G. F. Unger 2231 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2231 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Thor Ballard hält seinen riesigen Rappwallach an, legt die mächtigen Hände übers Sattelhorn und blickt lange über das weite Tal zu seinen Füßen. Es ist ein gewaltiges, von Gebirgszügen umschlossenes Becken mit kleinen Creeks, herrlicher Weide, Waldstücken, Hügelketten und vielen geschützten Winkeln. Thor Ballard atmet tief ein. Und dann sagt er ruhig und fest: »Das ist es! Jungs, dort unten liegt mein Königreich! Es hat auf mich, Thor Ballard, gewartet! Jetzt gehört es mir!«
Die beiden anderen Reiter nehmen ihre scharfen Blicke von dem gewaltigen Tal. Sie schauen den großen Thor Ballard an, der ihnen schon seit Jahren der große Bruder, Freund, Vater und Lehrmeister ist. Sie betrachten ihn ernst. Und sie sehen einen blondmähnigen Riesen von vierzig Jahren, der etwas von einem Löwen an sich hat.
Reb Slauther grinst sein verwegenes Grinsen. Er ist fünfundzwanzig Jahre jung, indianerhaft und falkenäugig. Er ist kühn, verwegen, hart und schnell - und von dem heftigen Ehrgeiz besessen, nach Thor Ballard der zweite Mann zu sein.
»Yeah«, sagt er, »wir sind am Ziel, Thor. Der verdammte Weg hat sich gelohnt. Es ist alles da. Du hast mit deiner weiten Schlinge einen prächtigen Wurf gemacht. Ein Wurf - und ein Königreich ist eingefangen!«
Er verstummt zufrieden und denkt: Wer wird eines Tages dein Nachfolger sein, Thor Ballard? Ich? Oder wird es Wyatt Sunbow sein?


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Seitenzahl: 159

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Die weite Schlinge

Vorschau

Impressum

Die weite Schlinge

Thor Ballard hält seinen riesigen Rappwallach an, legt die mächtigen Hände übers Sattelhorn und blickt lange über das weite Tal zu seinen Füßen. Es ist ein gewaltiges, von Gebirgszügen umschlossenes Becken mit kleinen Creeks, herrlicher Weide, Waldstücken, Hügelketten und vielen geschützten Winkeln. Thor Ballard atmet tief ein. Und dann sagt er ruhig und fest: »Das ist es! Jungs, dort unten liegt mein Königreich! Es hat auf mich, Thor Ballard, gewartet! Jetzt gehört es mir!«

Die beiden anderen Reiter nehmen ihre scharfen Blicke von dem gewaltigen Tal. Sie schauen den großen Thor Ballard an, der ihnen schon seit Jahren der große Bruder, Freund, Vater und Lehrmeister ist. Sie betrachten ihn ernst. Und sie sehen einen blondmähnigen Riesen von vierzig Jahren, der etwas von einem Löwen an sich hat.

Reb Slauther grinst sein verwegenes Grinsen. Er ist fünfundzwanzig Jahre jung, indianerhaft und falkenäugig. Er ist kühn, verwegen, hart und schnell – und von dem heftigen Ehrgeiz besessen, nach Thor Ballard der zweite Mann zu sein.

»Yeah«, sagt er, »wir sind am Ziel, Thor. Der verdammte Weg hat sich gelohnt. Es ist alles da. Du hast mit deiner weiten Schlinge einen prächtigen Wurf gemacht. Ein Wurf – und ein Königreich ist eingefangen!«

Er verstummt zufrieden und denkt: Wer wird eines Tages dein Nachfolger sein, Thor Ballard? Ich? Oder wird es Wyatt Sunbow sein?

Er blickt Wyatt Sunbow an. Es ist ein abschätzender und forschender Blick.

Wyatt Sunbow wirkt nicht so dunkel, so indianerhaft, so verwegen und geschmeidig wie Reb Slauther. Er wirkt hager und sehnig. Und sein etwas hohlwangiges Gesicht ist sehr ruhig und still. Seine rauchgrauen Augen blicken nachdenklich auf das Land nieder – jenes gewaltige Tal, das sich zu seinen Füßen ausdehnt. Er nimmt den alten Hut ab und wischt sich über die Stirn. Sunbows rotes Haar leuchtet im Sonnenlicht wie eine herausfordernde Flamme – wie ein Signal, das jeden Blick auf sich zieht.

Dann sagt er sanft: »Ein mächtiger Wurf mit einer gewaltig weiten Schlinge. Ich sehe zwei oder drei Siedlerstätten – und einige Äcker und Felder.«

Er sagt es bedächtig, und als er seinen Blick auf Reb Slauther und Thor Ballard richtet, ist eine ernste und forschende Nachdenklichkeit in seinen Augen zu erkennen.

Reb Slauther grinst wieder blitzend und sagt schnell und hart: »Es ist überall so auf der Welt, Freund Wyatt! Wo ein Großer hinkommt, müssen Kleine weichen. Das ist Naturgesetz. Der Große hat Rechte. Sonst gäbe es keine Größe und keine Stärke.«

Er verstummt hart, stolz und entschieden. Wyatt Sunbow blickt ihn eine Weile schweigend an. Ja, sie sind Freunde, fast wie Brüder. Als halbwüchsige Tramps las Thor Ballard sie irgendwo auf und nahm sie zu sich. Er hatte damals in diesen beiden verwilderten Jungen sofort den heißen Hunger nach all den vielen Dingen des Lebens erkannt. Es war so, als hätte ein Löwe zwei Jungwölfe adoptiert. Und er erzog sie nach seiner Art. So wurden sie allmählich zu erwachsenen Männern. Aber sie glichen sich schon lange nicht mehr so sehr wie damals, als er sie fand und zu sich nahm.

Denn irgendwann schafft sich jeder Mann seine eigenen Grundsätze.

Wyatt Sunbow blickt also seinen Freund Reb Slauther schweigend und mit tiefer Nachdenklichkeit an. Aber er sagt nichts zu Rebs Worten.

Nach einigen Atemzügen wenden sie sich Thor Ballard zu, der sie stumm und sehr sorgfältig beobachtete, wobei der deutliche Ausdruck von Wohlgefallen in seine Augen trat.

Jetzt nickt er ihnen zu und sagt: »Ihr werdet euch immer gut ergänzen, Jungs. Reb, ohne Wyatt würdest du eines Tages mit dem Kopf gegen eine harte Wand rennen. Und ohne Reb, Wyatt, mein Junge, würdest du etwas zu bedächtig und eine Idee zu langsam in deinen Entscheidungen und deinem Handeln sein. Ihr werdet immer unschlagbar sein, wenn ihr zwischen euch die Mitte findet. Dann seid ihr zusammen so viel wie Thor Ballard allein.«

Er lächelt – und es ist keine Überheblichkeit an ihm. Was er sagt, erscheint wie selbstverständlich.

Er wendet sich im Sattel und blickt zur Wasserscheide des Passes hinauf.

Dort erscheint jetzt die Pferderemuda der Herde. Es sind vierhundert Pferde. Sie werden von drei Reitern getrieben – von geschmeidigen und hartbeinigen Jungs aus Texas.

Der Remuda folgen der Küchenwagen und der schwere Murphy-Schoner mit der Ausrüstung. Hinter den beiden Wagen kommt der mächtige Leitstier über die Wasserscheide. Er wirft den Kopf hoch und brüllt mächtig. Dann wittert er in das Tal nieder, wirft nochmals den gewaltigen Schädel hoch und brüllt abermals.

»Auch Mossyhorn hat es begriffen«, sagt Thor Ballard mit seiner tiefen Stimme. »Seht euch das an, Jungs! Dort kommen fünftausend Longhorns aus Texas! Eines Tages werden es hunderttausend Stück sein. Und sie werden dort unten die Weide bedecken – dieses Tal unten und alle Nebentäler. Und dort kommen zwei Dutzend Texas-Cowboys! Eines Tages werden hundert Männer für Thor Ballard im Sattel sitzen. Reiten wir in Thor Ballards Tal hinunter!«

Und damit hat das Riesental dort unten auch schon seinen Namen.

Ballard's Valley!

Zwei Stunden später erreicht Ballard den Eingang eines Canyons, dessen anderes Ende hinaus auf das Tal führt.

Und hier warten drei Männer. Es sind drei Männer mit Gewehren. Und es sind drei entschlossene Männer mit harten Gesichtern und flintsteinharten Augen.

Es ist ein Vater mit seinen zwei erwachsenen Söhnen.

Sie versperren den Weg. Breitbeinig, entschlossen, furchtlos und wachsam stehen sie da.

Das ist unmissverständlich.

Thor Ballard hält an. Reb Slauther und Wyatt Sunbow halten rechts und links neben ihm.

Eine Minute ist es still. Weit zurück und noch hoch droben im Pass brüllt die Herde, die bald die Weide in Besitz nehmen wird.

Thor Ballard nickt endlich. »Ihr wollt mich aufhalten?«, fragt er die drei Männer.

Der grauhaarige Siedler nickt. Er ist groß, breit, knochig und sicherlich auch gewaltig stark. Seine Söhne sind jüngere Ausgaben von ihm. Und alle drei wirken sehr stur und dickköpfig.

»Yeah«, sagt der Siedler schwer. »Hier kommt keine Herde durch und zertrampelt unsere Äcker und Felder. Hier nicht! Denn wenn wir diesmal keine Ernte haben, müssen wir hungern.«

Thor Ballard nickt.

»Mann, ich kann Sie gut verstehen. Aber selbst wenn ich es wollte, ich könnte meine Herde nicht mehr umdrehen und über den Pass zurücktreiben. Das geht nicht. Und ich will es auch gar nicht. Ich bringe fünftausend Rinder ins Tal.«

»Ich weiß«, knurrt der Siedler rau. »Meine Söhne haben die Herde schon vor Tagen gesehen und mir gemeldet.« Er schüttelt stur den grauen Kopf. »Hier kommt ihr nicht durch, Kuhtreiber. Gleich hinter dem Canyon beginnen meine Felder. Ich versperre euch den Weg. Treibt die verdammte Herde in die Schlucht dort. Sie umgeht das Tal und führt in ein kleines Nebental. Von dort aus ist der Weg nach Westen nicht viel weiter.«

»Ich will nicht weiter«, murmelt Thor Ballard sanft. »Ich will in dieses Tal. Ich nehme es in Besitz. Haben Sie auch Frauen und Mädchen in Ihrer Sippe, Mann?«

»Yeah«, sagt dieser und schluckt schwer. »Sie kommen hier nicht durch, Rindermann«, wiederholt er dann.

Thor Ballard beobachtet diese Drohung nicht.

»Ihr könnt für mich arbeiten«, sagt er hart. »Jedem, der für Thor Ballard arbeitet, geht es gut. Ich sorge für meine Leute. Ich baue eine große Ranch mit vielen Vorwerken. Ich baue eine Stadt. Ich richte eine Fracht- und Postlinie ein. Ich schaffe ein neues County mit allen Dingen, die dazu gehören. Aber ich bin der Boss in meinem County. Und jetzt macht mir den Weg frei.«

Er reitet langsam an.

Und da richten die drei Siedler ihre Gewehre auf ihn.

Der ältere Mann drückt ab, und die Kugel wirft vor den Hufen von Thor Ballards Rappen Steine hoch.

»Keinen Schritt weiter!«, brüllt der Siedler.

Aber indes er es brüllt, krachen Reb Slauthers große Colts. Auch die Gewehre der beiden Söhne des Siedlers krachen – aber zu spät. Gegen Reb Slauther haben drei Siedler keine Chancen. Er trifft sie schnell und sicher, denn er kann auch drei in die Luft geworfene Steine oder drei über den Boden huschende Eichhörnchen treffen.

Dann ist es still. Und dann stöhnen die drei getroffenen Männer am Boden schmerzvoll. Einer richtet sich auf die Knie auf und will noch einmal das entfallene Gewehr aufnehmen.

Aber er lässt es, als Reb Slauther mit kaltem Lächeln den rechten Colt auf ihn richtet. Er lässt es und sagt nur: »Oh, ihr Schufte.« Dann wird er bewusstlos.

Thor Ballard sitzt brummend ab und sagt: »Diese Nester müssen es immer wieder auf die harte Art eingehämmert bekommen. Du wirst mit deinen Colts jede Woche schneller, Reb. Und sicher schießt du. Keiner ist tot und doch sind sie kampfunfähig.«

»Ich bin mit dem Colt von keinem Mann auf dieser Welt zu schlagen«, sagt Reb Slauther gedehnt, und seine Augen funkeln. »Selbst du oder Wyatt können mich nicht mit den Colts schlagen.«

Er wendet den Kopf und blickt Wyatt an. »Nicht wahr?«, fragt er.

»Vielleicht«, murmelt Wyatt Sunbow und sitzt ebenfalls ab.

Nach einigen Minuten haben er und Thor Ballard die Verwundeten untersucht und sogar einige Notverbände angelegt. Red Slauther bringt aus dem Canyon drei Pferde herbei. Es sind Pferde, die diesen Siedlern als Acker-‍, Wagen- und Reitpferde dienen.

Die drei Verwundeten sind wieder bei Besinnung. Zu ihrem Blutverlust und den Schmerzen spüren sie den Schock der Niederlage. Sie wissen, dass sie geschlagen sind auf der ganzen Linie. Und ihr Fall ist keine Seltenheit. Hundert- und tausendfach geschah es damals, dass ein Großer und Starker in ein Land geritten kam, und alle Kleinen und Schwachen ihm weichen mussten.

Thor Ballard betrachtet die drei Besiegten eine Weile schweigend.

»Ihr seid drei verdammte Narren«, sagt er schließlich. »Wir werden euch auf die Pferde setzen und heim zu eurer Familie bringen. Aber mein Angebot, dass ihr für mich gegen guten Lohn arbeiten könnt, gilt nun nicht mehr. Ich gebe euch zwei Wochen Zeit. Dann habt ihr eure Verwundungen überstanden. Und dann werdet ihr das Tal verlassen.«

Keiner der drei Siedler sagt etwas.

Aber Wyatt Sunbow spricht jetzt: »Mister Ballard wird euch noch vor eurem Abzug den Ernteausfall ersetzen. Das wird er tun.«

Er richtet seinen ruhigen Blick auf Thor Ballard. Dessen Gesicht wird dunkelrot. Aber bevor er etwas sagen kann, spricht Reb Slauther heftig: »Zum Teufel, wer sich uns mit der Waffe in der Hand in den Weg stellt, der geht ein Risiko ein und wird nachher nicht noch dadurch belohnt, dass wir ihm seine Ernte abkaufen.«

Aber Thor Ballard achtet nicht auf Reb Slauthers Worte. Die Röte des Zorns schwindet auch wieder aus seinem Gesicht. Er starrt Wyatt Sunbow immer noch an – und nickt dann.

»Sicher, Wyatt«, sagt er schwer. »Hart, aber gerecht, so willst du es haben, nicht wahr? Und das ist richtig. Hart, aber gerecht.«

Er wendet sich dem älteren Siedler zu.

»Kommen Sie in zwei Wochen, wenn Sie mit Ihrer Sippe das Tal verlassen, bei mir vorbei. Ich werde die entgangene Ernte fair bezahlen. Und jetzt werden wir euch auf die Pferde helfen.«

»Zum Teufel«, sagt der Graukopf. »Wir brauchen keine Hilfe. Und zum Teufel mit eurem Geld! Es ist jetzt schon zum dritten Mal geschehen, dass uns ein großer Rancher mithilfe von Revolverhelden von der Weide vertreibt. Das reicht mir! Thor Ballard heißen Sie? Nun, Mister Ballard, Sie werden eines Tages herausfinden, dass Sie auch nur ein Mensch und kein Halbgott sind. Das werden Sie herausfinden, wenn ich Ihnen den Kopf von den Schultern schieße – genau in diesem Moment wird Ihnen das klar werden. Helft mir, Jungs!«

Die letzten Worte gelten seinen Söhnen, und obwohl sie noch sehr schwach auf den Beinen stehen, ebenfalls verwundet sind und Schmerzen spüren, helfen sie ihm hoch. Mit ihrer Hilfe hinkt er zu seinem Pferd und kommt irgendwie in den Sattel. Auch seine beiden Söhne schaffen es. Sie sind wirklich hart und zäh. Das ist die Sorte, die jeden Tag zwanzig Stunden arbeiten kann. Aber mit der Schusswaffe sind sie jedem Durchschnittscowboy unterlegen. Langsam reiten sie davon.

Reb Slauther sagt verächtlich: »Das ist Kroppzeug. Diese Schollenbrecher und Schweinezüchter sind Kroppzeug, aber wer sie in seiner Nähe duldet, dem saugen sie wie Ungeziefer das Blut aus. Das waren einmal deine Worte, Thor, und ich merkte sie mir gut. Zum Teufel, diese drei Kümmerlinge wollten auf uns schießen, und sie taten es schließlich auch. Und der Alte drohte dir dann sogar noch. Dennoch aber bist du duldsam und willst ihnen Geld geben. Rührt dich Wyatts weiches Herz so sehr?«

Thor Ballard bekommt wieder einen roten Kopf, und in seinen gelben Löwenaugen funkelt Zorn.

Er wendet sich Wyatt zu und knurrt: »Sag es ihm, mein Junge, sag es ihm, Wyatt.«

»Was soll er mir sagen?«, fragte Reb Slauther scharf und starrt Wyatt an.

Der atmet langsam ein und murmelt sanft: »Hart, aber gerecht, Reb! Wir nehmen uns ein Stück freie Weide, weil wir daran glauben, dass alles Weideland von der Schöpfung für die Rinderleute gemacht wurde. Und wir nehmen uns die Weide hier in diesem Land mit dem Recht des Stärkeren. Das können wir tun, weil es hier noch kein Gesetz gibt. Rechtmäßig gehört dieses Land den Indianern. Wir glauben also, dass wir es erobern können, mit dem gleichen Recht, mit dem seit Jahrtausenden Land erobert wurde. Aber deshalb wollen wir keine Banditen sein. Freies Land gehört dem Stärkeren! Die Ernte aber gehört dieser Siedlersippe. Und deshalb ersetzen wir die Ernte. Das müssen wir tun, weil auch der Starke und Harte menschlich bleiben muss. Wir können diese Siedler nicht ausgeplündert davonjagen. Wir wollten ihnen Arbeit, Brot und Lohn geben. Das wollten sie nicht. Also müssen wir sie vertreiben. Aber wir ersetzen ihnen die entgangene Ernte.«

Reb Slauther grinst seltsam.

»Nun gut«, sagt er. »Hundert oder zweihundert Dollar sind nicht viel für uns. Aber was hättest du getan, Freund Wyatt, wenn Thor sich meiner Auffassung angeschlossen hätte?«

»Das braucht er mir nicht zu sagen, das weiß ich«, mischt sich Thor Ballard ein und treibt sein Pferd vorwärts.

Wyatt Sunbow folgt ihm sofort, und Reb Slauther beeilt sich, schnell in den Sattel zu kommen. Er holt Wyatt Sunbow bald ein, drängt sein Pferd neben das des Freundes und fragt nochmals: »Was hättest du getan, Wyatt?«

»Wir glauben an das Vorrecht der Rinderleute«, erwidert Wyatt. »Und wir sind hart. Aber wir wollen nicht böse und gemein sein. Das ist der Unterschied. Wenn Thor Ballard böse und gemein handeln sollte, würde ich ihn auf der Stelle verlassen. Und wir waren einmal halb verhungerte und jämmerliche Knaben, als Thor Ballard uns auflas. Ohne ihn wären wir damals vor die Hunde gegangen. Man muss anderen Menschen immer eine kleine Chance geben.«

Reb Slauther sagt nichts. Aber man kann sehen, dass ihm nun viele Gedanken im Kopf herumgehen.

Zwei Meilen hinter ihnen kommt jetzt die Herde aus dem Canyon und breitet sich sofort aus. Die staubigen und hungrigen Rinder stürzen sich auf Wasser und Weide wie eine besondere Art riesengroßer und gehörnter Heuschrecken.

Und die Ernte der Siedler geht schnell zum Teufel.

Ein Reiter kommt herangaloppiert, reitet dicht an Thor Ballard heran und fragt: »Sir, wie weit sollen wir die Herde ins Tal treiben?«

»Noch einige Meilen, dann lasst sie auseinanderlaufen, wie sie wollen«, erwidert Thor Ballard. »Wir sind am Ziel, Wego! Alle Jungs, die gestern Mitternachtswache ritten, sollen die Herde verlassen und mit den Wagen und der Pferderemuda unserer Fährte folgen. Dort hinter den sanften Hügeln ist ein See. Dort bauen wir die Ranch auf. Dort ist ein guter Platz für Thor Ballards Hauptquartier!«

»All right, Sir«, sagt der Cowboy zufrieden, reißt seinen Schecken herum und reitet zur Herde zurück.

Thor Ballard, Wyatt Sunbow und Reb Slauther reiten weiter. Sie sehen sich um, und alles, was sie sehen, gefällt ihnen.

Als sie um eine Waldzunge reiten, erblicken sie eine zweite Siedlerstätte. Diese ist jedoch kleiner. Es ist nur ein zweiräumiges Blockhaus, ein Schuppen und zwei Corrals. Einige kleine Felder sind da, es gibt zwei Milchkühe, einige Schafe, Hühner und einen Garten. Das alles liegt jenseits des Creeks.

Und am Creek selbst kniet eine junge Frau auf einem Bohlensteg und wäscht Wäsche. Ein kleiner Junge hockt dicht daneben und lässt ein Stück Holz schwimmen. Er hat es an einem Faden befestigt.

Die junge Frau richtet sich auf, als die Reiter auf der anderen Seite anhalten. Sie streicht sich mit dem Unterarm blonde Haare aus der Stirn und steht ruhig und bewegungslos da.

Der Creek ist nicht breiter als zehn Yards, uns so können die drei Männer die junge Frau aus nächster Nähe betrachten. Sie ist noch jung, vielleicht sechsundzwanzig. Sie ist ziemlich groß für eine Frau, und der leichte Wind drückt ihre Röcke gegen ihre langen Beine. Es ist eine prächtig gewachsene und voll erblühte Frau mit weizengelbem Haar, blauen Augen und von einer klaren und sauberen Schönheit.

Der Junge ist etwa sechs Jahre alt, und er ist weißblond. Er zeigt auf die Reiter hinüber und sagt: »Mom, da sind diese Rinderleute!«

»Sei still, Franky«, sagt die Frau, und sie hat eine dunkle und etwas kehlige Stimme. Sie hört sich gut an, diese Stimme, denn sie hat jenen melodischen Klang, den ein Mann gerne hört. Überhaupt bietet diese Frau ein sehr erfreuliches Bild.

Thor Ballard und seine beiden jüngeren Gefährten greifen an die Hutkrempen.

Dann reiten sie durch den Creek, dessen Wasser ihren Pferden bis zu den Bäuchen reicht. Sie halten am Rande an, und indes ihre Pferde die Köpfe senken und von dem hier knöcheltiefen Wasser saufen, betrachten sie die junge Frau nochmals.

Sie blickt die Reiter fest und gerade an. Sie ist eine Frau, die an harte Männer gewöhnt ist. Dieser gerade Blick sagt es.

Thor Ballard beugt sich leicht im Sattel vor und sagt: »Ballard ist mein Name, Madam. Und Ballard's Valley, so heißt ab heute dieses Tal. Wo ist Ihr Mann, Madam?«

Seine Worte sind seltsam sanft und gedehnt. Und sein Blick studiert und prüft die Frau Zoll für Zoll. Es ist der Blick eines selbstbewussten Mannes, der sich von jeher in diesem Leben genommen hat, was ihm gefiel und was er haben wollte. Und er lässt durch einen Blick die Frau spüren und begreifen, dass sie ihm gefällt und dass er mehr als neugierig ist, mehr über sie zu erfahren.

»Mein Mann wurde vor gut einem Jahr von den Apachen getötet«, sagt sie ruhig. »Das war dort hinter den Bergen. Dort führt eine alte Armeestraße nach Santa Fe. Und wir hier im Tal, wir wissen schon seit Tagen, dass ein stolzer Rindermann mit vielen Reitern und einer großen Herde herangezogen kommt. Bill Hancok und seine beiden Söhne wollten euch aufhalten. Aber es ist ihnen wohl nicht gelungen?«

»Nein«, sagt Thor Ballard. »Mich hält niemand auf. Ich erreiche mein Ziel immer.«

Sein Blick machte die letzten Worte etwas zweideutig.

»Und was ist sonst noch?«, fragt die Frau fest.

»Ich vertreibe keine Witwen, die prächtige Söhne haben«, sagt Ballard. »Ich werde Sie bald besuchen, Madam. Und wir werden uns besser kennenlernen. Oder sehen Sie etwas an mir, was Ihnen nicht gefällt?«

Sie betrachtet ihn ernst.

Und dann sieht sie Reb Slauther und Wyatt Sunbow an. Als Wyatt Sunbow in ihre Augen blickt, kann er hinter ihrem stolzen Ausdruck Sorge und fast Furcht erkennen.

Er lächelt ernst. »Wyatt Sunbow ist mein Name. Und das ist Reb Slauther.«

Sie nickt leicht. »Ich bin Stella Morgan.« Sie richtet ihren Blick wieder auf Thor Ballard.