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Es sitzen fünf Passagiere in der Kutsche, vier Männer und eine Frau. Die Frau ist jung, hellblond und wunderbar gewachsen. Sie muss auch sehr schön und reizvoll sein, diese blonde Frau. Aber sie trägt ständig einen Hut mit einem Schleier, der ihr bis zum Kinn reicht.
Zane Bannister - einer der vier männlichen Passagiere - saß ihr während der vielen Meilen durch die Bunte Wüste gegenüber und hätte zu gern mal den Schleier gehoben, um ihr Gesicht zu sehen.
Doch die funkelnden Augen hinter diesem Schleier warnten ihn vor solch einem Tun.
Nun, die Kutsche hält also an. Sie befinden sich auf der mächtigen Mesa, die ja eine Hochebene ist, ein gewaltiges Plateau, auf dem überall in meilenweiter Runde rote Türme wie trutzige Burgen stehen.
Auch jetzt wollen die Passagiere aussteigen, denn sie können sich denken, dass die Verschnaufpause ziemlich lange dauern wird. Der Anstieg aus der bunten Wüste hinauf zur Mogollon Mesa war lang. Und es sind immer noch fast zwanzig Meilen bis zum Ziel und dem Endpunkt der Stage Line.
Doch noch bevor jemand den Kutschschlag öffnen kann, ruft die Stimme des Kutschers von oben nieder: »Bleibt in der Kutsche, Leute! Hier sind ein paar Banditen!«
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Seitenzahl: 161
Veröffentlichungsjahr: 2024
Cover
Kitty
Vorschau
Impressum
Kitty
Es sitzen fünf Passagiere in der Kutsche, vier Männer und eine Frau. Die Frau ist jung, hellblond und wunderbar gewachsen. Sie muss auch sehr schön und reizvoll sein, diese blonde Frau. Aber sie trägt ständig einen Hut mit einem Schleier, der ihr bis zum Kinn reicht.
Zane Bannister – einer der vier männlichen Passagiere – saß ihr während der vielen Meilen durch die Bunte Wüste gegenüber und hätte zu gern mal den Schleier gehoben, um ihr Gesicht zu sehen.
Doch die funkelnden Augen hinter diesem Schleier warnten ihn vor solch einem Tun.
Nun, die Kutsche hält also an. Sie befinden sich auf der mächtigen Mesa, die ja eine Hochebene ist, ein gewaltiges Plateau, auf dem überall in meilenweiter Runde rote Türme wie trutzige Burgen stehen.
Auch jetzt wollen die Passagiere aussteigen, denn sie können sich denken, dass die Verschnaufpause ziemlich lange dauern wird. Der Anstieg aus der bunten Wüste hinauf zur Mogollon Mesa war lang. Und es sind immer noch fast zwanzig Meilen bis zum Ziel und dem Endpunkt der Stage Line.
Doch noch bevor jemand den Kutschschlag öffnen kann, ruft die Stimme des Kutschers von oben nieder: »Bleibt in der Kutsche, Leute! Hier sind ein paar Banditen!«
Sie verharren in der Kutsche auf ihren Sitzen. Zwei der männlichen Passagiere beginnen böse zu fluchen.
Zane Bannister aber beugt sich ein wenig aus dem Fenster. Und da kann er es sehen. Die Kutsche wird umgeben von Maskierten, die ihre Waffen im Anschlag halten.
Der Fahrer und dessen Begleitmann sitzen jetzt wahrscheinlich mit erhobenen Händen auf dem hohen Bock und harren der weiteren Entwicklung der Dinge. Die Banditen aber tauchten offenbar aus der Deckung einiger Felsen auf, die am Rand der Mesa stehen.
Zane Bannister zieht den Kopf schnell wieder zurück und greift in die Innentasche seiner Jacke.
Einer der männlichen Passagiere zischt: »Sie werden doch wohl nicht zur Waffe greifen, Mister, he!« Aber Zane Bannister bringt keine Waffe, sondern ein Päckchen Geldscheine zum Vorschein. Es sind Hundertdollarnoten, und es mögen gewiss mehr als fünfzig sein, wenn man die Dicke des Geldbündels betrachtet.
Er reicht es der Frau mit dem Schleier. »Wollen Sie dies für mich an Ihrem Körper verstecken? Irgendwo, Lady. Sie werden besser wissen als ich, wo Sie es verbergen können. Ich glaube nicht, dass man Sie intensiv abtasten wird.«
Sie zögert einen Moment. Dann aber nimmt sie das Dollarnotenbündel und lässt es in ihrem Ausschnitt verschwinden. Es ist kein herausfordernd wirkender Ausschnitt, sondern ein sehr seriöser. Überhaupt ist ihr Reisekostüm von jenem Schnitt, den wirkliche Ladys bevorzugen.
Im nächsten Augenblick wird der Kutschschlag aufgerissen. Eine harte Stimme sagt mit einem glucksenden Lachen in der Kehle: »Willkommen auf der schönen Mogollon Mesa, Leute! Ihr könnt jetzt aussteigen. Dies ist kein Glückstag für euch, denn wir wollen euer Geld. Die Welt wird immer schlechter, und wir gehören zu den Schlechten. Raus jetzt mit euch!«
Die letzten Worte klingen hart und drohend.
Zane Bannister klettert zuerst aus der Kutsche und hilft dann der Frau heraus. Die drei anderen Passagiere folgen knurrend und leise fluchend.
Sie müssen sich nebeneinander aufstellen. Der Sprecher der Banditen aber nimmt seinen Hut ab und macht vor der Frau eine Verbeugung.
»Eine Lady – eine richtige Lady, oho! Willkommen auf der Mesa! Würden Sie Ihren Schleier mal lüften, damit wir Sie bewundern können, Lady? Ich wette, dass Sie wunderschön sind. Und wir alle sind echte Verehrer von wirklicher Schönheit, mag es sich um Frauen oder Pferde handeln. Den Schleier hoch, Ma'am!«
Die letzten Worte zischt der Maskierte.
Die Schleierfrau gehorcht. Mit ruhigen Bewegungen ihrer beiden Hände hebt sie den Schleier und stülpt ihn nach hinten über ihren Hut.
Und da sehen sie es alle. Selbst die männlichen Passagiere, welche links und rechts neben ihr stehen, beugen sich vor und blicken auf sie.
Der Sprecher der fünf Banditen aber ruft: »Kommt her, Jungs und seht euch dieses Wunder an! Heiliger Rauch, wer ist denn da ins schöne Mesaland gekommen!«
Es ist wirklich ein begeisterter Ausruf. Und er fügt hinzu: »Der Himmel hat sich irgendwo geöffnet. Es kann gar nicht anders sein. Lady, wie kamen Sie auf unsere böse Erde?«
»Aus dem Leib meiner irischen Mutter«, erwidert die Schöne.
Ja, sie ist wunderschön, eine blonde Frau mit grünen Augen, eine Augenweide sozusagen. Und jeder, der sie ansieht, ist sofort verzaubert. Es ist eine junge Frau, der sich gewiss alle Türen auf dieser Erde von selbst öffnen.
»Wollen Sie mir meine paar letzten Dollars abnehmen, Mister Bandit?«, fragt sie nun kühl.
Da lachen die fünf Maskierten wiehernd.
Ihr Anführer und Sprecher aber schwingt seinen Hut und hält ihn dann dem ersten männlichen Passagier unter die Nase: »Hier kommt das Geld bis zum letzten Cent hinein – und auch alle Wertsachen, wie zum Beispiel Uhren, Ringe – oh, ich sehe da eine Brillantnadel. Immer in den Hut hinein damit. Und wenn wir nachher in euren Taschen etwas finden – oder gar einen Geldgürtel auf dem bloßen Leib –, dann erschießen wir den Narren, der uns betrügen wollte. Verstanden? Die Lady kann natürlich jetzt schon zurück in die Kutsche. Wir lieben und verehren die weibliche Schönheit zu sehr.«
Sie lässt es sich nicht zweimal sagen und steigt wieder ein.
Die vier männlichen Passagiere aber räumen aus ihren Taschen aus, was an Geld und Wertsachen darin enthalten ist.
Dann fragt der Anführer: »Und was habt ihr in euren Stiefeln? Wollt ihr, dass wir euch die Zehen abschießen?«
Zwei der männlichen Passagiere setzen sich auf den Boden und entledigen sich ihrer Fußbekleidungen. Ja, sie bringen auch noch ihre Notgroschen zum Vorschein.
»Es ist immer gut für beide Seiten, wenn man es mit ehrlichen Leuten zu tun hat, die nichts zu unterschlagen versuchen.« Der Bandit lacht. »Wir werden euch jetzt wieder verlassen und wünschen gute Weiterreise. Bleibt nur schön friedlich. Wir haben da drüben einen sechsten Mann auf einem der Felsen mit einer Buffalo Sharps. Der kann euch mitsamt der Kutsche in Klumpen schießen. Also, Leute, vielleicht sehen wir uns in Tonto City wieder. Leider werdet ihr uns nicht erkennen, aber wir euch.«
Der Sprecher verstummt lachend. Und dann gehen sie sporenklingelnd davon und verschwinden hinter den roten Felsen, wo sie ihre Pferde stehen haben.
Wenig später galoppieren sie davon.
Und die Männer bei der Kutsche fluchen nun laut und böse in hilfloser Wut.
Einer ruft zum Fahrer und dessen Begleitmann hinauf: »Warum habt ihr euch das gefallen lassen? Warum schützt die verdammte Postlinie ihre Passagiere nicht? Mir kam es so vor, als würden die Banditen euch ziemlich gut kennen. Und wenn das so ist, dann kanntet auch ihr sie genau. Verdammt, in was für ein Land sind wir geraten?«
Aber der Fahrer grollt vom Bock nur böse nieder: »Sollten wir euch wegen eurer paar Dollars vielleicht totschießen lassen? Los, einsteigen! Es geht weiter!«
Sie gehorchen schimpfend. Einer der Männer mault: »Was mache ich ohne einen einzigen Dollar in Tonto City, verdammt! He, Mann, Sie konnten ihr Geld retten, weil die Lady es für Sie verwahrte. Jetzt sollten Sie Ihre Dollars – es müssen einige tausend Bucks sein, unter uns aufteilen. Das wäre fair. Oder nicht, Lady? Sind Sie nicht auch der Meinung, dass er uns von seinem geretteten Geld etwas abgeben sollte?«
»Nein«, erwidert sie kühl. »Dieser Gentleman hat nun mal seinen Verstand benutzt und die Banditen ausgetrickst. Warum soll er dafür bestraft werden? Gentlemen, ich denke, dass jeder Mensch sein eigener Hüter ist. Und wenn man verliert, dann sollte man nicht jammern.«
Sie greift nun in den Ausschnitt und holt das Geldscheinbündel wieder hervor, reicht es ihrem Gegenüber, also jenem Zane Bannister.
»Sie sind mir einen Gefallen schuldig«, spricht sie dabei.
»Gewiss, Ma'am, gewiss«, lächelt Zane Bannister. »Ich bleibe Gefälligkeiten niemals schuldig.«
»Sie sind ein Spieler, und dies ist Ihr ganzes Spielkapital, nicht wahr?«
»Und Sie sind eine sehr erfahrene Lady, die sich auskennt auf dieser Erde.« Er lächelt. »Und Sie sind wahrhaftig eine Augenweide für jeden Mann.«
Als er es gesagt hat, lächelt sie nur und nimmt wieder ihren Hutschleier herunter, sodass dieser ihr Gesicht verbirgt.
Die drei anderen männlichen Passagiere fluchen immer noch.
»Verdammt wie sollen wir in Tonto City ohne einen einzigen Cent ...«, beginnt einer.
Aber Zane Bannister unterbricht ihn mit den Worten: »Freund, auch ich war schon mehrmals blank. Dann muss man sich einen Job suchen. In einer Stadt wie Tonto City gibt es viele Jobs.«
Da sagen sie alle kein Wort mehr.
Und die Kutsche rollt indes weiter und weiter.
Zwanzig Meilen sind es noch. Wenn sie Tonto City erreichen, wird es schon Nacht sein. Und bei Nacht ist Tonto City so wild und böse wie Sodom und Gomorrha es waren, bevor der Zorn des Herrn sie vernichtete.
Es herrscht keine gute Stimmung in der Kutsche. Sie alle schweigen. Und die Schöne, deren Namen niemand kennt, hat sich zurückgelehnt und scheint zu schlafen.
Zane Bannister fragt sich, was die Frau wohl in Tonto City will.
Er würde es gerne wissen.
Vorerst weiß er nur ziemlich sicher, dass sie keine Edelhure ist, eher eine erfahrene Glücksjägerin, eine Abenteurerin, welche als Lady erzogen wurde, bevor sich in ihrem Leben eine Menge veränderte.
Er spürt dies instinktiv.
Es geht irgendwie ein Zauber von ihr aus.
✰
Etwa zehn Meilen weiter erreicht die Postkutsche einen kleinen Creek, in welchem ein Frachtwagen mit zerbrochener Vorderachse steht. Der Fahrer hat die Maultiere schon ausgespannt, und er blickt verärgert zu den Männern auf dem hohen Bock der Postkutsche empor, als diese neben ihm und dem Frachtwagen im Creek hält.
Grimmig spricht er: »Warum hat denn noch niemand die verdammten Steine aus der Furt geräumt? Es darf doch wohl nicht wahr sein, dass die verdammte Stadt nicht mal ihren einzigen Versorgungsweg in Ordnung hält. Und was ist das für eine Postlinie, deren Fahrer hier ständig Rad- und Achsenbrüche riskieren müssen?«
Er verstummt mit dem Klang von zorniger Anklage in der Stimme. Der Fahrer und dessen Begleitmann aber lachen auf ihrem hohen Sitz, als würde man sie erbarmungslos kitzeln.
»Wenn man richtig fahren kann«, ruft der Fahrer dann immer noch lachend, »bringt man jeden Wagen durch diese Furt. Sollen wir dir Hilfe aus Tonto City herschicken? Am besten wäre wohl ein Frachtwagen für deine Ladung. Was hast du denn geladen?«
»Ich habe die Schnauze voll von diesem Land«, erwidert der Frachtfahrer. »Und dabei wollte ich das Geschäft meines Lebens machen. Ich habe tausend Zweipfundbüchsen Pfirsiche an Bord. Das ist was ganz Neues, versteht ihr? Herrliche reife Pfirsiche in ihrem süßen Saft. Wenn ich sie nach Tonto City bringe, habe ich das größte Geschäft meines Lebens gemacht. Denn ich bin selbstständiger Unternehmer. Aber ich habe die Schnauze voll von diesem Land. Am liebsten würde ich hier auf der Stelle alles verkaufen. Nur eines meiner Maultiere würde ich behalten für den Rückweg durch die Painted Desert. Ich habe genug. Fragt mal in Tonto City, ob dort jemand zweitausend Dollar zahlen will für tausend Büchsen Pfirsiche, einen zerbrochenen Wagen und fünf gute Maultiere. Dann soll er mit dem Geld herkommen, damit ich von hier abhauen kann wie der Blitz.«
Die beiden Männer auf dem Bock und auch die anderen Männer in der Kutsche lachen durcheinander. Einer sagt dann: »Seht, es gibt auf diesem Weg noch andere Pechvögel, nicht nur uns drei. Man sollte wirklich so schnell wie möglich aus diesem Land verschwinden. Es ist voller Banditen und verdammter Creeks, in denen die Räder und Achsen brechen.«
Die blonde und grünäugige Frau aber, deren Namen die anderen Passagiere der Kutsche immer noch nicht kennen, klettert jetzt leicht und geschmeidig aus der Kutsche.
Und sie ruft dem Frachtfahrer zu: »Verkaufen Sie mir eine Büchse, Mister. Hier sind zwei Dollar.«
»Einzeln sind diese Büchsen gewiss vier Dollar wert«, murrt der Mann, »aber weil Sie eine Lady sind, schenke ich sie Ihnen. Soll ich die Büchse für Sie aufmachen? Dazu braucht man nämlich ein starkes Messer. Haben Sie eines?«
Sie steht mit ihren Stiefeln, die sie zu ihrem grünen Reisekostüm trägt, bis zu den Knöcheln im Wasser des Creeks auf einem flachen Stein. Nun holt sie aus dem rechten Stiefelschaft ein Messer hervor, welches gewiss als Wurfmesser oder auch Dolch zu gebrauchen ist.
»Die Büchse ...«, verlangt sie.
Der Frachtfahrer – so genervt er auch sein mag – staunt einige Sekunden. Doch dann greift er unter die Wagenplane und bringt eine der Büchsen zum Vorschein. Sie alle sehen dann zu, wie die schöne Lady die Büchse auf den eisernen Reifen des Hinterrades stellt und mit dem Messer zu arbeiten beginnt, so als hätte sie schon oft eine solche Büchse geöffnet.
Dabei kann das gar nicht sein. Denn Konserven gibt es in diesem Land noch nicht lange. Pfirsiche in Büchsen sind etwas völlig Neues. Aber die Frau bekommt die Büchse erstaunlich schnell auf und pickt sich eine der Fruchthälften heraus, beginnt vorsichtig zu kosten und dann mit sichtlichem Vergnügen zu schwelgen. Sie verspeist noch drei weitere Hälften der köstlichen Pfirsiche und trinkt auch vom Saft aus der Büchse.
Dann reicht sie die Büchse zum Fahrer hinauf und wendet sich wieder an den Frachtwagenbesitzer.
»Ich kaufe für zweitausend Dollar, Mister«, spricht sie kühl. »Und Sie dürfen sich von mir aus auch zwei Maultiere mitnehmen. Gut so?«
Der Mann staunt.
»Sie wagen aber eine Menge, Lady«, murmelt er. »Was ist, wenn Sie noch Tage und Nächte mit dieser Ladung hier im Creek festsitzen? Was ist, wenn niemand aus dieser verdammten Stadt Tonto City Ihnen zu Hilfe kommt? Es soll eine böse Stadt sein, in der jeder jeden betrügt, eine Stadt wie ...«
»Schon gut«, unterbricht sie ihn. »Wollen Sie oder wollen Sie nicht?«
»Natürlich will ich«, beeilt sich der Frachtfahrer eilig zu versichern. »Nur her mit dem Geld.«
Sie wendet sich an Zane Bannister.
»Leihen Sie mir zweitausend Dollar, Mister«, verlangt sie. »Die kleine Gefälligkeit sind Sie mir wohl schuldig – oder?«
Ihr letztes Wort klingt ein wenig aggressiv.
Er starrt in ihr schönes Gesicht, und er erkennt darin den Ausdruck von Vitalität und Lebenskraft. Er begreift, dass sie eine Glücksjägerin und Kämpferin ist, die niemals aufgibt. Und das gefällt ihm.
Und so holt er das Geld heraus, zählt zweitausend Dollar davon ab und reicht sie der Schönen.
Sie reicht das Geld weiter. Dann wendet sie sich lächelnd zur Kutsche und blickt zum Fahrer empor.
»Fahren Sie weiter, sobald mein Gepäck ausgeladen ist. Und eine Decke könnte ich gebrauchen für die Nacht.«
Nun sieht sie Zane Bannister an. »Mein Freund«, spricht sie, »ich bin sicher, dass Sie Ihre zweitausend Dollar zurückhaben möchten und deshalb in Tonto City alles tun werden, dass von dort ein Frachtwagen herkommt. Ich erwarte ihn morgen am frühen Vormittag.«
Er lacht leise, doch voller Respekt und Anerkennung. Und dann schüttelt er den Kopf und erwidert: »Ich bleibe natürlich bei Ihnen und den Pfirsichen. Den Frachtwagen schickt unser Fahrer her. Nicht wahr?«
Die letzten Worte sind zu den beiden Männern der Postlinie gesprochen. Und diese – sie essen noch abwechselnd die Pfirsiche aus der Büchse, wobei sie verzückt die Augen verdrehen – nicken kauend.
»Sicher, Mister, das geht klar«, spricht der Fahrer.
✰
Sie sehen eine Weile schweigend der Kutsche nach, die in der zunehmenden Dämmerung Richtung Süden verschwindet. Das Hochplateau – es liegt etwa viertausend Fuß hoch – ist übersät mit Nadelbergen, kegelförmigen Kratern erloschener Vulkane und Tafelbergen, Mesas genannt.
Und das alles nennt man die Mogollon Mesa.
Auch Wald gibt es reichlich.
Es war bis vor kurzem ein menschenleeres Gebiet, welches man von Süden her aus dem Tonto-Becken herauf oder durch die Bunte Wüste erreichen konnte.
Nur ein paar Tonto-Apachen lebten hier.
Doch dann fand man das Silber. Und so schoss die Stadt Tonto City wie eine Pilzkolonie aus dem Boden.
Dies alles wissen Zane Bannister und die Schöne.
Nachdem sie sich eine Weile schweigend angesehen haben, sagt er: »Ich bin Zane Bannister. Und da wir die Nacht miteinander bei diesem Pfirsichschatz verbringen werden, sollten wir wohl doch unsere Namen kennen – oder?«
»Kimberly Miles«, erwidert sie. »Mein Name ist Kimberly Miles. Aber meine Freunde nennen mich einfach nur Kitty. Das war schon in meiner Kindheit so. Was versprechen Sie sich sonst noch hier bei mir im Laufe der Nacht, Mister Bannister?«
Es ist eine fast brutale Frage, welche Klarheit schaffen soll.
Er lacht leise und erwidert: »Ich passe nur auf meine zweitausend Dollar auf. Denn es könnten Banditen kommen und Sie mitnehmen, Kitty. Ich darf doch Kitty sagen, wo wir doch so etwas wie Partner wurden, nicht wahr? Oder sehe ich da etwas falsch?«
Er sieht sie in der zunehmenden Dämmerung nicken. Und nun hat sie auch endlich ihren Hut mit dem Schleier abgenommen und achtlos bei ihrem Gepäck und den Decken abgelegt, die ihnen der Fahrer aus dem Gepäckkasten der Kutsche holte.
»Ja, für eine Weile sind wir wohl Partner«, erwidert sie und nickt.
Er sitzt auf einem Stein. Nun erhebt er sich und murmelt: »Erst werde ich die restlichen Maultiere ausschirren. Dann werde ich ein Feuer machen und einige Tannenzweige abschneiden, damit unsere Lager nicht zu hart sind.«
»Dann werde ich Feuerholz sammeln«, antwortet sie und erhebt sich ebenfalls von einem der vielen Steine am Ufer des Creeks. »Und wenn wir Hunger haben, können wir uns ja eine Büchse Pfirsiche teilen. Ich werde sie für vier Dollar das Stück verkaufen. Oder glauben Sie, dass ich fünf Dollar fordern könnte?«
»Sechs«, erwidert er, »wenn Sie nicht wieder Ihr Gesicht hinter dem Schleier verstecken. Ja, dann können Sie sechs Dollar verlangen. Dieser Frachtfahrer ist ein Narr. Ich denke, den hat der Weg durch die Bunte Wüste zerbrochen. Auch die Maultiere sehen schlimm aus. Der war kein guter Frachtfahrer. Vielleicht hat er den Wagen mit der Ladung irgendwo gestohlen und befürchtet, dass ihn Verfolger einholen könnten.«
Er kann erkennen, dass sie einen Moment lang erschrocken zusammenfährt bei seinen Worten.
Doch dann fragt sie: »Und wenn es so sein würde? Was dann?«
»Es sind Ihre Pfirsiche, Kitty«, erwidert er ruhig, »mag kommen, wer da will.«
✰
Im Morgengrauen weckt ihn sein Instinkt. Und dann lauscht er auf die sich verändernden Geräusche in der sterbenden Nacht.
Das Feuer ist fast erloschen, besteht nur noch aus einem glühenden Aschehaufen.
Ein Hufeisen klirrt gegen einen Stein – und es ist nicht das Eisen eines der vier Maultiere, die der angebliche Frachtfahrer zurückließ. Nein, dieses Klirren wird auf der anderen Seite des Creeks hörbar. Und so sagt ihm sein Ahnungsvermögen, dass sich sein Verdacht bezüglich dieses Frachtwagens, der von einem schlechten Frachtfahrer zu Bruch gefahren wurde, vielleicht bestätigen könnte.
Er rollt sich unter der Decke hervor und sucht Deckung in den Büschen, die überall das Creekufer säumen.
Er kann nun zwei Reiter erkennen, die sich im Schritt nähern und am Rand des Camps anhalten. Dann stellen sie sich in den Steigbügeln auf, um alles besser übersehen zu können.
Sie müssen auch neben dem roten Feuerauge die beiden Lagerstätten erkennen. Nur dass die eine verlassen ist, werden sie nicht sehen können.
Einer spricht scharf: »Da steht der Wagen, da im Creek!«
Und damit ist für Zane Bannister alles klar. Er weiß nun, dass sie der Fährte des Wagens folgten.
Und so erhebt er sich zwischen den Büschen, die ihm nur bis zur Brusthöhe reichen. Er kann mühelos darüber hinwegsehen. Ganz ruhig fragt er: »Was soll's denn sein? Warum ruft ihr dieses Camp nicht an, bevor ihr euch nähert? Das gehört doch wohl zu den guten Sitten – oder?«
Sie schweigen einige Sekunden lang. Dann aber lassen sie ein grimmiges und drohend klingendes Lachen hören.