G. F. Unger 2220 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2220 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Als die Postkutsche vor der Station am Four Mesa Creek anhält, regt sich dort nichts. Der Fahrer beginnt zu fluchen. Und sein Begleitmann hält die Schrotflinte schussbereit.
Auch in den Corrals regt sich nichts. Kein Tier ist dort zu sehen - nicht ein einziges Pferd. Dabei müsste der Stationsmann eigentlich ein frisches Sechsergespann bereithalten, um es gegen das müde der Kutsche auszuwechseln.
Es ist später Nachmittag. Die Sonne verschwand bereits hinter der Mesa. Die Stimme des Fahrers brüllt nun rau: »Paco! Hoiii, Paco! Wo bist du, verdammt noch mal?« Aber er erhält keine Antwort.
Aus der Kutsche ruft eine männliche Stimme: »Zum Teufel, auf was warten wir noch? Fahrt doch weiter. Wenn sogar der Stationsmann weg ist, dann sollten wir mit dieser verdammten Kutsche auch keine Zeit mehr verlieren!«
Aber der Fahrer gibt keine Antwort. Er und sein Begleitmann haben ein kleines Stück braune Pappe entdeckt, die in einem Riss des Stützbalkens steckt, der den Querbalken des Verandadaches trägt ...


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Seitenzahl: 155

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Klirrender Trab

Vorschau

Impressum

Klirrender Trab

Als die Postkutsche vor der Station am Four Mesa Creek anhält, regt sich dort nichts. Der Fahrer beginnt zu fluchen. Und sein Begleitmann hält die Schrotflinte schussbereit.

Auch in den Corrals regt sich nichts. Kein Tier ist dort zu sehen – nicht ein einziges Pferd. Dabei müsste der Stationsmann eigentlich ein frisches Sechsergespann bereithalten, um es gegen das müde der Kutsche auszuwechseln.

Es ist später Nachmittag. Die Sonne verschwand bereits hinter der Mesa. Die Stimme des Fahrers brüllt nun rau: »Paco! Hoiii, Paco! Wo bist du, verdammt noch mal?« Aber er erhält keine Antwort.

Aus der Kutsche ruft eine männliche Stimme: »Zum Teufel, auf was warten wir noch? Fahrt doch weiter. Wenn sogar der Stationsmann weg ist, dann sollten wir mit dieser verdammten Kutsche auch keine Zeit mehr verlieren!«

Aber der Fahrer gibt keine Antwort. Er und sein Begleitmann haben ein kleines Stück braune Pappe entdeckt, die in einem Riss des Stützbalkens steckt, der den Querbalken des Verandadaches trägt ...

Der Begleitmann klettert von der Kutsche. Er hält die Schrotflinte noch schussbereit, als er zum Stützbalken geht und das Stück Pappe aus dem Spalt zieht. Er wirft einen kurzen Blick darauf und ruft dann: »Paco ist weg! Er schreibt hier, dass ihm die Postlinie gar nicht so viel Geld zahlen könnte, wie ihm sein Skalp wert wäre. Die roten Vettern seiner Frau hätten die Pferde weggeholt. Und auf die verdammte Armee in diesem Land könne man sich ja nicht verlassen. Er ist fort. Nach Mexiko zu seinem Bruder. Wir sollen ihn alle am ...«

»Halt, Jube, wir haben eine Lady in der Kutsche!«, ruft der Fahrer scharf. Dann fügt er hinzu: »Wir haben zwei Fahrgäste bis zu dieser Station. Jube, frag sie, ob sie aussteigen oder mit uns weiterfahren wollen. Und bevor wir weiterfahren, müssen wir erst das müde Gespann tränken. Also, alles aussteigen! Die männlichen Fahrgäste sollen ihre Waffen bereithalten.«

Indes hat der Begleitmann den Wagenschlag geöffnet.

Vier Männer und drei Frauen klettern heraus.

Zwei der Frauen sind rundliche und schon grauhaarige Mexikanerinnen.

Aber die dritte Frau trägt ein grünes Reisekostüm von dezenter Eleganz. Sie ist jung und mehr als hübsch, auf eine eigenwillig-rassige Art sogar schön. Als sie aus der Kutsche klettert, tut sie dies mit geschmeidigen, leichten Bewegungen.

Dann sieht sie sich um.

Sean O'Neil, der ihr in der Kutsche schon seit vielen Stunden gegenübersaß, beobachtet sie unauffällig. Und wieder sieht er sich in seinem allerersten Eindruck über sie bestätigt. Denn er erkennt, dass sie sehr beherrscht und ruhig ist und ihr Blick wachsam alles in ihrer Umgebung beobachtet.

Sean O'Neil ist ein großer, dunkler, hagerer Bursche mit hellen Augen.

Er wendet sich an den Begleitmann: »Ja, ich steige hier aus. Ich bin der eine Passagier, der hier aussteigt. Wer ist denn der andere?«

»Ich«, sagt da die schöne Frau im grünen Reisekostüm. »Ich steige ebenfalls hier aus. Die Armee wird mich hier abholen. Vielleicht kommt der Wagen von Fort Catalina mit dem Begleitschutz schon sehr bald. Haben wir Verspätung?«

»Nein, Ma'am«, erwidert der Fahrer, welcher ebenfalls vom hohen Bock herunterkommt. »Aber wenn wir fort sind und die Armee Sie nicht hier abholt, dann ...« Er spricht nicht weiter, überlässt es der rassigen Schönen, sich vorzustellen, was dann alles sein könnte.

Sie nagt ein wenig an ihrer Unterlippe, scheint zu überlegen, lauscht dabei tief in sich hinein, so wie ein Mensch, der seinen Instinkt befragt, auf feine Zeichen seines Ahnungsvermögens achtet.

Dann hebt sie den Blick und sieht auf Sean O'Neil, von dem sie nun weiß, dass er der zweite Passagier ist, der hier aussteigt.

Sie hat leuchtend blaue Augen, die zu ihren schwarzen Haaren einen wunderbaren Kontrast bilden. Und auf ihrer kleinen Nase sind ein paar Sommersprossen. Ihre Lippen sind lebendig. Dieser Mund verrät eine Menge über sie, nämlich, dass sie impulsiv und sicherlich auch verwegen ist, dass sie Feuer hat und auch herbe und kühl sein kann. Sie ist eine Vollblutfrau, dies verrät ihr Mund einem kundigen Betrachter. Sie ist eine schöne Frau, die das Leben kennt in all seinen Höhen und Tiefen.

Als sie Sean O'Neil anlächelt, blitzen ihre Zähne. Es sind kräftige, schneeweiße Zähne. Wenn sie so blitzend lächelt, dann wirkt sie ein wenig hungrig – hungrig nach all den schönen Dingen auf dieser Erde. Und ihre Augen blitzen, funkeln.

»Warten Sie auch auf die Armee, Mister?« So fragt sie.

Er nickt langsam.

»Dann warten wir also zusammen«, sagt sie und lächelt. »Ich bin Dee Lorne.«

»Und ich bin Sean O'Neil«, erwidert er und macht eine kaum erkennbare Verbeugung.

»Dieses verdammte Mistland«, sagt der Fahrer bitter. »Diese verdammten Mistapachen. Und diese verdammte Mistarmee. Sie hat die Pflicht, diesen Wagenweg durch ständig reitende Patrouillen zu sichern. Aber ...«

Er bricht ab und macht nur eine verächtliche Armbewegung.

»Also los«, ruft er sich abwendend, »kümmern wir uns um die Pferde ...«

Es ist mehr als eine halbe Stunde später, als sie der davonfahrenden Postkutsche nachsehen.

Dann blicken sie prüfend in die Runde.

Und zuletzt sehen sie sich in die Augen – lange, prüfend, forschend, so als wollten sie alles über sich herausfinden.

Sie gefällt ihm sehr, und er weiß, dass sie wahrscheinlich zu einem Offizier in Fort Catalina gehört. Es gibt sonst keinen Grund, dass eine Frau in dieses Land kommt und hier von einer Armeepatrouille abgeholt werden soll.

Er fragt sich, was für eine Frau sie ist. Er hält sie für eine Abenteuerin, nicht für eine dieser typischen Offiziersfrauen.

Nein, diese Dee Lorne ist anders.

Er spürt es, und er ahnt schon irgendwie, dass er noch herausfinden wird, wie sie ist, wenn sie hier vielleicht viele Stunden und eine lange Nacht warten müssen.

Auch sie fragt sich – indes sie sich so ansehen –, was für ein Mann er ist. Er gefällt ihr. Solche indianerhaften Burschen haben ihr schon immer gefallen. Weil er Zivil trägt, hält sie ihn nicht für einen Soldaten und schon gar nicht für einen Offizier. Und wenn er Offizier sein sollte, dann ist er bestimmt aus dem Mannschaftsstand aufgestiegen, also ein Ex-Sergeant.

Unter seinem sichelförmigen Schnurrbart blitzen plötzlich weiße Zähne. Er sagt: »Ma'am, soll ich Ihnen einige Eimer Wasser aus dem Brunnen herausholen? Nach dieser staubigen Fahrt werden Sie sich gewiss frisch machen wollen – dort drinnen im Haus. Ich passe hier draußen inzwischen auf.«

Wieder ist ein Prüfen in ihrem Blick.

Doch sie weiß zu gut, dass sie vielleicht viele Stunden und die ganze Nacht hier zusammen sind wie Partner oder Gefährten. Wenn er schlecht ist, kann ihr niemand helfen. Dann ist sie ihm ausgeliefert. Aber in ihren blauen Augen ist immer noch die Frage.

Und so hebt er die Hand und lächelt abermals: »Ich hatte eine gute Mom und zwei liebe Schwestern.« Er lächelt. »Ich habe sie geliebt und geachtet.«

Sie begreift sofort, was er ihr damit zu verstehen gibt.

Und so nickt sie. »Ja, Mister O'Neil. Ich wäre dankbar, wenn ich etwas Wasser hätte. Ich werde mich nicht nur waschen, sondern auch meine Wäsche wechseln.«

Er nickt. Dann geht er zum Brunnen hinüber und lässt dort den großen und schweren Holzeimer hinunter.

Sie wendet sich ab und geht ins Haus. In einem Nebenraum findet sie einen großen Holzbottich. Sean O'Neil kommt nun mit zwei Holzeimern, sieht den Bottich und leert die Eimer darin aus.

»Ich bringe Ihnen gleich noch zwei«, sagt er, »und stelle sie daneben. Warten Sie noch einen Moment.«

»Und den Koffer«, verlangt sie. »Der ist reichlich schwer.«

»Sicher«, sagt er.

Als er durch die Tür nach draußen treten will, fragt sie hinter ihm her: »Mister O'Neil, was wollen Sie in Fort Catalina?«

Er hält mit den beiden leeren Holzeimern in den Händen inne und blickt über die Schulter.

»Ach«, sagt er, »sieht man mir nicht an, dass ich ein als Zivilist verkleideter Soldat bin?«

»Offizier?« So fragt sie sofort.

Er grinst. »Sehe ich so aus? Benehme ich mich so wie diese Sorte von Menschen?«

Sie schüttelt langsam den Kopf. »Nein«, sagt sie.

Dann geht er davon.

Er bringt ihr schweigend den schweren Koffer, dann noch zwei weitere Eimer voll Wasser. Als er sie abgestellt hat, betrachten sie sich einige Atemzüge lang schweigend.

»Und Sie – was für einen Rang hat Ihr Mann in Fort Catalina?« Er fragt es fast hart. Und er erkennt ihr Zögern.

Aber dann hebt sie entschlossen ihr Kinn.

»Mein Mann ist Captain Tom Lorne, und er steht an dritter Stelle auf der Rangliste in Fort Catalina. So schrieb er mir jedenfalls.«

»Und er ist schon lange in diesem Fort?«

Seine Frage kommt scheinbar lässig. Sie aber bekommt schmale Augen und zögert abermals. Dann aber reckt sie wieder ihr Kinn hoch.

»Vor zwei Monaten wurde er hinkommandiert«, erwidert sie.

Da nickt er und geht davon. Aber er schließt die Tür hinter sich. Sie ist in dem kleinen Stationshaus allein.

Einen Moment verharrt sie, und sie denkt an einige Dinge, die in der Vergangenheit liegen, Geheimnisse, welche niemand wissen darf. Soeben log sie.

Sie verspürt Unruhe, Ungewissheit, Sorge.

Dieser große, indianerhafte Mann, mit dem sie hier beisammen ist, beeindruckt sie in vielerlei Hinsicht – und beunruhigt sie zugleich. Sie wittert etwas und weiß es nicht zu deuten.

Hastig beginnt sie sich zu entkleiden. Sie war lange in der Postkutsche auf dem staubigen Wagenweg bei größter Hitze unterwegs.

Dieses verdammte Land, denkt sie. Wann werden wir wohl endlich in eine andere Welt kommen? Warum ist Mel Offizier in Fort Catalina? Und warum wollte er, dass ich zu ihm komme? Verdammt noch mal!

Sie dachte Mel, nicht Tom.

Er wittert draußen in das Land. Es ist nun fast schon Abend. Zwischen den Mesas ist der Himmel blutrot.

Das Land ist still. Kein Lüftchen regt sich. Im Boden steckt noch die Hitze.

Sean O'Neil geht langsam um die Station herum. Da er keine Sporen trägt, ist sein Schritt leise. Dafür, dass er bei aller Hagerkeit ein schwergewichtiger Mann ist, bewegt er sich sehr leicht auf seinen Füßen.

Und er weiß eines: Wenn Apachen in der Nähe sind, dann wird er sie erst sehen, wenn sie ihn anspringen. Er kennt die Apachen zu gut.

Und so fragt er sich, wann wohl die Patrouille kommen wird, die Dee Lorne und ihn hier abholen soll.

Er lauscht fortwährend in die Ferne, um vielleicht schon jenes merkwürdige Geräusch hören zu können, welches jede reitende Patrouille begleitet, jenes Geräusch eines klirrenden und leise scheppernden Trabes. Hufschlag, klirrende und rasselnde Metallteile, knarrende Sättel, Schnauben der Pferde, kurze Laute der Reiter.

Es ist ein typisches Geräusch, welches unverkennbar eine reitende Patrouille ankündigt.

Aber er vernimmt es nicht, obwohl das Land jetzt noch stiller wird und man jedes Geräusch meilenweit hören kann.

Je länger er warten muss, desto wachsamer wird er. Denn jetzt ist es wohl sicher, dass mit der Patrouille etwas geschehen sein muss. Es kann nicht sein, dass sie eine solche Verspätung hat.

Er bewegt sich zur Ecke des Adobehauses – und da hört er über sich ein leises Geräusch. Wie der Schatten eines fliegenden Vogels gleitet er zur Seite und wirbelt dabei herum.

Sein Colt liegt plötzlich in seiner Hand.

Und die beiden Apachen, die vom Dach auf ihn hechten wollten, haben eigentlich keine Chance mehr, denn er ist ein Revolvermann, zumindest, was sein Schießen betrifft. Er hält sie mit dem heißen Blei seiner 44er Kugeln auf.

Dann bewegt er sich schnell. Er springt auf die Veranda und wirft sich mit der nach innen aufgehenden Tür hinein, rollt über den Boden, hält inne und schießt abermals. Sein schwerer Colt kracht in dem kleinen Raum. Und der Apache, der die Frau losließ und sich gegen ihn wandte, rennt gegen die schwere Kugel, fällt auf die Knie und wirft das Messer. Es zischt haarscharf an O'Neils Kopf vorbei.

Er gibt jedoch keinen weiteren Schuss mehr ab. Er lässt den Apachen kniend sterben. Denn er muss mit jeder Kugel geizen. Nur noch drei hat er in seinem Colt. Und er weiß nicht, wie viele Apachen gekommen sind.

Er wirft nur einen Blick auf Dee Lorne.

Der Apache hatte mit ihr gekämpft. Und er vertraute darauf, dass seine beiden Vettern draußen mit dem Weißen fertig werden würden. Nun steht sie da und erwidert seinen schnellen Blick.

Sie sagen beide nichts, lauschen.

Aber dann hören sie über sich auf dem Maisstrohdach das leise Geräusch.

Die Hintertür, durch welche der Apache kam, steht noch offen.

Draußen springt ein Apache vom Dach. Durch die Hintertür ist er zu sehen.

Und durch die Vordertür, welcher O'Neil den Rücken zukehrt, springt ein weiterer Apache. Sie sind also zumindest noch zu zweit.

Und sie kommen gleichzeitig durch beide Türen.

Dabei schießen sie aus dem Hüftanschlag mit ihren Gewehren. Beide Kugeln treffen ihn nicht richtig, streifen ihn nur wie Peitschenhiebe.

Wieder schießt er blitzschnell, wobei er sich herumwirbelnd dreht. Und wieder trifft er mit beiden Kugeln.

Nun hat er nur noch eine in der Trommel seines rauchenden Colts.

Sind noch mehr Apachen da? Das ist die Frage, die ihn und Dee Lorne jetzt am meisten bewegt. Sie verharren, lauschen, halten ihre keuchenden Atemzüge an.

Aber nichts regt sich mehr.

Dee Lorne starrt auf den Mann.

Was für ein Mann, denkt sie, oh, was für ein Mann! Noch nie sah ich einen Mann so kämpfen. Selbst Mel hätte mich hier nicht so beschützen können.

Er nickt ihr zu und macht ihr ein Zeichen, dass er draußen nachsehen will. Sie nickt, eilt jedoch zu einem der Apachen und nimmt dessen Gewehr. Es ist ein guter siebenschüssiger Spencer-Karabiner. Sie lädt ihn durch. Und dann nickt sie O'Neil wieder zu. Er weiß jetzt, dass sie auf sich aufpassen kann mit dem Gewehr. Er gleitet hinaus in die Dämmerung, die schon fast zur Nacht wurde.

Sie wartet, lauert wachsam.

Dass sie fast nackt ist, macht ihr nichts aus. Und sie denkt immer wieder: verdammtes Land, verdammtes Leben auf der Jagd nach Reichtum. Warum hat Mel mich zu sich gerufen? Warum ist er in Fort Catalina Offizier und braucht mich? Verdammt, in was bin ich hier hineingeraten? Und was ist das für ein Mann dort draußen?

Er kommt dann wieder herein. Es ist nun merklich dunkler. Sie kann ihn zuerst nur an seiner Gestalt erkennen.

Langsam tritt er zu ihr. Aber er lädt dabei seinen Colt neu. Er tauscht die Trommel aus und setzt hinten neue Zündhütchen auf die sechs Pistons. Dann steckt er die Waffe weg und tritt vor Dee hin.

Sie stellt das Gewehr neben sich an die Wand.

Dann tritt sie zu ihm. Er nimmt sie einfach in die Arme. Ihr Leib drängt sich an ihn – und eine Weile stehen sie so, küssen sich, spüren ihren Herzschlag. Ihr Feuer vereint sich. Als sie sich lösen, atmen sie schwer.

Er streicht ihr sachte übers Haar und sagt: »Hab keine Angst, Dee Lorne.«

»Nein«, sagt sie, »nicht in deiner Nähe.«

Er löst sich von ihr, tritt langsam zurück.

»Irgendwo haben sie ihre Pferde«, sagt er. »Wenn ich sie finde, können wir nach Fort Catalina reiten. Kann ich dich noch einmal allein lassen?«

»Geh nur«, erwidert sie.

Und wieder gleitet er hinaus, leise wie ein Schatten und als wäre er selbst ein Apache, der nur etwas zu groß geriet. Sie hält das Gewehr wieder im Hüftanschlag, steht mit dem Rücken an der Wand und lauscht.

Nach einer Weile hört sie ein Geräusch.

Dann sagt Sean O'Neils Stimme: »Tut mir leid, Dee. Sie hatten noch einen Wächter bei den Pferden. Und der begriff wohl, dass sie tot sind und ich die Pferde suchte. Er ist weg mit den Tieren. Wir sitzen hier immer noch fest.«

Sie geht quer durch den Raum in Richtung seiner Stimme.

Und wieder nimmt er sie in seine Arme.

»Wir werden uns ein Stück von hier weg ein Lager machen«, sagt er. »Wir bleiben nicht in der Station. Komm, hilf mir. Denn wir müssen ein paar Dinge zusammensuchen und forttragen.«

Sie liegen dann etwa zwei Steinwürfe weit von der Station entfernt zwischen einigen Dornenbüschen unter einer Decke. Sie fühlt sich bei diesem Mann geborgen, beschützt, sicher. Sie denkt einige Male: Bei Mel habe ich nie diese Sicherheit gespürt. Und dennoch sind Mel und ich ein Paar. Aber es macht mir nichts aus, Mel mit diesem Mann hier zu betrügen. Denn bin ich Mel überhaupt Treue schuldig? Sind Mel und ich nicht hauptsächlich nur Gefährten bei der Jagd nach Reichtum? Aaah, dieser Sean, der mich jetzt in seinen starken Armen hält, ist gewiss ein anderer Mann. Ich weiß nichts von ihm. Und dennoch spüre ich, dass er nicht wie Mel ist.

Sie schmiegt sich an Sean O'Neil, denn sie will nicht allein sein in dieser Nacht im Apachenland.

Er schläft nicht. Er lauscht fortwährend auf all die Laute der Nacht. Einige Male nickt auch er ein wenig ein. Doch immer wieder wird er wach und lauscht in die Nacht.

Endlich dann hört er es.

Ja, da kommt es langsam näher, wird lauter und deutlicher.

Es ist der klirrende Trab einer Kavallerieabteilung. Es ist jenes typische Geräusch, welches hier in diesem Lande eine besondere Bedeutung hat.

Er bleibt entspannt liegen und lauscht, wie es näher und näher kommt und dann drüben bei der Station verharrt, abbricht und zu einem Durcheinander von Geräuschen wurde.

Eine heisere Stimme erteilt Befehle. Durch das Schnauben und Stampfen der Pferde, Knarren der Sättel und Klirren der Metallteile hört O'Neil eine heisere Stimme Befehle erteilen.

»Zuerst werden die Verwundeten versorgt. Reiter Hopkins und Reiter Danielo, Sie übernehmen die Sicherung! Corporal, was ist zu melden?«

»Sir, es liegen tote Apachen herum – auch drinnen in der Station! Hier wurde gekämpft. Aber sonst ist niemand hier.«

Sean O'Neil hört das alles.

Und er macht sich seinen Vers darauf.

Er schüttelt Dee Lorne in seinem Arm ein wenig. Sie erwacht mit einem Seufzer, fragt gähnend: »Was ist?«

»Das Kommando, welches uns holen soll, ist gekommen«, flüstert er. »Nun müssen Sie wieder Mrs Lorne sein, die Frau von Captain Tom Lorne. Und vielleicht ist er sogar selbst mit dem Kommando gekommen. Es ist vorbei mit uns, schöne Dee. Ich werde es nicht vergessen.«

Sie liegt starr und still, so als wäre sie zutiefst erschrocken. Dann küsst sie seine stoppelbärtige Wange und haucht: »Nein, ich vergesse es auch nicht – wahrscheinlich nie mehr in meinem ganzen Leben. Viel Glück, Sean. Ja, ich muss jetzt wieder Mrs Lorne sein, die Frau des drittranghöchsten Offiziers von Fort Catalina.«

Sie erheben sich.

Dann gehen sie langsam hinüber. In der hellen Nacht sehen sie die haltende Patrouille. Die Reiter sind schon abgesessen, doch über einigen Pferden liegen regungslose Gestalten. Es sind tote Soldaten.

Andere Soldaten hocken am Boden neben den Tieren. Sie kamen gerade noch aus eigener Kraft aus den Sätteln. Aber sie sind verwundet. Man hört ihr Stöhnen.

Im Stationshaus wird es nun hell.