G. F. Unger 2256 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2256 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Als Seth Lee nach St. Louis kommt, ist er ein geschlagener Mann. In ihm brennt die Scham der Niederlage und er stürzt sich mit fast selbstmörderischer Verwegenheit in ein neues Abenteuer.
Aber diesmal ist das Glück auf seiner Seite, zumal er in dem nicht weniger verwegenen Cowboy Jim Cameron einen Freund findet.
Zwei Männer nehmen nun den bedingungslosen Kampf gegen eine übermächtige Vereinigung auf, gegen die »Vereinigung«, die den Missouri beherrschen will und dabei auch vor den ruchlosesten Verbrechen nicht zurückschreckt ...


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Seitenzahl: 156

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Mann vom Big Muddy

Vorschau

Impressum

Mann vomBig Muddy

Als Seth Lee nach St. Louis kommt, ist er ein geschlagener Mann. In ihm brennt die Scham der Niederlage, und er stürzt sich mit fast selbstmörderischer Verwegenheit in ein neues Abenteuer.

Aber diesmal ist das Glück auf seiner Seite, zumal er in dem nicht weniger verwegenen Cowboy Jim Cameron einen Freund findet.

Zwei Männer nehmen nun den bedingungslosen Kampf gegen eine übermächtige Gruppe auf, gegen die »Vereinigung«, die den Missouri beherrschen will und dabei auch vor den ruchlosesten Verbrechen nicht zurückschreckt ...

Die Schiffsglocke läutet drängend.

»Fahrt ihr zur Küste?«, fragt Seth Lee den Mann, der die Fahrkarten der Gäste prüft.

»Sicher, Mister! Die ›Sun of Tennessee‹ legt jetzt ab«, sagt der Mann ruhig. »Wenn Sie mitwollen, Mister, müssen Sie das Billett an Bord lösen. Wir legen ab!«

Er blickt Seth Lee fragend an.

Vom Schiff ruft eine raue Stimme: »Los, Morg, los!«

Seth entschließt sich, geht an Bord und sieht dann zu, wie die Landungsbrücke eingezogen wird und die Leinen losgemacht werden. Das riesige, zehn oder zwölf Yards breite Schaufelrad am Heck beginnt sich zu drehen.

Ein Mann tritt zu Seth Lee und sagt: »Bis zur Küste kostet ein Deckplatz mit Verpflegung vierzig Dollar, Mister.«

Seth Lee bezahlt und bekommt eine Fahrkarte. Er lässt sein Bündel neben sich zu Boden fallen und lehnt sich über die Reling. Er spuckt ins Wasser und holt dann eine zerdrückte Zigarre aus der Innentasche seiner Jacke. Eine Weile sucht er nach einem Zündholz, gibt es jedoch dann auf und sieht sich suchend um.

Ein Mann, der neben ihm steht und ihn beobachtet, schnippt ein Zündholz mit einer geschickten Handbewegung am Daumennagel an und hält es ihm hin.

Seth Lee nimmt es. Das kleine Flämmchen erhellt sein hageres und kantiges Gesicht, das bisher von der Hutkrempe beschattet wurde.

Er erkennt, dass der Mann ihn beobachtet.

»Danke«, sagt er und bläst den Rauch aus.

Er betrachtet den anderen Mann einen Moment. Es ist ein Mann in seinem Alter, also etwa dreißig Jahre alt. Der Fremde trägt einen Texashut und ist wie ein Rindermann gekleidet. Ein Colt hängt tief unter seiner Hüfte. Ein Hauch von Verwegenheit und Härte geht von ihm aus.

Seth grinst plötzlich.

»Es geht mich zwar nichts an«, murmelt er, »aber wie fühlt sich ein Texas-Cowboy auf einem Dampfboot?«

Sein Grinsen wird erwidert.

»Ich kann mir eine ruhige und schnelle Heimreise leisten«, sagt der Mann. »Ich habe eine Longhornherde nach Kansas City gebracht und möchte den Jungs am Brazos River mal erzählen, wie man auf einem Schiff nach Hause reist. Es gibt viel Spaß hier an Bord. Ich habe schon über dreihundert Dollar beim Roulette verloren und weiß noch nicht genau, ob man mich betrogen hat oder ob ich nur eine Pechsträhne hatte. Aber ich finde das schon noch heraus. Beim Poker und an den Faro-Tischen betrügen sie hier bestimmt. Es wird noch ziemlich lustig werden, bevor ich dieses Dampfboot verlasse. Und es wäre nicht schlecht, wenn ich einen Partner fände, der gerne einen Spaß mitmacht und mir den Rücken freihält, wenn ich loslege.«

»Ist das eine Einladung?«, fragt Seth Lee sanft.

Der lange Texasmann lacht leise.

»Ich kann eine gleichartige Seele wittern«, sagt er dann. »Und soeben habe ich genau auf Ihr Gesicht und in Ihre Augen gesehen, Freund. Jetzt weiß ich, dass ein harter Bursche an Bord gekommen ist. Mir hat die Art gefallen, wie Sie sich binnen einer Sekunde zum Mitfahren entschlossen haben. Nun, da dachte ich mir gleich, dass Sie keinem Spaß aus dem Weg gehen.«

Seth Lee erwidert nichts. Aber er hebt sein Bündel vom Boden auf.

Sie schlendern weiter nach vorn. Manchmal müssen sie sich an Menschen vorbeidrängen, die einzeln oder in Gruppen umherstehen, herumsitzen oder gar zwischen ihren Gepäckstücken schlafen.

»Ich bin Jim Cameron vom Brazos River«, sagt der Mann jetzt zu Seth.

Der nennt seinen eigenen Namen und fügt nach einer Pause hinzu: »Ich muss Sie warnen, Jim. Dies ist eine jener schwimmenden Spiel- und Amüsierhöllen, deren Hauptverdienste nicht die Frachten und Fahrpreise für Passagiere sind, sondern in ihren Spielräumen gemacht werden. Ich kenne mich aus, Jim. Vor nicht sehr langer Zeit besaß ich selbst ein Schiff. Ich bin hier auf dem Strom groß geworden und kenne alle Dinge. Oha, Sie haben Geld verloren, fühlen sich betrogen und wollen rau werden. Sie suchen einen Partner, den der Teufel ebenfalls reitet und der Spaß an einer rauen Sache hat.«

»So ist es, genau«, sagt Jim Cameron sanft.

»Es sind von solchen Schiffen schon viele Burschen über Bord geworfen worden«, brummt Seth Lee. »Hier gibt es keinen Sheriff. Hier gilt nur das Gesetz des Kapitäns. Wer hier gegen etwas aufmucken will, wird ganz einfach zusammengeschlagen und über Bord geworfen. Texas, Sie haben mich ganz richtig geschätzt. Ich komme aus einem Verdruss und bin mit einer Menge Zorn angefüllt. Ich möchte gern einem Burschen meine Faust auf die Nase setzen. Aber nicht hier auf diesem Schiff, wenigstens nicht einfach so zum Spaß.«

»Nun gut, Seth«, murmelt der Texasmann. »Wir können uns ja immerhin die Sache mal ansehen.«

Sie schlendern wieder zurück und betreten bald die Innenräume des Schiffes.

Seth Lee folgt ihm langsamer. Als er neben dem Texaner steht, setzt dieser gerade zwanzig Dollar.

Der Bankhalter teilt Karten aus, bedient sich dann selbst und sagt nach einem Blick auf seine Karten: »Ich zahle mehr als zwanzig!«

Dabei wirft er seine zwei Zehner auf den Tisch. Jeder kann sie sehen. Jim Cameron aber hat nur neunzehn. Niemand von den anderen Spielern hat mehr als zwanzig.

Der elegant gekleidete Berufsspieler streicht das Geld ein. Seine scharfen schnellen Augen sind rastlos. Dann bleibt sein Blick auf Seth Lee gerichtet.

Der grinst kalt und blickt ihn fest an. Oh, er kennt diesen Spieler aus früheren Zeiten, als er noch kein eigenes Schiff hatte und als Steuermann auf dem Mississippi fuhr, auf diesem Schiff hier.

Seth Lee holt fünfzig Dollar aus der Tasche und wirft sie als Einsatz auf den Tisch.

Dann bekommt er seine Karte – eins, zwei – drei.

»Genug«, sagt er sanft und wartet dann geduldig, bis alle anderen Mitspieler Karten bekommen haben. Auch Jim Cameron setzt wieder zwanzig Dollar. Aber als er sich die dritte Karte geben lässt, flucht er unterdrückt und lässt die Karten achtlos auf den Tisch fallen.

Der Bankhalter gibt sich selbst Karten und sagt dann trocken: »Ich zahle über neunzehn.«

»Zwanzig sind bei mir«, ruft ein Viehhändler schnell.

»Hier sind einundzwanzig«, murmelt Seth Lee sanft und bekommt seinen doppelten Einsatz. Aber er lässt ihn stehen, lässt sich dann abermals Karten geben und begnügt sich mit zwei.

Und als dann wieder aufgerufen wird, legt er abermals einundzwanzig auf den Tisch.

Langsam nimmt er die zweihundert Dollar.

Jim Cameron folgt Seth Lee, der den Spieltisch verlässt.

Sie schlendern weiter. Seth Lee hält seine zweihundert Dollar immer noch in der Hand. Vor einem Würfeltisch, an dem sich gerade eine Männergruppe auflöst, halten sie an.

Jim Cameron holt abermals ein Zwanzigdollarstück heraus und wirft es auf den Tisch.

»Ich werfe zwölf«, sagt er.

Aber er wirft achtzehn. Als der Bankhalter das Geld einstreicht, richtet er seinen Blick über Seth Lees Schulter hinweg auf den Hintergrund des Raumes. Und es scheint so, als erhielte er von dort ein geheimnisvolles Signal, denn in seinen harten Augen blitzt es für einen Sekundenbruchteil auf.

Seth Lee grinst ihn seltsam an, legt seine zweihundert Dollar hin und sagt freundlich: »Wollen wir wetten, dass ich die Sieben bringe?«

»Ich halte dagegen«, murmelt der Mann und schickt seinen Blick abermals in den Hintergrund des Raumes.

Seth Lee nimmt die drei Würfel und prüft sie auffällig. Dann verschwinden sie in seiner Faust. Er schüttelt sie in Schulterhöhe und öffnet sie dann.

Die Würfel fallen.

»Sieben«, sagt eine Stimme ächzend.

Seth Lee grinst. Er hat nun seine zweihundert Dollar verdoppelt, lässt sie jedoch auf dem Tisch liegen und sagt: »Jetzt kommt die Neun, Mister!«

»Ich halte dagegen«, murmelt der Bankhalter. Nun ist sein Blick, den er in den Hintergrund des Raumes schickt, leicht verwirrt.

Es hat sich ein dichter Kreis von Zuschauern angesammelt.

Als Seth Lee wirklich eine Neun wirft, erhebt sich ein Raunen und Flüstern.

»Danke«, sagt er und nimmt die achthundert Dollar an sich. Als er sich aus dem Kreis der Zuschauer schiebt, folgt ihm Jim Cameron leicht verstört.

»Junge«, krächzt er, »was ist das?«

»Glück im Spiel und Pech in der Liebe.« Seth Lee grinst ihn an und verbeugt sich dann vor einer Frau, die aus dem Hintergrund des Raumes auf ihn zutritt. Er nimmt dabei seinen Hut ab und tut die achthundert Dollar hinein.

»Hallo, Sybill«, murmelt er ernst.

»Hallo, großer, stolzer, wunderbarer Seth.« Sie lächelt und reicht ihm die Hand. Er nimmt sie, beugt sich darüber und blickt dann, sich wieder aufrichtend, in Sybill Hillderees grünblaue Augen hinein. Er erkennt darin ein banges Forschen und den Ausdruck von Sorge. Aber dies alles kann nur er erkennen, weil er Sybill sehr gut kennt und es eine Zeit gab, da er oft und gründlich in ihre Augen sah.

Er hält immer noch ihre Hand fest und wendet sich an Jim Cameron.

»Das ist es, Jim«, sagt er. »Sybill, dies ist Jim Cameron vom Brazos River.«

Der schwingt seinen Hut und verbeugt sich, wie es nur ein echter Texaner vermag. Und dann sagt er lächelnd: »Madam, Mister Lee stellte eben fest, dass er Glück im Spiel und Pech in der Liebe hätte. Ich hielt das nicht für sehr schlimm. Aber jetzt sieht die Sache schon anders aus.«

Er wendet sich an Seth Lee. »Das ist es, Freund?«

»Sie wollte mich nicht haben, und da bin ich den Fluss hinaufgegangen«, sagt Seth Lee.

»Ich hätte mich in den Fluss gestürzt«, murmelt der Texaner ernsthaft.

Aber Sybill Hillderee scheint ihn nicht zu hören. Sie blickt Seth Lee unverwandt und sehr aufmerksam an.

Da seufzt Jim Cameron übertrieben schmerzvoll und tritt zur Seite.

»Seth«, sagt die Frau, »was tust du hier? Du bist auf dem falschen Schiff. Und du weißt das sehr genau.«

Er sagt nichts, sondern lächelt nur seltsam. Dann nimmt er ihren Arm und führt sie zwischen den Tischen hindurch zu einem Getränketisch. Er schenkt zwei Gläser Portwein ein, reicht eines der Frau und stößt dann mit ihr an.

»Mir geht es gut.« Er grinst, doch in seinen rauchgrauen Augen tanzen kalte Lichter. »Mir geht es prächtig. Aber ich wurde zweimal in meinem Leben geschlagen. Einmal war es vor vier Jahren, als ich mit Ward Hackett um einen verdammt hohen Einsatz spielte. Und ich wurde betrogen. Meine letzte Niederlage liegt erst fünf Wochen zurück. Nun, jetzt fange ich wieder an. Und ich beginne von vorn. Ich beginne richtig von vorn. Wenn ich meine erste Niederlage ausradiert habe, werde ich mich für die zweite revanchieren. Ich warte nur darauf, dass Hackett seine Wölfe auf mich hetzt. Sag ihm, dass es dann rau werden wird. Er soll lieber aus seinem Bau kommen und mir selbst Revanche geben. Mädel, es steht schon seit langer Zeit in einem Buch aufgeschrieben, dass ich eines Tages wieder auf die ›Sun of Tennessee‹ kommen und dort etwas erledigen werde.«

Er schenkt sich das dritte Glas ein und leert es mit einem Ruck.

Die Frau betrachtet ihn starr. Aber ihr Atem geht rasch.

»Hast du dir diesen Texaner mitgebracht?«, fragt sie dann ruhig.

»Nein, ich lernte ihn erst hier kennen. Der gehört nicht zu mir. Ich bin ganz allein und fast zufällig an Bord gekommen.«

Ihre vollen Lippen öffnen sich plötzlich. Sie zucken, als verspürte sie Schmerzen.

»O Seth«, flüstert sie, »warum bist du auf dieses Schiff gekommen? Warum willst du längst vergessene Dinge wieder ausgraben und es mit Ward Hackett nochmals versuchen? Du hast soeben eine Menge Geld gewonnen ...«

»Weil man es mich gewinnen ließ«, sagt er. »Weil man es nicht wagte, bei mir irgendwelche Tricks zu versuchen. Und weil du im Hintergrund standest und den Bankhaltern irgendwelche Signale gabst. Aber ich bin nicht an Bord gekommen, um mir mein Reisegeld zu verdienen. Ich kam ganz plötzlich auf die Idee, mal auszuprobieren, wie groß eure Geduld ist. Wir werden sehen, nicht wahr?«

Er nimmt seinen Hut, in dem sich die achthundert Dollar befinden, und bewegt sich zwischen den Spieltischen und Menschen hindurch zum anderen Ende des Raumes. Hier stehen die Pokertische.

Jim Cameron folgt ihm langsam und beobachtet ihn scharf.

Und dann sieht er schweigend zu, wie Seth Lee zu spielen beginnt.

Er sieht einen scharfen Tiger spielen, der darauf aus ist, Verdruss zu bekommen.

Als Seth Lee sich nämlich setzt, öffnet er die Jacke, sodass der Berufsspieler, der für die Geschäftsleitung dieser schwimmenden Hölle spielt, seinen Colt im Schulterholster sehen kann.

Und dabei sagt Seth Lee trocken zu dem Mann: »Ich kaufe mich ein, Freund. Mein Name ist Seth Lee. Und ich liebe ein ehrliches Spiel.«

Das ist eine eiskalte Warnung. Der Kartenhai, der lange genug am Strom ist, hat von Seth Lee schon gehört. Er wird etwas bleich und wirft einen suchenden Blick in die Runde.

Dann teilt er aus, langsam, vorsichtig und behutsam.

Seth Lee betrachtet ihn ständig scharf, wirft nur einen flüchtigen Blick auf seine Karten und verlangt nicht zu kaufen. Aber er hält ständig mit und steigert die Einsätze. Als seine achthundert Dollar mit im großen Pott liegen, holt er noch weitere dreihundert Dollar aus der Tasche. Sie sind sein ganzes Geld.

Aber nun steigen die drei anderen Mitspieler aus. Vielleicht glauben sie, dass Seth Lee noch alle Taschen voller Geld hat.

Der Kartenhai überlegt, als er an die Reihe kommt. Seth Lee grinst ihn wortlos an und trommelt mit den Fingerspitzen leicht auf den Karten herum.

Da zuckt der Spieler mit den Schultern und murmelt: »Nun gut, ich passe ebenfalls.«

»Sie passen nicht, Spike«, sagt eine präzise Stimme, die metallisch klingt. »Sie spielen weiter! Dieser Gentleman blufft nur! Sie halten mit, Spike!«

Seth Lee aber sieht sich immer noch nicht um, obwohl er Ward Hacketts Stimme erkannt hat. Er sagt nur sanft: »Ward, deine Stimme klingt so, als wärst du etwas fett geworden. Möchtest du Mister Spike nicht ablösen? Es wird ein prächtiges Spiel!«

Aber Ward Hackett gibt keine Antwort.

Jim Cameron betrachtet ihn aufmerksam. Und er kommt zu der Erkenntnis, dass dieser große und dunkle Mann wirklich zwanzig bis dreißig Pfund zu viel Gewicht hat. Aber fett ist er nicht. Er ist nur fleischig geworden. Ihm fehlt die rastlose Bewegung.

Indes geht das Spiel weiter. Seth Lee setzt seine letzten Dollars, und der Pott in der Tischmitte ist mächtig angewachsen.

»Nun gut«, sagt er sanft.

Der Spieler deckt auf. Er hat drei Buben.

Seth Lee zeigt ihm drei Damen.

Der Pott beträgt mehr als fünftausend Dollar.

Die drei anderen Mitspieler erheben sich wie auf Kommando, als hätten sie den scharfen Geruch von Verdruss wittern können.

Ward Hackett bewegt sich ruhig, geht halb um den Tisch herum und setzt sich. Der Kartenhai sitzt nun zu seiner Linken und Seth Lee zu seiner Rechten.

Nun erst sehen sie sich an, schweigend und fast ausdruckslos.

»Es wird ein feines Spiel werden, Ward, ehrlich, sauber und sehr nobel«, murmelt Seth Lee. »Du bist wirklich etwas zu fett geworden, wie ich jetzt sehe.«

Ward Hackett nimmt die Karten und beginnt zu mischen.

Plötzlich öffnet sich der Kreis der Zuschauer. Sybill Hillderee erscheint am Tisch und setzt sich Ward Hackett genau gegenüber.

»Ich spiele mit«, sagt sie fest. »Diesmal spiele ich mit!«

Sie legt ein dickes Paket Geldscheine vor sich hin.

Ward Hackett grinst plötzlich. Unter seinem schwarzen Schnurrbart blitzen zwei makellose Zahnreihen.

Er wendet sich Seth Lee zu.

»Spielen wir offenen Poker, ja? Du hast dich nicht viel verändert, Lee. Wenn ich mich richtig erinnere, so hatten wir damals ein Abkommen getroffen.«

Seth Lee beugt sich weit über den Tisch. »Dieses Abkommen gilt nicht mehr, Ward. Als ich vor einigen Monaten bei Fort Warbow anlegte, lag dort im Lazarett ein Mann. Er hatte wohl erfahren, wessen Schiff angelegt hatte. Vor seinem Tod wollte er mir noch etwas sagen. Ich wurde benachrichtigt und ging hin. Es war Faro Jones. Jemand hatte ihm eine Kugel in die Brust geschossen. Er war der Mann, der die Karten austeilte, bei unserem Spiel damals, Ward! Und er hat mir vor seinem Tode geschworen, dass ...«

»Es ist gut, Seth«, unterbricht ihn Ward Hackett kurz. Und in seinen grünen Augen ist keinerlei Ausdruck.

Dann teilt er die Karten aus, immer rundherum und aufgedeckt.

Als zwei Karten vor jedem Spieler liegen, hält er inne.

Seth blickt auf seine Acht und Neun.

Dann atmet er scharf ein und schiebt seinen Berg Geld in die Mitte.

»Fünftausend«, sagt er sanft.

Sybill Hillderee hat zwei Zehner. Man hat Ward Hackett inzwischen Geld gebracht. Sie zählt fünftausend Dollar von ihrem Geld ab und legt sie zu dem Pott.

Spike zögert. Er blickt seine zwei Asse an und richtet seine Augen dann auf Ward Hackett. Der nickt.

Da setzt auch der Spieler.

Und Ward Hackett hat eine Dame und einen Buben.

Als er seinen Einsatz gemacht hat, liegen zwanzigtausend Dollar auf dem Tisch.

Dann teilt er weiter aus.

Als die Karten liegen, stöhnen die Zuschauer auf. Eine heisere Stimme ruft gepresst: »Himmel! Das ist doch nicht wahr?«

Aber es ist wahr. Alle sehen es.

Seth Lees Karten sehen nämlich so aus: Acht – Neun – Zehn – Bube Dame!

»Ein Straight Flush!«, sagt jemand feierlich.

Denn es sind alles Kreuzkarten. Es ist eine Folge von Kreuzkarten. Es ist ein Straight Flush!

Und dagegen kommen die Paare der anderen Spieler nicht an.

Ward Hackett schnauft nur etwas. Er wendet sich um und sagt zu einem seiner Männer: »Chips, Joe! Alle Chips, die wir haben. Schnell!«

»Ich spiele nicht mit Chips«, meldet sich Seth Lee milde. »Ich will Bargeld sehen. Hier auf dem Tisch liegen zwanzigtausend Dollar, Mister Hackett. Du kannst sie bekommen, wenn du deinen Einsatz machst und die höchste Karte ziehst. Und die Lady wird mischen.«

Er schiebt Sybill Hillderee seine und Hacketts Karten zu. Sybill zögert unmerklich. Dann sammelt sie auch ihre und Spikes Karten ein.

Indes ist Hacketts Geschäftsführer verschwunden. Als er nach einem Moment an den Tisch tritt, bringt er Geld mit. Aber er sagt: »Es sind nur noch knapp neunzehntausend Dollar in bar, Boss.«

»Ich bin nicht kleinlich, was sind schon tausend Dollar mehr oder weniger.« Seth Lee grinst, und in seinen rauchgrauen Augen ist ein verrücktes Leuchten.

Das Stöhnen und Seufzen der Zuschauer ist zu hören, als Sybill Hillderee die Karten mischt. Sie legt das Päckchen auf den Tisch.

»Die erste Karte von oben«, sagt Seth Lee sofort.

»Die siebente von oben«, verlangt Ward Hackett.

Seth Lees Karte ist eine Acht. Und die Zuschauer murmeln enttäuscht. Dann zählen sie hörbar mit, als die Frau langsam die weiteren Karten abhebt und die siebente neben Seth Lees Acht legt.

Es ist eine Fünf.