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Auch an diesem Tag ist Dan Saturday bis zum Einbruch der Dunkelheit geritten - immer tiefer in das gewaltige Bergland hinein, einsam und mit zwiespältigen Gefühlen.
Sein Campfeuer brennt in einer schmalen Hügelfalte. Bäume und Büsche sind vorhanden, und ein kleiner Bach kommt aus der Felsspalte. Der Platz ist prächtig für ein einsames Camp. Die Flammen lassen Dans schmales, kantiges und verschlossenes Gesicht noch härter erscheinen - es wirkt wie eine bronzefarbene Maske. Nur die Augen leben. Im Feuerschein leuchten sie grünlich. Das ist seltsam, denn bei Tageslicht haben sie die Farbe von stumpfem Kugelblei.
Plötzlich murmelt er: »Nein, es ist keine Feigheit - ich will keine Revolverkämpfe mehr. Das ist es! Ich bin es leid, immer wieder auf diese Narren schießen zu müssen, die mich vor ihre Colts fordern. Deshalb bin ich davongeritten, nicht aus Angst vor Bruce Shadwick, der seinen närrischen Bruder rächen möchte. Ich bin das rauchige Leben leid. Nun, die Einsamkeit hier wird gut für mich sein. Ich werde Wildpferde fangen und mir einen Bart wachsen lassen. Und wenn ich nach Wochen in eine neue Stadt reite, werde ich einen meiner Colts ablegen. Mit Bart und nur mit einem Colt wird kein Mensch in mir den Revolvermann Dan Saturday vermuten.« Er murmelt diese Worte fast unhörbar vor sich hin. Es ist, als gäbe er sich ein festes Versprechen.
Dan legt sich auf den Rücken, schlägt die Decke um seinen Körper und liegt still. Ruhig sieht er zu den Sternen hinauf, die über ihm durch die Büsche funkeln ...
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Seitenzahl: 150
Veröffentlichungsjahr: 2023
Cover
Gold Creek Canyon
Vorschau
Impressum
Gold Creek Canyon
Auch an diesem Tag ist Dan Saturday bis zum Einbruch der Dunkelheit geritten – immer tiefer in das gewaltige Bergland hinein, einsam und mit zwiespältigen Gefühlen.
Sein Campfeuer brennt in einer schmalen Hügelfalte. Bäume und Büsche sind vorhanden, und ein kleiner Bach kommt aus der Felsspalte. Der Platz ist prächtig für ein einsames Camp. Die Flammen lassen Dans schmales, kantiges und verschlossenes Gesicht noch härter erscheinen – es wirkt wie eine bronzefarbene Maske. Nur die Augen leben. Im Feuerschein leuchten sie grünlich. Das ist seltsam, denn bei Tageslicht haben sie die Farbe von stumpfem Kugelblei.
Plötzlich murmelt er: »Nein, es ist keine Feigheit – ich will keine Revolverkämpfe mehr. Das ist es! Ich bin es leid, immer wieder auf diese Narren schießen zu müssen, die mich vor ihre Colts fordern. Deshalb bin ich davongeritten, nicht aus Angst vor Bruce Shadwick, der seinen närrischen Bruder rächen möchte. Ich bin das rauchige Leben leid. Nun, die Einsamkeit hier wird gut für mich sein. Ich werde Wildpferde fangen und mir einen Bart wachsen lassen. Und wenn ich nach Wochen in eine neue Stadt reite, werde ich einen meiner Colts ablegen. Mit Bart und nur mit einem Colt wird kein Mensch in mir den Revolvermann Dan Saturday vermuten.« Er murmelt diese Worte fast unhörbar vor sich hin. Es ist, als gäbe er sich ein festes Versprechen.
Dan legt sich auf den Rücken, schlägt die Decke um seinen Körper und liegt still. Ruhig sieht er zu den Sternen hinauf, die über ihm durch die Büsche funkeln ...
Plötzlich erklingt ein heiserer Ruf aus der Nacht.
»Feuer! He, Feuer!«, ruft jemand.
Dan Saturday richtet sich auf, nimmt das Gewehr und gleitet davon. Ein einzelner Reiter nähert sich dem Feuer und verhält an der Grenze des Lichtscheins.
»He, Feuer! Ich bin allein! Darf ich kommen?«, ruft der Reiter wieder mit heiserer und etwas gepresster Stimme. Der Mann sitzt merkwürdig schief im Sattel.
Dan Saturday ruft ihm von der Seite her zu: »In Ordnung! Reiten Sie zum Feuer und steigen Sie dort ab!«
Der Fremde zögert einen kurzen Moment und wendet dabei den Kopf, um in Richtung der Stimme nach Dan zu spähen.
Dann reitet er zum Feuer und rutscht vorsichtig aus dem Sattel. Er benutzt dabei nicht seinen linken Arm, der lang herabhängt. Er bleibt ruhig stehen und wartet.
Dan Saturday geht um ihn herum und sieht ihm ins Gesicht.
Der Fremde ist groß, schmal, sehnig und blond.
Dan Saturday ist zufrieden. Er weiß, dass Bruce Shadwick, der auf seiner Fährte sein könnte, dunkelhaarig ist und sehr muskulös gebaut sein soll.
Sie sehen sich in die Augen. Der Fremde hat schmale und wasserhelle Augen, in denen sich das rote Licht des Feuers spiegelt. Es sind harte Augen.
»All right«, sagt Dan. »Ich habe schon gegessen. Sie können mein Feuer benutzen. Haben Sie Proviant?«
»Ich reite schon über eine Woche«, erwidert der Fremde gepresst. »Nicht mal 'ne Krume Tabak ist in meiner Tasche.«
Dan Saturday nickt. So hat er sich das gedacht. Er deutet auf das Bündel neben dem Feuer.
»Da! Ich reite mit einem Packpferd. Bedienen Sie sich.«
»Danke!«
Der Fremde sieht ihn dabei aufmerksam an. Es ist ein abschätzender Blick.
»Mein Pferd trat heute Mittag fast auf eine Klapperschlange und warf mich ab«, murmelt er dann. »Ich habe mir den linken Arm ausgekugelt. Deshalb kam ich an Ihr Feuer. Vielleicht können Sie mir meinen Arm wieder einrenken?«
Dan Saturday sieht auf den tief an der linken Seite hängenden Colt des Fremden. Der Mann ist Linkshänder.
»Schlimm für Sie«, sagt Dan. »Was wurde aus der Schlange?«
»Oh, ich bekam sie gut zu packen und zerstieß ihren Kopf an einem Stein.«
Der Fremde hebt dabei seine Rechte und macht eine kurze Bewegung. Dan nickt. Er lässt das Gewehr zu Boden gleiten und tritt an den Mann heran.
Sie sind beide von gleicher Größe, doch Dan wiegt sicherlich zwanzig Pfund mehr.
Er öffnet das Hemd des Fremden und zieht es ihm bis zum Gürtel herunter. Das Schultergelenk ist angeschwollen. Dan betastet es. Dann greift er blitzschnell zu. Es knackt hörbar.
Der Fremde zerbeißt einen Schrei auf den Lippen, presst die Zähne zusammen und taumelt. Dan hält ihn fest und aufrecht.
»Es ist wieder eingeschnappt«, sagt Dan ruhig und beobachtet den Mann aufmerksam. Und er erkennt, wie hart der andere ist, denn in das blass gewordene Gesicht tritt schon wieder Farbe. Der Fremde wischt sich den Schweiß aus dem Gesicht.
»Danke«, sagt er zu Dan. »Das war höllisch – aber gut. Vielleicht kann ich mich einmal dafür erkenntlich zeigen.«
»Kaum.« Dan lächelt. Dann kauert er sich nieder und bereitet dem seltsamen Gast eine Mahlzeit.
»Sie müssen Ihren Arm noch einige Tage schonen«, sagt er dabei. »Dort drüben ist ein Bach. Ich würde die ganze Nacht Umschläge machen, damit die Schwellung schneller zurückgeht.«
»Yeah«, murmelt der Mann. Er geht zu seinem müden Pferd, nimmt mit einer Hand den Sattel und das kleine Bündel ab, öffnet es und geht mit einem Handtuch zum Bach hinüber.
Später isst er hungrig, raucht von Dans Tabak und dankt ihm noch einmal. Sie nennen beide einander nicht ihre Namen, reden nur die notwendigsten Worte und gehen dann zur Ruhe. Ihre Schlafplätze sind weit voneinander entfernt.
Auch als sie am nächsten Morgen das Frühstück verzehren, stellen sie keine Fragen.
»Ich bleibe Ihnen etwas schuldig«, sagt der Fremde dann und klettert in den Sattel. Mit kurzem Gruß reitet er davon – nach Süden. Dan Saturday sieht ihm eine Weile nach, packt seine Sachen zusammen, schnürt sie auf den Packsattel und sitzt ebenfalls auf.
Er reitet nach Osten.
Bald denkt er nicht mehr an den Fremden.
Er ahnt noch nicht, dass dieser Fremde sehr bald doch noch seine Schuld begleichen wird – sehr großzügig sogar.
Dan Saturday reitet weiter in das wilde, einsame und weite Bergland hinein und sucht nach Spuren von Wildpferden. Es vergehen viele Tage.
✰
Eine Woche später durchreitet Dan Saturday ein kleines Hochland und kommt in einen gewundenen Canyon, dessen steile Hänge mit Nadelwald bewachsen sind.
Ein seichter Creek kommt aus dem Canyon. Dan reitet immer am Ufer des Creeks entlang und fragt sich, wo der gewundene Canyon wohl enden wird. Zweimal stößt er auf Wildpferdspuren, doch auch sie führen weiter in den Canyon hinein. Einmal hat Dan durch einen tiefen Einschnitt gute Sicht nach Osten.
Er sieht in der Ferne eine mächtige Mesa – ein großes Plateau.
»Ah, dort werde ich sie in Massen finden und jagen«, murmelt er begeistert, denn er weiß jetzt, dass er richtig geritten ist. Ein alter Trapper hat ihm einmal von diesem sagenhaften Wildpferdland erzählt.
Gegen Mittag rastet er an einem Creek zurück, setzt sich auf einen einzelnen Stein und zieht seine Stiefel und Socken aus.
Ja, denkt er, dies hier ist für mich besser als das Leben in den wilden Städten, in Saloons und unter Männern, die ständig kämpfen und bestimmte Ziele verfolgen.
Er starrt in das seichte Wasser und sucht nach Forellen. Und da sieht er auch schon eine, die um einen großen Stein gleitet. Es ist eine etwa pfundschwere Forelle. Sie stellt sich gegen die Strömung und ist kaum vom Grund des Creeks zu unterscheiden. Dan Saturday verspürt plötzlich den Wunsch eines Knaben in sich. Er gibt diesem Wunsch nach und greift neben sich nach einigen Kieselsteinen. Als er den ersten Stein wirft, gleitet die Forelle wie ein Blitz hinter den kleinen Felsblock und ist verschwunden.
Er grinst nachsichtig über sich selbst. Da er noch drei andere Kiesel in der Hand hält, wirft er sie spielerisch nacheinander ins Wasser. Doch beim letzten Kiesel erstarrt er mitten in der Bewegung – diesen Kiesel wirft er nicht.
Er spürt nämlich in der erhobenen Hand, dass dieser Kiesel zwar nicht größer, aber bedeutend schwerer als die anderen ist.
Und er nimmt die Hand herunter und sieht sich den Kiesel aufmerksam an.
Es ist kein Kiesel, sondern ein Goldnugget. Ein Stück Gold, das zwischen den Kieseln im seichten Wasser des Creeks lag.
Dan Saturday sitzt eine ganze Weile regungslos da und starrt das Ding an. Und er fühlt, wie ihm das Herz bis zum Hals hinauf schlägt, und verspürt ein seltsames Gefühl in der Magengegend.
Gold!
»Nein«, knurrt er, »das ist nicht möglich!«
Er nimmt sein Bowiemesser und kratzt und schneidet an dem Ding herum. Es ist weiches gelbes Metall.
»Verdammt, es ist tatsächlich Gold«, knurrt er wieder, und seine Stimme klingt gepresst.
Dann springt er auf und watet zu einer kleinen Kiesbank hinüber.
Es sind viele Kiesel da, große, kleine und sehr kleine. Und es ist Sand da.
Nach einer halben Stunde hat er eine Hand voll Nuggets gefunden. Sie sind alle kleiner als das Erste, aber unverkennbar Goldnuggets. Manche sind glatt und rund geschliffen, ohne Ecken und Kanten. Manche sind dünne Blättchen.
Er steckt sie in die Hemdtasche und eilt zum Camp, zerrt die Bratpfanne aus dem Bündel und läuft damit zur Kiesbank zurück. Dann wäscht er den feinen Kies aus, wie er es einmal Goldsucher hat machen sehen. Er ist ungeschickt, denn er tut es zum ersten Mal in seinem Leben.
Dann starrt er auf das gelbe Zeug, das in der Pfanne geblieben ist. Und er weiß, dass es Gold ist – richtiges Gold!
»In Dollars gerechnet habe ich in einer Stunde mehr gefunden, als ein Cowboy in einem Jahr bei harter Arbeit an Lohn bekommt«, murmelt er dann heiser.
Zugleich erwacht er aus seinem Rausch. Seine misstrauische Wachsamkeit ist plötzlich wieder da. Er weiß zu gut, welche Gefahr sein zufälliger Fund für ihn bedeutet.
Wo Gold gefunden wird, da fließt Blut, da wird betrogen, gekämpft und getötet. Gold entfesselt alle Leidenschaft, Wünsche und niederen Instinkte. Goldgier macht die Menschen zu Bestien. So war es bisher überall und zu jeder Zeit, wenn Gold gefunden wurde.
Dan Saturday wischt sich über das Gesicht.
»Wenn ich es nicht gefunden hätte, so würde es bald ein anderer Mann gefunden haben – sicher. Es ist ein wahres Wunder, dass ich mit der Nase drauf gestoßen bin. In diesem Creek liegen Millionen in Gold. Ich will meinen Teil davon haben. Ich werde mir das Entdeckerclaim abstecken – an der besten Stelle. Und ich habe drei Freunde zurückgelassen. Vielleicht verachten sie mich und denken, dass ich vor Bruce Shadwick weggelaufen bin – aber vielleicht haben sie auch erkannt, dass ich nicht schon wieder einen Mann töten wollte, der einen Revolverkampf mit mir suchte. Ich werde auch für meine Freunde je ein Claim abstecken. Und dann werde ich zur Provinzhauptstadt reiten und diese Claims anmelden. Zuerst aber will ich noch ein paar Pfund Gold zusammensuchen.«
Das murmelt er im Selbstgespräch.
Und er sieht sich um.
Kein Mensch ist in der Nähe.
Eines aber steht fest: Wenn Dan Saturday sein Gold in Dollars wechselt und die Claims eintragen lässt, so wird wenige Tage später dieser Canyon von Menschen wimmeln. Wie Ameisen werden sie den Creek und die ganze Sohle des Canyons durchwühlen. Zelte, Hütten, Blockhäuser – eine ganze Goldgräberstadt mit Saloons, Hotels, Speiseküchen und allem, was dazu gehört, werden zauberhaft schnell vorhanden sein.
Und dieser Canyon wird »Gold Creek Canyon« heißen.
Aus tausend Meilen im Umkreis werden die Menschen herbeiströmen.
So wird es kommen.
»Ich werde meine Rechte zu wahren wissen«, sagt Dan Saturday in die Stille.
✰
Am dritten Tag hat er seinen eigenen und drei andere Claims abgesteckt. Er hat die Pfähle tief in den Boden gerammt und auf die abgeflachten Enden seinen und drei andere Namen mit Tintenstift geschrieben.
Whip Dunn, Chase Pence und Jim Larrymaker.
Das sind die Namen seiner Freunde, und es sind drei höllisch raue und scharfe Burschen, die vielleicht gar nicht mehr seine Freunde sein wollen, weil er vor Bruce Shadwick davongeritten ist. Ja, sie werden vielleicht wirklich nicht verstehen, dass Dan Saturday von den Revolverkämpfen die Nase voll hatte.
Aber das wird sich alles noch finden.
Jetzt ist Dan Saturday bereit, wieder in die Provinzhauptstadt zu reiten und all den Dingen zu begegnen, die dort auf ihn warten. Er will mit allen Mitteln des Rechtes seine Fundstelle sichern. Er kann nun nicht mehr vor einem Schießer weglaufen, der den Bruder rächen will.
Dan Saturday kniet am Creek und füllt die letzte Ausbeute des Tages in ein kleines Säckchen. Er ist ziemlich in diese Beschäftigung vertieft und denkt schon daran, dass er ab morgen schnell und hart reiten müssen wird.
Plötzlich kommt der schwache Duft von Zigarettenrauch in seine Nase. Es geht wie ein Stich durch seinen Körper.
Aber er richtet sich nicht auf, sondern hantiert ruhig weiter und überlegt dabei haarscharf.
Und da trifft ihn abermals der sanfte Luftzug, der den Duft von Zigarettenrauch mit sich bringt.
Endlich richtet er sich mit dem Rücken zur Windrichtung auf. Er trägt seinen doppelten Waffengurt nicht, denn solch ein Kreuzgurt ist ziemlich hinderlich bei der Arbeit. Dafür aber hat er eine seiner beiden Waffen im Hosenbund stecken.
Er tut so, als würde er den Beutel noch zubinden.
Aber plötzlich lässt er ihn fallen, schnappt den Colt und wirbelt geduckt herum. Er lässt sich mit den Knien ins Wasser fallen und richtet die Mündung seiner Waffe auf die beiden Reiter, die am Ufer halten und ihre Hände schon an den Waffen haben.
»Lasst das!«, ruft er scharf und schießt dabei schnell und sicher. Er trifft die Hutspitze des größeren Burschen, der einen bösen Fluch ausstößt und seine Hände hebt.
Auch der andere Reiter nimmt die Hand vom Colt.
»Steck sie auch in die Luft!«, ruft Dan wieder scharf.
»He, he, was hast du gegen uns?«
»Ihr seid zu leise gekommen – und das mag ich nicht! Los, runter von den Gäulen!«
Dan erhebt sich, nimmt dabei mit der Linken seinen Beutel auf und verlässt das Creek-Bett.
Die Augen der Kerle richten sich auf den prallen Beutel. Es sind zwei abgerissene Satteltramps.
Dan Saturday ist sich der Gefahr, in der er sich befindet, wohl bewusst. Die beiden Kerle sind über die Terrasse in den Canyon gekommen. Sie haben ihn gewiss von der Terrasse, die sich in halber Höhe an der bewaldeten Bergwand entlangzieht, lange genug beobachtet. Und sicherlich haben sie erkannt, dass er Gold suchte und keinen Waffengurt trug. Sein Hemd hat sich im Laufe der Arbeit weit über den Gürtel gebauscht. Sie konnten also auch den Colt im Hosenbund nicht erkennen.
Sie dachten, er wäre waffenlos, und sind leichtsinnig herbeigeritten.
Aber wenn sie nicht allein sind und noch einer oder gar mehrere im Wald am Hang stecken, ist Dan Saturday verloren. Er probiert es gleich aus und schießt auch dem zweiten Mann den Hut vom Kopf.
»Runter von den Gäulen und die Hände hoch, habe ich gesagt!«
Sie verstehen diese Sprache und rutschen fluchend aus den Sätteln.
Dann macht der kleinere Mann eine große Dummheit. Er tut so, als knickte er mit dem Knöchel um. Mit der linken Hand fängt er seinen Fall ab. Die Rechte zuckt nach dem Colt.
Er macht es schnell und geschickt. Aber als er die Waffe hochreißen will, schießt Dan Saturday.
Die Kugel schlägt in den Oberarm des Mannes.
»Du Narr!«, ruft Dan Saturday scharf. »Muss ich euch erst totschießen? Aufstehen! Los!«
Der Mann gehorcht.
Der unverletzte Mann steht ruhig.
Dan lässt sie einige Schritte vortreten. Dann geht er um sie herum und entwaffnet sie.
»Jetzt verschwindet – zu Fuß natürlich!«
Das trifft sie hart. Der größere Mann zittert am ganzen Körper, und die böse Wut lässt auch seine Gesichtszüge zucken. Der andere greift nach seiner Wunde am rechten Oberarm.
»Du Schuft«, keucht er wieder. »Du hast mich angeschossen, und nun schickst du mich zu Fuß weg!«
Dan Saturday lächelt bitter. Er zeigt mit dem Colt kurz zum Creek hin.
»Das ist ein Gold-Creek – und ihr wisst es. Ich habe vier Claims abgesteckt, aber sie gehören mir erst, wenn sie beim Landkommissar eingetragen sind. Was würdet ihr beiden Hechte denn an meiner Stelle tun? Ah, ihr hättet mich längst zusammengeknallt!«
»Hölle! Ohne mein Pferd rühre ich mich nicht von der Stelle!«, heult der Kleine wild.
Dan Saturday gibt keine Antwort. Er geht zu seinem Camp.
Binnen zehn Minuten ist er rittfertig.
Fünf Meilen weiter lässt er die beiden müden Sattelpferde zurück. Seine beiden eigenen Tiere sind gut ausgeruht. Er reitet nun schneller. Er muss damit rechnen, dass die beiden Tramps zu einer Bande gehören und ihre Komplizen alarmieren.
✰
Auch der dritte Tag vergeht ohne Zwischenfall. Dan Saturday fühlt sich nun sicherer. Die Gegend ist ihm hier schon bekannter. Er kennt die natürlichen Landmarken und weiß, dass er in zwei Tagen Tombstone erreichen wird.
Er reitet nun durch die Ausläufer der Whetstone-Berge im Westen.
Eine ausgefahrene Spur der Straße führt in eine schmale Schlucht hinein, die wie ein Riss zwei Mesas in Südrichtung trennt.
Ein feiner Instinkt in Dan Saturday warnt andauernd vor einer Gefahr. Er hält einen seiner Colts bereit und reitet immer vorsichtiger. Als er um eine Biegung reitet, sieht er das Ende der Schlucht.
Er atmet zufrieden auf und reitet schneller.
Zu beiden Seiten des Schlucht-Endes stehen Felsen, auf deren Spitze die Sonne flimmert. Jede der beiden Felsengruppen ist für einen Hinterhalt geeignet.
Aber Dan Saturday muss hindurch. Er späht scharf zu den Felsengruppen hinüber, beugt sich instinktiv tiefer und treibt sein Pferd aus dem Trab in einen wilden Galopp hinein. Das Packpferd wird mitgerissen. Sie hinterlassen eine rötlich graue Staubwolke und jagen auf die Ebene zu.
Im selben Moment bricht es los.
Die Bande, zu denen die beiden Satteltramps gehören, ist da. Sie haben ihn nicht nur eingeholt, sondern warten sogar auf ihn am Ende der Schlucht. Sie kennen das Land besser als er und haben ihren Nutzen daraus gezogen.
Und nun wollen sie ihn töten.
Schüsse krachen aus den Felsen. Wäre er langsam aus der Schlucht geritten, so hätten sie ihn sofort aus dem Sattel geschossen. Aber nun wirbelt er eine Staubwolke auf. Da sie ihn schon halb an sich vorbeiließen, denn er sollte sich nicht wieder in die Schlucht retten können, stört die Staubwolke die heimtückischen Schützen.
Sie erwischen ihn nicht, sondern nur die beiden Pferde, die ihnen ein leichtes Ziel bieten.