G. F. Unger 2190 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2190 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Ben Kimbel spürt sofort, dass die vergangenen Jahre den Bruder sehr verändert haben. Er und seine beiden Begleiter wirken wie gehetzte Sattelwölfe.
»Hallo, Kirby«, sagt Ben zu seinem Bruder. »Es ist gut, dass du wieder da bist. Steig ab. Ihr seid sicher hungrig und durstig. Ich werde euch ...«
»Du wirst dich auf ein Pferd setzen und auf unserer Fährte zurückreiten«, unterbricht ihn Kirby. »Wir haben einen Mann jenseits des Hügelsattels zurückgelassen, der unsere Fährte beobachtet. Löse ihn ab! Es ist Tate Lee. Er wird dir schon sagen, was du zu tun hast. Beeil dich, Kleiner! Tate ist genauso erledigt und erschöpft wie wir.«
In Kirbys Stimme ist ein kalter, harter Klang.
Plötzlich hat Ben ein ungutes Gefühl. Sein Bruder rechnet mit Verfolgern. Warum?
Sein Blick fällt auf die schweren Leinenbeutel an Kirbys Sattelhorn.
Kirby sitzt ab und bindet die Beutel los. In einem der Beutel klirrt es auf besondere Art.
Kirby fängt den Blick seines Bruders auf. »Ja, Kleiner«, sagt er rau, »in den vier Säcken ist Geld. Reiche Beute. Achtzigtausend Dollar. Wir sind reich. Und weil du mein Bruder bist, wird es auch dir gut gehen. Also beeil dich und lass den guten Tate Lee nicht länger warten.«
Ben Kimbel kann es noch nicht fassen. Aber es gibt keinen Zweifel: Sein Bruder ist zum Banditen geworden ...


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Seitenzahl: 160

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

Red King's Valley

Vorschau

Impressum

Red King's Valley

Ben Kimbel spürt sofort, dass die vergangenen Jahre den Bruder sehr verändert haben. Er und seine beiden Begleiter wirken wie gehetzte Sattelwölfe.

»Hallo, Kirby«, sagt Ben zu seinem Bruder. »Es ist gut, dass du wieder da bist. Steig ab. Ihr seid sicher hungrig und durstig. Ich werde euch ...«

»Du wirst dich auf ein Pferd setzen und auf unserer Fährte zurückreiten«, unterbricht ihn Kirby. »Wir haben einen Mann jenseits des Hügelsattels zurückgelassen, der unsere Fährte beobachtet. Löse ihn ab! Es ist Tate Lee. Er wird dir schon sagen, was du zu tun hast. Beeil dich, Kleiner! Tate ist genauso erledigt und erschöpft wie wir.«

In Kirbys Stimme ist ein kalter, harter Klang.

Plötzlich hat Ben ein ungutes Gefühl. Sein Bruder rechnet mit Verfolgern. Warum?

Sein Blick fällt auf die schweren Leinenbeutel an Kirbys Sattelhorn.

Kirby sitzt ab und bindet die Beutel los. In einem der Beutel klirrt es auf besondere Art.

Kirby fängt den Blick seines Bruders auf. »Ja, Kleiner«, sagt er rau, »in den vier Säcken ist Geld. Reiche Beute. Achtzigtausend Dollar. Wir sind reich. Und weil du mein Bruder bist, wird es auch dir gut gehen. Also beeil dich und lass den guten Tate Lee nicht länger warten.«

Ben Kimbel kann es noch nicht fassen. Aber es gibt keinen Zweifel: Sein Bruder ist zum Banditen geworden ...

Ben Kimbel stellt keine Fragen mehr, sondern gehorcht. Er muss erst einmal nachdenken. Es stürmte eine ganze Menge auf ihn ein.

Schon eine Minute später sitzt er auf einem Pferd und reitet auf der Fährte der Ankömmlinge zurück über den Hügelsattel. Gleich hinter der Wasserscheide stehen einige große Sandsteinfelsen. Zwischen ihnen hat es sich ein massiger Mann im Schatten bequem gemacht. Alles an ihm ist bullig und stark. Er trägt einen Bart und erinnert an einen riesigen Nussknacker.

Als Ben neben ihm das Pferd anhält, erhebt sich der Mann und nickt ihm zu: »Kirbys Bruder? Ja, das sieht man auf den ersten Blick. Na gut, Kleiner! Achte auf unsere Fährte. Du hast von hier aus weite Sicht. Unsere Verfolger sind wohl an die zehn Meilen zurück. Wenn du sie siehst, lässt du sie bis auf drei Meilen herankommen. Dann setzt du dich auf dein Pferdchen und sagst uns Bescheid.«

Er geht langsam zu seinem erschöpften Pferd. Das Tier schwankt, als er aufsitzt.

»Was sind das für Verfolger?«, fragt Ben Kimbel langsam.

Tate Lee lacht röhrend.

»Was für Verfolger es sind, fragst du, Kleiner? Oho, es ist Unionskavallerie, mein Junge! Es handelt sich um einen Captain, einen Zahlmeister, einen Lieutenant, drei Sergeants und fünfundvierzig Reiter in blauen Uniformen. Aber das ist nicht alles. Mit diesen Affen wären wir gut zurechtgekommen. Doch bei ihnen sind noch ein weißer und drei rote Scouts! Und diesen Scouts entgeht selbst die Fährte einer Maus nicht. Das ist es! Wir können sie nicht abschütteln, weil sie drei Indianer und einen Weißen haben, die ihr Handwerk verstehen.«

Er reitet davon.

Ben denkt nach. Es ist ganz einfach, und er kann es sich an einem einzigen Finger abzählen.

Sein Bruder Kirby und dessen drei Begleiter haben keine Bank überfallen. Es muss um eine Sache gehen, die mit der Armee zu tun hat. Also kann es sich eigentlich nur um Steuergelder oder Truppenlöhnung handeln.

Genau gesagt: Kirby Kimbel hat die Regierung der Vereinigten Staaten um achtzigtausend Dollar erleichtert.

Deshalb ist Unionskavallerie auf seiner Fährte.

Die Bitterkeit in Ben Kimbel wächst. Eine tiefe Enttäuschung und Resignation breiten sich in ihm aus.

Die ganze Zeit hat er auf die Rückkehr seines Bruders gewartet und geglaubt, dass sie dann beide die Ranch zu einem großen, stolzen Besitz machen würden.

Aber nun ...

Ja, was nun?

Kirby wurde ein Bandit. Vielleicht ist er schon vogelfrei oder wird es bald sein. Vielleicht wird man ihn aber auch einfangen und ...

Ja, was wird dann sein? Hat Kirby getötet? Wird man ihn vielleicht sogar hängen, weil das Gesetz es so will? Oder gibt es noch eine Chance?

Ben begreift, dass er erst mit Kirby reden muss. Er muss erst alles richtig wissen.

Seine trüben Gedanken werden unterbrochen, denn am jenseitigen Rand der weiten Ebene, die er von seinem Standort aus übersehen kann, zeigt sich eine Staubfahne. Ben kennt sich mit Staubwolken und Staubfahnen aus. Er weiß genau, wie der Staub wirbelt, wenn Rinder ziehen oder Pferde getrieben werden, wenn Indianer reiten – und wenn Kavallerie eine Staubfährte hinter sich lässt.

Das, was dort zu sehen ist, ist die Staubfahne einer Kolonne, die in geordneter Reihe reitet.

Wenig später sieht er sie dann über die letzte Bodenwelle kommen, die sie bisher seinen Blicken verbarg.

Ja, da kommen sie.

Blauröcke der Union, die den Krieg gewann. Da kommen die Sieger des Bruderkrieges, angeführt von den Scouts und einem Captain. Sie kommen nicht sehr schnell, denn sie haben einen langen Ritt hinter sich, endlos lang für Menschen und Tiere.

Aber die Art, wie sie geordnet in Doppelreihe reiten, wirkt so beharrlich, so unaufhaltsam, als könnte ihnen nichts entkommen – gar nichts!

Die Entfernung beträgt noch etwa acht Meilen.

Ben Kimbel denkt wieder an den Krieg, an seinen Bruder, an die alten Zeiten – und an achtzigtausend Dollar.

Inzwischen kommen die Verfolger langsam, doch stetig näher, legen Yard um Yard und Meile um Meile zurück, werden größer und klarer erkennbar. Sie wirken mehr und mehr wie ein unaufhaltsames Geschick, dem man nicht entkommen kann.

Wenn ich diese Soldaten herankommen lasse und meinen Bruder und dessen Freunde nicht warne ...

Doch Ben Kimbel denkt diesen Gedanken, diese Möglichkeit nicht zu Ende.

Es ist klar, Bruder Kirby würde kämpfen. Er und seine drei Partner würden sich bis zur letzten Patrone verteidigen. Ben weiß es mit untrüglicher Sicherheit. Er hat etwas von dem heißen Hass gespürt, der in seinem Bruder und dessen Begleitern schwelt, ein Hass, der sich wahrscheinlich gegen die ganze Welt richtet. Es ist der Hass der Besiegten, der Geschlagenen, Verlorenen, jener Männer, denen es klar geworden ist, dass sie für eine verlorene Sache kämpften und die man in den Gefangenenlagern demütigte.

Ben Kimbel weiß genau, dass er seinen Bruder und die drei anderen Flüchtlinge warnen muss. Er wartet also, bis die Soldaten noch etwa dreieinhalb Meilen von ihm entfernt sind.

Dann geht er zu seinem Pferd, sitzt auf und reitet zu der kleinen Ranch zurück, die sein Vater damals mithilfe seiner beiden Jungen aufbaute, auf der seine Mutter starb, weil drei Apachen sie überraschten.

Als Ben vor dem Haus absitzt, erkennt er gleich, dass sie die Zeit gut genutzt haben.

Sie haben sich gewaschen und erfrischt. Sie haben sich ein kräftiges Essen bereitet und auch für den kleinen, krummbeinigen Lefty Monk gesorgt, der an der Schulter verwundet ist.

Lefty Monk liegt auf der Veranda im Schatten auf einer Matratze. Offenbar wollte er nicht im Haus liegen, sondern den Hügelsattel beobachten. In seinen Augen glänzt das Fieber.

Ben Kimbel nickt dem Bruder zu, der auf der obersten Verandastufe sitzt und eine Zigarette raucht. Kirby Kimbel hat sich völlig entspannt.

»Sie kommen«, sagt Ben. »Sie sind drei Meilen von hier entfernt. Warum verfolgen sie euch?«

Auch Tate Lee und Pete Skinner sind auf der Veranda. Sie sitzen am Tisch und essen noch. Nun aber hören sie damit auf und grinsen wortlos.

Kirby sagt lächelnd: »Warum sie hinter uns her sind? Du wirst es wohl schon erraten haben. Wir haben einen Zahlmeister der Union um die Löhnungsgelder erleichtert. Es war ein feiner Spaß, und es gefällt uns mächtig, dass die Blaubäuche überall hier in den Forts einige Monate keine Löhnung erhalten. Wir bekamen in den Gefangenenlagern ja auch keine, nur Wassersuppe, Schläge und Hohn. Kleiner, es ging uns nicht besonders gut in der Gefangenschaft. Deshalb haben wir uns auf diese Weise entschädigt. Die Union musste uns unfreiwillig achtzigtausend Dollar zahlen. Hast du begriffen, Ben? Und weil du mein Bruder bist, bist du an meinem Anteil beteiligt. Diese kleine, jämmerliche Ranch ist ein Dreck gegen das, was wir uns leisten können.«

Er macht eine bestimmte und abschließend wirkende Handbewegung.

Ben fühlt, dass dieses Thema vorerst für ihn erledigt ist.

Aber er versteht Kirby und seine Partner nun schon besser.

Sie sind als Kriegsgefangene unmenschlich behandelt und gedemütigt worden. Dafür fügten sie den Yankees nun Schaden zu. Sie ließen sich die schreckliche Zeit im Lager gut honorieren – gewaltsam honorieren, wenn man es von der Seite der Union betrachtet.

Kirby Kimbel spricht nun weiter: »Wir nahmen uns alle frische Pferde aus dem Corral. Doch was ist mit dem roten Teufel in dem Einzelcorral? Er griff uns sofort an, als wir ihn mit einem Lasso ...«

»Das ist Red King«, unterbricht ihn Ben. »Ich fing ihn vor einigen Monaten. Er hatte mit einem Herdenking um dessen Herde gekämpft und wurde geschlagen, weil er noch zu jung und unerfahren war. Als ich ihn fand, war er krank und elend. Der andere Hengst hatte ihn fast getötet. Nun, ich bin davon überzeugt, dass Red King in etwa zwei Jahren den Höhepunkt seiner Kraft erreicht haben wird. Auch an Erfahrungen wird er dann reicher sein. Jeden anderen Herdenkönig könnte er schlagen und ihm die Herde abnehmen. Doch das braucht er nicht mehr. Ich glaube, dass er der Stammvater einer großartigen Pferdezucht wird. Bestimmt können wir ihm nach und nach ein Rudel allerbester Stuten verschaffen. Oh, Bruder, ich wartete ungeduldig auf deine Heimkehr. Red King sollte die große Überraschung für dich sein. Eines Tages werden erstklassige Pferde wieder einen guten Preis bringen und ...«

»Es wäre eine Überraschung gewesen, wenn ich bettelarm heimgekommen wäre«, unterbricht ihn Kirby. »Jetzt ist alles anders. Uns gehören zwanzigtausend Dollar, Kleiner. Wenn du diesen Red King reiten kannst, dann nimm ihn doch mit. Du hast drei Minuten Zeit, mein Junge. Wir verschwinden von hier. Unseren Verfolgern wird es schwerfallen, uns mit ihren erschöpften Pferden einzuholen. Ich habe den ganzen Weg gehofft, dass hier auf unserer Ranch genügend frische Pferde wären. Wir haben einen kleinen Umweg gemacht, und das nur deshalb, weil ich dich mitnehmen wollte, Kleiner. Also los! Vorwärts!«

Ben Kimbel zögert einige Sekunden, und sein scharfer Blick forscht in den stahlblauen Augen des Bruders.

Dann nickt er.

»Sicher«, sagt er, »ich reite mit euch. Und Red King ist mein Freund. Er duldet mich auf seinem Rücken. Ich bin der einzige Mensch, den er auf sich reiten lässt. Natürlich lasse ich ihn nicht zurück. Ich glaube, dass er das schnellste Pferd auf tausend Meilen in der Runde ist. Ich bin in zwei Minuten fertig.«

Er eilt davon.

Die vier anderen Männer sitzen auf. Lefty Monk schafft es ohne Hilfe. Seine drei Partner beobachten ihn ausdruckslos, doch es ist eine deutliche Mitleidlosigkeit in diesem Abwarten.

Als Lefty Monk im Sattel sitzt, wischt er sich mit dem Ärmel den Schweiß aus dem Gesicht, verzerrt es zu einem trotzigen Grinsen und sagt: »Ich schaffe es schon. Doch ich wüsste gerne, ob ihr euch Sorgen oder Hoffnungen macht, hahaha!«

Sein kurzes Lachen ist ohne jede Spur von Humor, und seine fieberglänzenden Augen richten sich blitzschnell misstrauisch auf jeden der drei Partner.

Diese geben keine Antwort. Sie betrachten ihn nur, und er weiß, dass sie ihn aufgeben würden, stünden sie vor der Wahl, mit ihm eingefangen zu werden oder ohne ihn zu entkommen.

Oh, er weiß, dass er durchhalten muss – oder er ist verloren.

Deshalb grinst er abermals trotzig und sagt mit harter Stimme: »Ich konnte immer für mich sorgen und fiel niemals jemand zur Last. Wann reiten wir endlich los?«

Kirby Kimbel reitet wortlos an.

Monk folgt ihm sofort, als wollte er damit beweisen, dass er ihren Weiterritt niemals aufhalten wird.

Tate Lee und Pete Skinner machen den Schluss.

Als sie um das Blockhaus biegen, reitet Ben Kimbel auf dem roten Hengst aus dem Corral. Er hat hinter dem Sattel nur wenig Gepäck.

Der Hengst geht ruhig unter ihm. Ben Kimbel trägt keine Sporen, wie es sonst bei allen Reitern des Landes üblich ist. Der rote Hengst ist ein herrliches Tier, etwa fünfzehn Hand hoch und tausend Pfund schwer.

Es ist also kein ausgesprochen großes und schweres Tier. Aber er ist noch jung.

Bis auf einige Narben, die von Bissen und Hufschlägen verursacht wurden, ist er makellos. Es ist alles richtig an ihm, und selbst das herrlichste Vollblut der spanischen Konquistadoren, die Red Kings Vorfahren aus der alten Welt herüberbrachten, hat gewiss nicht prächtiger ausgesehen als er. Dazu kommt, dass er von Tieren abstammt, die seit Generationen frei in der Wildnis lebten. Er ist also sehr viel härter als die zahmen Vollblüter von damals.

Die vier Reiter betrachten den Hengst.

Pete Skinner schnalzt anerkennend mit der Zunge und sagt: »Darauf reitest du jedem Aufgebot davon, Junge.«

»Der könnte selbst mich hundert Meilen ohne Pause tragen«, brummt der massige Tate Lee nicht ohne Neid.

Lefty Monk sagt nichts, doch er hat einen sehnsüchtigen Ausdruck in den fieberglänzenden Augen.

»Mich hätte er bald totgeschlagen«, sagt Kirby Kimbel. »Er wollte mir mit seinem Vorderhuf etwas auf den Hut geben, als ich zu ihm in den Corral ging.«

»Lasst nur eure Finger von ihm«, entgegnet Ben Kimbel. »Ich reite jetzt mit euch. Deshalb will ich euch noch etwas sagen: Ganz in der Nähe ist eine Ranch. Dort gibt es auch für die Soldaten frische Pferde. Ein Yankee kam vor einigen Monaten mit einer starken Mannschaft und kaufte die kleinen Rancher auf. Er hat auf seiner Ranch bessere Pferde, als ihr sie reitet. Aber da ist noch etwas, was ihr wissen solltet. Nennt mich nicht immer Kleiner. Auch du nicht, Bruder!«

Er sagt es scharf und unverkennbar warnend.

Die anderen Männer erwidern nichts. Sie fluchen nicht einmal. Doch Kirby Kimbel schlägt ein schärferes Tempo an. Dass die Soldaten die Möglichkeit haben, sich bald mit frischen Pferden auszurüsten, beunruhigt ihn wohl doch.

Bis zum Anbruch der Nacht sind es noch drei Stunden.

Die Männer hoffen kaum, die Verfolger abschütteln zu können. Es wird eine helle Nacht werden, und die Scouts der anderen sind erstklassig, sie verlieren die Spur nie, kennen jeden Trick.

Sie können nur dann entkommen, wenn sie länger im Sattel bleiben als ihre Verfolger.

Das ist ihre einzige Chance.

Gegen Mitternacht fällt Lefty Monk plötzlich vom Pferd. Die Männer stellen schnell fest, dass er vor Fieber nur so brennt.

»Er ist erledigt«, sagt Pete Skinner trocken. »Doch ich habe ihm versprochen, ihn auf sein Pferd zu binden. Das will ich tun. Helft mir dabei.«

»Er wird sterben«, spricht Tate Lee kehlig. »Wir können ihn ebenso gut gleich hier ...«

»Nein, solange er lebt, nehmen wir ihn mit«, widerspricht Kirby entschieden. »Lefty hat einen Soldaten getötet. Dafür hängen sie ihn und auch uns, sollten wir lebend in ihre Hände fallen. Wir binden ihn auf sein Pferd.«

Er sitzt selbst ab. Auch Tate Lee, der vorher mit Pete Skinner abgesessen war, hilft dabei, Lefty Monk auf das Pferd zu heben und dort in die richtige Haltung zu bringen. Dann binden sie ihn mit einem Lasso fest.

Ben Kimbel bleibt auf seinem Hengst sitzen. Und weil das Tier so dicht bei den anderen Pferden stets nervös wird, hält er sich etwas abseits. Er beobachtet die Männer, hört ihre Worte, ihre Flüche und das Stampfen und Schnauben der Pferde.

Die Arizonanacht ist hell. Man kann – wenn das Gelände es gestattet – weit sehen, und überall werfen die Dinge ihre Schatten.

Ben Kimbel spürt ein Bedauern und Mitleid für Lefty Monk, doch gleichzeitig verachtet er ihn.

Dieser Narr und Dummkopf, denkt er. Er überstand den Krieg, und das war ihm nicht genug. Er wollte als Gewinner heimkommen. Er tötete bei dem Überfall einen Soldaten, wurde dabei verwundet und ist nun verloren. Du lieber Vater im Himmel, was kann ich tun, um meinen Bruder ...

Seine Gedanken reißen jäh ab.

Er späht zurück über die Ebene zu den Hügeln, aus denen sie kamen und die sie hinter sich ließen. Es sind wild zerhackte Hügel, die bizarre Schatten werfen. Aus diesen tiefen Schatten kommen die Verfolger in das bleiche Licht der Gestirne.

Die Entfernung beträgt keine zwei Meilen.

Es sind nicht viele Reiter, nicht mehr als ein Dutzend. Sicherlich sind außer den Scouts nur die härtesten Burschen dabei. Man hatte sie wohl mit den schnellsten Pferden der Yankee-Ranch ausgerüstet, sodass sie aufholen konnten.

Red King wittert zu den Hügeln hinüber, als wüsste er, dass sich von dort eine Gefahr nähert.

Ben Kimbel ruft den Männern zu: »Dort kommen sie!«

Er hört drei kräftige Flüche, und daran erkennt er, dass sie allmählich ihre Nerven verlieren.

In dieser hellen Nacht gibt es kaum noch eine Chance für sie. Die Pferde, die sie sich auf der Kimbel Ranch aus dem Corral holten, sind kaum mehr als Durchschnitt. Ihre Verfolger aber bekamen von der großen Yankee-Ranch bessere Tiere.

Sie reiten davon, und Pete Skinner nimmt Lefty Monks Tier an die langen Zügel, zieht es mit sich.

Ben bleibt noch zurück und beobachtet die Verfolger. Diese haben es leicht, der Fährte zu folgen. Klare Arizonanächte sind hell und strahlend. Doch für diese Männer hier ist eine solche Nacht eine Feindin. Ben prüft die Schnelligkeit der Verfolger. Er kann bald erkennen, dass der weiße Scout und die Indianer noch dabei sind.

Dann zieht er Red King herum und folgt den Banditen.

Ja, sie sind Banditen. Daran gibt es keinen Zweifel.

Red King hat die anderen Pferde rasch wieder eingeholt. Als Ben wieder bei den Männern ist, brüllt Tate Lee ihm zu: »Zum Teufel, Kleiner, warum hattest du keine besseren Gäule im Corral? Das sind doch nur Durchschnittsböcke!«

Ben gibt keine Antwort. Er versteht die Bitterkeit des Mannes. Er späht nach Norden, wo die Ebene vor einer neuen Hügelkette endet. Bis zu dieser Hügelkette sind es mehr als fünf Meilen. Er ruft seinem Bruder zu: »Kirby, sie reiten schneller als ihr! Sie holen uns vor den Hügeln ein, wenn wir nicht ...«

Weiter kommt er nicht. Denn Kirby stößt einen scharfen Schrei aus, der die anderen Männer antreibt.

Bisher sind sie so geritten, dass sie zwar einigermaßen schnell vorwärtskamen, ihre Pferde jedoch in der Lage waren, dieses Tempo sehr viel länger als nur fünf Meilen durchzuhalten.

Nun wird es anders.

Jetzt wollen die Reiter vorerst nichts anderes als in den Schutz der Hügel gelangen. Sie wissen, dass man sie dort stellen und einkreisen wird. Sie werden kämpfen müssen.

Vielleicht – so hoffen sie – werden sie dort in den Hügeln, zwischen denen die dunklen Schatten liegen, einen günstigen Platz finden.

Auf seinem roten Hengst kann Ben Kimbel mühelos das Tempo halten. Red King könnte doppelt so schnell laufen wie die anderen Tiere, die immer schwerfälliger galoppieren.

Ben bleibt manchmal weit zurück, wartet, bis die Verfolger auf eine Viertelmeile heran sind. Dann lässt er den wundervollen Hengst wieder ausgreifen und schließt auf.

Immer treibt er sie an. Denn jedes Mal, wenn er zu ihnen aufschließt, sind die Verfolger ein Stück näher gerückt. Auch die Soldaten begriffen, dass das Wettrennen bis zu den Hügeln geht. Sie möchten ihr Wild natürlich noch auf der Ebene stellen, wo es keine Deckungsmöglichkeiten gibt, wo sie die Überlegenen sind.

Es wird ein scharfes Rennen!

Kirby Kimbel und seine Männer gewinnen es!

Um etwa hundert Yards gewinnen sie es. So groß ist ihr Vorsprung, als sie ihre keuchenden, stolpernden Pferde durch eine Hügellücke treiben, die sich als Schluchtmündung erweist. Doch die Schlucht ist nur kurz und recht breit.

Es gibt hier eine Quelle, die der östlichen Felswand entspringt. Große Felsblöcke liegen herum, als hätte ein Riesenkind sie wie Kiesel durcheinandergeworfen.