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G. F. Unger 2186 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Als damals in den heutigen USA der Bürgerkrieg ausbrach, gerieten die Grenzstaaten Missouri und Kentucky zwischen die gegnerischen Parteien. Es bildeten sich auf beiden Seiten Guerillabanden, die furchtbare Gräuel und Massaker anrichteten. Sie waren nichts anderes als Banditen, Mörder und Brandstifter, die vor allen Dingen Beute machen wollten.
Dennoch bedienten sich die beiden kriegsführenden Parteien ihrer Hilfe. Denn in jedem Krieg auf unserer Erde gehen Ehre, Moral und Recht zum Teufel. Einer der schlimmsten und mörderischsten Guerillaführer war William Clark Quantrill, ein ehemaliger Lehrer in der Stadt Paola in Kansas.
William Clark Quantrill wurde von der Regierung der Südstaaten offiziell als Guerillaführer anerkannt und gab sich selbst den Rang eines Colonels.
Sein Gegenspieler auf der Seite der Union war der ehemalige Arzt Dr. Charles R. Jennison, dessen Bande rote Hosen trug, sodass man dieses Corps »Red Legs«, also Rotbeine, nannte.
Außer diesen beiden berüchtigsten Guerillabanden gab es noch viele kleinere.
Jene, die auf Seiten der Union kämpften, fielen nach dem Krieg unter die Amnestie, wurden also begnadigt, die Guerillas der Südstaaten aber wurden von der Union gejagt, waren ständig auf der Flucht und hinterließen abermals blutige Fährten.
Dies ist die Geschichte einer solchen Bande.


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Seitenzahl: 154

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

Fährte der Wölfe

Vorschau

Impressum

Fährte der Wölfe

Als damals in den heutigen USA der Bürgerkrieg ausbrach, gerieten die Grenzstaaten Missouri und Kentucky zwischen die gegnerischen Parteien. Es bildeten sich auf beiden Seiten Guerillabanden, die furchtbare Gräuel und Massaker anrichteten. Sie waren nichts anderes als Banditen, Mörder und Brandstifter, die vor allen Dingen Beute machen wollten.

Dennoch bedienten sich die beiden kriegsführenden Parteien ihrer Hilfe. Denn in jedem Krieg auf unserer Erde gehen Ehre, Moral und Recht zum Teufel. Einer der schlimmsten und mörderischsten Guerillaführer war William Clark Quantrill, ein ehemaliger Lehrer in der Stadt Paola in Kansas.

William Clark Quantrill wurde von der Regierung der Südstaaten offiziell als Guerillaführer anerkannt und gab sich selbst den Rang eines Colonels.

Sein Gegenspieler auf der Seite der Union war der ehemalige Arzt Dr. Charles R. Jennison, dessen Bande rote Hosen trug, sodass man dieses Corps »Red Legs«, also Rotbeine, nannte.

Außer diesen beiden berüchtigsten Guerillabanden gab es noch viele kleinere.

Jene, die auf Seiten der Union kämpften, fielen nach dem Krieg unter die Amnestie, wurden also begnadigt, die Guerillas der Südstaaten aber wurden von der Union gejagt, waren ständig auf der Flucht und hinterließen abermals blutige Fährten.

Dies ist die Geschichte einer solchen Bande.

Sie haben Bill Landers in die Stadt geschickt und warten nun auf seine Rückkehr mit den neuesten Nachrichten.

Denn bisher wissen sie nur, dass der Krieg zwischen Nord und Süd beendet ist, weil General Lee bei Appomattox Court House in Virginia mit 28000 Mann vor General Grant die Waffen streckte.

Das war am 9. April 1865.

Jetzt ist es schon Sommer, und sie wissen immer noch nicht, was aus ihnen werden soll, ob sie unter die Amnestie fallen oder ob man sie als Mörderbande zur Verantwortung ziehen wird.

Denn sie sind die berüchtigten und gefürchteten Tennessee-Wölfe, eine Guerillabande, die für den Süden kämpfte und manchmal mit Quantrills Corps ritt, zum Beispiel damals, als sie mit mehr als zweihundert Mann die Stadt Independence angriffen, die Stadt einen halben Tag besetzt hielten und sie ausplünderten, bis sie endlich von einer Nordstaatentruppe unter Colonel Burroughs vertrieben wurden.

Das geschah am 11. August 1862, aber jetzt ist es Sommer 1865, und sie alle machen sich Sorgen um ihre Hälse.

Deshalb warten sie in einem verborgenen Camp sehnsüchtig auf die Rückkehr von Bill Landers.

Dieser ist ein unscheinbar wirkender Junge, dem man nicht ansieht, dass er schon getötet hat und andere schreckliche Dinge verübte. Die Leute in der kleinen Stadt werden ihn für einen dieser Satteltramps halten, die der Krieg heimatlos machte und die nun umherstreifen und nach einer Chance suchen.

Sie sind in diesem verborgenen Camp nicht mehr viele, kaum mehr als drei Dutzend. Ihre Guerillabande war nie so stark wie die von Quantrill.

Doch ihr Ruf war schrecklich. Man nannte sie auch Blutwölfe.

Ihre Anführer sind vier Brüder, nämlich Bud, John, Jesse und Jake Johnstone. Doch der eigentliche Anführer ist Onkel Herb Johnstone.

Sie müssen in ihrem Camp fast drei Tage warten und beginnen zu hungern, weil ihre Vorräte aufgebraucht sind und sie nicht zu jagen wagen. Auch wollen sie im Umkreis ihres Camps keine Spuren hinterlassen.

Es ist dann am Abend des dritten Tages, als Bill Landers endlich zurückkommt.

Er wirkt tatsächlich armselig, hat auf dem alten Pferd nicht mal einen Sattel. Niemand würde auf die Idee kommen, dass er einer der Tennessee-Wölfe sein könnte, welche überall nur Schrecken und Hass erzeugten.

Er bleibt noch auf dem Pferd sitzen, indes sie sich um ihn und das Tier versammeln, einen Kreis bilden.

»Na los, spuck's schon aus«, verlangt eine heisere Stimme.

Bill Landers verzieht sein sommersprossiges Gesicht. Er trägt alte Stiefel, deren Sohlen er festbinden musste, weil er sie sonst verloren hätte.

Er greift unter seine schmutzige und abgetragene Jacke und holt ein Papier hervor.

Und weil er stolz darauf ist, lesen und schreiben zu können, beginnt er vorzulesen:

»An alle Guerillarebellen, die für die Konföderation kämpften! Der Krieg ist vorbei! Stellt euch den Militärbefehlshabern der Union. Es wird euch Gerechtigkeit widerfahren!

O'Connor, Colonel«

Nachdem Bill Landers das vorgelesen hat, lässt er das Blatt achtlos fallen. Aber es wird aufgefangen und geht von Hand zu Hand.

Alle, die lesen können, überzeugen sich, dass Bill Landers richtig vorgelesen hat.

Dann herrscht eine Weile Schweigen.

Schließlich fragt eine höhnend klingende Stimme: »Und wie sieht diese Gerechtigkeit aus, Billyboy?«

Bill Landers grinst breit.

Dann spricht er: »Ich habe es gesehen. Eine versprengte Gruppe von Quantrills Reitern hatte sich gestellt und um Pardon gebeten. Sie mussten sich in eine Reihe aufstellen, wurden in einem Buch registriert und erhielten einen Amnestieschein. Dann konnten sie ihres Weges reiten. Ich habe es gesehen.«

Er ruft die letzten vier Worte mit schriller Stimme, so als wollte er ihnen dadurch besondere Überzeugungskraft geben.

Und abermals bleibt es in der dicht gedrängten Runde eine Weile still. Dann aber fragt eine Stimme: »Und du, Billyboy? Hast du schon solch einen Schein bekommen?«

Bill Landers schüttelt den rothaarigen Kopf.

»Ich bin ja nur ein Junge«, sagt er. »Wer mich sieht, der hält mich für sechzehn. Sehe ich wie ein Blutwolf aus Tennessee aus?«

Er lacht heiser.

Herb Johnstone, ein hagerer Mann mit flintsteinharten Augen und mit der ständigen Ausstrahlung eines lauernden Wolfes, fragt dann hart: »Junge, was rätst du uns? Sollen wir ...«

»Ich habe es gesehen«, unterbricht ihn Bill Landers. »Es waren Quantrillreiter, die sich stellten. Sie wurden registriert und bekamen Amnestiebescheinigungen. Sie konnten dann ihres Weges reiten. Der Colonel hielt ihnen zuvor eine Rede und sagte ihnen, dass man nun alle Kräfte der Nation für den Wiederaufbau benötigen würde. Und zu diesen Kräften gehörten auch sie. Der Krieg wäre vorbei. Nun beginne ein Neuanfang für alle!«

Abermals klingt die Stimme von Bill Landers zuletzt schrill.

Der dichte Kreis löst sich auf.

Bill Landers schwingt sich von seinem Pferd. Aber eigentlich ist es nicht sein Pferd, sondern nur das Tier, auf dem er in die Stadt ritt. Sein richtiges Tier ist ein prächtiger Rappe. Und er besitzt auch einen prächtigen, silberbeschlagenen Sattel. Beides ist von ihm in Kansas erbeutet worden.

Nun geht er hinüber zum Corral, in dem sich die Tiere der Bande befinden, und holt sein Tier heraus, nimmt seinen Sattel von der Stange und wirft ihn über den Rücken des Rappen.

Sie alle beobachten ihn. Jemand fragt: »Willst du weg, Billyboy?«

Er grinst sie alle an und erwidert: »Ich bin hier in schlechter Gesellschaft von ehemaligen Guerillas. Und ich bin doch nur ein harmloser Junge, der keinen Schein benötigt. Ja, ich reite jetzt sofort meiner Wege. Hat jemand was dagegen? Es ist alles vorbei. Jeder ist nun sein eigener Hüter. Macht, was ihr wollt!«

Er zieht den Sattelgurt stramm, schwingt sich in den Sattel und reitet nach Norden davon.

Sie sehen ihm schweigend nach.

»Der hat es gut«, murrt jemand. »Der sieht so harmlos wie ein Junge von fünfzehn aus. Der hat es besser als wir. Wollen wir uns wirklich stellen und auf dieses Papier vertrauen?«

Der Sprecher deutet auf das kleine Plakat, welches nun am Boden liegt, nachdem es von allen gelesen wurde.

Dann richten sich ihre Blicke auf den Anführer Herb Johnstone, den sie mit Captain anreden. Bei ihrem Onkel Herb stehen seine vier Neffen. Sie bilden eine Fünfergruppe, und es sind ihre Anführer.

Eine Stimme fragt: »Captain, was sollen wir tun?«

Herb Johnstone hebt beide Hände.

»Der Junge hat es vorhin gesagt«, spricht er. »Jeder ist nun sein eigenen Hüter. Ich bin nicht mehr euer Anführer. Jeder muss für sich selbst entscheiden. Wer diesen Schein haben will, der muss hin.«

»Und Sie, Captain?«

Sie müssen eine ganze Weile auf seine Antwort warten. Dann hören sie ihn sagen: »Ich traue keinem Yankee. So einfach ist das. Nun, ihr könnt ja alle noch bis morgen nachdenken und überlegen.«

Es wird im Camp noch lange diskutiert. Nur die Johnstones nehmen an dieser Diskussion nicht teil. Sie halten sich deutlich abseits.

Erst spät kehrt Ruhe im Camp ein.

Und als der Morgen graut, da satteln alle ihre Pferde.

Jemand flucht böse: »Verdammt, ich habe einen Coyoten im Magen. Der frisst mich von innen auf. Ob uns die Yanks auch etwas zu fressen geben?«

Einige Stimmen lachen durcheinander.

Dann schwingen sie sich alle in die Sättel.

Doch sie trennen sich in zwei Gruppen.

Mehr als dreißig Mann reiten in Richtung Stadt.

Die Johnstones aber lenken ihre Pferde in die andere Richtung.

Doch sie reiten nicht weiter als eine Meile. Dann halten sie an. Herb Johnstone nickt seinem jüngsten Neffen zu und sagt: »Jake, reite ihnen nach und versuche herauszufinden, was mit ihnen geschieht.«

»Das werde ich, Onkel Herb.« Jack Johnstone grinst und zieht die Nase seines Pferdes nach Osten.

Herb Johnstone ruft ihm nach: »Wenn du es herausgefunden hast, dann folge unserer Fährte!«

Es ist drei Tage später, als Jake wieder zu seinem Onkel und den drei Brüdern stößt.

Er findet sie auf einer Baumwollplantage, welche jetzt verlassen ist, weil die Sklaven, die hier unter der Leitung einer schönen Herrin auch während des Krieges alles in Gang hielten, davongelaufen sind.

Der Besitzer der Plantage kämpfte als Colonel mit seinem Regiment für den Süden, Doch jetzt ist er tot, gefallen noch am letzten Tag in der letzten Schlacht.

Die Sklaven liefen fort in die Freiheit und nahmen mit, was ihnen gefiel und sie in die neue Freiheit transportieren konnten.

Und so war die schöne Herrin plötzlich allein und musste froh sein, dass ihr nichts Schlimmes angetan wurde.

Jetzt ist sie nicht mehr allein, denn die Johnstones sind nun bei ihr. Sie haben sich eingenistet und genießen es, in einem feudalen Herrenhaus zu wohnen und wie gute Freunde bewirtet zu werden. Sie essen der schönen Plantagenbesitzerin die letzten Vorräte weg, und in den Nächten liegt Herb Johnstone bei ihr im Bett, als wäre er der heimgekehrte Colonel.

Clementine Hardin – so heißt die schöne Frau – kann nichts dagegen tun. Denn sie weiß längst, dass sie eine böse Mörderbande zu Gast hat. Sie ist dieser Bande auf ihrer verlassenen Plantage hilflos ausgeliefert und will nur noch überleben, nichts anderes als überleben. So manche Frau an ihrer Stelle hätte sich umgebracht. Doch ihre Lebenskraft ist stärker.

Nun, Jake erreicht also am dritten Tag auf der Fährte des bösen Rudels die Plantage und findet sie alle auf der Veranda in der Morgensonne beim Frühstück, bedient von einer schönen Frau, die sich bei seinem Kommen ins Haus zurückzieht.

Jake bleibt noch im Sattel und betrachtet den Onkel und die drei Brüder seltsam ernst.

»Na los, mein Junge, spuck's endlich aus«, knurrt Onkel Herb ihn an.

Jake steigt vom Pferd und kommt auf die Veranda.

»Bill Landers hat uns belogen«, knirscht er. »Es gibt keine Amnestie für uns, nicht für Exguerillas der Konföderation. Ich konnte alles von einem nahen Hügel aus beobachten. Unsere Jungs mussten sich in einer langen Reihe vor einem großen Zelt aufstellen. Sie gingen auf der einen Seite hinein und kamen auf den anderen wieder heraus. Offenbar wurden sie tatsächlich in diesem Zelt registriert. Und jene, die herauskamen, mussten sich wieder in einem langen Glied aufstellen. Vielleicht glaubten sie, dass sie nun ihre Amnestiescheine erhalten würden.«

Jake macht eine Pause, greift sich eines der frischen Biskuits aus dem Korb und beißt gierig hinein.

Sie warten ungeduldig. Er kann es von ihren Gesichtern ablesen.

Und so spricht er kauend weiter: »Nun, sie mussten lange warten, standen in der heißen Sonne. Dann kam eine Kompanie von Infanteristen anmarschiert, hielt ihnen gegenüber an und bildete ebenfalls eine lange Reihe. Es sah alles noch harmlos aus. Der Offizier ließ also anhalten und kommandierte dann: ›Links um! Legt an! Feuer!‹ Es ging unwahrscheinlich schnell. Sie schossen unsere wartenden Jungs von den Beinen. Einige wollten flüchten, doch sie kamen nicht weit. Die Kugeln holten sie ein. Die Yanks schossen so lange, bis sich nichts mehr rührte. Und wären wir ebenfalls in die Stadt zu den Yanks geritten, dann würden auch wir jetzt tot sein. Sie wurden mit Kugeln hingerichtet. Das ging schneller als ein umständliches Hängen. Ich traf dann auf dem bewaldeten Hügel einen alten Mann, welcher Holz sammelte für die Küche der Garnison. Er erzählte mir, dass man es mit den Quantrill-Guerillas ebenso gemacht hätte. Denn es würde ja immer noch Kriegsrecht herrschen.«

Die anderen Johnstones schweigen, und gewiss jagen sich ihre Gedanken und Gefühle. Dann aber spricht Jake etwas schrill: »Onkel Herb, du hattest recht, als du sagtest, dass du keinem Yankee trauen würdest. Was nun? Denn es ist wohl klar, dass wir vogelfrei sind. Solange Kriegsrecht gilt, werden sie uns erschießen – und wenn das Kriegsrecht in Friedensrecht verwandelt wird, werden wir an den Hälsen hochgezogen. Es gibt eine Menge Menschen, die uns Johnstones kennen, die wir doch stets die Anführer dar Tennessee-Wölfe waren. Bald hängen überall Steckbriefe von uns. Was soll werden, Onkel Herb?«

Dieser sitzt mit gesenktem Kopf am Tisch, hat sein Kinn fast auf der Brust liegen.

Doch als er nach einer Weile den Kopf hebt, da sehen sie das Glitzern in seinen schrägen Wolfsaugen.

»Nun gut«, spricht er, »wir werden gehasst und gefürchtet. Und man wird uns jagen, unserer Fährte folgen, der Fährte der letzten Tennessee-Wölfe. Also müssen wir unsere Fährte unsichtbar machen, uns sozusagen in Luft auflösen.«

Als er verstummt, da starren sie ihn an.

»Wie?« Bud stößt dieses einzige Wort böse aus.

Herb Johnstone lässt jetzt unter seinem Schnurrbart die Zähne blinken.

»Wir müssen nach Nordwesten«, spricht er dann, »mitten durch das Indianerland nach Nordwesten, hinauf nach Oregon. Dort müssen wir ein völlig neues Leben anfangen und normale Bürger werden, die etwas aufbauen und von der menschlichen Gemeinschaft geachtet werden. Jungs, ihr müsst rechtschaffen, gut und edel werden, alles vergessen, was bisher geschah. Das ganze Indianerland liegt dann zwischen uns und der Vergangenheit. Ihr müsst euch nur immer wieder einreden, dass ihr gute Burschen seid, müsst es euch so lange einreden, bis ihr es eines Tages selbst glaubt und alles vergessen habt wie böse Träume. Könnt ihr das kapieren?«

Sie staunen ihn an.

Dann aber murrt John: »Die schöne Clementine hat dort drinnen wahrscheinlich alles gehört. Dann wäre hier der Anfang unserer neuen Fährte.«

Doch Herb Johnstone schüttelt den Kopf. »Wir nehmen sie mit!«, sagt er. »Eine schöne Frau in unserer Mitte, die gibt uns einen anderen Anschein. Ich rede mit ihr. In einer Stunde brechen wir auf. Ich mache ihr das jetzt klar.«

Er erhebt sich, geht ins Haus und betritt die Küche, in der früher eine dralle schwarze Köchin herrschte. Jetzt hantiert Clementine Hardin hier.

Als er eintritt, wendet sie sich ihm zu. In ihren grünen Augen ist nichts zu erkennen. Was sie auch denken und fühlen mag, sie hält es tief in ihrem Kern verborgen.

Auch ihren Hass und ihre Verachtung hält sie verborgen.

Denn sie weiß zu gut, dass dieser Mann sie sonst anders behandeln würde, etwa so wie ein Wilder eine Beute.

Ihre Klugheit und der Wille zum Überleben ließen sie sich ihm ergeben. Er musste sie nicht mit Gewalt nehmen. Nein, sie wehrte sich nicht. Das alles hätte ihre Situation nur verschlimmert. Denn er ist ein zweibeiniger Wolf ohne Gnade. Und so ließ sie ihm die Illusion, er hätte sie als Mann erobern können.

Sie sieht ihn also jetzt an und hört ihn sagen: »Natürlich hast du alles gehört und bist erst in die Küche, als ich mich draußen erhob und ins Haus kam. Und weil du alles gehört hast, muss ich es dir nicht noch mal sagen. Wir reiten in einer Stunde. Für dich nehmen wir ein Packpferd mit. Weißt du, ich sehe eine Chance für uns, wenn du erst so richtig begreifst, dass ich mich ändern kann. Wir alle werden ein neues Leben anfangen und Großes leisten, ja, Großes. Dann wirst du vergessen, wie es mit uns begonnen hat. In einer Stunde also!«

Nach diesen Worten wendet er sich ab und geht sporenklingelnd hinaus.

Sie verharrt einige Atemzüge lang bewegungslos. Nur ihre Hand hält sie gegen den Halsansatz gepresst, so als müsste sie ihr klopfendes Herz zurückhalten.

Und ihr ist klar und wird es immer bewusster, dass auch für sie ein neues Leben beginnen wird.

Clementine Hardin ist eine gute Reiterin. Sie sitzt geschmeidig im Sattel. Doch sie weiß, dass dies jetzt ein anderer Ritt werden wird: ein Dreitausendmeilenritt – wenn ihr unterwegs nicht die Flucht gelingt und sie keine Hilfe oder Zuflucht findet.

Doch dieser Herb Johnstone wird sie hüten wie einen kostbaren Besitz. Für ihn ist sie gewiss die wertvollste Beute, die er jemals machte. Es könnte sogar sein, dass er sie liebt – aber so, wie man eine wertvolles Pferd liebt oder eine wunderschöne Waffe.

Er besitzt sie und ist stolz darauf.

Denn es fehlt ihm etwas. Er ist nun mal ein Mann ohne Ehre. Und wahrscheinlich ist er sich dieses Mangels gar nicht bewusst und glaubt wahrhaftig daran, mit seinen vier Neffen ein neues Leben beginnen und die Vergangenheit ganz und gar vergessen zu können.

Mit einem letzten Blick nimmt Clementine Abschied von dem schönen Herrenhaus. Hier wurde sie einst geboren und war das einzige Kind ihrer Eltern.

Diese waren dann sehr froh, dass sie einen Schwiegersohn in die Familie brachte, den sie wie einen eigenen Sohn achten und lieben konnten.

Und so war alles gut – bis der unselige Krieg zwischen den Nord- und Südstaaten ausbrach.

Nun ist sie mit Mördern unterwegs und gehört einem von ihnen. Schlimmer könnte es für sie kaum sein.

Sie reiten in Doppelreihe und haben zwei Packtiere bei sich.

Und sie wissen nicht, dass sie von einem Schaf- und Ziegenhirten beobachtet werden, der sich bei ihrer Ankunft versteckte, aber dennoch alles beobachtete.

Der Junge – sie nennen ihn hier alle Humpy, weil er einen Buckel hat – ist sehr froh, dass die fünf Männer wieder abziehen. Doch ihm tut die Herrin der Plantage leid, denn sie war immer freundlich zu ihm.

Doch er vermochte ihr nicht zu helfen. Er weiß nur, dass es böse Männer waren, vor denen er sich verstecken musste.

Und so beschließt er zu warten, bis jemand kommt, dem er alles erzählen kann. Er muss ja für siebzehn Schafe und ein Dutzend Ziegen sorgen, von denen einige trächtig sind.

Die fünf Exguerillas reiten schweigend nach Nordwesten. Denn sie wollen so schnell wie möglich aus Tennessee hinaus und zum Mississippi, dann weiter durch Missouri nach Kansas, von dort aus immer weiter nach Nordwesten durch das Indianerland.

Es wird ein endloses Reiten.

Als sie nach etwa zehn Meilen die erste Rast einlegen, um ihre Pferde an einem Bach saufen zu lassen, da bricht es endlich aus Bud Johnstone heraus, so als muss er sich vor dem Ersticken retten.