doch es war kein schlechter Name. Ein Bandit warst du nie. Und jetzt trägst du einen Stern. Warum legst du mit diesem Stern so wenig Ehre ein, Jim? Wenn du nur wolltest, könnten wir, du und ich, das Banditenland dort drüben säubern. Warum bist du ein Banditensheriff?«

Jim Starr blickt auf seine Hände, die immer noch ruhig über dem Sattelhorn liegen.

»Die Zeit ist noch nicht reif«, sagt er schließlich. »Es leben auch einige gute Menschen im Edwards County. Du kennst die schwarzen und die weißen Böcke nicht, Jeff. Und ich kann diesen wilden Jungs dort hinter mir nicht die Waffen abnehmen. Selbst wenn ich mich auf deine Seite stellte, Jeff, würde es zu einem blutigen Kampf kommen. Es wäre sinnlos, Jeff. Wenn in einem wilden Land die Zeit reif ist, dann säubert es sich aus eigener Kraft. Ein Land ist wie ein Mensch. Es ist viel Schlechtes und viel Gutes drin. Man muss nur warten können. Reite heim, Jeff! Und glaub mir, es ist nicht damit zu machen, dass du mit hundert Reitern über den Fluss kommst oder der Gouverneur sogar Soldaten schickt. Du kannst nicht jedes Geschwür aufschneiden. Manchmal muss sich so etwas von innen heraus reinigen. Reite heim, Jeff!«

Der starrt ihn voller Zweifel an.

»Ich werde aus dir nicht schlau, Jim Starr«, murmelt er. Und dann zieht er sein Pferd herum und reitet zurück. Sein Aufgebot teilt sich im Fluss, macht ihm eine Gasse frei, durch die er reitet. Dann schließt sich das Aufgebot hinter ihm zusammen.

Wieder einmal ist ein Aufgebot hier am Pecos umgekehrt und hat nicht gewagt, den Fluss zu durchfurten und ins Banditenland zu reiten.

Auch Jim Starr reitet zurück, und die Burschen der auf ihn wartenden wilden Horde, dieses raue Rudel Hartgesottener, sie grinsen ihn an.

Einer der Männer ruft ihm zu: »Elegant und gekonnt hast du sie heimgeschickt, Jim!«

Ein anderer Mann sagt heiser: »Sie wussten genau, dass wir sie aus den Sätteln schießen würden.«

Jim Starr nickt ausdruckslos. Er deutet auf zwei Männer und sagt: »Bleibt am Fluss und passt auf! Jeff Bannack war voller Zorn. Es könnte sein, dass er es doch noch versucht.«

Dann reitet er landeinwärts und folgt dem Wagenweg, der hier aus der Furt kommt und nach Pecos Bend und von dort aus nach Nordwesten abbiegt und zur alten Straße nach Santa Fe führt.

Nach einer Weile kommt Jesse Willow zu ihm nach vorn geritten. Eine lange Weile reiten sie schweigsam nebeneinander.

Dann wendet ihm Jesse sein dunkles und scharf geschnittenes Gesicht zu und blickt ihn prüfend aus dunklen Indianeraugen an. Überhaupt ähnelt Jesse Willow irgendwie einem Indianer, doch keinem Apachen, sondern einem Sioux der Hochprärie.

Er sagt: »Heute ging es noch einmal gut, Banditensheriff. Zum Teufel, warum trägst du eigentlich den Stern für diese Bande? Wirf ihn fort, Bruder! Und dann lass uns wieder wie früher reiten! Dann sind unsere Tage wieder gut. Das Leben kann schön sein, wenn man frei ist, reiten kann, wohin man will, und es gibt tausend Späße, tausend Feuer irgendwo unter Sternen, viele Camps, Hügel, Fährten, und der Wind bringt alle guten Düfte, erzählt einem, wie gut es ist, reiten zu können und frei zu sein. Jim, wie lange willst du noch für diese Bande den Sheriff machen? Ich kann dich nicht mehr verstehen. Das Leben war schön für uns.«

Jim Starr betrachtet den alten Freund und Sattelgefährten einen Augenblick forschend, und er bemerkt deutlich die sorgenvollen Linien auf diesem dunklen und scharfen Indianer- oder Piratengesicht.

»Es war ein ständiges Reiten ohne Ziel, Jesse«, murmelt er dann. »Blick zurück, und du wirst nichts finden, was mehr war als nur ein Spaß. Und dabei sind wir dreißig Jahre alt geworden. Bleib bei diesem Reiten, und du wirst irgendwann irgendwo als Satteltramp sterben. In deiner letzten Stunde wirst du herausfinden, dass du etwas versäumt hast.«

»Was?«, fragt Jesse Willow sofort.

Jim Starr macht eine seltsame Handbewegung und deutet in die Runde.

»Dies ist ein gutes Land. Die Weide ist prächtig, und die Rinder haben sich während des Bürgerkrieges vermehrt, sind herrenlos und tragen keine Brandzeichen. Eines Tages wird es für diese Rinder Absatzmärkte geben. Ich habe von einem Jesse Chisholm gehört, der mit einer Rinderherde zu den Eisenbahnstädten in Kansas auf den Trail gegangen ist. Wenn er seine Rinder dort gut verkaufen kann, sind alle Texas-Rinder, die hier herrenlos herumlaufen und für deren Häute man jetzt keine fünfzig Cent bekommen kann, plötzlich wertvoll. Dann aber beginnt eine neue Zeit. Jesse, ich hab lange darüber nachgedacht. Jetzt will ich es dir sagen. Ich will eine Ranch und viele Rinder haben. Und das ist leicht zu bekommen. Man braucht nur mit einem Lasso über die Weide zu reiten, all die Mavericks einzufangen und ihnen ein Brandzeichen aufzudrücken. Man braucht nur seine Weidegrenzen abzustecken und sein Haus zu bauen.«

»Und was hat das mit deinem Stern zu tun, Banditensheriff?« Jesse Willow stellt diese Frage verblüfft.

Und Jim Starr lächelt auf seine sparsame Art.

»Freund«, sagt er, »wenn der Rindersegen, um den sich jetzt niemand kümmert, plötzlich einen Wert bekommt, weil es gute Absatzmärkte geben könnte, dann ist dieser Rindersegen für die Viehdiebe und Banditen genauso wertvoll wie für jeden guten Rancher. Die Banditen werden nicht mehr Postkutschen, Banken oder Siedlungen und Geldtransporte überfallen, sondern Mavericks jagen oder den Rinderzüchtern die Herden stehlen.«

»Ich bin nur ein armer Junge vom Brazos, der nicht mehr als drei Jahre zur Schule gehen konnte«, brummt Jesse Willow. »Und ich wurde von meinem Vater auch immer auf den Kopf geschlagen. Ich bekam Maulschellen, dass ich Purzelbäume schlug. Deshalb ist in meinem Kopf manchmal alles taub und leer. Reite nur nicht so schnell, und erkläre mir alles richtig, damit ich es begreife.«

Jim Starr wirft einen kurzen Blick über die Schulter, und als er sich darüber klar ist, dass niemand der hinter ihnen folgenden Reiter nahe genug ist, um zuhören zu können, sagt er: »Ich will Rinder jagen, ihnen mein Brandzeichen aufdrücken und eine Ranch aufbauen. Aber zuvor muss ich dieses Land von Banditen säubern.«

Jesse Willow steckt sich den kleinen Finger ins Ohr, rüttelt ihn und zieht ihn mit einem hörbaren Geräusch wieder heraus.

»Ich bin dumm«, krächzt er. »Ich habe bisher nur begriffen, dass dich Frank Cameron und seine Banditen zum Sheriff gemacht haben, damit du ihnen Männer wie Jeff Bannack und Aufgebote vom Leib hältst. Ich habe nur begriffen, dass du Banditensheriff in einem Banditencounty bist, von diesen Banditen gestützt wirst und mit ihnen stehen oder fallen wirst.«

»So war es«, nickt Jim Starr. »Doch inzwischen sind auch einige gute Männer ins Land gekommen. Ich habe darauf gewartet und fange nun mit der Arbeit an. Ich habe lange genug gewartet.«

Wieder schüttelt Jesse Willow den Kopf.

»Jetzt summt es in meinem Kopf«, sagt er. »Wenn ich dich richtig verstanden habe, dann willst du bald auf all diese Burschen losgehen, die dich zum Sheriff machten.«

Nun grinst Jim Starr blitzend.

»Es waren damals keine anderen Leute in diesem Land«, sagt er. »Aber ich bin Sheriff. Ich trage den Stern. Ich trage ihn auch für die, die danach gekommen sind, und vor allen Dingen trage ich ihn für mich und meine Pläne.«

Jesse Willow seufzt schwer. »Das Edwards County wird immer noch von Frank Cameron und seinen Banditen geleitet. Du hast keine Chance, mein Junge. Wie willst du denn anfangen?«

»Mit den Brüdern Trimble, Bravo Bring und Jett Lapaz«, erwidert Jim Starr trocken.

Jesse Willow zuckt zusammen. Dann kneift er sich in die Adlernase, zuckt nochmals zusammen und ächzt: »Du bist doch wirklich richtig gesund, hast kein Fieber oder irgendwo im Kopf Schmerzen?«

Jim Starr grinst ihn nur blitzend an.

Da bleibt Jesse Willow zurück und reitet schweigsam und mit gesenktem Kopf zwei Pferdelängen hinter Jim Starr. Die anderen Reiter schließen jetzt mehr und mehr auf, denn vor ihnen taucht die kleine Stadt Pecos Bend auf.

Zehn Minuten später reitet das Rudel johlend und gellende Schreie ausstoßend in die Stadt. Die meisten Männer drängen sich bald darauf durch die Schwingtür des Pecos Bee Saloons und dort an die Whiskytränke.

Wer in der Geschichte von Texas forscht, der stößt auf eine wilde und raue Vergangenheit, aus der folgende Tatsachen historisch überliefert wurden:

1. Der Pecos River war viele Jahre die Grenze zwischen Recht und Ordnung und der Gesetzlosigkeit. Jenseits des Pecos – also westlich davon – war das Land der Banditen, der Geächteten und Gehetzten. Es dauerte lange, bis das Gesetz westlich des Pecos Fuß fassen und zur Geltung kommen konnte.

2. In der Stadt Langtry, deren Name die Erinnerung an die berühmte Sängerin Lily Langtry verewigt, gab es einen Mann, der Roy Bean hieß und der sich aus eigener Machtvollkommenheit zum Richter gemacht hatte. Richter Bean nannte sich selbst »Das Gesetz westlich des Pecos« und hielt Gericht hinter seiner Bar in Lilys Saloon zu Jersey. Zwischendurch ließ er Whisky ausschenken.

Richter Roy Beans Urteile waren stets bemerkenswert und von besonderer Art.

Ein Mann wie Richter Roy Bean war natürlich nicht dazu geeignet, in diesem wilden Land dem wirklichen Gesetz, so wie es die Verfassung vorschrieb, Geltung zu verschaffen.

Eines Tages kam das wirkliche Gesetz über den Pecos, vertreten durch rechtliche Männer, und trieb die Grenze der Rechtlosigkeit, Willkür und des Banditentums weiter nach Westen.

Einer dieser Männer war der Territoriums-Richter Bringham David.

Die Überlieferungen schildern Bringham David als einen harten und furchtlosen Mann, der dann und wann selbst auf Banditenjagd ging, der an die Kraft und Stärke des Gesetzes glaubte und oft mitten unter Banditen Gericht hielt und für die Vollstreckung seiner Urteile sorgte.

Die Umstände und die damaligen Verhältnisse erforderten dies oft.

Überhaupt muss man diese Geschichte nach den damaligen Verhältnissen beurteilen und darf sie nicht mit heutigen Verhältnissen messen.

Dies aber soll nicht nur Richter Bringham Davids Geschichte sein. Vielleicht spielt Richter David nicht einmal die Hauptrolle. Denn es war außer ihm noch ein anderer mutiger und entschlossener Mann in der kleinen Stadt Pecos Bend.

Dieser Mann hieß Jim Starr, und er war der Sheriff des Edwards County. Dieser Jim Starr, einst ein Revolvermann und von Banditen zum Sheriff gemacht, brachte den Stein ins Rollen. Dieser Jim Starr wandelte sich und wurde ein rechtlicher Mann, der seinem Stern keine Schande machen wollte.

Und dann kam Richter David und hielt Gericht.

G.F. Unger

Jim Starr sitzt vor dem Hotel ab, auf dessen Veranda drei Männer in bequemen Sesseln sitzen. Er geht zu ihnen hinauf und setzt sich ihnen gegenüber auf die Verandabrüstung.

Ruhig betrachtet er die drei Männer. Es sind Frank Cameron, Robin Kinkaid und Race Calgary. Sie leiten dieses County, und bis jetzt war ihr Wille in diesem Land Gesetz.

Frank Cameron, dem das Hotel, der Saloon, der Store, der Mietstall und die Fracht- und Postlinie gehören, ist ein großer blonder und sehr starker Mann, dessen Mund von einem Schnurrbart verborgen ist.

Er fragt: »Wie war es diesmal, Jim?«

»Jeff Bannack ist umgekehrt«, erwidert Jim Starr ruhig. »Aber er hat mir diesmal eine Frist von sechs Tagen gesetzt. Wenn ich ihm dann die geflüchteten Bankräuber nicht nach Silver City gebracht oder glaubhaft ihren Tod nachgewiesen habe, dann kommt er mit hundert Reitern in dieses Land. Und zuvor holt er sich vom Gouverneur die Erlaubnis und bittet um Unterstützung durch die Armee.«

Als er es gesagt hat, denken die drei Männer und Köpfe des Edwards County sorgenvoll nach. Und sie tun es auf sehr verschiedene Art. Frank Cameron hält seinen Kopf gesenkt und bedeckt sein breites Gesicht mit der Hand. Seine Fingerspitzen massieren seine Stirn.

Robin Kinkaid, ein Mann, der aus Arkansas kam und die einzige große Ranch im Lande besitzt, ballt die Rechte und stößt sie in den Handteller der Linken. Sein rotes, rundes Gesicht ist sehr angespannt.

»Zum Teufel!«, sagt er. »Hat Jeff Bannack geblufft, oder meint er es ernst?«

Jim Starr gibt ihm keine Antwort. Er studiert Race Calgary. Dessen gelbe und funkelnde Augen starren ihn kalt an. Race Calgary ist sehr groß, sehr hager, sehr hart und schnell und – sehr gefährlich. Man kann ihn am besten mit einem großen und hageren Wüstenwolf vergleichen. Er ist der größte Bandit im Land und ein gefürchteter Revolverheld. Dann und wann unternimmt er mit vielen Reitern einen Raubzug nach Mexiko. Dort überfällt er Gold- und Silberminen, Handelskarawanen oder größere Haziendas. Stets kommt er mit reicher Beute zurück, und Frank Cameron übernimmt es dann, die Beute über seine Handelslinie und mithilfe seiner Mittelsmänner zu verkaufen.