G. F. Unger 2184 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2184 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Als das Pferd getroffen unter ihr zusammenbricht, weiß Jessica Morgan, dass sie gegen die Horde der ehemaligen schwarzen Sklaven keine Chance mehr hat. Der Tag der Befreiung ist gekommen, und sie wollen ihre Rache. Nach dem Mord an ihrem einstigen Herrn ist nun dessen Frau an der Reihe.
Entsetzt starrt Jessica auf die Schwarzen, die sich ihr langsam nähern.
Aber dann geschieht das Wunder, an das sie nicht mehr zu glauben wagte. Ihre Verfolger halten plötzlich an.
Als Jessica den Kopf dreht, sieht sie fünf Reiter ‑ Weiße in der Uniform ehemaliger Südstaatler. Erleichtert atmet sie auf.
Das Fegefeuer ist zu Ende, glaubt sie.
Wie soll sie ahnen, dass es noch nicht einmal richtig begonnen hat!


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Seitenzahl: 160

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

Frau im Fegefeuer

Vorschau

Impressum

Frau im Fegefeuer

Als das Pferd getroffen unter ihr zusammenbricht, weiß Jessica Morgan, dass sie gegen die Horde der ehemaligen schwarzen Sklaven keine Chance mehr hat. Der Tag der Befreiung ist gekommen, und sie wollen ihre Rache. Nach dem Mord an ihrem einstigen Herrn ist nun dessen Frau an der Reihe.

Entsetzt starrt Jessica auf die Schwarzen, die sich ihr langsam nähern.

Aber dann geschieht das Wunder, an das sie nicht mehr zu glauben wagte. Ihre Verfolger halten plötzlich an.

Als Jessica den Kopf dreht, sieht sie fünf Reiter – Weiße in der Uniform ehemaliger Südstaatler. Erleichtert atmet sie auf.

Das Fegefeuer ist zu Ende, glaubt sie.

Wie soll sie ahnen, dass es noch nicht einmal richtig begonnen hat!

Ja, es sind Weiße.

Und sie tragen alle die graublaue Uniform der Konföderierten.

Im Trab kommen sie angeritten.

Jessica atmet langsam aus.

»Du lieber Vater im Himmel«, flüstert sie, »ich danke dir!«

Sie sieht die Schwarzen – wohl in der Überzahl – zu den Pferden laufen, aufsitzen und davonreiten.

Jessica sieht den fünf Reitern entgegen.

Sie halten dann vor ihr und betrachten die Frau wieder. Schließlich sagt einer: »Ma'am, das war wohl ziemlich knapp, wie?«

Sie nickt. »O ja, Gentlemen, das kann man wohl sagen, das war sehr knapp.«

Sie blicken nach Süden, wo die Horde der Schwarzen nun hinter einer Waldinsel verschwindet.

Auch Jessica blickt nach Süden.

Und dann sehen sie alle den aufsteigenden Rauch.

Einer der Reiter fragt: »Ist das die Pflanzung von Major Morgan?«

Sie nickt.

»Ja, das ist – nein war – John Morgans Baumwollplantage Aurora. Ich bin, nein, war seine Frau. Er ist tot. Sie haben ihn erschlagen. Und jene, die ihn hassten, weil er sie besonders oft und hart bestrafte, wollten mir Gewalt antun. Nun brennen sie wohl alles nieder. Denn sie sind ja jetzt keine Sklaven mehr, sondern freie Amerikaner. Nun plündern und brennen sie. Ich danke Ihnen, Gentlemen. Wollten Sie zum Major?«

Sie nicken, alle mehr oder weniger deutlich erkennbar.

»Ja, er war mal unser Kommandeur«, spricht einer. »Und er nahm uns bei seinem Abschied nach seiner schweren Verwundung das Versprechen ab, ihn zu besuchen. Doch das wäre wohl sinnlos, nicht wahr?«

»Ja, das wäre sinnlos«, wiederholt sie die Worte des Mannes. »Dort auf der Plantage Aurora herrschen jetzt an die vierhundert frei gewordene Sklaven. Wollen Sie mich mitnehmen, Gentlemen, ganz gleich, wohin Sie reiten?«

»Selbstverständlich nehmen wir Sie mit, Ma'am«, sagt der Reiter, welcher offenbar der Anführer ist, und nickt. »Das sind wir unserem Major schuldig.«

Erst als sie einige Meilen geritten sind, fragt Jessica: »Wohin reiten wir?«

Sie sitzt auf einem der beiden Pferde, die von den flüchtenden Schwarzen zurückgelassen wurden. Das zweite Tier zieht einer der fünf Exsoldaten an den langen Zügeln mit.

Der Mann neben Jessica – er ist zweifellos der Anführer – sieht von seinem ruhig trabenden Pferd zu ihr herüber und lächelt blinkend. Er ist ein hagerer, dunkler Typ mit leuchtend blauen Augen.

»Wir wollen heim nach Texas, Ma'am«, erwidert er, »geradewegs zum Mississippi und durch Louisiana heim nach Texas. Ich bin Chet Kehoe. Hinter uns reiten Mitch Sloane, Kelso Skinner, Zane McKay und Vance McGill. Sie werden alle noch besser kennenlernen, Ma'am.«

»Sagt einfach Jessica zu mir«, verlangt sie ruhig. »Und betrachtet mich als eine Schwester. Das wäre mir lieb. Ich würde mich freuen, mit fünf Brüdern zu reiten.«

Er versteht sofort, was sie ihm mit diesen Worten sagen will.

Und wieder lächelt er blinkend.

»Ja, sicher, Jessica, das wäre eine gute Basis. Wenn eine schöne Frau mit fünf Männern reitet, die durch den Krieg ziemlich verwilderten, ist es schon gut, wenn keiner bevorzugt wird. Also bleiben Sie nur immer schwesterlich. Das würde jedem von uns helfen.«

Sie presst die vollen Lippen zusammen, bis sie einen schmalen Strich bilden. Dabei nickt sie.

Er deutet auf ihre Beine, denn diese sind bis weit hinauf zu sehen. Ihre Röcke sind ja zerrissen.

»Und zuerst«, sagt er, »werden wir dir etwas zum Anziehen beschaffen müssen, Jessica. Solche Beine können selbst richtige Brüder verrückt machen. Weißt du, wir alle hatten schon sehr lange keine Frau mehr.«

Wieder schweigen sie eine Weile.

Dann fragt sie: »Was für einen Rang hattest du in der Konföderiertenarmee, Chet?«

»Captain«, erwidert er. »Mitch Sloane war Lieutenant. Die drei anderen waren Sergeants. Und wir ritten zwei Jahre unter dem Befehl deines Mannes. Er war ein wirklich guter Kommandeur.«

»Das mag sein«, murmelt sie. Er kann es durch den Hufschlag der Pferde kaum hören. Doch dann fügt sie lauter hinzu: »Er starb auch wie ein Mann. Aber ...«

Sie bricht ab wie jemand, der im letzten Moment begreift, dass er besser alle Gefühle tief in sich verborgen hält.

Denn fast hätte sie gesagt: »... er war zu alt für mich. Ich wurde an ihn verkauft. Und davon, dass er ein guter Kommandeur war, hatte ich nichts.«

Aber was geht dies Chet Kehoe an?

Sie reiten den ganzen Tag, rasten nur zweimal kurz an Wasserstellen und schaffen an die dreißig Meilen. Jessica hält durch. Sie ist jedoch solche langen Ritte nicht gewöhnt und weiß, dass sie sich wund geritten hat.

Als dann die Nacht kommt, da erblicken sie die Lichter einer kleinen Stadt vor sich, aber wahrscheinlich ist es nur eine große Siedlung, kaum mehr als ein Dorf.

Sie gelangen auf einen Reit- und Fahrweg, zu welchem ein anderer stößt. Hier steht auch ein Wegweiser. In der Dunkelheit können sie entziffern: »Greenville, 1 Mile.«

»Na also«, knurrt einer der fünf Männer. »Das wär's endlich.«

Es ist Vance McGills Stimme, und es ist ein grimmiger Klang in ihr.

Sie reiten weiter auf die wenigen Lichter zu, kommen bald durch Felder und Äcker und erreichen schließlich die ersten Häuser.

Ja, es ist ein kleiner Ort.

Man ist wahrscheinlich schon überall mit dem Abendessen fertig und hat die kleinen Kinder zu Bett gebracht. Nun sitzt man da und dort bei Laternenschein auf der Veranda im Schaukelstuhl.

Es ist eine ruhige Nacht, wahrscheinlich die erste warme Nacht für die Jahreszeit hier im Süden, denn die Tage zuvor hat es geregnet und gestürmt.

Sie reiten im Schritt die einzige Straße entlang und erreichen ein Gasthaus, an das sich der Generalstore anschließt.

Sie halten an, sitzen ab und binden ihre Pferde an den Haltebalken.

Ein dicker Mann tritt aus der Tür auf die Veranda. Eine Laterne unter dem vorgebauten Obergeschoss verbreitet warmes und freundlich wirkendes Licht.

Der dicke Mann unter der Laterne verharrt vor dem Eingang. Er hat seine Daumen in die Westentaschen gehängt und wippt leicht.

»Aaah«, sagt er, »heimkehrende Soldaten. Wir hörten heute, dass der Krieg endlich beendet ist. General Lee musste sich ergeben. Ihr seid schon verdammt weit weg von der Virginiaarmee, nicht wahr? Seid ihr vielleicht schon vorher abgehauen?«

Die fünf Exsoldaten schweigen zu diesen Worten, aber Jessica hört ihre gepressten Atemzüge, und sie weiß, dass sie sich nur mit Mühe beherrschen.

Dann sagt Chet Kehoe ruhig: »Wir bleiben über Nacht. Die Lady bekommt ein Einzelzimmer. Wir möchten unsere Pferde versorgen und im Store einige Einkäufe machen, besonders für die Lady. Oder sind Sie für den Store nicht zuständig?«

»Doch«, erwidert der dicke Mann und wippt immer noch auf den Sohlen. »Mir gehört hier alles, fast der ganze Ort. Und ich bin auch hier der Bürgermeister. Doch in mein Hotel lasse ich keine verlausten Soldaten. Ihr habt doch alle Läuse und Flöhe. Die habe ich dann in meinen Betten. Ihr könnt in der Scheune übernachten. Habt ihr für die Einkäufe im Store überhaupt Geld? Ich meine nicht das Geld der Konföderation. Dies wird jetzt ungültig. Jetzt muss man mit Yankeedollars zahlen. Habt ihr welche?«

Die drei letzten Worte klingen gierig.

Und wieder schweigen die fünf Exsoldaten, atmen nur gepresst.

Jessica aber sagt: »Ich habe einige wertvolle Ringe an meinen Fingern. Wir werden uns gewiss einig, Mister.«

Der dicke Mann zögert.

Dann ruft er über die Schulter ins Haus hinein: »Sally, geh in die Küche und mache ein Abendessen für sechs Personen. Ich öffne noch mal den Store. Wir haben Gäste und Kunden.«

Chet Kehoe begleitet sie in den Store. Die anderen Männer bringen die Pferde in den Hof und versorgen diese.

Als im Store die beiden Karbidlampen brennen, da fragt der dicke Mann gierig: »Nun, wo sind die Ringe? Ich möchte sie erst sehen und taxieren. Zeigen Sie her, Ma'am!«

Jessica hebt die Hände. An ihren Fingern sind drei Ringe – der goldene Ehering, ein Rubin mit drei Brillanten und ein Saphir, der von einem Brillantenkranz eingerahmt wird.

Ja, es sind wertvolle Ringe. John Morgan wünschte sich, dass sie diese Ringe trug. Denn es gehörte zu seinem Stolz auf seinen Besitz, zu dem sie ja als schöne und junge Frau auch gehörte.

»Na los, her damit«, verlangt der Dicke. Und er greift nach Jessicas Händen, will ihr die Ringe von den Fingern ziehen.

Aber da hat Chet Kehoe plötzlich seinen Colt in der Hand und schlägt zu. Es ist ein erbarmungsloser Hieb, geführt von einem grimmigen und verbitterten Mann, der in den letzten Minuten schon mehr als eine Kröte schlucken musste.

Der Dicke geht zu Boden und rührt sich nicht mehr.

»Schwester«, sagte Chet Kehoe, »nun hast du die freie Wahl. Dort drüben liegt die Ware in den Regalen – und da hängen auch die Kleider und Anzüge. Ich glaube, du solltest dich gut ausrüsten. Auch wir werden das tun. Du hast ja vorhin gehört, dass alle Soldaten Läuse und Flöhe haben. Wahrscheinlich ist das auch so. Und so werden wir nicht länger mit unseren Uniformen reiten.«

Jessica sieht ihn einige Sekunden lang schweigend an.

Und sie erkennt in seinen Augen, dass Chet Kehoe jetzt entschlossen ist, sich alles zu nehmen, ohne zu bezahlen. Er will nicht, dass sie ihre kostbaren Ringe für einen lächerlichen Schätzpreis hergibt. Der Dicke hat sie als heimkehrende Soldaten schlimm beleidigt.

Sie nickt nach einigen Atemzügen. »Richtig, Chet«, spricht sie ruhig. »Ihr seid heimkehrende Soldaten, die für den Süden fünf lange Jahre alles gegeben haben, was Soldaten nur geben konnten. Und ich habe alles verloren bis auf die drei Ringe, die der Dicke da mir gewiss für einen lächerlichen Gegenwert an Waren abnehmen wollte. Wir sollten wirklich besser behandelt werden. Verdammt, wir wollen uns nicht länger herumstoßen lassen. Das muss ein Ende haben.«

»So ist es«, spricht er ruhig. »Yankeedollars wollte er haben. Woher sollten wir wohl jetzt schon Yankeedollars bekommen? Wir müssten sie uns wohl wie Banditen erbeuten – oder?«

Eine knappe Stunde später sitzen sie beim Abendessen. Die Frau des Wirtes und Storehalters bedient sie schweigend. Ihr Mann sitzt stöhnend in der Küche und kühlt sich die aufgeplatzte Beule an seinem Kopf mit einem nassen Tuch.

Einmal hören sie ihn aus der Küche rufen: »Ihr seid Banditen, verdammte Banditen! Wahrscheinlich seid ihr schon vor Kriegsende desertiert. General Lee musste kapitulieren, weil Tausende von euch Banditen ihn im Stich ließen!«

Sie hören ihn also auf diese Art seinen ganzen Frust herauskreischen.

Vance McGill sieht Chet Kehoe an und fragt: »Soll ich in die Küche gehen und ihn noch mal klein machen?«

»Bitte nicht«, sagt da die Frau, die mit der Kaffeekanne aus der Küche kommt und diese auf den Tisch stellt. »Bitte nicht. Ich weiß ja, er ist ein geldgieriger Mann, der stets viel Gewinn herausschlagen will. Lasst ihn doch brüllen. Ihr habt unser Dorf in eurer Gewalt. Er kann euch nichts tun. Niemand würde ihm helfen! Denn er ist zu allen Leuten so hart. Er hat geschworen, seine Waren nur noch gegen Yankeedollars zu verkaufen oder gegen Wertsachen zu tauschen. Das ist seine Krämerseele. Er kann nicht anders.«

Sie spricht leise und ruhig, und sie ist gewiss eine Frau, welche in dieser Ehe wie eine Sklavin geduldig alles erträgt.

Sie schweigen und essen. Manchmal richten sie ihre Blicke auf Jessica. Diese wirkt verändert. Man könnte sie in ihrem Cordanzug für einen jungen Burschen halten, dem der Anzug etwas zu groß ist. Nur ihr dunkelrotes Haar verrät sie auf den ersten Blick als Frau.

Sie hat sich aber im Store auch mit anderen Kleidungsstücken ausgerüstet, auch mit Wäsche. Sie wird dies alles in einer großen Sattelrolle und zwei prallen Packtaschen mitnehmen. Auch die fünf Männer waren nicht zimperlich und nahmen sich, was sie brauchten.

Es ist wohl so, dass sie nun Banditen wurden, wenn auch aus gewiss nicht unverständlichen Gründen.

Ja, der kleine Ort ist in ihrer Gewalt. Es gibt hier nur einige alte Männer und ein paar halbwüchsige Burschen. Alle anderen Männer dieses Ortes sind noch bei der Armee, in Gefangenschaft – oder tot.

Überall im Ort erloschen die Lichter, ist es nun dunkel.

Sie essen sich satt bis zum Platzen – jedenfalls drückt Kelso Skinner sich so aus.

Dann aber erheben sie sich. Ihre Pferde, die sie ja vor dem Abendessen schon mit gutem Futter versorgt haben, stehen vor der Tür. Denn sie wollen nicht bis zum Morgen in Greenville bleiben.

Chet Kehoe greift in die Tasche und holt einen Packen Papiergeld heraus. Es ist Konföderiertengeld. Er wirft es auf den Tisch zwischen das nun leere Geschirr. Er sieht die Frau an, die aus der Küche kam.

Kehoe sagt ruhig: »Dies ist das Geld des Südens. Vielleicht ist es doch nicht ganz wertlos, wenn die Yankees es eins zu zehn umtauschen. Tut uns leid, Ma'am. Aber wir wollen nicht ganz die Verlierer sein. Gehen wir!«

Die letzten zwei Worte klingen fast wie ein Kommando.

Wenig später reiten sie aus dem Ort.

Die gellende Stimme des Dicken ruft ihnen durch die Nacht hinterher: »Ihr verdammten Banditen! Eines Tages wird man euch hängen! Ihr verlausten Mistkerle, euer Weg wird euch von hier aus direkt in die Hölle führen!«

Sie erwidern nichts, reiten ruhig im Schritt aus dem Ort.

Erst draußen sagt Kehoe laut genug, dass sie es alle hören können: »Von unserer Sorte wird es bald Tausende geben im ganzen Süden. Und jeder von ihnen wird um sein Leben kämpfen wie ein Schwimmer in einem reißenden Strom. Ich sage euch, wenn wir schon Banditen werden sollten, dann nur im Zusammenhang mit einem ganz besonders großen Coup. Mit Hühnerfutter werden wir uns nicht begnügen!«

»Richtig«, pflichtet ihm Mitch Sloane bei.

»So soll es sein«, grollt Kelso Skinner.

»Also werden wir letztlich doch keine Verlierer bleiben«, sagt Zane McKay und lacht.

»Daheim in Texas ist gewiss alles anders«, meldet sich Vance McGills Stimme zuletzt. »He, denkt mal nach, Jungs. Die Yanks werden ihre Yankeedollars eines Tages auch in den besiegten Süden bringen müssen, schon allein deshalb, weil gewisse Spekulanten den halben Süden für einen Apfel und ein Ei aufzukaufen versuchen werden. Solch einen Geldtransport müssten wir erwischen. Dann kämen wir letztlich doch noch zu einem Sieg über die Yanks – oder?«

Sie brummen und knurren Zustimmung.

Mitch Sloane sagt für alle: »Ja, das wäre was. Das könnte uns mächtig gefallen, nicht wahr?«

Am 27. April 1865 erreichen sie bei einer kleinen Stadt endlich den Mississippi.

Eine Fähre verkehrt hier.

Sie halten am Ufer.

Mitch fragt: »Ist dort drüben Louisiana oder Arkansas? Weiß das einer?«

Sie überlegen.

Dann können sie auf der Fähre, welche von der anderen Seite kommt, den Namen Arkansas Queen lesen.

»Also Arkansas«, murrt Skinner. »Ich hätte gedacht, wir wären weiter südlich. Na gut, es ist mir wurscht, ob ich durch Arkansas oder Louisiana nach Texas reite, es ist mir wirklich und wahrhaftig scheißegal.«

Er verstummt grimmig.

Dann blicken sie zu den Häusern der kleinen Stadt. Es sind nur noch wenige Dutzend Yards bis dorthin, auch bis zur Landebrücke.

Ihre Blicke richten sich nun auf Jessica.

Es sind fragende Blicke.

Und so schluckt sie erst einige Male mühsam und sagt schließlich: »Nun trennen sich unsere Wege. Ihr wart wirklich wie gute Brüder zu mir. Ich danke euch. Doch ich denke, ich kann jetzt hier am großen Strom selbst für mich sorgen. Hier werde ich für meine Ringe einen besseren Gegenwert bekommen als in Greenville. Ich werde mich als Lady ausstatten und mir an Bord eines Saloondampfers einen reichen Yankee suchen, den ich ausplündern kann. Lebt wohl, meine Freunde. Es tat gut, mit euch zu reiten! Aber von nun an braucht ihr euch nicht mehr um mich zu kümmern. Denn ich werde es leichter haben als ihr. Ich kann als schöne Lady gewiss reiche Beute machen, und es muss ja nicht sofort sein. Für meine Ringe bekomme ich mehr als nur tausend Dollar. Soll ich mit euch teilen?«

Sie begreifen, dass ihr Angebot ernst gemeint ist.

Aber sie schütteln wie auf Kommando die Köpfe.

»Viel Glück«, spricht Chet Kehoe für alle.

»Dann lasst mir einen Vorsprung von einer halben Stunde«, verlangt sie. »Ich möchte hier als schutzbedürftige Witwe auftreten, die mit knapper Not ihren wild gewordenen Sklaven entkommen konnte.«

Mit diesen Worten reitet sie an.

Die fünf Reiter blicken ihr wortlos nach.

Dann murmelt Kelso Skinner: »Und jeder von uns hätte sie gerne unter seiner Decke gehabt, nicht wahr? Wir haben nicht mal genug Geld für einen Bordellbesuch. Ob die Mädchen im Hurenhaus jetzt auch nur Yankeedollars nehmen?«

Sie brummen nur grimmig als Antwort. Dann sitzen sie ab und sehen Jessica in die Stadt reiten. Wenig später legt die Fähre an.

Chet sagt: »Wir haben nicht mehr genügend Geld für die Fähre. Oder traut ihr euch zu, mit euren Pferden hinüberzuschwimmen? Ha, der Strom ist hier fast eine Meile breit. Wir müssen Geld beschaffen. Glaubt ihr, dass wir für das überzählige Pferd mehr als zwanzig Dollar bekommen?«

Sie schweigen eine Weile nach Chets Worten.

Dann grinst der blonde, etwas schrägäugige Zane McKay und sagt: »Wenn wir unser überzähliges Pferd verkauft haben, werde ich in einer Spielhalle den Verkaufserlös verzehnfachen, das verspreche ich euch. Ihr wisst doch alle, dass ich beim Black Jack nicht zu schlagen bin. Habe ich euch nicht oft genug den ganzen Monatssold abgenommen, hahaha?«

»Weil wir dir deine Kartenkunststücke nicht übel nahmen«, grollt Vance McGill, dem man ansieht, dass er zumindest zu einem Achtel ein Comanche ist, wenn nicht gar zu einem Viertel.

Zane McKay will zornig protestieren, doch Kelso Skinner sagt schnell: »Da verschwindet unser Augenstern in der Stadt. Ob sie Glück haben wird?«

Sie alle blicken zu den Häusern hinüber. Sie können ein langes Stück die Straße am Fluss entlang sehen bis zu einer leichten Biegung. Es ist noch früher Mittag.

Mitch Sloane sagt böse: »Wir sollten einen reichen Yankee ausplündern und dann höllisch schnell nach Texas verschwinden. Na, los, reiten wir in die Stadt und sehen wir uns um. Ich wette, die ersten Yanks sind schon da. Denn die waren in den Expresskutschen schneller als wir. Los, suchen wir uns einen reichen Yankee, der mit seinen Dollars unterwegs ist, um den armen Süden aufzukaufen.«

Sie grinsen nun allesamt, aber wahrscheinlich nehmen sie Mitch Sloanes Worte nicht besonders ernst.

»Ja, das wäre etwas«, lacht Kelso.

Dann reiten sie in die Stadt und sie sehen durchaus nicht wie Satteltramps aus. Denn sie haben sich ja gut eingekleidet für Konföderiertengeld. Man sieht ihnen nicht an, wie sehr sie auf Beute aus sind, sondern traut ihnen zu, dass sie mehr als nur ein paar Dollars in der Tasche haben.

Auch Jessica reitet in die kleine Stadt am großen Mississippi, die Hope heißt, was ja Hoffnung bedeutet. Auch sie will Beute machen. Dazu ist sie fest entschlossen, denn schließlich hat sie alles verloren, konnte nur das nackte Leben retten.

Ihrer Meinung nach ist das Schicksal ihr nun eine Menge schuldig.