G. F. Unger 2239 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2239 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Wir waren eine müde, angeschlagene und verkaterte Bande. Und wir befanden uns in einer bösen Stimmung. Jemand sagte: »Wenn wir wollten, könnten wir die verdammte Hurenstadt klein machen. Wir brauchen uns das nicht gefallen zu lassen. Wollen wir?«
Wir kochten wahrhaftig vor Wut. Denn vor nicht langer Zeit hatten wir Texaner mit dem ganzen Süden den Krieg verloren. Texas war arm geworden wie eine Kirchenmaus. Dann wurden plötzlich die Rinder etwas wert. In Texas zahlte man zwei Dollar für jedes Longhorn auf dem Huf. Unser Treibboss hatte dreizehn Dollar und fünfzehn Cents für jedes Tier bekommen. Und wir hatten mehr als zehntausend Stück ans Ziel gebracht.
Ohne uns war kein Rindergeschäft möglich. Nicht nur die Rinderbesitzer in Texas, sondern auch diese Stadt, die Eisenbahn und die Fleischfabriken verdienten durch uns. Und nun hatte man uns wie den letzten Abschaum behandelt, nur weil wir eine Art Koller bekamen und ein Hurenhaus klein gemacht hatten.
Es war Nacht geworden. Wir hatten Hunger. Der Weg nach Texas war weit. Kaum einer von uns besaß noch einen Dollar.
Was würde werden?


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Seitenzahl: 159

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Cowboy-Wege

Vorschau

Impressum

Cowboy-Wege

Wir waren eine müde, angeschlagene und verkaterte Bande. Und wir befanden uns in einer bösen Stimmung. Jemand sagte: »Wenn wir wollten, könnten wir die verdammte Hurenstadt klein machen. Wir brauchen uns das nicht gefallen zu lassen. Wollen wir?«

Wir kochten wahrhaftig vor Wut. Denn vor nicht langer Zeit hatten wir Texaner mit dem ganzen Süden den Krieg verloren. Texas war arm geworden wie eine Kirchenmaus.

Dann wurden plötzlich die Rinder etwas wert. In Texas zahlte man zwei Dollar für jedes Longhorn auf dem Huf. Unser Treibboss hatte dreizehn Dollar und fünfzehn Cents für jedes Tier bekommen. Und wir hatten mehr als zehntausend Stück ans Ziel gebracht.

Ohne uns war kein Rindergeschäft möglich. Nicht nur die Rinderbesitzer in Texas, sondern auch diese Stadt, die Eisenbahn und die Fleischfabriken verdienten durch uns. Und nun hatte man uns wie den letzten Abschaum behandelt, nur weil wir eine Art Koller bekamen und ein Hurenhaus klein gemacht hatten.

Es war Nacht geworden. Wir hatten Hunger. Der Weg nach Texas war weit. Kaum einer von uns besaß noch einen Dollar.

Was würde werden?

Es war fast Mitternacht, als einige Cowboys von anderen Herden aus der Stadt zu uns kamen. Sie hatten von unserem Pech gehört, und sie brachten einige Flaschen Whisky mit.

Wir begannen zu trinken und auf grimmige Art lustig zu werden.

Was würden wir am nächsten Morgen tun?

Eigentlich waren wir doch die allerletzten Narren.

Nach einem langen Herdentreiben waren wir jetzt ebenso arm wie in Texas.

Nur ein paar Stunden hatten wir Spaß gehabt, sei es mit den käuflichen Mädchen oder beim Spiel und an den Whiskytränken.

War das ein Leben?

Bald würde der Winter kommen. Was dann? Wir alle waren ja keine Ranchcowboys, sondern Herdentreiber. Ranchcowboys waren fest angestellt und konnten sich im Winter ins Bunkhouse verkriechen. Sie bekamen warmes Essen und hatten einen festen Platz.

Aber wir?

In diesem Jahr konnten wir – selbst wenn es uns gelang, nach Texas zu kommen – keine Herden mehr treiben. Erst im Frühjahr ging das wieder los.

Wir alle dachten darüber nach, was nun werden würde. Denn wir hatten das meiste Geld verjubelt. Und den Rest hatte uns der Richter abgenommen.

Jetzt waren wir frei, jeder für sich verantwortlich. Kein Boss kümmerte sich mehr um uns. Jeder war sein eigener Hüter von jenem Moment an, da ihn der Treibboss auszahlte.

O verdammt, was war das für ein Leben!

Als die Sonne zu wärmen begann, bewegten wir uns mürrisch. Der Schnaps, den die fremden Cowboys uns brachten, damit wir unseren Kummer darin ertränken konnten, war von der billigsten Sorte gewesen. Unsere verdammten Bumsköpfe schmerzten.

Jemand machte Feuer, um die Reste des Rindes zu braten. Denn wir mussten essen. Wer weiß, wann wir wieder etwas Essbares bekamen. Mürrische Gespräche begannen. Es bildeten sich kleinere Gruppen, die es jede für sich mit etwas versuchen wollten. Wir alle brauchten einen Job, um den Winter zu überstehen.

Einige von uns wollten es als Büffeljäger versuchen. Da sie aber keine Büffelgewehre besaßen, würden sie als Abhäuter arbeiten müssen.

Andere wollten weiter nach Norden, um dort nach Gold zu suchen.

Dann kamen drei Reiter von der Stadt her zu unserem Camp geritten.

Wir witterten sofort, dass es keine Cowboys waren wie wir. Nein, da kam ein Boss mit zwei Begleitern angeritten, die ihn flankierten wie getreue Vasallen. Und als sie nahe genug waren, da begriffen nicht wenige von uns, dass da drei texanische Revolvermänner herangeritten kamen.

Einer von uns sagte plötzlich laut genug, sodass wir es fast alle hören konnten: »Da kommt King Fisher.«

Oha, wir kannten diesen Namen. King Fisher – nun, der war einer der ganz großen Revolverkämpfer. Sein Revolverruhm bestand aus vielen Legenden, die man sich überall in den Saloons, in den Bunkhouses oder an den Campfeuern erzählte.

King Fisher war mit dem Colt in der Hand eine Art Halbgott, denn er hielt den Tod in der Faust.

Da kam er also herangeritten mit zwei Begleitern, und man konnte schon an der Art, wie sie ihn flankierten und sich dennoch etwas hinter ihm hielten, erkennen, dass sie seine Gehilfen waren.

Im Schritt kamen sie in unser Camp geritten.

Was wollten sie von uns? Das war gewiss die Frage in jedem von uns.

Denn zu unserer Sorte gehörten sie nicht. Sie waren keine Rindertreiber, keine Trailmen, nein, sie nicht. Denn sie lebten von ihren Colts. Sie hätte man in Abilene auch nicht wie blöde Hammel ausplündern können.

Wir warteten schweigend, und wir sahen auf King Fisher. Der blickte sich um, sah auch die Reste des Rindes über der Glut des Feuers.

Dann sagte er laut über unsere Köpfe hinweg: »Ja, sie haben euch das Fell abgezogen in Abilene. Ihr seid arglos in ihre Fallen getappt. Es ist eine miese Stadt. Jede Stadt dieser Sorte ist wie eine gierige Hure. Sie lauerten nur auf eure Dollars. Und sie bekamen auch den letzten Cent von euch, nicht wahr?«

Wir erwiderten nichts, nickten nur widerwillig. Und der Groll wurde stärker in uns. Eine unsinnige Wut erfasste uns.

Jemand sprach schließlich aus, was jeder von uns dachte. »Vielleicht reiten wir heute noch in die Stadt zurück und zeigen ihr, dass man mit Texanern nicht so umspringen kann.«

In der Stimme des Sprechers klirrte Bitterkeit, der man anhören konnte, dass sie jetzt schnell in wilden Zorn umschlagen konnte.

Ja, Abilene hatte uns schlecht behandelt. Inzwischen hatte ich, wie es den anderen Herdentreibern ergangen war. Auch sie waren überall ausgenommen worden. Alles war teuer. Der Whisky war schlecht. Die Mädchen, die Spieler und überhaupt fast alle Bürger der Stadt betrogen rücksichtslos. Einige von uns wurden wahrscheinlich mit irgendwelchen Tropfen in den Drinks betäubt und erwachten ausgeplündert in den Seitengassen, wo die Hunde an ihnen schnüffelten oder sie sogar anpinkelten.

King Fisher war ein nur mittelgroßer, hagerer, geschmeidiger und gar nicht besonders beachtlich aussehender Mann – bis, ja, bis man in seine schrägen Augen sah.

Denn wenn man auch nur drei Sekunden hineingesehen hatte, wusste man Bescheid.

Ein hagerer, sandfarbener Wolf der Apachenwüste, der hatte solche Augen.

Er sagte laut genug über unsere Köpfe: »Vergesst die Stadt! Vergesst Abilene! Werdet euch wieder bewusst, dass ihr Texaner seid. Oder seid ihr keine Texaner, die Nachkommen der Kämpfer von Alamo?«

Wir grollten und brummten. Einige fluchten.

Dann sagte einer: »Na los, kommen Sie zur Sache, Mister Fisher! Sie sind doch King Fisher – oder? Was wollen Sie?« Es war eine klare, trockene Frage.

Und King Fisher saß kerzengerade im Sattel, nickte und erwiderte: »Der Krieg ist noch nicht vorbei, Jungs. Eine mächtige Interessengruppe von Yankees hat sich zusammengetan. Ihre Beauftragten arbeiten mit den Steuereintreibern der Yankees in Texas zusammen. Dort finden jetzt überall Versteigerungen statt. Die reichen Yanks kaufen halb Texas für einen Apfel und ein Ei. Nur wenn sich die Rinderherden hier in Abilene oder drüben in Dodge City in blanke Dollars verwandeln und diese blanken Dollars als ständiger Strom nach Texas fließen, wird aus dem armen Land wieder ein stolzer Staat. Dann kann man in Texas wieder Steuern zahlen, wird es keine Versteigerungen mehr geben und können die Yanks keine Geschäfte mehr machen. Habt ihr das verstanden?«

Zuerst schwiegen wir. Dann grollte eine Stimme: »He, wir sind doch nicht blöd! Das waren wir nur in Abilene, weil wir so ausgehungert waren nach ein paar Sünden. Aber jetzt sind wir wieder normal. Sollen wir für Texas spenden?«

Als der Cowboy das spöttisch fragte, lachten wir alle grimmig. Denn wir hatten ja nichts mehr, um etwas spenden zu können.

Auch King Fisher und dessen beiden Begleiter lachten. Dann sprach er langsam Wort für Wort: »Jennison, Jenkins und John Brown.«

Oha, wir alle kannten diese Namen.

Was damals während des Krieges Bloody Bill Anderson, Todd und Quantrill für den Süden waren mit ihren Guerillabanden, das waren John Brown, Alvah Jenkins und Rotbein-Jennison für den Norden.

Diese drei Guerillaführer waren durch die Kapitulationen des Südens bei Nashville und Appomattox sozusagen überflüssig geworden – bis jetzt.

Doch nun sah es anders aus.

King Fisher sagte knapp: »Ihr und einige andere Herden kamen noch unbehelligt durch die Furt des Arkansas River. Jetzt ist es anders. Die Furt ist nun gesperrt. Die Herden müssen Zoll zahlen, sehr hohen Zoll in Bargeld oder Rindern. Es bleibt dann kaum noch ein Gewinn für die Texaner. Die texanische Viehzüchtervereinigung hat mich beauftragt, eine starke Mannschaft zu sammeln und die Exguerillas zu vertreiben. Ich zahle pro Mann und Pferd je Tag einen Dollar und freie Verpflegung – auch Munition. Dazu kommt noch die Ehre, etwas für Texas tun zu können.«

Er sprach den letzten Satz so richtig ernsthaft, ganz und gar wie ein echter Patriot.

War er das wirklich?

Diese Frage tauchte in mir auf. Aber dann dachte ich an meine Lage. Ich war ausgebrannt, und hier versprach mir jemand einen Dollar pro Tag, dazu freie Verpflegung.

Allerdings mussten wir mehr tun, als nur Rinder treiben, nämlich kämpfen, so wie die meisten von uns während des Krieges gekämpft hatten.

Für einen Dollar pro Tag.

Aber hatten wir nicht den ganzen verdammten Trail von San Antonio bis hierher nach Abilene gekämpft? Es gab immerzu irgendeinen Ärger unterwegs. Das ganze Treiben war ein ständiger Kampf gewesen. Zwei Mann hatten wir bei Stampeden verloren. Und Pecos würde ein Krüppel sein bis zum Ende seines Lebens. Wir hatten gegen Indianer und Pferdediebe gekämpft, gegen Unwetter, deren Blitze in unsere Herde schlugen. Wir kämpften gegen Trockenheit, die unsere Herde verdursten lassen wollte – und dann gegen sintflutähnliche Regenfälle, gegen Präriefeuer und Büffelstampeden. Wir kämpften auch ständig gegen unseren eigenen inneren Schweinehund und hielten durch bis Abilene.

Warum also sollten wir nicht für Texas kämpfen?

Überdies brauchten wir Geld.

King Fisher deutete zurück zur Stadt. Dort tauchten zwei Reiter mit einem Dutzend Maultieren auf, die mit Packlasten beladen waren.

»Dort kommt alles, was wir brauchen«, sagte er. »Proviant, Munition, ein paar Gewehre für die von euch, die kein Gewehr besitzen, außerdem Verbandszeug und Medizin. Wir werden eine schnelle und gut ausgerüstete Truppe sein. Wer reitet mit?«

Keiner von uns rief jetzt etwas, was als Zustimmung gelten konnte. Nur einige von uns brummten was. Die meisten fluchten bitter.

Aber wir alle begannen unsere Pferde zu satteln.

Es blieb keiner zurück, als die Packtiere an uns vorbeigingen und King Fisher und den beiden anderen Revolvermännern folgten.

Wir waren etwa fünfzig Mann.

Würden wir stark genug sein gegen die Guerillabanden von Alvah Jenkins und Rotbein-Jennison?

Bis zur Furt am Arkansas waren es an die hundert Meilen. Die meisten Herden brauchten für diesen Weg bis Abilene zehn Tage.

Wir schaffen den Ritt in zwei Tagen.

Unterwegs gab es stets ein gutes Essen. Denn die beiden Reiter, die unsere Packtiere trieben, waren auch gute Köche. Sie hatten schon für eine Reihe von Treibmannschaften gekocht.

Eigentlich konnten wir zufrieden sein.

Ich ritt zumeist mit meinen alten Sattelgefährten Jesse, Chuck und Wade in einem Rudel. Jimmy Ladun, der ja eigentlich mit zweihundert Dollar zu seinem Mädchen hatte heimkommen wollen, schloss sich uns im Verlaufe des zweiten Tages an. Er hatte wieder Hoffnung, etwas Geld zu verdienen.

Wir ritten am zweiten Tag bis tief in die Nacht hinein und bezogen dann in einer Senke ein Camp. Es gab nur Büffelgras und Dornenbüsche. Doch wir machten heute kein Feuer. Wir waren schon zu nahe der Arkansasfurt und konnten nur hoffen, dass uns die Yankeeguerillas noch nicht entdeckten.

Ich schlief bald ein inmitten meiner vier Sattelgefährten am Rand des Camps. Am Himmel leuchteten immer wieder Sterne durch die Wolkenlöcher, und ich fragte mich, was der Himmel wohl für ein Schicksal für mich bestimmt hatte.

Denn wie alle meine Gefährten glaubte ich an ein unabänderliches Schicksal, dem man letztlich nicht entkommen konnte.

Es war dann schon lange nach Mitternacht, als es laut wurde im Camp.

Bald aber wussten wir, was geschehen war.

Einer von uns – Bac Hammer nannte er sich – hatte versucht, abzuhauen.

Jed Stone aber – er war einer der beiden Revolvermänner, die mit King Fisher zu uns gekommen waren, um uns anzuwerben – hatte ihn eingeholt. Er musste ihn wahrscheinlich mit einem Lasso vom Pferd geholt und dann ziemlich weit durch das harte Präriegras und die Dornenbüsche geschleift haben.

Denn dieser Bac Hammer hatte nur noch Fetzen am Leib und war halb tot. Doch er wimmerte nicht. Er vermochte nur nicht ständig sein Stöhnen zu unterdrücken. Es ging ihm schlecht bei jedem Atemzug.

Wir alle hatten uns erhoben und bildeten einen Kreis.

Die Nacht war hell geworden. Mond und Sterne leuchteten unirdisch auf uns nieder, und sie wirkten jetzt irgendwie erbarmungslos und kalt.

Es war still. Nur die Pferde schnaubten und stampften manchmal. Und das stöhnende Atmen von Bac Hammer war zu hören.

Jed Stone sagte hart: »Die Feuer brennen an der Furt. Und zu diesen Feuern wollte er hin. Ich musste ihm die Schlinge um den Hals werfen. Denn er wollte brüllen. Fast hätte ich ihn gehenkt.«

Als er schwieg, wussten wir alle, was geschehen war.

Bac Hammer mochte zwar ein Texaner sein, doch es gab ein paar Texaner, die sich im Krieg auf die Seite der Union geschlagen hatten, weil sie gegen die Sklaverei waren und den Yanks helfen wollten, diese Sklaverei abzuschaffen.

Zu dieser Sorte gehörte Bac Hammer wahrscheinlich.

Doch der Krieg war vorbei. Die Sklaven waren frei. Der Süden hatte verloren.

Warum also war Bac Hammer immer noch gegen uns? Das war die Frage, die wir uns alle stellten. Und King Fisher sprach sie aus.

»Warum bist du gegen Texas?«

Dann warteten wir auf Bac Hammers Antwort.

Oh, er wusste, dass er klug antworten musste, wollte er am Leben bleiben. Denn er hatte uns verraten wollen. Wir wären in das Gewehrfeuer der Exguerillas geritten ohne jede Chance. Viele von uns wären gestorben.

King Fishers Frage stand noch klar und deutlich unter dem Sternenhimmel.

Bac Hammer hätte alles, was wir ihm vorwarfen, abstreiten können. Er hätte behaupten können, dass er einfach nur seines Weges reiten wollte durch die Furt nach Süden.

Doch auch er besaß diesen verdammten Stolz der Cowboys. Auch er vermochte nicht durch feiges Lügen sein Leben zu retten zu versuchen.

Und so erhob er sich, obwohl ihm dies höllisch schwerfiel und er wie ein Betrunkener auf den Beinen schwankte. Seine Stimme aber wurde mit jedem Wort fester und trotziger.

Er sagte: »Ich bin mit Alvah Jenkins und den Jungs geritten. Ich konnte nicht zulassen, dass ihr sie klein macht. Mit ihnen verbindet mich zu viel, nicht mit Texas.«

Nun hatte er es gesagt.

Wir schwiegen.

Und jeder von uns fragte sich, was King Fisher wohl für eine Entscheidung treffen würde. Würde er ihn töten oder von seinen beiden Vertrauten töten lassen?

Bac Hammer war seiner Sprache nach ein Texaner. Doch er hatte auf der Yankeeseite gekämpft, Texaner getötet und wollte uns nun verraten.

Hatte er den Tod verdient?

Wir wussten, dass wir jetzt herausfinden würden, was King Fisher für ein Mann war.

Aber dann sahen wir, dass er eine fast hilflos wirkende Handbewegung machte, und hörten ihn sagen: »Du bleibst ohne Pferd zurück, wenn wir jetzt zur Furt reiten. Ja, jetzt gleich, Jungs!«

Seine vier letzten Worten galten uns.

Und er fügte hinzu: »Es könnte noch ein Verräter unter uns sein. Wir können uns die Chance der Überraschung nicht nehmen lassen. Im Morgengrauen greifen wir an.«

Damit war alles gesagt.

Im Morgengrauen würden welche von uns sterben. Für einen Dollar pro Tag.

Wahrhaftig, im Morgengrauen griffen wir an. Es war für uns alle nichts Neues. Im Krieg hatten wir mehr als einmal solche Angriffe durchgeführt. Wir alle wussten Bescheid. Jeder kannte sich aus. Der Unterschied war nur, dass wir diesmal nicht in unseren blaugrauen Uniformen ritten, dass es keine Flagge oder Fahne gab, keinen Hornisten, der das Angriffssignal blies.

Aber sonst war nichts anders.

Wir ritten hier an der Arkansasfurt noch einmal für Texas gegen eine Bande von Exguerillas.

Ich hatte mit Jesse, Chuck, Wade und Jimmy einen besonderen Auftrag von King Fisher erhalten. Er hatte gefragt, wer von uns allen wohl die besten Pferdediebe wären. Und da hatten einige Jungs auf mich gezeigt.

Jemand sagte: »Der beste Pferdedieb ist Josh Pilldarlik. Der hat schon mal einem ganzen Yankeeregiment die Pferde gestohlen mit ein paar Partnern.«

King Fisher nickte mir zu.

»Such dir ein paar Partner aus, Josh. Und dann jage die Pferde der Banditen in den Fluss.«

»Ich werde es versuchen«, erwiderte ich.

Nun, es war dann gar nicht besonders schwer. Denn die starke Bande da an der Furt war sich sehr sicher. Es mussten fast hundert Mann sein. Sie waren uns also zahlenmäßig überlegen.

Wir kamen dicht an ihre Pferde heran, die von zwei Wächtern in einer Senke bewacht und zusammengehalten wurden. Es gab hier keine Bäume, nicht mal Büsche. Also konnten die Kerle für ihre Tiere nicht mal einen Seilcorral machen.

Ich ritt ganz ruhig im Schritt auf einen Wächter zu.

Er sah mir entgegen und fragte: »Kommst du schon ablösen?«

»Sicher«, erwiderte ich. Dann war ich nahe genug, um ihm den Gewehrlauf auf den Hut schlagen zu können. Langsam ritt ich um die Pferderemuda herum. Der andere Wächter sah mir entgegen.

»Was war denn los dort auf der anderen Seite?« So fragte er. Und auch er hielt mich nicht für einen Feind.

»Ablösung«, sagte ich. »Johnny ist nur abgestiegen, um ein Ei zu legen.«

»Ein Ei?« So fragte er staunend und ließ mich ebenfalls nahe genug heran, sodass ich auch ihm mit dem Gewehrlauf was auf die Birne geben konnte.

Wahrscheinlich kannten sich die Kerle dieser starken Bande nicht besonders gut, weil sie aus mehreren kleineren Banden zusammengesetzt war. Anders war mein Glück wohl nicht zu erklären.

Doch ich war schon während des Krieges in ähnlichen Fällen ein frecher Hund gewesen.

Jesse, Chuck, Wade und Jimmy kamen herangeritten. Auch sie ritten im Schritt. Wir trieben die Pferde sachte aus der Senke und bekamen wieder Sicht auf die fast verloschenen Feuer der Camps, die nur einen halben Steinwurf weit entfernt waren.

Niemand rief uns an.

Sie schliefen. Oha, was waren sie nur für Penner! Sie fühlten sich zu sicher auf dieser Seite des Arkansas River. Die Herden waren noch drüben jenseits des Südufers. Also glaubten diese Kerle, dass ihnen nichts passieren könnte.

Ich stellte mich in den Steigbügeln auf und ließ dreimal den Ruf der Nachteule ertönen. Das war das Zeichen für King Fisher.

Indes wir die gewiss fast hundert Pferde zur Furt trieben, brach hinter uns die Hölle los.

King Fisher und dessen Revolvermänner Jed Stone und Vance Jacks führten die Texaner mit Wucht gegen das Camp der Exguerillas. Sie kamen im Galopp und schossen sozusagen aus allen Knopflöchern. Sie ritten und schossen alles nieder, was sich ihnen in den Weg zu stellen versuchte.

Wir hörten den Lärm des Kampfes, indes wir die Pferde durch die Furt trieben. Unsere Texasmannschaft war gewiss in der Minderzahl. Die Exguerillas waren fast doppelt so stark. Dennoch mussten sie verlieren, denn sie waren zu sorglos. Sie wurden völlig überrumpelt, mussten sich erst noch aus ihren Decken rollen, aufspringen, nach den Waffen greifen.

Sie mussten verlieren.

Und so war es gewiss wieder wie während des unseligen Bürgerkrieges, als sich die Kämpfer der Nord- und Südstaaten gegenseitig umbrachten. Der alte Hass brach noch einmal durch. Texascowboys kämpften die Yankees nieder.

Ja, wir hörten sogar die gellenden Rufe: »Für Texas! Gebt es ihnen für Texas!«