G. F. Unger 2185 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2185 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Major Terz Bridger kommt im frühen Morgengrauen, denn die Ungeduld, zu seinem Kommando zu gelangen, ließ ihn die ganze Nacht reiten. Seine sechs Kavalleristen, die ihn als Eskorte begleiten, sind erschöpft, und auch die Pferde sind am Ende ihrer Kräfte.
Nur dem Major sieht man keine Müdigkeit und keine Erschöpfung an. Das ist unglaublich und wie ein Wunder. Denn Major Terz Bridger war bis vor zwei Wochen nicht das, was man einen Truppenoffizier nennt. Vielmehr hat er seine Jahre damit verbracht, Vorschriften und Leit- und Richtlinien zu verfassen, zum Beispiel darüber, wie ein Soldat der Unionsarmee die Knöpfe an seine Unterhose anzunähen hat, wie man im Feld am besten Kaffee kocht und wie man in primitiven Unterkünften Ordnung und Sauberkeit hält.
Dass er nun hier mit einer kleinen Eskorte vor den Palisaden von Camp Powder River auftaucht, hat nichts damit zu tun, dass er nun höchst persönlich nachprüfen will, ob seine vielen Ratschläge, Richtlinien und Vorschriften auch praktisch befolgt werden! Nein! Major Terz Bridger ist aus einem anderen Grund hier aufgetaucht ...


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Seitenzahl: 164

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

Powder-River- Patrouille

Vorschau

Impressum

Powder-River-Patrouille

Major Terz Bridger kommt im frühen Morgengrauen, denn die Ungeduld, zu seinem Kommando zu gelangen, ließ ihn die ganze Nacht reiten. Seine sechs Kavalleristen, die ihn als Eskorte begleiten, sind erschöpft, und auch die Pferde sind am Ende ihrer Kräfte.

Nur dem Major sieht man keine Müdigkeit und keine Erschöpfung an. Das ist unglaublich und wie ein Wunder. Denn Major Terz Bridger war bis vor zwei Wochen nicht das, was man einen Truppenoffizier nennt. Vielmehr hat er seine Jahre damit verbracht, Vorschriften und Leit- und Richtlinien zu verfassen, zum Beispiel darüber, wie ein Soldat der Unionsarmee die Knöpfe an seine Unterhose anzunähen hat, wie man im Feld am besten Kaffee kocht und wie man in primitiven Unterkünften Ordnung und Sauberkeit hält.

Dass er nun hier mit einer kleinen Eskorte vor den Palisaden von Camp Powder River auftaucht, hat nichts damit zu tun, dass er höchst persönlich nachprüfen will, ob seine vielen Ratschläge, Richtlinien und Vorschriften auch praktisch befolgt werden! Nein! Major Terz Bridger ist aus einem anderen Grund hier ...

Bevor Major Terz Bridger zum Colonel befördert werden kann, muss er als Truppenoffizier praktischen Dienst geleistet haben. Und deshalb wurde er für drei Monate zum Kommandeur von Camp Powder River ernannt, einem kleinen Armeestützpunkt im Indianerland.

Er kommt mit dem zähen und rastlosen Ehrgeiz eines Mannes, der jede ihm gestellte Aufgabe so ernst nimmt, dass es sonst nichts anderes auf der Welt für ihn gibt.

Corporal Mike Mayflower lässt die Wache heraustreten und das Palisadentor öffnen. Und noch bevor er melden kann, sagt der Major vom Pferd zu ihm nieder: »Sind Sie ein richtiger Corporal der Unionsarmee, Mann?«

»Das bin ich, Sir«, erwidert Corporal Mike Mayflower und wittert für sich eine Menge Verdruss. Ein bitteres Gefühl durchströmt ihn, und er denkt mürrisch: Dieser geschniegelte Affe, was will er hier? Ein Major mit Eichenblättern! Und er kommt hier vor Sonnenaufgang an! Du lieber Vater im Himmel, wer hat ihn hergeschickt, und was will er hier? Was will ein Major wie dieser da in diesem lausigen Camp und im Indianerland? Welches Wunder ist geschehen, dass er mit seinen sechs Knaben unbehelligt und ohne Sioux-Haarschnitt zu uns gelangen konnte?

Dies also denkt Corporal Mike Mayflower, dessen Vorfahren damals mit dem Schiff Mayflower in die Neue Welt kamen und darauf ihren Namen änderten.

Und indes der Corporal aus Kentucky dies denkt, hört er den Major sagen: »Sie sind also ein richtiger Soldat! Ein Corporal sogar! Sie sind der Corporal der Wache! Hm, ich bemerke sieben Nachlässigkeiten an Ihnen! Sie sind nicht rasiert. Ihr zweiter Knopf hängt nur noch an zwei losen Fäden. Ihre Hose ist fleckig. Das Halstuch benutzen Sie anscheinend als Lappen zur Stiefelreinigung. Sie tragen einen Ring – einen richtigen Schmuckring! – am linken Kleinfinger. Ihre Haltung ist schlecht. Und ich musste siebenundzwanzig Sekunden warten, bis das Tor geöffnet wurde. Corporal, ich bestrafe Sie mit sieben Stunden Strafdienst. Melden Sie dies Ihrem Kompanieoffizier!«

»Yes, Sir«, sagte Corporal Mike Mayflower schwer.

Und dann sieht er wortlos und bewegungslos zu, wie der Major vom Pferd aus die angetretene Wache mustert und binnen einer Minute insgesamt dreißig Stunden Strafdienst verhängt.

Inzwischen ist Lieutenant Emmet Lamm von seinem Quartier her eingetroffen und meldet sich als Offizier vom Dienst.

Terz Bridger legt dankend die Hand an die Krempe seines Feldhutes und schnarrt: »Ich bin der neue Kommandeur! Mein Name ist Terz Bridger, Major Terz Bridger! Und ich habe schon viel darüber gehört, dass im Indianerland und in diesen kleinen Forts nicht nur das Äußere einer Truppe leidet und die Soldaten mehr oder weniger nachlässig in Kleidung und Auftreten werden. Ich werde diese Dinge nicht dulden. Soldaten sind keine Grenzläufer, Büffeljäger oder irgendwelche anderen Zivilisten. Lieutenant, sehen Sie sich die Soldaten meiner Eskorte an! Ich wünsche, dass alle Soldaten in diesem Fort einen solchen Eindruck machen. Oder man wird mich fürchten lernen!«

»Yes, Sir«, sagt Lieutenant Emmet Lamm und grüßt. Er wirkt sehr ausdruckslos und unpersönlich. Und er ist kein junger Lieutenant, sondern ein einstiger Sergeant, ein Mann, der achtzehn Jahre als Mannschaftsdienstgrad diente, bevor er wegen außergewöhnlicher Leistungen Lieutenant wurde.

Er ist etwa vierzig Jahre alt, und er ist schon grauhaarig. Er ist falkenäugig, groß, hager, knochig und wirkt sehr hart. In seinem hageren Gesicht sind tiefe Linien.

Der Major betrachtet ihn einige Sekunden, und gewiss spürt dieser Terz Bridger jetzt etwas von der einsamen Verschlossenheit dieses Mannes, von seiner Härte, die fast unvorstellbar ist, und von seiner duldenden Genügsamkeit, Selbstlosigkeit und Treue gegenüber der Armee.

Der Lieutenant blickt ruhig zum Major empor, der auf einem edlen Vollblut im Sattel sitzt, grüßt sorgfältig und sagt: »Yes, Sir!«

Der Major wirkt plötzlich wie ein vorsichtiger Terrier, der bisher Mäuse und Hasen jagte und sich nun einem erfahrenen Wildkater gegenüber befindet.

»Darf ich Ihnen die Kommandantur und das Quartier des Kommandeurs zeigen?«, fragt Emmet Lamm. »Und ich werde Captain Percy Wood wecken lassen, der bisher dieses Camp kommandierte.«

»Ich möchte den Captain und alle anderen Offiziere in fünf Minuten sehen«, sagt der Major scharf.

Zwei Minuten später wirft Emmet Lamm seinen Captain aus dem Bett, und das ist buchstäblich gemeint. Er reißt den betrunkenen Offizier vom Lager, und als der Captain dann auf dem hartgestampften Erdboden liegt, leert der Lieutenant langsam einen vollen Eimer Wasser über dem Gesicht des Betrunkenen.

Der Captain beginnt wild zu fluchen, zuerst wirr und trunken, dann jedoch, mit zunehmender Verstandestätigkeit, bewusster. Er setzt sich auf, starrt zu dem um zehn Jahre älteren Lieutenant empor und sagt mit böser Wut: »Emmet, dafür lasse ich dich einsperren und ...«

»Der neue Kommandeur ist da, Sir«, unterbricht ihn der Lieutenant. »Und es ist ein Major, der genau nach den Vorschriften und Leitfäden lebt. Es ist Major Terz Bridger, und ich habe schon von ihm gehört. Wenn Sie in zwei Minuten nicht bei ihm in der Kommandantur sind, kommt er her. Ich glaube nicht, Percy, dass Ihnen das gefallen würde. Wenn Sie nicht mit dem Trinken aufhören, ist Major Terz Bridger genau der richtige Mann, der Ihnen in dieser Armee das Genick bricht.«

»Zum Teufel mit der gesamten Armee!«, keucht der Captain. »Zum Teufel damit! Ich frage mich jeden Tag, warum ich überhaupt noch bei der Armee bin! Ich hasse sie! Ich hasse und verabscheue diese Armee! Ich spucke jeden Tag auf sie nieder ...«

Und er spuckt wahrhaftig.

Dann erhebt er sich und schwankt zum Waschtisch in der Ecke. Es ist ein Offizierswaschtisch, und dieses Modell wurde einmal von Major Terz Bridger entworfen und vorgeschlagen.

Captain Percy Wood steckt seinen Kopf in die Waschschüssel und schnaubt im Wasser. Der Lieutenant steht bei der Tür und betrachtet seinen jüngeren Vorgesetzten.

Es ist ein mitleidiger Blick.

Aber es ist keine Verachtung in diesem Blick. Nein!

Dann geht der Lieutenant.

An der Ecke, um die er biegen muss, wenn er zu den Ställen will, trifft er auf zwei Sergeants.

Er lässt sie gar nicht zu Wort kommen, sondern sagt knapp: »Wenn euch der neue Kommandeur so unrasiert und unordentlich sieht, dann sperrt er euch ein oder brummt euch Strafdienst auf. Ich wette, er wird das ganze Camp inspizieren wie eine Schreibstube. Und er wird nicht danach fragen, dass in diesem Fort die schlechtesten Soldaten der ganzen Armee vereinigt sind.«

Nach diesen Worten geht der Lieutenant weiter.

Die beiden Sergeants blicken ihm nach.

Der bullige, braunhaarige Master Sergeant Ambrose Sullivan reibt sich sein stoppelbärtiges Kinn. Er ist ohne Hut oder Feldmütze, denn sein Kopf ist verbunden.

»Das war ja zu erwarten«, brummt er. »Dass die Armee gerade nach Camp Powder River einen besonders scharfen Kommandeur senden würde, war zu erwarten. Denn wir sind ein zusammengewürfelter Haufen. Ein Dutzend Kommandeure, die selbst alle knapp an Männern waren, mussten für dieses Kommando Leute abstellen. Und fürwahr, jeder Kommandeur zwischen Laramie und der Mexikogrenze hat die Gelegenheit wahrgenommen, um auf diese Art die eigene Truppe zu säubern. Wir haben die schlimmsten Burschen, die störrischsten, trotzigsten, widersetzlichsten und die faulsten, gemeinsten, schlechtesten und verdorbensten Soldaten der Armee hier versammelt. Und nun schickt man einen scharfen Hund her, der uns alle richtig auf Vordermann bringen soll. Ich sehe bittere Zeiten kommen. He, Les, was siehst du eigentlich?«

Sein Nachbar, der Sergeant Les Wells, grinst wortlos. Les Wells ist groß, hager und knochig wie ein wintermagerer Gaul. Und sein Gesicht ist sehr lang und kummervoll. Er wackelt mit den Ohren und sagt dann: »Und wie ist es mit uns, Amb? Sind wir vielleicht tüchtige Sergeants? Mein Kommandeur schob mich ab, weil ich den Männern meines Zuges stets beim Pokern den Sold abnahm, weil ich ...«

Weiter kommt er nicht. Denn drüben aus der Kommandanturblockhütte tritt nun der Hornist und bläst.

Es ist das Signal zum Satteln, also nicht das übliche Wecksignal. Das Signal zum Satteln jedoch bedeutet, dass jeder Kavallerist nicht nur sein Pferd zu satteln hat.

Dieses Signal besagt nicht mehr und nicht weniger, als dass jeder Reiter zum Ausritt fertig mit seinem Pferd und mit voller Ausrüstung anzutreten hat.

»Oh, er fängt schon damit an, all diese Burschen hier flink zu machen«, seufzt Sergeant Les Wells und folgt Master Sergeant Ambrose Sullivan.

Zehn Minuten später ist der letzte Reiter mit seinem Pferd zur Stelle, und der Major vor der Kommandantur steckt seine Uhr weg, die er seit Verklingen der Trompete in der Hand gehalten hat.

Er wendet sich an die beiden Offiziere hinter sich, und er betrachtet den nun ziemlich nüchternen Captain scharf.

»Eine lange Zeit«, sagt er. »Volle zehn Minuten! Und ich kann schon von hier aus erkennen, dass keine Uniform vorschriftsmäßig gepflegt und in Ordnung ist, dass kein Reiter seine Ausrüstung richtig verpackt und festgeschnallt hat und dass die Pferde so ungepflegt sind wie Indianergäule. Meine Herren, Sie verrichten ab sofort täglich zwanzig Stunden Dienst. Bringen Sie mir die Abteilung auf Vordermann! Ich werde in drei Tagen inspizieren. Bevor Sie mit dem Dienst anfangen, führen Sie das ganze Kommando hundert Mal um Camp Powder River herum. Es wird marschiert und gesungen. Die Pferde werden geführt. Es gibt keine Rast, keine Pause! Und ich gebe Ihnen acht Stunden Zeit. Vorwärts, meine Herren! Der Dienst beginnt!«

Captain Percy Wood starrt ihn an, und sein einst schmales und falkenscharfes und nun vom Alkohol schon etwas aufgeschwemmtes Gesicht verzerrt sich. Es sieht so aus, als würde er dem Major vor die Füße spucken wollen. Denn er holt tief Luft und räuspert sich.

Neben ihm grüßt der grauhaarige Lieutenant jedoch und sagt: »Yes, Sir!« In seiner Stimme liegt eine besondere Betonung, und der Captain zuckt leicht zusammen, grüßt ebenfalls und stößt heiser hervor: »Die Männer haben noch nicht ...«

»Es ist mir gleich, was die Männer noch nicht haben«, unterbricht ihn der Major.

»Yes, Sir«, sagt da auch der Captain.

»Sie gehen der Truppe natürlich mit gutem Beispiel voran und marschieren ebenfalls«, sagt der Major, wendet sich ab und tritt in die Kommandantur zurück.

Hier betrachtet er den Schreiber, der steif hinter einem Schreibtisch, den man aus Kistenbrettern machte, steht und das Kinn angezogen hat, so als hätte er einen Krampf.

»Wenn Sie hier Schreiber bleiben wollen«, sagt der Major, »dann verlange ich Offenheit von Ihnen. Wissen Sie, was ich meine?«

Hal Smith, so heißt der Corporal und Schreiber, dient schon lange in der Armee. Oh, er weiß genau, was dieser Major meint.

»Yes, Sir«, sagt er mit Ernst und jener Bereitwilligkeit, die selbstherrliche Vorgesetzte so gern an Untergebenen spüren.

»Sie verfassen jeden Tag einen schriftlichen Bericht über alle Dinge, die im Fort und innerhalb der Truppe vorgehen, besprochen werden oder hinter meinem Rücken stattfinden«, sagt der Major. Er tritt näher an den Corporal heran und zerrt an dessen Knöpfen. Doch diese erweisen sich als fest angenäht.

»Ich bin allein hier, Mann«, sagt der Major. »Ich bin hier, um aus einem zusammengewürfelten Haufen, den andere Kommandeure aus ihren schlechtesten Soldaten zusammenwarfen, eine ordentliche Einheit zu machen. Und ich brauche einen Zuträger, jawohl, einen Zuträger, einen lauschenden und schleichenden Spitzel! Das ist wohl der richtige Vergleich. Ich brauche also eine kleine Ratte, die mir alles berichtet und die alles verrät. Sie sind mein Mann, Corporal. Und wenn Sie mich enttäuschen sollten in meinen Erwartungen, dann sind Sie erledigt. Denn ich bin hier auf fünfhundert Meilen in der Runde so mächtig wie ...«

Er verstummt, denn ihm wird noch rechtzeitig klar, dass er jetzt beinahe eine Gotteslästerung begangen hätte.

Er geht langsam in sein Zimmer hinein und wirft die Tür zu. Hal Smith, der Schreiberling, aber atmet langsam aus, und ihm wird nun sehr heiß, so heiß, dass auf seiner Stirn Schweißtropfen erscheinen. Und dann erschauert er.

Dieser gemeine Schuft, denkt er. Ein Offizier ist das? Was für ein Offizier? Er arbeitet mit Spitzeln und Zuträgern! Und ich soll für ihn den schleichenden Judas machen! Du lieber Gott, ich war nie ein besonders guter Bursche! Ich habe stets nur an mich gedacht, und es gibt viele Dinge in meinem Leben, die ...

Er bricht den Gedankengang ab, wischt sich über das schwitzende Gesicht und murmelt dann heiser: »Ich war schon immer ein Feigling. Deshalb setzte ich stets alles daran, Schreiber zu werden. Ich wollte nie mit auf Patrouille reiten müssen und nie Wagenzüge eskortieren und nie mit diesen roten Heiden kämpfen, die jedem Weißen den Hals abschneiden und noch schlimmere Dinge tun. Und wenn ich diesem Major keine Hilfe in dieser schmutzigen und gemeinen Weise bin, wenn ich ihm kein nützlicher Zuträger bin, nun, dann wird er mich bestimmt beim nächsten gefährlichen Ritt mitschicken. Dort hinaus, in dieses gnadenlose Land, zu den Sioux wird er mich schicken!«

Er erschauert wieder. Und er weiß, dass er alles daransetzen wird, hier auf dieser Schreibstube zu bleiben.

Das Kommando marschiert Runde um Runde, und eine Runde um das befestigte Camp beträgt etwa fünfhundert Yards. Da das Kommando hundert Mal diese Runde marschieren soll, konnte sich inzwischen auch der dümmste Mann der marschierenden Abteilung ausrechnen, dass dies heute ein sehr langer und in seiner Langweiligkeit tötender Marsch werden wird, nämlich: die gute Tagesleistung einer Infanterieabteilung.

Und dies hier ist Kavallerie! Sie tragen keine Infanteriestiefel. Ihre Stiefel sind langschäftiger und hochhackiger. Und sie müssen ihre Pferde führen.

Es wird ein heißer Tag, und es ist der 22. Juli 1870 in Wyoming am Powder River.

Sie marschieren: ein Captain, ein Lieutenant, fünf Sergeants, zehn Corporals und neunundneunzig Reiter. Sie sind eine zusammengewürfelte Einheit, die aus den unzuverlässigsten und schlechtesten Soldaten vieler Regimenter besteht. Diese Burschen dort waren einst Viehdiebe, Pferdediebe, Satteltramps, Säufer, Kundenfänger, Marktschreier, Eseltreiber, Bahnarbeiter und was man sich überhaupt denken kann.

Ihre letzte Rettung war die Armee, denn hier gab es Unterkunft und Essen. Sie sind eine unter sich selbst und zueinander gemeine und verlotterte Bande. Und sie hatten bis jetzt Glück, dass ihr kommandierender Offizier ein Säufer ist, der sich um nichts kümmerte und alles einem schweigsamen und undurchschaubaren Lieutenant überließ, der nur die notwendigsten Dinge anordnete und der sonst gleichgültig und abwartend wirkte.

Doch jetzt ist ihr Glück in dieser Beziehung am Ende angelangt.

Je länger sie marschieren, ihren eigenen Staub schlucken und der beißende Schweiß ihre Körper unter der Kleidung dampfen lässt, desto stärker wird ihre böse Wut auf den Major.

Es werden fast ständig Flüche und Verwünschungen ausgestoßen, ja, sogar Drohungen sind zu hören!

Der Major schläft vier Stunden auf dem ziemlich harten Lager in der Kammer neben seinem Dienstzimmer.

Als er rasiert und nach parfümierter Seife duftend ins Vorzimmer tritt, spritzt der Schreiber vom Sessel, schnarrt seine Meldung herunter und reicht dem Major einige beschriebene Blätter.

»Sir, ich habe einige wissenswerte Dinge niedergeschrieben«, sagt er. »Da der Herr Major noch keinen seiner Männer und ...«

»Schon gut, Corporal Smith«, unterbricht ihn der Major. Er nimmt die beschriebenen Blätter, steckt sie in die Innentasche seines Uniformrockes, knöpft diesen sorgfältig wieder zu, streicht ihn glatt und tritt hinaus.

Von der Veranda der Kommandantur betrachtet er das Camp.

Es ist noch kein Fort. Es ist ein befestigtes Camp, und es ist sehr kümmerlich befestigt. Es sind einige Erdwälle vorhanden, einige Bauholzstapel, die als Barrikaden dienen könnten, und es gibt einige Ställe, Schuppen, das Arresthaus, die Küche, das Lazarett, Werkstätten, eine lange Mannschaftsbaracke, einige Zeltreihen und die Marketenderei mit der Kantine. Diese Kantine ist ein fester Bau, ein richtiger Saloon wie in einer kleinen Rinderstadt oder einem Eisenbahnbaucamp.

Dies alles ist im Geviert um den Paradeplatz aufgebaut und von den ersten Anfängen von Palisaden umgeben. Wo keine Palisaden, Erdwälle oder Barrikaden sind, hat man die Bagagewagen aufgefahren.

Es ist fürwahr ein recht kümmerlich befestigtes Camp. Und anstatt die Abteilung zur Strafe stundenlang ums Camp marschieren zu lassen, sollten die Männer besser harte Arbeit leisten.

Der Major begreift das. Doch er widerruft seinen Befehl nicht. Im Gegenteil, er geht straff und drahtig über den Platz, tritt durch das offene Tor ins Freie und beachtet die herausgetretene Wache nicht. Er blickt auf die Abteilung, die nun an ihm vorbeimarschieren muss. Er betrachtet den Captain, der am Ende seiner Kraft ist und der schwankt und hinkt, der schweißgebadet ist und dessen Gesicht dunkelrot und angeschwollen die ganze Not eines Trinkers verrät, der zu körperlichen Anstrengungen nicht mehr fähig ist.

Der Major betrachtet den grauen Lieutenant, und er sieht ihn leicht, hager und kühl. Er sieht einen harten und kühlen Mann mühelos marschieren, ohne zu schwitzen, ohne eine Spur von Müdigkeit. Ihre Blicke treffen sich eine Sekunde, und der Blick des grauen Lieutenants ist unpersönlich, fast gleichgültig. Es ist nichts in diesen rauchgrauen Augen zu erkennen.

Die Sergeants schwitzen und stolpern vor ihren Zügen her. Und die Soldaten marschieren mit sichtbarem Groll, der wie eine Wolke deutlich spürbar über der Kolonne hängt.

»Abteilung, halt!«, kommandiert der Major.

Sie halten an, und ihre Pferde verharren ebenfalls willig.

»Ich möchte«, verkündet der Major, »dass meine Truppe freudig und straff marschiert. Deshalb möchte ich stets ein Lied hören. Es sind noch siebenundvierzig Runden zu marschieren, freudig und singend! Abteilung – marsch!«

Sie marschieren wieder los. Und nun stimmen sie ein Lied an. Zwischen den rauen Stimmen, die ein ziemlich ordinäres Lied singen, klingt ein wilder Fluch, und dann vernimmt der Major die schrillen Worte: »Er soll uns ...«

Nun, dieser Wunsch ist international und wurde schon von den alten Landsknechten benutzt, um sich Luft zu machen.

Auch der Major hört es durch den Gesang.

In seinem Gesicht bewegt sich kein Muskel. Er wendet sich um und tritt ins Fort zurück.

Drüben vor der Kantine sitzen einige Zivilisten im Schatten. Es sind Büffeljäger, Scouts und Grenzer, Fuhrleute und der Marketender und Kantinenwirt Pete White. Sie sitzen an einem großen Tisch, der einstmals ein Wagenboden war.

Major Terz Bridgers blaue und stets energisch sprühende Augen werden schmal, als er nun eine Frau erblickt. Sie ist selbst auf diese Entfernung als schön und reizvoll zu erkennen. Sie bringt gefüllte Bierkrüge heraus und stellt sie vor den Männern auf den Tisch. An der Art, wie sie sich bewegt und wie sie die Hüften schwingt, erkennt der Major, dass dieses Mädchen dort drüben ganz genau weiß, wie sie auf Männer wirkt und dass sie auch daran gewöhnt ist, unter Männern zu sein.

Sie ist nun mit dem Bedienen fertig und lehnt sich neben der Tür an die Wand. Sie späht über den Paradeplatz, und nun weiß der Major, dass sie ihn bemerkt hat und betrachtet. Er geht forsch auf seine schnelle und terrierhafte Art hinüber. Die Männer am Tisch blicken ihn an, und er spürt, wie sie ihn abschätzen.

Einer der Männer erhebt sich und tritt zu ihm. Es ist ein untersetzter und gewiss sehr starker Mann. Aber er trägt ein Holzbein, und seine linke Gesichtshälfte ist von einem Säbelhieb zerhackt. Er ist nicht mehr jung.