G. F. Unger 2261 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger 2261 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Als ich die Häuser und Hütten der kleinen Stadt vor mir sah, da konnte ich vor Freude nur noch heiser krächzen. Mehr brachte ich nicht heraus. Denn ich war ausgetrocknet wie ein Schwamm in sengender Sonnenhitze.
Und ich war zu Fuß, weil sie mir vor drei Tagen das Pferd gestohlen hatten, als ich in einer Wasserstelle badete.
Dieses wunderschöne Bad hatte ich teuer bezahlen müssen.
Ja, sie hatten mir mein Pferd und überdies noch meinen ganzen Besitz gestohlen, zu dem auch meine beiden Waffen gehörten, nämlich mein Revolver und der Spencer-Karabiner. Sie waren lachend davongeritten.
Ich aber machte mich im Unterzeug auf den Weg und folgte ihrer Fährte.
Dass ich Unterzeug trug, lag an meiner praktischen Begabung. Denn ich hatte das Unterzeug mit ins Wasserloch genommen, um es zu waschen. Und so musste ich es nur noch in der Sonne trocknen. Das ging schnell auf einem heißen Felsen, auf dem man gewiss auch hätte Spiegeleier braten können.
Nun, ich sah also die paar Häuser und Hütten der kleinen Stadt vor mir und wusste sicher, dass es kein Trugbild war, also keine Fata Morgana ...


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Seitenzahl: 154

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

O'Hara

Vorschau

Impressum

O'Hara

Als ich die Häuser und Hütten der kleinen Stadt vor mir sah, da konnte ich vor Freude nur noch heiser krächzen. Mehr brachte ich nicht heraus. Denn ich war ausgetrocknet wie ein Schwamm in sengender Sonnenhitze.

Und ich war zu Fuß, weil sie mir vor drei Tagen das Pferd gestohlen hatten, als ich in einer Wasserstelle badete.

Dieses wunderschöne Bad hatte ich teuer bezahlen müssen.

Ja, sie hatten mir mein Pferd und überdies noch meinen ganzen Besitz gestohlen, zu dem auch meine beiden Waffen gehörten, nämlich mein Revolver und der Spencer-Karabiner. Sie waren lachend davongeritten.

Ich aber machte mich im Unterzeug auf den Weg und folgte ihrer Fährte.

Dass ich Unterzeug trug, lag an meiner praktischen Begabung. Denn ich hatte das Unterzeug mit ins Wasserloch genommen, um es zu waschen. Und so musste ich es nur noch in der Sonne trocknen. Das ging schnell auf einem heißen Felsen, auf dem man gewiss auch hätte Spiegeleier braten können.

Nun, ich sah also die paar Häuser und Hütten der kleinen Stadt vor mir und wusste sicher, dass es kein Trugbild war, also keine Fata Morgana ...

Ja, das war eine Stadt, in der gewiss Christenmenschen lebten, von denen ich Hilfe erwarten konnte. Aber das war gar nicht so sicher, denn ich kannte die Menschen inzwischen und wusste längst, dass nicht jene, die am meisten beteten, wirkliche Christen waren.

Bis zu dieser Stadt war es nur noch etwa eine halbe Meile. Und die würde ich auch noch schaffen, zumal die Hoffnung nun in mir wie ein Lebenselixier wirksam wurde.

Es war eine wirklich kleine Stadt am Rande der Bunten Wüste. Der staubige Wagenweg führte hinein, quer über den Platz und nach Norden zu wieder hinaus.

Auf dem Platz war ein Brunnen mit einem Wasserbecken. Ich warf mich mit meinem Oberkörper hinein und dankte meinem Schöpfer, dass er mich hierher gelangen ließ.

Als ich mit meinem Kopf nicht länger unter Wasser bleiben konnte und auch genug geschluckt hatte, richtete ich mich schnaufend auf und sah mich um.

In meinem Kopf herrschte nun wieder einigermaßen Klarheit. Und so konnte ich die ganze Sachlage ziemlich schnell erkennen und begreifen.

Drüben auf der Nordseite des Platzes befand sich der Painted Desert Saloon. Der Wagenweg führte an ihm vorbei in Richtung Utah.

Hinter mir – ich sah es, weil ich über meine Schulter blickte – befand sich auf der Südseite der Generalstore.

Und hier hatte sich eine Männergruppe versammelt, die auf mich ziemlich ratlos und verbittert wirkte, unentschlossen und eingeschüchtert wie eine Hammelherde bei Wolfsgeheul in der Ferne.

Aber das Geheul, welches ich hörte, kam aus dem Saloon. Es waren trunken klingende Männerstimmen und das schrille Kreischen von Mädchen. Und so begriff ich, dass dort Saloon ein wildes Fest gefeiert wurde.

Ich wandte dem Saloon meinen Rücken zu und setzte mich zu der Männergruppe vor dem Store in Bewegung. Sie sahen mir misstrauisch und missbilligend entgegen. Ihre Blicke und all das, was sie ausströmten, sagten mir, wie wenig ich willkommen war, wie sehr sie eigene Probleme hatten.

Aber ich versuchte es dennoch mit den Worten: »Gentlemen, ich könnte Hilfe gebrauchen. Ich wurde ausgeraubt, als ich vor drei Tagen in einem Wasserloch ein Bad nahm und mein Unterzeug wusch. Die Fährte der Pferdediebe führte hierher. Sie müssen hier durchgekommen sein, vielleicht gestern erst. Wenn das so ist, dann müssen sie einen schwarzweißen Pinto bei sich gehabt haben.«

Als ich verstummte, da sahen sie mich an, als verspürten sie eine Befriedigung, so wie Menschen, welche erkennen, dass es ihnen nicht allein dreckig geht und sie Leidensgenossen haben auf dieser verdammten Erde.

Einer erwiderte trocken: »Sie sind hier richtig, Mann. Die Pferde der Kerle stehen hinter dem Saloon. Und sie hatten auch ein lediges Pferd dabei, einen Pinto. Ab wir werden Ihnen nicht helfen können. Sie haben unseren Marshal erschossen, gestern schon. Er war ihnen nicht gewachsen, denn eigentlich war er nur unser Schmied und Wagenbauer. Wir begriffen schnell, dass sie Revolverschwinger sind, gegen die wir keine Chance haben. Eine Witwe mit zwei kleinen Kindern sind genug. Und so warten wir hier, bis sie weiterreiten. Irgendwann werden sie ja genug haben.«

Der Mann verstummte bitter. Offenbar war er der Storehalter. Und auch die fünf anderen Männer sahen wie Bürger dieser kleinen Stadt aus.

Mir fiel wieder ein Spruch ein, der eigentlich von Anfang an meinen Lebensweg begleitete und mich schon als Junge unter anderen Jungen behaupten ließ.

Dieser Spruch war für mich eine Weisheit, denn er lautete: »Der feige Hund wird an meisten geprügelt.«

Ja, so war es wohl.

Ich verspürte nun ein Gefühl des Mitleids mit diesen sechs Männern. Aber dann begriff ich, dass sie Familienväter waren, Frauen und Kinder hatten.

Sollte ich sie also als Feiglinge verachten?

Nein, das stand mir nicht zu. Überdies lebte ich nach dem Motto, dass jeder Mann sein eigener Hüter wäre.

Und so lag es wohl auch hier allein an mir.

Dennoch brauchte ich Hilfe. Und so fragte ich: »Sind Sie der Storehalter?«

Der Sprecher von vorhin nickte.

»Dann borgen Sie mir einen Revolver«, verlangte ich. »Sie bekommen ihn wieder, sobald ich meine eigene Waffe wieder in meinen Besitz gebracht habe. Ich brauche einen guten Colt mit einer gefüllten Trommel. Und zuvor müsste ich ein paar Happen zu essen bekommen und auch einen starken Kaffee dazu.«

Sie staunten mich nun an. Gewiss begriffen sie endlich, dass ich zu einer anderen Sorte gehörte als sie und nur in meinem zerrissenen Unterzeug so armselig wirkte. Nein, ich bot keinen imposanten Anblick, sah eher aus wie ein Mann, der aus dem letzten Loch pfiff.

Jetzt aber witterten sie in mir einen halb verhungerten zweibeinigen Wolf. Sie begriffen, dass ich in den Saloon gehen und dort kämpfen wollte.

Vielleicht spürten sie nun Scham wegen ihrer Feigheit. Und weil das so war, mochten sie mich noch weniger.

Aber das war wohl nur menschlich. Die Guten und Edlen auf dieser Erde waren nicht so zahlreich. Denn die Linie, die all diese Typen trennt, läuft quer durch jedes Menschenherz.

Der Storehalter nickte plötzlich und erwiderte: »Kommen Sie herein, Mister. Wie ist denn Ihr Name?«

Ich zögerte, denn mein Name war im Südwesten bekannt. Ich besaß einen fast schon legendären Ruf. Doch ich brauchte was zu essen und einen geladenen Revolver.

Und so erwiderte ich: »Mein Name ist O'Hara, Jones O'Hara,«

Als ich verstummte, da schwiegen sie. Und so wusste ich, dass mein Name hier noch nicht bekannt war. Mein bitterer Ruhm war noch nicht so weit nach Norden vorgedrungen.

Ich folgte dem Storehalter. Und mir folgten die anderen Männer.

Drüben im Saloon aber wurde der Lärm noch lauter. Jemand hämmerte auf dem Klavier herum, und einige Mädchenstimmen kreischten schrill.

Die Kerle dort drinnen demütigten diese kleine Stadt, weil sie herausgefunden hatten, wie feige sie war. Sie genossen die Furcht der Bürger wie eine Droge, an der sie sich berauschten, um sich gewaltig fühlen zu können. Sie gehörten zum Abschaum und Dreck der Erde.

Drinnen trat der Storehalter hinter den Ladentisch und holte unter diesem einen schwarzen Kasten herauf, stellte ihn vor mir hin und öffnete den Deckel.

Ich sah einen prächtigen Revolver, der mir von Anfang an gefiel. Es war keine protzig aufgemachte Waffe mit hellen Beingriff, aber sie strömte etwas aus, was mir Vertrauen gab. Dieser Whitneyville Walker sah sehr einfach und solide aus und hatte einen fast schwarzen Kolben. Es gab keine Ziselierungen oder Gravierungen.

Sie sahen mir schweigend zu, wie ich den Revolver aus dem Kasten nahm. Die Waffe war wunderbar ausgewogen. Der Kolben war mit Blei gefüllt, also ausgegossen. Und er hatte keinen Abzug. Man musste also beim Schießen mit dem Daumen nur immer wieder den Hammer zurücklegen und loslassen.

Die Trommel drehte sich wunderbar leicht.

Der Storehalter sagte heiser: »Dieser Revolver gehörte einem Revolvermann. Sein Name war Ben Tyler. Er konnte damit wie ein Zauberer umgehen. Aber als er an einem Pokertisch saß und die Karten mischte, da schoss ihm jemand durch das Fenster zwei Ladungen Schrot in den Rücken. Was nützte ihm da der wunderbare Revolver? Ich nahm die Waffe als Gegenwert für seine Beerdigung in Zahlung. Er bekam einen guten Sarg und einen Stein auf seinem Grab.«

Der Storehalter machte eine Pause und fragte dann: »Wollen Sie es wirklich wagen, Mister O'Hara?«

»Ich muss«, grinste ich. »Was bleibt mir anderes übrig? Sie nahmen mir mein Pferd, meine Waffen und alles, was in meiner Sattelrolle und in den Satteltaschen war. Auch mehr als hundert Dollar nahmen sie mir. Soll ich sie freundlich bitten, mir alles Gestohlene zurückzugeben? Mein Pinto ist ein Zweihundert-Dollar-Pferd.«

Sie schwiegen einige lange Atemzüge. Dann murmelte einer: »Halten Sie uns nur nicht für feige, denn ...« Er verstummte zerknirscht.

Der Storehalter aber sagte: »Wollen Sie eine Hose und ein Hemd, Mister O'Hara? Und sollten Sie es nicht schaffen, dann übernehme ich die Kosten für Ihre Bestattung. Stiefel bekommen Sie gewiss nicht über Ihre blutigen Füße. Doch ich hätte ein paar weiche Mokassins, wie die Utes und Kiowas sie tragen.«

»Was ich jetzt brauche, ist ein Steak und einen Topf starken Kaffee. Und für mein Füße haben Sie gewiss in Ihrem Store eine Pferdesalbe.«

Er nickte heftig. Dann rief er in den Hintergrund des Ladens hinein: »Hast du da gehört, Sally? Mach im ein gutes Steak und einen starken Kaffee, so als würdest du das für mich zubereiten.«

Eine hübsche Frau kam aus der hinteren Abteilung des Store zum Vorschein und sah mich an.

»Er braucht auch neues Unterzeug«, sagte sie und lächelte. »Sie werden bei mir in der Küche essen«, entschied sie.

Ich grinste sie an und wusste, dass ich gar nicht gut aussah, nämlich stoppelbärtig, sonnenverbrannt und hohlwangig. Doch meine heisere Stimme klang dennoch höflich und respektvoll, als ich sagte: »Danke Ma'am. Sie sind sehr freundlich.«

Sie verschwand eilig.

Ich aber nahm die Trommel aus dem Perkussions-Revolver und begann sie zu laden.

Denn der Storehalter legte mir alles auf den Ladentisch, was zum Laden notwenig war. Ich setzte die geladene Trommel wieder ein und steckte die Zündhütchen auf die Pistons.

Der Storehalter brachte den Revolvergurt. Ich warf ihn um meine Hüften und schnallt ihn so, dass die Waffe unter meiner Hüfte hing.

Dann grinste ich die Versammlung an und sprach heiser: »Ich werde mich später umziehen. Denn zuvor werde ich baden müssen.«

Sie alle sahen mich an, als hätte ich zwei Köpfe oder sonstige Abnormitäten.

Einer sagte heiser: »Viel Glück, Mister O'Hara. Wir haben gesehen, wie sie unseren Marshal erschossen, so als wäre er ein dummer Hammel. Vielleicht sind wir alle nur wehrlose Hammel, weil wir an unsere Frauen und Kinder denken müssen. Oh, verdammt, es ist zum Kotzen!«

Der Mann eilte hinaus.

Die anderen folgten ihm, und ich wusste, dass sie sich schämten und diese Scham nicht würden verdrängen können bis ans Ende ihres Lebens.

Der Storehalter sah mich an und fragte: »Verachten Sie uns?«

»Nein«, erwiderte ich, »aber es ist nun mal so, dass der feige Hund die meiste Prügel bekommt. Warum habt ihr in solch einem Land diese Stadt gegründet? Ihr hättet dort bleiben sollen, wo die Schwachen vom Gesetz beschützt werden, wo es Recht und Ordnung gibt. Ihr seid zu schwach und zu hilflos wegen eurer Familien, um Recht und Ordnung zu schaffen.«

Er nickte stumm.

Dann hörten wir aus dem Hintergrund des Stores, wo sich offenbar die Küche befand und es hinaus zum Hof ging, das scharfe Zischen eines Steaks in einer heißen Pfanne.

Und so setzten wir uns in Bewegung.

Ich war fast ohnmächtig vor Hunger und würde bald umfallen.

Es war eine Stunde später, als ich den Store verließ. Drüben aus dem Saloon klang immer noch das Gebrüll, das Hämmern des Klaviers und das Kreischen der betrunkenen Mädchen, die man sicherlich gegen ihren Willen in diesen Zustand versetzt hatte. Nun, ich wusste genau, in was ich mich jetzt gleich einkaufte.

In der Stadt war es totenstill. Nichts regte sich. Nicht mal die Hunde bellten. Niemand war zu sehen.

Ich trug immer noch mein zerrissenes rotes Armee-Unterzeug, ging auf blutigen und angeschwollenen Füßen durch den Staub und trug dennoch stolz wie ein Ritter sein Schwert den Revolver im Holster.

Auf den Kopf trug ich meinen Hut, einen schwarzen Stetson. Denn diesen hatten sie mir gelassen.

Es war nun später Nachmittag.

Zu meiner Rechten tauchte die Sonne hinter den fernen Hügeln unter. Ich setzte Schritt vor Schritt und fühlte mich recht gut.

Dann betrat ich den Saloon.

Einer der Kerle saß am Klavier in der Ecke und hämmerte darauf herum, so wie es auch ein Affe aus Freude am Lärm nicht anders getan hätte.

Die beiden anderen Kerle tanzten mit den Mädchen auf dem freien Raum vor dem Schanktisch, sangen brüllend dazu. Und die Mädchen kreischten gewiss nicht vor Freude. Sie waren betrunken und den drei Kerlen hilflos ausgeliefert.

Es wurde plötzlich still, denn sie hatten mich nun wahrgenommen.

Auch der Klavierspieler drehte sich auf dem Schemel und starrte zu mir her.

Dann stieß er einen wilden Schrei aus und brüllte: »He, kennt ihr den?«

O ja, sie erkannten mich, obwohl ich nur zerfetztes Unterzeug trug, zu dem mein schwarzer Stetson einen nobel wirkenden Kontrast bildete.

Die Mädchen lösten sich von den Kerlen und wichen zur Seite. Und das dritte Mädchen, welches beim Klavierspieler stand, glitt hinter das Klavier in die Ecke.

Sie waren erfahrene Mädchen.

Es war wieder still. Dann sagte einer heiser mit schwerer Zunge: »Ja, den kennen wir, Ringo. Den sahen wir vor drei Tagen im Wasserloch hocken. Vielleicht hätten wir ihn erschießen sollen. Denn nun ist er hier. He, warum bist du unserer Fährte gefolgt, du verdammter Narr?«

Es war eine böse drohende Frage.

Ich erwiderte: »Ihr hattet mir doch gesagt, dass ich euch gewiss in der nächsten Stadt finden würde. Das hielt ich für eine Einladung. Und jetzt bin ich hier und habe einen Revolver.«

Sie staunten. Weil sie ziemlich angetrunken waren, fiel ihnen das Denken schwerer als sonst. Doch dann begriffen sie, dass ich es mit ihnen aufnehmen wollte, obwohl ich in meinem Zustand nicht besonders beachtlich wirkte.

Einer fragte: »He, haben sie dir einen Revolver gegeben, damit du für sie kämpfst, weil sie selbst zu feige dazu sind?«

Aber ich ging auf seine höhnende Frage nicht ein, sondern fragte meinerseits: »Auf was wartet ihr noch?«

Da brüllten sie los, so als hätten sie nur auf diese Herausforderung gewartet. In ihren trunken klingenden Stimmen war richtige Begeisterung.

Dann krachten unsere Revolver.

Ich hatte sie glatt im Ziehen geschlagen. Zuerst traf ich den Klavierspieler, dann einen der beiden anderen Kerle. Als ich auf den Dritten schoss, da sah ich in sein Mündungsfeuer.

Seine Kugel traf mich wie eine Keule am Kopf.

Und so fiel ich um und wusste von nichts mehr.

Irgendwann sah ich ein Gesicht über mir, welches ich kannte. Denn es hatte mir von Anfang an gefallen. Es gehörte jener Sally, der jungen Frau des Storehalters, die mir das prächtige Steak gebraten hatte.

Ja, ich erkannte dieses hübsche Gesicht wieder, doch ich vermochte mich nicht zu freuen, denn in meinem armen Kopf hämmerte es bei jedem Herzschlag.

Und so fragte ich heiser: »Was ist mit mir?«

»Aaaah, mein Freund«, erwiderte sie, »es ist nur ein Streifschuss zwei Fingerbreiten über dem linken Ohr. Du liegst in einem Bett unseres Hotels. Und ich habe deine Pflege übernommen. Wenn du dich besser fühlst, lasse ich eine Badewanne auf dieses Zimmer kommen. Du hast eine schwere Gehirnerschütterung. Und ich kenne mich aus, denn ich war mal Krankenschwester während des Krieges in einem Armee-Lazarett.«

Ich starrte zu ihr hoch, und trotz meines hämmernden Kopfes gefiel sie mir immer besser. Sie war eine von diesen Frauen, die einem immer mehr gefielen, je länger man mit ihnen zu tun hatte.

Aber dann fiel mir endlich wieder ein, dass ich gekämpft hatte.

Und so fragte ich: »Sind sie tot?«

Sie nickte stumm. Doch als ich heiser fragte: »Ich habe sie also alle drei erschossen?«, da schüttelte sie den Kopf und erwiderte fast tonlos: »Nein, du hast sie nicht getötet, mein Freund, du nicht. Sie lebten noch, aber sie konnten nicht mehr kämpfen. Die stolzen Bürger dieser Stadt haben sie totgeschlagen. Und das war für sie ungefährlich. Sie haben die drei Kerle totgeschlagen und totgetreten. Und nun schämen sie sich wahrscheinlich noch mehr als zuvor. Dich aber werden sie hassen, weil du der einzige richtige Mann in dieser Stadt bist.«

Ich schloss meine Augen und dachte nach, so gut ich das konnte.

Ja, die Bürger von Painted Desert City konnten mir nur leidtun. Ich vermochte sie nicht mal zu verachten. Sie waren voller Scham gewesen wegen ihrer Feigheit. Dann war ich gekommen und hatte gekämpft. Sie hatten die drei Revolverschwinger gehasst und diesen Hass explodieren lassen.

Ich sagte: »Sally, mir ist es, als würden wir uns schon sehr lange kennen. Mein Kopf droht zwar bei jedem Pulsschlag zu platzen, aber lass eine Badewanne heraufschaffen. Wie lange war ich bewusstlos?«

»Die ganze Nacht. Wir haben jetzt Vormittag. Und ich habe die ganze Nacht an deinem Bett verbracht.«

»Und warum tatest du das, Sally?«

»Weil du ein Mann bist wie sonst gewiss kein Zweiter unter zehntausend anderen Männern. Ich verachte sie alle hier in dieser Stadt.«

Sie erhob sich von meinem Bettrand.

Als sie noch mal verhielt und auf mich nieder sah, da erkannte ich alles in ihren Augen. Zwischen uns war plötzlich etwas.

Und so fragte ich: »Was ist mit deinem Mann, Sally?«

»Ach, der ...« Sie murmelte es verächtlich ging zur Tür. Dort aber hielt sie inne und drehte sich noch einmal um. »Er hat mich gekauft«, sagte sie. »Und ich ließ mich kaufen wie eine Hure. Doch jetzt hat er meine Achtung völlig verloren. Ich war ihm bisher treu. Doch jetzt ...«

Sie ging hinaus.

Draußen hörte ich sie nach dem Hausneger rufen. Ja, es musste sich um einen Schwarzen handeln, einen ehemaligen Sklaven. Denn sonst würde er nicht Marmaduke heißen.

»Bring die Badewanne herauf, Marmaduke! Der Gentleman will baden!«

Am dritten Tag ging es meinem Kopf sehr viel besser. Auch meine Füße hatten sich erholt. Die Pferdesalbe hatte Wunder gewirkt.

Sally kam am Nachmittag zu mir und sagte ruhig: »Ich bin zum letzten Mal hier als deine Pflegerin. Es gäbe sonst übles Gerede, obwohl mir das eigentlich egal wäre, weil ich weg will von hier.«

Sie kam zu mir und zog mich vom Fenster weg, an dem ich stand und auf den Platz blickte, das Leben und Treiben dort beobachtete.

Sie drängte sich in meine Arme und sah zu mir hoch.

»Nimm mich, nimm mich jetzt«, flüsterte sie, »denn ich möchte einmal einem richtigen Mann gehören für eine winzige Stunde. Nimm mich, Jones O'Hara!«